1893 / 32 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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diesem Gesetze zulässigen Verkehrsbeshränkungen keine Anwendung.

‘weigert oder wissentlih unrihtige Angaben macht ;

Auf Truppenübungen und Kontro ammlungen finden die nah

Von dem Auftreten des Verdahtes und von dem Ausbruche einer anfteckenden N 1), fowie von dem Verlaufe und dem Er- Töschen der Krankheit haben sih die Militär- und Polizeibehörden gegenseitig in Kenntniß zu seven E :

Für den Eisenbahn-, Posse und Telegraphenverkehr liegt dic Aus- führung der nah Maßgabe dieses Gesetzes zu ergreifenden Schuß- maßregeln auss{ließlich den zuständigen Reichs- und Landesbehörden ob. Polizeiliche Verkehrsbeshränkungen und Ra anen gegen „die im Dienst befindlihen oder aus dienstliher Veranlassung vorübergehend außerhalb ihres Wohnsißes ih aufhaltenden Beamten und Arbeiter der Eisenbahn-, Post- und Telegrayphenverwaltungen sind

nit zuläsfig.

S 40. i

Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund desfelben erlassenen Anordnungen zu überwachen.

Wenn zur Bekämpfung von Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Ben oder Pocken Maßregeln erforderli@ sind, von welchen die Gebiete mehrerer Bundesftaaten betroffen werden, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Commissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den Anordnungen der Landesbehörden zu sorgen und zu diefem Behufe das Erforderliche zu bestimmeu, ‘in dringenden Fällen auch die Landesbehörden unmittelbar mit Anweisung zu ver-

sehen.

S 44. Ist an einem Orte der Ausbruch von Cholera, Fleckfieber, Gelb- fieber, Pest oder Poken festgestellt, so ist das Kaiserlihe Gesundheits- amt hiervon sofort auf kürzestem Wege zu benachrichtigen. Der Bundesrath is ermächtigt zu bestimmen, inwieweit sonst dem Kaiser- lihen Gesundheitsamt Mittheilungen über Erkrankungs- und Todes-

fälle zu machen sind. S 42.

In Verbindung mit dem Kaiserlichen Gesundheitsamt wird ein Reichs-Gesundheitsrath gebildet. Die Geschäftsordnung wird vom Bela anzler festgestelt. Die Mitglieder werden vom Bundesrath ewählt.

N Der Neichs-Gesundheitsrath hat das Gesundheitsamt bei der Er- füllung der diesem Amte zugewiesenen Aufgabe zu unterstüßen. Er ist befugt, den Landesbehörden auf Ansuchen Nath zu ertheilen. Er kann sich, um Auskunft zu erhalten, mit den ihm zu diesem Zwee u bezeihnenden Landesbehörden unmittelbar in Verbindung seten, Tite Vertreter absenden, welhe unter Mitwirkung der zuständigen Landesbehörden Aufklärungen an Ort und Stelle einziehen.

Strafvorschriften. S 49.

Mit Gefängniß bis zu zwei Jahren wird bestraft:

1) wer wissentlih ein von der zuständigen Behörde auf Grund des § 15 Nr, 3 erlassenes Ausfuhrverbot verleßt ;

2) wer wissentlih Kleidungsstücke, Leibwäsche, Bettzeug oder sonstige Gegenstände, welhe von Personen, die an einer ansteckenden Krankheit 1) litten, während der Erkrankung gebraucht oder bei deren Behandlung oder Pflege benußt worden sind, oder für welche eine Desinfection polizeilih angeordnet war, vor erfolgter Desinfection in Gebrauch nimmt, an andere überläßt oder sonst in Verkehr bringt;

3) wer wissentlih Fahrzeuge oder sonstige Geräthschaften, welche zur Beförderung von Kranken oder Verstorbenen der in Nr. 2 be- zeichneten Art gedient haben, vor Ausführung der polizeilih angeord- neten Desinfection benußt oder anderen zur Benußung überläßt.

Sind in den Fällen der Nr. 2 und 3 mildernde Umstände vor- handen, so fann auf Geldstrafe bis zu 1500 Æ erkannt werden.

Ist infolge der Handlung ein Dritter von der Krankheit er- griffen worden, fo tritt Gefängnißstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein.

8 44.

Mit Geldstrafe von 19 bis 150 Mark oder mit Haft nicht unter einer Woche wird bestraft :

1) wer die ihm nah den §8 2 bis 4 obliegende Anzeige unter- läßt oder länger als 24 Stunden, nahdem er von der anzeigepflich- tigen Thatsache Kenntniß erhalten hat, verzögert. Die Strafver- folgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige, obwohl niht von dem zu- nächst Verpflichteten, doh rechtzeitig gemacht worden ist;

2) wer im Falle des § 7 dem beamteten Arzte den Zutritt zu dem Kranken oder zur Leiche oder die Vornahme der erforderlichen Unter- suchungen verweigert ;

3) wer den Bestimmungen im § 7 Absahßz 2 zuwider über die da- selbst hezeichneten Umstände“ dem beamteten Arzte die Auskunft ver-

4) wer den auf Grund des § 13 erlassenen Anordnungen zuwider- handelt. S 45.

Mit Geldstrafe bis zu 150 4 oder mit Haft wird, fofern- nicht nah den bestehenden geseßlihen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft :

1 ¿wer den im Falle des § 10 von dem beamteten Arzte oder dem Vorsteher der Ortschaft getroffenen vorläufigen Auordnungen zuwiderhandelt;

2) wer den auf Grund der 88 12, 14, 15, 17, 19 bis 22 und 27 getroffenen polizeilichen Anoronungen zuwiderhandelt ;

3) wer den auf Grund des § 25 in Vollzug geseßten oder den auf Grund des § 26 erlassenen E zuwiderhandelt.

J 40.

Dieses Gesetz tritt am . . ten . . 1893 in Kraft.

Urkundlich 2c.

Begründung:

Ein kräftiges E der öffentlihen Gewalten gegenüber den die Bevölkerung bedrohenden Seuchengefahren wird nicht nur durch Rücksichten der Gesundheitspflege, fondern auch durch \{chwerwiegende wirthschaftliche Gründe gerechtfertigt. Wenn die Reichsverfassung im Artikel 4 Nr. 15 die Verantwortlichkeit für die wirksame Bekämpfung der Seuchen dem Reiche mit überwiesen hat, so ist das niht zum wenigsten ‘in der Erkenntniß der- großen Schädigungen geschehen, die durch verheerende Volkskrankheiten vem Wohlstande des Landes bereitet werden können. Die Vermögensverluste, welhe die Bevölkerung Deutschlands ‘überhaupt durch Krankheiten Jahr: für Jahr erleidet, lassen sich annähernd nach den Ergebnissen der ‘geseßlihen Kranken- versicherun sten, insofern E beahtenswerthe Zahlenangaben über die Häufi eit des Erkrankens für große Gruppen der erwerbs- thätigen Bevölkerung liefern. Die Gesammtzahl der in die geseßliche Krankenversicherung einbezogenen Personen betrug Ende 1890, unge- rehnet 459 111 in Knappschaftskassen versicherte Persoyen , 6 342 828, also insgesammt nahezu 14 Prozent der Bevölkerung. An diese 6 342 828 Versicherten wurden im Jahre 1890 für 39 176 689 Krank- heitstage Krankengeld bezahlt; die Ausgaben der Kassen für die Kranken- pflege bezifférten \sih-wie folgt: : ärztliche Behandlung 4 16 783 453 M

s 14187242

Fe! 39 883 695

E e Kur- und Verpflegungskosten an Krankenanstalten . 8891509 , 347 898

Ersaßleistuñg án Dritte für Krankenunterstüzung . L zusammen 80 093 797 M.

