1893 / 58 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater gelangt, wie bereits gemeldet, morgen Dellinger's „Don Cesar“ zur leßten Aufführung. Freitag geht Millöcker's Operette „Das Sonntagskind" als Rel rorienans ür Herrn Reinhold Wellhof in Scene.

_Im esidenz-Theater geht am Sonnabend der Schwank „Die beiden Champignol“ (Champignol malgré lui), am Sonntag in der zum Besten der Nothleidenden auf der Insel Zante \tatt- findenden Matinée das einactige Schauspiel „Das Geständniß“ von Sarah Bernhard erstmalig in Scene. Jn dem zuerst genannten Stü ift das plane Verrenperfonal des Theaters beschäftigt.

Im Kroll’\hen Theater wird morgen eine Wiederholung von Bellini’'s „Nachtwandlerin“ mit Frau Nevada in der Titelrolle und am Srenag eine Wiederaufführung von „Mala Vita“ mit Frau Minnie Hauk als Christine stattfinden.

, Die erste Aufführung der Costa’shen Posse „Jhr Corporal“ wird von dem Wiener Ensemble im Thomas- Theater am Sonn- abend stattfinden. Herr Josef Blum wird die Titelrolle, den Fstrán, pielen, während Herr Franz Müller die Schweighofer'she Rolle, den

ampe, übernehmen wird. Bis zum Sonnabend bleibt das vierte Stü des Nestroy-Cyklus „Der Talisman“ auf dem Spiélplan.

Die „Sirenen-Jnsel“, Ballet von Haßreiter, welhes im Theater Unter den Linden seit dem ersten Weihnachtsfeiertage allabendli den Schluß der Vorstellun bildet, geht morgen bereits zum 75. Male in Scene.

Die Pianistin Fräulein Eugenie Reinhold wird in ihrem am Freitag Abend 74 Uhr im Saal Bechstein stattfindenden Concert u. a. Mozart's Phantasie C-moll, Scarlatti's Pastorale und Capriccio, Rubinstein's Barcarole A-mo11, Liszt's ,Waldes- raúshen“ sowie eine Reihe Chopin'scher Werke spielen. Im dritten und leßten Abonnements-Concert der Herren Florian Zajic und Heinrih Grünfeld am 10. d. M. Abends 75 Uhr, in der Sing-Akademie gelangen von Cello-Soli ein Adagio von Tartini und eine Serenade von Godard zum Vortrag, während Herr Zajic das Albumblatt von Wagner und Wieniawski’s Polonaise D-dur als Solostücke gewählt hat. Das Programm, welhes durch ein Trio von Volkmann eingeleitet und dadurch ein Trio von Kirchner beschlossen wird, erhält durch Vorträge der Fin Fräulein Emma Koch und des Tenoristen Herrn N. von Zur-Mühlen reie Abwechselung.

Dem Rechenschaftsberiht des Intendanten der Neuen Theater-Actien-Gesellschaft zu Frankfurt a. M. vom 20. v. M. entnehmen wir die nahstehenden Mittheilungen. Die finanziellen Ergebnisse des Theaterjahres 1891/92 sind ungünstig beeinflußt gewesen dur die Folgen der Cholera. Epidemie in Deutsch- land, die gerade in den für den Theaterbesuh wichtigsten Monaten August und September den Fremdenverkehr in Frankfurt und den benachbarten Badeorten bedeutend vermindert haben. Troßdem ist es der Theaterleitung gelungen, infolge der guten Wintereinnahmen und besonderer Anstren-

uñgen im Monat Oktober, sowie Ee: vertragsmäßig festgestellten städtischen Subvention und den vorhandenen eigenen Beständen ohne die e ungewöhnlihe JFnanspruhnahme von finanziellen Mitteln das Verwaltungéjahr abzuschließen. Die * Ausgaben beliefen si eins{ließlich der an die Stadt zu zahlenden Billetsteuer auf 1 366 787,77 M, die Einnahmen auf 1 160 933,79 4 Die Billetsteuer be- trägt 95 746 M. Ueber die künstlerishe Bewegung im Theaterjahr 1891/92 wird berichtet: a. In der Oper wurden sechzehn neue bezw. neu ein- E Werke gegeben. b. Im Schauspiel wurden zum ersten Male l, neu eingeübt 21 Werke aufgeführt. c. Im Ballet gelangte nur ein Werk (Coppelia) zur Aufführung. Der Vertrag mit dem

j | j | j | j

A

iht vom 8. März, Morgens.

00 +4 2 «(L 4 a

|

|

Bormittags

fius |

40 R.|

Julie, dramatische Symphonie für Soli, Chor und Orchester von Berlioz. Anfang 7# Uhr.

Billets zu 2 und 1 # an der Theaterkasse.

Intendanten Herrn Emil Claar is vom 31. Oktober ab auf weitere neun Jahre verlängert worden. Durch den Tod des Kapellmeisters Otto Dessoff am Ende des Geschäftsjahres hatte das Theater einen empfindlichen V. rluft, ,

Die Einnahmen der Pariser Theater während des ver- flossenen Jahres erreichten, wie der „Nat. Z.* berichtet wird, 22933 316 Fr., über eine Million weniger als im Vorjahre. Die Große Oper nahm ein: 3 156 212 Fr., die Comédie française 1 936 369 Fr., die Komische Oper 1 702 256 Fr., das Vaudeville 1 101 754 Fr., das Hippodrome 1 370 791 Fr., das Odéon-Theater 462 692 Fr., Palais- Royal 735 317 Fr. Ambigu 278 905 Fr., Chôütelet 9158 544 Fr., Porte Saint-Martin 697 030 Fr., Gyinnase 402 942 Fr., Folies- Bergère 817 000 Fr. u. \. w. Die Einnahmen stiegen: in der Großen Oper um 3 9%, im Vaudeville um 40 %, im Châütelet um 8 °/o, in der Porte Saint-Martin, in den Neouvautés um 80 °/,, in der Renaissance um 8 9%, in den Folies-Bergère und im Cluny- Theater um 10 9/9; sie sanken: in der Comédie francaise um 2 9%, in der Komischen Oper um 5 9/6, im Odéon und im Variété-Theater um 30 %, im Gymnase um 55 %, im Ambigu, in den Bouffes Parifiens, im Dejazet um 50 9%, in den Menus-Plaisirs um 25 9%,

