daß der Cultus-Minister niht genügend Kenntniß hat; er will dem Minister Aufklärung geben, da bedauerlicher Weise die Abgg. Stöcker und Freiherr von Wackerbarth der Megierung die nothwendige Belehrung niht zu theil werden lassen. Er will cine Arbeit darüber abfassen und sie dem Herrn Minister über- reihen. Die Waffen und das Rüstzeug des Herrn Schwenn- hagen werden aus derselben Rüstkammer entnommen sein, aus der der Abg. -Dasbah sein Nüstzeug entnommen hat. Es wäre gewagt, wenn ih dem Haufe zumuthen wollte, hier ein Concilium über die Frage des Talmud zu halten. Wahrscheinlich versteht der Abg. Dasbah vom Talmud u. #. w. ebensoviel wie ih, nämlich garnichts. Ich habe die anerkannten Autoritäten vorgeführt ; was der Abg. Dasbach hier auf Grund des \chlechtesten Materials vor- gebracht hat, wird, wena +2 au dem Centrum genügt, doch draußen nicht genügen; Professor Strack wird dem Abg. Dasbach Thon entgegentreten. Dr. Eder hat den verahteten Juden Briemann als Lehrer benußt. Das hat der Abg. Dasbach selbst verlesen. Was hat denn die ganze Streitfrage für einen Werth in Bezug auf die jüdische Moral ? Wagt der Abg. Dasbach zu bçhaupten, daß die Lehren des Talmud noch heute gelehrt und beahtet werden? Ich hoffe, daß die Fractionsgenossen die heterische Nede des Abg. Dasbach nicht unterschreiben werden. Dem Papst Benedict X1V. kann man eine ganze Reihe von Päpsten gegen- überstellen, welche die Juden geshüßt haben. Der Abg. Dasbach hat es über jih gewonnen, fogar den Feldmarschall Grafen Moltke für seine antisemitische Anschauung anzuführen. Ich will Ihnen zeigen, wie der Abg. Dasbah mit den Thatsachen umgeht. Graf Moltke hat eine Schrift im Jahre 1882 geschrieben über die Verhältnisse der Polen, worin auch von den vollen Juden die Nede war, aber das war nihts weiter als cin Auszug aus einer damals erschienenen Schrift. Die Zeitschrift „Vom K els zum Meer* brachte einen Abdruck dieser Schrift mit Weglassung der Stellen über die Juden, und „Das Volk“ behauptete, der jüdische Professor Kürschner habe diese Stellen absichtlich weggelassen. Kürschner be- zeugte aber, daß Graf Moltke seine Genehmigung zum Abdruck nur unter der Bedingung ertheilt habe, daß die Felten Stellen ge- strichen würden. Graf Moltke hat sih dieser Aeußerungen als reifer Mann geschämt. Der deutshe Geist und die deutshe Cultur wird stark genug sein, um solche Hetereien zu überwinden.
i Auf eine Anregung des Abg. von Oerßgzen - Bromberg erklärt
der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bo sfe, daß er nichts dafür thun könne, daß die Altlutheraner sih als lutherische Kirche Preußens bezeichnen könnten. Die Altlutheraner seien in einer schwierigen Lage gewesen, aber durch die General- concession von 1845 sei die Sache geordnet; wenn die aus der evangelischen Kirche ausgeschiedenen Altlutheraner sich lutherische Kirche nennen könnten, würden allerlei Vermögensansprüche u. #. w. wieder aufwachen und die evangelishe Kirche würde verleßt werden, denn sie sei auh berechtigt, sih als lutherische “Kirhe zu betraten. (Zu- stimmung.)
Abg. von Plettenberg (cons.): Der Abg. Dauzenberg hat dem Evangelishen Bunde vorgeworfen, daß seine Hauptaufgabe die Vebe gegen die katholische Kirche sei. Dagegen muß ih als Mit- glied des Bundes Verwahrung einlegen. Wenn man im Centrum, wie aus den Neden der Abgg. Porsh und Freiherr von Heereman hervorgeht, den "Frieden will, so stimmen wir vom Evangelishen Bund dem zu; aber wir wollen au von fatholisher Seite unseren evangelischen Stand- punkt geachtet sehen. Auf dem Katholifkfentage zu Mainz hat ein
Wetterbericht vom 20. Februar, 8 Uhr Morgens.
(Tomponisten.
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Bar. auf 0 Gr.|
Berga. Teglaff. bild von arrangirt
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Wind. Wetter.
Stationen.
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red. in Millim.
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Mullaghmore | Aberdeen | Christiansund | Kopenhagen . | Stockholm . | Haparanda ; St Petersburg Moskau . Cork, Queens-
On; ¿ 750 Cherbourg . | 753 Debet, .. -| 7089 T, l 04 Hamburg . . | 754 Swinemünde | 754 Neufahrwasser| 755 Memel 755
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74 Uhr.
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3 wolkig 2|bededckt 2 \bedeckt 6 bededckt 2/Schnee ill |woltig 1 Schnee 1 [Schnee
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als Gast.) Mittwoch : Wildschüt; ,
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Sudrafka.
758 Karléruhe . . | 757 Wiesbaden . | 756 München . . | 758 Chemniy .. | 756 E. C04 2RNegen Wet. 758 |W 1 |Neb Breâlau .. | 754 [WSW 1Negen
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Der Geizige.
