1893 / 34 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

4 4

#

worden, z. B. init Dampfkesselrevisionen. Jh mshte die Reichsregie-

rung nochma"s ARENd vit, zu überlegen, ob diese Maßnahme richtig Wenigstens w nsche ih, daß uns in den Berichten über die abrifinfpection mitgetheilt wird, wieviel von der Zeit des Perfonals r die Dampfkesselrevifion in Anspruch „genommen wird und wieviel für die E ANGRa hae übrig bleibt. Die Aufsichts- mten find ohnehin {on sehr dur andere Obliegenheiten in An- pru genommen, wie Begutachtungen vor Gericht u. dgl. was sich nit gut von den Functionen eines Fabrikinspektors trennen t. JIch halte die Institution der Gewerberäthe , insbesondere ür unsere Zeit im höchsten Grade für heilsam und hochbedeutend ; sie kann es aber nur werden, wenn die Beamten mit der nöthigen Vor- bildung und Qualification eine vollständige Hingabe an ihr Amt verbinden. Einer der preußischen Gewerberäthe, welcher für eine ganze rovinz eingeseßt ist, hat im leßten Berichtsjahre über die wirth- chaftlichhen und fulliden Zustände der Arbeiter nicht eine Age Zeile u berihten gehabt. Gerade über die wirthschaftlichen und focialen Ber- âltnisse der Arbeitershaft muß uns in den Berichten noch mehr als bisher mitgetheilt werden. Wir haben im Reich eine Co

für Arbeiterstatistik. Aber gerade die Vorgänge in dieser Commission*

beweisen, daß die Annahme, als könne man durch diese Commission allein die statistishe Aufgabe der Neichsverwaltung lösen, eine durchaus irrige ist. Gerade weil wir dort gewissenhaft arbeiten, geht die Sache langsam. Ich empfehle, wie in England, besondere ftatistische Er- hebungen anzustellen über die Zahl der gewerblihen Anstalten und der darin beschäftigten Arbeiter, fowie über die Zahl der Ar- beitslosen. Es gehört feine große Mühwaltung dazu, wenn man nach einem bestimmten Schema verfährt. Besondere Auf- merksamkeit müssen die Aufsichtsbeamten der Frage der Arbeits- losigkeit zuwenden. Mit den Arbeitgebern stehen die Fabrikinspectoren hon in ziemlich regem Verkehr; wir vermissen diefes Verhältniß aber noch zwischen den B pecioren und den Arbeitern. Einige dieser Aufsichtsbeamten haben hon eine Besserung in dieser Hinsicht erstrebt und bestimmte Sprechstunden für die Arbeiter festgeseßt. Die Arbeiter treten aber nur ausnahmsweise und meist dur anonyme Zuschriften an die Aufsichtsbeamten heran. Hoffentlih werden sie jedoch mehr und mehr Vertrauen zu den Aufsichtsbeamten gewinnen. Deshalb müssen die Arbeiter dur Bekanntmachungen und Auszüge aus den Berichten der Fabrikinspectoren der betreffenden Bezirke auf diese Institution aufmerksam gemacht werden, und die Auf- sichtsbeamten müssen mit den Arbeiterorganisationen in eine ge- regelte Fühlung treten. Dadurh würde man das Vertrauen von Tausenden - von Arbeitern mit einem Mal gewinnen. Ueber die Fragen der Arbeitslosigkeit, des Arbeitsnachweises und der Arbeits- lofenversicherung können die Fabrikinspectoren keinen besseren Anhalt, keine bessere Belehrung finden als bei den Arbeiterorganisationen. Die deutshen Gewerkvereine haben bereits den Arbeitsnachweis für das ganze Reich zu ihrer Aufgabe gemacht, sie gewähren den Arbeit- suchenden Uebersiedelungskosten und unterstüßen auch ihre arbeitslosen Mitglieder soweit, daß sie nit Proletarier werden. Eine der höchsten und ersprießlihsten Aufgaben der Fabrikinspectoren liegt in der För- derung eines friedlihen und freundschaftlihen Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitern. Zwistigkeiten über das Arbeitsverhältniß könnten sie durch cine ganz harmlose Ver-

«mittelung zwishen beiden Theilen ausgleichhen Es wäre

niht gegen ihre Ehre, wenn die Fabrikinspectoren direct mit den Arbeiterorganisationen in Verbindung träten. Bei einem Ar- beiterfest hat ih nach dem Bericht eines Gewerberaths ein sehr gutes Verhältniß zwischen Ae und Arbeitern herausgestellt. Solche Feste sind fehr werthvoll für ein menschliheres Verhältniß zwischen beiden Theilen. Die Arbeitervereine laden zu ihren Festen regelmäßig die Arbeitgeber ein; da entwickelt sih das Gemüthsleben der Arbeiter und ihr ethishes Bedürfniß wird befriedigt; da ist die beste Gelegenheit zu einem Einvernehmen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. Leider if diese Gelegenheit bisher sehr wenig von den Arbeitgebern beahtet worden. Die in der leßten Zeit eingeführten Arbeitsordnungen sind leider nur zum theil geeignet, ein klares und friedliches Verhältniß zwis{chen Arbeit- ebern und Arbeitern herbeizuführen. Man hat Muster- und ornmalarbeitsordnungen erlassen , welche geradezu geseßwidrig sind. Dazu gehört die Arbeitsordnung des Königlich preußishen Gewerbe- Raths von Nüdiger aus Frankfurt a. O.,, worin den Arbeitgebern nicht nur das Recht eingeräumt wird, die Legitimationspapiere der Arbeiter zu prüfen das ist felbstverständlih, sondern auc) bis zum Austritt des Arbeiters einzubehalten. Außerdem wird entgegen den Bestimmungen des Krankenversihherungsgesetßes, wonach diejenigen Arbeiter, die einer freien Kasse angehören, nit verpflihtet sind, einer Betriebskrankenkasse beizutreten, der obligatorische Beitritt zur Kranken- kasse gefordert. Eine derartige Vergewaltigung der Arbeiter muß natürlih große Unzufriedenheit erregen. Andere Arbeitsordnungen athmen durchaus Wohlwollen und Gerechtigkeit gegen die Arbeiter. Leider sind fie meist viel zu ausführlih. Wozu diese Arbeitsordnungen von mehreren Bogen Inhalt ? Geradezu musterhaft ist die Arbeitsordnung des optischen Instituts von Heiß in Jena. Sie ent- bält einen besonderen Vorzug, es steht kein Wort von Strafe darin. Der Abg. Freiherr von Stumm wollte mit einigen Freunden gegen die ganze Gewerbenovelle stimmen, wenn nit das Straf- maximum verdoppelt würde. Zu meiner Freude giebt es Fabrik- “ia di in denen sich gar feine Strafbestimmungen finden. Es ist sehr gut, wenn die Arbeitsordnungen den Arbeitern vorher mitgetheilt werden. Leider enthält das Gesetz in dieser Be- ziehung keine Fristbestimmung. Wenige Stunden vor Erlaß der Arbeitsordnungen können die Arbeiter sih nicht gehörig informiren. Man sollte auch auf die Wünsche der Arbeiter in Bezug auf diese Fabrikordnungen einige Nüksicht nehmen. Die Arbeiteraus\chüsse sollen niht gefügige Werkzeuge der Fabrikantenwillfkfür sein. Am 1. April d. I. foll die Sonntagsruhe für die gewerblichen Arbeiter auf Grund der Gewerbeordnung zur Einführung kommen. Ich würde mich freuen , wenn der Staatssecretair diese Versicherung wiederholen würde. Bekanntlih hat man si zum Erlaß der nöthigen Ver- ordnungen und Ausnahmebestimmungen an die Unternehmer und deren Verbände gewandt. Jh finde das in der Ordnung. Warum hat man aber die Arbeiter bei Seite gelassen? Gerade bei der Sonntagsruhe sind die Arbeiter mindestens ebenso inter- eisirt, wie der Arbeitgeber. Ferner wünshte ih, daß der Schuß für die jugendlichen Arbeiter Verbot der Nacht- arbeit und zehnstündige Marimalarbeitszeit ausgedehnt werde auf die jungen Leute bis zu achtzehn Jahren. Ein besonders ergiebiges Gebiet für die Thätigkeit der Fabrikinspectoren ist die Ausführung des Unfallversicherungsgeseßzes. Troßdem die Berufsgenossenschaften {on fo lange bestehen, vermindert sih nicht die Zahl der Unfälle, fondern vermehrt sich. Man hat also keine Ursache, stolz zu sein auf derartige Ergebnisse. Einige Berufsgenossenschaften haben bis jeyt überhaupt noch feine Schutvorschriften eingeführt. Die Berufs- enofsenshaften haben aber die Verpflichtung, für die Verhütung von nfällen zu sorgen. Jh schließe mit dem v p a4 daß die Auf- fihtsbeamten das Erwerbs- und Ärbeitsleben noch mehr fördern mögen als bisher, im Interesse der focialen Wohlfahrt und des Friedens im Vaterlande.