Vergegenwärtigt man fih, daß hierbet der Verlust am Arbeits- verdienst, welcher hinter dem gezahlten Krankengelde faum zurübleiben wird, nicht berücksichtigt is , daß ih die Zahlen nur “auf einen Bruchtheil der gesammten Bevölkerung beziehen, und daß es sih dabei vorwiegend um Personen handelt, welhe in einem verhältni mäßig wenig für Erkrankungen empfänglihen Alter stehen, - daß endlich im Jahre 1890, aus welhem die Zahlen herrühren, {were Seuchen das Land nicht heimgesucht haben, so gewinnt man ‘ein ungefähres Bild von der Größe der Summen, welche ‘der Allgemeinwirthschaft im

Pabesoubart durch beser Pilcte dée 1 wis Gesundheit, vermieden.

&

Krankenkassen mit begriffen sind, welche für die dur Unfall hervor- ees Mectepungen während der ersten ocichn Papa gemacht werden müssen.

Gegenüber * erheblihen, dur Krankheit verursahten Schädi- gungen des Volkswohlstandes if es mehr und nichr zur Erkenntniß ekommen, daß ein großer Theil davon durh O LNe Maßnahmen,

ß

werden kann. ' So ‘unabwendbax ‘ein gewisses Maß von Krankheiten“ erscheint, so unterliegt es doch kêinem Zweifel, däß, wenn in Stäüt,“ Gemeinde und Gesellschaft den durch Erfahrung gewonnenen Geboten der öffentlihen Gesundheitspflege eine größere Depts geschenkt wird, auch die Verbreitung und Verderblichkeit der Krankheiten eine merklihe Abminderung erfährt. : i

Gerade die am meisten gefürhteten Volkskrankheiten, wie Cholera, Pocken und Typhus, werden von der heutigen Wissenschaft zu den vermeidbaren Krankheiten gerehnet, und au Krankheiten wie Scharlach, Diphtherie, Kindbettfieber können uach den Erfahrungen auf dem Ge- biete der Krankheitslehre- durch sorgfältige Durhführung gesundheit- liher Maßnahmen eingeshränkt werden.

Im einzelnen hat der Kampf gegen die Seuchen auh bisher {hon bemerkenswerthe Erfolge errungen, wie sich aus einer Betrachtung der Statistik über ‘die Todesursachen ergiebt. i:

Das stetige Sinken der Typhussterblichkeit in zahlreichen deutschen Großstädten ift durch örtliche durhgeführté gesundheitlihe Maßnahmen erreiht worden, und das in Deuts, land wie in anderen europäis{chen Ländern beobachtete, nahezu vollständige Erlöschen der Pocken, einer Volkskrankheit , welhe früheren Generationen die verderblich\te war, ist geseßlihen Schußmaßregeln zu verdanken. Daß unter geeigneten Verhältnissen {on dur behördlihe Einwirkung auf das Heilpersonal einer gemeingefährlichen Krankheit entgegengewirkt werden kann, beweist in neuester Zeit die stetige Abnahme der tödtlichen Fälle von Kindbettfieber. Seitdem gewisse, auf OOLRA O beruhende Mafß- regeln zur Verhütung dieses mit Recht gefürchteten Leidens den Hebammen vorgeschrieben worden sind, hat si{ch die Zahl der Todesfälle im Kindbette stetig vermindert. Während in den Orten des Neichs mit 15 000 und mehr Einwohnern von je 100 000 Wöchnerinnen zu Anfang des vorigen Jahrzehnts (1881 bis 1883) jährlich noch 353 Personen an Kindbettfieber starben , i im Durchschnitt der lezten Jahre (1889 bis 1891) diese Ziffer auf 203 herabgegangen ; dementsprechend ist die Zabl der im Kindbett gestorbenen Person nah den standes- amtlichen Ausweisen von Jahr zu Jahr gesunken; und: zwar sind in Preußen troß zunehmender Geburtenzahl während der leßten Jahre (1888 bis 1890) jährli etwa 1200 Wöchnerinnen weniger als vor 10 bis 12 Jahren - im Kindbett gestorben. Derartige Erfolge auf einzelnen Gebieten der Gefundheitspflege berechtigen zu der Hoffnung, daß és gelingen wird, auch die Verbreitung anderer gemeingefährlicher Krankheiten einzuschränken, sofern der Kampf gegen dieselben einheitlich und kräftig aufgenommen wird. 1

Welche Verluste an Menschenleben die Cholera herbeiführt, hat die Cpidemie des Jahres 1892 in erschreckender Weise gezeigt. Jn Nußland beläuft sich für dieses Jahr bei rund 550 000 Erkrankungen die Zahl der Opfer auf liber 260 000 und im hamburgischen Staatsgebiet sind

ei einer Einwohnerzahl von rund 620 000 im ganzen etwa 18 000 Er- krankungen und etwa 8000 Todesfälle vorgekommen. Die Größe der unmittelbaren Aufwendungen, welche ein heftiger Ausbruch der Cholera für die betheiligten Gemeinwesen mit \sich bringt, läßt sih daraus er- messen, daß in Hamburg während der vorjährigen Epidemie aus staat- lichen Mitteln für die Ünterdrückung der Seuche nahezu vier Millionen Mark verausgabt worden sind.

Nach dem Mittel der Jahre 1885 bis 1891 \tarben von den etwa 101/2,Milliónen Bewohnern der größeren Orte des Reichs jährlih 11 290 an" Diphtherie (und Croup), 2553 an Scharlach, 2342 an Unterleibstyphus. Unter der Landbevölkerung und in kleinen Städten sind die Verluste durh Diphtherie und Scharlach nach den aus Preußen, Bayern und Sachsen vorliegenden Ausweisen verhältniß- mäßig noch größer gewesen.

Während das Reich auf dem Gebiete der Veterinärpolizei von dem ihm zustehenden Geseßgebungsrecht bereits ausgiebigen Gebrauch gemacht und insbesondere für die Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen dur das Geseß vom 23. Junt 1880 (Neichs-Gesetblatt S. 153) einheitlihe Grundlagen geschaffen hat, ist dies auf dem Gebicte des Medizinalwesens bisher nicht in reien Umfange geschehen. Die hier erlassenen reihsgeseßlichen Bestimmungen be- \hränken sih der Hauptsache nah auf die Verhältnisse des Heil- personals, auf den Schuß dér arbeitenden Bevölkerung ‘gegen die gesundheits\{chädlichen Einwirkungen der gewerblihen Betricbe und auf den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegen- ständen. Mit der Bekämpfung der besonders efährlihen Voltsfeuchen, welche für das Gemeinwohl von höchster V edeutung ist, befaßt sich nur das Fvfgefes vom 8. April 1874. Jm übrigen ist die Regelung dieses wichtigen Theils der Gesundheitspolizei bisber der Landesgesetz- gebung überlassen gebliebên. ' Ueber die in den einzelnen Bundesstaaten bestehénden Vorschriften ‘ist ein Ueberblick {wer zu gewinnen; es ist aber nicht zweifelhaft, daß die einshlagenden Bestimmungen einerseits erheblich von einander eg l und andererseits den jeßigen Ver- kehrsverhältnissen, sowie ‘dem heutigen Standpunkte der L ifensdiaft, namentli den“ neuesten Forschungen über die Krankheitserreger und ihre Lebensbedingungen nicht mehr durchweg entsprechen. Dics gilt vor allem von Preußen, wo in den älteren Landestheilen noh jeßt die ur Kabinetsordre vom 8. August 1835 (Gefeg-Samml. S, 240) zur Einführung gelangten „Sanitätspolizeilichen Vorschriften bei den am häufigsten - vorkommenden ansteckenden Krankheiten“ in Geltung sind. Das Bedürfniß nach einer neuen Regelung hat sich in Preußen {hon längst geltend" gemaht; von einem Vorgehen im Wege der Landesgéseßgebung hat jedo die Erwägung ábgehalten, daß nur durch einheitliche Vorschriften e das gesammte Reichsgebiet die Aufgabe in befriedigender Weise gelöst werden faun. S