1) Nachmittags, Nachts Regen. 2) Nachmittags, Nachts Regen und Schnee. #) Nebel. 4) Nebel.
Uebersicht der Witterung.
Das barometrischc Minimum, welches gestern süd- westlih von Irland lag, hat sih nordwärts fort- gepflanzt, während eine Furche niedrigen Luftdrucks über Norddeutschland lagert, sodaß an der Oftsce- füste schwahe östlihe und nordöstlihe Winde mit s Temperatur, im Binnenlande westliche und üdwestlihe Winde mit milder Witterung und viel- fah Regenfall vorherrschend sind. In Deutschland, wo fast überall Niederschlag gefallen ist, 1 das Wetter trübe, im Nordwesten stark neblig; in den nordöstlichen Gebietstheilen ift wieder leihter Frost eingetreten. Memel meldet —b Grad. Im deutschen Binnenlande liegt die Temperatur 1 bis 74 Grad über dem Mittelwerthe und ebenso viel über dem
Gefrierpunkt. Deutsche Seewarte.
Clémencean.
Dicnstag : Operette in Musik
in 9 Dellinger.
s i Residenz-Theagter. Direction : Sigmund Lauten-
Dienstag: 1 Act von August Strindberg. Zum 62, M Biquet, Schwank in 3 Acten von Deutsch von Max Schönau. Sigmund Lautenburg. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Gläubiger. Hierauf: Familie Pont-
burg.
Theater - Anzeigen. Königliche Bchauspiele, Dienstag: Opern-
haus. Mit aufgehobenem Abonnement. Auf Aller- höchsten Befehl: Zum Besten der unter dem Protectorate Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden „Frauenhülfe für Armen-Kranken- pflege“. — Bastien und Bastienne. Singspiel in 1 Act von Wolfgang Amadeus Mozart. Dirigent: Kapellmeister Sucher. — Cavalleria rusticana
Hierauf :
Viguet.
(Vanern - Ehre) unter persönliher Leitung des 4 i Oper in 1 Aufzug von Pietro M ßKroll's Theater cagni. Text nah dem gleihnamigen Volks\ück von In Scene gesezt vom Ober - Regisseur Slavische Brautwerbung. Emil von P. Hertel. Brahms.) Dirigent: Musikdirector Hertel.
Schauspielhaus. unb der Liebe Wellen. zügen von Franz Grillparzer. In Scene gescßt vom Ober-Negisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. Opernhaus. oder:
in 3 Acten, frei nah August von Musik von Albert Lorßing. In Scene Ober - Regisseur
Komische Oper
Kapellmeister Sucher.
Schauspielhaus. 53. Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des altindischen In Scene geseßt vom Ober-NRegisseur Yeax Grube. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Dienêtag: Zwei glüct- liche Tage. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Der Talisman.
Donnerstag: Zwei glückliche Tage.
L O Berliner Theater. Anfang 7 Uhr.
Mittwoch: Das Käthchen von Heilbroun. Donnerstag: Der Hüttenbesigtzer.
F Lessing-Theater. Dienstag: Anfang 7} Uhr.
Mittwoch: Heimath.
Donnerstag: Eine Palastrevolution.
Wallner-Theater. Dienêtag: Anfang 7#& Uhr. Mittwoch: Der Fall Clémenceau. Donnerstag: Der Probepfeil.
Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25. Die schöne Helena. 3 Acten von Meilhac und Halévy. von Jacques Offenbach. Kapellmeister Federmann. Mittwoch: Zum 1. Male: Don Cesar. Operette Acten von
In Vorbereitung : (Champignol malgré lui.)
Bene des Centrums von der Entscheidungs\{chlacht ¿wischen rotestantiêèmus und Katholizismus,. die auf märkishem Sande eschlagen werden solle, ¿erode Wir wollen uns nicht bla, wir wollen aber unseren Besißstand niht \{mälern lassen. Wir freuen uns diefes aufgedrungenen Kampfes nicht. Ich bitte die Katholiken, die Einfluß und Macht haben, daß der milde und ver- söhnlihe Standpunkt der Abgg. Porsh und Freiherr von Heereman platgreife bei allen Katholiken.
Abg. Dasba ch (Centr.) erklärt, daß er nur in scinem Namen gesprochen, niht im Namen der Partei. Ecker hat bei dem gericht- lichen Gutachten die Hilfe Briemann's niht benußt; erst bei cinem späteren Werk, das er zu feiner Nechtfertigung geschrieben habe, habe er Briemann veranlaßt, ihm Beweise für seine, Briemann?s, Be- hauptungen zu bringen.
Abg. Rickert (dfr.): Nachdem der Abg. Dasbach erklärt, daß er nur in seinem Namen gesprochen habe, habe ih kein Interesse, die Debatte weiter zu führen und überlasse dem hohen Hause das Urtheil.
Abg. Freiherr von Wackerbart h (cons.) weist darauf hin, daß er bereits im vorigen Jahre dieselbe Anfrage über den Inhalt der jüdischen Lehrbücher gestellt habe; er sei niht durch einen gewissen Schwennhagen dazu veranlaßt worden. Der Abg. Rickert habe die ganze Frage zur Discussion gestellt. Herr Strack urtheile über Rickert, daß er die Sache mit meisterhafter Unkenntniß und Un- geshicklihkeit vertreten habe.