Staatssecretär Dr. von Boetticher:

Meine Hexren! Ih möchte ir erlauben , einige wenige Bemer- kungen zu den Ausführungen des Herrn Vorredners zu machen. Er hat eine Reihe von Wünschen ausgesprochen, die theils auf dem Gebiet der Gesetzgebung liegen, theils aber der freiwilligen Thätigkeit derjenigen Factoren, die für die Besserung unserer Zustände auf dem gewerblichen Gebiet zu forgen haben, anheimfallen.

Wena der Herr Vorredner an mi die Frage gerihtet hat, ob die vom Bundesrath zu erlassenden Vorschriften über die Sonntags- xuhe in den industriellen Betrieben bis zum 1. April d. J. zu er- warticn find, so muß ich zu meinem lebhaften Bedauern diese Frage mit einem positiven Nein beartworten. Meine Herren,

L # die Materie is ganz außerordentlich \s{chwierig, und e ist eine folhe Fülle vón Material für den Erlaß dieser Vorschriften theils eingegangen, theils zu erwarten, daß es in Verbindung mit einer hoffentlich bald gehobenen Calamität in den Arbeitskräften des Reichsamts des Innern, die einzugestehen mir ein ganz besonderes Bedauern ist, unmöglich it, die Arbeiten so zu fördern, daß ihre Er- ledigung bis zum 1. April erwartet werden darf.

Wir haben die dem Bundesrath obliegende Aufgabe in der Weise in Angriff genommen, daß wir zunächst auf Grund des bei uns vorhandenen, allerdings lückenhaften und dürftigen Materials im Laufe des vorigen Sommers, theilweise auch später, Entwürfe von Vorschriften über die Sonntagsruhe in industriellen Betrieben auf- gestellt und diese, von Denkschriften begleitet, den verbündeten Ne- gierungen mitgetheilt haben. Die Aeußerungen der Regierungen, die wir über die Entwürfe und Denkschriften erforderten, sind auch heute noch nihcht vollständig bei uns eingegangen; wir sind heute nur im Besiß der Aeußerungen aller Bundesregierungen für eine einzelne Gruppe der gewerblichen Betriebe ih schalte hier ein, daß wir die Aufgabe nah den Gruppen unserer Gewerbe- statistik getheilt haben und zwar für diejenige Gruppe, welche sich auf die Berg- und Hüttenwerke bezieht. Nüksichtlih der chemischen Industrie liegen die Aeußerungen nahezu vollständig vor, und es wird das Material nah Maßgabe seines Einganges bei uns verarbeitet werden.

Ich bin ganz außer stande, weil ih rücksichtlih der völligen (Er- ledigung der Aufgabe von dem Eintreffen der weiteren Aeußerungen der Regierungen abhängig bin, einen Zeitpunkt bestimmt zu bezeichnen, zu welchem die sämmtlichen auf die industrielle Arbeit sih bezichenden Vorschriften erlassen sein werden.

Meine Herren, ich habe vorhin von einer außerordentlichen Calamität gesprochen, welche bei uns an Arbeitskräften cinge- treten ist. Jch will das noch mit einigen Worten erläutern. Gerade dasjenige Mitglied des Neichsamts, welches diese Arbeiten in Angriff zu nehmen gehabt hat, ist {on seit längerer Zeit krank ge- wesen; dieser Beamte hat seine Arbeiten gleihwohl fortgeseßt und ist {ließlih in die Lage gekommen, daß er auf längere Zeit \ih von den Geschäften Hat zurückziehen müssen. Ein zweiker Beamter, der Unter-Staatssecretär im Reichsamt des Innern, fehlt bereits seit dem Juli vorigen Jahres, ebenfalls krank darnieder- liegend infolge von Neberarbeitung. Ich bitte also, wie gesagt, so shwer es mir wird, weil ih die Verantwortung vollkommen aner- kenne, die wir zu tragen haben, diesen Umständen einige Nechnung zu tragen. Es soll aber, nahdem für die Ausfüllung der Lücken neuer- dings Sorge getragen ist, niht an uns fehlen, die Arbeit mit allen Kräften zu fördern ; und ih darf mich der Hoffnung hingeben, daß dieses Jahr jedenfalls niht zu Ende gehen wird, ohne daß die dem Bundesrath obliegende Aufgabe gelöst ift.