Mannigfaltiges.

hx é Majestät dië Kalsêrin hat, wie die „N, Pr. 3," ex- fährt, auch in diefem Jahre dem Vaterländishen Frauenverein in Goldap für die zum Besten seines Waisen- und Erziehungshauses am 12. März stattfindende Verloosung von Gegenständen ein Geschenk überwiesen. Es befteht aus kostbaren Porzellanfiguren und bildet den Hauptgewinn der Verloosung.

Der Polizei-Präsident erläßt folgende Bekanntmachung: Im Verlauf der leßten Jahre sind mehrfah Apothekenräu mlich- keiten ohne meine Genehmigung nah Ausdehnung oder Lage ver- ändert worden. Die für die Anlage einer Apotheke in Aussicht genommenen Räume werden von der Aufsichtsbehörde vor ihrer Ein- rihtung nicht allein bau-, sondern stets auch medizinalpolizeilih darauf geprüft, ob fie ihrer künftigen Bestimmung überhaupt, wie insbesondere nach räunilicher Ausdehnung und Lage zu cinauder, entsprechend ge- wählt sind. Erst nahdem die Aufsichtsbehörde sih mit der ge- troffenen Wabl einverstanden erklärt hat, darf die Einrichtung der Räume beginnen. Dieses Verfahren hat den Zweck, Unzuträglichkeiten für den Apothekenbesitzer bei der Eröffnungsrevision zu verhüten, bei welcher die Offizin wie die Nebenräume au in Ansehung des Raumes (Instruction für das Verfahren bei Apothekenrevisionen vom 21. Of- tober 1819, Ziffer 7 und 8) zu besichtigen find. Jede Veränderung jener Näume bedarf daher der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, d. h. für Berlin und Charlottenburg des Unterzeichneten. Die Herren Apothekenbesißer und -Verwalter mache ih hierauf unter Hinweis auf § 132 des Gefeßes über die allgemeine Landesverwaltung vom 20. Juli 1883 (Gefeßz-Samml. Seite 195) und die daraus eventuell si er- gebenden Folgen ausdrücklich aufme:fsam.

Auch in den Vororten Berlins sollen, wie der „N. Pr. 3.“ mitgetheilt wird, nun Volksbibliotheken eingerihtet werden auf Anregung der Gesellschaft für ®terbreitung von Volksbildung, die jeder der neu si bildenden Bibliotheken einen Grundstock von hundert Bänden überweist. Die erste Volksbibliothek is in Zehlendorf am l. März eröffnet worden; in Neu-Weißensee und Südende ist die

Beilage.)

Sonnabend: Zum 1.

Uhr: Deffentlihe Hauptprobe. | Deutsch von Benno Jacobson.

Male:

Champigunol. (Champignsol malgré lui.) Es n, ¿id A Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvallières. O Ce Dare (Lehrter Bahnhof).

Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matinée zum Besten

Einrichtung beschlossen und in der Ausführung - begriffen; in Grkner, Hermsdorf u. a. O. werden Vorbereitungen getroffen.

Von der kurishen Nehrung, 6. März. Die Arbeiten zur Peltlegun und Bewaldung der Sanddünen auf der urishen Nehrung sind im verflossenen Jahre wieder um ein Erheb- liches gefördert worden. Es sind, wie die „Pr. L. Z." berichtet, gegen 14 ha Wanderdünen mit zweijährigen Kiefern bepflanzt und zwar zu etwa È mit pinus montana und zu § mit pinus silvostris. Ferner erfolgt im gleichen Verhältnisse die Bepflanzung bon etwa 28 ha, nicht mehr erforderlicher Nar tvae Auch wurde das Haffufer auf eine größere Strecke mit Weidenstecklingen beyfkanzt, um es gegen Abbruch bei Hochwasser zu schüßen. Die im Fröhjahr bepflanzten Dünenflächen sind später mit ungefähr 7500 Raummetern gekürztem Nadelholzreifig bedeck und 29-.ha Wanderdünen mit Sandgras- pflanzen festgelegt und für die fpätere Holzcultur vorbereitet. Auf den Niederungsflähen wurden mit gutem Erfolg Birken und Erlen nachgepflanzt, sodaß in Zukunft auch Laubholz auf der Nehrung vor- handen sein wird.

