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Schweiz, -
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ‘aus Bern ver- lautet dort, der Bundesrath werde beshlicßen, daß vom 1. März an für alle cingeführten Waaren, die je nah ihrer Herkunft verschiedenen Zolsähen unterliegen, also für alle Kategorien, deren Tarifirung dur die Handelsverträge oder die Frankreich gegenüber zur Anwendung kommenden Diffe- rentialtarife cine Veränderung erlitten hat, Ursprungs- zeugnisse beigebracht werden müssen, wenn sie niht sämmt- lih dem Frankreich gegenüber angewendeten Maximaltarif unterworfen werden follen. Nur die unter Zollvershluß dur Frankreich transitirenden Waaren sollen unter Verbehalt des Gegenrechts davon ausgenommen sein.
Numänien. Am Montag Abend wurde dem „W. T. B.“ zufolge zu
“Ehren des Prinzen und der Prinzessin Ferdinand
cin Hofball veranstaltet, der einen glänzenden Verlauf nahm. Das diplomatische Corps und die hohen rumänischen Würden-
„träger hatten Einladungen zu demselben erhalten. Der König
sowie der Prinz und die Prinzessin Ferdinand unterhielten sich mit den Gästen auf das lebhafteste. Asien.
Nach ciner Meldung der „Times“ aus Kalkutta sind dort
aus Kabul Nachrichten eingegangen, denen zufolge der Emir
„won Afghanistan schr leidend und nicht im stande wäre,
sich mit Statitsangelegenheiten zu beschäftigen,
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. Der Bericht über die 43. Sißung vom 14. Februar
befindet sih in der Ersten Beilage.
44. Sigung vom 15. Februar, 1 Uhr.
Der Sißung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi sowie die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall. i i
Eingegangen ist der Geschäftsberiht des Reichs-Ver- Jiherungsamts für 1892. H
Vor der Tagesordnung macht Präsident von Levegow darauf aufmerksam, daß im Durchschnitt der früheren Jahre die Etatsberathung 13 Sißungen in Anspruch genommen habe, während jeßt shon 11 Tage zur Erörterung eincs einzigen Titels verwendet wurden. Wenn das fo fortgeht, könne der Etat bis zum 1. April nicht erledigt werden. ;
Das Haus fährt dann in der Etatsberathung fort. Zur Debatte . steht noch inmmer das Gehalt des Staats- secretärs des Jnnern.
Neichskanzler Graf Caprivi (wir werden diese Nede morgen im Wortlaut bringen): Der Abg. Graf von Kaniß hat gestern Acußerungen von mir citirt, welhe ich am 10. November 1891 ge- than habe und wo ich den Werth der Industrie für unsere Staats- wirtbschaft nachzuweisen bemüht war. Der Abg. Graf von Kanitz meinte, daß! diese Worte hauptsächlich die Unzufriedenheit in den Kreisen, der Landwirthschaft, erzeugt hätten. Wenn meine Worte diefe una gewonnen haben, so hätte der Abg. Graf von Kaniß sich doch dn die richtige Duelle wenden sollen, um den wahren Sinn meinec Aeußerungen zu erfahren. JIch habe am 12., zwei Tage darauf, ausgeführt, daß ich mich in ciner Weise geäußert hätte, wie sie wohlwollender für die Landwirthschaft nicht jein kann. Nichts hat mir ferner gelegen, als eine verleßende Be- merkung für die Landwirthschaft zu machen. (Der Reichskanzler verliest den betreffenden Passus.) Den Borwurf, welchen der Abg. Graf von Kaniß mir macht, namentlich auch den, daß ih die Wehrkraft des Landes nmcht genügend bei meiner Stellungnahme zur Landwirthschaft berücksichtigte, habe ih danach nit verdient. Im Sommer 1891 verlangte der Abg. Graf von Kaniß die temporâre Herabseßung oder gar Suspension der Kornzölle und ich glaube mir gerade ein Verdienst erworben zu haben dadur, daß ih diesem Verlangen widerstand. “ Machte man solche Ausnahme cinmal, dann fämen die Zölle überhaupt in Gefahr. Jch habe damals der Landwirthschaft einen Dienst geleistet _(ZU- stimmung-) Als wir mit Oesterreich verhandelten, lagen sehr starke Motive vor, welche uns nahe legten, weiter mit den Zöllen herunter- zugehen; auch dagegen bin ih eingetreten, und die Festlegung der jeßigen Zölle auf 12 Jahre is ein weiteres Verdienst, welches ih mir um die Landwirthschaft erworben habe, Daß wir damit keinen Dank ernten würden, habe tich vorhérgeschen. / Die .. ver- bündeten Negierungen für den Nothstand der Landwirthschaft, dn auch ih anerkenne, verantwortlich zu machen, ift cin schr eigenthüm- lies Vorgehen. Jeßt wird von Versammlungen der landwirthschaft- lichen Interessenten berichtet, welche die niedrigen Kornpreife allein von der Herabseßung der Zölle ableiten. Die Preise sind ja bis zu
100 e niedriger als vorher; wenn das der Fall ist, so hat tarauf
eine Zollerniedrigung um 15 4 nur cinen Einfluß von 15 4, ckber nicht von 1004: aber auch diefen hat sie nicht einmal gehabt. Es werden nun andere Dinge angeführt in großer Zahl, unter denen die Landwirth: schaft leidet. So cinfach, wie man sich in agrarishen Kreisen das vorstellt, lassen sich diese Zustände nit ändern, auch niht durch Aenderung des Unterstüßungswohnsißgesezes. Woran die Landwirth- schaft leidet, ist die Folge mehr universeller Verhältnisse, mit denen wir rechnen müssen, und auch eine kleine Hilfe für die Landwirthschaft, wo sie möglih is, werden wir nicht von der „Hand weisen. Aber es läßt sich doch nicht leugnen, daß die Verhältnisse der Landwirthschaft von vor vierzig Jahren nicht mehr vorhanden sind, daß wir jeßt einen Weltmarkt haben, von dem wir bis zu einem gewissen Grade abhängen. Aehnlich liegt es mit der Frage des Arbeitermangels. Der Zug der Menschen “in die Städte und nah dem Westen folgt, wie es scheint, einem Na'ur- gefeß, und dagegen is mit kleinen Maßregeln nicht viel zu machen. Es ist das die s{werste Aufgabe, welche Regierung und Reichstag erfüllen follen. ‘Wir haben es mit aturgelcnhn zu thun, welche sich unserer (inwickung großentheils entziehen. Mit Klagen gegen die Regierung sollte man alfo vorsichtiger sein. Wenn der Abg. Graf von Kanitz erklärt, feine Bevorzugung der Landwirth®chaft zu wollen, so glaube ih ihm das; aber wenn er gleiches Maß und gleiches Recht ver- langt, so erweckt das den Anschein, als ob wir noch in cinem halbbarbarischen Staat lebten. Bei uns bekommt jeder sein gleiches Reht und foll. auch fein gleihes Maß bekommen. Kornzölle sind shwere Lasten für das Land. Nicht Opfer, welche die Landwirthschaft bringt, sondern welche für sie gebraht werden, sind es, um die es sih handelt. Ich halte für recht, daß folhe Opfer gebraht werden, bitte aber demgemäß auh mit Klagen gegen die Regierung vorsichtig zu fein und sie nicht zu Anklagen werden zu lassen. i t
f Atg. Graf von Kaniß (deonf.): Ich bin dem Reichskanzler dankbar dafür, daß er die Landwirthschaft als gleihberechtigt neben der Industrie anerkannt haî. LE habe gestern nichts
‘gethan, als daß ich die Klagen eines gewissen Herrn Ruprecht
wiedergegeben habe. Daß die Interessen der Industrie denen der Landwirtbschaft vorgezogen find, ist doch niht zu leugnen. Ich will aber heute darüber nit weiter sprechen, fondern lasse mir an den positiven Erklärungen des Reichskanzlers genügen.