Nun hat der Herr Vorredner die Berichte und die Thätigkeit der Fabrikinspectoren besonders in den Kreis seiner Betrachtungen ge- zogen. Ich kann mich im allgemeinen durchaus mit dem von ‘ihm ausgesprochenen Wunsche einverstanden erklären, daß die Fabrik- inspectoren die Vertrauens8männer werden und ihren günstigen und wohlthuenden Einfluß auf die Herstellung eines ersprießlihen Verhält- nisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausüben mögen. Wenn der Herr Vorredner aber bezüglich der Aufgaben, die er zur Er- reichung dieses Zieles den Fabrikinspectoren gestellt wissen möchte, feine Meinung ausgesprochen hat, so meine ich, ist er da do in ein- zelnen Beziehungen zu weit gegangen.

Meine Herren, der Fabrikinspector hat in erster Linie die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die zum Schutze der Arbeiter erlassenen Vorschriften auch wirklich in den industriellen Betrieben zur Durchführung kommen, und er hat darüber zu wachen. Diese Thâtigkeit will auch ich dem Fabrikinspector gern ansinnen, daß er nämlih zur Besserung der Beziehungen zwishen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beitragen möge. Dieselbe wird aber, wenn man nit seine eigentlihe Aufgabe beeinträchtigen will, doch nicht so weit gehen fönnen, daß man ihm nun, Wle es der Herr Vorredner gethan hat, ansinnt, mit den sämmtlichen Arbeiter- vereinen und Gewerkvereinen in eine fortlaufende Verbindung zu treten. Meine Herren, ih möchte umgekehrt das Ansinnen an die Arbeitervereîne, an die Gewerkvereine rihten, daß sie mit ihren Wünschen, mit ihren Auffassungen, mit ihren Bestrebungen zum Wohl der Arbeiterwelt au an den Fabrikinspector herantreten, daß sie an ihn das Ersuchen stellen, sie zu unterstüßen, soweit das innerhalb des Kreises seiner Aufgaben möglich it.

Der Herr Vorredner hat es als unzweckmäßig bezeichnet, daß die Fabrikinspectoren in Preußen neuerdings mit der Revision der Dampfkessel beauftragt worden sind. Meine Herren, für diese Combination der Thätigkeit des Kessel- revisors mit der Thätigkeit des wie der Herr Vorredner es nannte Arbeitsrevisors giebt es bereits Vorgänge im Königreich Sachsen. (Zuruf bei den Socialdemokraten.) Leider? Fa nun, verzeihen Sie: dann sind die Auffassungen verschiedene ; aber ih werde darauf noch kommen. Also im Königreih Sachsen besteht seit langem eine solhe Combination, und die Königlich preußische Negierung ist garnicht cher ihrerseits dazu übergegangen, diese Combination auch für Preußen anzuordnen, bevor sie sih nicht über die Erfahrungen unterrichtet hat, die man im Königreich Sachsen mit derselben gemacht hat. Diese Erfahrungen sind nach der ertheilten Auskunft, wie man mir sagt, durchaus günstige gewesen, und die preußische Negierung hat deshalb auch keinen Anstand zu nehmen gehabt, nun ihrerseits die Kessel- revisionen anderweit zu vergeben. Sie waren bekanntlih früber in den Händen der Baubeamten; das hielt man nicht für zweck- mäßig, man mußte sich deshalb nah anderen Organen um- sehen und hat es für richtig gehalten, die Fabrikinspyec- toren mit der Aufgabe zu betrauen. Ob die Erfahrungen der Königlich sähsishen Negierung überall als zutreffend anerkannt werden, das weiß ih ja nicht; von Seiten der focialdemokratischen Herren Abgeordneten aus dem Königreich Sachsen scheint das nicht der Fall zu sein; diese sheinen diese Combination als eine unglüd- lihe anzusehen, die man abschaffen müsse. Ich sage: mag dem fein, wie ihm wolle, fo glaube ich, wird man in Preußen alle Veranlassung haben, zunächst einmal abzuwarten, wie diese noch ganz junge und neue (Sombination sich bewähren wird, und ih zweifle gar nit daran, daß, wenn die Königlih preußische Negierung Mißstände aus dieser Combination entstehen sieht, sie au gern die Hand dazu bieten wird, Abhilfe zu schaffen.

Wenn der Herr Vorredner weiter es beklagt hat, daß an die

Fabrikaufsihtsbeamten diesmal von Seiten des Neichs nit, wie das früher geschehen fei, bestimmte Fragen, auf die sie besonders bei der Ausübung ihrer Fabrikaufsichtsthätigkeit und bei ibrer Berichterstattung das Augenmerk zu richten hätten, gestellt sind, so haben wirdas für das Jahr 1891 und auch für das Jahr 1892 aus dem sehr wohl erwogenen Grunde nicht gethan, weil die Fabrikinspectoren in diefer Zeit vollauf be- {äftigt gewesen sind mit dex Durchführung der Gewerbeordnungs- novelle, und wir haben ihnen deshalb nicht erweiterte Aufgaben zu- muthen wollen. Es besteht aber die Absicht, auch künftig gerade in Bezug auf die wirthschaftlichen und focialen Verhältnisse der Arbeiter- welt an die Fabrikinspectoren besondere Fragen zu stellen, die sie dann in dem betreffenden Jahxe zu erledigen haben. Für das Jahr 1892 kann ih übrigens und das wird den Wünschen des Herrn Abg. Dr. Hirsch wahrscheinliÞ entgegenkommen sagen, daß sie auf- gefordert sind, besonders auf die Zahl nit allein der jugendlichen über die ja eine Erhebung in jedem Jahre gemaht wird —, fondern auch über die Zahl der weiblichen Arbeiter Feststellungen vor- zunehmen.

Meine Herren, was die Frage der sonstigen Ausbildung der Arbeiterstatistik anbetrifft, von der ja der Herr Vorredner gesprochen hat, fo wissen Sie ja, daß wir bereits auf Grund der Vorschläge der Neichêcommission für die Arbeiterstatistik Enquêten eingeleitet haben rüdsihtlih des' Bäter- und Müllergewerbes. Jeder Wunsch, der etwa namentlich bei dem Herrn Abg. Hirsch bestehen follte auf Erweiterung der Statistik über die Arbeiterverhältnisse, wird ja von ihm zweck- mäßiger in dieser Neichécommission angebracht werden können, da er ja felbst Mitglied derselben ist. Ich will mich an dieser Stelle nicht über das Ergebniß der \tatistishen Erhebungen verbreiten, die bisher auf Grund der Beschlüsse der Neichscommission veranlaßt worden sind; ih denke, dazu wird die Anregung wohl an anderer Stelle er- gehen. Jh will bloß hier bemerken, daß au rücksichtlich der schwe- benden Aufgaben die Sachen noch keineswegs erledigt sind, sondern daß die Commission jeßt gerade damit beschäftigt ist, die Enquête über das Bäkergewerbe ihrer näheren Betrachtung zu unterziehen, und sih die Frage vorzulegen, was in Ergänzung derselben zur Herstellung einer brauchbaren Statistik noch an weiteren Erhebungen vorzunehmen sein möchte.

