1893 / 57 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

grube. Die Verwaltung ift davon abgegangen, sich allein zu verforgen, weil die sämmtlichen Verwaltungsbehörden Oberschlesiens: der Ober- Prêfitent, der Regierungs-Präsident, die Landräthe dringend baten, sih mit den betheiligten Gemeinden zusammenzuschließen und auf diese Weise diesen die Beschaffung von Wasser zu erleichtern. Hätte sich die Königliche Verwaltung auf diefen Standpunkt niht gestellt," fo würde die Folge die gewesen sein, daß die obershlesishen Gemeinden nit in der Lage gewesen wären, fich Wasser in ausreihendem Maße zu verschaffen, weil ihre finanziellen Kräfte absolut dazu unzureichend waren. Es i} also die Theilnahme der fiscalishen Verwaltung an der Zawadaer Leitung lediglich begründet durch das Interesse der nothleidenden Ortschaften des obershlesischen Industriebezirks. Jch muß das hier wiederholen, weil früher {on die Behauptung auf- gestellt ist, daß hier eine Beschränkung von Privateigenthum im fiscalishen Interesse erfolge. Meine Herren, das is nicht der Fall, cs ist lediglih das öffentlihe Iuteresse in Frage. Wäre das fiscalische Snteresse allein in Frage, so würden wir in der Lage sein, uns das Wasser änderéwoher zu holen.

Abg. Szmula (Centr.): Auch wenn ein öffentlihes Interesse vorliegt, muß doch für die Privateigenthümer eine Entschädigung gewährt werden. Redner verweist darauf, daß mehrere Dörfer ohne Wasser sind; es müßte auf Kosten der Bergwerksbesißer ein Brunnen gebohrt werden.

Minister für Berlepsch:

Meine Herren! Den leßten Appell, den der Herr Vorredner an mich gerichtet hat: dafür zu forgen, daß an Stellen, wo keine Wasser- leit 1ng vorhanden sei, Brunnen auf Kosten der Bergwerksbesißzer an- gelegt werden, muß er an cine andere Adresse rihten. Die Wasser- versorgung von Ortschaften is durchaus niht Aufgabe der Bergwerks- verwaltung; er muß sich an die innere Verwaltung wenden oder an die Sanitätsverwaltung. Das Interesse der Bergwerksverwaltung an der uns beschäftigenden Frage ist lediglih darin begründet, daß es fi um die gleihzeitige Versorgung von fiscalishen Werken handelt. Ich wäre also nicht in der Lage, selb wenn ih es wollte, seinem Wunsche nachzukommen. Daß aber die Bergwerköverwaltung ein lebhaftes Ênteresse für die Wasserversorgung von Oberschlesien hat, dürften Sie doh wohl daraus erkennen, daß sie die Wasserleitungs- frage au über den Bezirk ihrer Verpflichtung hinaus in die Hand genommen hat und, wie heute „Herr Abg. Letocha bezeugt hat, mit aller Energie und so {nell wie möglih an die Aus- führung herangegangen ift.

- Auf die Nechtsfrage nochmals einzugehen, werde ih mir versagen können; ih fann mich nur nohmals darauf berufen, daß das hohe Haus im vorigen Jahre in sciner Budgetcommission und im Plenum sih auf den Standpunkt der Regierung gestellt hat, und Sie können nun nicht von mir verlangen, nachdem im Laufe des Jahres weiter feine Aenderung in der Situation eingetreten ist, den früheren Stand- runkt zu verlassen.

Der Herr Vorredner hat si darüber gewundert, daß bei Zawada noch Bohrungen nöthig“ seien; er hat geglaubt," es sci festgestellt, daß dort ein auéreidender Wasserzufluß vorhanden sei. Ueber diese Bobrungen würde ih mich auch wundern; sie finden aber nit ftatt. Mie ih mir gestattet habe anzuführen, wird im Glückhilfshacht nah Wasser gebohrt, niht bei Zawada.

Der Titel wird genehmigt. Bergwerksverwaltung erledigt.

Schluß 4 Uhr.

Handel und Gewerbe Freiherr von

Damit ist der Etat der

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Verpflichtung des Verkäufers ciner innerhalb eines vereinbarten Zeitraums zu liefernden Waare zur Eg des Ver- trages wird, nach einem Urtheil des NReichsgerichts, 1. Civilfenats, vom 17. Dezember 1892, dadurch aufgehoben, daß durch einen Zufall die Erfüllung während dieses Zeitraums dem Verkäufer un- mögli GenidSt ist, auch kann der Käufer in diesem Falle Nachlieferung ohne weiteres nicht verlangen.

Nach § 4 der Civilprozeßordnung ist für die Werth sberech- nung des Streitgegenstandes der Zeitpunkt der Erhebung der Klage entscheidend. In Bezug auf diese Bestimmung hat das MNeichs- gericht, 1. Civilsenat, durch Beschluß vom 18. Januar 1893 autêge- \prohen: Eine im Laufe des Prozesses eingetretene Aenderung des Werthes des Streitgegenstandes ist bei der Werthsberehnung niht zu berüdsihtigen; bei einer Aenderung aber des Streitgegen- stand es ift der Werth deeselben hinsihtlih der nachfolgenden fosten- vflichtigen Acte nah dem Zeitpunkt dieser Aenderung zu bestimmen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Generalversammlung des Centralvorstandes deutscher Arbeitercolonien. / ; ;