Der R einés Neichsgeseßes über die Bekämpfung der Volks- feuhen bildet schon seit geraumer Zeit einen lebhaften, wiederholt zum Ausdru gebrachten Wuns der ärztlichen Kreise. Besonders empfindlich aber hat sich der Mangel eines solchen Gesetzes bei dem Auftreten der Cholera ‘im Jahre 1892 fühlbar gemacht, und zwar nicht _nur für die ärztlichen Kreise, sondern auch für die Behörden und für alle an Handel und Verkehr betheiligten Bevölkerungsgruppen. Nur

ezüglich der " Gefahr einér Einschleppung der Seuche auf dem

Seewege war ein‘ gleihmäßiges Verfahren für alle deutschen Hafen durch die im Jahre 1883 von den Bundes-Seestaaten auf Frund vorheriger Vereinbarung! erlassenen Vorschriften einigermaßen sicher ge“ stellt. Int übrigen féhlte es dägegen an einheitlichen, die Behörden im ganzen Reiche ohne weiteres bindenden und das Verhalten der Be- völkerung leitenden Bestimmungen. Die Reichsverwaltung mußte sih darauf beschränken, viejenigen Grundsäge, welhe nah dem Ur- theile der von ihr befragten Sachverständigen gegenüber der Cholera- gefahr H zu btolges sind, festzustellen und die Durchführung derselben den Landesregierungen zu empfehlen. Sie mußte sich in einzelnen Fällen auch zu einem Eingreifen entschließen, dessen ver- fassungsmäßige Berechtigung nicht ganz außer Zweifel war, auch nicht überall - ohne Beanstandung geblieben ist. Wenngleich es auf diesem Wege glücklicherweise gelungen ist, für die unmittelbare Bekämpfung der Cholera an den Ausbruchsorten e Be Nene Anordnungen herbeizuführen, so bringt do ein solches ‘Verfahren einen Zeitverlust mit sich, der bei der’ Eilbedürftigkeit der Abwehrmaßregeln in hohem Maße unerwüns{cht ‘ist und ihrer Wirksankeit leiht Abbruch thun fann. ‘Vor allem aber hát für ‘den Personen- und Güterverkehr der jeßige Nechtszustand \sich als unzulänglich erwiesen. Auf “der einen Seite war es mit Schwierigkeiten verknüpft, für die das Gebiet - vetschiedener Bundesstaaten | durchs{chneidenden Verkehrs- wege, namentlich soweit es sich um den besonders. gefährlichen Binnenschiffahrts- und Flößereiverkehr handelt, die erfordérlichen gelegen mit wünschenswerther Schnelligteit in Vollzug zu seßen. Auf dér anderen Seite hat ‘ver Mangel au verpflihtenden Normen über Art ‘ünd Maß der zur Abwehr der Seuche anzuordnen- den Verkehtsbeschränkungen zur Folge gehabt, daß zahlreiche Behörden unter dem Drucke übertriebeñer Bes,

ortgnitß sich zu Anordnungen häben :

-# Werth zu besißen, den Verkehr auf das Empfindlichste gestört haben und selbst durch das vermittelnde Eintreten? der Reihsverwaltung nur {wer und langsam beseitigt werden konnten. Für die betioffenen gewerblihen und Handelskreise hat dies zum theil harte Vermögens- verluste zur Folge gehabt. : Wider anfänglihes Erwarten hat die Seuche während des leßten FNres eine größêrë Ausbreitung in Deutschland nicht gewonnen. Æare es anders gekommen, fo würden die Irrungen und Ungleich- inäßigkeiten in ‘den “Anordnungen der Behörden die Störungen des Verkehrs und die Schädigungen des Erwerbslebens eine kaum abzu- sehende Tragweite erhalten haben. __Die Wahrnehmungen, welche die Neichsverwaltung nah diefen Richtungen hin in ihren Bemühungen zur Bekämpfung der Cholera während des leßten Sommers zu machen Gelegenheit hatte, gaben alsbald den On die Vorarbeiten für ein Reich nehmen. Zunächst fanden im Kaiserlichen Gesundheitsamt unter Zu- ziehung der hervorragendsten Sachverständigen Deutschlands, welche dem Amt als außerordentliche Mitglieder angehören, über die ein- shlagenden wissenshaftlih-tehnishen Fragen Berathungen ftatt. Auf der hierdurh gewonnenen Grundlage ist sodann der vorliegende Gesetz- entwurf ausgearbeitet worden. .

Der Entwurf beschränkt sich auf die Finan Aufgabe, nämlich

auf Abwehrmaßregeln gegenüber folchen Krankheiten, Dele in Folge ihrer leiten Üebertrazbarkeit und ihres rasen Verlaufs erfahrungs- mäßig die Bevölkerung am empfindlichsten treffen. Um allen Zweifeln zu begegnen, sind diese Krankheiten einzeln aufgeführt. Indessen mußte die Möglichkeit ofen gehalten werden , au ohne eine zeitraubende Beschreitung des Weges der Geseßgebung noch andere Krankheiten in den Bereich des Gefeßes einzubeziehen. Zu diesem Behufe {ind dem Bundesrath entsprehende Befugnisse beigelegt. Was die Auswahl der Krankheiten anlangt, so kommt in erster Linie die Cholera in Betracht. Die Gemeingefährlichkeit dieser Seuche ist so groß und bei der Epidemie des Jahres 1892 von neuem in fo verderblicher Weise zu Tage getreten, daß die Berücksichtigung derselben einer Begründung nicht bedarf. / |

Es genügt daran zu erinnern, daß in den sechs Jahrzehnten von 1831 bis 15891 die Cholera hauptsächlich in drei verheerenden, Jahre lang si hinziehenden Epidemien ganz Mittel-Europa {wer betroffen hat. Zum erften Male hielt sie, von Rußland kommend, im Jahre 1831 ihren Einzug in Deutschland und erlosh ers im Jahre 1837, die zweite Epidemie währte, nachdem bereits 1846 im südlichen Nuße« land die Seuche sich gezeigt hatte, in Deutschland mit kurzen Unter- brehungen von 1848 bis 1859; die dritte begann für Deutschland im Jahre 1865, breitete sich während der u d des Jahres 1866 be- fonders Jeftig aus und -erlosh er im Jahre 1873. Nachdem dann ein verhältnißmäßig wenig ausgedehnter Autbruh der Seuche während des Jahres 1886 in Jtalien und Südfrankreih beobachtet worden war, hat das Jahr 1892 einen erneuten heftigen Ausbruch gebracht, indem die Krankheit, von Persien ausgehend, fh über Nußland und verschiedene Staaten Mittel-Guropas ausbreitete.