Abg. Bachem (Centr.): Von den Katholikenversammlungen und vom Centrum is niemals gegen die evangelische Kirche gehetzt worden. Wir haben gegenüber dem Evangelischen Bund keinen fatbolishen Bund gegründet, sondern lediglich damit geantwortet, daß wir cinen deut- schen fatholishen Bund zur Bekämpfung der Socialdemokratie gegründet haben. Auf der Mainzer Katholikenversammlung habe ih das Wort von der Schlacht im Märkischen Sande gesprochen; aber ih habe nur einen Geisteskampf dabei im Auge gehabt. Das is nach unserer ganzen Vergangenheit gar nicht anders möglih. So lange der Evan- gelishe Bund sich auf diesem Boden bewegt, werden wir den berechtigten Standpunkt der Herren anerkennen; den Herren, die unseren Standpunkt kennen, brauche ih diefe Versicherung nicht erst abzugeben. Soweit protestantishe Kirchen existiren, existirt nirgends ein fo positiver Glaube, wie in Deutschland, und die deutshen Katholiken bemühen \ich, es den anderen Katholiken an Opfermuth gleihzuthun. Der deutsche Protestantismus ist n och eine Confession. Die beiden Confessionen müssen sih mit geistigen Waffen bekämpfen, nicht mit materiellen Mitteln. Dieser Kampf gehört also nicht in dieses Haus hinein, Mit wenigen Aus- nahmen, die ih tadele, versuhen wir nur, Sie zu überzeugen. Den großen Aufgaben der Jetztzeit gegenüber würden wir energischer vor- gehen, wenn wir im Glauben einig wären; wollen Sie das Streben nah einem einheitlihen Glauben verwerfen, wenn wir versichern, daß wir keine materiellen Mittel anwenden? Dieser Ausfpruh von der Schlacht auf dem märkishen Sande rührt ur- sprünglih nicht von mir, sondern von dem Bischof Ketteler her — eben wird mir gesagt, daß er von dem englischen Cardinal Wiseman herrührt, der selber während eines großen Theils seines Lebens Protestant war. Es wird darüber geklagt, daß in einer Versammlung gesagt worden sei: „Katholisch is Trumpf!“ Das Wort mißbillige ih, und es ist auch von uns nicht weiter ge- tragen ; es ist mit den Versamtmlungsberichten begraben worden. Sie könnten ruhig unfere fatholischen Generalversammlungen besuchen: es wird dort nichts gegen den evangelishen Glauben Gestade, wir kämpfen nur für unseren Glauben. Wenn der Abg. von Plettenberg einen Gegensatz
as- Frau Moran - Olden.
Moran-Olden.) Anfang 7 Uhr. Tans- Mittrwooch : Musik componirt und (Mit Einlagen von J. Anfang
Graeb.
92. Borstellung. Des Meeres Trauerspiel in 5 Auf-
(Hero: Frl. Barsescu, ; e / | Debillemont und C. A. Raida.
46. Vorstellung. Der | 5 ; ; Stimme der Natur. Welt in achtzig Tagen.
Die
Tetlaff. Dienstag: Zum 11. Male:
Anfang 7 Uhr.
Dirigent :
als Gast.) Anfang 7F Uhr. Mittwoch: Tosca.
Königs
E Zum 38. Male:
3 Acten von Horst und Stein. Weinberger. Binder. Dirigent : militär. Evolutionen im Gundlach.
Die Sirenen-Jusel.
& Esther. Regel. Musik von R. Mader.
Dienstag:
meister Herrn L. Gundlach. Anfang 7# Uhr.
Heimath.
G. Steffens. Anfang 7 Uhr.
Der Fall
Komische | Graselli,
Dirigent: Herr | Iohann Nestroy. Anfang 7 Uhr.
Oskar Walther. Musik von R.
Geöffnet von 12—11 Uhr.
Tragikomödie in Regie: Hans Meery. amilie ont- lexandre Bisson. In Scene geseßt von
Gläubiger.
ale :
Georg Liebling.
Die beiden Champignol. Karl Meyder-Concert.
Dienstag : Norma.
Gastspiel von Sgra. Emma Nevada. Lucia von Lammernmoor. (Lucia: Sgra. Nevada.)
Victoria-Thegter. Belle - Alliancestraße 7/8. Dienstag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. ; stattungs\tück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) von A. d’Ennery und Jules Verne. irt vom Balletmeister C. Severini. Anfang 7# Uhr. Mittwoch und folgende Tage: Die Reife um die
Ueues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). : Tosca. in 4 Acten von Victorien Sardou.
Theater Unter den Linden. Dienstag: Lachende Erben. Musik JInscenirt durch den artist. Leiter Ed. Kapellmeister A. Ferron. 3. Uct arrangirt von L.
Vollständig neue Ausftattung an Deco- rationen und Kostlimen, — Hierauf: Zum 59. Male: Ballet in Der choreogr. Theil von Jos. Haßreiter. Inscenirt dur den Ballet- ch (Sensationeller Erfolg.)