enn er aber die Suspension der Zölle im Sommer 1891 nicht zu- gelassen hat und damit die Landwirthschaft gefördert zu haben glaubt,
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so far ih nur darauf verwcisen, daß damals sowohl “in Maglreis als in Schweden die Zölle temporär aufgehoben wurden, und daß diefe Maßregel beiden Ländern außerordcntli genüßt hat ohne die Zölle zu gefährden. Ich glaube heute noch, daß es bei uns ebenso gekommen wäre. Daß die Zölle auf zwölf Jahre gebunden sind, glaubt man im Lande noch nicht rêcht;: in dieser Be- ziehung wird jedenfalls die heutige Erklärung des Reichs- kanzlers von der Landwirthschaft mit Freuden begrüßt werden. Ueber die Währungsfrage hat sich der Neichékanzler nicht ausgesprochen. Die Goldwährung hat alle Waaren verbilligt; das hat auch gestern noch der Abg. Dr. Barth ausgeführt. Jh acccptire dieses Zus geständniß dankbar. Wir dürfen daber cinen Nachdruck auf die Zährungsfrage legen. Bedeutet der Uebergang von der Goldwährung zur Silberwährung cine Versl;lehterung des Geldes, so müßte doch der umgekehrte Uebergang eine Verbesseruïg des Geldes und eine Verschlehterung der Lage des Grundbesigzes bedeutet haben. Ich bitte den Reichskanzler, diese Frage unauêgeseßt im Auge zu behalten. Wenn die Kornzölle eine Last für das Land sind, so müßte do auch von den Industriezöllen dies gelten. Wir tragen ab r diese Zolle freudig. Vie landwirthschaftlihen Zölle kommen auch der Industrie zu gute Diefe kann garnicht bestehen ohne consumkräftige Landwirth- hast. Das hat Herr Vopelius im Abgeordnetenhause erklärt. Wenn man hier von Laft reden wollte, müßten die Landwirthe ih bitter über die hoben Eisenzölle beklagen. Gleiches Maß und gleiches Necht für Alle! Diefe Worte wiederhole ih auch heute.
(Vei Schluß des Blattes erhält der Abq. Dr. Buhl das
Wort.)
Preußischer Landtag. *#* Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die gestrige Sißzung des Hauscs der
Abgeordneten befindet sih in der Zweiten Beilage. 31. Sißung vom 15. Februar.
Der Sipung wohnen der Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern „Graf zu Eulenburg, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden bei.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Petition des Directoriums des landwirthschaftlihen CGentral- vereins der Provinz Sachsen zu dem zwischen Deuts - land und Rußland abzuschließenden Handels- vertrag.
Die Petitionscommission , Berichterstatter Abg. von Bredow ‘(cons.), beantragt, die, Petition det Staatsregierung als Material zu überweisen.
Um 9. Februar, als die Petition. zum ersten Mal auf der Tagesordnung stand, beantragte der Abg. Nictert (0E), über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Dieser Antrag liegt auch heute noch vor. Ferner beantragte der Abg. Dr, Arendt (freicons.):
Die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß diese im Bundesrath dahin wirke, daß bei den bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland die Interessen von Landwirthschaft und Industrie besser gewahrt werden als bei den Handeléverträgen mit Oesterreih-Ungarn, Italien und der Schweiz.
Dieser Antrag wird heute zurückgezogen.
Heute licgt cin neuer Antrag der Abgg. von Dziem- bowsfki, Freiherr v o nckErffa und Gen. vor:
Die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin
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zu überweisen, daß diefe im Bündesrath dahin wirke, daß bei den bevorstchenden Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland im An- {luß an die Erfahrungen, welche auf Grund der Wirkungen der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn, Italien und der Schwetz gemacht sind, dic Interessen von Landwirthschaft und Industrie aus- giebig gewahrt werden. i ; i
Der Präsident von Koeller giebt dem Abg. von Kröcher das Wort, ohne die verschiedenen Meldungen zur Geschäftsordnung, welche von den Abgg. Franccké (nl.) und Rickert (dfr.) ausgingen, zu beachten.