Noch verderblichere Wirkungen als die Cholera würde voraus- sihtlih ein Einbcuh der Pest herbeiführen, jener mit Recht ges fürchteten Krankheit des Orients, welhe während des Mittelalters auch in Deutschland nicht selten auftrat und untex dem Namen „der \{hwarze Tod" allbekannt war. Noch im 16. und 17. Jahrhundert, ja zum theil noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, war die Pest eine in Europa nicht seltene Krankheit; sie verhielt sih damals in Deutschland, Holland, Italien 2c. ungefähr ebenso, wie noch zur Jeßzt- zeit 1m Orient, d. h. sie trat bald hier bald dort in örtlihen Epi- demien auf und war dann wieder für längere Zeit ganz vershwunden. In diesem Jahrhundert waren nur noch der Orient und seine Grenz- länder der Siß größerer Epidemien, so kam es u. a. in Griechen- land und den unteren Donauländern während der Jahre 1827 bis 13829 zu größerer Ausbreitung der Pest. Wie aber im Jahre 1879 die Gefahr der Pestinvasion von Osten her eine unmittelbar drohende geworden war und auch dem Reich zu besonderen Vorsichtsmaßregeln Anlaß gegeben hatte, so liegt für die Zukunft eine Wanderung dieser Se vom fernen Orient bis ins Deutsche Reich ebenfalls nicht außer dem Bereich der Möglichkeit.

Weniger drohend erscheint die Gefahr einer Ausbreitung von Gelbfieber innerhalb Deutschlands, da diese mörderishe Seuche ganz überwiegend eine Krankheit heißer Länder namentlih West- indiens und des amerikfanishen Festlandes ist. ähr epidemisches Vor- fommen in Europa war bis jeßt immer auf einige Küstenstädte am Mittelländishen Meere beshränkt ; nur vereinzelt ist ihre Vershleppung nah Brest und an die englische Küste beobachtet worden. Allein die innige Beziehung des Gelbfiebers zur Seeschiffahrt und die Thatsache seiner Üebortragbagkecit von Ort zu Ort lassen es nicht AuLgeiloien erscheinen, daß bei der gesteigerten Schnelligkeit des Schiffsverkehrs auh deutsche Hafenstädte von der verderblichen, an den Orten ihres endemischen Auftretens sehr gefürhteten Krankheit betroffen werden. Mit Rücksicht hierauf sind die für die Ed Seehäfen erlassenen Vorschriften über die gesundheitspolizeilihe Ueberwahung der See- schiffe schon auf das Gelbfieber ausgedehnt, wie denn auch verschiedene andere Staaten des nördlihen Europa, z. B. Großbritannien, der- artige Vorschriften gegenüber dieser Seuche erlassen haben.

Eine weitere, bei uns ebenfalls nicht einheimische Krankheit, deren Einschleppung aber namentli über die Ostgrenze häufig stattfindet, ist die unter dem Namen Flecktyphus bekannte, neuerdings wissen- schaftlih als Fleckfieber bezeichnete Krankheit. Das Fleckfieber ist auf dein europäishen Continent MUISLE in den polnischen Landes- theilen Rußlands und Oesterreichs eine häufige Krankheitsform, wird von dort in die östlihen Grenzgebiete des Reichs verschleppt und ge- langt auch nicht selten in einzelne Bezirke Mitteldeutschlands, nament- lih nah Braunschweig und der preußischen Provinz Sachsen. Daß das Fleckfieber außerordentlich ansteckend ist, steht außer Zweifel. Die Epidemien von 1847 bis 1849 in Obers lesien und von 1855 bis 1856 in der Krim haben die große Gefährlichkeit dieser auch wohl p dem Namen „Hungertyphus“ oder „Kriegstyphus“ belegten Krank- veit gezeigt. j

¡ie Pocken haben in den leßten Jahren in Deutschland nah den sorgfältig ausgeführten amtlihen Erhebungen in bedrohlicher Weise nur noch einzelne Grenzbezirke heimgesuht. Dank der wohl- thätigen Wirkungen der Impfung und Wiederimpfung sind im eigent- lihen Binnenlande shwere Pockenfälle selten geworden. Da indessen bei der beträchtlihen Verbreitung der Krankheit im benachbarten Aus- lande Einschleppungen häufiger stattfinden, fassen in den Grenzgebieten die Poken immer noch hin und wieder für kurze Zeit festen Fuß; fie verursahen zwar unter den mit as geimpften Kindern und den wiedergeimpften Personen keine Verluste, werden aber den noch nit oder ohne Erfolg geimpften Kindern und den nur einmal ge- impften Personen des höheren Lebensalters ga Welche Gefahr hinsihtlih der Einschleppung der Pocken vom benachbarten Auslande ständig droht, ist daraus ersihtlih, daß während des Jahres 1891 in Böhmen, Mähren, Niederösterreih, österreihisch Schlesien und Galizien nicht weniger als 6834 Personen an den Pocken ge- storben find. Î :

Zu den' in Deutschland nicht einheimischen, ansteckenden Krank- heiten gehören außer den bereits genannten noch das Rükfallfieber und die Nuhr.

Das Rükfallfieber kommt in Epidemien vor, die

zuweilen z, B. in Irland von großer Ausdehnung ewesen sind, und tritt häufig gleichzeitig mit Fleckfieber auf, Der Srsay gesunder Nahrung durch ungenügende Pflanzenkost {eint für die Entwicklüng der Krankheit von Bedeutung zu sein, doch ist die hohe Ansteckungsfähigkeit derselben, insbesondere au die Ueher- tragbarkeit von Person zu Person erwiesen, Jn Großbritannien und Irland ist Rückfallfieher wiederholentlih in großer Ausdehnung beob- achtet; 1847 bis 1849 kam es neben dem Fleckfieber in Obev elen yor, seit Jahrzehnten ist es in Nußland verbreitet , von wo es mehrfach nah Deutschland eingeshleppt wurve, j

Die Ruhr, eine meist inden Tropen heimishe und dort mit ‘hoher Sterblichkeit" auftretende Krankheit, hat in vergangenen Jahrhundérten europäische Länder häufig als {were

ganzen durch Krankheiten verloren gehen, felbst wenn in Betracht gezogen wird, daß în jenen Zahlen diejenigen Aufwendungen ‘der

bestimmen lassen, welche, ohne in sanitätspolizeiliher Hin iht einen

Epidemie heimgesucht : und: is ueuerdings besonders während der

sgeseß in Angriff zu

4ran

Kriege in verderblicher Weise aufgetreten. Wie 1856 in der Krim und 1859 in Italien, hat sie im Sa re 1870 während des deutsch- französischen . Krieges in den von jeher durch diese Krankheit heim- esuhten Theilen des östlihen Frankreihs zahlreihe Opfer gefordert. Fin esonders gefährdetes Ne der eigentlichen Nuhr, welche um Unterschiede von einem im Volksmunde oft als Nuhr bezeichneten F mitecitidèn Darmkatarrh wissenschaftlich auch „Dysenterie“ genannt wird, bildet die westlihe Grenze des Deutschen Reichs, doch if nah den Ergebnissen der Statistik ein ausgedehnteres Auftreten der Nuhr in \{werer Form während" der leßten Jahre auch in Schlesien und Posen beobachtet worden. \

Der Ansteckungs\toff -der Nuhr findet seine Verbreitung vorzugs- weise durch die Nahrung (Obst, Gemüse) und durch das Trinkwasser, er ist an die Ausleerungen des Kranken gebunten und wird, soweit bekannt, dur diese vershleppt. Ein Ansteckung von Person zu Person, wie bei Fleckfieber und Nückfallfieber, ist niht erwiesen.