Ragnit, 6. März. . Sein hundertftes Lebensjahr vollendet, wie die „Ostpr. Z.* berichtet, heute der Ehrenbürger unserer Stadt Particulier von Bähr hierselbst. Am 6. März 1793 zu Ragnit als Sohn der Neunann’schen Eheleute geboren, erlernte er bei einem Onkel in Memel das kaufmännische Gewerbe. Jm Jahre 18308 trat er beim Militär, und zwar bei den Pionieren ein, war bei der Vertheidigung des Brückenkopfes in Danzig und machte die Befreiungskriege mit. Während der Militärzeit vermochte er seiner Neigung zu fkartographishen Arbeiten größeren Raum zu geben, und es erfolgte nah kurzer Zeit seine Beförderung zum Offizier. Die Ausbildung in der Kupferstehkunft verschaffte ihm Anstellung bei der Landesaufnahme, und bei den hierbei nöthigen Reisen gewann er das Herz einer Gräfin Solms, mit der er sih verheirathete. Leider zerriß der Tod bald dieses Band. Dk Mutter der Verstorbenen adoptirte hierauf den Schwiegerfohn, und dieser wurde unter dem Namen von Bähr geadelt. Später verhet- rathete sich Herr von Bähr mit einer anderen adligen Dame und siedelte nach Halle an der Saale über, wo er 0 vorwiegend mit der Leitung kartographisher Arbeiten beschäftigte, bei der Herstellung von topographishen Karten für das Brockhaus'sche Con- versations-Lexikon mitwirkte und vielfach im Interesse der topographi- hen Landesaufnahme thätig war. Auch unterhielt er regen Verkehr mit Männern wie Alexander von Humboldt u. \. w. Jm vorgerückten Lebensalter kehrte Herr von Bähr nah seiner Geburtsftadt Ragnit zurück, wo er im Kreise einiger Töchter in feltener Rüstigkeit und Frische seinen Lebensabend verbringt, geahtet und geehrt von Jeder- mann. Im Jahre 1882 verlieh ihm die Stadt das Ehrenbürgerrecht.

Kopenhagen, 8. März. Von Dragör aus wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß heute Nacht das Eis aus der Kjöge-Bugt fort- getrieben worden, das Fahrwasser somit nah Süden ofen ist.

New-York, 7. März. Einem Beriht des „D. B. H.“ aus Queenstown zufolge, ist gestern die österreichishe Barke „Geni tori Tarabo chi“ nah 152tägiger Fahrt dort eingelaufen; alle Lebensmittel waren ausgegangen, die ganze Bemannung befindet sich im traurigsten Zustande.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Die beiden | Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Wind, Wetter.

|

Mullaghmore SW 3/halb bed. | Aberdeen .. | 7 WNW 3 heiter | Christiansund | 750 |NW | Kopenhagen . | 749 |NW ‘he l

Stationen.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres\p red. in Millim

I] =J

=Id®

[=ck

Temperatur DO =J C0 in 0 Cel 50 (C

0 C

Stocktholm . | 744 |\NO u aranda . (0D \till|wolkenlos |—2!

t Petersburg| 744 |ONO Z3hheiter —18 Moskau . …. | 740 |SSW 1/Schnee —7 Cork, Queens- E

town ... | 774 |\NNW zlhalb bed. Cherbourg . | 772 |W bededt

lder... | 768 |WNW 4 wolkenlos ylt ....| 7588 |NNW 7wolkenlos mburg . . | 759 |NW bededckt!) winemünde | 750 |WNW 83|wolkig Neufahrwafser| 743 |NW halb bed. Memel ... | 737 |\WNW 6|Regen 2)

Wel L D bedeckt

ünster .. | 766 |SSW 6h\halb bed. Karlsruhe . . | 769 |\SW 4lbedeckt?) Wiesbaden . | 767 |SW 2sbedeckt München .. | 768 |SW 6\Regent) Chemniß . . | 762 |S 7\wolfkig®) Berlin... . | 757 |WNW 6\wolkigs) Wilen 759 |[W 9\wolkig

WSW 7|bedeckt O O

Mo N IoMNPRRIO

Deni... | 706 ‘7\bede

Se dux .. | 770 2\heiter

E A 1768 2|heiter ; still|bedeckt

El 704

1) Gestern und Nachts Regen. *) Nachts Regen. 3) Nachts Regen. #) Nadhts Ne en. 5) Nachts Regen. #*) Nachmittags bis Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung.

Gin barometrisches Minimum, welches gestern Nachmittag über dem mittleren Schweden lag, ift südostwärts nah den russishen Ostfeeprovinzen fort- geschritten und verursaht in Wechselwirkung mit dem Hochdruckgebiete im Westen an der deutschen Küste stürmische Böen, stellenweise vollen Sturm, aus e und Nordwest, im Binnenlande starke, theilweise stürmische westliche Winde. Auf der Rük- Le der Depression, über Skandinavien, is der uftdruck stark gestiegen. Jn Deutschland ist das Wetter warm, unruhig, im Norden stellenweise heiter, im Süden vorwiegend trübe. Allenthalben if Regen gefallen, am meisten, 16 mm, zu Memel. Deutsche Seewarte.

I L L Theater - Anzeigen,

Königliche Schauspiele, Donnerstag, Opern- Haus. Keine Ne O

Achter Symphonie - Abend der Ae Kapelle zum Besten ihres Wittwen- und M MUEE Dirigent: Herr Felix Weingartner, Königlicher Kapellmeister. Solisten: Frl. Spar, _Herren Sylva und Mödlinger, von der Königlichen Hofoper. Chor: Der Königliche Opernchor.

Programm : 1) Duverture „Fidelio“ von Beethoven. 2) Symphonie C-moll vor Haydn. 3) Romeo und

-_

J} C

Neunter Symphonie-Abend am 22. März 1893.

Programm : Ouverture „Abenceragen“ von Cheru- bini. „Jupiter-Symphonie“ von Mozart. „[X. Sym- phonie mit Soli und Chören" von Beethoven.

Schauspielhaus. Keine Vorstellung.

Freitag: Opernhaus. 61. Vorstellung. Die Rantzau. Oper in 4 Acten von Pietro Mascagni. Tert von G. Targioni-Tozzetti und G. Menasci. (Nah Erkmann und Chatrian.) Deutsh von Mar Kalbeck. In Scene geseßt vom Ober-Negisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. An- fang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 68, Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benußung der Dichtung des altindishen Königs Sudraka. In Scene gesezt vom Ober-Regisseur Ptax Grube. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Talisman. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Zwei glückliche Tage.

Sonnabend: Der Talismau,.

Donnerstag : Der

Berliner Theater. Donnerstag: Die Dani- \chefffs. Anfang 7 Uhr. : g Freitag: Bei aufgehobenem Abonnement: König

ear.

