1893 / 52 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

L tate iner Er E B ter dia Bete ‘ie e

: i mmmstratte R p o 2116lt der Eisenbahnverwaltung zu den administrativen Beamten bezüglich

etatêmäßig. Wenn die Aussichten fo hlecht seien, dann würden ch die Leute hüten, in den Staatsdienst einzutreten. Denn die echnifer verschwänden nach und na aus allen höheren Stellen. Die Juristen gewönnen die Oberhand, die jüngsten Assessoren seien im Betrieb8amt oft Vorgeseßte von Baumeistern, die hon ihr Examen emacht gehabt hätten, als der Assessor noh auf dem Gymnasium ge- féfsen 2 Bir brauchten nothwendig eine neue Vrganijation der Efsenbahnverwaltung, aber wenn den Beamten verboten werde, darüber zu schreiben, außer in folchen Zeitschriften, die unter der Censur des Ministers ständen, wohin solle das führen? Er wünsche, daß bei der Neuorganifation die Techniker den Juristen vollständig gleichgestellt würden. Denn unfere Eisenbahnen fönnten nur gedeihen, wenn Leute mit prafktischem, weitem Blick an die Spitze kämen und zwar auh in jüngeren Jahren; denn nach dem fünfzigsten Jahre könnten sie niht mehr leisten, was ein junger Mann leisten könne. Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen: Mit dem leßten Motto des Herrn Vorredners kann id mi ; 2 : : R E v Tanllgon Nils einverstanden erklären, mit einer ganzen Reihe fciner fonstigen Aus führungen nit, weil sie meines Erachtens niht auf richtigen that- fächlihen Grundlagen beruhen. Schon mein Herr Amts®vorganger hat si bemübt, das ungünstige Verhältniß, in dem die Techniker in

ibrer Anciennität und bezüglih ihrer Rang- und Gehaltsverhältnisse stehen, zu bessern. Auf diesem Wege bin ih ihm gern gefolgt und es fann gar keine Rede davon fein, daß seitens des Ressortchefs mit irgend einer Voreingenommenheit gegen die Techniker verfahren wird. Aber, meine Herren, die Verhältnisse liegen fo , daß eine große Anzahl von Technikern , Baumeistern bei den Auéführungen oder Vorbereitungen von Bauten gebraucht werden, während dagegen in der eigentlichen Eisenbahnverwaltung sowohl bei den Betriebsämtern wie auch in noh höherem Grade bei den Directionen die Stellungen, in denen Techniker mit Vortheil zu verwenden sind, verhältnißmäßig gegenüber denen, in welchen Ber- waltungsbeamte zu verwenden sind, abnehmen. Die Eisenbahn- verwaltung is nicht in der Lage, allein deswegen, um den Technikern ein besseres Fortkommen zu verschaffen, nunmehr die Stellungen, die eine juristische und allgemein volkswirthschaftliche Ausbildung erfordern, lediglih mit Technikern zu beseßen; €s würde das nicht im wohlver- standenen Interesse der Eisenbahnverwaltung und niht im wohlver- Ftandenen Interesse des Staats sein. A Wenn der Herr Abg. Wallbrecht beha"ptet hat, bei den Betriebs- ämtern wären etwa sieben Achtel der Geschäfte technische, so beweist er damit, daß er die Nerhältnisse bei den Betriebsämtern nicht kennt. Das ist durhaus nicht der Fall; im Gegentheil, es find auch bei den Betriebsämtern die allgemeinen Verwaltungsgeschäfte rect erheblich, und bei den Directionen überwiegen dieselben die technischen Geschäfte an Umfang in noh höherem Grade. Es find aber troß alledem, um den Technikern ein besseres Fortkommen in der Eisenbahnverwaltung zu verschaffen, sowohl von meinem Herrn Amtsvorgänger wie von mir eine ganze Reihe von Stellen, bei denen es zweifelhaft fein kann, ob sie zweckmäßig durh Techniker oder Verwaltungsbeamte besetzt werden, überwiegend durch Techniker beseßt worden. Ich gestatte mir, hier aus einer Nachweisung kurz dafür Beweise beizubringen. 4 Es sind im Jahre 1892/93 77 administrative Directionsmitglieder gegenüber 46 bautechnishen und 19 maschinentechnischen, also [4 tech- nische gegenüber 65 administrativen. Es standen an der Spiße der Betriebsämter im Jahre 1392/93 23 administrative Betriebs-Directoren gegenüber 52 bautechnishen. Hier hat sich also in der leitenden Stellung der Betriebsämter seit äúFahren ein großer Umschwung zu Gunsten der Betriebs-Directoren vollzogen. Es ist die Gesammtzahl der Präsidenten, der Directionsmitglieder und Betriebs-T irectoren zur Zeit: 129 administrative und 130 technische, darunter 111 bautehnisce und 19 maschinentechnishe. Bezüglich der Mitglieder der Betriebs- ämter stellt ih das Verhältniß fo, daß im Jahre 1889/90 ich habe leider die Zahlen von 1892/93 nicht hier fie werden aber jedenfalls den Techuikern nicht ungünstiger sein, 190 administrative, 451 bautehnishe und 176 maschinentehnische sind. Die Stellen der Bauinspectoren und Maschineninspectoren find natürlich fsämmlt- li durch Techniker beseßt. Es geht also daraus hervor, daß die Staatseisenbahnverwaltung bemüht gewesen ist, den technischen Gliedern der Verwaltung in steigendem Maße den Zu- gang zu den höheren und auch zu den leitenden Stellen der Staats- eisenbahnverwaltung zu eröffnen. : 5 Der Herr Abg. Wallbreht hat dann gesagt, es _bestche zwischen technischen und administrativen Beamten der Staatseisenbahn- verwaltung ein klaffender Zwiespalt. Auch dieser Behauptung muß ih entschieden widersprechen ; ein derartiger Zwiespalt besteht aller- dings bei verschiedenen Leuten in der Berwaltung, aber in der Allge- meinheit, wie der Herr Abgeordnete dies ausgesprochen, besteht dieser Zwiespalt nicht. Wenn dieser Zwiespalt bestände, so würde er meines Erachtens sehr beklagenswerth fein und sehr beklagenswerthe Folgen nah \ich ziehen. Y Gott fei Dank, ift das nicht der Fall ; sowohl in den Betriebsämtern wie in den Directionen ganz abgesehen von der Centralverwaltung besteht ein, Ausnahmen natürlich abge- rechnet, durhaus collegiales Nerhältniß zwischen administrativen und tehnischen Beamten. Von einem „Andiewanddrücken“ der Techniker fann überhaupt nit die Rede sein; im Gegentheil, nit ohne Grund beklagten sich die administrativen Beamten in den leßten Jahren, daß sie den Technikern in vieler Beziehung nachgestellt werden. (s ift dies auch insofern ganz richtig, als die Aussichten der administrativen Beamten gegenüber der Vergangenheit in der Eisenbahnverwaltung eben durch die den Technikern zugewendeten Bortheile viel \{hlechter