Der Herr Vorredner hat nun den Wunsch ausgesprochen, daß die Fabrikinspectorenberihte durch die Presse der arbeitenden Bevölkerung zugängliher gemacht werden möchten, als bisher der Fall gewesen ist. Ich bemerke dazu, daß einzelne Abschnitte dieser Berichte {on in einzelnen deutschen Bundesftaaten durch die Presse vervielfältigt worden sind, und ih glaube, es im allgemeinen als eine Aufgabe der Presse ansehen zu follen, daß auh sie sich der Mühe unterziehe, nun aus den Fabrifkinspectorenberihten dasjenige den Arbeitern zugänglih zu machen, was für dieselben von Nutzen ift. Es kann ja aber immerhin auch die Frage noch weiter näher geprüft werden, ob nicht auch von Seiten der MNegierung nach dieser Richtung etwas geschehen soll.

Veber die Verbindung der Fabrikinspectoren mit den Arbeiter- organisationen habe ich bereits gesprochen. Jch kann, wie gesagt, nur wünschen, daß die Fabrikinspectoren ihrerseits in cin näheres Verhält- niß zu diesen Organisationen treten, aber freilih immer nur unter der Vorausseßung, daß nicht ihre eigentliche Aufgabe, also die In- spicirung der Fabriken und die Prüfung, ob die zum Schuße der Arbeiter erlassenen Vorschriften auch wirkli befolgt werden, darunter leidet.

Der Herr Vorredner hat dann {ließlich von den Arbeits- ordnungen gesprochen, und hat, wenn ih mich recht erinnere, eine Normalarbeitsordnung eines Fabrikinspectors zum Ausgangspunkt seiner Betrachtungen gemacht. Mir ist davon nichts bekannt, mir ift dieses Normale neu, in den Fabrikinspectorbecichten “steht nihts darüber, Beschwerden über einen derartigen Entwurf sind weder bei mir, noch im preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe eingegangen; ih bin daher außer stande, zu sagen, ob die Erinnerungen des Herrn Vorredners begründet sind oder nicht. Im allgemeinen wird darauf gehalten werden müssen, daß in die Arbeitsordnungen nichts aufgenommen wird, was mit den Gesetzen in Widerspruch steht; andererseits, glaube ih, geht der Herr Ab- geordnete do darin zu weit, wenn er es bemängelt, daß in die Arbeits- ordnungen etwas aufgenommen wird, was nicht in den Gesetzen steht. Wenn bloß das in die Arbeitëordnungen aufgenommen werden follte, was in den Gesetzen steht, dann brauhte man keine Arbeitsordnung. Im Gegentheil, die Arbeitsordnung muß gerade solche Vorschriften enthalten, die der Arbeitgeber von seinen Arbeitern beobachtet zu sehen wünscht und die niht in den Gesetzen stehen. Freilih dürften diese Vorschriften ich wiederhole es niht mit den Geseßen in Widerspruch stehen.

Damit glaube ih so ziemlih, wenn auch in gedrängter Kürze, die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten erledigt zu haben, und ih kann mi nur wiederholt dem Wunsche anschließen, daß die fernere Entwickelung unseres Fabrik-Aufsichtsbeamten-Instituts dazu beitragen möge, den socialen Frieden unter den arbeitenden Klassen zu erhalten und die socialen Verhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeiter zu bessern.

Abg. Wurm (Soz.): Wir wundern uns darüber nicht, daß die Erfüllung der s{chönen Versprehungen in Bezug auf die Sonntags- ruhe auf die lange Bank geschoben wird. Wer mit einiger Aufmerk- samkeit die fkapitalistischen Zeitungen gelesen hat, weiß, daß die Maulwürfe seit langer Zeit nah Kräften minirt haben, Es wird gesagt: laßt uns doh zufrieden mit neuen, focialpolitishen Geseßz- gebungen, wir brauen Ruhe in der Jndustrie, Die Arbeiter stehen auf einem anderen Standpunkte, Sie verlangen nicht Zukunsfts- musik, fondern s\tellen Lee Forderungen an die Gegenwart, und wenn fie sehen, daß die Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen immer auf die lange Bank geschoben wird, so trägt das nicht zur Zufrieden- heit bei. Die Nothwendigkeit der geseßlichen Regelung hat auch der Staatsfecretär zugestanden, si aber damit entschuldigt, daß die Herren im Ministerium überarbeitet waren, Wenn Sie unsern achtstündigen Arbeitstag angenommen hätten, dann würde Jhnen das nicht passirt fein, Ich glaube, daß die verzögerte Fertigstellung des Gesetzentwurfs weniger an der Ueberarbeitung liegt, als an den Hemmnissen von Seiten der Unternehmer, die Ihnen so viel Mühe und Arbeit hafen, daß Sie niht liber den Berg wegkommen. Die Berichte der Fabrifinspectoren sind von der ersten bis zur leßten Seite Anklage- riften gegen das Unternehmerthum. Aber sie sind noch viel zu milde, ie Fabrikinspectoren stehen viel zu wenig in Verkehr mit den Arbeitern, während der Staatssecretär gerade wünscht, sie möchten in engere Verbindung mit denselben treten, Aber troßdem thun die Negierungsorgane im Lande gerade das Entge engeseßte ; f maßregeln diejenigen Fabrikinspectoren, welche sich ¿van en, den Arbeitern auch nur in fo weit entgegen zu kommen, daß sie in Arbeiterzeitungen be- kannt machen, wo und wann sie zu fprehen sind. Jm vorigen

