1893 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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__ Großbritannien und Jrland. y Im Oberhause stellte gestern Lord Salisbury die age, ob die Regierung schon jeßt den geistlichen Bea in Wales Weisungen gegeben habe, als ob die die Entstaat- “lihung der Kirche vorbereitende sog. Suspensorische Bill bereits in Kraft sei. Lord Kimberley erklärte namens der eron den besonderen Fall, der zu der Anfrage jedenfalls Anlaß gegeben habe, und leugnete, daß die Regierung eine allgemeine Entscheidung über den betreffenden Punkt getroffen habe. : : : Í | Zu den von einem Theil der Pariser Presse angegriffenen und verdähtigtén Bötschaftern gehörte auch Lord Dufferin. Derselbe hat das am 13. d. M. abgehaltene Jahresbantkett der englischen Handelskammer in Paris dazu benußt, die gegen ihn gerichteten Verdächtigungen zurüc{zuweiscn. Der Präsident der Handelskammer Edward Blount gui, in seinem Toast auf den Botschafter, auf jene nsinuationen anspielend, einen Ausspruch Lord Dufferin's citirt, der kürzlih gesagt hatte, wenn zwischen England und „Frankrei ein Krieg entstände, so lange er Botschafter in Paris “wäre, man an der französischen Grenze cinen für ihn bestimmten Galgen errihchten möge. In seiner Erwiderung auf diesen Toast bemerkte Lord Dufferin: : : „Sir Edward Blount hat auf die dur einen Theil der Pariser Presse gegen gewisse Botschafter gerichteten Angriffe angespielt; wir haben Dicklich nicht den Strick verdient, und doch find meine Collegen und ih in einigen Pariser Journalen an den Pranger gestellt worden. Ich will nicht mit Bitterkeit auf das Vorgefallene zurückkommen, denn ich will annehmen, d diese Angriffe mehr durch die Unwissenheit als durch die Böswilligkeit der Journalisten ent- standen sind, welche dieselben verbreitet haben; aber es ist das erste Mal, daß cin Botschafter, der persönlihe Vertreter seines Souveräns, in die innere Polemik des Landes, wo er beglaubigt ist, verwickelt worden ist. Bis jeßt hafte man _ stets angenommen, daß seine hohe Mission und die Majestät des Souveräns und des Landes, welches er vertrit§, wie auch die Höflichkeit und die Gastlichkeit der Nation, wo er refidirt, hinreichen müßten, um ihm dieses „halb- conventionelle“ Dunkel zu sichern, welhes ihn umgeben muß. Un- [ücklicherweise ist das niht der Fall gr ih bin häufig in den A aienalen einer s{mählichen Handlungéweise beschuldigt worden. Man hat mir Handlungen zugeschrieben, welche, wenn sie erwiefen wären, genügt hätten, um mich vor das Criminalgericht zu bringen. Habe diese Angriffe unbeachtet gelassen und mich nicht beklagt ; áber heute Abend sind wir hier in England; die, welche mich um- geben, halten auf meinen guten Ruf, wie ih selbst darauf halte und 1ch kann hier meiner Gewohnhcit gemäß, wenn ih einer Lüge begegne, sie wie ein ne Geldstück festnageln. Ich erkläre hier, daß alles, was man über mi gesagt hat, fals ist, mit Einbegriff der absurden Behauptung, daß ih nach Frankreich gekommen bin mit der enorinen Summe von drei Péillionen im Portefeuille, welhe dazu dienen follte, die französishe Presse und die französischen Politiker zu bestehen und die französisch-russische Allianz zu zerstören. Alles das ist nichts als eine unbegreifliche Mystification. Die Dolmetscher der öffentlihen Meinung in Frankreich, welche in der Presse schreiben, sind einige der geschick- testen, der talentvollsten und der angenehmsten Publicisten, die man in irgend einem Lande der Welt finden kann. Einige unter ihnen

find angesehene Mitglieder des Senats oder der Kammer, und ich

bedauere sagen zu müssen, daß mit Ausnahme cines zufälligen Höf-

lihkeitsaustaushes mit einem oder zwei hervorragenden Publicisten,

denen ich in einer Gesellschaft begegnet bin, ih bis jeßt noch keinerlei

directe oder indirecte Beziehungen mit irgend einer Persönlichkeit

der As Presse t

gehabt habe, uhd was die Jnterviewer betrifft, fo halte ih dieselben sorgfältig von mir fern. Be- züglich der drei Millionen, wenn ih sie in tér Weise verwendet hätte, wie man behauptet hat, so hätte dieses Gold eine reihere Ernte hervorbringen müssen, aber ih habe in den Spalten der Journale nicht die enthusiastischen Lobeserhebungen Eng- lands und der englischen Politik gesehen, die ih nah folen Goldspenden zu erwarten berechtigt gewesen wäre. Es ift unnöthig, Jhnen zu fagen, daß „ih, seitdem ih in Frankreich bin, keinen Sixpence ausgegeben habe, der nicht in die Taschen meines Meßgers oder meines Bäckers oder detjenigen, welche die Sünde Adams rächt, der Kleidermacherin geflossen wäre. Was nun die Ge- fühle der Freundschaft betrifft, die Rußland und Frankreich einigen, so habe ih darauf in meinen Unterhaltungen niemais die ge- ringste Anspielung gemacht. Aber ih kann im Namen der englischen Nation und aller Regierungen, die sich an der Spiße derselben befinden könnten, versichern, daß man sets mit Sympathie und Wohl- wollen die Verständigungen und die Einverständnisse betrachten wird, die sich zwischen europäischen Nationen im Hinblick auf die Auf- rehterhaltung des Weltfriedens vollzichen. Ich bin überzeugt, daß nach dem, was ih gesagt habe, niemand in diesem Lande Frankreich, dem wahren home der Ritterlichkeit, an meinem Wort zweifeln wird. Mein einziger Wunsch besteht darin, mit allen meinen Kräften an der « Verstärkung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frankreich und England zu arbeiten.“ Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath is, wie „W. T. B.“ berichtet, die Antwort auf die von dem Deputirten Leydet beabsichtigte Jnterpellation über die allgemeine Politik der Regierung festgeseßt worden. Gutem Vernehmen nah wird das Cabinet die Erklärung abgeben, nur mit der republifkfanishen Partei ohne Rücksicht - auf deren besondere Schattirungen regieren zu wollen, und eine dieser Erklärung nah Möglichkeit entsprehende Tagesordnung annehmen. Außerdem wurde über einen Gesegentwurf bezüglich der von den Jnhabern der Panama-Obligatiowen unternom- menen gerihtlihen Schritte: Beschluß gefaßt. Der Ge- sehentwurf sezt ein gemeinsames Vorgehen aller Titelinhaber an Stelle der Einzelklagen, die denjenigen einen größeren An- theil an dem vorhandenen Gesellschaftsvermögen sichern würden, die den anderen Obligationären mit der Klage zuvorkämen.