Mittrooch: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Zum 59, Male: Modernes Babylon. E A in 3 Acten von Ed. Jacobson und (i Couplets theilweise von G. Görß. In Scene geseßt von Adolph Ernst.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Dienstag: Gesammt - Gastspiel des Wiener En- semble unter Leitung des VDirectors Franz Josef Nestroy - Cyclus, Einen Jux will er sich machen. osse mit Gesang in 4 À
Anfang 7F Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Ausftellungs - Park (Lehrter Bahnhof).
Concerte.
Sing-Akademie. Dienstag, Anfang 8 Uhr: Concert von Mathilde von Barnekow (Alt) und Lilli Marsala (Sopran), unter, gütiger Mit- wirkung des Herzoglich Sächsischen Hofpianisten Herrn
Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Dienstag: + Unsang 7 Uhr. Ouv. „Egmont“ von Beethoven.
zwischen der Rede des Abg. Porsch und den Katholikenversam ; Mainz construiren will, so hat er vergessen, daß der Abg. E Man den Mors geführt hat. Von Seiten einzelner Perionen des Evange, lishen Bundes gehen allerdings Agitationen aus, die bedenklich find, Solche Agitationen würden bei uns nit geduldet werden: wix wollen keine solhe Heße. Es ist bedauerlich, daß von Seiten der Leitung des Evangelischen Bundes nicht mäßigend auf \solhe Leute eingewirkt N: Ein Segen für das deutshe Vaterland kann aus dieser Hens nicht entstehen. Unser Ziel ist Friede, nicht Kampf. Mit diese, Worten des Abg. von Plettenberg kann ich ebenfalls chließen. Hier kann gerade das Einigende der Confessionen hervortreten. Die ganze Socialpolitik kann“ gemacht werden von allen christusgläubigen Politikern gemeinsam, ohne daß das Trennende der Theologie iur Geltung kommt. . : :
Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. Dr. Freiherr von Heereman das Wort.
Der Bericht über die 47. Sißung des Reichstags vog Sonnabend befindet sih in dexr Ersten Beilage.
— Die Wahlreformcommission des Hauses der A be geordneten trat heute in die dritte Berathung der Vorla ein. Die Vorbesprehungen zwischen den Vertretérn der Parteien, die nah Abschluß der zweiten Lesung stattgefunden, haben zu einer Ver, ständigung unter den Parteien geführt. Es wurde heute der erste Theil - des § 1 mit einem einstimmig genehmigten Antraa des Abg. Dr. Arendt wie folgt angenommen: „Für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten werden die Urwähler na Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden directen Staats-, Gemeinde- Kreis-, Bezirks- und Provinzialsteuern in drei Abtheilungen getheilt. Nicht zur Anrechnung gelangen hierbei die den Betrag von 2000 überstcigende Staats-Cinkommensteucr, sowie dieden Staats-Einkommen- steuersäßen von mehr als 2000 A entsprechenden gemeindlicen Einkommensteuerzuschläge.“ Es folgt nun in dem Compromif;- Vorschlage folgender Absaß: „Für jede niht zur Staats-Einkemmen- stener_ veranlagte Person is an Stelle der Staats-Einkommensteuer cin Steuerbetrag von 4 / in Ansaß zu bringen.“ Gegen diesen Absatz erklärte sih der Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg. Es knüpfte sich an diesen Widerspruch eine lebhafte Debatte, die wegen des Beginns der Plenar- sißung abgebrohen wurde. Eine Abstimmung soll erst morgen herbei- geführt werden.
Kunst und Wissenschaft.
Der Geheime Ober-Medizinal-Rath Professor Dry. du Bois- Reymond ist, wie der „Nat.-Z." berihtet wird, von der medizinisdhen Akademie zu Brüssel zum Ehrenmitgliede ernannt worden.
— Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet Mittwoch, den 22. d. M., im großen Saal des Arichtektenhauscs 8 Uhr Abends einen Fachabend für Buchdruck, an dem eine Reihe hervorragender typographischer Leistungen hiesiger und qaués- wärtiger, namentlich Münchener Druereien ausgestellt sein werden. Als Reserenten werden die Herren Professor E. Doepler d. J, Buch- druckereibesißer Grunert und Hermann Hoffmann sprechen.
(Fortschung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilaae.)
Phantasie aus „Der Maskenball“ von Verdi. „Die Schlittshuhläufer" Walzer von Wald- teufel. Phantasie aus „Carmen“ von Bizet. Fant. brillantes aus „T1 Trovatore“ für die Violine von Alard (Herr Carnier). „Nachklänge aus dem Ziller- thal“ für Piston von Hoch (Herr Steffens).
Saal Bechstein, Linkstraße 42. Anfang 7F Uhr: Concert von Leopoldine von
Gastspiel von Flotow.
(Norma: Frau
Großes Aus-
Ballet arran-
Musik von | Cixcus Renz (Carlstraße.) Dienstag, Abentt 74 Uhr: Große brislante Vorstellung.
Ein Künstlerfest. “F
Große Ausftattungs - Pantomime vom Hofballet- meister A. Siems. Mit überraschenden Licht- und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt vom Director Franz Renz. Costume, Neqguisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge- fammten Personals. Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch uiemals gesehener Blumencorso. — Außerdem u. a.: Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. — 4 arabische Voll- blut-Schimmelhengste, in Freiheit dressirt und vor- geführt vom Director Franz Renz. — Grande Quadrille de la haate équitation, geritten von 6 Damen und 6 Herren mit 12 der besten Schul- pferde. — Gebrüder Trevally, hervorragendste Akro baten der Gegenwart. '
Mittwoch, Abends 74 Uhr: Große Vorstellung mit neuem Programm und Ein Künstlerfeft.