Unter Vorsiß des Grafen von Ziethen-Schwerin (Wustrau) fand heute in einem Fractionszimmer des Herrenhauses die General- versammlung des Centralvorstandes deutscher Arbeitercolonien statt. Der vom Vorsißenden erstattete Geschäftsbericht besagt: Seit der leßten Generalversammlung is der Ehren - Präsident des Vereins Herzog von Natibcr gestorben. Die Bildung eines eigenen Organs für die Verpflegungsstationen der wandernden Handwerksgesellen ist erreicht, es hat sih im Januar v. J. in Cassel ein Gesammtverband der Verpflegungsstationen Deutschlands gebildet. In der Entmündigungs- sahe von Gewohnheitstrinkern i} eine C an den Reichstag gerichtet worden. In Bezug auf die Arbeitsvermittelung haben die Colonien die Vorschläge beachtet; die Errichtung eines Neßes von Ver- trauensmännern in_ Stadt und Land f leider nit gelungen. Die Aufnahme in die Straflisten ist etwas |{chärfer gehandhabt, diefe Ein- richtung bewährt sich vortrefflich, Die deutsche Arbeiter-Coloniesache findet nach wie vor in den weitesten Kreisen, auch über Deutschland hinaus, lebhafte Beachtung. Nah Sydney (Australien) ist Ma- terial über die Berliner Arbeiter-Colonie erbeten, eine Com- mission aus Paris hat mehrere deutshe Arbeiter-Colonien be- suht, die italienishe Botschaft hat bei dem preußischen Minister des Innern über die Arbeiter-Colonien Aufschluß esuht und erhalten. Ueber das zehnjährige Bestehen der ersten olonie Wilhelmédorf bei Bielefeld ist ein lehr hübscher Artikel in einer englishen Zeitung erschienen. Der Minister-Präsident und Minister des Innern hat auch in den Jahren 1891 und 1892 je 300 4 für die Arbeiter-Colonien fyr _Aus den Ueberschüssen der Kaiser Wilhelmspende hat die Colonie Karlshoff 4000 4, die Colonie in. Berlin 3000 4, die Colonie Wilhelmsdorf 2000 A er- halten. In Württemberg is eine zweite Colonie, in Erlangen, in Hamburg eine Colonie mit anfänglich 50 Betten, die jm vergangenen Herbst auf 200 Betten vermehrt worden aas eine zweite Colonie in Schlesien, und zwar cine Colonie fatholisher Confefsion in Hohendorf, und endlich eine neue Colonie in Hilmersdorf in Westpreußen errichtet worden. Es i eine statistische abelle über- den Unterstützungswohnsip der Colonisten und über die

Wiederaufnahme derselben in die Colonien aufgestellt worden. Die Arbeiten sind sehr große gewesen, es hat aber au an {önen Erfolgen niht gefehlt. ;

Dem hierauf von dem Grafen von Itenpliß erstatteten Kassen- bericht is zu entnehmen, daß die Einnahmen des Central-Vorstandes 6278 M 84 A betrugen. Nach Abrechnung der vershiedenen Aus- gaben bleibt ein Kassenbestand von 1776 M 82 S.

Der Vorsitzende ersuchte alsdann die Versammelten, sich zu Ehren des Andenkens für den Herzog von Ratibor von ihren Plätzen zu er- heben. (Dies geschah.) Der Vorsitzende theilte darauf mit, daß im Auftrage des Minister-Präsidenten und Ministers des Innern der Regierungs-Assessor Dr. Frick, im Auftrage des Ministers für Land- wirthschaft der Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Wentel, im Auftrage des Evangelischen Ober-Kirchenraths der Ober-Consistorial- Nath Döblin, im Auftrage des Central-Aus\{husses für innere Mission die Pastoren Oldenberg und Frißs{ch (Berlin) erschienen seien. nid Eintritt in die Tagesordnung wurde beschlossen, wiederum alljährli eine Central-Vorstandssfißung abzuhalten.

Die allgemeine Schulpflicht in Preußen und deren Erfüllung.

Daß der preußishen Unterrichtsverwaltung mit der Fürsorge für die Beschulung der \chulpflihtigen Kinder eine nicht kleine Aufgabe zugewiesen ift, g man aus der großen Zahl der Schulpflichtigen, deren es im Jahre 1891 5 401 566 gab, fast eine Million mehr, als 20 Jahre früher, wo die Zahl der s{hulpflihtigen Kinder auf 4 464 906 ermittelt wurde, wobei übrigens ihr Zahlenverhältniß zur Gesammtbevölkerung (rund 18 9/0) fast unverändert geblieben ift.

Wie weit ift es nun gelungen, für den Unterricht eines so großen Heeres von Kindern vollständig zu forgen ? Hierauf geben folgende von der „Statist. Corr.“ mitgetheilte Zahlen die Antwort. Es waren

1) unterrichtet in öffentlichen Volksschulen :

I 2 M o.000600 = 9006 0, Il E 91046 = 9102 2) unterrichtet in anderen Unterrichtsanstalten : A oi 495 I 00000 C20

3) vorübergehend vom Unterricht freigelassen, sonst aber ordnungs-

mäßig beschult :

L 312219 = 6,99 0/0,

O S0 = LOO

4) wegen Gebrechen 2c. nit eingeshult:

R 9 038 0,20,9/0,

E, 1004 = 018

5) dem Schulunterricht widerrechtlich entzogen : U 20783 = 0/47 9%; L D = O2, úInvaliditäts- und Altersversicherun s.

Bei der Versicherungsanstalt Baden sind im Monat Februar 82 neue Altersrentengesuche eingegangen; es wurden 67 bewilligt, 8 Gesuche abgelehnt und 1 anderweitig erledigt. Insgesammt sind bis jeßt, wie die „Bad. Corr.“ erfährt, 4364 Gesuche um Alters- renten erhoben worden. Hiervon wurden 3475 bewilligt, 794 abge- lehnt, 44 sonst und 41 noch nicht erledigt. Ferner kamen im Monat Februar 97 Invalidenrentengesulhze ein; es wurden 88 In- validenrenten bewilligt, 11 Gesuche abgelehnt und 6 anderweitig erledigt. Insgesammt find bis jeßt 1251 Invalidenrentengesuche ein- gekommen, wovon 805 Bewilligung, 359 Ablehnung, 35 sonstige Er- ledigung fanden, dagegen 52 in den Monat März unerledigt übergehen.

Hagelschäden in Baden.

Im Jahre 1892 wurden im Großherzogihum Baden 406 Ge- meinden und abgesonderte Gemarkungen (gegen 341 im Jahre 1891) von Hagelwettern betroffen. Die 1892 geshädigte landwirthschaft- lie Flähe wird auf 24851 ha, der angeri{htete Schaden auf 1219 283 M geshäßt. Auch hier ist gegen das Vorjahr mit 17469 ha und 612019 A Schaden ein erhebli*ges Mehr zu verzeihnen; dagegen bleiben die 1892er Ergebnisse hinter den durhschnittlihen des leßten Jahrzehnts mit 29 261 ha geshädigter Fläche und 2673 886 4 Schaden noch ganz bedeutend zurück. Die Hauptschäden weisen auf Getreide und Hülsenfrüchte mit 482 093 4, Tabak mit 182740 4. und Wein mit 307 237 M. Es fommen dann zunächst Kartoffeln, Futterrüben, Cichorien mit einem Schaden von 79157 . und Obst mit 54530 4; der Rest vertheilt sich in minder hohen Beträgen auf die übrigen Gewächse. Die größten geschädigten Flächen weisen Ueberlingen mit 4219, Lahr mit 1968, Donaueschingen mit 1616 ha auf. Ordnet man die Bezirke nah der Höhe - des erlittenen Schadens so erhält man folgende Uebersicht: Waldkirch 133 570 46, Meßkirch 101282 4, Donaueschingen 96 240 4, Achern 94 805 , Ueber- lingen 87 668 4, Staufen 84895 4 Zwischen 60 000— 80 000 4. Schaden hatten Lahr und Ettlingen, zwischen 40 000—60 000 A6 Stockah, Mannheim, Schwetzingen und Tauberbischoféheim, zwischen 20 000—40 000 Waldshut, Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Offenburg und Sinsheim.