Unter den in Deutschland heimischen, alljährlih in großem ans auftretenden anfteckenden Krankheiten verursachen der Darm- typhus, die Diphtherie und der Scharlach, wie oben erwähnt, sehr beträchtliche Verluste an Menschenleben. Scharlah und Diphtherie treten selten in gutartiger Form, meist {wer und verderblich auf und fordern vornehmlich unter den Kindern und jugendlichen Personen zahlréiche Opfer. Daß dur gehörige Absonderung der Kranken von den Gesunden und thunlichste Vertilgung des Krankheits\toffffes eine Weiterverbreitung dieser Krankheit verhütet werden kann, unterliegt feinem Zweifel. 2 Î

Der Darmtyphus sucht seine Opfer zumeist unter den lebens- fräftigsten Personen, deren Erwerbsthätigkeit er, wenn der Tod nicht eintritt, durh langes Siehthum und langsame Genesung {wer zu becinträhtigen pflegt. Seine Bekämpfung verdient für das gesammte Reichsgebiet diejenige Beachtung, welche ihr in einzelnen Gemeinwesen und namentlich seitens der Heeresverwaltung seit Jahren mit allgemein anerkannten Erfolgen zu theil wird.

Die Aufgabe des Gesetzes selbst kann es nicht sein, die zur Be- fämpfung der gemeingefährlichen Krankheiten dienlichen Maßregeln bis in die Einzelheiten ershöpfend zu behandeln. Vielmehr bringt es shon- die Natur des Gegenstandes mit si, daß im Gesetz nur die leitenden Grundsäße aufgestellt werden, während die näheren Vor- {hriften über die bei den einzelnen Krankheiten im allgemeinen wie nah der besonderen Lage gewisser Fälle erforderlihen Anordnungen dem Berordnungswege zu ülerlasen sind. Es würde auch gegen die Grundfätze der Gesundheitspolizei \treiten, wenn alle vorzusehenden Schußmaßregeln durch das Gesetz festgelegt würden; denn es ist un- erläßlich, dieselben mit den wechselnden Anschauungen der Wissenschaft beständig in Einklang zu halten und zu diesem Behuf au in Einzel- heiten rafch einer Umgestaltung unterwerfen zu können. Demgemäß find in dem Entwurf nur die für eine erfolgreiche Bekämpfung leicht übertragbarer Volkskrankheiten überhaupt in Betracht kommenden Maßnahmen aufgeführt und in Anlchnung an sie den Behörden die nöthigen Vollmachten und Zwangsbefugnisse beigelegt. Die Art, wie die grundsäßlihen Maßnahmen fowohl den einzelnen Krankheiten gegen- über als auch unter den verschiedenen Lebens- und Verkehrsverhältnissen zur Anwendung gelangen sollen, ist dagen der Hauptsache nach der Be- \{lußfa}ung des Bundesraths vorbehalten, unter gewissen Voraus- feßungen auch, soweit es zweckmäßig erschien, dem Ermessen der Landes- regierungen überlassen.

Ueber die Organisation und Zuständigkeit der mit der e des Geseßes zu betrauenden Behörden, über die Bestreitung der durch die Bekämpfung der Krankheiten entstehenden Kosten und über das in Streitfällen wegen Zulässigkeit oder Zweckmäßigkeit der angeordneten Maßregeln zu beobachtende Verfahren konnten, ohne den unter ein- ander abweichenden Verwaltungseinrichtungen der Bundesstaaten zu nahe zu treten, in den Entwurf Bestimmungen nicht aufgenommen E die Regelung dieser Frage soll Sache der Landesgeseßgebung

etven.

Der Entwurf behandelt den Stoff in sechs Abschnitten, nämlich: 1) Anzeigepflicht, 2) Ermittelung der Krankheit, 3) Schußmaßregeln, 4) Entschädigungen, 5) Allgemeine Vorschriften, 6) Strafbestimmungen.

1) Anzeigepflicht.

§1. Eine wesentlihe Vorausseßung für die erfolgreiche Bekämpfung der Seuchen bildet das rashe und sichere Eingreifen der Behörden unmittelbar nah dem Seuchenausbruch. Um die Behörden hierzu in den Stand zu en ist es nothwendig, dieselben fo \{leunig wie möglich von dem Auftreten der Krankheit zu unterrichten. Aus der Grkenntniß dieser Nothwendigkeit, welche durch die Erfahrungen bei den verschtedenen Cholera-Epidemien seit 1830 mehr und mehr in den Vordergrund gerückt wurde, sind in vielen deutschen Staaten, ebenso wie in den Culturstaaten des Auslandes Bestimmungen hervor- gegangen, dur welche bei gewissen Krankheiten eine Anzeige der Er- kranfungsfälle bei der Behörde vorgeschrieben wird. Abgesehen von der Bedeutung dieser Anzeigen für das rasche Eingreifen der Sanitätspolizei sind sie tusofern von nicht zu untershäßzendem Nuten, als die genaue Kenntniß der einzelnen Erkrankungs- und Todesfälle in ihrem zeitlichen und örtlihen Zusammenhange eine werth- volle Grundlage für die Beurtheilung der Entstehungsbediugungen und Verbreitungsgeseße der Krankheiten bildet. Es liegt daher eben- sowohl in dem U A IE Interesse, das Wesen der Seuchen zu ergründen, wie auch in dem nächsten praktischen Bedürfniß der Abwehr, daß eine Feststellung der Grkrankungs- und Todesfälle in zuverlässiger und gleihmäßiger Art gesichert werde. In ihrer jeßigen Gestaltung genügen aber die in den einzelnen Bundesstaaten geltenden Bestim- mungen über die Anzeigepfliht weder dem einen noch dem anderen Zwecke, da sie niht nur hinsichtlich der Krankheiten, auf welche sich die Anzeigepflicht erstreckt, sondern auch in ihrem sonstigen Inhalt erhebliche Abweichungen unter einander zeigen. Nur die Negelung der Anzeigepflicht für das ganze Neichsgebiet dürfte hier zu einem be- friedigenden Ergebnisse führen.