ç ; ; tf: ç ; Va L Cont atv Uin. 5 «of tese Prü iner- geworden sind, und es besteht viel mehr die Besorgniß, daß es untew | wird. Nichtsdestoweniger bin ih aber bereit, diese Prüfung met

diesen Umständen {wer werden wird, in Zukunft tüchtige administra- tive Beamte heranzuziehen als tüchtige technishe Beamte zu gewinnen. Nichtädestoweniger verkenne ih mit dem Herrn Abg. MWallbrecht durch- aus nicht die Nothwendigkeit, bei der Berathung der der Eisenbahn- verwaltung in Zukunft zu gebenden Organisation auch diesem Punkte

die ernsteste Aufmerksamkeit zu widmen und auch in der Organisation -

Fürsorge dafür zu treffen, daß Licht und Schatten für beide Glieder der Verwaltung möglichst gleihmäßig vertheilt werden.

Wenn der Herr Abg. Wallbrecht zum Vergleiche herangezogen hat die Forstmeister und die Bergbeamten, so trifft der Vergleich nicht zu; denn, wie ih vorhin schon ausgeführt habe, ist factis bei der Eisenbahnverwaltung ein großer Theil der Geschäfte rein administrativer Art, ein anderer nicht unbeträchtlicher Theil von Beamten beider Gattungen wahrnehmbar. Meine Herren, zu den- jenigen Geschäften, bei denen es an und für sih zweifelhaft sein kann,

ob fie der administrativen oder der technishen Vorbildung zufallen,

Betriebsverwaltung bringt weder der administrative technische Beamte zur Zeit die erforderlichen Kenntnisse in ausreichen- dem Maße mit. Es bedarf hierzu einer besonderen Ausbildung. Seit einer Reihe von Jahren wird abweichend von der Gepflogenheit, der ein Theil der Privatbahnen in früheren Jahren gefolgt ist, die Leitung des Betriebédienstes in der preußischen Staatseisenbahnverwaltung den Technikern, und zwar den Bautechnikern, übertragen. Es unter-

bildet werden kann, der Maschinentechniker aber vielleicht die besten Vorkenntnisse mitbringt. Der Herr Abg. Wallbrecht hat es dann ferner mit bitteren Worten beklagt, daß ein Unterschied bezügkih der Umzugskosten, sowie der Versorgung der Wittwen und Waisen gemacht werde zwischen den administrativen und den technischen Beamten. J beklage mit ihm, daß in der Beziehung Härten unvermeidlih find, welhe auch nit immer dur das Wohlwollen der Vorgeseßten ausgeglihen werden fönnen: aber diese Härten beruhen auf dem Gese. Der Eisenbahn- Minister ist gar nicht in der Lage, in der Beziehung anders zu ver- fahren, als das Gese ihm vorschreibt. Wenn nun {ließli der Abg. Wallbrecht über die Beschränkung gesprochen hat, die angeblich den Technikern seitens des NRessort- Ministers auferlegt sein foll in Bezug auf den Ausspruch ihrer eigenen Meinung in der Presse, so ist der Herr Abg. Wallbreht niht richtig informirt worden. Es haben allerdings in früheren Zeiten derartige Bestimmungen bestanden, sie sind aber meinerseits ausdrüctlich aufgehoben worden. Wer heute die Presse, nicht bloß die technische, sondern auch die Tagespresse, die politische Presse perlustrirt, wird fehr häufig weitläufigen Ausführungen begegnen, die von keinem anderen geschrieben sein können als von Eisenbahntechnikern. Diese Ausführungen sind mir manchmal unbequem, auch mitunter irrig und unangemessen gewesen, ih habe sie aber ruhig entgegengenommen, weil ich der Meinung bin, daß ein freies offenes Wort in der Eisenbahnverwaltung sehr wohl am Playe ist, “und 5 weil die ganze Eisenbahnverwaltung in ih so gegliedert ist, daß fie ein der- artiges offenes Wort recht wohl vertragen fann. i Ich habe meiner- seits keinerlei Hinderniß dieser freien Meinungsäußerung enkgegen- gesetzt; es ist das auch seitens der Budgetcommifsion bei den be- treffenden Verhandlungen ausdrücklich anerkannt worden. / Fm übrigen hoffe ih mit dem Herrn Abg. Wallbrecht, daß die Reform der Staatseisenbahnverwaltung, wie sie auch demnächst aus- fallen möge, der Staatzseisenbahnverwaltung und dem Lande zum Heile gereichen und dazu beitragen möge, ein ersprießliches Zusammen- arbeiten aller Glieder der großen Verwaltung zu fördern. | (Bravo !) Abg. Sch midt - Hohenzollern (Centr.) erinnert den Minister, daß Hohenzollern auch zu Preußen gehöre, und bittet ihn, eine Verbindung von Hechingen und Sigmaringen mit den württembergischen Cisen- bahnen herbeizuführen. Mit Nücksiht auf die Finanzlage sei dies vorläufig abgelehnt worden. Aber Preußen brauche nicht felbst zu bauen, fondern nur an Württemberg eine Unterstützung zu geben, daß dieses bauen könne. Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Meine Herren! Ich bedauere lebhaft, daß ih den sehr beweg- lihen Worten des Herrn Abg. Schmidt keine entgegenkommendere Antwort zu theil werden lassen kann. (Oh!) Ich würde mich sehr freuen, wenn es möglich fein würde, bald im Hohenzollernschen Lande das Eisenbahnneß weiter auszuführen, als es zur Zeit ist. Allein abgesehen von den Gründen, die bereits der Herr Abgeordnete mite getheilt hat, liegt ein Haupthinderniß darin, daß bis jeßt, wenigstens soweit uns amtlih bekannt it, die württembergishe Staatsregierung sich weigert, die erwähnten Ergänzungen des Cisenbahnnebes im Hohenzollernschen Lande auszuführen. Sollte das der Fall fein, was der Herr Vorredner angedeutet hat, daß nämlich die württembergische Negierung in dieser Beziehung neuerdings zu anderen Auffassungen gekommen wäre, was uns noch nit mitgetheilt worden it, 10 würde ja die Sachlage sich dadurch günstiger gestalten. Wenn aber der Herr Abgeordnete meint, daß von den 353 Millionen , die angeblich der Eisenbahnverwmaltung noch zur Verfügung stehen , einige Milliönchen im Hohenzollernshen Lande eine gute Anwendung finden könnten, fo hat der Herr Abgeordnete wohl überfehen, daß diese 353 Millionen leider nicht mehr zu haben, sondern durch Gesetz festgelegt find. Abg. Dr. Lotichius (b. k. F.) empfiehlt dem Minister den An- {luß der Rheinhäfen an die Eisenbahn ; besonders der Hafen in Oberlalnstein und der neue Hafen unterhalb der Loreley entbehrten noch eines solhen Eisenbahnanschlu}jes. / Minister der öffentlihen Arbeiten DYLCLei; D Meine Herren! Der Hafen, der an der Loreley angelegt wird, ist ein 9othhafen, der in erster Linie dazu bestimmt ist, den Schiffen bei Eisgang oder Hochwasser dort eine Zuflucht zu gewähren. Als eigent- licher Umschlagshafen is dieser Hafen niemals betrachtet worden. Es fann aber nun do kommen, daß in der Zeit der Winterlage die Schiffe dort lösen müssen, oder aus anderen Ursachen die Ladung aus den Schiffen herausgebraht wird. Nun hat die Cisenbahn- verwaltung gegen die Verbindung von Umschlagspläpen mit dem Schienenneß an und für sich keine grundsäygliche Bedenken, Hier liegen aber die Verhältnisse ganz ausnahmêwei]e ungünstig. Das Berbindungsgeleise von diesem Hafen zur nächsten Station würde ziemlih lang werden. Außerdem ist zur Bedienung auf den Nachharstationen eine Maschine nicht vorhanden. Es würde also von ziemlich weit her die Maschine erst herangeholt werden müssen. Unter diesen Umständen ist es mir zweifelhaft, ob die meinerseits angeordnete weitere Prüfung der Frage zu ciner den Wünschen der betreffenden Interessenten entsprehenden Lösung führen