Sonnabend: Die Danischeffs,

Lessing-Theater. Donnerstag: Anfang 74 Uhr.

Freitag: Heimath.

Sonnabend: Heimath.

Sonntag: Heimath.

Am 18. März: Die Tragödie des Menschen.

Heimath.

Wallner -Theater. Donnerstag: Der Fall Clémenceau. Anfang 74 Uhr.

Freitag: Die Grofiftadtluft.

Sonnabend: Der Fall Clémenceau.

Sonntag: Die Grofstadtluft.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Donnerstag : Zum 16. Male: Don Cesar. Operette in 3 Acten von Oskar Walther. Musik von R. Dellinger. In Scene geseßt vom Regisseur Epstein. P: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang Tur,

Freitag: Benefiz für Reinhold Wellhoff : Das Sonutagskind,

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg, Donnerôta (zum vorleßten Male): Gläubiger. Tragikomödie in 1 Act von August Strindberg. Anfang 7 Uhr. Hierauf: Zum 77. Male: Familie Pont-Biquet. Schwank in 3 Acten von Alexandre Bifson. Deutsh von Max Schônau. In Scene gesezt von Sigmund Lauten- burg. Anfang 8 Uhr.

Freitag : Zum leßten Male: Gläubiger. Hier- auf: Familie Pont-Biquet.

der Nothleidenden auf Zante, unter dem Protectorat Seiner Hoheit des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen. Einmaliges Auftreten der K. K. Hofburgschauspielerin Stella Hohenfels.

Kroll’s Theater. Donnerstag: Gastspiel von Sgra. Nevada. Die Nachtwandleriu. (Amine: Sgra. Nevada.) Anfang 7 Uhr.

„Freitag: Gastspiel der Königl. preuß. Kammer- fängerin Frau Minnie Hauk. Mala Vita.

Victoria-Theater. Belle - Alliancestraße 7/8. Donnerstag : Mit neuer Ausftattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. Großes Aus- stattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) von A. d’Ennery und Jules Verne. Ballet arran-

irt vom Balletmeister C. Severini. Musik von

ebillemont und C. A. Raida. Anfang 74 Uhr.

Freitag und folgende Tage: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen.

.

Neues Theater (am Siffbauerdamm 4/5).

Donnerstag: Zutn leßten Male: Tosca. Schau- Be in 4 Acten von Victorien Sardou. (Fräulein Barkany als Gast.) Anfang 7# Uhr.

Freitag: Zum 1. Male: Der Thgnogravy, Schwank in 3 Acten von A. Bisson. Hierauf: Der Frosch. Parodistishes Familienbild in 1 Act von O, E. Hartleben.

Sonnabend und Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

atb ae 4E ER A

Theater Unter den Linden. Donnerstag: Zum 955. Male: Lachende Erben. Operette in 3 _Acten von Ber und Stein. Musik von Carl Weinberger. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Binder. Dirigent: Kapellmeister A. Ferron. Die militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von L. Gundlach. di p neue Ausstattung an Deco- rationen und Kostümen. Hierauf: Zum 75. Male: Die Sirenen-Jusel. Ballet in 1 Act von H. Regel. Musik von R. Mader. Der choreogr. Theil von Jos. ßreiter. Inscenirt durch den Ballet- meistèr Herrn L. Gundlah. (Sensationeller (Frfolg.) Anfang 74 Uhr.

Freitag: Diesélbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Donnerstag: Zum 75. Male: Modernes Babylon. Gesangsposse in 3 Acten yon . Ed. Jacobson und W. Mann tädt. Sue theilweise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.

Freitag: Dieselbe VorsteVung,

Thomas-Theater. Alte Zakobstraße Nr. 30. Donnerstag: Gesammt-Gastspiel des Wiener En- semble unter Leitung des Directors Franz Josef Grafelli. Nestroy-Cyclus. Zum 6. Male: Der Talismau. Posse mit Gesang in 4 Acten von Jo- hann Nestroy. Anfang 74 Uhr. '

Freitag: Der Talismau.

Concerte.

Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Donnerstag: Karl Meyder - Concert. Anfang 7 Ühr. S

Saal Bechstein, Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 74 Uhr: Concert des Violin - Virtuosen Max Lewinger aus Wien.

Circus Renz (Carlstraße.) Donnerstag, Abends

74 Uhr: Große brillante Vorstellung. G Ein Künstlerfest. “uy

Große Ausftattungs - Pantomime vom Hofhballet- meister A. Siems. Mit überraschenden Licht- und Wassereffecten und auf das Glänzendste infcenirt vom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge- sammten Personals. Neue Einlagen mit groß- artigen Lichteffecten. Ballet von 100 Damen. Großartiger, in folher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Brillant- Feuerwerk. Außerdem u. a.: Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. „Johanniter“ und d in der hohen Schule geritten von Frl. Oceana Renz. Das borende Känguruh, vorgeführt vom Clown Misco. Marietta und Belloni mit ihren dressirten Kakadus 2c. i

Freitag: 8. Wiederholung der Gala-Fest-Vorstellung vom 27. Januar.

Sonntag: 2 große Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren fret):“ Die lustigen gen: Abends 74 Uhr: Ein Künstlerfeft.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Olga Naether mit Hrn. Haupt- Bann Georg Frhrn. von Stein (Wenig-Nossen— rieg). j Verehelicht: Hr. Lieut. Gustav Moßdorf mit Frl. Margarete Frißshe (Magdeburg). r. Gerichts-Assessor Dr. Giersberg mit Frl. Elfriede Wiesner (Liebau—Weisstein). i Geboren: Zwei Söhne: Hrn. Prem.-Lieut. von Zepelin (Stetrin). Eine Tochter: Hrn. Negierungs-Assessor Gerstberger (Neisse). _ Gestorben: Hr. Gutsbesißer John von Schulze (Ee Hr. Pastor em. Leopold Bath (Stolp i. Pom.). Frau Prem.-Lieut. Alexandrine von Tümpling, geb. Gräfin Pläten zu Haller- mund (Großenhain). Hofdante Freiin Jda von Künßberg-Wernstein (Meiniñgen). Gräfin Wil- helmine zu Ranyau-Breitenburg (Preetz). Hr. Erzpriester Carl Stiller (Wangern)

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: ——— ———— Verlag der Erpedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags3- Anftabt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Gesellschafts-Abend.

