zu weiteren üker deu Rahmen des an die Berufs trois en gerichteten Rundschreibens vom 15. Juni 1887 (, Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1887 Seite 165) hinausgehenden Maßnahmen ?
10) Besprehung der mit dem Togerianitien Einzugsverfahren (SS 112 ff. des Invaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes) bisher aemachten Erfahrungen (Antrag der Versicherungéanstalten Sachsen- Anhalt und Rheinprovinz).
11) Durchführung der Beitragsleistung bei Versicherten, die gleichzeitig in einem dauernden Arbeitéverhältniß zu mehreren Arbeit- gebern ftehen (Antrag der Versicherungsanstalt Oldenburg).
Die Ober-Präsidenten der östlihen Grenzprovinzen sind seitens der zuständigen Minister benahrihtigt worden, daß in dem gegenwärtigen Stande der Choleragefahr kein Hinderniß mehr zu erblicken sei, die Beschäftigung russisch-polnisher Arbeiter in jenen Provinzen, sofern ein Bedürfniß dazu obwalte, nah Maßgabe der darüber früher ergangenen Bestimmungen wiederum zu gestatten. Gleich- zeitig sind die Ober-Präsidenten veranlaßt worden, der gesund- heitlihen Ueberwachung dieser Arbeiter und der Ortschaften, in dencn sie Aufenthalt nehmen, besondere Aufmerksamkeit zu- zuwenden und hierbei die ihnen mitgetheilten Vorschläge der Reichs-Choleracommission zur Ausführung zu bringen.
Jn ciner Verfügung vom 18. Februar hat der Minister für Handel und Gewerbe ausgeführt, daß die Aufnahme einer Bestimmung in die Arbeitsordnung, wonah die Arbeit Morgens zwischen 6 und 8 Uhr beginnt und Abends zwischen 7 und 9 Uhr endet, mit der Vorschrift im 8 134b Ziffer 1 der Gewerbeordnung nicht vereinbar sei. Wenn dort angeordnet werde, daß die Arbeitsordnung Bestimmungen über Anfang und Ende der regelmäßigen täglihen Arbeits- zeit sowie der für die erwahscnen Arbeiter vorgesehenen Pausen enthalten muß, so verfolge diese Vorschrift den Zweck, jeden Zweifel über ‘einen der wesentlihsten Theile des Arbeits- vertrages, dic Dauer und die Lage der regelmäßigen Arbeits- zeit, auszuschließen. Dieser Zweck werde aber nur crreicht, wenn für Beginn und Ende der Arbeitszeit bestimmte Zeit- punkte festgeseßt werden. Wenn Dauer und Lage der Arbeits- zeit nah den Jahreszeiten zu wechseln pflegen, so hindere nihts, daß die Zeitpunkte für Beginn und Ende der Arbeits- zeit nah den Jahreszeiten verschieden angegeben werden. Auch bleibe cs dem Arbeitgeber unbenommen, in der Arbeitsordnung Bestimmungen darüber zu treffen, unter welchen Voraus- sezungen ausnahmsweise Abweichungen von der regelmäßigen Dauer und Lage der Arbeitszeit sollen stattfinden können. Die von ciner Seite aufgeworfene Frage, ob eine Bestimmung, wonach Zuspätkommen mit ciner Geldstrafe bis zu 75 oder bis zur Hälfte des durhschnittlihen Arbeitsverdienstes bestraft wird, troß der Unbestimmtheit der Strafandrohung mit der Vorschrift im § 134þ Ziffer 4 der Gewerbeordnung vereinbar sei, sci zu bejahen. Denn nah der Absicht des Geseßes erscheine es genügend, daß in der Arbeitsordnung nur der Höchstbetrag der Strafe festgeseßt, die Bemessung der leßteren im Einzelfalle aber dem Arbeitgeber überlassen wird.
In Dresden ist, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend cine internationale Sanitätsconferenz zusammen- getreten. Staats-Minister von Meßsch hielt die Eröffnungs- rede, in welcher er die Bedeutung der Conferenz hervorhob. Darauf wurde zum Vorsißenden der Königlich preußische Gesandte Graf von Dönhoff gewählt, welcher die Verhandlungen einleitete. Die eigentlichen Sißungen beginnen am nächsten Dienstag. - Auf der Conferenz sind nah dem „Dresdener Journal“ ver- treten :
Deutschland: durch den Königlich preußishen außerordent- lihen Gesandten und bevollmächtigten Minister Grafen Dönhoff, Geheimen Ober-Regierungs-Rath im Reichsamt des Innern Hopf, Ober-Negierungs-Nath im Königlich bayeri]schen Ministerium des În- nern Nitier von Landmann, Geheimen Regierungs-Rath im Königlich sächsischen Ministerium des Innern von Criegern, außerordentliches Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamts, Geheimen Medizinal-Rath, Professor Dr. Koch, Kaiserlichen Legations: Nath Dr. Lehmann.
Desterreih-Ungarn: durh den K. und K. österreihish- ungarischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Hengelmüller von Hengervár, Gencral-Konful, Delegirten bei der europäischen Donäucommission Nitter von Gsiller; für Oesterreich : Ministerial-Nath im Ministerium des Innern Ritter Dr. Kusy und Sections-RNath im K. K. Handels-Ministerium von Ebner; für Ungarn: Rath im Königlich ungarishen Ministerium des Innern von Fasho-Moys und Ober-Ingentieur der Königlich ungarischen Staatsbahnen Karl Vajkay.