seits mit allem Wohlwollen stattfinden zu lassen. 2)

Abg. von Puttkamer- Treblin (cons.) danft dem Minister dafür, daß er einen Nachmittagszug von Berlin über Stettin und Stolpe nah Danzig eingelegt habe; aber die Fahrgeshwindigkeit auf dieser Linie sei viel geringer, als auf andéren Linien; deshalb wünsche man allseitig die Einrichtung eines Schnellzugs, der gute Anschlüsse an die Secundärbahnen habe, und eine Abkürzung der Haltezeiten auf den kleinen Stationen, die nur im Interesse der Bahnhofsrestau- rationen vorhanden zu sein schienen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die Zeit ist der Einführung von neuen Schnell- zügen augenblicklich niht ganz günstig, aber einen Theil der Be- schwerden des Herrn Vorredners erfenne ih an sih als gerechtfertigt an. Es dauert auf manchen Zügen ret lange, che man von Hinter- pommern nah Berlin kommt. Wir sind daher auch bemüht, in der Beziehung eine Besserung innerhalb der jeßigen Zahl der Züge eintreten zu lassen, und hoffen, . daß zum Sommer-

noch der ‘daß namentli ein Zug eine erhebliche Abkürzung bis zu 60 Minuten

wahrscheinlih erfahren wird.

Was nun den guten Rath betrifft bezüglih der Ersparnisse, so bin ich ja für jeden guten Rath sehr dankbar, aber er muß ausführbar sein. Er is aber in diesem Falle nicht ausführbar, weil wir unsere Fahrpläne so einrihten müssen, daß sie für alle Fâlle aus- reichen. Die Züge sind meistens gemishte Züge und

liegt keinem Zweifel, daß für diesen Dienst auch ein Jurist ausge- | der Aufenthalt auf den Stationen muß so vorgesehen sein,

daß man innerhalb desselben die Güterwagen aus- und einfeten fann; wenn wir nun keine Güterwagen zum Ausfeßen haben, fo ist der Aufenthalt auf der Station überflüssig lang; wenn aber Güter- wagen ausgeseßt werden müssen, fo reiht der Aufenthalt knapp aus. Wir können nun keinen veränderlihen Fahrplan publiciren in den Kursbüchern, sondern einen festen, und der muß für alle Fâlle aus- reichen. Also mit dem guten Nath ist es in dieser Beziehung nichts. Fm übrigen aber ist esallerdings richtig, daß wir thunlichst sparen. Das Sparen ist eine sehr schöne Sache, wenn es Dritte betrifft; wenn aber ge- spart roerden foll mit dem, was das eigene Interesse betrifft, so begegnen wir auf Schritt und Tritt dem allergrößten Widerstand. Ih will nun nit behaupten, daß das auch bei dem Herrn Vorredner der Fall ift; aber ih möchte do hier anführen, daß gerade die Ersparnisse, die die Eisenbahnverwaltung im letzten Jahre und nach Einschränkung des Personendienstes sih bemüht hat einzuführen, die allerschärffte Kritik beim Publikum gefunden haben. Die Staatseifenbahnverwaltung steht bis jeßt aber auf dem Standpunkt, daß sie diese Kritik ertragen muß vie 0 mande andere, und val E ur Zeit nit irre machen läßt, solche Züge, die dur ihre geringe Frequenz unrentabel erscheinen, die aber auch nit als folhe Züge anzusehen sind, die trotz ihrer geringen Frequenz für die betreffenden Landestheile unentbehrlich sind, einzustellen. Auf diesem Standpunkt müssen wir meines Erachtens beharren, fo lange die finanziellen Ergebnisse der ZStaatscisenbahnverwaltung niht wieder erheblich günstiger find. Hoffentlih is das in nicht zu ferner Zeit der Fall; augenblicklich kann ih zur Einlegung neuer Schnellzüge auf Strecken, wo solche bis jeßt nicht bestehen, nicht die Hand bieten. Abg. Halberstadt (dfr.) weist auf die vielen Brände hin, die durch Funken der Locomotiven bei der Trockenheit des vorigen Sommers entstanden seien; die Eisenbahnverwaltung wolle immer noch nicht das Patent anwenden, das auf den österreichischen und anderen Staats- bahnen für die Nauchverbrennung angewendet werde. Redner weist ferner darauf hin, daß die Bahnhofsgebäude der Strecken Hirschberg— Schmiedeberg und Hirschberg—Peterödorf—Landesgrenze hon jeßt nit mehr ausreichend seien für den Soinmerverkehr. : / Abg. von der Acht (Centr.) empfichlt dringend eine Unnände- rung des Bahnhofs in Neuß, deren Nothwendigkeit die Regierung selbst hon anerkannt habe; der Minister _ sollte für die Aufstellung des Neubauprojects die Wünsche der Handelskammer in Neuß einfordern. Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zwei Punkte zur Sprache gebraht und daran eine Reihe von Beschwerden geknüpft. Zuerst ist es der Umbau des Bahnhofs Neuß. Der Umbau des Bahnhofs Neuß wird einen Kostenaufwand von 10 bis 12 Millionen er- fordern. (Hört ! hört!) Meine Herren, Sie werden gewiß mit der Staatseisenbahnverwaltung darüber einverstanden sein, daß ein der- artiges Umbauproject auf das sorgfältigste erwogen wird; und in dieser Erwägung stehen wir mitten drin und suchen zu er- mitteln, ob die Bedürfnisse, die der Umbau befriedigen soll, niht auf etwas billigere Weise befriedigt werden können. Wir sind auch fehr gern bereit, mit der Stadt und der Handels- fammer in der Beziehung in Verbindung zutreten, in der Hoffnung, daß die Stadt ihrerseits auch bereit is, zu den Kosten etwas beizu- tragen. Davon haben wir aber bis jeßt nichts gehört, (Heiterkeit) obwobl die Stadt dur das Umbauproject große Vortheile erhält, indem die bisherigen Niveau-Uebergänge dadurch beseitigt werden. Ich würde also es gerne hören, wenn auf Anregung des Herrn Vorredners in der Handelskammer vielleicht die Stadt Neuß fi entschließen würde, auch ihrerseits zu dem Projecte etwas beizutragen; wir würden dann um so bereitwilliger ihren Nath hören. A