Familien-Nachrichten.
Verlobt: Frl. Magdalene Sternberg mit Hrn, Pastor Georg Sterbanie (Selchow bei Thärsdor] Derßog). — Frl. Mathilde Beck mit Hrn. Prem.-Lieut. Hoefer (Kosel). — Frl. Wanda BVaas mit Hrn. Gutsbesißer Hans Josch (Breslau— Neukirch). : Geboren: Ein Sohn: Hrn. Archidiakonus Neu- macrker (Apolda). — Hrn. Prem.-Lieut. Wol! (St. Avold). — Hrn. Hauptmann Friy von enb (Oldenburg). — Eine Tochter: ry Marx Frhrn. von Puttkamer (Zartenthin). — Hrn. Nechtéanwalt und Notar Zinzow (Neustettin). Hrn. Eugen von Knappstaedt (Rybnik O.-S.). Gestorben: Fr. Appellationsgerihts-Rath Bertha Lemmecr, geb. Sack (Berlin). — Pr Bao em. A. Dieckmann (Stettin). — Frl. Carolîne von Ahlefeld (Preetz). — Fr. Ernestiñé Freifrau yon der Goltz, geb. von Domhardt (Berlin). — Hrn. Oberlehrer Dr. Paul Perlewiß Sohn Bruno (Berlin). — Hr. Major a. D. Rudolph v. Falken- Plachecki (Berlin). — Hr. Siegfried Graf Franken- erg (Breslau). — Verw. Fr. Rittergutsbesiße Emilie Gemander, geb. Lucas (Czerwionla), — Hr. Amtsgerichts-Rath Dr. Emil (Breslau).
„ Schauspiel (Frl. Barkany
Operctte in von Carl
Die
I A Don D.
W. Mann/städt. Musik von
cten von
Lange
i J
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: —— Verlag der Expedition (Scholz).
Dru der Norddeutschen Buchdruckerei und Verla(# Anstalt, Berlin Lu Wilhelmstraße Nr. 32-
Sieben Beilagen
(cinfckließli% Börsen-Beilage).
(2886)
¿Stradella * von
E A L tenstaa,
Spira (Gesang) und Minette Wegmann (Klav.).
geworden ist.
zuni Deutschen Reichs-
M 44.
Erste Beilage
Berlin,
Rüben-Verarbeitung sowie Einfuhr und Ausfuhr von
Deuts ch
im Monat
es Reich.
Januar 1893.
Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
Montag,
den 20, Februa
1893.
Zucker im deutschen Zollgebiet
BVBexwaltungse Bezir ke,
(Steuer-Directiv-Bezirke.)
Zahl der Zucker- Fa- briken,
die Nüben verarbeitet haben.
Einfuhr von ausländischem Zucker in den freien
Verkehr.
Verarbeitete Nüben-
Raffinirter| Zucker.
mengen.
[Nohzuker.
E
Ausfuhr von inländishem Zuker der Klasse :
r a. | Di | c. |
| des Geseßes vom 31. Mai
Preußen. Ostpreußen E Westpreußen Brandenburg M E U Sa Schleswig-Holstein Hannover z Westfalen Hessen-Nassau Rheinland
Summe Preußen
Bayern Sachsen : Württemberg Baden Desen L. Mecklenburg Thüringen Oldenburg Braunschweig Anhalt Lübeck . Bremen Hamburg : Elsaß-Lothringen . Luxemburg
Ueberhaul.
Hierzu in den Monaten August bis Dezember 1892
Zusammen August 1892 bis Januar 1893 In demselben Zeitraum des Vorjahres
*) Die Abweichung von der vorjähri
100 kg |
9 800 36 799 94 935
120 900 993 010 872 932
125 902
241 148
netto,
3 800 30 229
19 099
2 050
2 091 426 42 905 95 240 35 585
3 000 194 776
117 318
13 91
48 167|
| |
837 E )» ))
350 4 424
88 796 C1 307 6 D
19 034 150 355|
2 664 646 95 083 083 5 098
2 446
9 939
3 1 854 573| 1 009 262 20697
Berlin, im Februar 1893.
Kaiserliches Statistisches Amt.
Deutscher Reichstag. 47. Sizung vom Sonnabend, 18. Februar, 1 Uhr.
Die zweite Berathung des Etats Fnnern wird fortgeseßt.
des Neichsamts des
Ueber den Beginn der Verhandlungen haben wir bereits
in der Sonnabend-Nummer berichtet.
Nach dem Abg. Dr. Barth, der zu Titel 16 über den Neichs- zushuß für die auf Grund des Jnvaliditäts- und Alters- versicherungsgeseßes zahlbaren Renten gesprochen hat, nimmt das
Wort der
Staatssecretär Dr. von Boetticher: Der Herr Vorredner hat zunächst an mich die Frage gerichtet, ob die Erwartungen, die rücksichtlich der Zahl der Invaliden- und
Altersrenten
in der Vorlage der verbündeten Regierungen über das
Alters- und Invaliditätsgeseß ausgesprochen sind, \ih erfüllt haben.