Fahre bat der Verein der Industriellen des Regierungsbezirks Köln in einer Nundschrift seinen Mitgliedern mitgetheilt , daß der E geerpenretos für Köln in den socialdemokratischen Me Uisyen Zeitungen békannt gemacht habe, er wolle die Arbeiter bela er Abänderungen von Arbeitsordnungen anhören, er sei gern bereit, verimittelnd zwischen Arbeiter und Unternehmer zu treten; er ersuche, von gesundheitsshädlihen Einrichtungen in Fabriken Mittheilung zu machen, damit er abhelfend eingreifen föônne; um den Arbeitern Ge- legenheit zu geben, ihre Klage anzubringen, werde er am Sonntag, Morgens, eine Sprechstunde einrihten. Ft das nun cin Berbrechen, oder ist das seine Pflicht und Schuldigkeit? Was geschieht? Es wird denuncirt von dem Verein der Industriellen an die Königliche Regierung zu Köln. Es hieß in der betreffenden Eingabe: in der Veröffentlihung des Fabrikinspektors liege eine amtlihe An- erkennung der focialdemoktratishen Presse als Organ der Arbeiterschaft. Das Vertrauen der Industriellen zu der Königlichen Regierung werde dadurch erschüttert. Weiter heißt es, der Fabrifinspector habe die Arbeiter geradezu zur Denunciation ihrer Arbeitgeber aufgefordert. Der MNegierungs-Präsident antwortete, daß die Veröffentlihung von ihm weder veranlaßt sei noch gebilligt werde, und daß er dem Fabrifk- inspector Jäger das Erforderliche eröffnet habe. Dieses Document veröffentlichten die Industriellen und forderten ihrerseits auf, gegen den Fabrikinspector denunciatorisch vorzugehen. Hier, - Herr Minister, das sind die unabhängigen Gewerbeinspectoren, von denen Sie wünschen, daß sie mit den Arbeitern in Verbindung treten. Wie soll da das Institut der Fabrikinspectorezn von den Arbeitern anders aufgefaßt werden als cine Komödie? Das ganze Institut des Fabrikinspectorats wird vom Ünternehmerthum gehaßt und verfolgt. Der Fabrikinspector für Berlin-Charlottenburg theilt in feinem Bericht mit, daß er jede Fabrik im Jahre durchschnittlich 17 Mal befucht habe und daß die Arbeitgeber sih beschwerten über diese häufige Besichtigung ihrer gewerblihen Anklagen und den Ein- dru, den die häufige Anwesenheit von Polizeibeamten auf die Arbeiter mache. Jn Heft 58 der Verhandlungen des Verbandes deutscher Industcieller vom Jahre 1891 wird die Organisation der Arbeiter als ein Unglück bezeichnet, welches unsere Civilisation bedrohe. Diese Anschauung ist kennzeihnend für die Strömung, die unter den Großindustriellen herrscht. Der badische Fabrik- inspector Wörrishofer hat es niht abgelehnt, sich um den Jnhalt der Arbeiterzeitungen zu kümmern. Ex fand in einem Mannheimer Arbeiterblatt eine Beschwerde über eine dortige Schuhfabrik wegen der Beschaffenheit der Arbeitsräume. Als darauf Herr Wörris- hofer die Fabrik untersuchte, entlicß der Fabrikherr diejenigen Arbeiter, in denen er die Urheber der Beschwerde vermuthete. Das nennen w ir Zuchthausstaat. Jn demselben Arbeiterblatt wurde über die niedere Temperatur in einer Mannheimer Actien - Maschinenfabrik geflagt. Auf Veranlassung des Fabrikinspectors wurde dem Uebel- stand abgeholfen, aber zuglei gab die Fabrikleitung Auftrag, sämmt- lichen Arbeitern zu kündigen. Man sagte den Arbeitern, sie möchten sih dafür bei dem Artikelshreiber und dem Großherzoglichen Fabrik- inspector bedanken. Außerdem erdreistete fich die Fabrikleitung, an den Fabrikinspector ein Schreiben zu richten, in welchem* man ihm verblümt zu verstehen gab, daß er auf diese Weise die Arbeiter nicht beglücke. So werden die Mißstände von den FFabrikherren abgeschafft, aber man suht den zu erwischen, der die Sache an die Veffent- lichkeit gebraht hat. Der Gegenfatz zwischen Kapital und Arbeit ist nicht zu beseitigen, und _alle Marquis Posa-Schwärmereien des Abg. Dr. Hirsh sind unerfüllbar, Nur in strengem und ernstem Kampfe läßt sih den Arbeitgebern das abringen, was die Arbeiter brauchen. Wenn Gesete, die eben erst gemacht sind, in fo krasser Weise mißachtet werden, wenn die Fabrikinsvectoren von dem hartenMühlenstein des Kapitals mürbe gerieben werden, dann müssen sich die Zustände von Jahr zu Jahr vershlimmern. Der Reichsbericht scheint von einem Herrn abgefaßt zu sein, der alles im schönsten Lichte sieht. Derselbe weist auf alle die kleinen Wohlfahrtseinrihtungen hin, ohne die wirkliche Lage - der Arbeiter ins Auge zu fassen. Auszüge aus den Berichten gelangen in die Presse und es kann dabei s{ón gefärbt werden. Wenn das, was unsere Presse mittheilt, auf die Arbeiter nicht beruhigend wirkt, so sind daran die Zustände \{chuld. Wir sind natürlich sehr erfreut, wenn wir Aeußerungen finden, wie vom Fabrikinspector Wörrishofer, daß es niht Begehrlichkeit sei, wenn die Arbeiter steigend an den ¿Früchtzn der fortschreitenden Technik heilnehmen wollen, sondern daß dem die Thatsache zu Grunde liege, daß die Arbeiter ebenso wie andere Stände Trâger des allgemeinen Culturzustandes seien. Die Arbeiter sind es, welche die Werthe schaffen und durh ihre Arbeit dazu beitragen, daß die s{önen Villen und Paläste der Fabrikbesißer entstehen können. Ihre Bankerotte haben sich diese dagegen selbst zuzuschreiben, denn dur die Arbeit sind sie noh nie bankerott geworden, sondern durch ihre Speculationen. Der Abg. Freiherr von Stumm machte neulich die Arbeiterorganisationen für die Strikes verantwortlich. Der Fabrik- inspector für Baden, Dr. Wörrishofer, dessen sociales Wissen vielleicht etwas größer ist als das des Abg. Freiherrn von Stumm, sagt in feinem N daß der befonnene und mäßigende Einfluß der Führer der Arbeiterpartei Strikes verhindert habe. Die Berichte der Fabrikinspectoren zeigen, daß da, wo diese auf dem Posten sind und fih um die Dinge in den Fabriken kümmern, das Unter- nehmerthum sie als die überflüssigsten Menschen betrachtet, die den Fabrikbesißern nur im Wege sind. Bei den Bochumer Prozessen ergab sich, daß die Ankunft der Revisoren durh Spiegel gemeldet wurde. So hâlt man es auch mit den Fabrikinspectoren. In Medcklenburg-Schwerin hat ein Fabrikbesißer gesagt, wenn der Fabrifk- in\pector kommen wolle, habe er sih erst bei ihm zu melden. Auch belogen werden die Fabrifkinspectoren von den so sittlihen Unter- nehmern. Der Dortmunder Fabrifinspector fand in einer Fabrik drei jugendlihe Arbeiter unter [6 Jahren, „deren Arbeits- raft mehr, “als ihrer Gesundheit zuträglich war, aus- genußt zu werden fien“, obwohl ihm vorher gesagt war, es sei kein lugendlicher . Arbeiter beschäftigt. Die lebhaftesten Klagen kommen dorther, wo die Unternehmer ih von den ärmsten der Arbeiter noch eine Liebesgabe von 40 Millionen in die Tasche stecken lassen. Nach dem Bericht für Ost- und Westpreußen war in einer länd- lihen Dampfbrennerei nicht die geringste Sicherheitsvorkehrung vor- handen, und gerade in diesen kleinen ländlichen Brennereien ist die Arbeit lebensgefährlich, weil leiht Verbrühungen vorkommen können. Dem Fabrikhispector wurde schriftlich mitgétdeilt, die von ihm an- geordneten Sicherheitseinrihtungen scien ausgeführt. Später fand er die betreffende Maschine noch in demselben ordnungswidrigen Zustand; der Brennereibesißer hatte ihn einfa belogen und entshuldigte sih auf Vorhaltungen damit, er hätte niht ge- glaubt, daß der Besichtigung und feiner Sten Angabe ein solher Werth beigelegt würde. Der Mann, der nebenbei Gemeindevorsteher cines großen Dorfes ist, erhielt eine Geldstrafe. Leider sagt der Bericht nicht, wie viel. Diese Setraset sind aber so gering, daß sie das Unternehmerthum geradezu zur Uebertretung der Geseße heraus- fordern. Daß immer mehr Meafchenlcben in der Industrie gemordet werden, Tommt vielfa daher, daß man ungelernte Arbeiter an ver- antwortlihe Stellen bringt, weil sie billiger sind; billig und \{lecht, das it Ie Uo. Dane! Nl: in einer Papierfabrik ein Ilugendlicher Arbeiter getödtet wurde, wollte der Fabrikant die ganze Sache nit anmelden, fondern todtschweigen. Als er aufgefordert wurde, den Vorfall bei der Ugen schaft anzumelden und Sicherheitseinrihtungen zu treffen, erflärte er: Wenn ih die Sicherheitseinrihtungen jeßt anbringe, so gebe ih damit doch ein Zugeständniß, daß i an dan Tode des Knaben {huld bin. Dabei klagen die Unternehmer nod), daß sie zu häufig von den abrikinspectoren befuht und drangsalirkt würden. Die Polizei- chörden sollten die Fabrikinspectoren unterstüßen; der Bericht für die Provinz Posen meldet aber, daß nicht felten die örtlichen Polizei- verwaltungen, ohne Sachverständige hinzuzuziehen, den Fabrikbesißern attestiven, daß deren Betriebe in ordnungsmäßigem Zustande nd, indet dani der Fabrikinspector, daß nit alles in Ordnung ist, o beschwert man na auf Grund jener Atteste über ihn. Ein tühlenbesiger und Vertrauensmann der Müllerei - Berufsgenossen- daft in Leipzig mußte durh die Polizei angehalten werden,