M

Deutscher Reichstag. 60. Sißung vom Dienstäg, 7. März, 1 Uhx.

Auf der Tagesordnung steht die Berathung des Marine- Etats.

Ueber den Beginn der Sißung haben wir bereits in der Dienstags-Nummer berichtet.

Bei den „Matrosen: Artillerie-Abtheilungen“ wird eine Vermehrung von 162 Stellen und eine Erhöhung des Etats um 49 764 M verlangt, und zwar zur Beseßung für die Be- festigungen in Cuxhaven; im einzelnen soll die Vermehrung sih wie folgt zusammenseßten :

1 Ober-Deckoffizier, 1 Deckoffizier, 1 Feldwebel, 1 Vice- Feldwebel, 6 Ober-Maaten, 11 Maaten, 28 Gemeine mit Ober-Matrosenrang und 113 Gemeine. Die Commission hat diese Mehrforderung abgelehnt; cin Antrag Hahn und Ge- nossen empfiehlt die unveränderte Bewilligung des Etatsansazes. Die Commission hat der Vermehrung der Marinetruppen widerstrebt, welche in der Bewilligung liegen würde, und hält dafür, daß die Fußartillerie für die Besczung das nöthige Personal liefern könne.

Staatssecretär Hollmann

Meine Herren! Die Begründung für diese Forderung der Marine- Verwaltung habe ih meines Wissens in der Commission des hohen Hauses sehr ausführlih g2zaeben. Ich kann sie leider nicht in dieser Ausführlichkeit hicr wiederholen. Es sprechen hier Befestigungsfragen mit an einer Stelle, die außerordentlich wesentlich für die Sicherheit des Reiches ist ; infolge dessen bin ich nicht in der Lage, alle dicse Be- {werden und Gravamina, die wir haben, hier vorzubringen. Aber, meine Herren, das Eine kann ich hier constaticen, daß innerhalb der Commission wohl alle Mitglieder davon durchdrungen waren, daß es so, wie es augenblicklich ist, nit bleiben kann; es sei denn, daß diese sehr wichtigen Befestigungen ihren Zwecken nicht entsprechen sollen. Ich habe mir auszuführen erlaubt, daß nah der heutigen Sachlage die nrtilleristishe Besatzung dieser Befestigungen fehlt. Der Reichstag hat mit großer Munificenz Gelder bewilligt für Curx- haven, die verwendet wurden für den Bau der Befestigungen, für die unterseeishe Vertheidigung der Elbe. Diese Befestigungen sind zum großen Theil heute vorhanden, die unterseeishe Vertheidigung des Playes ist vollendet. Naturgemäß muß nun auch derjenige Theil der bewaffneten Macht zur Stelle sein, der im Kriege die Vertheidigung dieser Befestigungen übernimmt. Das' ist leider, wie die Dinge heute liegen, nicht der Fall, Bis zum Januar d. J. war in Cuxhaven keine Besatzung. Es lag in Curhaven keine Garnison. Im Januar ist auf Allerhöchsten Befehl eine Minencompagnie dahin verlegt worden, weil naturgemäß die allererste Sorge der Commandobchörden sein muß, in Cuxhaven in diesem Theil der Vertheidigung bereit zu sein. Das wäre nicht möglih ohne Gegenwart der Minencompagnie, denn um diefe von Bremerhaven, wo sie bisher lag, herbeizuführen, ver- gehen zwei Tage. Es war dies also ein dringendes Bedürfniß, welches bereits in diesem Januar erledigt worden ist. Nun muß ih noch vorausschicken, daß diese Minencompagnie lediglich Verwendung finden fann und muß ‘für die Besorgung der unterseeischen Bertheidigung. Wir haben keine Mannschaften für die Besetzung der Befestigungen. Erst nah einer ganzen Reihe von Tagen ich babe die Zahl der Tage in der Commission angeführt wird es möglich sein, die Befestigungen in der Art zu beseßen, daß sie den Anfor- derungen Genüge leisten können. Es wurde in der Commission der Herr Referent war so gütig, das auch zu erwähnen gesagt: Ja, warum foll denn die Marine die Befestigung von Cuxhaven besetzen. Man möge das der Armee überlassen. Darauf hatte ih erwidert und muß es auch hier betonen : das kann die Armee, so wie die Verhältnisse liegen, gar nicht; denn Curhaven wie Bremerl)aven, die Befestigungen an der Elbe und an der Weser sind der Marine übertragen worden, und zwar mit Zustimmung des hohen Neichstags. Es wurden damals die Forderungen, die sich an diese Uebernahme knüpften, vom hohen Reichstag genehmigt und damit wohl auch die Zustimmung ausgesprochen, daß die Marine die Vertheidigung an diesem Platz zu übernehmen hat. Warum die Marine geeigneter ist als die Armee, solhe Vertheidigungen zu übernehmen, das wurde damals ausgeführt; es wurde zugestanden