Was nun den zweiten Punkt betrifft, so find es Klagen, die sich an den neuen Güterbahnhof Köln-Süd knüpfen. Die Staatseisen- baßnverwaltung hat es für ihre Pflicht gehalten, dem Bahnhof vor» läufig in seinen Gleisanlagen keine größere Auédehnung zu geben, als das Bedürfniß es erheischt, und diefe Ausdehnung besißt der Bahnhof Süd; wir können unseren Betrieb, wie er zur Zeit besteht und wie er vielleiht noch in den nächsten SFahren bestehen wird, bewältigen. Sollte das aber niht mehr zutreffen, so könnten zunächst die ver- pachteten Lagerpläße zu Betriebszwecken herangezogen werden. Wir haben uns aber auch ferner insofern vorgesehen, als wir as Terrain zu einer Erweiterung besitzen. Wir können also dem Ve- dürfniß entsprechend mit der Erwoeiterung der Anlagen auf Mien Bahnhof jeder Zeit vorgehen. Zur Zeit besteht ein derartiges Be- dürfniß aber niht. Dasselbe fann au nicht dadurch erwiesen werden, daß in einer Zeitung eine Notiz steht, wie sie der Herr Abgeordnete vorgelesen hat. Jch bin daher auch, so lange das Bedürfniß nicht anderweit festgestellt ist, niht in der Lage, bezüglich der Erweiterung des Bahnhofs Süd dem Herrn Abgeordneten irgentwelhe Zusagen zu machen. A i

9 L i . k. F.): Klagen der Techniker gegenüber den E e U e Mrbete Abg. Berger mehrsach E gegeben ; das Haus hat ihm nicht widersprochen , weil Mus ie Klagen bercchtigter waren als jeßt. Was von Beschwerden, jeßt noh vorgebracht wird, geht über das Ziel hinaus, oder bewegt sich in an- deren Bahnen als die früheren Klagen. Die Censur beg s der \hriftstellerishen Arbeiten der Gisenbahntechniker scheint pen zu sein; sie bestght aber noch bezüglih der Bautechniker; sie dürfen keine Privataufträge entgegennehmen ohne Genehmigung ihrer e geseßten Behörde. Das drückt ihre Stellung in den ge es Publikums ei herab. Der Abg. Wallbrecht würde seiner ache viel mehr gedient haben, wenn er fich in den richtigen U gehalten hätte. So {lecht D die Techniker doch nicht mehr geste (t, wie er es darstellt. Bezüglich der Umzugsfkosten 2. ist geseßlich alles festgestellt, da kann die Verwaltung nichts ändern. Die S OIN- gesellschaften nchmen si ihre Verwaltungsbeamten unter den Juristen, und die Juristen haben ihnen die besten Dienste geleistet, sodaß sie heute noch in den Stellen der Directions-Präsidenten sind. Bei den Betriebsämtern überwiegt jetzt die Zahl der Techniker. Die eigent- li tehnishen Abtheilungen, für Ünterhaltung der Eisenbahn und für den Neubau, sind vollständig 1n den Händen der Techniker; di EŒtats- und Finanisaen sind if ie A E durchaus ni

N ’Me Sas [o H Aud Lilie Petóndete Borbildung, obgleich heut zu e jeder, der cinmal etwas von Angebot und Nachjrage und ähnli en Dingen gehört hat, glaubt von Volkswirthschaft fliéhend mitsprechen

gehört in erster Linie die eizentlihe Betriebsverwaltung. {Für die

fahrplan bereits in der Beziehung Verbesserung eintreten (Bravo !),

zu können. Wenn der Minister erklärt, daß ein Zwiespalt zwischen

ehrsverhältnisse haben

R

E MEPUEET ave

E A L I S R Q

Technikern® und den Juristen nicht. besiehe, fo will mir tas doch nicht so scheinen. Wenn folche Dinge von den Technikern geäußert werden, wie heute von dem Abg Wallbreht, dann muß ein scharfer Gegensay entstehen. Der Gegensay wird nur verstärkt dadur, daß man den Beamten sagt, sie würden systematisch zurückgedrängt.