Die Gemeindefinanzen Frankreichs im Jahre 1891. Aus der „Statist. Corr. “)

Die französishen Gemeinden hatten 1891 an ordentlihen Ein- nahmen 675 Millionen Francs, d. i. 17,4 Fr. auf den Kopf der Bevölkerung, wobei noch zu berücksichtigen ift, daß die Naturalleistungen der Einwohner vielfach nur unvollständig berücksichtigt worden sind. Die Einnahmeqguellèn der französishen Gemeinden zeigen einen hohen Grad von Beständigkeit. An erster Stelle steht nah wie vor bei den größeren Gemeinden die Einnahme aus dem Detroi. Die Zahl der Gemeinden, welche diese Steuerquelle besaßen, ist indeß im Be- rihtsjahre von 1518 auf 1514 zurückgegangen, indem vier Gemeinden (sämmtlih mit weniger als 10 000 Einwohnern) fie auf- gaben, während sie (wie hon 1890) in keiner Gemeinde neu erschlossen wurde. Die ordentlihen Einnahmen des Octroi betrugen im ganzen Lande 273,57 Millionen Francs. Scheiden wir das Seine-Departement aus, fo verändert sih das Bild der französischen Gemeindefinanzen außerordentlich. Es bleiben dann 397,19 Millionen an ordentlichen Einnahmen, von denen 126,57 Millionen auf Octroi entfallen, da auf das Seine-Departement allein 147,11 Millionen solher Einnahmen bei 277,81 Millionen Francs Gesammteinnahme kamen. Die Octroi- einnahme lieferte mithin im Seine-Departement mehr als die Hälfte, im übrigen Frankreih noch. kein Drittel der Gesammteinnahme.

Die Belastung der Gemeinden durch Zuschläge zu den directen Abgaben ist in Frankrei noch andauernd im Steigen. Die Zahl der Gemeinden mit weniger als 15 Centimes folher Zuschläge auf den Franken hat sich von 4735 auf 4533, also um 202, mit 15—30 Cen- times von 8339 auf 8318, also um 21 vermindert, dagegen diejenige der Gemeinden mit 31—50 Centimes von 8739 auf 8813, d. i. um 74, mit 51——100 Centimes von 10420 auf 10568, alfo um 148, mit mehr als 100Centimes von 3856 auf 3908 also um 52 vermehrt. Durch hohe Zuschläge treten übrigens keineswegs die besonders reichen , . industriellen De- partements hervor, sondern vorzugsweise die Gebirgsländer Corsica und Savoyen mit über 150 Centimes, denen in weitem Abstande die Departements Aude mit 107, Seine-et-Oise mit 99, Drôme mit 89, Ain mit 84, Aisne mit 79, Aube mit 78, Seine mit 76 nachfolgen. Die geringsten durchschnittlihen Zuschläge haben die Departements von Lothringen und der Franche-Comté, ferner einzelne der Kanal- gegend, sowie einige gering cultivirte Gebiete des Südens.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Dortmund wird der „Köln. Ztg.“ über die Be- wegung unter den Bergarbeitern in Westfalen ge- schrieben: Die anfangs Februar d. J. ganz im stillen, aber eifrig betriebenen Agitationen haben in den leßten Tagen iun ganz aufgehört. Ein Versuch, wieder einen Ausstand herbei- zuführen, dürfte für die nächsten Monate ganz unterbleiben,

Als Ersaßmann für den zu cinem Jahr Gefängniß ver- urtheilten Agitator Bunte is} der 28 jährige, rednerish nicht ungewandte abgelegte Bergmann Siebe gewählt worden.

__ Aus Th orn wird der „Voss. Bg telegraphish gemeldet: Nach einer am Sonntag abgehaltenen socialdemokratischen Arbeitervérsamm- lung, in der ein Agitator aus Hamburg sprach, forderte gestern eine große Anzahl beschâftigungsloser Arbeiter in einzelnen Trupps bei den Kasernenbauten stürmisch Arbeit. Da sie abgewiesen wurden, wollen sie sich an den Magistrat wenden.

Aus Mannheim wird berichtet, daß von den dortigen Brauereien nur die „Badische Brauerei" die Forderungen der Brauereigehilfen (vergl. Nr. 55 d. Bl.) bewilligt habe. Die Arbeiter der übrigen Brauereien legten die Arbeit nieder. t

In Pest machte, wie der „Köln. Ztg.“ telegraphirt wird, eine Versammlung von 500 Arbeitern den Vorschlag, die Arbeiterschaft solle den 1. Mai mit allgemeiner Arbeitsruhe feiern, Versammlungen abhalten und Ausflüge unternehmen.

Ueber die Lage .der ausfständigen Baumwollindustrie- arbeiter in Lancashire wird der Londoner „Allg. Corr.“ be- richtet: Die Lage im östlichen Lancashire wird infolge des fort- geführten Lohnstreits immer trüber. In vielen Städten sind Suppenanstalten errihtet und Hilfscomités zur Linderung der gräßlichen, täglich wachsenden Noth gebildet worden. Mittwoch Abend sind in Burnley weitere 7000 Webstühle außer Betrieb und weitere 2000 Arbeiter außer Arbeit gesetzt wordén. Mehr als die Hâlfte der Einwohner der Stadt ist beshäftigungslos, und in den benachbarten Städten ift es nicht anders.

Die amtliche russishe „Handels- und Industrie-Zeitung“ erwähnt anerkennend den Beschluß der Karl Scheibler’\chen Manufactur in Lodz, die Dauer des Arbeitstags für ihre etwa 6000 Arbeiter von 13 auf 12 Stunden herabzuseßen ohne Kürzung des bisherigen Tagelohnes und ohne Einschränkung der Production, aber mit Einführung eincr besonderen Vergütung sür Feierabend-Arbeit.

Kunst und Wissenschaft.