Belgien: dur den General-Secretär im Königlich belgischen Ministerium für Ackerbau, Industrie und öffentlihe Arbeiten Becco, Professor an der Universität Gent Dr. van Ermengen.
Dänemark: durh den Königlich dänischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Wien von Loewenoern.
Spanien: dur den Königlich \panishen Minister-Resideuten im Haag Naminez de Villa-Uerrutia und Dr. San Martin.
Frankreich: durh den außerordentlichen Gesandten und bevoll- mächtigten Minister der Französishen Republik in München Barrère, Professor, Doyen der medizinischen Facultät in Paris Dr. Brouardel, Professor, General-Inspcctor des Sanitätswesens Dr. Proust.
Großbritannien: durch den Königlih großbritannishen Minister-Residenten M. Strachey, Chef der Medizinal-Abtheilung des Local-Government Board Dr. Thorne, M. Farnall.
‘ Griechenland: durch ken Königlich griechischen Legations Sccretär, Geschäftsträger in Berlin Antonopoulos, Delegirten beim Internationalen Gesundheitsamt in Konstantinopel Dr. Vaffiades.
Italien: durch den Königlich italienischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Grafen Curtopassi, Di- De S Gefundheitêamts im Ministerium des Innern, Professor Dr. Pagliani.
Montenegro: durh den K. und K. österreihish-ungarischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Hengel- müller von Hengerväár.
Niederlande: durch den ehemaligen Minister-Residenten in Lissabon van Nuyssenacrs, Nath im Königlichen Ministerium des Innern Dr. Ruysc. l
Portugal: durch den Königlich. portugiesishen Geschäftsträger in Berlin Grafen Selir.
Rumänien: durch den Königlih rumänischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Berlin Gregor Ghika, General-Director des e R in Rumänien Dr. Felir.
Nußland: durh den Kaiferlich russishen Geheimen Nath, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Yonine, Ersten Legations-Secretär Baron Wrangell, Delegirten bei der europäischen Donaucommission Ladijensfki.
Serbien: durch den Königlich serbishen Geschäftsträger in
Berlin Pavlowitsch.
Schweden und Norwegen: durh den Königlich \chwedishcn und norwegischen außerordentlihen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Lagcerheim.
Schweiz: durch den außerordentlihen Gesandten und bevoll- mächtigten Minister in Berlin Dr. Roth, Mitglicd dcs Gesundheits- raths in Bern Dr. Schmied.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayeri- her Ministerial-Rath von Heller und Fürstlih reußischer (ä. L.) Geheimer Rath von Geldern-Crispendorf sind von Berlin wieder abgereist.
__ Der Königlich serbische Geschäftsträger am hiesigen Aller- höchsten Hofe Pavlovitch hat sih behufs Vertretung seiner Regierung bei der Jnternationalen Sanitätsconferenz nach Dresden begeben und wird die Geschäfte der serbishen Ge- sandtschaft von dort aus leiten.
Der RNegicrungs-Assessor von Loos zu Lilienthal, Kreis Osterholz, ist der Königlichen Regierung zu Merseburg zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der neuernannte Regierungs - Assessor von Puttkamer ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Nendsburg, Regierungsbezirk Schleswig, zur Hilfeleistung in den land- räthlihen Geschäften zugetheilt worden.
Schleswig, 11. März. Heute Mittag 12 Uhr wurde der 27. Schleswig-Holsteinshe Provinzial-Landtag von dem Wirklichen Geheimen Rath und Ober-Präsidenten von Steinmann geschlossen. — Nach einem sodann von dem Vorsißenden, Klosterpropst Grafen von Reventlou-Preeß auf Seine Majestät den Kaiser und! Konig- aus- gebrachten, begeistert aufgenommenen dreimaligen Hoch trennte sich die Versammlung.
Der 27. Provinzial-Landtag hat sieben Plenarsißungen abgehalten. Zwei Vorlagen find ihm von der König- lichen Staatsregierung gemaht worden: Begutachtung des Entwurfs cines Gesezes, betreffend die Aufhebung älterer, in der Provinz Schleswig-Holstein und im Regierungsbezirk Cassel geltender feuerpolizeiliher Bestimmungen, fowie der Allerhöchsten Versügung für das Herzogthum Lauenburg, betreffend die Anlegung von Stroh- und Neth- dächern, Korn- und Heudiemen in der Nähe der Eisen- bahn, vom 23. November 1846, und eine Aeußerung über die bei der bevorstehenden Reviston der Gebäudesteuer-Veran- lagung zu bestimmenden sogenannten Normalstädte. Beide Vorlagen sind in zustimmendem Sinne erledigt. Von dem Provinzial-Aus\huß sind zwölf Berichte und Anträge ein- gegangen, darunter Nr. 3 wegen Gewährung der Mittel für die Anstellung eines Kunstconservators für die Provinz Schleswig- Holstein; Nr. 5wegen Ausführung des Gesehes vom 11. Juli 1891, betreffend Abänderung der 88 31, 65, 68 des Geseßes vom 8. März 1871 zur Ausführung des Bundesgeseßes über den Unterstüßungswohnsig. Der Provinzial-Landtag hat diesen Anträgen des Provinzial-Ausshusses Folge gegeben und außer der Bewilligung der erforderlihen erheblihen Geld- mittel ein Reglement über die Unterbringung hilfsbedürf- tiger Geisteskranker, Jdioten, Epileptiker, Taubstummer und Blinden in geeigneten Anstalten beschlossen. Die Commission zur Prüfung der Provinzial-Rehnungen hat drei schriftliche Anträge gestellt. Die Jnvaliditäts- und Alters- versicherungs-Anstalt Schleswig-Holstein hat die Genehmigung des Provinzial-Landtags beantragt und erhalten für die Ver- wendung cines Theils des Vermögens der Versicherungsanstalt um Zweck der Förderung der auf die Herstellung geeigneter Arbeiterwohnungen gerichteten Bestrebungen. Von Abgeordneten sind drei selbständige Anträge gestellt, darunter Nr. 1 wegen Be- theiligung der Provinz an Kleinbahnen. Der Provinzial- Ausschuß ist gemäß dem Antrage beauftragt, in der nächsten Diät dem Landtag eine Vorlage dieserhalb zu machen. Zwei Ausschüsse sind nedergeseßt worden. — Zwölf Petitionen sind im ganzen eingegangen; davon ist eine zurückgezogen, zwei sind durh Beschlüsse zum Etat erledigt; über acht ist \chrift- licher und über cine mündlicher Bericht erstattet worden.