Abg. Wallbrecht (nl.): Ich habe die Dinge schon im vorigen Fahre vorgebracht ; damals wider]prah der Abg. Kieschke, und ich über- reichte ihm eine Liste, welche meine Bchauptungen bewies. Der Abg. Kieschke hat die Liste nicht eingesehen und bleibt bei seinen Be- hauptungen ; er ift ja Jurist! So sind die Herren alle! Sie wissen alles besser. Daß die Verfügung bezüglih der scriftstellerishen Arbeiten. der Techniker aufgehoben ist, weiß keiner von den Beamten. Daß ein Zwiespalt zwischen den Techuikern und den Juristen besteht, sagt selbst der Geheime Ober-Regierungs-Rath Ulrich aus dem Ministerium der ffentlichen Arbeiten in einer Broschüre über diese Frage.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Jch habe nur gesagt, daß ein allgemeiner Zwie- \palt, wie ihn der Herr Abg. Wallbreht geschildert hat, nicht besteht, ind bei dieser meiner Auffassung muß ih au bleiben. Jh möchte bei dieser Gelegenheit anknüpfen, daß ih auf die graphis{e Dar- stellung des Herrn Abg. Wallbrecht ledigli aus dem Grunde nicht eingegangen bin, weil ih angenommen habe, es wäre ein Scherz von dem Herrn Abg. Wallbrecht. Als etwas Anderes kann ih sie auch jeßt niht auffassen. Wie ter Herr Akg. Wallbrecht zu der Auf- fassung kommt, taß man in Zukunft alle techniswhen Stellen mit Juristen beseßen will, if mir geradezu unerfindlih. (Heiterkcit).

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.) glaubt, daß die Aus- führungen des Abg. Kieschke zutreffend sind, und versichert dem Minister, daß er ihn unterstüßen werde, wenn es sih um Sparsam- keit bei der Einstellung neuer Züge u. \. w. handelt. Aber der Minister solle auch consequent sein und nicht, wenn Lärm in der Presse entstehe, seine Maßregeln wieder rückgängig machen, wie er das bezüglih der Züge in Schlesien im vorigen Jahre gethan hat.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Ich bin dem Herrn Grafen zu Limburg-Stirum sehr dankbar für die Worte, die er cben gesprochen hat, und für die Unterstützung, die er namens seiner Partei mir wird zu theil werden lassen. Jch möchte nur eine ganz kurze Bemerkung an den Schluß seiner Ausführung knüpfen, welche dabin ging, daß ih mich habe bewegen lassen, die auf- gehobenen beiden Züge binnen kurzem wieder einzuführen. Das ift aller- dings geschehen, die Züge sind wieder eingeführt worden, aber sie sind nur auf- gehoben zur Zeit, als die Cholera und ihre Folgen die Frequenz dieser Züge auf cin Minimum herabgedrükt hätte; wie diese Verhältnisse fort- fielen, sind die Züge wieder eingerihtet worden, weil nach allseitigem Urtheil auch der Provinzialbehörden die Züge für den betreffenden Landeétheil ein unentbehrliches Bedürfniß warcn. Es is das namentli der Schnellzug zwischen Breêlau und Posen : der einzige Schnellzug auf dieser Linie, dessen dauernde Aufhebung große Schwierigkeiten in den Berkehréverhältnissen der Provinz herbei- geführt hätte.

Abg. von Schalscha (Centr.) wendet sich gegen die falsche Sparsamkeit in der Eisenbahnverwaltung, die sich bei der Werkstätte in Breslau gezeigt habe, die abgebrannt sei, weil die Verwaltung bei den Nachtwächtern gespart habe, die aus den Tagelöhnern ge- nommen würden; ein überbürdeter Nachtwächter habe \ich in einen Wagen gesetzt, der sich in der RNeparationswerkstätte befunden habe, und durch eine Cigarre den Brand verursacht, der darum so gefährlich geworden sei, weil in Bezug auf die Wasserversorgung auch gespart wurde. Gespart worden sei auch bei der Neissebrücke, wo der Orient- Erxpxeßzug nur mit knapper Noth dem Absturze entgangen sei; eine verfaulte Langschwelle, deren s{hlechter Zustand längst bekannt gewesen sei, sei nicht ausgebessert worden.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Wenn das wirklih so wäre, wie der Herr Abg. von Schalsha eben au®geführt hat auf Grund der ihm gewordenen Informationen, so würde er vollständig Recht haben. Wenn aus Spar- famkeitêrücksihten elwas versäumt wäre, was mit der Sicherheit des Betricbs in Verbindung \teht oder mit der Sicherung von Anlagen der Eisenbahnen gegen Feuersgefahr, so würde das vollständig verfehlt fein und die strengste Rüge verdienen. Allein ib muß in dieser Be- ziehung dcch die mir untergeordneten Organe in Schuß nehmen.

Was zunächst den Brand des Werkstattgebäudes in Breslau anbetrifft, so ist troß der eingehendsten Untersuchung, die niht bloß von uns, fontern auch von anderen Seiten stattgefunden hat, bis zum heutigen Tage noch nicht ermittelt, welden Ursachen der Brand zuzuschreiben ist. Daß die vox populi leiht mit der Ursache bei der Hand ist, fommt ja immer vor. Also in dieser Beziehung wissen wir nicht, ob das wirkli wahr ist, daß ein Nahtwächter bekanntlich \{chlafen auch die angestellten Nachtwächter während der Nacht. ebensogut wie die niht angestellten Tagwächter; das ift eine Eigenthümlichkeit, die den Nahtwächtern von jeher zukommt (Heiterkeit) ob die Er- zahlung wahr ist, daß der Nahtwächter im Personenwagen geschlafen hat und seine Pfeife im Wagen in Brand gehabt hat. Das ift ja möglich ; aber irgend einen Anhalt für diese Annahme hat die Unter- suchung, die von verschiedenen Seiten angestellt ist, in keiner Weise ergeben. Wir vermuthen, daß wahrscheinlih wieder der alte Fall ein- getreten ist, daß zurüdgebliebene gefettete Putzwolle sih erhißt und dadur ten Brand verursacht hat.

Was aber zweitens die Wasserfrage anbetrifft, so ist das, Herr von Schalscha, folgendermaßen. In der Werkstätte is s\tädtishes Wasser ; die städtishe Wasserleitung hatte aber zur Zeit des Brandes feinen ausreidcnden Druck; die Eisenbahnverwaltung hat also aus Sparsamkeitsrüdsichten jedenfalls niht an Wassermangel gelitten. Höchstens könnte die Sparsamkeit bei der Stadt Breslau liegen.

Was dann den Fall anbetrifft auf der Neissebrücke bei Löwen, fo hat in der Beziehung auch, wie in all den Fällen, eine schr sorg- fältige, nah ganz bestimmten Gesichtépunkten ausgeführte Unter- suchung stattgehabt. Diese Untersuhung hat nicht ergeben, daß der Zustand der Schwellen, auf der die Entgleisung stattgefunden hat, dieselbe vershuldet hat. Die Brücke ist so conftruirt, daß über den eigentlichen Trägern Langschwellen liegen, und auf diesen Langshwellen sind die eisernen Schienen in der gewöhnlichen Weise befestigt. Nun hat dort cine Entgleisung stattgefunden. Die Ursache der Entglei- sung ist nah der Meinung der Techniker, die die Untersuchung geführt haben, nit genügend aufgeklärt, wahrscheinli ift sie hervorgerufen durh einen Nadreifenbruch. Dieser Radreifenbruch ist wenigstens naher constatirt worden. Nun will ich Herrn von Schalscha zur Beruhigung mittheilen: fast in allen Fällen, wo eine

Entgleisung auf Holzshwellen-Oberbau stattfindet, führt das kolossale Moment, das auf die Schwellen einwirkt, fast jedesmal zu einer voll- ständigen Zerdrlickung der Holzschwellen, Sie können nah jeder Ent- gleisung, die auf Holzschwellen vor sich geht, hinterher finden, daß deren Structur fo zerstört ist, daß man die Reste mit der Hand zerbröckeln

kann. Diese Erfahrung hat nun häufig bei den Reisenden zu der Ueberzeugung geführt: es ist alles verfault gewesen. Das Holz ist unter dem folofsalen Hammer, den die Achse einer entgleisten Maschine oder Wagens darstellt, in scinen Holzfasern vollständig zerstört worden. Glückliher Weise ift ja, wie Herr von Schalsha schon berichtet hat, ein größeres Unglück verhütet worden.

Aber Herr von Schalscha, wenn es wirklich eine faule Schwelle gewesen wäre, dann würde das nah meiner Ansicht doch nur zu der Schluß- folgerung führen, daß die betreffenden Aufsichtsbeamten ihre Schuldig- keit nicht gethan haben ; denn Sie können doch unmöglih annehmen, daß aus Sparsamkeit eine faule Schwelle an eiuem solchen gefährdeten Punkt würde belassen worden sein. Alfo wenn das wirklich der Fall fein sollte, wofür aber kein Beweis vorliegt —, wenn das wirklich der Fall sein sollte, fo ist das mit der Sparsamkeit absolut nicht in Nerbindung zu bringen.

_ Abg. Dr. Lieber (Centr..): Bezüglih der Verminderung der Züge haben die Commissionsverhandlungen ergeben, daß zwar eine kleine Ausgabeersparniß eingetreten (S durch die Verminderung von Zügen, daß aber der Cinnahmeausfall immer noch viel größer war. Der tcchnishe Beamte mit dem weiten Blick, den der Abg. Wallbrecht uns vorgeführt hat, ist ein Ideal; je besser der Techniker ist, um fo einseitiger wird er sein. :

20g. D allbreht (nl.): Ich habe {hon im vorigen Jahre die Sache vorgebracht; die Thatsachen sprachen für mih. Besser würde es nur werden, wenn die Techniker und die Juristen unter sich rangiren. :

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Ia, meine Herren, es thut mir leid, daß ih noch einmal auf diese graphische Darstellung zurückkommen muß. Allein ih fürchte, nachdem der Herr Ahg. Wallbreht nochmals ausgeführt ift, daß er trotzdem von der Nichtigkeit dieser Darstellung überzeugt sei, daß hier ein arges Mißverständniß obwalten muß. Der Herr Abg. Wallbrecht fann unmögli annehmen, daß wir aus dem Umstand, daß die Administrativbeamten rascher in die höheren Gehaltéstellen einrücken, als die technishen Beamten, daß wir deéwegen nun die technischen Stellen mit administrativen Beamten beseßen würden. Wir werden nah wie vor überall da, wo wir Techniker nöthig haben, au Techniker hinseßen. Es kann also der Fall nicht eintreten, der nah der shönen graphischen Darstellung vorgesehen ist, daß nach 20 Jahren überhaupt kein Techniker mehr bei der Verwaltung existirt. Jh habe gesagt, das muß ein Scherz sein, es muß irgend ein Mißverständniß obwalten : das ift an und für sih unmöglich.

Abg. von Schal scha (Centr.) bleibt bei seinen Behauptungen bezügli der Neisser Brücke stehen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Auf Grund der Ausführungen bin ih natürlich sofort bereit, noch feststellen zu lassen, ob die unteren Organe wirklich die weitere Be- lassung der Schwelle in dem Geleise ihrerseits widerrathen haben. Das scheint mir der springende Punkt in der ganzen Angelegenheit zu sein, und ih bin bereit, von dem Resultat dieser neuen Ermittelungen Herrn von Schalsha Mittheilung zu machen.

Ua Dr. Sautter (nl) Der oa. 2Baubren! 1 mte verstanden worden; er tadelt nur, daß die tehnishen Beamten wegen ihrer späten Anstellung niemals in die höheren Gehalts\tufen eîin- rücken fönnen, während sie ja natürlih in die höheren tehnischen Stellen einrücken müssen. Uebrigens glaube ich, daß weder der Jurist noch der Techniker der beste Cisenbahnbeamte ist, sondern ein Mann mit besonderer eisenbahntehnischer Vorbildung.

Der erste Titel der Ausgaben wird darauf ge- nehmigt und die weitere Bcrathung um 4 Uhr vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Biehzählung in Bayern.

Nach den vorläufigen Ergebnissen der BViehzählung vom 1. De- zember 1892 find in Bayern vorhanden: 368 636 Pferde, 60 Maul- thiere, 127 Esel, 3333953 Stül Nindvieh, 965772 Schafe, 1 356 674 Schweine, 268 992 Ziegen, 270 626 Bienenstöcke. In der zehnjährigen Periode seit 1883 haben zugenommen Pferde um 3,5 9/0, MNindvieh 9,8 2/0, Schweine 30,7 9/0, Ziegen 21,8 9/0, Bienenstöcke 17 9/6 ; abgenommen dagegen die Schafe um 18 9%.

Zur Arbeiterbewegung.

In Mainz hat der „Frkf. Ztg.“ zufolge eine von den dortigen Cigarren- und Tabackarbeitern einberufene Arbeiterversamm- lung beschlossen, die von dem Unterstützungsverein deutsher Tabak- arbeiter für den 1. April d. I. geplante Einführung einer Central- Schutzmarke kräftig zu unter tüßen und nur in folhen Geschäften ihren Bedarf zu decken, welche die Schußmarke führen.

Die Zimmerer Thüringens und der angrenzenden Provinzen werden einer Mittheilung des „Vorwärts" zufolge ihren diesjährigen Verbandstag am 4. April in Eisena h abhalten.

Hier in Berlin is der Ausstand in der Kistenfabrik von Mannheim nah einer Meldung desselben Blatts zu Gunsten der Arbeiter beendet worden (vgl. Nr. 47 d. Bl.): der Ausstand in der Filzshuhfabrik von Simon u. Co. (vgl. Nr. 51 d. Bl.) wurde in demselben Sinne beendigt.

In Wien befinden sich 90 Perlmutterdrechsler seit vier Wochen wegen s{lechter Arbeitsverhältnisse im Ausstande.

Aus Reichenberg i. B. berichtet ein Telegramm des „D. B. H.“, die Glasarbeiter im Isergebirge hätten beschlossen, von einem Strike wegen der fehlenden Geldmittel vorläufig abzusehen. (Vgl. Nr. 50 d. Bl.)

Zu dem Ausstande der Baumwollindustrie-Arbeiter in Lancashire theilt die Londoner „Allg. Corr.“ folgende, in ihrer Wirkung auf den Strike sih völlig entgegenstehenden Nachrichten mit : „Um dem Bund der Baumwollfabrikanten im Kampf um die fünfprocentige Lohnherabsezung beizuspringen, baben \sechs Fabrik - besißer in Heywood am Sonnabend ihre Spinnereien geschlossen. Dadurch werden weitere 1000 Arbeiter beshäftigungslos gemacht.“ „Eine Fabrik im Lancashire-Baumwollenbezirk, allerdings die größte, diejenige zu Rochdale, die niht weniger als 125 000 Spindeln laufen läßt, hat am Montag die Arbeit zu den Bedingungen der Arbeiter (22 procentige Lohnherabsezung) wieder aufgenommen.“

Kunft und Wissenschaft.

Die bevorstehende Einführung der mitteleuro- päischen Zeit in Deutschland, und zwar nicht bloß in allen Zeitangaben der Verkehrsanstalten, sondern auch im ganzen bürgerlichen Leben, hat bei den betheiligten Behörden {hon den Anlaß zu Erwägungen über die Maßregeln gegeben, durch welche die formale Einheitlichkeit der Zeitangaben nunmehr auch conscquent und vollständig zu verwirklichen sein würde. Es liegt auf der Hand, daß nur durch eine energishe und einheitlihe Durchführung der gescßlihen Bestimmung in den Uhrenangaben, nämlich durch die größtmögliche Sicherung der Uebereinstimmung der Angaben aller öftentlihen Uhren im ganzen Lande, der Fortgang der Geltung der alten Zeitangaben und die daraus hervorgehende Unsicherheit verhütet werden kann.

Insbesondere ist es auch klar, daß die noch immer bestehenden,

keineswegs unerheblihen Unterschiede der Uhrenangaben an einem und demselben Orte jeßt noch viel weniger als früher zu dulden sein werden, weil demnächst besonders an den zahl- reichen Orten, an denen die Unterschiede zwischen der neuen Einheitszeit und den alten Ortszeiten nur wenige Minuten betragen , durch das Hinzukommen von Uhrenfehlern die Un- sicherheit darüber, mit welcher von den beiden Zeitarten man

es im besonderen Falle zu thun hat, sehr _belastend werden könnte. Es [liegt durhaus im FJnteresse aller, (auch im Sinne derjenigen, welhe an die dauernde

Beseitigung der Ortszeiten niht glauben), daß die ganze Neuerung, welche jedenfalls für die Verkehrsanstalten große Wohlthaten bringen wird, rein und vollständig durch- geführt wird, damit entscheidende Erfahrungen hinsichtlich derselben gewonnen werden und das Urtheil darüber nicht durch Nebenumstände getrübt wird.

Jn diesem Sinne würde es in hohem Grade wünschens- werth sein, daß nunmehr thunlichst bald auch von den Gemeindebehörden überall auf Einrichtungen zum Zwecke einer gesicherten centralen Regulirung der öffentlichen Uhren im Anschluß an die Eisenbahn - Uhren Bedacht genommen wird. Man sollte meinen, daß diese Sach- lage für diejenigen Unternehmungen, welche sih bisher {hon um die praktishe Lösung dieser Aufgabe verdient gemacht haben, einen Anlaß zu coulantester Betheiligung und zu ge- \häftlihem Aufschwunge geben müßte, umsomehr als jih 1tn zahlreichen Städten mit der Einführung solcher Einrichtungen auch die Einführung mancher weiterer nüglicher Leistungen elektrishen Schwachstrombetriebes verbinden ließe.