und auch in der Commission, glaube ih, hatte man ih davon überzeugt, daß in der That Marincmanuschaften unter Führung von Sceoffizieren geeigneter seien, Seebefestigungen zu commandiren, als die Landarmce. Sie sehen sich einem Feinde gegenüber, dessen Streit- mittel auf dem Wasser {chwimmen, deren Kenntniß also einem See- offizier leiter wird als dem Landoffizier. Kurz und gut, die Marine hat die Befestigung überno n und muß für diese Befestigung ein- treten. Die Marine is ganz zweifellos verantwortlih dafür, daß an dieser Stelle das geschieht, was nothwendig ist. Darum legt die Marineverwaltung naturgemäß einen ganz besonderen Werth auf die Bewilligung dieser Forderung und muß hier olne weiteres erklären, daß, wenn diefe Forderung gestrihen wird, ein außerordentliher Nothstand entsteht, der in Zukunft vielleicht sehr üble Folgen hat. Jch kann mich des weiteren darüber nicht aus- lassen. Wie ‘gesagt, in der Commission habe ih alle diese Dinge ausgeführt; ih bin so weit gegangen, daß wohl alle Herren verstehen werden, wie sehr uns an dieser Stelle der Schuh drückt. Wenn nun gesagt wird, es sei im vorigen Jahr dem Reichstag eine Denkschrift vorgelegt,- worin dieser Matrosen - Artillerie gar keine Erwähnung gethan- wird, so kann ih nur erwidern: diese Denkschrift bezog sich niht auf die Verm-hrung des Personals der Matrosen- Artillerie und des Seehataillons, fondern lediglih auf die Vermehrung desjenigen Per- fonals, welches für die Einschiffung bestimmt ist; also an dieser Stelle war eine Erwähnung der Matrosen-Artillerie und der hier beab- sichtigten Vermehrung nicht am Plage.

Ich bitte also noch einmal darum, der Marine zuzugestehen, daß sie mit einer Forderung an den hohen Reichstag herantritt, die sie,

wenn sie ihrer Verantwortung genügen wollte, gar nicht. länger hinaus- j

schieben konnte, und ih bitte so dringend wie mögli, daß diese Com- pagnie, ‘die ganz zweifellos für die. Befestigung von Cuxhaven unent-

t

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. D, :

Berlin, Mittwoh, den §. März

behrlih ist es ist das allergeringste, was wir fordern können gebilligt wird, und mit dieser Compagnie, die sih dann mit der Minen- compagnie zu einer Abtheilung vereinigt, auch der Abtheilungs\stab und alles, was dazu gehört.

Abg. von Henk (dcons.) empfiehlt nochmals die volle Be- willigung; die Militärverwaltung könne für diesen Zweck keine Fuß- artillerie entbehren.

Abg. Scipio (nl.) bält Fußartillerie auch nicht für geeignet, diese Befestigungen zu besetzen und tritt dem Antrage Hahn bei.

Abg. Dr. Lingens (Centr.) ist der Meinung, daß, wie die Dinge liegen, nichts übrig bleibe, als die Forderung im ganzen zu bewilligen.

Jn der Abstimmung wird die Position gemäß“ dem An- trage der Conservativen unverändert bewilligt. Die übrigen, von der geforderten Vermehrung beeinflußten Titel dieses Kapitels werden den Etatsansäßen entsprechend bewilligt.

Beim Kapitel „Betrieb der Flotte“ 10287175 M. hat die Commission im ganzen 535000 M. abgeseßt. Jm vorigen Zahre wurde die geforderte Vermehrung der Jntiensthaltung der Kriegsschiffe gestrichen. . :

Diesmal hat die Commission mit Nücksiht auf die neu vom Stapel gelaufenen Schiffe cinerseits und die allgemeine Finanzlage andercrseits sich darauf beschränkt, etwa die Hälfte der geforderten Mehrbewilligung zu streichen und der Verwal- tung zu überlassen, die Jndlensthaltung, die im übrigen Commandosache sei, innerhalb des Rahmens der bewilligten Mittel zu halten. Abgeseßt sind 150 000 # von dem Titel „Zulagen 2263 066 6“, 200 000 6 von dem Titel „Schiffs- verpflegung 3394 100 1“, 180 000 M von dem Titel „Kosten der verbrauchten Betriebsmaterialien 4397 730 M“, 5000 M, von dem Titel „Verschiedene Ausgaben 192279 4 Nach den Mittheilungen des Referenten Abg. Fri zen-Düsseldorf ist bei diesem Kapitel in der Commission auch die Kohlenfrage zur Erörterung gekommen. Während man im preußischen Abgeordnetenhause über den Ankauf von englischen Kohlen durch das Marineamt großen Lärm geschlagen habe, sei die Budget- commission - des Reichstags zu der Ueberzeugung gckommen, daß die Marineverwaltung, welcher ganz unverhältnißmäßig hohe Preise von der westfälischen Zechencoalition abgefordert worden seien, im nationalen und wirthschaftlichen Jnteresse Necht daran gethan hätte, englische Kohlen zu beziehen. Die Commission hat ausdrüclih beschlossen, infolge dieser Er- örterungen dem Reichstag folgende Resolution vorzuschlagen:

„Der Neichstag wolle beschließen, zu erklären, daß die Marine- verwaltung bei dem in der übergebenen Denkschrift geschilderten Bezug von Kohlen den gebotenen finanziellen und wirthschaftlichen Rücksichten entsprehend gehandelt hat.“