Vayern.
ZUr Feier d:s Geburtsfestes Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten prangten gestern in München die öffentlichen und zahlreiche Privatgebäude in reihem Flaggen- {muck. Nachdem vorgestern Abend bereits großer Zapfen- streich stattgefunden hatte, wurde heute früh von den Spiel- leuten der Garnison große Neveille durch die Straßen der Stadt geschlagen. Gleichzeitig wurden auf dem Oberwiesen- feld 25 Kanonenshüsse gelöst, Die Mitglieder ‘ der Königlichen Familie brachten früh ihre Glückwünsche persönli dar. Um 10 Uhr wohnte der Prinz-Regent dem Gottesdienste in der Allerheiligen-Hoffirhe an, während dic Königlichen Prinzessinnen und die hoffähigen Damen dem Gottesdienste in der St. Cajetans-Hoffkirche beiwohnten : in der Hofkirhe zum hl. Michael und in den Stadtpfarr- kirchen wurden Hochämter gehalten. Jn der protestantischen Hauptkirche fand um 10 Uhr Festgottesdienst statt. Während des Tedeums wurden 51 Kanonenschüsse gelöst. Gegen Mittag empfing Seine Königliche Hoheit den militärishen Dienst. Nachmittags 4 Uhr fand in den „Neichen Zimmern“ größere Familientafel zu 35 Gedecken statt, woran die Prinzen Ludwig, Leopold, Arnulf, Ludwig Ferdinand und Alfons mit Ge- mahlinnen und Töchtern nebst Suiten, die Prinzen Nupprecht und Karl mit ihren Adjutanten theilnahmen. Abends 6 Uhr wurden dann wieder 25 Kanonenschüsse gelöst.
Dic Commission für Nevision des Lehrerbildungs- Normativs hat in ihren Sißungen vom 7. und 8. d. M. die Lehrbücher- und Lehrmittelfrage vollständig zu Ende be- rathen und am 9, und 10. die Besprehungen über die Lehrerfortbildung zu Ende geführt. Gegen eine organishe Einrihtung für das Volks\chul- wesen analog dem Obersten Schulrath für die Mittelschulen berie der Minister erhebliche Bedenken, sicherte aber die Berufung von Commissionen von Fall zu Fall u unter Hinweis auf das von ihm seither schon geübte Ver- bren: Zum Schlusse hielt der Minister an die Commissions- mitglieder eine kurze Ansprache, die der Ober-Consistorial-Nath Burger namens der Commissionsmitglieder erwiderte. Der Minister {loß hierauf mit warmen Dankesworten die Be-
rathungen. Sachsen-Coburg-Gotha.
Der Landtag des erog quuis Coburg ist am Freitag nach Erledigung seiner Vorlagen wegen des Zusammentritts des gemeinsamen Landtags durch den Staatsrath von Wittken im Namen Seiner Hoheit des Herzogs vertagt worden.
Anhalt.
Der Landtag berieth in seiner Sigung vom 10. d. M den Geseßentwurf, durch den die Staatsregierung ermächtigt werden sollte, bis auf weiteres diejenigen Bestimmungen deg anhaltishen Sonntagsgeseßes, die über die einschlägigen Vorschriften der Novelle zur Reichs-Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 hinausgehen und überhaupt neben dem Reichs- gere nicht fortbestehen können, im Verordnungswege außer Kraft zu sehen. Da aber allseitig anerkannt wurde, daß die Erfahrungen für einé solhe endgültige Regelung noch zu un: vollständig seien, wurde die vorgeschlagene Ermächtigung nur für die Dauer von drei Jahren, also bis zum 1. April 189; beschlossen, womit sih die Staatsregierung einverstandez erklärte. Jm weiteren Verlauf der Sizung wurden in der zweiten Lesung des Haupt-Finanz-Etats von den Einnahmcy Tit. 1 Dominialverwaltung, A. von Grundstücen, B. von Gebäuden und gewerblichen Anlagen; Tit. TT Steuerverwal- tung, A. Directe Steuern, B. Jndirecte Steuern, (. Antheil an den Reichssteuern und D. Für Erhebung der Reichssteuern
“sowie Eigene Ausgabe; Tit. V Finanzverwaltung, A. Central-
verwaltung, B. Dominialverwaltung , C Steuerverwaltung mit den in den Etat eingestellten Summen genehmigt.
Elsaß-Lothringen.
Aus Anlaß des Geburtstages Seiner Königlichen Holit So ien von Bayern wurde gestern Mittag in Meß vor dem commandirenden General Grafen Hüäfeler cine Parade der daselbst garnisonirenden bayerischen Brigade abgehalten. Nachmittags fand cin Festmahl für die bayerischen Offiziere und die in Mey ansässigen Bayern statt. Die Stadt war festlih ges{chmüdckt.