Die durh das Gefeß betroffenen Krankheiten können nah dem Umfange, in welchem die Anzeigepfliht geboten erscheint, in ¿zwei Gruppen gesondert werden. Die erste umfaßt diejenigen Krankheiten, welche durch die Schwere ihres Verlaufs und die Schnelligkeit ihrer Weiterverbreitung die größte Gefahr für die Bevölkerung bilden. Hierher gehören die Cholera, das Gelbfieber, das Fleckfieber, die Pest und ‘die -Pocken. Um bei diesen Krankheiten zu verhindern, daß die ersten Fälle unbemerkt bleiben und daß die Anordnung der erforderlichen Schußmaßregeln eine unter Umständen folgen- {were Verzögerung erleidet, foöll sich die Anzeigepflicht hier nicht nur auf die sicher erkannten Erkrankungsfälle, sondern auch auf alle die- Jentgen Fälle erstrecken, in welhen nur der Verdacht der Erkrankun an einer der bezeichneten Seuchen begründet is. Diese Borschrift if um fo nothwendiger, als die meisten Laien und selbst viele Aerzte niht Gelegenheit haben werden, Fälle von asiatischec Cholera, Fleck- fieber oder Poen, geschweige denn von Gelbfieber oder Pest zu beob- achten, sodaß Zweifel über die Natur der Krankheit, namentlich bei den ersten Fâllen häufig zu erwarten. sind. Die alsbaldige Benach- rana der Behörde, auch bei zweifelhaften Erkrankungen, und die arauf folgende Begutachtung dur den beamteten Arzt wird die Ge- de daß cim ersten Auftreten der Krankheit einzelne Fälle unerkannt ae en, erheblih verringern. - Da die Diagnose eines Krankheitsfalles d Gruppe oft erst durch den tödtlichen Ausgang bestätigt wird, is ie ferner erforderlich, da niht nur von jeder Erkrankung, sondern p L en jedem Todesfall nzeige erstattet werde. Die Todesanzeige aud zuglei einen Ersatz für die etwa unterbliebene Erkrankungs- eige, Dies is um fo wichtiger, als nach den bisherigen Ér- (l ungen Erkrankungsanzeigen, sei es ‘aus Unachtfamkeit, sei es wegen bleignntniß dex Natur der Krankheit, voraus dtlid vielfah unter- q en werden. Endlich ist es für die wissenshaftlihe Beurtheilung u praktische Behandlung von Wichtigkeit, das Verhältniß der

terbefülle zu der Zahl der Erkrankungen kennen zu lernen. deb Bet den übri en im § 1 genannten Krankheiten erscheint die Aus- R der Anzeigepflicht auf die Todesfälle durch sanitätspolizeiliche il N niht geboten, es genügt vielmehr die Anzeige der Er- a » Als diejenige Stelle, welcher die Anzeige zu erstatten ist, bezeichnet

“der Entwurf die Ortspolizeibehörde. Hierfür war die ea maß- ehlt

ebend, daß es sih zur ermeidung jedes Zeitverlustes em s E 14 eldungen an diejenige Behörde zu richten, welche die äd ten Maß- nahmen gegen eine weitere Verbreitung der Krankheit zu veranlassen

hat. “Auch ist Werth darauf zu legen, daß die Mesldestelle dem

Publikum möglichst leiht zugänglich sei, um die Erfüllung der Anzeige- pfliht nicht zu ers{chweren.

Neben der Anzeige an die Ortspolizeibehörde ist für die Krank- heiten der ersten Gruppe die gleichzeitige Anzeige an den beamteten Arzt vorgeschrieben. Die Weiterverbreitung dieser Krankheiten kann erfahrungs- gemäß nur durch das rascheste Eingreifen unmittelbar nah dem Seuchen- ausbruche gehindert werden ; es ist daher von Wichtigkeit, daß der beamtete

Arzt, welcher nah § 6 des Entwurfs die sachverständige Feststellung der Krankheit vorzunehmen hat und nach § 10 in dringenden Fällen die erforderlihen Abwehrmaßnahmen au ohne Mitwirkung der Orts- polizeibehörde vorläufig anordnen fann, \o s{leunig wie möglich von dem Krankheitsausbruch unterrichtet wigd. Eine übermäßige Belästigung der Bevölkerung wird dur die doppelte Anzei epfliht nicht herbei- M da leßtere nur für wenige, in Deutschland glückierweise eltene Krankheiten vorgesehen ist.

Wenn ein Erkrankter den Aufenthaltsort wechselt, wie es bei an- scheinend leihten Erkrankungen folher Personen, die sich zeitweilig außerhalb ihrer Familie aufhalten (Zöglinge von Pensions- oder Lehr- anstalten, Dienstboten, Geschäftsreisende und dergleichen), nicht selten vorkommen „wird, so bedarf es einer erneuten Anzeige, und zwar fowohl am bisherigen als auch am neuen Aufenthaltsorte. Die Be- hörde des ersteren hat hieran ein Interesse, um sih mit ihren weiteren Schußmaßregeln danah r:hten zu können, insbesondere die Desinfection der bisherigen Unterkunftsräume des Erkrankten nöthigen- falls anzuordnen. Am neuen Aufenthaltsort aber liegen für die Be- hörde die Verhältnisse niht anders, als wenn die Erkrankung erst hier eingetreten wäre. Demgemäß ist im Absaßy 2 des § 1 für solche æûlle eine zweifahe Anzeige vorgeschrieben. Die Anzeigepflicht ent- steht für den bisherigen Aufenthaltsort mit dem Augenblick der Ab- reise, für den neuen Aufenthaltsort mit dem Augenblick der Ankunft. Wegen entsprechender Mittheilungen von Behörde zu Behörde werden im ele die nöthigen Bestimmungen zu treffen fein.

Sollte sih das Bedürfniß ergeben, die Anzeigepfliht auch auf ändere, als die im § 1 genannten Krankheiten auszudehnen, und denm- gemäß der Bundesrath von der im Absatz 3 vorgesehenen Befugniß Gebrauch machen, so wird er zugleih darüber Bestimmung zu treffen haben, in welche der beiden Gruppen des Absay 1 die durch ihn unter das Gese ed Krankheit eingereiht werden soll.

_Es giebt eine Anzahl ansteckender Krankheiten, welhe wegen ihrer geringeren räumlichen Verbreitungsfähigkeit nit als gemeingefährlih betrahtet werden können, die aber doch zeitweise an einzelnen Orten in so s{hwerer Form auftreten, daß es geboten erscheint, ihrer Weiterverbreitung mit s\anitätspolizeilichen Maßregeln entgegen- zuwirlen. Dahin gehören beispielsweise gewisse ansteckende Augen- krankheiten, Ausfaß (Lepra), Genikstarre. Wenn auch in &rmangelung einer gemeinen Gefahr reihsgeseßlihe Vorschriften für diese Krank- heiten nicht in Aussicht zu nehmen sind, fo soll doch den Landes- regierungen die im Landesrecht begründete oder dur landesrechtliche Vorschriften zu begründende Befuguiß nicht genommen werden, zur Bekämpfung derartiger Krankheiten die Anzeigepflicht einzuführen oder, wo sie besteht, zur Geltung zu bringen. Daß das neue Geseß nach dieser Nichtung hin das Landesrecht nicht einschränken will, ift im Absatz 4 des § 1 durch einen entsprehenden Vorbehalt zum Ausdruck gebracht.

__§ 2. Um die Erfüllung der Anzeigepfliht zu sichern, darf der Kreis der anzeigepflihtigen Personen nicht zu eng gezogen werden. Bor allen Anderen i} der Arzt, vermöge seiner wissenschaftlichen Kenntnisse und feiner Erfahrung, in zweiter Linie jede außerdem berufsmäßig mit der Behandlung und Pflege von Kranken sich befassende Person im stande, zu erkennen, ob es sih im Einzelfalle um eine anzeigepflichtige Krankheit handelt. Es empfiehlt sih deshalb, zunächst diesen Personen die Anzeigepfliht auf- zuerlegen. Für die Auswahl und Reihenfolge der übrigen zur An- le Tele war die Absicht maßgebend, für alle im gewöhn- lichen Leben vorkommenden Verhältnisse eine Perfon zu bezeichnen, der die Pflicht zur Anzeige obliegt. Zu den Haushaltsgenofen (Nr. 5) ist auh das die Wohnung des Erkrankten theilende Dienstpersonal zu rechnen. Im Falle eines Aufenthaltswechsels 1 Absatz 2) bestimmt sich die Anzeigepflicht am bisherigen Aufenthaltsort nach den Verhält- nissen, welche der Kranke dort verläßt, am neuen Aufenthaltsort nah den Beziehungen, in welche er hier eintritt. Durch Veröffentlichung gemeinverständlicher Belehrungen über die Kennzeichen und den Ver- lauf der in Frage kommenden Krankheiten wird von Amtswegen darauf hinzuwirken sein, daß au dann, wenn nur anzeigepflichtige Laien vor- handen find, die Anzeigen vollständig erstattet werden können.