Abg. von Kröcher (con}.): Am vorigen Donnerstag war die Sache ziemlih fang- und klanglos vorübergegangen, heute wird es vielleicht etwas länger dauern. Weshalb der Abg. Nikert eigentlich am vorigen Donnerstag so böse war, kann ih nit recht begreifen. Er meinte, die Debatte sei dem Hause über den Kopf gezogen worden. Der Abg. Nickert ‘hat im: vorigen Jahre auch die Debatte über den Xantener Knabenmord dem Hause über den Kopf gezogen. Die Herren haben die Anwesenheit der Minister verlangt; sie haben ihren Willen, aber es besteht keine Bestimmung in der Verfassung, welche dic Minister zwingt, etwas zu sagen. Wir wissen ja, daß die Negierung immer erftlärt hat, sie habe cin warmes Herz für dic Land- wirthschaft; wir haben das nicht immer gemerkt, deshalb müssen wir hier unsere Wünsche vorbringen. Dex Antrag Arendt ist zurück- gezogen, desbalb brauche ich darüber nicht mehr zu sprechen. Der - neue - Antrag Pat - venselben Inhalt, «ex jt nur ein Bischen höfliher gehalten. Daß wir das NReht haben, über Neichêtagsangelegenheiten zu sprechen, hat der Abg. Rickert felbst zugestanden ; deun er hat früher einmal einen Antrag gestellt, der sich mit den Kornzöllen befaßte. Die Herren sprehen von Neichstags- sachen, wenn es ihnen paßt, sonst wollen sie davon nichts wissen. Die Petition ist von dexr Petitionscommission einstimmig als geeignet zur Berathung im Plenum cerahtet worden. Deshalb muß es zuläsfig sein, über den . Inhalt der Petition zu sprehen. Aber auch fonst hätte das Haus der Abgeordneten wohl das Recht, darüber zu sprechen, wie das preußisde Ministerium seine Stimme im Bundesrath instruirecn soll. Schon die Frage, ob wir aus dem Reich mehr oder weniger überwiesen erhalten, ijt für uns von bedeutender Wichtigkeit, und meine Wähler ger ongen, daß ih den Mund aufthue, - wenn cs sich um dië Interessen der Land- wirthschaft handelt. Im Reichstag is mein Wahlkreis ver- treten durch cinen freisinnigen Abgeordneten. WVeeine Wähler haben also auf meine Vertretung um \o mehr Anspruch. Die Petition ift ausgegangen von der Provinz Sachfen, die land- wirthschaftlih eigentlich am besten gestellt ift ; die Leute haben dort guten Boden für Zuckerrüben u. |. w. Wenn die Provinz "Sachsen hon stußig wird wegen eines russischen Handelsvertrages, dann muß ei s{limm stehen. Die niedrigen Preise der landwirthschaftlichen Pro- ducte wirken um so nachtheiliger, als die Mehrausgaben der focial- politischen Versicherungsgeseße die Landwirthschaft „fehr erheb- lich belasten. Bei dem Abschluß der Handelsverträge mit Oesterreich u. f. w. find die Vertreter der Landwirtbschaft gar niht gehört worden. Das hat der Reichskanzler 1891 bei der Debatte über die Handelsverträge auétdrücklich anerkannt. Daß die Industrie nicht glücklih- über die Handelsverträge ift, hat der Abg, Bopelius neulich auégeführt. Die Landwirthschast hat durch die Oeffnung der Grenze die Biehfeuen bekommen, es herrscht Mangel an Arbeitern, die Aenderung des Unterstützungswohnsizgeseßzes is ausgeblieben, die neue Landgemeindeordnung, alles das hat Grund zur Miß- stimmung in den ländlichen Kreisen gegeben. Die Cajolirung der unteren Bolféflassen und die Mißachtung des Mittelstandes macht ebenfalls böses Blut. Unzufriedene hat es immer gegeben. Geschimpft ist in Preußen immex worden, wenn auch gehorchk wurde, Aber ob es wohlgethan ift, eine königstreue Bevölkerung durch geseßliche Maß- regeln ohne zwingende Noth noch unzufriedcner zu machen, telle ih anheim. Für den Handelsvertrag mit Oesterrei und Italien wurdeul auch politishe Gründe geltend gemacht ; wie weit die Worte des Reichs- kanzleré, daß wir unsere Verbündeten stärken müßten, auch auf Rußland passen, weiß ih nicht. Erfahr:ne Männer haben mir gesagt, daß
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durch den Handelsvertrag mit Rußland unsere Stellung eine viel lehtere als früher werden würde. Ich bitte Sie, den Antrag des Abg. von Dziembowéki, über den namentlich abgestimmt wird cinstimmig anzunehmen. Í E _, Abg. von Eynern (nl): Die Rednerliste aus der vorigen Sizung geht fort, troßdem heute die Sachlage eine ganz andere ift als damals. Es ftehen noch sechs Herren von den Conservativen, die uns damals eine Ueberrashung bereiten wollten, auf der Nedner- liste. Ih möchte den Herrn Präsidenten bitten, die Nednerliste neu zu gestalten."
Präsident von Koeller: Es handelt sich nur um eine abge- brochene Debatte, deshalb geht die“ Rednerliste weiter.
Abg. Francke (nl.): Der Präsident hat felbst erklärt, daß die Debatte aus der Tagesordnung entfällt; da seitdem mehrere Tage ver- gangen find, muß eine neue Debatte anfangen.
Präsident von Koellerx bleibt bei seiner Meinung tehen, daß cs sih nur um eine abgebrochene Debatte handelt. |
Abg. Nickert (dfr.): Ich will der Meinung des Herrn Prä- sidenten nicht widersprechen, bitte aber, daß der Präsident den Referenten veranlaßt, den Wortlaut der Petition mitzutheilen.
Abg. Freiherr von Minnigerode-Nositten (cons.): Ich glaube, der beste Ausweg ist der, daß wir dein Präsidenten die Fest- stellung der Neihenfolge der Redner überlassen, wie dies im Neichstag üblich ift. /
Abg. von Ey nexn (nl.) erhebt Widerspruch gegen cin solches Verfahren, das ein bedenkliches Präcedenz bilden würde.
Präsident von Köller: Da Widerspruch erhoben ist, kann niht nah dem Antrage des Abg. von Minnigerode verfahren werden.
Abg. Nr. Freiherr von Heereman (Centr.) widerspriht eben- falls dem Antrage des Abg. von Minnigerode. :
Jnzwischen ist folgender Zusaßantrag cingegangen zum Antrag von Dziembowski von dem Abg. von Eynern (nl.) und Genossen: ;
„Gleichzeitig wird die Staatsregierung aufgefordert, vor und bei Abschluß von Handelsverträgen sih mit den Interessenten und Sachverständigen der Landwirthschaft und Industrie in ausreichende Verbindung zu seßen“. : :
Auf Antrag des Abg. Nikert (dfr.) verliest der Referent von Bredow den Wortlaut der Petition.