Oesterreich-Ungarn.
Jn der vorgestrigen Sizung des österreichischen Abgeordnetenhauses bezeichnete, dem „W. T. B.“ zufolge, der Ackerbau-Minister Graf Falkenhayn die Klagen bezüglich der Wirkung der Weinzollclausel auf das Sinken der Weinpreise vielfah als übertrieben. Der Nückgang sci auch auf andere Umstände, beispielsweise auf die gute Ernte des abge- laufenen Jahres zurückzuführen. Behufs Bildung von Weit- genossenschaften seien Staats-Unterstüßungen zugesagt. Dr Vorschlag einer Prämienzahlung für den Hektolii Maische sei undurchführbar. Der Zusanmenhang ein Herabsezung des Getreidezolls mit der Abnahme des Getreideexports, der behauptet worden sei, sei un: klar. Bei der Berathung. der Handelsverträge habe er seiner Zeit dem Hause erklärt, der Nußen, den man von dieser Maßregel erwarte, werde schwerlich eintreten. Bei dem Getreidehandel sci das Termingeschäft unent behrlih, auch der Kriegs-Minister und der Landesver- theidigungs-Minister müßten sich Lieferungen auf Zeit zu vorher feststchenden Preisen sichern. Das Differenz- ge\chäft könne ebenfalls nicht leicht beseitigt werden. Hierauf bezügliche Verhandlungen zwischen den betheiligten Ministerien seien im Zuge. Sodann vertheidigte der Minister die Voll- blutzucht und widerlegte die Behauptung wegen der angeb- lihen Untauglichkeit von Vollblutpferden bei dem lehten Distanz- ritt. Von acht Vollblutpferden sei kein einziges verendet. Die Abschaffung des Spiels bei den Rennen sei ein frommer Wunsch. Der Minister versicherte alsdann, daß er den Bauernstand hoh |chäge. Wenn der Bauecrnstand das Fundament des Staats sein solle, müsse er auch die größten Lasten tragen. Der Bauer trage die Lasten darum leichter, weil er im Boden wurzele, während das, was oberhalb dieses Bodens aufgebaut sei, jedem Sturm zum Opfer fallen könne. Der Minister {loß unter lebhaftem Beifall mit den Worten: „Trachten Sie, diesem Fundament seinen Boden in NRuße zu erhalten !“
«m ungarischen Unterhause erklärte am Sonnahcend der Minister des Cultus Graf Szaky, das Regierungs- programm sei von der unerbittlichen Logik der Thatsachen dictirt; wer die Compromittirung der Autorität des Staats nicht wünsche, müsse sich auf diese liberale Basis stellen. Die allgemeine obligatorishe Civilehe müsse der Revision des Gescßes von Zahre 1868 vorausgehen; die Bedenken wegen der Nationn- litäten seien unbegründet. Die fkirchenpolitishen Reformen, von denen einige zu Neujahr ins Leben treten würd, würden die ungarische Staatsidee kräftigen. Die Regierung werde unter keinen Umständen auf ihr Programm ver- zihten. Jm weiteren Verlauf der Sißung kam der Abg, Asboth auf seine von Koloman Tisza ausdrücklih Lügen gestrafte Behauptung zurück : Tisza habe als Minister Prâästdent den Grafen Kálnoky veranlaßt, sich an den Papst zu wenden wegen Einflußnahme der Curie auf dic ungarischen Wahlen zu Gunsten der Regierung, wofür Tisza die Preisgebung der Nothcivilehe zugesagt habe. Da Tisza der heutigen erneuten Behauptung Asboth's, er sei selbst durch den damaligen Sectionschef von Szoegyeny mit der Redaction der betreffenden Note betraut gewesen, abermals den ent- schiedensten Widerspruch entgegensehte, forderte der Abgeordnete Julius Horvath den S Ee auf, zur Klar- stellung des Sachverhalts sich sofort an den Minister des Auswärtigen zu wenden und dem Unterhause in einer der nächsten Sißungen Bericht zu erstatten. Horvath erklärte, der Verdacht der Anrufung eines auswärtigen Machtfactors durch den ungarischen Minister-Präsidenten dürfe niht bestehen bleiben. Tisza müsse entweder [von der gegen ihn erhobenen Anschuldigung gereinigt werdon oder cs müsse Anklage gegen ihn erhoben werden. Bestätige sih die Pflichtverleßung Tisza's, so habe er im Unterhause nihts mehr zu suchen.
Das „Ungarische Correspondenz-Bureau“ erklärt gegen- über anderweitigen Blättermeldungen auf Grund authen- tischer Jnformation, die ungarische Negierung habe in der Angelegenheit Asboth-Tisza keinerlei Anfrage an den Grafen Kälnoky gerichtet, auch sei in maßgebenden Kreisen von cinem ähnlichen Schritte Tisza's in derselben An- gelegenheit nichts bekannt.
Großbritannien und Jrland.