i Die Bestimmung, daß die Anzeigepflicht in jedem Falle erst dann eintritt, wenn ein in der Reihenfolge vorher genannter Berpflichteter nit vorhanden oder an der Anzeige verhindert ist, entspriht der gleihen Vorschrift im § 18 Absatz 2 des Geseßes über die Beur- Tundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Neichs-Gesegbl. S. 23). \

Da. dem gesundheitspolizeilihen Interesse Genüge geschehen ift, wenn der zuständigen Behörde überhaupt von dem Krankheitsfalle Kenntniß en wird, bestimmt § 44 Nr. 1 ausdrücklich, daß eine Strafverfo gung wegen unterlassener Anzeige nit eintreten soll, wein die Anzeige zwar nicht von dem zunächst Verpflichteten, aber dennoch anderweit E et worden ist.

3. Eine Ausnahmestellung unter den ansteckenden Krank- heiten nimmt das Kindbettfieber insofern ein, als es ih auf einen bestimmten und engen Kreis von Personen beshränkt uud erfahrungs- gemäß hauptsächlich dadurch verbreitet wird, daß Hebammen, welche die am Kindbektfieber Erkrankten behandeln, durch ihre Thätigkeit bei anderen Wöchnerinnen auf diese den Krankheits\toff. übertragen. Der Anordnung allgemeiner sanitätspolizeilicher Maßregeln bedarf es bei dieser Krankheit nicht, vielmehr genügt es, den Hebammen geeignete Vorfichtsmaßre eln zur Pflicht zu machen und die Befolgung zu über- wachen. Die Mitwirkung der Ortspolizeibehörde kommt daher hier nicht in Frage, so daß ihre ronn hier entbehrlich ist. Statt dessen sieht der Entwurf eine Anzeige an den beamteten Arzt vor, welcher die Aufsicht über die Berufsthätigkeit der Hebammen zu führen hat. Die Anzeigepflicht konnte entsprechend dieser Sachlage aus- {ließlich dem behandelnden Arzte und der Hebamme auferlegt werden. Aufgabe der für die mat bestimmten Anweisungen bleibt es, nähere Anleitung darüber zu geben, welche Krankheitserscheinungen die Verpflichtung zur Anzeige begründen.

S 4. Für Erkrankungen und Todesfälle, welche in öffentlichen Kran- kenhäusern, Gefangenenanstalten oder ähnlichen Anstalten vorkommen, empfiehlt sih aus naheliegenden Gründen eine abweichende Regelung der Anzeigepflicht, wie sie § 4 in Anlehnung an die Bestimmungen der 20 und 58 des Geseßzes über die Beurkundung des Perfonen- standes x. vom 6. Februar 1875 enthält.

i E Vorschriften erheischt die Durchführung der Anzeige- pflicht eim Schiffahrts- und Flößereiverkehr. Die Verpflichtung Ie Anzeige kann hier nur dem Schiffer und Floßführer, oder im Falle hrer Be inderung ihren Stellvertretern auferlegt werden. Es kann aber dem Schiffer oder Flößer nicht zugemuthet werden, die Anzeige an diejenige Ortspolizeibehörde zu richten, in deren Bezirk die Er- krankung oder der Todesfall eingetreten ist. Abgesehen davon, daß dies für die Betheiligten häufig mit unüberwindlichen Schwierigkeiten ver- knüpft fein würde, ift der Schiffer unter Umständen gar nit in der Lage, zu beurtheilen, in welchem Polizeibezirk er sich im entscheidenden Me Pole Für den Seeschiffsverkehr wird im allgemeinen die Polizeibehörde des ersten, nah Emtritt der anzei epflichtigen That-

sathhe angelaufenen deutschen E es als zuständig zu bezeichnen 0

sein, indessen können besondere Verhältnisse eine abweichende Regelung erheischen. Qu den Binnenfchiffs« und Flößereiverkehr ist es noch schwerer, allgemeine Negeln aufzustellen; die nötbige T wird hier voraussichtlich am zweckmäßigsten i Verbin dung mit dér gèmäß § 15 Nr. 2a anzuordnenden Beaufschtigun dieses Verkehrs getroffen werden. Mit Rücksicht hierauf ist im § i

pr 2 dem Bundesrath die Befugniß beigelegt, nähere Grundsäge hierfür aufzustellen.

§ 9. Um die anzeigepflihtigen Personen durch die ihnen an- ee Verpflichtung möglichst wenig zu belästigen, ist es ihnen reigelassem, die Anzeige mündlih oder shriftlich zu erstatten. Die mündliche Anzeige kann auch durch eine dritte, nicht anzeigepflihtige Person geschehen. Die schriftliche Anzeige kann der Meldestelle ent- weder unmittelbar übergeben oder durch die Post zugesendet werden. Für den legterwähnten Weg, welcher sich vielfah als der bequemste erweisen wird, ersheint es im Interesse der Anzeigepflichtigen und zur Sicherstellung einer möglichst vollkommenen Erfüllung der Anzeige- pflicht unerläßlich, eine Form zu wählen, welche den Absender dex Nothwendigkeit einer Portoverauslagung überhebt. Zuglei aber ist darauf zu halten, daß die erwachsenden Portokosten in den engsten Grenzen bleiben. ;

Den Anzeigen Portofreiheit zu gewähren, erscheint nicht angän ig, weil sie weder von einer Reichsbehörde ausgehen , noh an eine so che gerichtet sind, mithin den Bedingungen nicht entsprechen, unter welchen allein selbst Sendungen in Reichsdienstangelegenheiten nah dem Porto- freiheitsgeseß vom 5. Juni 1869 (Bundes-Geseubl, S. 141) die Porto- freiheit genießen, und weil eîner Erweiterung der Portofreiheiten über die in diesem Geseße gezogene Grenze hinaus \{chon wegen der Be- rufungen, welche daraus erwachsen würden, grundsäßlihe Bedenken ent-