Die Deputirtenkammer beshloß gestern mit 289

egen 229 Stimmen die Jnterpellation Leydet, dem Wunsche des Minister-Präsidenten Ribot entsprechend, heute u berathen. Bei der darauf fortgeseßten Berathung des Budgets wurde der Antrag, eine Steuer von jährlih 10 Fr. auf Pianos einzuführen, mit 307 gegen 145 Stimmen angenommen. ! Niederlande.

Im Haag ist, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern das zwischen den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Deutschland und England vereinbarte Protokoll wegen Ausführung der Convention vom Jahre 1887 über den mißbräuchlichen Verkauf von Spirituosen unter denNordseefischern unterzeichnet worden.

Rumänien.

Der Prinz Ferdinand ist laut Meldung des „W. T. B.“ zum Commandeur eines Jäger-Bataillons ernannt worden. Bei der feierlihen Vorstellung des Bataillons, die gestern S, hièlt der König eine warme Ansprache an die

annschaften. Alsdann erfolgte der Vorbeimarsh des Ba- taillons unter dem Commando des Prinzen. Die Prinzessin Ferdinand sah dem militärishen Sehauspiel von den Fenstern des Schlosses aus zu.

demnach

Der „Monitorul öfficial“ veröffentliht cin Handschreiben des Königs an den Minister-Präsidenten, worin der Dank des Königs für die anläßlih der Vermählung des Prinzen Ferdinand aus allen Kreifen der Bevölkerung dargebrachten Loyalitätskundgebungen zum Ausdruck. gebracht wird.

Serbien.

Die Fortschrittspartei hat dem „W. T. B.“ zufolge als Candidaten für die Skupschtina außer Garaschanin mehrere hervorragende Persönlichkeiten, darunter den General Horvatovic, den Gesandten Novakovic und den Obersten Fransovic, aufgestellt. Die Partei hofft zehn Siße zu erlangen.

Vulgarien.

Der Ministerrath hat, wie der „Pol. Corresp.“ aus Sofia aemeldet wird, dem Prinzen Ferdinand, der Prinzessin * Clementine, der Prinzessin Marie Louise von Parma und dem Hergog von Parma tele- graphisch Glückwünsche gesandt. Aus allen Landestheilen sind dem Minister-Präsidenten Stambulow zahlreihe Telegramme zugegangen, die von der allseitigen Freude über die erfolgte Verlobung des Prinzen Zeugniß geben.

Amerika.

Der Präsident Harrison hatdem „W. T.B.“zufolge an den Senat eine Botschaft über Hawaii gerichtet. Sie ist von einem Vertragsentwurf über die Annectirung der hawaiischen Jn seln durch die Vercinigten Staatéën und zwar unter einer provisorischen Regierung begleitet. Der Senat trat so- fort in die Berathung der Botschaft ein, worin die Genehmi- dung des Vertrages befürwortet wird.

Hoke Smith hat den Posten des Cabinetsfecretärs des Jnnern in dem von Cleveland zu bildenden Cabinet ange- nommen. Smith stammt aus Geo-gia, ist Adocat und Besitzer der Zeitung „Atlanta“.

Afrika.

Der Correspondent der „Pall Mall Goezette“, der sih im Gefolge des Sir Gerald Portal auf jeinem Wege nah Uganda befindet, hat dem genannten Blatte gemeldet, daß die Mission am 28. Januar in Machako angelangt sei, die Hälfte des Weges nah Uganda bereits zurück- gelegt habe.

Parlamentarische Nachrichten.

Dentscher Neichstag. __ Der Bericht über die 44. Sißung vom 15. Februar befindet sih in der Ersten Beilage. 45. Sißzung vom Donnerstag, 16. Februar, 1 Uhr. Der Sißung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi sowie die Staatssecretäre Pr. von Boetticher, Freiherr von Malyahn und Freiherr von Marschall.

Die Berathung des Etats wird bei dem Titel: „Gehalt des Staatssecretärs des Jnunern“ fortgeseßt.

Abg. Graf von Arnim (Np.) wendet fih gegen die gestrigen Ausführungen des Reichskanzlers. Es entspreche niht den Thatsachen, wenn dieser behaupte, daß gleihes Recht und gleihes Maß in Deutschland auch für die Landwirthschaft gelten. Schon der Unterschied, der sich zeige, wenn das mobile Kapital und wenn der Landwirth Credit suche, müsse jedem Unbefangenen vor Augen fübren, daß mit dem gleichem Maß in dieser Beziehung nicht gemessen wird. Ganz unrichtig sei es, von Opfern zu sprechen, die für die Landwirthschaft gebraht werden. Wenn die Landwirthschaft erhalten ‘bleibe, so fomme der Erfolg dem ganzen Lande zu gute. Die Land- wirthe bringen im Gegentheil die größten Opfer, um dem Wohl des Ganzen zu dienen. Er, Ribner, würde wirthschaftlich viel besser daran sein, wenn er feinen ganzen Acker eingeschont hätte. Die tHegebente Be- wegung in landwirtbschaftlichen Kreisen, die Folge der allgemeinen Unzufriedenheit, werde zur Gründung eines Bundes der Landwirthe fäbren, die am 18. Februar hier in Berlin erfolgen folle. Redner hofft, daß das, was dort etwa an scharfen Worten gegen die Negierung gesagt werde, nicht wieder der conservativen Partei in die Schuhe gesheben werde. Für einen Handelsvertrag mit Rußland könne man ch nur crkläâren, wenn jemand garantiren könnte, daß dadurch der Preis des deutschen Getreides nicht gedrückt werde. Diese Garantie könne aber niemand übernehmen. Die Zahlen des Staatsfecretärs, welche die Zunahme des Exports an Glas und Papier beweisen sollten, seien formell rihtig; die Quantität des Exportproducts habe zugenommen, die Qualität aber und die Preise seien ganz unverhältniß- maßig zurückgegangen. Diese Thatsache treffe gleihmäßig auf Glas wie ‘auf Papier zu.