Ich kann in dieser Beziehung
fagen,
daß an Altersrenten
ein kleines Mehr gegenüber dem Voranschlage si herausgestellt hat, daß dagegen die Anträge auf Bewilligung von JInvaliditätsrenten erheblih zurückgeblieben sind hinter den gehegten Erwartungen. Ich nehme an, daß dieses Minus wesentlich damit zusammenhängt, daß die Wohlthat des Alters- und Invaliditätsgeseßes noch nit in dem erwünschten Grade den betheiligten Kreisen der Bevölkerung bekannt
ganze Reihe von Invaliden giebt, Geseßes zu theil werden haft mit der Gesetzgebung haben. gewiesen, welhe bei der Ausführung der
bisher
Ich habe Grund zu der Annahme, daß es noch eine denen die könnte, die
Wohlthat diefes aus Unbekannt- niht gestellt
aber Anträge
Der Herr Vorredner hat auf gewisse Schwierigkeiten hin-
Vorschriften des Gesetzes
entstehen können, und er hat andererseits die Besorgniß ausgesprochen, daß die Belastung des Reichs, vermöge gewisser Mängel, die die geset- lihen Vorschriften an sich tragen, eine über das Maß des Erträg-
lihen hinausgehende werden könne. ih nah den bisherigen Erfahrungen,
Diese die 10: auf: eine ebr
Besorgniß halte
kurze Zeit sih erstrecken, und auf Grund derer man kaum ein zu- treffendes Urtheil sih bilden darf, für niht begründet. Wir nehmen an, daß wir bei der Vorsiht, mit der unsere Nehnungen aufgestellt
sind, im wesenklichen das Nichtige getroffen, Befürchtung nicht zu
gegriffen haben, und daß die
jedenfalls nicht zu niedrig hegen
ist, als oh cin Mehr, gegenüber dem Voranschlage aufzuwenden fein
werde.
Daß die Erkennung und Feststellung der Invalidität im Einzel- falle außerordentlih shwierig sein kann, ist zuzugeben. In etwas sind die Schwierigkeiten dadur vermehrt worden, daß gegenüber der Vor- lage der verbündeten Regierungen die Invalidität im § 9 des Ge- seßes anders bestimmt ist, als wie es die verbündeten Negierungen be- absichtigten, und zwar, wie ih glaube, nicht zum Vortheile des invaliden Arbeiters. Es wird eine Frage fein, welche wir, wenn wir an eine Correctur des Gesetzes herantreten, zu erwägen haben werden,
zurückzugehen.
ob es nicht wohlgethan ist, auf den früheren Vorschlag der Regierung Daß das Interesse des Arbeiters, wie der Hérr
Vorredner annimmt, nicht bei der Feststellung der Invalidität in ausreihendem Maße gewahrt sein sollte, fürchte ih nit. Allein,
97 747 729| 7544 94 426 674] 19 057
von Scheel.
des Arbeiters zu sorgen.
nicht Frage zu wirken im
füglih an thr vorzulegen, ob nun stande wäre,
einen localen Charakter an
über den
rihten der Alters- giebt sich zu meiner Thatsachen, die darauf länger destomehr nicht
großen
der Arbeiter vorzuschlagen.
herantritt ,
und ob neigung, die sih in dieser Petition zeigt, eine baldige Aufhebung des Gesetzes in Aussicht zu nehmen fei. meinen, daß die große Zahl der Unterschriften den Herrn Vorredner doch nit sehr zu erschüttern geeignet sein sollte ; denn, uieiñe Herren, wie Unterschriften unter Petitionen zu stande kommen, “ das weiß doch im Jahre des Heils 1893 jedes Mitglied dieses Hauses. Wir nehmen ja auch theil an Ihren Verhandlungen und machen uns gern auch Ihre Erfahrungen zu nute. der Herr Vorredner aus dem Umstande, daß diese Petition eigentlich fich trägt, sie sih verbreitet hat, hat, die Schlußfolgerung ziehen, daß die Auffassung über das Gesetz in anderen Theilen des Deutshen Neihs doch eine andere sein muß, als sie in dieser Petition ausgedrückt ist. lihe Erfahrungen unterrichtet, wie diese Petition und ihre zahlreichen Unterschriften zustandegekommen sind; aber was man mir darüber mit- getheilt hat, spriht niht gerade dafür, daß es so ganz reinlih und zweifelsohne dabei hergegangen ift.
Wie dem aber auch sein möge, meine Herren, es fehlt denn doh auch nicht an Aeußerungen großer Zufriedenheit aus anderen Districten des Deutschen Reichs über das Geseß und seine Wirkungen; es fehlt niht an der Warnehmung, daß Districten, in denen man das Kleben den Arbeitgebern abgenommen hat, keine Klagen mehr über das Geseß zu Tage treten. und Invaliditätsversicherungsanstalten er- Freude eine hinweisen, daß allein gewinnt, und da, wo, wie ih vorhin sagte, die Erhebung der Bei- träge auf anderem Wege, durch die Krankenkassen, geschieht, \pürt man gar nicht mehr ‘eine Belästigung dur diese Beiträge, man empfindet sie gar niht mehr, sondern man sieht sie, ebenso gut wie die Abführung der Steuern, als etwas Selbstyerständliches an.