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Das Verhalten des westfälischen Kohlenausfuhr-Syndikats bei den Submissionen der Marinever- waltung könnte zu der Vermuthung Anlaß geben, als ob das Syndikat übertriebene Forderungen stelle und darauf ausgehe, seine In- teressen auf Kosten der Marineverwaltung in unberechtigter Weise wahrzunehmen. Den Thatsachen entspricht dieses Urtheil indessen niht. Als die Kohleninteressenten im April vorigen Jahres 12,50 46, für Schiffskohlen forderten, entsprah das durhaus der Marktlage in Westfalen. Die Preise gingen dana zurück und auf erneute An- frage seitens der Marineverwaltung im Juli stellte das Syndikat niedrigere Preise. Im August machte es der Marineverwaltung das Anerbieten, Schiffskesselkohlen für 11 4, Landkesselkohlen für 97 M loco Westfalen zu liefern. Der Preis der englishen Kohlen stellte sih für die Marineverwaltung um 2,42 M günstiger und der Bortheil für dieselbe bezifferte sih auf rund 50 000 4 Diese Differenz war für die Marineverwaltung eine ausreichende Begründung, um die Kohlen nicht aus Westfalen zu beziehen. Bei einer neuen Suh- mission im September hat die Berwaltung die westfälishen Gruben überhaupt nicht zugezogen, sondern nur englische und Händler in Bremen; das ist nah meiner Meinung nicht richtig. Als man in Westfalen davon erfuhr, bot man eiligst noch Kohle zu 9 bezw. 8 M. an, Diese Offerte soll hier in Berlin zu spät angekommen fein, da man an demselben Tage mit den Engländern abs{hloß. Hätte man in diesem Falle westfälische Kohle verwendet, so hätte sih die Differenz auf 4—5000 A6. verringert. Da hätte sich der Staatsfecretär wohl zu Gunsten der westfälishen Werke entschieden. Es kommt mir hier vor allem darauf an, die Loyalität der westfälishen Grubenbesiter zu betonen. Die Herabminderung der Preisforderung durch den Ausfuhrverein hat nicht den harten Tadel verdient, welchen sie erfuhr, und nicht das Mißtrauen, auf welches sie seitdem gestoßen ist. Auch an anderen Productionsstätten sind die Kohlen- preise heruntergegangen. Ich bin in der Presse angegriffen worden, weil ih in der Budgetcommission den Standpunkt vertreten haben sollte, daß man unter allen Bedingungen den „Bedarf der NReichöver- waltungen im Inlande decken müsse. Nichts liegt mir ferner. Aber ih bin der Meinung, daß angesichts der wirthschaftlichen Calamität, wo es ohne Verletzung der finanziellen Interessen geschehen kann, die Arbeit im Julande herauêëgegeben werden muß. Die inländischen Betriebe werden es sih immer zur Chre anrehnen, die Bedürfnisse der Verwaltung zu befriedigen. Nur der Schein spricht gegen ihre Loyalität. Die Fracht von England nah .Kiel beträgt ja nur 5 M, der Transport von Westfalen nah Kiel 8,50 Æ Von einer Be- reiherungéabsiht der Industriellen kann also nicht die Nede sein: Der Preis von 9 #. ist kein Preis, an dem noch nennenswerth verdient werden kann. Um die Kohle für die Marine lieferbar zu gewinnen, muß das dreifache Quantum gefördert werden. Ich hoffe, daß in Zu- kunft die Marineverwaltung möglichst das Interesse der westfälischen Gruben wahren wird.

Staatssecretär Hollmann:

Ich darf mich zunächst zu den Ausführungen des geehrten Herrn Neferenten der Commission des hohen Hauses wenden. Obwohl der Herr MNeferent so gütig war, die Bedeutung dieser Forderungen des Kap. 52 hervorzuheben, so kann ih doch niht umhin, bei der großen Wichtigkeit, die die Sache für uns hat, einige Worte hinzuzufügen. An keiner Stelle. wird die Marine dur Abstrihe so empfindlich ge- troffen, wie gerade an dieser. Das ist ja ganz naturgemäß; auch der Herr Referent war so gütig, dies {hon zu betonen. Die in Dienst ge- stellten Schiffe sind das Gebiet der Thätigkeit der Marine. Wird dieses Gebiet verkürzt, wird ihr darin etwas beschnitten, so muß sie von ihrer Thätigkeit etwas aufgeben, gerade da, wo sie die größte Bedeutung hat.

Meine Herren, die diesjährigen Forderungen sind in der That höher wie die vorjährigen. Die vorjährigen Forderungen wurden aber niht bewilligt, es wurde ein Abstrih gemacht, und zwar in der Höhe, daß nunmehr die Betriebskosten für die Flotte im Jahre 1892/93 so hoch waren, wie die im Jahre 1891/92. Wir hatten alfo in diesem laufenden Jahre mit denselben Mitteln zu rechnen, die uns

193,

hon ein Jahr vorher bewilligt waren. Dadurch gewinnen die dies- jährigen Forderungen den Anblick einer erhöhten Steigerung. Wären im vorigen Jahre die Forderungen der Marine bewilligt worden, fo würde diese Steigerung sich niht in dem Maße geltend machen.

Meine Herren, ih möchte nunmehr auseinanderseßen, an welcher Stelle die Marine Mehrforderungen für diese Zwecke braucht. Es sind hauptsähhlich Schulzwecke. “In der Hauptsache erstreckt {ih diefe vermehrte “Indienststelung auf Schulschiffe für Seecadetten, für Schiffsjungen und auf das Artillerieschul {if : drei Ausbildungszweige, die für das Bestehen der Marine von großer Bedeutung sind. Wenn ich zunächst das Cadettenschulschiff hier erwähnen darf, so ist bisher der Ausbildungsmodus der jungen Leute derart gewesen, daß das Cadettens{hul\{chifff, auf dem sih die jungen Leute, wenn sie eben eintreten, einschiffen, ein halbes Jahr im QLienst war für secchs Sommermonate, und dann außer Dienst gestellt wurde, weil die Cadetten auf die Marineschule kamen, um dort ihre theoretischen * Studien fortzuseßen. Man war nach langer Erfahrung zu der Ueber- zeugung gelangt, daß es für die Erziehung der Cadetten vortheilhafter fein würde, wenn man sie niht nach einer halbjährigen Thätigkeit an Bord aus\ciffft, sondern fie für ein yolles Jahr an Bord dieses Schulschiffes behält. Dieses bedingt natürlih, daß der Indienst- stellungsplan um diese fechs Monate vermehrt wird. Es wird das Schiff, welches bisher nur für sechs Monate in Dienst gestellt wurde, nunmehr für zwölf Monate in Dienst gestellt werden. Wir hboffen aus tiesem neuen Modus einen großen Vortheil für die Erziehung der Cadetten.