Staatésecretär Freiherr von Marschall (wir werden die Nede morgen im Wortlaut bringen) : Zch habe wiederholt anerkannt, daß der Wunsch der Landwirthschaft, bei Handelsverträgen ihre Inter- aen gewahct zu wissen, ein berechtigter ist. Es ift aber doch H thümlih, daß schon jeßt der Vorredner von möglichen Aus- shreitungen auf dem nächsten Congreß der Landwirthe hier in Berlin spricht und den Versuch macht, die confervalive Partei yon der Verantwortung für dieselben zu entlasten. Jch habe den Eindruck, daß die Klazen über die Nothlage der Landwirthschaft einiger- maßen erschöpft sind; ih bin aber troßdem bereit Nede und Antwort zu stehen, a:ch wenn die Herren wünschen sollten, beim Etat des Aus- wärtigen Amts die Sache nechmals und gründlih zu erörtern. Ich beziehe mih auf meine wiederholten Darlegungen, daß die ai verträge nothwendig wurden, weil ohne sie auch die Landwirthschaft

; Wenn der Abg. Graf

einen schweren Schaden erfahren haben würde. p von Arnim von der Papier- und der Glasindustrie gesprohen und eine Resolution andeutungsweise erwähnt hat, welche die Glas- industriellen gefaßt haben, so nehme ich von dieser Resolution an, -daß Herr Bopelius ihr niht ganz fern stand. Es ist ein immer- bin glückliches Resultat, wenn die Einfuhr bei dee a eeupustrie im Iabre 1892 um zwei, die O aber um drei Millionen zuge- nommen hat. Im Abgeordnetenhause' haben sih gestern Herr Arendt und Herr von Erffa gleichmäßig auf Herrn Bopelius berufen, der den Nachweis der ungünstigen Wirkung der Handelsverträge auf die deutsche Industrie geführt haben sollte. Ich habe diefe Rede gelesen und bin so flug geblieben als wie zuvor. Mit Gründen scheinen die Herren also ziemlich bankerutt zu sein. Nun hat Herr Arendt den Haudels- fammerbericht von Frankfurt am Main als Zeugniß angerufen. Was aber steht darin? Eine Lobeéterhebung für die Handels- politik’ der deutschen Regierung, für den Abschluß der Tarifverträge, welche in Deutschland allgemein Befriedigung-hervorgerufen hätten. Dasjelbe gilt von der ebenfalls angezogenen Handelskammer in Essen. Nur der Bericht von Dortmund lautet etwas anders, das gebe ih zuz; aber als ein Beweismittel gegen unsere Handelspolitik läßt au er sih nit verwerthen. Wenn Herr Arendt schließlich die Nähmaschinenfabrikanten ins_Gefécht führt, so hat ans die Herabsetzung des Zolles in Oesterrei cine nit unerhebliche Ver- mehrung der deutshen Ausfuhr gebracht. (Schluß des Blattes.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

Der Bericht über die gestrige Sißzung des Hauses d Abgeordneten befindet sid in der Teilen Sine di

32. Sißung vom 16. Februar.

Der Siyung wohnen der Minister für Handel und Ge- werbe Freiherr von Berlepsch und der Minister für Land- wirthsthaft 2c. von Heyden bei.

Das Haus seht die Berathung der Petition desg Centralvereins der Provinz Sachsen zu dem rusfishen Handelsvertrag und die dazu vorliegenden Anträge fort.

evor in der Debatte ein Redner das Wort“ crhält,

bemerkt

Abg. Vopelius (freicons.) in Bezug auf die gestrigen Aus- führungen des Reichskanzlers: Ich muß zunächst mein lebhaftes Be- dauern ausdrücken, daß der erste Beamte des Reichs von „unquali- ficirbaren Verdächtigungen“ gegen ein Mitglied dieses Hauses spra, und überlasse diejem Hause die Kritik über diesen A Von einer Verdächtigung kann keine Rede fein. Jh habe nur die bedauerliche Thatsache constatirt, daß der Vertreter des preußischen Handels-Ministeriums nicht die nöthige Unter- stüßung bei seinen Mitcommissarien gefunden habe. Wenn der Reichskanzler ferner sagt, der Wirkliche Geheime Ober-Re- gierungs-Nath von Huber habe seit 1871 bei jedem Abschluß cines Handelsvertrages zur größten Zufriedenheit seiner Vorgeseßten mitge- wirkt, so erlaube ih mir zu diefer Mittheilung niht uur ein großes Fragezeichen zu machen, sondern ih bestreite direct die Angabe, Zeder ältere Parlamentarier weiß, daß Fürst Bismarck den Geheimen Nath von Huber en seiner freihändlerishen Richtung nicht mehr fo verwandte, als es früher der Fall war. In meiner damaligen Aeußerung lag nihts Verleßendes gegen den Geheimen Nath von Huber, fondern nur die Anklage gegen die Reichsregierung, daß sie einen nee als Unterhändler für die Vertragsverhandlungen gewählt abe. Wenn endlich der Reichskanzler sagt, eine folhe Verdächtigung müsse das Selbstgefühl eines Beamten erschüttern, so erwidere ih darauf: es ist besser, wenn das Selbstgefühl eines Beamten erschüttert wird, als wenn durch eine falsche Handelspolitik das Sicherheits- gefühl eines productiven Standes erschüttert wird,

Die Unruhe im Hause ist so groß, daß der folgende Redner nur shwer verständlih ist und der Präsident mehr- fah um Ruhe bitten muß, damit die Stenographen den

Redner verstehen können.