44 Dora Hitz, die hohbegabte Dresdner Hellmalerin, hat ihren Wohnsiß nah Berlin verlegt und sih in Schulte's Kunstsalon durch eine Sonderausstellung ihrer Werke aufs vortheilhafteste ein- geführt. Durchweg zarte, fein empfundene Leistungen, die der Be- gabung ihrer Schöpferin Ehre machen. Wenige Impressionisten verstehen mit ihrem Streben nach unmer Naturwahr- heit so viel Sinnigkeit und Stimmung zu verbinden. Das Lieblingsthema der Malerin sind Mutterliebe und fkindliche Naivitat. Bald zeigt sie uns die junge Mutter mit ihrem Kinde im Arm im Grünen lustwandelnd, bald innig verschlungen, bald porträt- mäßig das Kind neben der Mutter stehend. Ueberall appellirt sie über das technische Interesse hinaus an das Gefühl, ogne doch darüber die malerische Seite ihrer Aufgabe zu vernahlässigen oder \entimental zu werden. Wie pikant und geistreih weiß sie z. B. das Spiel der Neflexrlihter auf dem weiblihen von eînem roth- blühenden Strauch beschatteten Studienkopf zu geben oder die duftige Abendstimmung in dem „Dämmerung“ benannten Bilde, das eine Feldhüterin bei ihren Schafen schildert! Das lebensgroße Bildniß etner jugendlichen Dame in rother Bloufe vor einem grünen Vorhang ist \{chon von früheren Ausstellungen bekannt, zählt aber auch heute noch zu ihren hervorragendsten Leistungen. Ausgezeichnet beobachtet ift die träumerishe Haltung einer s{hwarzgekleideten Dame auf grünem Grunde. OQDelicatesse des Farbenvortrags, wirkungsvolle Licht- führung und Freiheit der Modellirung sind die Hauptvorzüge dieser Arbeiten. Eine Eigenthümlichkeit, mehr des Temperaments als der Technik der Künstlerin, ist die Vorliebe für zarte Tonwerthe, ein fort- währendes Pianissimo des Vortrags, das den Gegensaß wuchtiger Energie und herber Charakteristik herauszufordern cheint. Wie anders packt zum Beispiel der Belgier P. O yens die Gegensäße der Charaktere in feinem kleinen Bildchen „discussion artistique“ an; neben dem phlegmatisch auf einer Chaiselongue ausgestreckten Freunde er- blicken wir im halbhellen Atelier den Künstler mit lebhafter Geberde seine Grundsäße vertheidigend. Alles s{heint an ihm gespannt und zugespißt, und die pastose Behandlung in kurzen derben Pinselstrichen giebt dem Ganzen knorrige Kraft troß aller Feinheit des Lichtspiels, das Dyens befonders im Innenraum köstlih wiederzugeben versteht. Vielleicht noch bedeutender sind die kleinen Interieurs von DavidOyens, der mit lebendigem Humor das Vorzimmer eines Zahn- arztes mit seinen wehleidigen Insassen, den Maler bei seiner Arbeit und am Biertische schildert. Auch seine Aquarelle stehen auf der gleichen Höhe sichern selbstbewußten Könnens. Eigenartig wirken die Be- leuhtungsstudien von Hans Olde in München, der das Flimmern des Schneelichts, das Durchbrehen des Sconnenstrahls durch den Géewitterregen mit breitem Vortrag und überzeugender Wirkung wiederzugeben versteht. Weniger gelungen ist sein großes Damen- porträt im Walde, das unter dem ungünstig gewählten Augenpunkte zu leiden hat. Friß von Uhde hat eins seiner kleineren religiösen Bilder, den Gang nah Emmaus ausgestellt: über faftig grünes Wiesen- gelände sehen wir im Abendliht den Herrn dahinschreiten, begleitet von den in ärmlihe Arbeitertraht gekleideten Jüngern, deren Haltung und Bewegung in jedem Zuge den Bann kund thut, den Christi Wort auf sie ausübt. Die landschaftlihe Stimmung des Bildes is von hoher wethevoller Schönheit. Neben solchen Meisterletsttngen haben kleinere Talente einen {weren Stand, felbst Loefft? vornehme Stimmungsmalerei wirkt daneben etwas conventionell, auch Orrin Peck's „Stiefmütterhen“ mit seiner liebenewürdigen Naivität und kecken Behandlung vermag nicht in dem Maße zu interefsiren, wie die Schöpfungen Uhde's und Oyens. Hans Weyl hat die Arbeiter auf dem Neichstagsbauplaß mit derben Mitteln gemalt, ohne doch lebhaftere Theilnahme für feinen Gegenstand erwecken zu können. Die zahlreihen Studien zu dem Bilde zeugen von der emsigen Beobachtung und dem Eifer, den der Künstler an sein Bild gewendet. Ueberdies ist von dem bekannten Aquarellisten Edgar Meyer eine Collection zarter, zum Theil überzierliher italienischer Beduten ausgestellt, sowie ein männlihes Porträt von Fräulein Pomerening, einer talentvollen Shülerin Profesors Koner.

__ Die Münchener „Neuesten Nachr.“ \chreiben: „Jn der Werk- stätte von Herrn Hof-Kupfershmied Heinrih Seiß (in München) war am Montag die für den R eichstagsbau bestimmte Colossalgruppe der Germania nah Reinhold Begas ausgestellt, welche dem- nächst nah der Weltausstellung für Chicago abgehen soll: ein geradezu gewaltiges Stück deutsher Arbeit, eine Leistung, die das viele Vortrefflive noch weit hinter sich läßt, was wir in Werken gleiher Technik bereits aus dieser Werkstatt hervorgehen sahen. 84 m hoh i} die gigantische, ganz in Kupfer ge- triebene, mit angenehm wirkender, grüner Patina überzogene Gruppe : in der Mitte die imposante Gestalt der Germania, nad Männerart zu Pferde sigend, die Krone auf dem Haupt, die Reichsfahne in der Nechten, mit der Linken den Schild haltend. Der Genius des Ruhms auf der einen, eine Kriegergestalt mit Schwert und Friedenspalmen auf der anderen Seite führen die Zügel des Rosses. Der Eindruck des Ganzen ift fünstlerisch vollendet \{ön, weit großartiger und monumentaler, als das in halber Größe gefertigte Modell ahnen lic. In tehnischer Beziehung war die an die Seißz'sche Werkstatt gestellte Aufgabe, der colossalen Verhältnisse des Werks und der Kürze der Arbeitszeit halber, eine geradezu enorme. Zehn Monate lang haben 33 Arbeiter, meist lange über Feierabend, an diesen Figuren und Draperien geshmiedet und eine Arbeit geleistet, die sonst wobl zwei Jahre Frist gebrauht hätte. Etwa 120 Centner Kupfer sind zu der Gruppe verwendet und ebensoviel mag das Eisengerüst im Innern wiegen, das dem Ganzen Halt giebt. Es heißt, der Aufstellung der Gruppe in Chicago, die wie der Transport aus Reichsmitteln erfolgen soll, tellen sich wegen der Größenverhältnifse des Stückes Schwierigkeiten entgegen. Wir hoffen, daß fie gehoben werden ; denn es dürfte: {werlich cin Werk deutschen Kunstfleißes und deutscher Kunstfertigkeit drüben aufgestellt werden fönnen, das dem Aussteller und seinem Lande mehr Ehre macht als diese (Sruppye.

-— Im Chor der Domkirche zu E t sind jebt, wie die

e

„Schlesw. Nachr.“ mittheilen, die Gerüste zum theil entfernt und die Fengemälde sihtbar geworden, die Lisher unter der Tünche

A C

F

C R p

s weit Ei E (E Sri tht R H