feinen Fahrstuhl den Vorschriften entsprechend machen zu lassen. Und der Mann hat als Vertrauensmann der Berufs enoffenschaft die anderen Betriebe zu controliren ! Das heißt doh den Bock zum Gärtner machen. Controlvorschriften genügen n allein, um die Unfälle zu verringern, es muß dazu der ahtstündige ormalarbeitstag eingeführt werden. Die größte Zahl der Unglücksfälle fällt nahgewiesenermaßen in die Abendstunden. Die Hetpeitsche der Accordarbeit trägt ebenfalls zu den vielen “Unfällen bei. Die Accordarbeit wird nur benußt zur Lohndrückerei. Das haben wir lange erklärt. Es ist gut, daß das auch von der Fabrikaufsicht jeßt anerkannt wird. Die ungenügenden Räume machen die Arbeiter krank, und erst wenn da3 Unternehmerthum Geld verdient, legt es Ventilations- anlagen an, wie dies bezüglich der Cementfabrifen festgestellt worden ist. Der Fabrikinspector von Hannover berichtet, daß ein Arbeiterblatt alle möglichen Beschwerden abdruckt, auch wenn sie unwahr sind. Der Fabrikinspector hat im amtlichen Bericht er- klärt, daß die Beschwerden sich bei Untersuchung als unrichtig ergeben haben. Ich habe die Beschwerden untersucht und gefunden, daß sie berechtigt waren, daß die Polizei oder der Fabrikinspector auch Abhilfe geschaffen haben. Jh habe den Fabrikinspector aufgefordert, davon Notiz zu nehmen. Er hat es aber niht für nöthig gehalten. Die erren Fabrifinspectoren baben niht immer die nöthigen Kenntnisse, folhe Fabrikverhältnisse beurtheilen zu fönnen. Namentlich fehlt es an der Mitwirkung der Aerzte. Dex Fabrikarzt, der Kafsenarzt i der Mann des Unternehmers; er nimmt auf die Arbeiter keine Nücküicht. Das geht aus den Berichten der Fabrikinspectoren bervor und au aus den Scchmerzens- schreien der Aerzte in ihren achzeitschriften. Meine Ausführungen beweisen, daß das Üuternehmerthum nur durch die strenge Ausführüung des Geseges dazu gebraht werden kann, daß es die Vorschriften der Humanität und Menschenahtung auch durhführt. Wir beklagen es, daß den Inspectoren auch noch die Dampfkesselrevision aufgehalfst ist. Wenn irgend etwas der genofsenschaftlichen Selbstregelung überlassen werden kann, fo ist es die Nevision der Dampfkessel; denn hier s{chweben nicht Menschenleben in Gefahr, sonder was viel Tostbarer - ist, Dampfkessel und Geld. Der Inspector wird vor der Revision angemeldet, er erscheint als ein deus ex machina. Es werden ihm lauter Potemkin’she Dörfer vorgeführt. Daß dann gefälshte Berichte entstehen, ist kein Wunder. Wenn auch der In- spector nicht direct daran \{chuld ist, der Zweck der Revision ift darum ver- fehlt. Wir sind auch dagegen, daß dem JInspector größere statistische Ar- beiten übertragen werden, Es müssen dafür specielle Hilfsarbeiter an- gestellt werden. Wir verlangen eine Erweiterung des Personals in Bezug auf die Zahl wie in Bezug auf die Auswahl. Damit der Arbeiter auch Vertrauen zu den Inspectoren haben kann, müßten auch die Arbeiter, mindestens als Hilfspersonen, dazu herangezogen werden, wie es in England der Fall ift. Verschiedene Vergehen und Verbrechen seitens des niederen und oberen Aufsichtspersonals gegen Arbeiterinnen können nux dann zur Sprache gebracht werden, wenn auch weibliche Fabrikinspectoren vorhanden sind. Vor allen Dingen müssen die Regierungsbeamten selber angewiefen werden , nicht ein- zugreifen in das Getriebe der Inspectionen, wie es kürzlich in Köln passirt ist. Sonst kann kein Vertrauen vorhanden sein. Unsere Klagen werden nicht eher aufhören, als bis den beregten Mißständen ab- geholfen wird. Hierauf wird um 5%, Uhr die Debatte vertagt.