Abg. Schmieding (nl.) führt aus, daß der neue Antrag cigent- lih ganz harmlos sei, Freunde und Gegner des Handelsvertrages können ihm zustimmen. Jedêr kann nur wünschen, daß die Lage genau geprüft wird, daß der Schu der nationalen Arbeit aufreckt erhalten wird. Der beste Handelsvertrag i} derjenige, der für beite Theile vortheilhaft ist. Wenn Deutschland jeßt bessere Verträge ab- schließen känn als früher, so liegt das daran, daß wir infolge der Zollpolitik des Fürsten Bismarck jetzt etwas zu bieten haben; es ist nur zu befürchten, daß die Herren vom grünen Tisch die Frucht nicht ausreifen lassen, daß sie zu früh ernten wollen. Deutschlands Zustände erinnern an den Verfall Noms. Die großen Städte, namentlich die Hauptstadt, wachsen übermäßig an; daneben besteht eine Entvölkerung des platten Landes, die der Landwirthschaft zum Schaden gereicht. Die Concurrenz, welche die Provinzen Jtalien machten, wird heute von fremden Getreideländern der deutschen Landwirthschaft gemacht ; sie kann diese Concurrenz niht aushalten und muß im Intereffe der Staatserhaltung geschügt werden. Der Schutz darf aber nicht hinaus- gehen über ‘das, was zur Aufrechterhaltung ciner gesunden Landwirth- \haft nothwendig ist; geht der Schuß darüber hinaus, dann licgt die Gefahr einer radicalen Aenderung nahe. Dann folgt bei hohen Preisen die Suspension der Zölle und die Suspension dehnt sich {ließlich so weit aus, daß sie der Aufhebung gleichkommt. Der Zoll ift auêreihend und die Klagen der Agrarier sind unberechtigt. Hat nicht die Steuerreform die Absicht, die Doppelbesteuerung der Landwirthschaft zu beseitigen ? Freilich ist dabei eine Doppelbesteuerung der Actiengesellshaften neu eingeführt worden. Die Angriffe gegen das Köhlensyndikat sind unberechtigt; das Syndikat is kein Ning, - der die Preise werfen oder übermäßig steigern will, sondern es soll die Production der Consumtion angepaßt, jede Schwankung vermieden und ein Mittelpreis festgehalten werden. Geradezu verwunderlich is die Annahme des Abg. von Kardorff, daß das Syndikat den Strike befördcre; Strikes entstehen bei Hausse und Baisse der Montanwerthe an der Börse, die Preis\{chwankungen ver- anlassen die Arbeiter zum Ausstand; Mittelpreise sichern auch d Arbeitern einen ständigen Lohn und dauernde Arbeitsgelegenheit. Vei den früheren Handelsverträgen ist auch die Industrie niht ausreichend befragt worden. Deutschlands Position ist eine gute, es braucht au! den Abschluß eines Vertrages nicht zu dringen, sondern cs kann warten.

Abg. Schmit - Erkelenz (Centr.) spricht seine Freude über die maßvolle Haltung des Vorredners aus; inder freisinnigen Presse | cine fo gemäßigte Sprache, wie sie gestern der Abg. Meyer-Berlin geführt habe, nicht zu finden, da werde in ganz unglaubliher Weile gegen die ackerbautreibende Bevölkerung geheyt. Es wird von ihr de hauptet, daß sie dem Staat nichts leiste, daß sie aber mit Wohl- thaten überhäuft werde. (Nufe links: Die Agrarier.) Ja, mit dem Schlagwort Agrarier maht man alle berehtigten Forderungen der Landwitthschaft einfah todt. Wenn das Haus zu einem Beschluß auf Grund der vorliegenden Anträge kommt, dann werde die Regierung denselben beahten müssen, auh wenn es sich hierbei um eine Reiché- sache handle. Freilich sollen die Einzel-Landtage nur selten Gebrau) machen von ihrem Rechte, auch diefe Dinge zu behandeln. Aber de so wihtigem Anlaß kann man nicht ftillschweigen, auch wenn die Verhandlungen {weben. Haben doch die Freisinnigen während der Verhandlungey mit Oesterreich sogar hier die einfache Aufhebung der Getreidezölle bêantragt! Die Zölle sind nur ein Glied der Kette ven Schußmaßregeln, deren die Landwirthschaft, welhe nur kargen S winn abwirft, bedarf; die Aufhebung der Schußzölle für landwirt}- schaftliche Erzeugnisse würde cinen unerseßlihen Schaden bringen. Redner spricht die Hoffnung aus, daß das hier Vorgebrachte von der Negierung beachtet wird; einem Handelsvertrage mit Rußland a0 ich kann die Landwirthschaft sich nicht widerseßen, sie kann nur dlé Berücksichtigung ihrer Interessen verlangen. i

Abg. Böttinger (ul.) giebt zu, M die Regierung. sich nad) Kräften informirt habe, daß sie sich {stetig in Fühlung mit del Sndustrie gehalten habe. Aber die Vertreter der Regierung sind nit immer genügend informirt gewesen über Verhandlungen, wel C E Regierung mit einzelnen Industriellen führte übér Klagen, dexen V re tig ung die Regierung anerkannte. Redner führt einige Fälle aus dem §ereiche der chemishen Industrie an. Von dem Vereine d chemischen Industrie sei nur der Vorsißende nah dem Reichsamt e SFnnern berufen worden, der doch nicht im stande set, über Die Wünsche der vi:len Zweige der chemischen Industrie Auskunft 8 geben; man hätte Vertreter der verschiedenen Branchen berufen müsen

Ministec für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep| L Der Vorredner scheint niht zu überzeugen zu sein, daß gennge JFuformationen eingeholt sind; er möge sich in meine Bureaux E mühen, es wird ihm dort Material vorgelegt werden, mit dem éi länger als aht Tage zu thun haben dürfte. Wir können doch nid von jeder einzelnen Handelskammer für jeden einzelnen BetricbszwC!s einen Sachverständigen ernennen; da könnte jedesmal ein Har Sortamen! dige der Brandhey werden. Es werden von jeder Kamm!

acverständige der Branche vernommen, in welcher sich dieHandelskammcr per i ren Wün Fen nicht, bis e

auézeihnet. Die Interessenten warten mit i rei über einen Handelé-

sie gefragt werden, sondern, sobald nur eine Na j j vertrag auftaucht, laufen dicke Berichte ein, Auch während s Fent- Eden een O une Pet “a élne Sra i o Ma e i nnen wir do ole Untersuchungen n l

wollen uns von unseren Gegnern niht in die Karten sch

lassen. Wenn dice Wünsche der Betheiligten nit in den Verträgen erfüllt find, fo liegt das nicht an der Aas Susoemation der Commissarie#, fondern an dem Mangel an Concessionen seitens der verhandelnden Staaten. Das bisherige Ver- fahren leidet" uur an dem Uebelstand, daß die Industrie nicht orientirt ist darüber, ob alle Branchen genügend vorher befragt sind. Würde von den einzelnen industriellen Vereinen ein Aus\chuß für Zollfragen errichtet, fo „würden darin auch nur zehn oder fünfzehn Personen sißen, die nicht über alle Verhältnisse unterrichtet sein fönnten. Einzelne Vereine haben sich einem solchen Gedanken gegen- über ablehnend verhalten und ziehen die Vernehmung einzelner Sa, verständiger für jeden einzelnen ga vor. ,