egenstehen. Die allgemeine Benutzung unfrankirter Postkarten zu den nzeigen würde einen erheblichen Portoaufwand verursachen, da der- artige Karten einem Porto von 20 unterliegen. Die Meldekarten etwa von dem Zuschlagporto befreien und zu dem Satze für frankirte Postkarten befördern zu lassen, würde in Widerspruch stehen mit dem, sowohl im inneren wie im Weltpostvereinsverkehr bisher stets festgehaltenen Grundsatze, daß die, einzelnen Bersendungs- gattungen eingeräumten Porto-Ermäßigungen deren franfirte Ein- lieferung unbedingt zur Voraussezung haben. Ueberdies würde die Behandlung unfrankirter Karten für den Postbetrieb und für die Empfänger unerwünschte Ershwernisse bereiten. Dagegen erscheint es angängig, die Anzeigen, wenn sie die Form von Briefen erhalten, als portopflichtige Dienstbriefe zu behandeln, welche nah § 1 des Gesetzes über das Posttaxwesen vom 28, Oktober 1871 (Reichs-Geseßbl. S. 358) mit Zuschlagporto nicht belegt werden. Die Anzeigen haben in diesem Falle innerhalb des Reichspostgebiets und ¡war ohne Unterschied, ob sie an die Ortspolizeibehörde oder an den beamteten Arzt gerichtet sind —, wenn die empfangende Stelle im Orts- oder Landbestellbezirke des Aufgabeortes sich befindet, 5 Pfennig, in Berlin 10 Pfennig Porto zu tragen ; der Portosaß von 10 Pfennig würde auch dann eintreten, wenn die Meldekarten zwischen verschiedenen Orten mit Postanstalten versandt werden. Die Beschreitung dieses Weges bei Versendung der Meldekarten seßt die Einführung bestimmter Formulare voraus, welche von den Polizeiverwaltungen auf ihre Kosten beschafft und den Anzeige- pflichtigen unentgeltlih verabfolgt werden. Nur Anzeigen, zu welchen diese Formulare verwendet sind, sollen die angegebene Portovergünfti- gung genießen. Einer geseßlihen Vorschrift bedarf es zur Einführung des bezcihneten Verfahrens nicht, dasselbe kann vielmehr für den Be=- reih der Reichspostverwaltung im Rahmen des geltenden Rechts durch Verordnung ins Leben gerufen werden. j

Für den inneren Verkehr Bayerns und Württembergs hat die Regelung gemäß Artikel 52 der Reichsverfassung nach Maßgabe der landesre{chtlichen Vorschriften zu erfolgen. :

Die Frage, wem die Kosten des Meldewesens zur Laft fallen. kann in diesem Geseß nicht zum Austrag gebracht werden, entscheidet sih vielmehr nah Landesreht. Der Entwurf geht davon aus, daß diese Kosten, einshließlich des Portos für die Anzeigen, zu den fäch- lihen Ausgaben der Octêpolizeiverwaltung gehören und daß derjenige dafür aufzukommen hat, welcher nach den landesrechtlihen Bestimmungen die zuleßt erwähnte Last trägt. Eine Heranziehung der anzetge- pflichtigen Personen zu den in Rede ftehenden Kosten ericheint hiernach ausgeschlosfen. j

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2) Ermittelung der Krankhett, __§ 6. In den Bestimmungen über die (Ermittelung des Ausbruch s etner Seuche lehnt fih der Entwurf eng an das Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viebseuen, vom 23. Junt 1880 an: Gr trifft Vorkehr, daß von faverständiger Seite mit möglichster Beschleunigung Art, Stand und Ursache der ausgebrochenen Âranf- heit ‘festgestellt werden, weil hiervon Art und Umfang der: zu ergreifenden fanitätspolizeilihen Maßregeln abhängig sind. Er ver» pflichtet sodann zur unverzüglichen Ausführung der leßteren die örtliche Polizeiverwaltung, weil sie mit den Verhältnissen am metsten vertraut ist und mit ihrer Hilfe am erften zur Stelle sein kann. Aus dem Zusammenhang der Bestimmungen ergiebt sich, daß das vorgefehene Verfahren nicht nur für die im §1 namentli aufgeführten Krank- heiten gilt, sondern auch bei denjenigen einzutreten baben würde, für welche der Bundesrath etwa, auf Grund der Bestimmung im § 1 Absatz 3, die Anzeigepflicht späterhin einführen follte. Nur auf das Kindbettfieber foll das Verfahren ketne Anwendung finden; es gehört niht zu den ansteckenden Krankheiten des § 1 des Entwurfs. Die nämliche Begrenzung der Anwendbarkeit des Gesetzes ist überall da zu Grunde gelegt, wo allgemein von ansteckenden Krankbeiten unter Verweisung auf § 1 die Rede ist.

Die Ermittelungen auss{ließlich in die Hand der be- amteten Aerzte zu legen, erscheint um deswillen gerechtfertigt, weil nur hierdurch deren ras{he und gleihmäßige Erledigung gewähr- leistet werden fann. Erhält der beamtete Arzt durch die Orts» polizeibehörde die Nachricht von dem Krankheitsausbruh, fo ist er verpflichtet, die Ermittelungen anzustellen. Er soll aber nicht genöthigt sein, auf die polizeiliche Mittheilung in allen Fällen zu warten. Geht thm anderweit eine Nachricht zu, na welcher das Auftreten eines bee drohlichen Krankheitsfalles weitere Kreise der Bevölkerung als ge- fährdet erscheinen läßt, fo foll er der Noth der Lage gerecht werden können und ohne polizeiliche Benachrichtigung die Feststellung vor- nehmen dürfen. Bei den im § 1 an erster Stelle genannten fünf Krankheiten wird die Annahme eines Nothfalls meist ohne weiteres gerechtfertigt fein. Im übrigen kann es bet der Beurtheilung, ob ein folher Fall vorliegt, auf sehr verschiedene Verhältnisse, z. B. Mangel anderer ärztliher Hilfe, Auftreten der Krankheit in über- völkerten Stadttheilen oder tn ungesunden Wohnungen, Heftigkeit des Krankheitsfalles, Vermuthung, daß der Erkrankte 1h entfernen: will, u. |. w. ankommen. Da hier nur das pflichtinäßige Ermessen des die Interessen des Gemeinwohls wahrnehmenden Arztes ent- scheidet, fo muß das Geseg sih darauf beshränken, diesem Ermessen den nöthigen Spielraum zu \{afen.

Im allgemeinen foll nah § 6 Absak 1 die Ermittelung dur den beamteten Arzt nur stattfinden, wenn es sich um den erften Aus» bruh einer Seuche in. einer Ortschaft handelt. Unter besonderen Umständen, namentlich bei größeren Städten; genügt dies abee- nit. Hier können die Gntfernungen, in welchen: mebrere Kranlkheitsfälle fh ereignen, fo groß, die öctlichen Bedingungen, unter welchen fie eins treten, fo verschieden, die Gefahren, welche: die Fälle mit sich bringe fo ungleih fein, daß das Urthetl des feststellenden Arztes in dem eute Falle wenigen oder keinen Anhalt für die Beurtheilung der übrigen &âlle bietet. Die Sachlage ift thatsächlich unter: solchen Berhältuisen nicht viel anders, als wenn eine Seuche in zwei verschiedenen Orte schaften, die einander nabe liegen, ausbriht. Solchen Verhältnissen foll Abfay 2 des § 6 Rechnun tragen. Die Vorausseßungen, unter welchen er zur Anwendung zu Liata ist; lassen ich im Gese nicht angeben, können vielmehr uur im Verwaltungswege unter Berück« fudti ung der örtlichen Verhältnisse fettgestellt werden. Dex Entwurf ge t davon aus, daf dies iu: voraus und allgemein. füx alle bier in Betracht kommenden Orte zu: geschehen bat, sodaß bei dem Auftreten einer Seuche Polizeibehörde: und. Arzt ohue- weiteres die Richtschnur * für ihr Verhalten finden.

Nachdem einmal der Seuchenausbru festgestellt ist, bedarf es der Regel nah einer amtsärztlichen. Coutrole- aller weiteren Krauls heitsfälle niht. Jmmechin R fich das Bedürfniß ergeben, einzelne âlle auch dann no, besonderer ärztlicher Festitelluug zu. unterzieh Bielfach wird. dies von der Art; wie die Kraakheit- in dem cen Fall’ auftritt, von: der Weise, wie fie fi verbreitet, und vou.a én.