Abg. Dr. Arendt (freicons.) bestreitet, daß eine Ueberrumpelung geplant worden sei. Sein Antrag sci ers am Anfang der Sißung gestellt worden, ohne daß er mit einem Mitgliede ciner anderen Partei vorher davon gesprochen habe. Wozu die ganze Geschäfteordnungs- debatte vom Donnerstag nöthig gewesen fei, fei nicht recht ersichtlich; hätten die Conscrvativen einen Antrag auf Anwesenheit dex Minister gestellt, so würde man darin wahrscheinli eine große agrarische Begehrlichkeit finden. Daß der Finanz- Minister in die Debatte cingegriffen hat, bedauere ih. Er war über den Gang der Dinge nicht genug orientirt ; ‘der Antrag lag noch nit gedruckt vor. Er sprach sih dagegen aus, daß in \{chwebende Ver- handlungen eingegriffen würde. Wir können do cinen Einfluß über- haupt nur ausüben, wenn die Verhandlungen \{weben. Wenn sie vorüber sind, hat unsere Stinme kein Gewicht mehr. Vir stärken doch durch unsere Verhandlungen den Standpunkt der Regierung. Als während des Schwebens der österreichischen Vertragéverhandlungen gegen die Getreidezölle agitirt wurde, hat man dadurch dic Position des Reichs geshwächt. Auf die Haltung der preußischen Negierung im Bundesrath werden wir immer eine Ein- wirkung versuchen. Ich berufe mih dafür auf den Fürsten Bis- marck, der sich nach Ablehnung des Septennats hier über die Lage des Reichs ‘auf cine Anfrage des Abg. Grafen zu Limburg-Stirum aus- sprach. Nedner beruft sich auf mehrere andere Fälle, in“ denen Meichs- taggangelegenheiten im Abgeordnetenhause besprochen worden seien. Zu meinem Antrag gab mir auch die Haltung des Ministers für Landwirthschaft Anlaß, der sih hier auf cine Debatte über den russischen Handelsvertrag nicht einlassen wollte. Diese Zurückhaltung der Regierung, - die cine Veränderung ihrer Haltung bedeutet, hat große Unzufriedenheit unter den Landwirthen erzeugt. Der fruhere landwirthschaftliche Minister Freiherr von Lucius führte eine ganz andere Sprache; Redner verliest einige Stellen aus dessen. Reden, die mit lebhaftem Beifall aufgenommen werden. 1887 war die Preislage fo wie heute, der Zoll 3 X, also beinahe ebenso wie jeßt, und troßdem ging die Regierung mit einer Zollerhöhung vor. Wenn ih meinen lntrag zurückgezogen habe, fo geschah es nit, um einen Rückzug an- zutreten, ih bin vielmehr der Ansicht, daß der neue Antrag sich vollständig inhaltlich mit dem meinigen, deckt. Der Finanz-Minister meinte, daß mein Antrag ein Tadelévotum für die Megierung und für den Reichstag bedeute; eine Kritik der Regierung ist nichts Ge- fährlichcs, ste richtet sih niemals gegen die Person, sondern immer nur gegen die Maßregeln. Aber eine Kritik über den Neichstag hat uns durchaus fern gelegen. Deshalb habe ich meinen Antrag zurügezogen. Der neue Antrag enthält doch deutlich genug die Be- hauptung, daß die früheren Handelsverträge niht gut gewirkt haben. Das hat übrigens auch der Abg. Vopelius anerkannt, den man doh als Industriellen niht vor den agrarishen Wagen spannen ktann; cbenso ist von anderer Seite festgestellt worden, daß die Jndustrie von dem österreichishen Handelsvertrage keinen Nußen gehabt habe. Die Ermäßigung der Zollfäße müssen die Steuerzahler s{hwer büßen. Deshalb glaube tch, daß wir abwarten müssen mit dem Abschluß des Vertrages. Die Petition - geht von Sachsen aus, aljo bon einer Provinz, wo der Großgrundkbesiß nicht vorherrst. Ich weiß, daß die hessishen Bauern derselben Ansiht sind. Es wird nicht nur von der freisinnigen, fondern leiter auch von der nationalliberalen Presse Agrarierheze getrieben; das ist ein Ber- schulden in unserem politischen Leben, welhes ih lebhaft . bedaucre. Manche Nationalliberalen sind in wirthschaftlihen Fragen von Freisinnigen faum zu unterscheiden. Dadurch find die Kartell- verhältnisse sehr getrübt worden. Die „Nationalliberale Cor- respondenz“ hat meinen Antrag einen Faschingsscherz genannt; die „Weser:citung“, dic zwischen nationalliberal und fretsinnig steht, hat einen Artikel gebracht, der beinahe in einem focialdemo- fratischen Blatte stehen könnte. Es ift eine Lüge, daß die Agrarier für ihre Bereicherung arbeiten; sie arbeiten für ihre Existenz und die Cristenz der Landwirthschaft hat ein allgemeines Interesse. Troßdem die Demokratie in Frankreich herrscht, besteht zum Schuß der Landwirtk- saft ein hoher Getreidezoll, von dem bei Verhandlungen mit anderen Staaten nicht abgelassen wurde. Ohne Aenderung der Währungs- verhältnisse wird keine gründliche Besseruñg eintreten. Die Zufrieden heit der Bevölkerung ist im Schwinden begriffen und die guten Finanzen werden äu untergraben dadur, daß man die Grundlage des Staats, die Landwirthschaft, vor den Kopf stößt. Wer schen will, der erkennt, daß Sturmzeichen vorhanden sind, und ih möchte die Regierung bitten, ete Sturmzcichen zu beachten. Deshalb bitte ih, den Antrag anzunehmen. 4 E D M Bei Schluß ‘des Blattes nimmt der Präsident des Staats- Ministeriums, Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg
das Wort. ; i
— Die Wahlprüfungscommission des Reichstags eautrag , die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Müllen- siefen im b. Wahlkreise des Negierungoöbezirks Arnsberg bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen. ;
— In der Neichstagscommission zur Berathung des Geseßes über vie Abzahlungsgeschäfte wurde gestern Abend F ps L lelgender gegen die Regierungsvorlage abgeänderter Fassung nach den
§ «
3 J S Sentr. it 11 gegen 5 Stimmen ntrage des Abg. Spahn (Centr.) mit 11 geg Käufer
angenommen: „Hat bei ‘dem Verkauf einer dem Theil: übergebenen beweglihen Sache, deren Kaufpreis" in 4 bas zahlungen berichtigt werden foll, der Verkäufer si B Ret vorbehalten, wegen Nichterfüllung der dem erg n liegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurüzutreten, E i die Falle diescs Rücktritts jeder Theil verpflichtet, dem anderen Thel Die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. e es leid cinbarung ist nichtig. Dem Vorbehalte des Rücktrittêrechts steht es glei
.