Abg. Dr. Ritter reconp) estreitet, daß der Antrag von Dziem- bowski denselben Inhalt habe wie der Antrag Arendt; es fehle in dem ersteren die retrospective Kritik, die der leßtere enthalten habe. Redner bekämpft den Antrag Broemel, wonah auch der Handel befragt werden felle; dadurch würde der ohnehin son: über- mächtige Börfenhandel Einfluß gewinnen. Die Bedenken gegen den Abschluß von Handelsverträgen werden ziemlih allgemein in allen O Qn Kreisen und auch in industriellen Kreisen getheilt. Es handele fih niht nur um einseitige ograrische Bedenken.

er Landtay vertrete die Intelligenz des Landes beffer als der Reichstag, dessen Wahlsystem nicht die_ nöthigen Garantien bietet. Geschadet hat der Handelsvertrag mit Oesterrei nicht, aber au nichts genügt. Ein Schaden is dadurch indirect eingetreten, daß die Landwirthe die Industrie begünstigt glauben und daß fein Zusammengehen bei den Wahlen mehr stattfindet. Redner hält die Militärvorlage für eine Nothwendigkeit und befürwortet deren Annahme, aber gerade deswegen müsse die Landwirthschaft aufreht erhalten werden. Er sei Agrarier, halte aber nicht die Landwirthschaft für die alleinige Säule des Staats. Die Industrie sei auch_ cine Stüge des Staats, weun au Deutschland noch nicht in dem Sinne ein Industriestaat zu nennen sei, wie Eng- land. Die Mehrheit des Volkes lebe niht von der Industrie. Es herrsche auf dem Lande cine gewisse Rath- And ub reit man wünsche von einem undefinirbaren Etwas befreit zu sein. Da sei cs begreiflich, daß man nah einem Schuldigen suche. Man könne das Gefühl der Landwirthe vergleichen mit dem Gefühl der Seeleute des Columbus, die das Ziel nicht kannten, die niht wußten, wohin der Curs geht. Woher foll die Ruhe für die Landwirth- schaft kommen, wenn die Börse à la baisse speculirt, um das letzte Korn zu kaufen und dann die Preise in die Höhe zu treiben ? Wenn troß der niedrigen Preife des Getreides und des Biehes Brot und Fleisch nicht billiger geworden sind, so liegt das zum theil an dem wucherischen Zwischenhandel, zum theil muß der Bäcker und Fleischer höhere Preise halten, weil fie immer längere Credite geben, immer mehr damit rechnen müssen, daß einzelne Kunden fie nicht bezahlen. Bei den Schwankungen der Krisen müssen die festen Dämme aufrecht erhalten werden, die zum Schuße der Production aufgeführt sind. Aus diefen Gedanken if unser Antrag entstanden, der keinen Eingriff in die Zuständigkeit des Reichs enthält. Preußen besonders wird von cinem Vertrage mit Rußland betroffen, deshalb sind wir berechtigt, zur rechten Zeit unsere Wünsche geltend zu machen. Der Antrag ist do auch ein sehr bescheidener, sodaß ih nicht begreife, wie man von [inks demselben widersprechen kann. Ob der Vertrag mit Rußland nothwendig ift, ist Sache der hohen Politik; darüber habe ich nicht zu entscheiden. Aber die Valutaverhältnisse, die Rechtéunsicherheit in Rußland, _die militärifche Beseßung der Grenze machen mich bedenklich. Die Landwirthschaft im Osten muß Bedenken gegen Tarifermäßigungen haben. IJeden- falls muß ihr dann geholfen werden, mit dem Westen concurrenzfähig zu werden. Die Oeffnung der Grenze ift noth- wendig; Bedenken dahin, daß die Kohlen nah Nußland gehen und der Nuhrkohlen-Ning das Uebergewicht erhält, halte ih nicht für berechtigt. An den Landwirthschafts - Ministex richtet Redner die Frage, inwieweit früher und jeßt die Land- wirthshaft zu den Handelsverträgen gehört worden set. Daß Rußland gerade jetzt zu einem Handelsvertrag geneigt sei, könne nicht maßgebend sein für Unterlassung von Anträgen; man kenne ja die Quelle nit, aus der diese Neigung - ent- sprungen sei. Wenn man die Handelsverträge abgeschlossen habe, um den vertragslosen Zustand nicht bestehen zu lassen, so müsse man doch fragen: weshalb mußte denn Deutschland gerade für Europa den vertragslosen Zustand aufheben ? Der vorliegende Antrag ist durchaus berechtigt, das zeigt seine Be- kämpfung durch die D ay Presse, die ihn todtheßen möchte; das lassen wir uns aber nicht gefallen, wir stimmen für den Antrag.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. von Eynern das Wort.

In der Militäxrcommission des Reichstags wurde

heute nah längerer Berathung zur Abstimmung über Saß 2 des A 1 der Vorlage geschritten. Zunächst wurde das vom Abg. Bebel zu dem Antrage Rickert gestellte Amendement (Ein- führung der zweijährigen Dienstzeit auch für die Ca- vallerie) gegen vier Stimmea (Socialdemokraten und Volks- partei) abgelehnt. Alsdann wurde der Antrag Nickert (Fest- stellung der zweijährigen Dienstzeit für die Infanterie durch Aende- rung der , Verfassung) gegen 9, der Antrag von Bennigsen (Feststellung der zweijährigen Dienstzeit für die Dauer der jeßt zu beschließenden Präsenzstärke) gegen 4, und [chließlich die Faun der Reglerung vorlage, gegen 2 Stimmen abgelehnt. Für den Antrag Nickert stimmten nur die Freisinnigen, Volkspartei und Socialdemokraten ; für den Antrag von Bennigsen die Nationalliberalen und die Reichspartei, und für die Regierungsvorlage die Conservativen und die Reichspartei. Die nächste Sißung der Commission- is auf Montag anberaumt, wo cin Antrag Richter über die Ergebnisse der finanzpolitishen Erörterungen zur Verhandlung steht. _ Der Begründung des gestern mitgetheilten Entwurfs einer Novelle zum Militär-Pensionsgefeß entnehmen wir A auf die Stellung pensionirter Offiziere im Civildienst Bezügliche:

Bars seit längerer Zeit sind auch außerhalb der Militär- verwaltung die Härten und Schwierigkeiten anerkannt worden, mit welchen pensionirte Offiziere selbst dann zu kämpfen haben, wenn es ihnen Se eine Anstellung im Civildienst zu finden. Insbesondere ist auc) in den beiden Häusern des Landtags und im Reichstag wieder- holt auf diese Angelegenheit hingewiesen worden. Jn der Plenar- fißung vom 16. März 1891 hat Berat der Neichstag eine NRefolu- tion angenommen, in welcher die verbündeten Regierungen ersucht werden, in Erwägung zu ziehen, inwieweit die Unzuträglichkeiten zu beseitigen sind, die sih bei Anwendung derjenigen Geseßesstellen fühl- bar gemacht haben, welche fis auf den Fortbezug der Pension neben dem Einkommen aus der Civilstelle beziehen. N,