Was nun die Schiffsjungen anbetrifft, so war hier dasselbe der Fall. Die Schiffsjungen wurden nah einer halbjährigen Einschiffung wieder aus®geschifft und für sechs Monate in die Kaserne gethan, um dort ihre militärische Ausbildung zu vollenden. Nunmehr follen auch die Schiffsjungenschiffe für zwölf Monate in Dienst gestellt werden ; jedenfalls sollen sie das erste Jahr niht wie bisher nur sechs Monate eingeschifft werden. Es bedingt das also von dieser Stelle eine Ver- mehrung der Indiensthaltung um sechs Monate. Da diese Schiffe eine ziemli große Besaßung haben, . fo ist natürlich die Steigerung, der finanzielle Effect in dem Kap. 52 bedeutend.

Des weiteren ist beabsichtigt, der Flotte eine verbesserte Artillerie- \hule zu geben. Wir sind zur Ueberzeugung gelangt, und ih glaube, ih habe das hier {hon im vorigen Jahre vorgetragen, daß wir mit einem Artillerieshulschif niht durchkommen, wir müssen ein zweites haben, besonders zu dem Zweck, um die Geshüßführer auszubilden an der neu eingeführten Schnellladekanone. Ich habe mich darüber hon in der Commission des weitern ausgelafsen, und habe gesagt, mit welhen Schwierigkeiten wir in dieser Beziehung zu kämpfen haben, und welche außerordentlichße Aufwendung von Mühe, welche Arbeit dazu gehört, um Leute für diese Kauonen auszubilden. Es bedarf dazu cines besonderen Schiffes, einer ganz besonderen Schule.

Des weitern erstreckt sih das Mehr für Indiensthaltung auf die Torpedoflotte. Auch hier haben wir nicht länger zurück- halten dürfen mit diefer Mehrforderung. Es sollen in- Zukunft im Laufe des Sommers und der Manöverübungen an Stelle von zwei Torpedoboots- Divisionen drei in Dienst gestellt werden. Eine Torpedoboots-Division besteht aus einem Divisionsboot und sechs Torpedobooten ; es kommen alfo zu den bisherigen zwei Torpedo Divisionsbooten und zwölf Torpedobooten noch ein drittes Torpedo- Divisionsboot und sechs Torpedoboote hinzu. Auch hier hat si die Nothwendigkeit herausgestellt, mehr zu thun als bisher. Für die Flottenführung ist es von größter Bedeutung, für die Zeit der Manöver cine Anzahl von Torpedobooten zur Verfügung zu haben, welche an- nähernd derjenigen glei ist, mit welcher die Flotte in den Kampf zieht; drei Torpedoboots-Divisionen werden von dem Ober-Commando als das geringste bezeichnet, das für diesen Zweck gefordert werden muß.

Also dies sind in der Hauptsache die Momente, welche die Marine - Verwaltung bestimmt haben, in dem Kap. 52 die höheren Forderungen. zu stellen. Ich möchte gleih hier erwähnen, damit das hohe Haus einen Vergleih hat über das, was wir und was andere Marinen auf diefem Gebiete thun, daß wir mit unseren Forderungen durchaus bescheiden sind, daß wir niht mehr eingestellt haben, als dringend nothwendig ist. Wenn ih z. B. die deutsche Marine gegen die russische halte, so finde ih, daß von dem gesammten Geld, das im Etat der deutschen Marine zur Verfügung steht, ungefähr 7,6% aufgewendet werden für Jndiensthaltung, während in der russishen Marine ungefähr 18% aufgew1indt werden. Ich will noch hinzufügen : der russische Marine-Etat ist sehr viel höher als der deutsche ; hieraus folgt ohne weiteres, daß die Zahl der russishen Indiensthaltung außerordentli viel höher ift als die der deutschen, fowohl abfolut wie relativ.

Soviel über das, was die Indiensthaltung betrifft. Was nun die Frage der Kohlenversorgung ketrifft, so ist darüber in der Coi- mission, glaube ih, in zwei Sißungen des längeren und breiteren ver- handelt worden. Jh würde auch nicht daran gedacht haben, hier im Reichstag dieses Thema noch einmal zur Sprache zu bringen, wenn nicht der Herr Abg. Hammacher noh einmal darauf zurück- gekommen wäre. Jch bin also niht mehr in der Lage, darüber mit Stillschweigen hinwegzugehen, was ih vorgezogen hätte. Auch in der Commission bin ih nit derjenige gewesen, der zuerst über diese Dinge gesprochen hat; auch dort ist es mir entgegengetragen worden. Wenn von den beiden Parteien, möchte ih sagen, die hier gegen einander ausgespielt werden : der Märine und den Koblenwerken, eine Ursache hatte, die Sache herunterzuhalten und nicht in die Oeffent- lichkeitckzu bringen, so bin ich überzeugt davon, daß es die Kohlenwerke waren. Meine Herren, die Resolution der Commission \spriht ih ja des- näheren darüber aus, ob das Verfahren der Marineverwaltung in diesem Falle cin richtiges oder falshes war. Die Marineverwaltung hat die Genugthuung aus der Commisfion mit herausgebracht, daß sie die nahezu volle Zustimmung der Commission für ihre Handlungen in Anspruch nehmen dürfe.

Nun will ih Sie nicht mit Zahlen quälen und langweilen; aber