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wenn der Verkäufer wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen kraftGesetzes die Auflösung desVertrages verlangen Min: L § 2erhielt, ebenfalls nah Antrag Spahn, folgende Fassung : „DerErwerber hat im Falle des Nücktritts dem Veräußerer die infolge des Ver- trages gemachten Aufwendungen fowie denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher durch eine von ihm aus Vorfay oder Fahrlässigkeit verursachte Ver|chlechterung der Sache entstanden ist. Für geleistete Dicnfte sowie für die Ueberlassung des Gebrauchs oder der Be- nußung der Sache ist der Werth zu vergüten. - Eine entgegen- stehende Vereinbarung, insbesondere die vor Ausübung des Rücktritts- rechts erfolgte (ragamalige Festsczung ciner höheren Vergütung ist nichtig. Auf die Festseßung der Höhe der Vergütung finden die Vor- schriften des § 260 Abs. 1 der Civilprozeßordnung entsprehende An- wendung.“ erner wurde noch folgender, vom Abg. Spahn neu beantragter § 2a angenommen: „Die nah den Bestimmungen der SS 1, 2 Abs. 1 und 2 begründeten gegenfeitigen Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen.“
— Die Steuerreform-Commis\ion des Hauses der Abgeordneten erledigte gestern Abend die §8 10-——29 des Er- gänzungsfteuergeseßes, die durhweg nach den Beschlüssen erster Lesung bestätigt wurden, bis auf § 10, der nach dem Antrage der Abgg. von Eynern (nl.), Freiherr von Zedliß (freicons.) und von Jagow (conf.) folgende, gänzlih neue Fassung erhielt: „Bei der Veranschlagung des Werths von Grundstücken, welche dem Be- tricbe der Land- oder Forstwirthschaft, der Viehzucht, dem Wein- Obst- oder Gartenbau dienen, sind au das lebende und todte Wirth- shaftsinventar, die Futter- und Erntevorräthe, sowie die sonst zum Anlage- und Bctriebskapital gehörigen Werthe — einschlicßlich der den gewerblichen Nebenbetrieben dienenden Gegenstände — mit der Maßgabe zu berücksichtigen, daß aus den wirthshaftlihen Vorjahren noch vorhandene, zum Verkauf bestimmte Erntevorräthe sowie Mehr- oder Minderwerthe des Inventars gegenüber dem normalen wirth- schaftlichen Verhältnissen entsprechenden Bestande desselben in Zu- oder Abrechnung zu bringen sind.“ — Ein in erster Lesung eingefügter § 17a (Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- und Nenten- versicherungen bleiben außer Ansaß, insoweit die Summe der ein- gezahlten oder Kapitalbeiträge den Betrag von 24 000 6 oder der Rückkaufswerth der Police den Betrag von 16060 4 übersteigt) wurde gestrichen.
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Nr. 6 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben imMinisteriumderöffentlichen Arbeiten, vom 11. Februar, hat folgenden Fnhalt: Negulirung der Flüsse für das Nicdrigwasser. — Das Nathhaus in Nürnberg. — Neibungswider- stand der Tragfedern von Eisenbahnfahrzeugen. — Schneeverwehungen an Eifenbahndämmen. — Vermischtes: Wettbewerb für Pläne zu cinem Kurhaus in Berlin. — Wettbewerb für Pläne zu Wobnbüase für landwirth\chaftlihe Arbeiter. — Ausstellung von Modellen und Plänen in Chicago. — Grove's Wasserentkeimungs-Apparat. — Brand in der Berliner Centralmartthalle. — Wettbewerb um die Ent- wösserung von Sofia. — Philipp Strigler +.
Kunst und Wissenschaft.
Physikalische Gesellschaft. ‘ In der Sißung vom Freitag, 10. Februar, demonstrirte Herr Dr, Kaps cinen photograpbischen MNegistrirapparat für elektrishe Spannung. — Die Leitung eines Stromabnehmers, welcher „an eine Centrale angeschlossen ist, pflegt man an ihrem Be- ginn mit einem sogenannten Elektricitätszähler zu versehen, welcher angiebt, wie groß der Stromverbrauch während eines bestimmten veitabschnittes war, Dieser Stromverbrauch giebt nun noch nicht ein hinlängliches Maß für die verbrauchte elcktrishe Energie, also für das, „was eigentli bezahlt werden soll; vielmebr ist diese Größe nod) abhängig von der Spannung, mit welcher die Elektricität in das reitungsneß eintritt. Da diese Spannung aus praktishen Gründen stets dieselbe scin sollte, pflegt man bei der obigen Zählung von der ee Mett auszugehen, daß fie factisch dieselbe sei, daß also der Maschinist seine Schuldigkeit stets soweit thue, daß starke und für den Betrieb \törende Schwankungen - der Spannung nicht vorkommen , selbs wenn die Zahl der jeweilig benußten Lampen eine wechfelnde ist. Ein Apparat, welcher alle Schwankungen der Spannung registrirt, dient somit gleichzeitig der richtigen Ermittelung des Verbrauchs an elektrisher Kraft und der Ueberwachung des Maschinisten. Die Raps’she Vorrichtung besteht zunächst aus einem der gewöhnlichen Spannungsmesser, dessen Zeiger die momentane Spannung angiebt. Um cin Bild von dem Spannungsverlauf zu erhalten, wird der Zeiger quer vor einen Spalt gestellt, / dur welchen Licht auf eine mit photographishem Papier bespannte dreh- bare Trommel fällt; das Papier wird bei nachträgliher Entwickelung [hwarz, die vom Zeiger beschattete Stelle bleibt weiß, und fo erhält man eine Curve, welche den Verlauf der Spannung registrirt. Da das Licht noch gleichzeitig ein in langsamer Drehung befindliches Zifferblatt photographirt, kann man au angeben, in welhem Moment eine elwaige Spannungéschwankung stattgefunden hat. Der Apparat weist mannigfache specielle Einrichtungen auf, welche eine bequeme Aus- führung der photographischen Opcrationen ermöglichen. 4, Sodann zeigte Herr Prof. Kundt ein von Prof. Lippmann in Paris in den natürlichen Farben photographirtes Spectrum vor. Das Lippmann’sche Princip, solche Photographien her- zustellen, ift von dem neuerdings bereits in die Praris übergegangenen Bogel’schen Verfahren durhaus verschieden. L. läßt die LUchtstrahlen auf eine photographische Schicht fallen, welche sih auf einer spiegeln- den Fläche befindet. Die Strahlen durchdringen die Schicht, werden gespiegelt und erzcugen mit den direct cinfallen- den Strahlen zusammen {tehende Schwingungen , “ durch welche die photographise Schicht gleih'am in dünne, ab- wechselnd „helle und dunkle Blätthen zerlegt wird. Farben dünner Bläîtchen, dic man u. a. bekanutlich au an den Seifenblasen wahrnimmt, sind es denn auch, welche eine {albe Platte bunt ‘er- scheinen lassen. Die vorgeführte Platte zeigte in reflectirtem Lichte ein prachtvolles Spectrum, welches Professor K. sogar projicirte. Sine zweite Photographie, cinen grünen Zweig mit orangefarbenen Veeren darstellend, eigte, daß auch Farben, welche nicht spectralrein sind, dur dies Verfahren reproducirt werden Hinte, Hoffentlich wird cs sich in absehbarer Zeit ebenfalls zu einer praktis verwerth- baren Methode gestalten. Endlich berichtete Prof. Kundt über Experi- mente, dur welche Herr Hirsh den Einfluß der Temperatur ibt magnetishe Drehung der Fa gange vone des Lichts untersuht hat. Es handelte sih "im besonderen um den Durchgang des Lichts dur die Metalle Eifen, Kobalt und Nickel ; denn diese Metalle sind — ebenso wie die übrigen — in dünnen Schichten durhsihtig und besitzen in Bezug auf die oben erwähnte Veränderung des durchgehenden Lichts bemerkenswerthe Eigenschaften. Von der Temperatur zeigte sich die Erscheinung nur beim Niel ahbäângig. Sp.