Die deutsche Gesellshaft für Mechanik und Optik veranstaltet Sonnabend, den 11. März, Abends 8} Uhr, in der Aula des Friedrich Wilhelms-Gymnasiums, Kochstraße 153, eine Gedenkfeier für den verstorbenen Director bei der Physikalisch-Technishen Reichsanstalt Dr. Loewenherz.

Der Besuh der Technischen Hochschulen des Deutschen Reichs betrug, wie das „Centr.-Bl. d. Bauw.“ berichtet, im Winter- halbjahre 1892/93 insgesammt 5645 Studirende (gegert 4883 im Winterhalbiahre 1891/92), 761 (1029) Hospitanten und 271 (198) Hörer, im ganzen also 6677 (6110) Besucher. An der Technischen Hochshule zu Berlin find gegenwärtig 1562 Studirende und 555 Hospitanten, zusammen 2117 immatrikulirt. Die Zabl der etatsmäßig angestellten Docenten an der Berliner Hochschule beträgt 68, die der Privatdocenten 45, die der Assistenten 146.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet am Mittwcech, 8. März, Abends 84 Uhr, im großen Saale des Architektenhauses einen Fachabend für Holzbildhauerei und Holzschnitzerei, bei welhem außer hervorragenden älteren Stücken aus dem Königlichen Kunstgewerbe-Musecum eine Reihe moderner Arbeiten, Möbel, Decorationstheile u. a. ausgestellt sein wird. Herr Holzbildhauer Carl Taubert wird über die Technik der Holzbildhauerei, Herr Dr. P. Jessen über die geschichtliche Entwickelung der Kunst- formen seit dem Mittelalter sprechen.

In der Sißung des Elektrotechnischen Vereins am 98. Februar hielt Herr Dr. Kallmann einen Vortrag über Cin- rihtungen zur dauernden Controle des Jfolations- zustandes und selbstthätigen Anzeige der Fehlerstellen elektrischer Leitungsneße. Nachdem Nedner eingangs auf die Wichtigkeit einer Sicherheitstechnik des elektrischen Großbetriebes und die Únzulänglichkeit der bisherigen Meßmethoden für die Controle ausgedehnter Beleuchtungsanlagen hingewiesen, schilderte derselbe die enormen Berliner Leitungeneße und Centralstati-nen, die bei einer Gesammtstraßenkäbellänge von 700 km ein Beleuchtungsgebiet von 7 gkm Flächeninhalt umfafsen. Herr Dr. Kallmann demonsftricte hierauf eingehend an Zeichnungen und Modellen zwei mit einander combinirte Einrichtungen, deren eine von Herrn Ober-Ingenier Agthe, deren andere vom Redner selbst erfunden wurde, die mittels der zu Span- nungêmessungen benugten in die Kabel mit eingesponnenen Prüfdrähte dadurch eine sofortige automatishe Anzeige der an irgend einer Stelle aufgetretenen Isolationsfehler in der Centrale bewirken, daß eine nah Belieben groß gewählte Spannungsdifferenz ini Moment eines auf- tretenden Kabeldefects auf - Signalrelais in der Centrale wirkt und an der Nummer der gefallenen MRelaisklappe den Ort des Fehleis anzeigt. Hierauf ging Herr Dr. Kallmann zum Haupttheil seines u angreen Bortrags über und entwidckelte ein von ihm im März 1892 erfundenes vollkommenes und unter allen Verhältnissen für ober- und unterirdische Leitungsnetze gleich geeignetes System einer selbstthätigen Anzeige der Lage jeder auftretenden Stô- rung ganz gleich, ob ein Isolationsfehler in Straßenleitungen oder in Hausinstallationen auftritt. Das Princip des Systems des Herrn Dr. Kallmann besteht in der Controle der bei Erdschlüfsen d. h. Fsolationédefecten in der Erde hervorgerufenen Potential-Differenzen mittels möglichs zahlreicher Controldrahtleitungen, welhe an verschiedene Stellen der Erde angc\{chlossen sind und deren Po- tential auf Signalrelais in der Centralstation wirkt. Die Theorie dieses Apparats deckt- sich vollständig mit den Principien, welche für die Beeinflussung von Schwachstromlieitungen z. B. Fernsprech- leitungen durch benachbarte Starkstromleitungen gelten, und welche Herr Dr. Kallmann mathematisch entwidelte und durch eigene tmehrjährige Forschungen in der Praxis bestätigt fand, die die wefentlichen BVor- theile der Anwendung blanker neutraler Leitungen erkennen ließen. Nedner demonstrirte dieses sein System der Erdspannungscontrole an Zeichnungen und Apparaten, welche, seit längerer Zeit in den Central- stationen der Berliner Elektricitätswerke und der AlUgemeinen Elektricitäts-Gesellshaft von ihm eingeführt, eine außerordentlich große Garantie für den Sicherheitszustand des Beleuchtungs- neßes geboten haben. Eine eingehende Discussion über diefen Vor- trag is auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung geseßt worden. Hierauf machte Herr Geheimer Regierungs-Rath, Prosessor Dr. Slaby an Stelle des durh die Erkrankung des Herrn von Hefner-Altencck ausgefallenen Vortrags eine Mittheilung über eine neue Art des elek- trischen Scbivelkbetfährens der Herren RULAnge und Hoho. Nächste Sitzung des Vereins: Dienstag, den 28. Marz. j

In der Erziehungsabtheilung - der Weltausstellung zu Chicago wird au die Comenius-Gesellschaft vertreten sein. Der Commissar des Königlich preußk{en Unterrichts-Ministeriums, Herr Professor Dr. Waetßoldt, hat den ersten Band der Monats- hefte der Comenius-Gesellshaft (Jahrg. 1892), welcher in einer Stärke von 26 Bogen (Lexikon-Octav) vorliegt, sowie einige fonstige Drucksachhen zur Ausstellung eingefordert. Wie hoh * Comenius in den Vereinigten Staaten geschäßt wird, hat der großartige Verlauf der Jahrhundertfeier bewiesen. Der Chef der obéxsten Unter- rihtsbehörde der Vereinigten Staaten, Herr Dr. ‘T. W. Harris, und dessen Secretär, Herr Dr. L. Klemm (ein Deutscher), gehören der Contenius - Gele Haa seit ihrem Bestehen als Mitglieder an, Neuerdings regt fih auch in Großbritannien die Theilnahme für diese Gesellschaft, wie der Beitritt der „Lehrer-Ver- einigung von Großbritannien und Irland", und ein sehr sym-

athish gehaltener Aufsaß der „Academy“ beweist, Die Gefell- schaft, die in Deutschland. im Jahre 1890 enigen ist, hat außer in den obengenannten Ländern bereits in Belgien, Dáänémark, rankrei, Jtalien, den Niederlanden, Norwegen, Rumänien, Rußland, chweden, der Schweiz und ‘besonders in Oesterreich-Ungarn Fuß gefaßt und im ganzen bis jeßt etwa 1000 Mitglieder geroonnen, An? meldungen und Beiträge nehmen das Bankhaus W. Molenaar u. C0. erlin C., Burgstraße, und die Buchhandlung von Williams u. Norgate, 14 Henrietta-Str. Covent Garden, London, entgegen.

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Literatur.

Nechts- und Staatswissenschaft.

- Der Prozeß Ziethen in Elberfeld. Von Ernst Barre. Berlin 1893, Georg Reimer. Gegenüber der Schrift von Paul Lindau „Der Mörder der Frau Ziethen“, welche Verfasser übrigens gegenüber den früheren Aussätßen als eine ernsthafte Arbeit anerkennt, wird der ermittelte Vorgang ruhig und klar nach seinen Ermittelungen dargestellt und der Spruch der Geschworenen, als ein berechtigter, sachlich begründet. All denen, welhe sih wegen des Wahrfpruhs noch beunruhigt fühlen, sei die Schrift empfohlen, welche durchaus spannend ift.

Sächsisches Archiv für bürgerlihes Necht und Prozeß, herausgegeben von Stephan Hoffmann, Ober-Landes- gerihis-RNath in Dresden, und Dr. Frdr. Wulfert, Landgerichts- Rath in Leipzig. Leipzig, Roßberg’|he Buchhandlung. Band 111], Heft 1, enthält: Mündelmäßige Hypotheken von Ober-Amtsrichter Dr. Freese in Döbeln. Wie weit hat der Richter die Nothwendigkeit zu erstattender Kosten zu prüfen ? Von Landgerichts-Director Dr. Frey in Leipzig. Es folgen Auszüge aus Entscheidungen des Reichsgerichts in der Form Bolze (S. 14—19), Entscheidungen sächsisher Gerichte S. 19—57. Literarisdle Besprechungen.

Centralblatt für Nehtswissenschaft, herausgegeben von von Kirchenheim, Professor der Nechte in Heidelberg. Leipzig, F. C. Hinrichs’\he Verlagsbuchhandlung. Bd. X11, Heft 6, März 1893, bringt zuverlässige Mittheilungen des Inhalts von zwanzig neu erschienenen Werken aus dem Nechtsgebiet des In- und Auslandes ; wobei zu beachten, daß nicht nur England, Italien, Frankreich, sondern auch Nußland, Ungarn, Kroatien mit den Werken in der Landeësprache Berücksichtigung finden. Jn neuerer Zeit ist bei einigen Gerichten die Einrichtung getroffen, daß das Centralblatt unter den Nichtern umläuft, sodaß dieselben stets von den neuesten Erscheinungen Kenntniß erhalten. Es wäre das für alle Gerichte wünschenswerth.

- Die Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht. Zum Gebrauch für den Schöffenrichter. Von E. Ebert, Amtsrichter. Breslau 1892. J. U. Kern's Berlag (Max Müller). 8. 54 S. 1,50 M Rasch, correct, gründlich und geschickt zu verhandeln, ift einc s{chwierige Aufgabe des Schöffenrichters; ibm diese zu erleichtern, bezweckt die Schrift. So ist in der Vorrede gesagt und damit zu erkennen gegeben, daß die Schrift für den Vorsitzenden des Schöffen- gerichts bestimmt ist. In der That i} denn auch diesem über- chtlih alles an die Hand gegeben, wie sich S. 11 aus dem Entwurf einer Tafel ergiebt, inwieweit Verwandte und Vershwägerle vom zeugnißzwang befreit sind Die einschlägigen Entfcheidungen des Neichégerichis sind zur Sicherung angeführt. Die Vorsitzenden der Schöffengerichte werden den erfahrenen Collegen in dem Verfasser der Schrift erkennen und ihm dankbar sein.

Militärisches.

Der Feldzug gegen den Loir und die Einnahme von Vendóme am 15. und 16. Dezember 1870, kriegsgeschichtliche Studie von von Korßfleisch, Hauptmann und Compagnie-Chef im Braunschweigischen Jnfanteric-Regiment Nr. 92. Berlin 1892. E. S. Mittler und Sohn. Preis 3,50 4 Der Verfasser hat-aus dem Feldzug gegen die Loire die interessanteren Ereignisse, die Ge- fe{chte von St. Amand, Vendôme und Coulommiers vom 15. Dezember 1570 fowie das Verfolgungêgeseht am folgenden Tage ausgewählt, um sie in einer eingehenden Darstellung klar zu besprechen und daran lehrreichhe Betrachtungen über die Maßnahmen der Führer und das Verhalten der Truppen in strategisher und taktisher Hin-

iht zu knüpfen. Das Material dazu is außer den Werken des Generals von der Golß „Die Operationen der 11. Armee" und des Generals Chanzy „Die [1. Loire-Armee“ zahlreichen deutschen und französischen Regimentsgeschihten entnommen. Dadurh wurde £é er- möglicht, besondere Cinzelthaten, wie die kühne Eroberung der Batterie Devrez durch den seiner Compagnie weit vorausgerittenen, allein hcransprengenden Premier-Lieutenant Freiherrn von Bernewitz, genauer zu schildern. Die den Zustand der auf beiden Seiten fehtenden, \tellen- weise durch übergroße Anstrengungen nahezu ers{höpften und unter der Ungunst der Witkerung schwer leidenden Truppen drastisch beschreibende, die Tapferkeit aller Kämpfenden unparteiisch würdigende Schrift kann als cin werfhvoller Beitrag zum Studium ter Geschichte des deutsch- franzöfischen Krieges von 1870/71 warm empfohlen werden. - Vienstvorschriften der Königlich preußischen , heravsgegeben und redigirt von Karl von Helldorf, Oberst und Commandeur des 4. Thüringischen Infanteric Negiments Nr. 72. Fortgeseßt mit Genchmigung des Königlichen Kriegs Ministeriums. Vierte Auflage. Berlin 1893. Verlag von U, Vath. Bon diesem als Nahschlagebuch über die Bestimmungen unt &inrichtungen im_ preußischen Heerwesen für die Offiziere ‘und Militärbeamten seil Jahrzehnten bewährten, für die militärischen Bureaus fast unentbehrlichen Werk ist durch die zahlreihen in den leßten Jahren eingetretenen Veränderungen die Herauëgabe einer neuen Auslage erforderlih geworden, die vier Theile mit 24 Ab- theilungen umsassen wird und in längstens zwei Jahren zum PLelse von 60 bis 65 é, vollständig vorliegen foll. Zunächst sind von diejer Sammlung die erste und dritte Abtheilung des ersten Theils zum Preise von 7 und 4,80 M erschienen. Die erste Abtheilung, das Er- gänzungöwesen, enthält die Militärverfassung, die Wehr- und Militär- Pflicht, das Grsaß- und Controlwesen, Die dritte Abtheilung: das Militär-Erziehungs- und Bildungéwesen, giebt genaue Auskunft über das Cadettencorps, die Kriegsshulen, die vereinigte Artillerie- und Ingenieurshule, die Kriegs-Afadémie, die militärärztlihen Bildungs- anstalten, das Potsdamsche Große Militär-Waisenhaus, das Militär- Knabenerziehungsinstitut zu Annaburg, die Unteroffiziervorshulen, die Unteroffizierschulen, die Oberfeuerwerkerscule die Festungsbauschule die Militär-Roßarztschule, die Le ieden, den Schulunterricht dec cilitär-Roßarztshule, die Lehrshmieden, den Schulunterricht der Capitulanten bei den Truppen, den Schulunterriht der Militärkinder die Militär-Bibliotheken und die Generalstabs-Stiftung. Außerdem befinden sih in dieser Abtheilung die Bestimmungen über die Auf- naßine als Militär eundatist in der Nitter-Akademie zu Liegnitz und Über cie Aufnahme in Freistellen der Königlichen Landesschule zu pforta. Klare und übersihtliße Anordnung des Stoffs sowie große Zuverlässigkeit in den Angaben, die das Werk von jeher ausgezeichnet gaben, sind auch diesen beiden Bänden wieder nachzurühmen. Jedem Vand ist zur Erleichterung beim Gebrau ein Sachregister bei- gegeben. Erziehung und Unterricht. __ Deutsches Lefebuch für höhere Lehraustalten von De Hopf und K. O Zweiter Theil. Herausgegeben von Prof. Dr. phil. R. Foß, Director des Luisenstädtischen Neal- Gymnasiums zu Berlin. Zweite Abtheilung. Erster - Abschnitt. Proben der Dichtungen des Mittelalters, in einen kurzen Abriß der Uteraturgeschichte eingerahmt. Bearbeitet von Dr. phil. E, Henrici, Oberlehrer am Luisenstädtishen Real-Gymnasium zu Berlin. Achte, den neuen Lehrplänen gemäß abgeänderte Auflage. (Berlin 1892. Ernst Siegfried Mittler u. Sohn. 8. 150 S. 1,50 4, in Leinen- band 1,75 A6). Erfreulich ist es, daß die Aufmerksamkeit und die Kenntniß der Jugend mehr als früher unseren alten heimathlichen Dichtungen zugewendet wird. Die sprachlichen Schwierigkeiten sind leiht überwunden „und damit wird die herzinnige Tiefe, welhe in Uebertragungen meistens abgeschwächt ist, voll erkannt und empfunden. Gern werden auch die Eltern das Buch zur Hand nehmen und den

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1893,

Berlin, Dienstag, den 7. März

Kindern keinen Vorzug in der Kenntniß der alten Gesänge und Lieder

lassen. Kunstangelegenheiten.

Soeben erschien Heft T1I des „,Kunst-Salon"“ von Amsler 1. NRuthardt; es enthält an Kunstbeilagen eine Originalradirung von Mar von Fichard „An der Alb“, ferner einen Holzschnitt nah cinem Studienkopf von Harold Copping (London). Die illuftrirten Berichte vom internationalen Kunstmarkt sind wieder dur fünfund- zwanzig Illustrationen nach hervorragenden Werken in- und aus- ländisher Meister geschmüdckt. Der terxtliche Theil bietet diesmal folgende interessante Arbeiten: Die Mimik im Dienst der bildenden Kunst von Professor Karl Skraup. Das Kupferdruckpapier von Georg Buß. Aus dem Wiener Künstklerhause von Dr. Alfred Nofsig. Brief aus Rom von Hermine ven Preuschen-Telmann. Wie äußert sich das Interesse der uncivilisirten Völkerschaften für die bildenden Künste? Von Paul Reichard (Schluß). Der Kupferstih von Professor Louis Jacoby nah Sodoma’s Gemälde „Die Hochzeit Alexander?s und der Noxane" von Dr. Ad. Noscnberg. Otto Brahm’'s Werk: Karl Stauffer’'s Briefe 2c., von der Redaction. Officielle Mit- theilungen vom Vercin der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen. Ver- zeihniß des künstlerish interessanten Inhalts von 37 Kunstzeitschriften und illuftrirten Blättern des In- und Auslandes. JFllustrirte Berichte vom internationalen Kunstmarkt.

2 Wera ltung.

Besiegte Sieger, Kriegserinnerungen von Hans Nagel von Brawe. Leipzig, Verlag von Carl Reißner. Das Büchlein umfaßt fünf Geschichten, die mehr oder weniger ernsthafte Liebes- abenteuer deutsher Kämpfer auf französishem Boden während des leßten Krieges behandeln. Der Verfasser hat es verstanden, jeder einzelnen einen gewissen Nciz zu verlethen, sodaß es dem Geschma des Vesers überlassen bleiben kann, den höheren oder niederen Werth der einzelnen Erzählungen zu bestimmen. Humoristisch gehaltene Gpisoden wechseln ab mit rührenden, stimmungsvollen Bildern. Be- sonders werden die „besicgten Sieger“ dankbare Leser finden unter denen, die sih selbst des wechselvollen Treibens im Kriege, der auch menschlichen Gefühlen Raum läßt, erinnern und selbst ihre eigenen „Kriegserinnerungen“ haben. i

_— Eine interessante Veröffentlihung finden wir im März- Dei Ler „Deut Den Mund Gau und Ivar Die auto biographischen Aufzeichnungen Eduard Hanslicks „Aus meinem Leben“, welche die Jugend und die Studentenzeit des bekannten Musikschrift- stellers umfassen. Unter dem Titel „Wer kauft Liebesgötter 2" berihtet Professor Th. Birt von der allmählihen Wandlung, welche die Amoretten „in Kunst und Leben" von ihrer künstlerishen Wieder gabe an durchgemacht haben. Professor Ludwig Stein hat einen Aufsaß über „Friedri Nießsche's Weltänschauung und ihre Gefahren" beigesteuert. In seinem Artikel „Ballade“ beschäftigt ih Philipp Spitta näher mit der musikgeschichtlihen Entwickelung dieser Gattung von Composition, und zwei sich anschließende kleinere Aufsätze sind der „Columbus - Feier“ wie den „Politishen Zuständen auf den Hawagiischen Inseln“ gewidmet. Den novellistischen Theil des „Rundschau“ -Hefts füllen eine spannende Novelle von Paul Heyse : „Martin der Streber", sowie die neueste Erzählung von Salvatore Farina: „Wne Lüge der Liebe" aus. Neben der „Politishen Nund- schau“ führen" wir noch die reichhaltige „Literarische Rundschau" an, aus welcher wir. Herman Grimm's Aufsatz über die neuere „Dante- Literatur“ besonders hervorheben. s

i Die am 4, März 1893 im Verlage von J. J. Weber in Leipztg erschienene Nr. 2592 der „Jllustrirten Zeitung“ ent- hält u. a. folgende Abbildungen: Belausht nah einem Gemälde von Zakobus Leisten. Karte des Hawaii-Archipels im Großen Ocean. Edmund von Hofmann’s Centaurengruppen an der Freitreppe der Akademie der shönen Künste in Wien, 2 Abbildungen. Gerfon von Bleichröder, 7 am 19. Februar. Von den Hawaiti-Inseln, 6 Abbil- dungen: Skraße in Honolulu während eines Aufzugs am Geburtstage der Königin. Der Königliche Palast. Hulu-Tänzerinnen. Hütte der Eingeborenen. Palmenallee bei Honolulu. Das Par- lamentsgebäude. Maskenfest der Studirenden der Akademie der bildenden Künste in München. Originalzeichhnung von Fr. Amling. (Zweiseitig.) Aus den tiroler Alpen: Erdpyramiden bei Meran, nah der Natur gezeichnet von Karl Heyn. Eine Fischerfahrt in der Nord- see, 14 Abbildungen, nah dem Leben gezeichnet von Ferdinand Lindner. Moden. ____— In Nr. 7 des 62. Jahrgangs der von Otto Neumann- VDofer herauëgegebenen Wochenschrift „Das Magazin für Lite- ratur“ wird die Veröffentlihung des Schauspiels ,Heimath" von wermann Sudermann fortgeseßt. Max Haese is mit einem Ver- gleich des Kieler Dichters Jensen mit dem verstorbenen dänischen Dichter Jakobsen aus Thisted vertreten. Jn einem Aufsaz von Paul Schlenther wird die Bedeutung des im Alter von noch nicht vierzig Jahren verstorbenen Friß Gurklitt für die Entwickelung des Berliner Kunsthandels gewürdigt. Die kürzlih begonnene Mitthei- lung „Moderne Fabeln* von August Strindberg in der Ueberseßung von Gustay Lichtenstein wird mit der Fabel , Vollblut" weitergeführt. Ein Stimmungsbild „Glück?“ hat Heinz Tovote beigesteuert.

Beitschrift für deutshe Sprache, herausgegeben von Professor Dr. Daniel Sanders (Alt-Streliß). 11. Heft. Januar 1893. (Paderborn, Ferdinand Schöningh.) Preis vierteljährlich 9 ( Inhalt: Urtheilsthatbestand in sprahliher Beziehung. Das Weiß in Bildern und Gleichnissen. Knapphans. Welche HVauptaufgaben hätte eine zukünftige „Akademie der deutschen Sprache“ in grammatisher Hinsicht zu lösen? Die Verkleincrungssilbe „Men“. MAllrlei MNandbemerkungen zum 45. Jahrgang der „National-Zeitung“. Einige Bemerkungen zu H. Sudermann's zwanglosen Geschichten: „Jm Zwielicht“.

- Die _Halbmonats\chrift „Deutsche Jugend“, heraus- gegeben von Julius Lohmeyer (Hamburg), enthält in den zuleßt ershienenen Heften 7 und 8 wieder mehrere Schilderungen und Er- zählungen, die in hohem Maße geeignet erscheinen, das Interesse der Jugend zu erregen und ihre Liebe zum Vaterlande, zur Natur und zum Thierreich zu erhöhen. Durch humoristische Dichtungen und zahlreihe Räthsel der verschiedensten Art wird ferner dem Unter- haltungsbedürfniß Rechnung getragen. Wie gewöhnlich, sind auch diese Hefte mit vortrefflihen Abbildungen geziert. Der Äbonnements- preis beträgt vierteljährlid 1,50 M

e _ Verschieden es.

Die linke Hand. Eine physiologishe und medizinisch- praktishe Abhandlung für Aerzte und Pädagogen, Berufsgenofsen- schaften und Versicherungsanstalten. Von Dr. L. W. Lier sh, Ge- heimem Sanitäts-Hath und Kreisphysikus des Landkreises Kottbus, Mitglied des Vorstandes der Aerztekammer der Provinz Branden- burg und des Stadtkreises Berlin. Berlin 1893. Nichard Schoeß. 8. 4 S. A 1,20. Die kleine Schrift soll L gera eine Ghrenrettung der linken Hand fein, heißt es im Nahwort. Der Verfasser giebt eine namentlich für den Nichtarzt lesenswerthe und belehrende Darstellung des Baues der Hand und wendet si dann der Bedeutung der Ausbildung der linken Hand, deren Kräftigung und deren Ginfluß auf die Gesundheitspflege überbaupt zu. Es sei aus dem Nachwort kennzeihnend für die Schrift Folgendes mite getheilt: „Unsere Zeit ist epohemadhend darin, daß man das Verhüten der Krankheiten und Leiden dem Behandeln Ie kann aber nicht auch dur) Uebung, durch vermehrten Gebrauch der linken Hand fo