Höhe der Schneedecke in Centimetern am Montag, den 6. Februar 18! 3, um 7 Uhr Morgens. Mitgetheilt vom Königlich preußischen Meteo „ogischen Institut. (Die Stationen sind nah Flußgebieten geordnet.) Destliche Küstenflüsse. Memel (Dange) 23, Tilsit (Memel) 26, Insterburg (Pregel) 25, Heilsberg (Pregel) 16, Königsberg i. Pr. (Pregel) 18. Werde Groß-Blandau (Bobr, Narew) 31, Czerwonken (Bobr, Narer:) 21, Marggrabowa (Bobr, Narew) 27, Klaussen sa) —, Netiden- burg (Wkra) 23, Osterode (Drewenz) 13, Altstadt (Drewenz) —, Koniß (Brahe) 10, Bromberg (Brahe) 9, Berent (Ferse) 21, Marienburg (Nogat) 24.

Kleine Flüsse zwischen Weichsel und Oder. Lauenburg i. P. (Leba) 26, Köslin (Mühlenbach) 22, Schivelbein (Rega) 24. S ; E L:

Leobshüß (Zinna) 22, Natibor 22, Beuthen (Klodniß) 20, Oppeln 13, Wölfelsdorf (Glager Neisse) 18, Brand (Glater Neisse) 34, Reinerz (Glazzer Neisse) —, Glaß (Glaßer Neisse) 10, Görbersdorf (Glager Neisse) 55, Friedland (Glaßer Neisse) —, Weigelsdorf (Glatex Neisse) 4, Rosenberg (Stober) 30, Breslau 11, Liegniß (Kaßtbach) 1, Are! (Landgraben) 15, Grünberg 5, Gottesberg (Bober) —,

rummhübel (Bober) 18, Wang (Bober) 69, Eichberg (Bober) 21, Schreiberhau (Bober) 50, Warmbrunn (Bober) 11, Bund (Bober) 0, Görliß (Lausißer Neisse) 2, Franffurt 0, Ostrowo (Warthe) 17,

ofen (Warthe) 11, Tremessen (Warthe) 4, Samter (Warthe) 6,

aprotsch (Warthe) 3, Neustettin (Warthe) 13, Deutsch-Krone (Warthe) 4, Landsberg (Warthe) 1, Stettin 4, Pammin (JIhna) 11, Prenzlau (Uecker) 0, Demmin ( eene) 1.

Kleine Flüsse zwischen Oder und Clbe.

Putbus 7, Nostock (Warnow) 2, Kirchdorf auf Poel 17, Sege- berg (Trave) 0, Lübeck (Trave) 0, Eutin A Schleswig (Schlei) 0, Flensburg 0, Gramm (Fladsau) 8, esterland ct Sylt 4, Wyk auf Föhr —, Husum 1, Meldorf 0.

Elbe.

Torgau 1, Dessau (Mulde) 1, Rudolstadt (Saale) 1, Jena (Saale) 3, Ilmenau (Saale) 12, Stadtilm Saale) 6, Dingelstädt S 9, Erfurt (Saale) 1, Sondershausen (Saale) 2, Nord- aufen (Saale) 7, Halle (Saale) 5, Klo termansfeld (Saale) 9, Bernburg (Saale) 8, Quedlinburg (Saale) 8, Harzgerode 8, Magdeburg 4, Neustreliß (Havel) 3, Kottbus (Havel) 0, Dahme is 0, Berlin (Havel) 0, Blankenburg bei Berlin (Havel) 0, Spandau (Havel) 0, Heinersdorf (Kr. Teltow) (Havel) 0, Potsdam ps 0, Brandenburg Ae Kyriß (Havel) 0, Gardelegen & land) 2, Jeetze (Aland) 0, aren (Elde) 1, Marniß (Elde) —,

werin (Elde) 0, Uelzen (Ilmenau) 0, Lüneburg (Ilmenau) 0, Neumünster (Stör) 0, Bremervörde (Oste) 2.

Weser. Meiningen (Werra) 2, ebenttein (Werra) —, Fulda (Fulda) 0, Altmorschen (Fulda) 0, Shwarzenborn (Fulda) 7, Cassel (Fulda) —, Bielefeld (Werre) 0, Fron 0, Scharfenstein (Aller) 27, Flsen- bur A 9, Braunschweig (Aller) 7, Celle e 4 Göttingen (Aller) 0, Herzberg (Aller) 7, Klausthal (Aller) 7h Seesen Flott ‘4 Hannover (Aller) 1, Bremen 4, Oldenburg (Hunte) 0, fle 4

Kleine Flüsse zwishen Weser und Ems. Jever —,

E m s. Gütersloh (Dalke) —, tig i. W. 0, Lingen 0, Osnabiück (Haase) 0, Löningen (Haase) —, urich 2, Emden 0,

R hein. Darmstadt 0, Goa (Main) És ena (Main) 25, rankfurt (Main) 0, Wiesbaden 0, Geisenheim 0 Birkenfeld Nahe) 0, Schweinsberg (Lahn) 0, Raus enberg Lahn) 0, Mar- (Lahn 0, Weilburg (Lahn) 0, Schneifel-Forsthaus (Mosel) 16,

Bitburg (Mosel) 0, von der eydt-Grube (Mosel) 0, Trier (Mosel) 0, R vieh 0, Siegen ( ieg) 0, Hachenburg (Sieg) 0,

Köln 0, Krefeld —, Arnsberg (Ruhr) 0, Brilon (Ruhr) 3, Lüdenscheid (Nuhr) 0, Alt-Astenberg (NRuhr)*—, Mülkeim (Ruhr) 0, Kleve 0, Ellewiek (Yssel) —, Aachen (Maaß) 0. Der Höhe von 1 ecm Schneededcke entsprachen: am —. Februar 1893 in Czerwonken 4 mm Schmelz- f « » Marggrabowa jeeiien 15 ¿ wasser.

« Neidenburg ¿Altstadt « Schivelbein (Nega) 2.9 #0 DUGao 39.4 V x ang £5 4 » Ostrowo (Der)

Samter

Nordhausen 5

Potódam - (Elbe)

Brandenburg

Celle Klausthal - “- | (Weser)

v Heydt-Grube] | Neutvied (Rkein) 9 Brilon /

Mit der Veröffentlihung der vorstehenden Zusammen- stellung, deren ähnliche bereits vor 8 und vor 14 Tagen diesen Spalten erschienen sind, beabsichtigt das Königliche Meteorologische Jnstitut cine Uebersicht über die Ver- hältnisse der Schneedecke in Norddeutschland am Anfang jeder Woche zu geben.

Die Beobachter von etwa 160 ziemlih gleichmäßig über das Land vertheilten Stationen berichten an das Snstitut dur Postkarte, wie hoch an jedem Montag früh um 7 Ühr der Erdboden mit Schnee bedeckt is. Die Messung erfolgt an ciner Stelle, wo eine möglichst gleichmäßige Schneelage vorausgeseßt wird, mittels eines in Centimeter getheilten Schneepegels, oder, falls an der Stelle Verwehungen statt- gefunden haben sollten, an anderen geeigneten Orten mittels eines beweglichen Meterstabes. Die Höhe der Schneedecke (in Centimetern ausgedrückt) ist also gleihbedeutend mit der land- läufigen Angabe der Tiefe des Schnces. s

Die Anordnung der Stationen geschieht nah Flußgebicten, weil zunächst die Strombauverwaltungen das atio «Fnteress daran haben, zu wissen, welche Schneelage im Einzugsgebiet des betreffenden Stromes vorhanden ist. Diesen Verwaltungen . wird daher eine mögli rasche und directe Mittheilung von dem jeweiligen Stand der Dinge in ihren Gebieten gemacht. Da es aber auch für andere Kreise, wie namentlih die Land- wirthschaft, wichtig ist, bald zu erfahren, inwieweit der Erd-= boden mit Schnee bedet ist, hat das Königliche Meteorologische Institut geglaubt, eine Zusammenstellung aller Angaben für pan Norddeutschland in diesen Spalten veröffentlichen zu ollen

Die am Schluß der Uebersicht folgenden Angaben über den Wasserwerth der Schneedecke, welche wiederum speciell für hydrotehnische Zwecke wichtig sind, werden auf die Weise ge- wonnen, daß man mit einem geeigneten Zinkblechcylinder aus der Schneedecke cinen Schneccylinder ausstiht, denselben shmelzen läßt und die Höhe des Schmelzwassers zur Höhe des ausgestochenen Schneecylinders in Beziehung seßt. Während bei frisch gefallenem Schnee 1 ecm gewöhnlih nur 1 mm Wasser liefert, wächst der Wasserwerth des Schnees im allgemeinen mit seinem Alter, sodaß bei mehrere Wochen altem Schnee häufig 1 cm Schnee bis zu drei oder mehr Millimeter Wasser liefert, d. h. cbenso viel Liter pro Quadrat- meter Oberfläche.

Diese Angaben über den Wasserwerth der Schneedecke find also zu berücksichtigen, wenn man bei plöglich eintretender Séineeshimele berechnen will, welche Wassermengen den Flüssen aus dem Schmelzwasser der Schneedecke zugeführt werden,

Die Höhe der Schneedecke ist im mittleren und westlichen Norddeutschland während der leßten Woche schr zurückgegangen. Mit Ausnahme der Gebirgsstationen erreiht sie nur in Ost- preußen und in Hinterpommern 20 und mehr Centimeter. Die mittleren und w-stlichen Provinzen sind meistentheils schon schneefrei.

V

T D. Q 0

T 1 Q A M M4

n D D T D D D N R | cus

&z

Nr. 5 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesu ndheitsamts“ vom 1. Februar hat folgenden Inhalt : Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. (Gesundheitsstand und Sterbe- fälle im Dezember. Witterung. Maßregeln gegen Cholera 2c. Infectionskrankheiten in München 1891. Gesetzgebung u. f. w. fee qtgung, (Dânemark.) Beförderung von Personen mit an- steckenden Krankheiten auf der Eisenbahn. Thierseuhen im Deutschen Reich, Dezember. Desgl. in den Niederlanden, No- vember. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Preußen: Negierungs- bezirk Aurih, Münster, Osnabrück, Düsseldorf, Königsberg, Stral- fund, Bayern, Baden, Mecklenburg-Schwerin). Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften. ( reußen.) Staatshausbalts- Etat 1893/94. Sterbefälle in deut en Orten mit 15000 und mehr Einwohnern. Dezember. Desgl. in größeren Orten des Auslandes. Beilage. Gerichtlihe Entscheidungen zum Nahrungs- mittelgeseß (Mineralwässer, Getreide, Mebl, Backwaaren, Kartoffeln).

Nr. 2 des „Archivs für Post und Telegraphie“ (Beibeft zum Amtsblatt des bidi-Postente herausgegeben im Auftrage des Ge E Nano) hat folgenden Inhalt: 1. Actenstücke und Aufsätze : Entwickelung des Tarifwesens bei der preußischen und der Reichs» Posiverwallung seit 1824 (ortsepung). «— Wahrnehmungen beim Telegraphenbau in Inner- frika. Ein Nückbli auf die Ent- wickelung des überseeischen frostfrahtftüds-Berkehrs auf dem Wege über Hamburg. Stufenbahnen, ein neues Verkehrsmittel der Groß- städte. 1II. Kleine Mittheilungen : Beschädigung der Fernspreh- Verbindungsanlage Mannheim—Heilbronn durch Blitschlag. Eine - Schlittenfa rt nah der Nordküste von Alaska. Verwendung von Dromedaren im Postdienst. Die Hauptstadt Madagaskars. Weltausstellungs-Bahnhof in Chicazo. Brückenkanal. Eifen- bahnbetrieb in Nord-Amerika 1891, Literatur des Verkehrswesens : Guida degli Impiegati Telegrafici, Roma, Tipografia L. Cecchini,

Nr. 1 des „Ministerial - Blatts für die gesammte innere Verwaltung in den Königlih preu ischen Staa ten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) vom 31. Januar 1893 hat folgenden Inhalt: 1. Organisationssachen. A. Behörden und Beamte. irkular, betr. das Regulativ über die erwohnungen der Staatsbeamten. B. Staats aushalts. Etat, Kaässen- und Rechnungssachen, Vorschriften über die Einrichtung und Justificirung der Besfoldungsrechnungen infolge der Regelung der Unterbeamtengehälter nah Dienstalterästufen. 11. Polizeiverwaltung. A. Gendarmerie. Cirkular, betr. Tagegelder und YNeisekosten für Dienstreisen der Ober-Wachtmeister und Genvaitn, B. Gewerbe+ polizei. Cirkular, betr. die Ertheilung von Wandergewerbesceinen

zum Kesselflicken 2. —. C. Gefängnißwesen, Straf- und Besserungs-