In der Sizung des Unterhauses vom Sonnabend cr- widerte auf eine Anfrage der Präsident des Handelsamts Mundella: die Regierung habe der Kanaltunnel-Gesell- haft nicht angezeigt, daß sie die Ablehnung der Tunnelbau- Bill beantragen werde, uyd wolle den bezüglichen Schritt dem Hause überlassen. Der Parlaments-Secretär des Auswärtigen Sir E. Grey bemerkte, das Haus werde erfahren haben, daß die Vorlage wegen Annectirung Hawaiis durch Nordamerika“ im amerikanischen Congre
urückdgezogen worden sei; eine “ officielle Mittheilung “darüber fi E Z ierung nicht zugegangen. Nach mehr als sfieben- stündiger Debatte wurde sodann ein Antrag angenommen, zur Spccialberathung des Kriegsbudgets überzugehen. Der Kriegs-Minister Campbell-Bannermann beantragtehierauf, den Präsenzstand des Heeres für England und die Colonien, ausgenommen Jndien, mit 154 442 Mann festzuseßen, und erklärte, er habe keine großen Veränderungen vorzuschlagen ; das seit wanzig Jahren bestehende System werde fortgeseßt werden. Die Ausführung der Absicht, ein Bataillon aus Egypten abzubcrufen und ein anderes Bataillon daselbst durch ein Bataillon Garde zu “erseßen, sei durch die jüngsten Ereignisse nicht nur verhindert worden ,_ viel- mehr sei eine Verstärkung nothwendig geworden. Sobald die gegenwärtige Nothwendigkeit De Vermehrung der Truppen in Egypten vorüber sci, werde cin Bataillon zurück- gezogen werden. Das System der Organisirung eines Armee- Corps für den auswärtigen Dienst sei aufgegeben, dagegen werde cine Feldstreitmacht von 20 000 Mann stets für einen jener kleinen Kriege bereit gehalten, die England von Zeit zu Zeit zu führen genöthigt sei. Die Debatte wurde hierauf vertagt. 5
Frankreich.
Infolge der am Sonnabend in dem Panama- Bestehungs- Prozeß gemachten Aussagen hat nach ciner Meldung des „W. T. B.“ der Justiz-Minister Bourgceois seine Entlassung eingerciht. Jn dem von ihm aus dieser Veranlassung an den Minister-Präsidenten Nibot gerich- teten Schreiben heißt es : die Aussage Soinoury's in der vor- gestrigen Verhandlung des Panama - Bestehungs - Prozesses (ftèhe © unten den Bericht) ¿entlaste “ihn m cht* in der Weise, wie er es für cinen Justiz-Minister erforderlich erachte; auch habe Soinoury nicht der Wahrheit gemäß fest- gestellt, daß er (Bourgeois) niemals seine Ermächtigung er- theilt habe, bezüglich des Panama-Prozesscs Schritte bei Frau Cottu zu thun. Er halte es deshalb für unumgänglich noth- wendig, seine Freiheit wieder zu erlangen, um jeden Verdacht zu béseitinen. Wie verlautet, beabsichtigt Bourgeois, seine Vernehmung als Zeuge vor dem Schwurgericht in dem gegenwärtigen Prozeß zu verlangen. Auch vor der Kammer würde cer sih über den durch die Aussage von Frau Cottu hervorgerufenen Zwischenfall aussprechen.
Gestern Vormittag trat das Ministerium zu einer Sißung zusammen, um über die durh den Nücktritt Bourgeois? geshaffene Lage zu berathen. Jn einem gestern Abend aber- mals abgehaltenen Ministerrath theilte der Minister-Präsident Ribot mit, Bourgeois bestehe auf seinem Nücktritt. Bei Schluß der Berathung unterzeihnete der Präsident Carnot auf Antrag Ribot's ein Decret, wodurch das Portefeuille der Justiz interimistisch dem . Minister des Auswärtigen Develle übertragen wird.
Ueber die oben erwähnte Prozeß - Verhandlung selbst DeriMiet D O O:
Ran erklärte, er habe sich mit Clémenceau zu Frey- cinet begeben, um zur Zeit der boulangistishen Campagne cinen den Jnteressen der Republik shädlihen Prozeß zu ver- meiden: es habe sih keineswegs darum gehandelt, einen Druck auszuüben. Der Deputirte Borie sagte aus, cine Per- sonlichkeit habe ihm 25 000 Fr. geboten für jeden Depu- Uürten, welcher für die Panamavorlage stimmen würde. Lesseps erhob hiergegen Widerspruh. Andrieux er- klärte, Herz habe ihm ein Verzeichniß der Checks über- mittelt, die cer der Untersuchungscommission mitgetheilt habe. Arton habe sich geweigert, ihm die Liste der 104 Depu- tirten mitzutheilen, weil seine Sicherheit compromittirt werden würde, wenn er dies thäte. Er (Andrieux) glaube an die Authenticität der Liste Reinah's und daran, daß mchrere Deputirte zur Zeit der Abstimmung über die Panamavorlage bestochen worden seien. mehrere Aussagen, die sich auf technishe Fragen der Panamakanal - Arbeiten bezogen , entgegengenommen. Thiébaud, der zahlreihe Besprechungen in dexr Provinz behufs Wiederherstellung der Panamagesellschast hatte, crklärte, das gerichtliche Verfahren gegen Lesseps werde allge- mein gemißbilligt. Souligou stellte in Abrede, daß er von Lesseps beauftragt gewesen sei, Chantragei zu bestehen. Frau Cottu erkiärie, wenige Tage nach der Verhaftung ihres Gatten sei ihr ein angeblich von dem Justiz-Minister Bourgceois aus- gehender Vorschlag gemaht worden, die Verhafteten zum Schweigen zu bewegen, denen dafür die Freiheit gewährt werden werde. Der Director der allgemeinen Sicherheit Soinoury, der sie zu dem Minister Bourgeois führen sfollte, habe ihr erklärt, die Freilassung aller Verhafteten sei infolge des Ge- ständnisses Lesseps* unmöglich; doch