In erster Linie handelt es sich ietbei um die Beseitigung der Ungleichheit zwischen der Behandlung pensionirter Offiziere und der- en pensionirter Neichs- und Staatöbeamten bei Wiederanstellung im Communaldienst. Die im Communaldienst angestellten pensionirten Offiziere haben bisher eine Kürzung ihrer Pension erleiden müssen, während die in demselben Dienst befindlichen ete Neichs- und Staatsbeamten ihre Pénsion Mgen fortbeziehen. Diese Un- gleihheit will der Geseßentwurf dadurch beseitigen, daß künftig auch

die Offiziere bei Anstellung im Communaldienst eine Kürzung der Pension nicht mehr erleiden.

Sodann bedarf es einer Abänderung derjenigen Bestimmungen, nah welchen die Kürzung der Pension der im Reichs- oder Staats- dienst angestellten li dis erfolgt. Bisher wird die Pension dieser Offiziere gekürzt, sobald aus Pension und Civildiensteinkommen zu- sammen der Betrag des früheren Ppensionsfähigèn Diensteinkommens überschritten wird, d. h. bei dem Stabsoffizier als Bataillons- Com- mandeur der Betrag von 6530 4, uptmann oder Ri neler 1. Klasse der Betrag von 5030 #4, Hauptmann oder Nittmeister 11. Klasse der Betrag von 3590 #, Premier-Lieutenant der Betrag von 2126 #4, Second-Lieutenant der Betrag von 1946 6

Dana kann z. B. ein pensionirter Second-Lieutenant, welcher in der Regel 487 ( Pension bezieht, nur so lange im ungeschmälerten Genuß der Pension bleiben, als sein Civileinkommen nicht den Be- i og von 1459 M übersteigt. Jede darüber hinausgehende Gehalts- aufbesserung wird an der Pension wieder einbehalten. Besonders empfindlich tritt daher die Kürzung der Pension dann in die Erschei- nung, wenn dem pensionirten Offizier na Innen Mühen in der Civilstelle eine Gehaltserhöhung etatsmäßig zu theil werden foll, oder wenn derselbe häusliche Mehrarbeiten liefert; von denen er weiß, daß sie besonders honorirt werden. Von der Gehaltzerböhung hat dann meist nicht der Pensionär den Vortheil, sondern der Militär-Pensions- fonds, und die vielleicht auf Kosten dex Gesundheit geleistete Mehr- arbeit ist vielfa umsonst gewesen.

In ershöpfender Weise würde diesem Uebelstande abgeholfen werden, wenn jegliche Bestimmung über die Kürzung der Pensionen bei Anstellung im Civildienst aufgehoben würde. Aus finanziellen Gründen indessen ift dieses nicht angängig. Der Gesezentwurf be- hränkt sich daher darauf, lediglich für diejenigen Pensionäre eine Besserung des bisherigen Verhältnisses anzustreben, welche , von dem- selben am härtesten betroffen werden, und zwar die aus der Charge der ret teE und Second-Lieutenants hervorgegangenen. Wie bereits für die Personen der Unterklassen durh die bisherigen Geseßesvorscriften als maßgebend für die Kürzung der Pensionen be- stimmte Einkommensgrenzen festgestellt sind, unabhängig von dem früheren pensionsfähigen Diensteinkommen, ebenso wird hier durch den Entwurf cine Erweiterung der bisherigew Grenze für die Lieutenants auf 3000 6 jährlih beabsichtigt.

__— Der Präsident des Hauses der Abgeordneten, Wirkliche Geheime Rath von Köller begeht morgen scinen siebzigsten Geburtstag. :

In der Steuerreform-Commission des Hauses der Abgeordneten wurde gestern Abend die zweite Lesung des Grgänzu ngsfsteuergeseßes beendet, indem fast durhweg die Beschlüsse erster Lesung in der von der Nedactions-Commission vor- geschlagenen Fassung bestätigt wurden. Das Geseß im ganzen wurde [ließli mit 22 gegen 5 Stimmen (2 Nl., 2 Dfr. und 1 Centr.) angenommen. Am Freitag beginnt die Commission die zweite Berathung des Ueberweisungsgeseßes. ,

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

L LDesterretWaUngarn:

„Die für Herkünfte aus deutshen Häfen der Ostsee, sowie aus belgischen, niederländischen, französishen und deutschen Häfen der Nordsee angeordnet gewesene siebentägige Quarantäne (vergl. „N.-A.* Nr. 208 vom 3. 9., Nr. 209 vom 5. 9., Nr. 213 vom 9. 9., Nr. 224 vom 22. 9. und Nr. 227 vom 26. 9. 1892) ist laut Verfügung der Kaiserlih und Königlichen Seebehörde zu Triest dur eine eide ärztliche Untersuchung erseßt worden, die auch auf Herkünfte aus den französishen Häfen des Mittel meeres ausgedehnt ‘ist. Gegen Herkünfte von der Elbmündung bleibt die siebentägige Quarantäne aufrecht erhalten.

E / O SaLien.

Zufolge eincr sanitätspolizeilihen Verordnung vom 9. Februar 1893 tritt bezügli der Provenienzen aus den französischen Häfen des Mittelmeers die Verordnung vom 11. November 1892 wieder in Kraft, wonach die aus folhen Häfen kommenden Schiffe sich im ersten italicnishen Ankunftshafen einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen haben, und die Einfuhr gebrauhter Gegenstände ohne vorherige Desinfection verboten is. (Vergl. „N.-A.“ Nr. 270 vom 14. No- vember 1892.)

L : Spanien.

___ Infolge des Auftretens der Cholera in Marseille is dur eine in der „Gaceta de Madrid“ veröffentlihte Königlihe Ordre vom + 9. Februar 1893 bestimmt worden, daß alle Herkünfte, welche Mar- feille nah dem 24. Januar d. J. verlassen haben und in Spanien nah dem 9. Februar eintreffen, in den Quarantänehafen zu fenden sind. Alle Häfen, welche weniger als 165 km von Marseille, das als „verseucht“ erflärt ift, entfernt sind, werden als „oleraverdächtig“ angesehen. : \ 1 Portugal.