Die Regierung wird daher auch selbst bei größerer Entschlußfähig- keit, als der Herr Abg. Barth sie ihr beimißt, chwerlich dazu übergehen, eine Aufhebung des Gesetzes über die Invaliditäts- und Altersversicherung Aber auch, wenn der Herr Abg. Dr, Barth mehr Aussicht hätte, als er selbst avynimmt, in diesem Hause oder bei den Regierungen mit seinem Vorschlage auf Aufhebung Erfolg zu erzielen, so glaube ich, würde er, wenn angesichts der Schwierigkeiten , eines folhen Gesetzes, welches so tief eingreift in die. Verhältnisse
243384 197 019 ra (d
96 236 *) 90 610
2 097 957| 1 206 281| *) 2 630 053/1101 959
gen Uebersicht beruht auf nahträglih eingegangenen Berichtigungen.
meine Herren, Sie wissen ja, daß bei dieser Feststellung au Ver- treter der Arbeiter zugezogen werden, und die Aufgabe dieser Personen wird es vorzugsweise sein, für eine Berücksichtigung der Interessen
Der Herr Vorredner hat nun des weiteren sich über die fo- genannte Nürnberger Petition verbreitet und hat gemeint, man könne bei der kolossalen Zahl von Unterschriften, die diese Petition trägt, vorbeigehen,
ohne sich ernftlich die wirkli das Gese segensreih niht gegenüber der Abh-
Meine Herren, ih follte
(Zuruf.) — Sodann aber follte doch
wenn auh der Kreis,
einen ziemlih weiten Umfang
Ich bin nicht durch persön-
namentlich in allen denjenigen
Aus den Be-
ganze eihe von das Geseß sih je-
einlebt, sondern auch Freunde
er ernstlih an die Aufgabe die die Beseitigung
der Bevölkerung und welches meines Erachtens, ohne einen Nehtsbruh zu begehen, überhaupt nicht aufgehoben werden kann, haben müßte, den Versuh sehr bald aufgeben. Er- würde sich bald mit dem Ge- danken befreunden, daß es besser ist, alles zu thun, um der Bevölke- rung das Geseß schmackhaft zu machen und alles zu vermeiden, was namentlich die Abneigung, welche hier und dort noch besteht, zu nähren vermag. Ich bin fest überzeugt, daß wenige Jahre hingehen werden, dann wird man sich so ausgesöhnt haben mit dieser Maßregel, daß man die damit verknüpfte Last, wie ih {on vorhin sagte, als eine durchaus selbstverständliche ansieht.
Abg. v. Shals\cha (Centr.): Die Unternehmer, namentlich in der Landwirthschaft, stehen dem Geseß doch nicht ganz mit sympa- thishen Gefühlen gegenüber. Wenn sich das Geseß ohne Rechtsbruch nicht abschaffen läßt, so läßt es sich doch ohne Rechtsbruch ändern, und eine solche Aenderung , die beide Theile befriedigt, muß ange- strebt werden; ih kann dem, was der Abg. Dr. Barth gesagt hat, nur zustimmen. In Schlesien und Posen herrscht allgemein eine große Mißstimmung über das Geseg. Es müßte facultativ gemacht, es müßte jedem Arbeiter überlassen werden, sich diese Rechte zu sichern oder niht. Zufrieden sind mit dem Gese nur die Alten, welche die Früchte des Gesetzes genießen, ohne etwas dafür geleistet ‘zu haben ; unzufrieden sind die Jungen, welche zu zahlen haben ohne Aussicht, daß für fie etwas dabei herausshauen wird. Eine Abänderung würde von der großen Mehrzahl der Bevölkerung freudig begrüßt werden.
Abg. Bebel (S0) Lir befinden uns in der eigenthümlichen Lage, ein Gesetz vertheidigen zu müssen, welches wir seiner Zeit abgelehnt haben. Eine Aufhebung des Geseßes ist einfah undenkbar ; folhe Forderung aufzustellen, ist ungeheuer- billig, aber es wird dadurch für die Sache nichts gewonnen. Der Widerspruh gegen das Gefeß in Bayern ist ganz erklärlih. Das Geseß legt dem Unter- nehmer Lasten auf, wofür er eine directe Gegenleistung nicht empfängt; die Opposition gegen das Geseß erklärt sich alfo überall, niht bloß in Bayern, sehr leiht. Der Vertreter Nürnbergs hat mit uns gegen das Gesetz gestimmt, er wird aber troß der 24 000 Unterschriften aus seinem Wahlkreis für die Aufrechterhaltung eintreten. Ausnahmêweise stimme ich mit dem Staatsfecretar Dr. von Boetticher darin überein, daß die Erwerbung des Invaliditätsanspruhs durch das Gesetz außer- ordentlich ershwert," nicht, wie der Abg. Dr. Barth meint, erleichtert worden „ist, Die Bezüge sind so klein und die Bedingungen für die Feststellung der Jnvalidität so shwer, daß thatsählich noch zahlreiche Fnyaliden „vorhanden sind, welche die E nicht wahr- genommen haben, die das Geseß ihnen giebt. Ein besonderes Ab- shreckungsmittel liegt in der Vorschrift, daß die Möglichkeit, z des Verdienstes gewöhnlicher Tagearbeiter zu verdienen, die In- validisfirung ausschließt. Selbst die hohe Nente der obersten Lohnklasse bleibt ja wesentlich hinter den berechtigten Ansprüchen zurü, weil die wirklichen Löhne niht mehr die Unterlage bilden ; die hochgelohnten Arbeiter haben also gar kein Interesse, sh zu den Wohlthaten des Geseßes zu drängen. Der Staats|ecretär Dr. ben Boetticher urtheilt abfällig über die Art, wie die Unter- schriften zu Petitionen zusammengebraht werden. Wie denkt er denn über die Unterschriften unter den Petitionen für die Militär- yorlage? Die gesammelten Kapitalien sollen nach neueren Erlassen auch angelegt werden für Unternehmungen, welche zur Erleichterung der Er- rihtung von Arbeiterwohnungen vorhanden sind oder ins Leben treten. Wir halten diese Anlegung für sehr bedenklich. Wir sehen in den Arbeiterwohnungen leine Wohlfahrtseinrihtung für die Arbeiter, sondern das Gegentheil einer solchen : ein Mittel, die Arbeiter an die Scholle zu fesseln und unselbständig zu machen. Wie sehr wir mit diefer Anschauung im Nechte sind, dafür beziehe. ih mich auf die für die Arbeiterwohnungen der Nähfadenfabrik in Göggingen be- stehende Wohnungs- und Hausordnung. Die darin értbältenen Be- stimmungen [ind fo drückend für den Arbeiter, indem sie “ihm das Kündigungsreht nehmen, andererseits ihn jeden Augenblick auf die Straße zu seßen erlauben, daß fie eine vollständige Sklaverei cin- führen, eine Zuchthausordnung darstellen. Ebenso verhält es ih mit den Bestimmungen, welche die Harpener Bergwerksgesellschaft erlassen hat. Eine Verwendung der Gelder für die Invaliditäts- und Alters- versicherung in dieser Richtung können wir also nur ganz entschieden mißbilligen. Klagen über die Handhabung des Geseßes werden von Arbeitern namentlich darüber erhoben, daß eine einmal zuetkannte Rente im Wege der höheren Instanz wieder herabgeseßt oder aberkannt werden kann. Darin liegt eine folche Benachtheili- gung der Geschädigten, daß hier auf eine Aenderung der gesetz- lihen Vorschriften Bedacht genommen werden muß. Weitere Klagen gehen von den Arbeitern aus, welche mit den von ibnen er- hobenen Ansprüchen auf Altersrenten abgewiesen wurden, während sie nah Lage der Acten durchaus in der Lage waren Invalidenrente verlangen zn können, aber von der Behörde darauf nicht aufmerksam gemaht wurden. Auch hierfür follten generelle Vorschriften in das Gejeß aufgenommen werden. Unglaublih er- scheint es, daß im Privatbetriebe und selbs in Reichsverwaltungen, wie im Marine-Departement, die Alters- und Juvalidenrentner ent- lassen oder deren Löhne um den Betrag der Rente gekürzt werden. Es wird auch hiergegen von Geseßeêwegen eine bindende Vorschrift erlassen werden müssen mit Strafandrohung gegen die Unternehmer, welche aus Egoismus und ¿Froltgler solhe ungeseßlihen Lohn- kürzungen vornehmen. Schließlich verlangt Redner die Ausdehnung der Vorschriften des Geseßes auf die Hausindustrie.
Staatssecretär Dr. von Boetticher :
verr von Schalscha ist leider augenblicklich niht im Hause, ih wollte ihm auf seine Bemerkungen erwidern, wie ih zugebe, daß der jugendlihe Arbeiter im allgemeinen die Beiträge, die ihm für die Alters- und Invaliditätsversicherung abgefordert werden, niht gerne zahlt, daß er darüber verstimmt ist. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Jugend sehr wenig an die Folgen des Alters und der Gebrechlichkeit denkt, daß sie nur wenig Empfindung für die Wohl- that hat, welhe darin liegt, daß ihr die Sicherheit gewährt wird, “demnächst im Alter versorgt zu sein. verr von Schalscha hat weiter berihtet, daß die Verstimmung gegen das Alters- und Invaliditätsgeseß weite Kreise au in seiner Provinz erfaßt habe. Jch kann demgegenüber nur wiederholt darauf ver- weisen, daß, wie sih aus den uns vorliegenden Berichten und zahlreichen Aeußerungen ergiebt, das Geseh fortgeseßt Freunde gewinnt und daß auch da, wo ursprünglich eine sehr lebhafte Gegnerschaft sich gezeigt hatte, das Verständniß für das Geseß zunimmt.
Der Herr Abg. Bebel hat nun an mi die Frage gestellt, ob generelle Vorschriften darüber erlassen seien, wie die Versicherungs- anstalten die bei ihnen eingehenden Gelder anlegen follen, und hat in längerer Ausführung darauf hingewiesen, daß seiner Meinung nah es - unzulässig sei, die Gelder dazu zu verwenden, daß man Unterstüßungen gewährt in Form von Darlehen zum Bau von Arbeiterwohnungen. Die gestellte Frage kann ih mit Nein beantworten. Es sind generelle Vorschriften darüber.