versprehe er die Frei- lassung ihres Gatten, wenn sie irgend einem con- servativen Deputirten compromittirende Schrift- stückde ausliefere. Sic habe dies aber abgelehnt. Die Aus\age der Frau Cottu verursachte lebhafte Sensation. Der Präsident entsandte darauf Boten, um Soinoury kommen zu lassen. Nach Vernehmung weiterer Zeugen, deren Aussagen ohne besonderes Jnteresse waren, wurde der chemalige Minister Allain-Targé vernommen, der bekundete, Lesseps habe ihm mit Angriffen in der Presse gedroht, wenn er der Panamasache nicht zu Hilfe käme. Lesseps stellte dies in Abrede. Nunmehr erschien Soinoury, der bei seiner Vernehmung bestritt, Frau Cottu um einen Besuch gebeten zu haben; sie selbst sei mit dem Ersuchen zu ihm gekommen, ihren Gemahl sehen zu können. Er (Soinoury) habe zu ihr von der Panama-Angelegenheit gcsprohen, er bestreite aber auf das entschiedenste, an Frau Cottu die von ihr behaupteten Aufforderungen ge- richtet zu haben; auf seinen Eid könne er versichern, daß er feinerlei Drohung ihr gegenüber gebraucht habe. Frau Cottu behauptete dagegen aufs neue entschieden, daß Soinoury sie gefragt habe, ob sie nicht ein für die Depu- tirten der Rechten compromittirendes Schriftstück besiße. Diese Aussage rief lang andauernde Legung und lebhafte Er- regung hervor. Soinoury gab zu, er habe in Form einer einfahen Erkundigung gefragt, ob Cottu etwas habe, was Mitglieder der Nechten betrefte Die Sigung wurde sodann unter großer Erregung geschlossen.
Die Aussagen der Frau Cottu und des chemaligen Directors der allgemeinen Sicherheit Soinoury werden, wie ver- lautet, in der heutigen Sihung der Deputirtenkammer cine Interpellation zur Folge haben, die voraussihtlich zu stürmischen Debatten führen wird. Die heutigen Morgenblätter bezeichnen es als wahrscheinlih, daß die verschiedenen Jnter- pellationen über die Manailia-Angelegenheit zu einer einzigen zusammengefaßt werden würden, unter Einschluß auch der- zenigen Millevoye's über Floquet, Freycinet und Clémenceau.
Hierauf wurden-
In dem leßteren Falle würden . sich Floquet und Clémenceau an der Debatte betheiligen; man fspriht auch davon, daß Cavaignac eine Rede halten werde. Der “B glaubt, die Kammermajorität werde eine rescrvirte Haltung zeigen. Von per oepeen Seiten wird behauptet, daß im Senat darüber Aufklärung verlangt werden würde, wie weit Loubet als ehemaliger Vorgeseßter von Soinoury für dessen Vorgehen verantwortlich sei.
Zahlreiche Blätter machen den Justiz-Minister Bourgeo is für das Vorgehen Soinoury's verantwortlich; auch der Conseilpräsident Ribot habe in dieser Angelegenheit eine schwere Schuld auf sich geladen, da er, obwohl er Soinoury's Treiben gekannt, ihm in den leßten Tagen noch einen wichtigeren Posten anvertraut habe. Das „Journal des Débats“ erklärt, die öffentlihe Meinung sei erregt und entrüstet und verlange unzweideutige Aufklärungen; eine cinfache Demission des Ministers allein mache diese nicht über- {lüssig. Der „Figaro“ sicht die Möglichkeit einer abermaligen Ministerkrisis voraus. Der „Matin“ sagt, zwischen Ribot und Bourgeois habe schon früher cin solidarishes Verhältniß be- standen, dasselbe bestche auch jeßt noch. Der „Gaulois“ bemerkt, die ministerielle Verantworilichkeit sei infolge der Aussagen der Frau Cottu engagirt. Die meisten Blätter fällen ein sharfes Urtheil über Soinoury.
Der Chef des Gefängnißwesens Soinoury hat, wie die Abendblätter vom Sonnabend melden, feine Entlassung ge- nommen, der in die Affeaire ebenfalls verwickelte Polizei- Commissar Nicolle dürfte seines Postens enthoben werden.
Die Panama-Untersuhungscommission beschloß am Sonnabend einstimmig, die Demission Brisson's nicht anzunehmen. Ferner beschloß die Commission, den Minister- Präsidenten Ribot und den Justiz-Minister Bourgeois vor- zuladen und sie über dic zur Verhaftung Arton's ergriffenen Maßnahmen, über die unter Siegel gelegten Gegenstände, über dic Maßnahmen zur Auslieferung Herz's und über die Frei- ¡assung Cottu's zu befragen. Ungeachtet des Beschlusses der Commission hält B as seine Demission als Vorsißender der Panama-Untersuchungscommission aufreht. Sein Leiden ist zwar ernst, aber nicht beunruhigend.
Die Deputirtenkammer seßte am Sonnabend die Be- rathung der Jnterpellation Turrel über die Wirth- schaftspolitik der Regierung auf. Dienstag fest. Lamarzelle (von der Nechten) verlangte Mittheilung der von Herz an verschiedene politishe Persönlichkeiten gesandten Depeschen, die Drohungen enthielten. Der Minister-Präsident Nibot erwiderte, der Untersuchungsrichter Franqueville habe verlangi, die Abschrift der zwischen Herz, Reinach und Fontane ge- wechselten Telegramme mit Beschlag zu belegen. Diese hätten sih aber in den Postarchioen befunden; die Telegramme seien vor zwei Jahren vernichtet worden, um Raum zu schaffen: wenn Abschriften vorhanden wären, so würde er (Nibot) sie dem Untersuchungsrichter mittheilen. Der Zwischenfall war damit. erledigt. Sodann genehmigte die Kammer die Geseßes- vorlage über die Sparkassen.