: W In Sqhulte's Kunstsalon ist für kürzere Zeit cin Bildniß des § ber-Bürgermeisters von Magdeburg, Geheimen Negierungs- Raths Böttcher, von Hugo Vogel ausgestellt. In lebendiger, dis- cutirender Haltung, im ordengeschmüdckten Frack, auf einem Lehnstuhle lißend, ist der Vice-Präsident des Moor A dargestellt. Die derben Züge des Antlitzes sind von intensiver geistiger Arbeit gespannt, der die Brillengläser scharf durchdringende Blick des Auges ist auf den Beschauer gerichtet. Dadurch, wie dur die demonstrirende Haltung der linken Hand erhält das Porträt eine überzeugende Lebhaftigkeit des Ausdrucks, auf welche die ganze »ma- lerische Kraft concentrirt ist. GlükliÞh hat Vogel alle Starrheit „vermieden, welhe folhen malerishen Momentauf- nahmen häufig anzuhaften pflegt. Die Technik is großherzig und
breit, ohne doch dur absichtlih zur Schau gestellte Nachlässigkeit im Detail zu verleßen. Die Carnation und Modellirung des Cnt Seis Kopfes stehen der charaktervollen Auffassung niht nah. Der Künstler, felbst geborener Magdeburger, hat sich wie dem Dargestellten mit diesem Bildniß ein ehrenvolles Denkmal in seiner Vaterstadt geschaffen. — Eine herbe Enttäuschung bereiten die an derselben Stelle ébenfalls nur auf kurze Zeit auégestellten Aquarelle Hubert Herkomer'ê. Eine so kleinliche Auffassung und so süßlichen Farbenvortrag hat sicherlich niemand von dem genialen Deutsch-Engländer erwartet. Die fubtile Feinpinselei in rosigen Tönen ohne Saft und Kraft und ohne pragnante Stimmung kann unmöglih Eindruck machen. Sicherlih verdanken diese kleinen landschaftlichen Studien nur einex vorüber- gehenden unglücklihen Laune des mit Necht hochgeschäßten Meisters ihre Entstehung und i dds niht ctwa eine Concession an den weichlihen Modegeschmack des englischen Publikums.
— Vor kurzem wurde mitgetheilt, daß das preußische Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten dur Circularverfügung die Königlichen Provinzial - Schulcollegien, Re- gierungen und Vorstände von Bibliothcken und Archiven aufgefordert abe, die Bestrebungen der Gesellschaft für deutsche Er- ziehungs- und Schulgeschichte in jeder Weise thunlichst zu fördern. Auch ist den Leitern höherer Lehranstalten ans Herz gelegt worden, die Jahresprogramme noch mehr, als bisher gesehen, in den Dienst der Sculgeschichte zu stellen, und hierdurch ein Interesse für diese überaus wichtige Forshungen zu wecken. Zu gleicher Zeit wurde die Anschaffung der Veröffentlichungen der Gesellschaft (Monumenta (Germaniae Paedagogica und „Mittheilungen “) sür die Lehrer- bibliotheken anempfohlen. Diesem Beispiele folgend, haben jetzt au die Staats-Ministerien Württembergs und ÄAnhalts zu den Auf- gaben der Gesellschaft Stellung genommen. In beiden Ländern find zur Erleichterung des geschäftlichen Verkehrs und zur Förderung der wissenshaftlihen Interessen Gruppen errichtet wordena Bem Vorstande der Gruppe Württem berg ist nun von dem Königlih württembergishen Ministerium des Kirchen- und Schulwesens mitgetheilt worden, daß bei der hohen wissenschaftlichen und patriotishen Bedeutung der von der Gesellschaft für deutshe Er- zichungs- und Schulgeschihte verfolgten Bestrebungen die vorzugs- weise in Betracht tommenden Schulbehörden, das akademische Nector- amt in Tübingen, die Ministerialabtheilung für Gelehrte- und Real- schulen, das evangelishe Consistoriuum und das katholische Kirhenamt anzuweisen seien, je in ihrem Theile das Unternehmen nach Kräften zu unterstüßen. Die anhaltishe Negierun g, welche schon früher für die Herausgabe der Monumenta Germaniae Paedagogica eine jährliche Sribvention bewilligt hatte, hat diese jeßt der Gesellschaft für die periodish erscheinenden „Mittheilungen“ zur Verfügung ge- stellt. “ Zugleich enthält der Erlaß des anhaltishen Ministeriums die- selben Weisungen an die Behörden zur ¿Förderung der wissenschaft- lichen Zwecke der Gesellschaft, welche das preußische Cultus-Ministerium gegeben batte.
„„_— Die Militärische Gesellschaft zu Berlin hält ihre nächste Versammlung am Miltwoch, 22. Februar, Abends 7 Uhr, în dem großen Saale der Kriegs - Akademie, Dorotheenstraße 58/59, ab. Vortrag: „Die Wehrkraft Persiens unter Berücksichtigung der geo- graphischen und politishen Lage dieses Staats“, gehalten von Premier - Lieutenant Nosfen vom 2. Westfälischen Feld - Artillerie- Negiment Nr. 22, commandirt zur Kriegs-Akademie.
— Der Director des römisch-germanischen Central-Muse 1ns zu Mainz, Professor Dr. Lindenschmi t, ilt, wie ,W. T, V“ meldet, am Dienstag gestorben.
- Nach einer Meldüng des ,„W. T B." aus Links ping ift der Bischof, Cornélius, ehemaliger Professor der Geschichte und A CLENNON an der Universität Upsala, nah kurzer Krankheit gestorben.
Verkehrs-Anstalten.