Zufolge ciner am 10. Februar 1893 im „Diario do Governo“ veröffentlichten Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern wird der Hafen von Marseille für „choleraverseucht“ erklärt.

N j Egypten. ___ Der Gesundheitêrath zu Alexandrien hat eine fünftägige Quaran- tâne, cinshließlih der ÜUeberfahrtsdauer für die Herkünfte aus Mar- seillé, vorgeschrieben.

\ j Cholera.

Oesterreih-Ungaru. In Galizien haben, wie in den „Veröffentlihungen des deutshen Kaiserlichen Gesundheitsamts" mit- getheilt wird, in der Zeit vom 22. Januar bis 4. Februar zwei Todes- fälle infolge von Cholera stattgefunden. Der eine ereignete sich am 22. Januar in der am Zbrucz gelegenen Gemeinde Skala (Bezirk Borszczow), der andere am 30. Januar zu Kociubince (Bezirk Husiatyn). In Budapest gelangten nach Mittheilung des „D, österr. Sanitätöwesens“ vom 22. bis einshließlich 27. Januar acht Erkrankungen, sechs Todesfälle zur Anzeige, vom 28. Januar bis 3. Februar 14: 9. Außerhalb Budapests sind in Ungarn drei Cholera- fälle festgestellt worden.

Niederlande. Laut amtlicher Mittheilung hat in den Nieder- landen während der Woche vom 15. bis 21. Januar ein Todesfall infolge von Cholera zu (Nordbrabant) stattgefunden.

Rußland. Laut Meldung® vom 30. Januar sind zufolge den leßten, aus den einzelnen Gouvernements Russish-Polens eingegangenen amtlihen Nachrichten keine weiteren Cholerafälle daselbst festgestellt worden. „D. österr. Sanitätswesen“ vom 9. Februar theilt mit, daß in den am Zbrucz hart an der österreichishen Grenze gelegenen Gemeinden Podoliens die Cholera-Epidemie fortdauert und fort- während. Todesfälle veranlaßt.

__ Arabien. Ueber die Einschleppung der Cholera in Kamaran liegen den „Veröffentlihungen des deutschen Kaiserlihen Gefundheits- amts“ nähere Nachrichten vor: Am 5. Januar langte daselbst der Dampfer „Adana“ aus Hodeïdah mit 1727 Passagieren und entlassenen Soldaten an. Nach ihrer Ausschiffung kamen am 9. Januar in dem arer ¿wei verdächtige Todesfälle vor; am 12. Januar wurde Cholera in zwei Fällen festgestellt. Vom 9. bis 14. Januar betrug die Anzahl der Erkrankungen und Todesfälle elf bezw. fünf; u: a. erkrankten von den Quarantänewächtern zwei und starb einer. Vom 15. bis 19. Januar zählte man 21 Erkrankungen, neun Todesfälle in der 3., 2 : 2 in der 5. Abtheilung des Lazareths. Die zuerst eingetretenen Erkrankungen betrafen Soldaten aus Taizz-Zebin. Neuerdings wurden weitere Ankünfte entlassener Soldaten aus Yemen angekündigt. Der Gesundheitsrath zu Konstantinopel hat daher beschlossen, an die P orte eine Vorstellung zu rihten, um die Ausf fung holeraerkrankter Sol- daten auf Kamaran, wo schon jetzt iffe mit Pilgern ankommen, hinfort zu verhüten. Um eine Uebertragung der Cholera auf die Pilger und den Ausbruch einer Epidemie im dias während der Pilgerfahrt zu verhindern, hat der Gesundheitsrath empfohlèn, für die Soldaten die Quarantänestation in El Wedj nzuridtäie

Verkehrs-Anstalten.

: n Berlin find na tli i Î J 4 F fi s amtlichen Ansehreibangen im Jahre 189

ohlen auf den i an Las f Wasserstraßen eingeführt 1270 284 t Steinkohlen und

829 923 Braunkohlen.

Dies ergiebt gegen das Vorjahr cine Abnahme von 62 100 t

fenbahnen un

Steinkohlen und eine Zunahme von 51395 t Braunkohlen.

An der Steinkohlenzufuhr nahmen theil:

Schlesien mit 1078 338 t, Sachsen mit 7591 t, Westfalen mit 78 266 t, England mit 196 089 t, E

während an der Versorgung Berlins mit Braunkohlen betheiligt waren : das Inland mit 647254 t, ö das Ausland mit 182 669 t.

Der Verbrau deutsher Braunkohlen, der 1880 nur 153 833 b betrug, ist seitdem um 320,7 9/9 gewach}en, wogegen die Zufuhr böhmischer Braunkohle, die 1880 die inländische überflügelte (153 975 t), in der- ganzen Zwischenzeit nur um 18,6 °/ zugenommen hat.

An der Gesammtzufuhr an Stein- und Braunkohlen, die tur Jahre 1892 mit 10705 t gegen | diejenige des Vorjahres zurückblieb, war die deutshe Braunkohle betheiligt : | |

1880 mit 11,3%, 1881 mit 13,8 %/o, ‘1882 mit 15,2 9/6, .1883 mit 17,6 9%, 1884 mit 19,3 9%, 1885 mit 19,9%», 1886 mit 21,9 9%, 1887 mit 22,2 9/0, 1888 mit 23,3.%, 1889 mit 24,1%, 1890 mit 25 9/0, 1891 mit 27,9% und im Jahre 1892 mit 30,8 9%.

Kiel, 15. Februar. (W. T. B.) Nach amtlicher Mittheilung nehmen die deutshen Postdampfer vom 16. Februar ab die Fahrten Kiel—Kors ör wieder auf. Der Abgang von Kiel wird bis auf weiteres Vormittags zwischen 8 und 9 Ühr, nah Ankunft des Zuges 52 erfolgen. s __ Bremen, 16. Februar. (W. T. B) „Noxrddbeutsccher Lloyd“. Der Reichs-Postdampfer „Oldenburg“ hat am 15. Fe- bruar Vormittags die Reise von Antwerpen nah Bremen fort- geseßt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm 1.“ is am 15, Februar Vormittags von Genua via Gibraltar nah New-York abgegangen. Der Schnelldampfer „Werra“, nach New - York bestimmt, und der Postdampfer „Salier“, ron New-York kommend, haben am 15. Februar Dover passirt. Der Schnelldampfer „Trav e“, von New-York kommend, hat am 15. Februar Morgens Lizard passirt. Der Postdampfer „Weser“, vom La Plata kommend, ist am 15. Februar Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Trave“, am 7. Februar von New-York abgegangen, ist am 15. Februar Nachmittags in Southampton angekommen.

Hamburg, 15. Februar. (W. T. f Hamburg-Ameri- kfanishe Paetfahrt - Actien - Gefellschaft. Der “Post- dampfer „Bavaria“ hat, von New-York kommend, heute früh Lizard passirt. Der Postdampfer „Thuringia“ if, von Hamburg kommend, heute in St. Thomas angekommen.

Theater und Musfik.

Thomas- Theater.

Die Wiener Gäste führten gestern Abend als zweite Gabe des Nestroy-Cyklus die vieractige Gesangéposse , Einen Jux will er sih machen" zum ersten Male auf und hatten bei einem zahl- reichen, beifallsfreudigen Publikum mit diefem anspruchslosen Erzeug- niß übermüthigster Laune einen nit geringeren Erfolg, als mit dem „Lumpacivagabundus". Die abenteuerlichen Erlebuifse des zur Feier der Hochzeit seines Principals zum Compagnon heraufgerückten Handlungsdieners Weinberl mit dem aus demselben Anlaß zum Commis beförderten Lehrjungen Christopherl, die zusammen in der benachbarten Hauptstadk\sih einen „Jux* machen wollen, bilden den Inhalt des harmlosen Stücks. Keck giebt Weinberl ih für den Gatten einer jungen, hübschen Wittwe aus, führt sie mit ihrer Freundin in ein Wirthéhaus, wo er sich der Bezahlung der Zeche dur die Flucht entzieht, weil seine Mittel für die Ansprüche der beiden Damen nit ausreichen, und gelangt endlich nach manerlei Irrfahrten wieder zurück in das Haus seines Chefs, wo er nur mit Mühe der Gefahr entgeht, als ein Einbrecher festgenommen zu werden, und wo s{ließlich das glücklihe Spiel des hilfsbereiten Zufalls- auch die junge Wittwe wieder erscheinen und ihm die Hand zum ewigen Bunde reichen läßt. Die gut eingeübte Vorstellung ließ nichts zu wünschen übrig und wurde stellenweise mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Befonders gelang es den Herren Müller und Grünefker, in den Rollen des 803A gege Weinberl und des Lehrjungen Christovherl viel

eiterkeit zu erregen. Auch fanden sie beide Gelegenheit, si als gewandte Coupletsänger zu zeigen. Als Gewürzkrämer Zangerl und als Hausknecht Melchior machten außerdem um den Erfolg der Auf- führung die Herren Kneidinger und M entl sih verdient. Die verren wurden von den Damen Jolly und Gra felly bestens unterstüßt. :

F

E i Sing-Akademie.

„Fräulein Alice Barbïi gab gestern einen Lieder - Abend, für welchen sie Arien von Scarlatti, Martini, Monsigny (1600—1700), Lieder von Franz, Brahms und Schumann, sowie einige franzöfifche Lieder von Bizet und Massenet zum Vortrag gewählt hatte. Eine fleine Indispofition schien den Klang ihrer fonst fo klaren und frischen Stimme beeinträchtigt zu haben. Der lebendige und warm empfindende Bortrag begeisterte jedoch wie immer die Zuhörer zu rausenden Beifallsbezeugungen, sodaß die liebenswürdige Künstlerin noch einige

Zugaben gewährte. : Saal Bechstein. Gestern Abend gab der Pianist Herr Alfred Sormaun cin Concert, in dem er an fklassishen und modernen Musikstücken feine tadellose Technik und sein feines musikalisches Gefühl aufs neue be- wies. Zum Vortrag gelangte Bach's Toccata in D-moll und Beethoven's E-dur-Sonate op. 109, deren Stimmungsgebalt der Vor- tragende mit klarem Verständniß wiedergab. Von neueren Con- positionen heben wir Chopin's Impromptu Fis-dur, Moszkowski'g „Etincelles*“ und Liszt's Polonaise E-dur hervor, die gleihmäßig sauber in eigenartiger Erfafsung und darum wirkungsvoll zw Gehör gebracht wurden. Der Concertgeber wurde dur die Sängerin Fräulein Adelina Herms sehr angenehm unterstügt. Di Dame besißt eine {öne Mezzosopranstimme und verfügt über eine ursprüngliche Vortragsweise voll Anmuth und Wärme. Drei „Rofsen- lieder*, Compositionen des Concertgebers, {ienen fehr zu gefallen ; in Liedern von Rubinstein, Brahms, Taubert, Gounod und Schmidt bewics das Organ „der Sängerin vielseitige Ausdrucksfähigkeit und der Vortrag Tiefe der Empfindung. St. Matthäi-Kirche.

L „Zum Besten des unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden „Deutschen Frauenvereins für Krankenpflege in den Colonien“ gab Frau*Anna Goldbach gestern ein Concert. das sehr zahlreich besucht war. Nach der Toccata (D-moll) von Bas, die Herr Dr. Reimann auf der Orgel vortrug, folgte das Gngel-Terzett aus „Elias“ von Mendelssohn, das von drei kunstgeübten Dilettantinnen : der Frau Ober-Appellationsgerihts-Rath Mohrdiek, Frau Oberst Köppen und der Frau Director Dr. Klee fehr empfindungsvoll vorgetragen wurde. Daß in dieser Kirche die denx Gesange fo günstigen L feblen, bietet den Stimmen mancke Schwierigkeiten. Frau Goldbach (Mezzosopran), deren Stimme in den Tönen der Rae rien Octave einen sehr metallenen Klang hat, die jedoch in der Intonation nicht ganz sicher ift, sang eine

rie aus „Samson“ von Händel und eintge Campe von Heß, Mozart, Stollbrock und A. Becker mit sehr warm empfindender Ausdrucksweise. Auch die Damen Mohrdiek und Köppen erfreuten

noch dur den sehr gelungenen V “aus M Die Contraaltistin Frau De Klee, die lhon df er e fbiges t milden Zwecken gewidmet hat, sang mit seh | Di und tief ergreifender Wärme des Ausdruck3 deu «Herr, ih traue auf Dich*, von W. Stade.

(bekannt dur die Verbrei

D Altenbung Au det Gèee eutschland). u Ul t De. eta ts E R i einigen fehr des

ngen hervor. Zum Toncert Herrn

Sololei hor bewies hierin große Präcision d

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virtuos vollen rauendor des Vereins unter des Nusikdirectors ge eert den Pfalm „Der it me chôr.