In der ersten Dekade des Monats März überstiegen die Nückzahlungen aus den Staatssparkassen die Ein- lagen um nahezu 28 Millionen Francs.
Nußland.
Nach einex Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters - burg fand daselbst am Sonnabend Abend bei dem deutschen Votschafter, General von Werder cin glänzender Nout statt, dem die Großfürsten, die Hofchargen, das diplomatische Corps und zahlreiche Notabilitäten beiwohnte.
Spanien.
Nah einer Meldung des „W. T. B“ aus Bilbao vom 11. d. M. verursachte daselbst die Wahl cines klerikalen Deputirten eine lebhafte Unruhe. Eine Volksmenge versuchte in das Nathhaus einzudringen, wurde jedoh durch Gendarmerie zerstreut. Die leßtere gab dabei cinige Schüsse ab. Die Ruhe war am Sonnabend noch nicht wiederhergestellt: zahlreihe Trupps durchzogen lärmend die Stadt.
Griechenland.
Dem „W. T. B.“ wird aus Athen gemeldet, der Minister des Znnern Theotokis habe sich — wie verlautet zur Fort- sezung von Verhandlungen über die beabsichtigte Aufnahme ciner Anleihe nah London begeben.
Serbien.
Nach dem bisher bekannt gewordenen Wahlresultat jind dem „W. T. B.“ zufolge ciwa 65 Liberale, 64 Nadicale und 4 Progressisten gewählt. Erheblihe Nuhestörungen sind nicht vorgekommen. Unter den vier Progressisten befindet sich auch Garaschanin. Das endgültige Ergebniß wird erst heute nah dem Eingang sämmtlicher Acten bekannt gemacht werden.
Bulgarien.
Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg leidet, wie „W. B.“ meldet, infolge ciner Erkältung, die er sih während seiner jüngsten Reisen zugezogen hat, an Lane neuralgishen Schmerzen, herrührend von rheumatischer
talgie. j
Der „Politishen Correspondenz“ wird aus Sofia ge- meldet, elf Bürgermeister von Gemeinden der Diözese Tirnowo hätten neuerdings an die Negierung das Ersuchen gerichtet, den Metropoliten Clement vor Gericht zu stellen und die Neuwahl eines Bischofs anzuberaumen. Ein gleiches Ansuchen sei an den Exarchen Joseph gerichtet worden. Der Kassationshof habe entschieden, daß die eventuelle Verweisung des Metropoliten Clement vor die ordent- lihen Gerichte nicht ciner besonderen Zustimmung der kirch- lichen Oberbehörde oder des Cultus-Ministeriums bedürfe.
Schweden und Norwegen.
Am Freitag und Sonnabend fand, wie „W. T. B.“ aus Christiania meldet, im Storthing die Debaite über die beiden zur Konsulatsfrage cingebrahten Anträge statt. Jn der Sizung vom Sonnabend wurde folgender Antrag der Linken als Nachtrag zu deren erstem Antrage eingebraht: Das Storthing spriht aus, daß eine Verhandlung mit der \{chwe- dischen Regierung über die Ordnung der Behandlung der diplomatischen Angelegenheiten nur stattfinden kann auf e Grundlage, welche die Prüfung und Besprehung auch
er“ eigenen norwegishen und \{chwedishen auswärtigen
Angelegenheiten umfaßt, und zwar kraft des Rechts sowohl Norwegens wie Schwedens, seine auswärtigen Angelegenheiten unter völlig genügender Verantwortlichkeit in constitutioneller Hinsicht zu ordnen. :
, 5 — U.
Afrika.
Nach ciner Meldung des ‘„Reuterschen Bureaus“ aus Kairo vom 11. d. M. ist der Gouverneur des Suezcanals Mahmud Riaz Pascha, cin Sohn des Premier-Ministers, zum Unter - Stgatssecretär im Ministerium des JFnnern ernannt worden an Stelle Schukri Paschas, der den Posten als Gouverneur des Suezcanals erhielt.
Der französishe Commissar bei der Verwaltung der „Dette publique“ Le Chevalier ist an Stelle von Charles Lesseps zum Director der Suezcanal-Gesellschaft er- nannt worden.
Parlamentarische Nachrichten.
. Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die vorgestrige Sißung befindet sich in der Ersten Beilage.
65. Sl1üUuUng. vom Montag, 13 Mat 1 Uhr:
Der Sizung wohnen bei die Staatssecretäre Dr. von Boctticher, Dr. von Stephan, Freiherr von Malßahn, sowie der Königlich ® preußishe Minister der offentlichen Arbeiten Thielen und der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Gesandter Graf von Lerchenfeld- Köfering. | E
ZUr zweiten Berathung steht die Novelle zum Geseß, be- treffend Postdampfschiffsverbindungen mit über- seeishen Ländern. .