In Gelsenkirchen ist der Bau des Entwässcrungskanals der Zeche „Hibernia“ in Angriff genommen worden, durch welchen die Verbindungen für die fo nothwendige Kanalisation der Stadt Gelsen- kirchen sowie für Theile der Gemeinden Neckendorf und Bulmke ge- hafen werden. i ‘ Zu
In Altena ist der Bau der eisernen Lenne-Brüe nabezu vollendet. (
Krefeld, 15. Februar. . (W. T. B.) Das Königliche Eifen- bahn-Betricbsamt macht bekannt: N heintraject Spyck-Welle, Strecke Klev e—Zevenaar, ist von heute ab wegen Hochwasser ge- sperrt. Der Verkehr auf der Strecke We [le—Zevenaar ift für die Dauer. der Sperre vollständig eingestellt.
Rostock, 15. Februar. (W. T. B.) Nach einer Bekanntmachung der Direction des „Lloyd“ werden von heute ab die Tages - fahrten zwischen Warnemünde und Gjedser mittels des Eis- brehers und des Bergungsdampfers „Nügen “ wicder aufgenommen. Die Abfahrt von Gijedser erfolgt um 6 Uhr früh im Anschluß an den Kopenbagener Nachtzug, die Abfahrt von Warnemünde um 1 Uhr Mittags im Anschluß an den Berliner Morgenschnellzug.
VDLremten, 14, Februar, (W. T 2) „Norddeutscher Lloyd“. Der NReichs-Postdampfer „Oldenb u rg“, von Australien fommend, hat am 12. Februar tags Dover passirt und ift am 13. Februar Vormittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Berlin“, von Brasilien fommend, ift am 13. Februar Nachmittags auf dex Weser angekommen. Der e olidampser „Baltimore“, vom La Plata kommend, hat am 12. Februar Nach- mittags Las Palmas passirt. Der Postdampfer „Weser“, von Bra- silten kommend, ist am 12. Februar Vormittazs in Antwerpen änge- tommen. Der Reichs-Postdampfer „Preu ßen® hat am 13. Februar Bor- mittags die Reise von Singapore nah Colombo fortgesetzt. Der Neichs- Postdampfer „Ne ckar“, nah Ost-Asien bestimmt, ist am 12. Februar Bormittags in Singapore angekómmen. Der Schnelldampfer „Fulda“ hat am 13. Februar Vormittags die Reise von Gibraltar nah Genua fortgeseßt. Der Postdampfer Leipzig“, nah dem La Plata bestimmt, ist am 13. Februar Vormittags in An twe rpen angeflommen. Der Neichs-Postdampfer „Sachsen“, nach Ost-Asien bestimmt, ist am 12, Februar Abends in Genua angekommen. Bremen, 15. Februar. *(W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Köln " ist am 10. Februar von Rio nah Bremen in See gegangen. Der Ge Postvapler „Bayern“, von Ost- Asien kommend, ist am 13. Februar Nachmittags in Antw erpen angekommen. Der le Beit dampfer , Sachsen“ hat am 13. Fes bruar Nachmittags die Reise von Genua na ) Port Said fortgeseßt. Der Postdampfer , Weser“ hat am 14. Februar Vormittags die Reise von Antwerpen nah Bremen fortgeseßt. Der Postdampfer „Salier“, von New-York kommend, hat am 14, Februar Nach- mittags Lizard passirt. y
amburg, 14. Ver: (W. T. B.) Hamburg-Ameri- kanische Packetfahrt - Actien - Gesellschaft. Der Post- dampfer „Teutonia“ ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen.
Theater und Musik.
Lessing-Theater.
Der Schwank „Das gelobte Land“ von Franz und Paul von Shönthan hat bei seiner gestrigen ersten Auffübeúng die Zuschauer leidlih gut unterhalten, ohne jedoch einen entschiedenen Grfolg zu erzielen. Die Handlung, die in mittleren bürgerlichen Kreisen spielt, ist von harmlosem Charakter und weder interessant noch Fen genug, um für Ls allein fesselnd zu wirken. Die Zuthaten aber, die das Theaterstück zu einem Schwank stempeln follen: gute Laune und Lustigkeit, finden ps in fo besheidenem Maße, daß die früher wohl von den Ea ewährte komische Kraft dies- mal“ eigentlih vermißt wurde. Das Ergebniß konnte daher nur fein, daß man das Dargebotene ohne Widerstreben hinnahm und den Dar- stellern dankbar war, die dur ihre Kunst die Schwächen und Mängel
des Stücks möglichst ausglichen.
Ein Beamter in einer kleinen Provuinßzialstadt fühlt sih aus un- zureihenden Gründen in seiner Ehre gekränkt und macht seinem ge- Tes Herzen dur cine Broschüre Luft, in der unter dem Titel „Das gelobte Land“ die sogenannte sociale Frage in möglichst laien- hafter upd unverständiger Weise behandelt wird. Als dann der sonst pflichttreuc Beamte dur cine Auszeichnung die Ueber eugung gewinnt, daß seine Vorgeseßten scine Thätigkeit anerkennen, fühlt er ih mit allen Verhältnissen ausgesöhnt und gelangt zu der Einsicht, daß seine enge Heimath das wirkliche ,gelobte Land“ sei. Natürlich besißt der Beamte ein Töchterhen lnd einen Neffen, der ein - etwas leicht- rie ler Arzt ist, damit das unbedingt nöthige junge Liebespaar ni ehlt.
Es foll nit bestritten werden, daß die unsere Zeit bewegende fociale Frage auch einer dramatishen Behandlung .von der komischen Seite unterworfen werden darf ; aber ¿dann müßte es bei dem Ernst, der ihr unter allen Umständen innewohnt, mit mehr Geist und Ein- sicht geschehen, als es hier der Fall ist. Dieser Umstand an erster Stelle verhindert*es, daß der Zuschanter die wenigen lustigen Scenen, die das Stück enthält, mit ruhigem Behagen genießt; wirksame Komik lag fast aus\{ließlich in den Windbeuteleien des jungen Mediziners, A Denn au vorübergehend éine heitere Stimmung im Hause ver- ¡reiteten.
Was die, wie erwähnt, erfreulihe Darstellung betrifft, so ver- * mochten die mitwirkenden Kräfte den Figuren des Stücks natüclih nicht die Eigenart und Ursprünglichkeit zu verlcihen, an der es die Verfasser haben fehlen lafsen; dbay immerhin gewann Herr Höcker mit der Gestalt des Kanzlei-Naths Schmale, den er als einen klein- städtischen „Spießbürger gab, den Beifall der Zuschauer. Die Frau Kanzlei-Räthin wurde vou Fräulein Meyer gegeben, die threr Neigung zur Caricatur etwas die Zügel schießen ließ; ihrem galligen Humor hätte ein wenig mildernde Gutmüthigkeit zum Vortheil gereiht. Den ewig flun- kernden jungen Arzt spielte Herr Schönfeld mit lébenowürdiger Laune und einem Anfluge von Treuherzigkeit, sodaß man die Neigung des jungen naiven Bäschen für ihn begreiflich findet : Fräulein Wagen gab das junge Mädchen mit an preenhex BArmloligtes, Herr Brand erschien als tadelloser Jüngling, der ih für einen „Schwerenöther“ ausgeben möchte, möglichst indifferent in seinem Aeußern, sodaß ein komisher Gegenfaß zwischen seinen Worten und seinem Wesen ent- stand. Herr Waldow als Vüchercolporteur und Frau Schüle äls derbes Dienstmädchen sorgten für eine kräftigere hinioristishe Kost.
Wallner- Theater.
Das Dumas’\che Schauspiel „Der Fall Clémenceau”, welches vor einigen Jahren bei seiner ersten Aufführung im Lessing- Theater so viel Aufsehen erregte, ging gestern in theilweise veränderter Beseßung im Wallner-Theater zum ersten Mal in Scene. Die sorg- fältig eingeübte und geschmackvoll inscenirte Vorstellung würde von dem gutbesezten Hause mit derselben Aufmerksamkeit und Spannung verfolgt und ebenso beifälllg aufgenommen wie bei den früheren Aufführungen. Die Rolle dér Isabella hatte Fräulein Groß übernommen. Dur ihr virtuosen- haftes und decentes Spicl wußte sie die ‘raffinirteste aller erauengestalten auch in den gewagtesten Situationen des Werks so darzustellen, daß sie troy der Verächtlichkeit des Charakters do den Anwescnden einen hohen kfünstlerishen Genuß bereitete und den Vergleich mit ihrer Vorgängerin Frax Petri nit zu scheuen braucht. Die früher von Fräulein Marie Meyer gegebene Ytolle der polnischen Gräfin Dobronowsfa war an Fräulein Det s\chy übergegangen. Sie beberrs{cht den Diale t nicht vollständig und muß sich vor Uebertreibungen hüten, zu der die Darstellung dieser. durch die Schönheit ihrer Tochter völlig verblendeten Mutter verführt. Sonst entsprah ihre Leistung vollkommen den vom Dichter gestellten An- sorderungen. Frau von Pöllnitz gab die Mutter des Bildhauers Clémenceau mit dem an ihr befannten würdigen Anstande. Der \{wierigen Aufgabe des Clémenceau und der fehr viel dankbareren des Constantin entledigten sich die Herren Prechtler und Mglenar mit Geschick. Ä : «
Seine Majestät der Kaiser hat den Künstlern, die am Montag in der Gedächtnißfeier für N. Wagner im Königlichen Opernhause mitwirkten, Allerhöchftseine volle Anerkennung aus- sprechen laffen.
__ Im Berliner Theater geht morgen der „Hüttenbesiger“ in Scene, fur Frettag is neu eingeübt „König Lear“ angeseßt; Ludwig Barnay spielt darin die Titelrolle und Agnes Sorma zum ersten Male die Nolle der Cordelia.
m Lessing-Theater wird morgen unter Abänderung der früheren Bestimmungen Hermann Sudermann's Schauspiel „Heimath“ gegeben, das auch am Sonnabend und Sonntag wiederholt wird.
Im Kroll’\chen Theater sind bet Auber's tomischer Oper „Der {chwarze Domino*, die morgen neu einstudirt in der laufenden Spielzeit zur erstmaligen Aufführung kommt, in den Hauptpartien beschäftigt die Damen Wenzel (Angelà), Islar (Brigitte), Ippen (Urfula) und die Herren Meyer (Horatio), Herm. Gura (Iuliano) und Worms (Gil Terez). Das erste Auftreten der Frau Nevada das wegen Unpäßlichkeit eines Mitgliedes der franco-italienischen Opern-Gesellschaft. vershoben werden mußte, findet nunmebr am Sonnabend statt.
Das Ballfest im Festsaal des Thomas-Theaters, das am Freitag zu wohlthätigem Zwecke stattfindet, wird unter der Bezeich- nung „Berlin und Wien“ von statten geben. Der dur die Bethei- ligung des Wiener Ensembles geschaffene Charakter wird noch befon- ders dur die künstlerishen Gaben der Wiener wie durch die Gegen- überstellung der Nationaltänze zum Ausdruck kommen. Billets zu E sind beim Rendanten Schwarz im Bureau des Theaters zu aven. : Josep hineGerwing, die elfjiährige Geigerin aus Köln. wird in ihrem zweiten und leßten Concert Freitag, Abends 72 Ubr, im Saal He Gern, außer größeren Werken von Mendelssohn und Franz noch eine Canzonette von Godard und eine Legende thres Lehrers Gustav Hollacnder spielen. — Der Klaviervirtuo}e Ge orge Magrath wird in seinem, am 17. d. M, Abends 8 Ubr. unte Mitwirkung des Philharmonischen Orchesters in der Sing=- Akademie stattfindènden Concert drei größere Werke, Hummels A-moll-Concert, St. Saëns (G-moll-Concert und Schumann's Svmphonische Etuden zu Gehör bringen.
n der Freien musikalis{hen Vereinigung, welde" {h Donnerstag, den 16. Februar, Abends 81 Ubr, im Sulzerschen Musiksaale; Potsdamerstraße 27 versammelt, werden Klavierstücke von Otto Oberholzer und Philipp Scharwenka, Lieder von KleFel. Naubert und Hildach, Violoncellstücke von Popper und Sulzer 2c. zum Vor- trage gelangen. Die Leitung der Chor- Abtheilung hat Herr Adolf Gettmann, bisheriger Dirigent des Klindwortb"{en Cbors. über: nominen.
Preußische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Vei der gestern fortgesezten Ziehung der L. Klasse 188. Kön igli eus Klassenlotterie fielen in der ZoQmittags-Ziehun j; ä GONE von 500 A 8 Gewinne von 6 auf Nr. 17W. 4570. 618% 101 203, 136 318. 157 849. 17ò 155. 189 494. e
__ Vei der heute fortgeseßten Ziehung der 2. Klasse der a O preußischen Slasserioticnns fielen in der Vors»
ichung: 1 Gewinn von 10 000 „f auf Nr. 22 131. 2 Gewinne von 1500 6 auf Nr. 36920. 46 RiA, 3 Gewinne von 500 f auf Nr. 31 198 149002. 149419. Gewinne von 300 4 auf Nr. d878. 186382 2615.
mte Nr. 56717. 178 440.
80 392. 160 690. 168771. 186 187 194.