Priorität der rechten Hand zu bestreiten, vielmehr die rechte Hand als die männliche und die linke Hand als die weibliche ansehend, hatte ih die Absicht, durch diese Schrift auf Zweihändigkeit Ambiderterität hinzuwirken, als Vorbeugungsmittel bei so manchen Uebelständen, welche unsere arbeitsame und streöeclustige Zeit bei der Jugend herauf- erzieht. Wollen nit allein Aerzte und Pädagogen, sondern au die Eltern, die Familie in dieser Beziehung die Schäden unserer Zeit niht verkennen, fondern “auch bessern bemüht fein.“ Hiermit sei die Schrift, welche für einen weiteren Leserkreis anregend und belehrend, sowie nußbringend fcin wird, empfohlen. _ Die Entwickelung unserer Colonien. Sechs Denk- schriften. Berlin 1892. Siegfried Mittler und Sohn., Diese Denk- schriften stellen mit zuverlässigen Thatsachen dar, sie sind die Wider- legung aller abweichenden Behauptungen und deshalb von Bedeutung für alle, welche selbständig und ohne Vorurtheil beurtheilen wollen. Die Denkschriften betreffen: 1) Entwickelung Togos im Jahre 1891 und ersten Halbjahr 1892: 2) Entwickelung Kameruns, 3) der südwest- afrifanishen Schußzgebiete, 4) von Deutsh- Ostafrika, 5) des deutschen Schutgebiets der Neu-Guinea-Compagnie in der Südsee, 6) des Schutzgebiets der Marschallinseln im Jahre 1891. i Verhaltungsvorschriften bei Erkrankungen an Masern, Scharlach und Diphtherie, gemeinverständlih dar- gestellt von Dr. med. Coesfeld, in Barmen. Louis Heuser?s Verlag. Neuwied und Berlin, 2% „. Kurz gefaßte Verhaltungêmaß- regeln, welhe jedo zen Arzt nicht entbehrlih machen können.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberfch{lesien. An der Nuhr sind am 6. d. M. gestellt 10 849, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. / In Oberschlesien sind am 4. d. M. gestêllt 2197, nich! rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgeriht 1 Berlin stand am 6. März das dem Zimmermeister Hermann Loewe zu Charlotten- burg gehörige, in der Swinemünderstrafße 44 hierselbst belegene Grundstück zur Versteigerung; Nußungêwerth 16 000 (; Mindest- gebot 218 000 6; für das Meistgebot von 218 001 A wurde der Rentier David Marcus Loewenheim zu Berlin Ersteher. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung weger des Grundstücks in der Müllerstraße 165a, dem Rentier Auguf Gauger gehörig.

Berlin, 4. M A{(Wocwenbericht Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Mar la. Kartoffelmehl 20—207 #Æ, Ia. Kartoffelstärke [Ta. Kartoffelstärke und - Mehl 18—19% f, feuchte Frachtparität Berlin 10,80 4, Frankfurter Syruvfabrikér nach Werkmeister's Bericht franco Fabrik 10,50 4, : 24—245 Æ, Cap. -Syrup 25—25) M, ( 264 46, Kartoffelzucker gelber 24—241 A, Rum-Couleur * 36—37 #Æ, Bier-Couleur —3 gelb und weiß, Ia. 27}—28 ÆA, do. secun Weizenstärke (kleinst.) 34—35 A, Weizenstärke (arof Hallesche und Schlesishe 41—42 M, Reisftärke (Strable: 49 MÆ, do. (Stücken) 46—47 Æ, Maisstärke 32 k nom, stärke 30 /(6 nom., Victoria-Erbsen 19—22 4, Kocherbîen 16—2 grüne Erbsen 17—20 , Futtererbsen T5 : 20—26 M, Linsen, große, neue 40—54 A4, fletne 20—32 M, gelber Senf 40—48 Mais loco 12—123 M4, Pferdebohnen 141—16 , bis 157 M, inländische weiße Bohnen 16—18 . 20—-22 M6, aris Bohnen 15—16 M, Bohnen 13—14 , Wicken 137—14 M, Leinkuchen 16—17 4, Weizenschale 9 jentlcie Napskuchen 13—144 4, Mohn, blauer 54—60 4, 86—95 M, Hirse, weiße, 18—20 # Alles per 100 kz Berlin bei Partien von mindestens 10 000 ke.

- An der gestrigen ordentlichen Generalversammlung conto-Gesellshaft in Berlin betbeiliaten {G manditisten mit 308 Stimmen. Bei ‘\predung und des Geschäftöberihts für 1892 über das Unternehmen der gr gebeten. Es wurde geantwortet, die sprochene Eisenbahn-Unternehmen daß der Staat Venezuela vor olit wahrt bleibe. Ueber das Popp’sche Unterne! zu geben, lehnte die Verwaltung mit dem L darauf rechne, das Vertrauen Co Bersammlung genehmigte den stellten Jahresabs{luß und die idende mäßigen Wechsel aus dem Aufsichtsrathe

l

Herren General-Director Brauns, Rechtéanwalt Wirklichen Geheimen Rätbe Dr. Herzog und auf 4 Geschäftsjahre wiedergewählt.

Dirie ordentlihe Generalversamm mersdorfer Terrain-Gesellsä

Dividende von 26 9% = 260 4 pro Actic der Bank für Handel und Industrie Aufsichtsrath ausscheidenden Mitalie Die sh anslhließende außerordentliche lung, auf deren Tagesordnung der Antrag chaft stand, war uit bes{lußfähia, da dic des Grundkapitals nicht vertreten waren. zweite außerordentlihe Generalversammlung cinzuberufen, die nah dem Statut bes{lußsähig ift als zwei Drittel des Grundkapitals vertreten nd.

- Vom oberschlesi\{chen Mountanmarkt deri „Schl. Ztg.“ : Die Haltung des oberschlesishea Eiscumarkts k in der verflossenen Woche unverändert. Der Betrieb in leßter Zeit zu stande gekommener S@(hlüße stärkt worden, und die cingehenden“Auftr a zum Theil vom Lager umgehend erledigt. Infolgedessen ziehen & die Handler vor, die gewünschten Eisensortcn von zu Fall „zu beziehen. Das -Robeisengac Gf infolge des geringen Bedarfs sowohl Puddel- Gießerei-Roheisen hr darnieder, und elbst die in Zeit wieder vorgenommene Einschränkung der Production tountt dus weitere Anwachsen der Roheisenbestände nit gänzlich verbindera. Zu den großen Roheisenmassen auf den Hüöttenpläßen traten noch die de» deutend angewachsenen Bestände an Alteisemmaterial, wels. ltt zu ungewöhnlich niedrigen Preilen angeboten, von den Werken nur ungern gekauft wird. Die rzzufubhr it dem gogenoärtigen Hrehofen» betriebe angemessen und erfolgt zum größten Theil aus dem Tarno» wiger Erzrevier. Ausländische reihere Erze werden nur în Ütinreon Quantitäten als Zuschlag zu den oberschlesischen Brauneif ._ und zwar meistentheils aus men und Ungarn bezogen. Die ‘Welt van

ahe E ili BLrIONU DON AR

manches Uebel verhindert werden ? Ohne die Berechtigung einer gewissen

galizischen Erzen hat, weil gegenwärtig unlobnend, fast ganz aufgehört.