Die Budgetcommission beantragt die unveränderte An- nahme der Vorlage. |
Nach S 1 derselben soll die Anschlußlinie im Mittelmeer und die dafür ausgesezte Beihilfe von 400 000 6 wegfallen, dagegen für das Anlaufen von Neapel eine Beihilfe von 100 000 fc geleistet werden. i
S 1 wird ohne wesentliche Debatte E ;
Nach S 2 soll für überseeische Anschlußlinien eine Fahr- geschwindigkeit von weniger als 111/45 Knoten ausnahmsweise gestattet werden können. ; i:
Dazu liegt eine Resolution des Abg. Dre. Barth (dfr.) vor:
Den Neichskanzler aufzufordern, mit der Gesellschaft des Nord- teutschen Llovd in Unterhandlung zu treten behufs Wegfalls des Dienstes der Zweiglinie von Australien nah Samoa unter Reduction der dafür bewilligten Subvention mit Berücksichtigung der dabei in Betracht kommenden finanziellen Gesichtspunkte.
Diese Resolution ist hon in der Commission beantragt gewesen, von dicser aber abgelehnt worden.
Wie der Referent Abg. Scipio (nl.) mittheilt, bat die Com- mission die Uebertragung der Subvention von 250 000 4 für die australishe Zweiglinie auf die Linie von Singapore nah Neu-Guinea mit Majorität gut geheißen, um das Aufkommen der vielversprechens den Schutzgebiete auf Neu-Guinea zu erleichtern. ats
Abg. ÞPr. Barth (dfr.): Wir haben stets die Samoalinie für ein unglückseliges Geschöpf gehalten und sind für die Aufhebung der Linie. Sie ist fo außerordentli ungünstig und unwirthschaftlich, daß auch der Norddeutsche Lloyd troß der Subvention sehr s{hlecht ab- schneidet. Auch im Interesse diesec Gesellschaft liegt es, daß die Linie cingeht. Sie hat aber auf Grund des mit thr abgeschlossenen Vertrages das Necht, wenn sie die Fahrten aufrecht erhält, die Sub- vention einzuziehen. Da der Lloyd aber dabei kein Geschäft macht, lönnte cs doh keine schwierige Aufgabe sein, ihn zu vermögen, mit dem Eingehen der Linie einverstanden zu sein und die Subvention si ent- sprechend kürzen zu lassen. Andererseits aber wäre es eine Unbilligkeit, die Vertragsauflösung derart vorzunehmen, daß dic 250 000 M einfach abge- zogen werden, da die Gesellschaft Schiffe für diese Linie beschafft und eingestellt hat; darauf muß Nücksiht gencmmen werden, Eine geringere Summe aber würde der Lloyd gewiß ohne weiteres ih kürzen lassen. Ein solcher Abschluß wü.de längst er- folgt sein, wenn man nicht plößlich diese Gelegenheit zur indirecten Subvention der Neu-Guinea-Compagnie hätte benußen wollen. Für diese Neichsunterstüßzung hat man die Interessen der Missionen ins Feld geführt. Es kann doch aber niht Aufgabe des Reichs fein, für cine bestimmte fleine Anzahl von Missionären eine Dampfer- linie eigens zu fubventioniren; es muß doch die nüchterne Auf- fassung der Neichsfinanzen und der Lage der Steuerzahler das Ausschlag- gebende fein. Wir wünschen der Gesellschaft alles Gute, aber wir wünschen nicht die Fortführang von Unterstützungen folcher Gesellschaften durch die Gelder der Steuerzahler. Wir wollen das gute Verhältniß, daß diese Gesellschaft nocl) keine Neichsmittel in Anspru genommen hat, aufrecht erhalten. Um unserm Antrag Nachdruck zu geben, beantragen wir die Streichung dcs § 2 der Vorlage, der bei Annahme unseres Antrags. keinen Zweck mehr hat, da er si nur auf die neue Linie bezieht. Der Antrag kann aber auch bestehen, wenn § 2 angenommen werden follte, weil neue Verhandlungen mit dem Norddeutschen Lloyd dadurch nicht verhindert oder beeinträchtigt werden.
Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssecretär Dr. von Stephan das Wort.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 01. Sißung vom 13. März.
Der Sizung wohnt der Präsident des Staats-Ministeriums Minister des Jnnern Geaf zu Eulenburg bei.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Geseßentwurfs über die Aenderung des Wahlver fahrens.
S 1 lautet nah dem Beschlusse der Commission :
„Für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten werden die Ur- wähler nah Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden directen Staats-, Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- und Provinzialsteuern in drei Abtheilungen getheilt.
Nicht zur Anrechnung gelangen bierbei die den Betrag von 2000 e übersteigende Staatseinkommensteuer sowie die auf den Mehrbetrag dieser Steuer entfallenden Gemeindesteuerzuschläge.
Für jede niht zur Staatseinkommensteaer veranlagte Person ift gut Stelle dieser Steuer ein Betrag von drei Mark in Ansay zu bringen.
es der sich biernah crgebenden Gesammtsumme der Steuer- beträge aller Ürwähler entfallen 5/12 auf die erste Abtbeilung, * 12 auf dic zweite Abtheilung und 3/12 auf diè dritte Abtheilung. *
Von den Abgg. Berling (dfr.) und Genossen liegt ein neuer Geseßentwurf vor, wonach das Reichstagswahlrecht (das allgemeine directe geheime Wahlrecht) für die Landtagswahl cingeführt werden soll. Für den Fall der Ablehnung de: antragen die Deutschfreisinnigen:
l) Die erste Wähler- Abtheilung muß mindestens ein Zehutel, die zweite zwei Zehntel aller Wahblberechtigten Ums. :
) Die Abstimmung zu den Landtags und Gemeindewabken geheim stattfinden zu N
Ferner liegen folgende Anträge vor: 1) von dem Abg. von Benda (nl.): den zweiten Absaß des 8 1 zu streichen: