1893 / 62 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

S N an ta Ati P G I N

‘i ur Mr

Mrt SeAL KSiLRURDTIR A:

cure;

»

0 9) von dem Abg. Freiherrn von Zedliß (freicons.): an die Stelle der Ae 2 bis 4 folgenden Absay aufzunehmen : „Von der sich hiernach ergebenden Gesammtsumme der Steuer- beträge aller Urwähler entfallen 45% auf die erste Abtheilung, 339% auf die zweite Abtheikung, 22 %/ auf die dritte Abtheilung." Auf Antrag des Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (conf.) werden auch die von der Commission neu ein- MONEFN S8 la und 1h mit zur Debatte gestellt. Sie auten:

& 1a. Urwähler, welche zur Staatssteuer n:cht veranlagt find, wählen in der dritten Abtheilung.

& 1þ. Falls in der dritten Abtheilung nur Perfonen zu wählen haben, welche zur Staatssteuer nicht veranlagt sind, findet die Bildung der ersten und dritten Abtheilung in der Art statt, daß von der Gesammtsumme des für die Abtheilurgébildung nah L 1 und 2 in Betracht kommenden Steuerbeiträge fünf Neuntel auf die erste Abtheilung, vier Neuntel auf die zweite Abtheilung entfallen. : At /

Abg. Freiherr von Zedliß (freicons.) beantragt, beide Paas pen zu streichen. | Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (conf.) beantragt, den 8 1b dem S la in folgender Fassung an- zufügen: Verringert si infolge dessen die auf die erste und zweite Ab- theilung entfallende Gesammtsumme, so findet ‘die Bildung diefer Abtheilungen in der Art ftatt, daß von der übrig bleibenden Summe *°/9 auf die erste, #/9 auf die zweite Abtheilung entfallen. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.) erklärt fich gegen die Einführung des Reichstagswahlrechts und für die Aufrechterhaltung der Klassenwahl. Er wendet sih aber gegen die Beschränkung des Wahlrechts der größeren Steuerzahler. (Cine Grenze von 2000 6 zu ziehen, bis zu der die Steuern nur angerechnet werden sollen, fei eine Ungerechtigkeit; ebenso werde die Anrehnung von 3 F für die steuerfreien Wähler ungerecht wirken. Alle diefe Nothbehelfe würden einen odiösen Charakter erhalten. Die Anrechnung fingirter - Steuersäßge seien bisher nur ein Provisorium, ein Aushilfêmittel gewesen, und dadur habe niemand ein jus quaesitum auf die Anrechnung für alle Zeit erworben. Durch die Beseitigung der Drittelung der Steuersäße werde für die dritte Wahlabtheilung schon eine Begünstigung geschaffen. Die Hoff- nung, daß für die M ufredlerRaltiti der Commissionsbeschlüsse fich eine größere Mehrheit finden werde, theilt Redner niht. Seine An- träge seien aber geeignet, für die Aufrechterhaltung der Klafsenwahl eine gute Grundlage zu geben. ; Abg. Dr. Bachem (Centr.): Das Centrum wird an dem (Tom- promiß, der in der Commission abgeschlossen ist, festhalten, so lange die Mehrheit des Hauses daran festhält. Ich kann mir nicht denken, daß die Freiconservativen und die Nationalliberalen, von denen allein Abänderungéanträge vorliegen, die Mehrheit des Hauses hinter sich haben. Wir enthalten uns im Interesse des Compromisses der Stellung von Anträgen. Für den Antrag der Freisinnigen auf Einführung des geheimen, directen Wahlrechts werden wir unserer Ueberzeugung gemäß stimmen, ohne uns an der Debatte hierüber zu betheiligen. Den Antrag wegen Einführung der geheimen Wahl bei der Klassenwahl Hat die Commission mit 14 gegen 6 Stimmen abgelehnt, fodaß eine Aussicht auf Annahme nicht vor- Handen is. Wir werden aber für den Antrag stimmen, ebenfalls ohne uns an der Debatte zu betheiligen. Was in der Commission erreicht ist, ist Folgendes: die plutokratishe Einwirkung der Einkommen- steuer i abgeschwäht durch die Herstellung einer Grenze, bis zu welcher diese Steuer nur angerechnet wird; ferner follen für

iht vom 13. März,

r Morgens. Sudraka.

Wind. Wetter.

Stationen.

halb bed. Anfang 7 Uhr.

Mullaghmore Ghristiansu d ‘Chrisltanjun (NN2 Kopenhagen . 9 [WSW Stoctholm . 89, SW 4bedeckt

‘Haparanda NO wolkenlos

Moskau . . . S bedeckt

Work, Queens- A E EEAD N Ton 5 |NW wolkig

Cherbourg . 5 |SW 2\wolkig N i SW 2? wolkenlos V ia WSW Zsls\halb bed. mburg . 3 [WSW 3\wolkenlos winemünde SW halb bed. Neufahrwasser WSW s|bedeckt Memel i SW 3/halb bed. _ Waris .. « 58 |S 3lheiter tünfter . f S wolkenlos Karlsruhe z1 {NO \wolfenl. 2) Wiesbaden . {till [wolkenlos München . . | 762 |SO heiter Chemniß .. 599 |\SW ?2\wolkenlos Dis 55 |SW 3\heiter Wil e] NO 1 wolkenlos Breslau... | SSW _ 2\Dunst__ Se D'Aiz SO 4 bededckt A oe D l [halb bed. E {ill halb bed.

3|Schnee

Sudraka.

Yéax Grube.

liche Tage.

N A

fang 74 Uhr.

e

Donnerstag : Sonnabend : Menschen,

N OP S

1) Dunst. 2) Reif. Uebersicht der Witterung.

Unter der Wechselwirkung eines ostwärts fort- reitenden barometrischen Minimums von etwa

westlihe Winde, unter deren Einfluß die Temperatur allenthalben gestiegen ist. Eine Theildepression liegt vorm Kanal. In Deutschland ist das Wetter milde, trocken und vielfa heiter; in den südlichen Gebiets- theilen fanden vielfah Nachtfröste statt. In Mittel-

iber dem Mittelwerthe. Deutsche Seewarte.

S SCUGPSIE E O A C M; H C RUO T N C E MESRB SE I M C E Theater - Anzeigen.

haus. ‘65. Vorstellung. | in 4 Acten von Pietro Mascagni. t G. Targioni-Tozzetti und G. Menasci. (Nah Erl- mann und Chatrian.) Deutsh vo ed In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teblaff. Diri-

gent: Kapellmeister Weingartner. « Anfang 7 Uhr. | 11. Parquet und Balkon 2 M,

Schauspielhaus. 72. Vorstellung. Vasantasena. Entrée 1 M. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier

Benutzung der Dichtung des altindishen Königs In Scene geseßzt vom Ober-NRegisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. tig Mittwoch: Opernhaus. 66. Vorstellung. Mignon. | | r tes tele 5 Nt e eft - Aufzug. Oper in 3 Acten von Ambroise Thomas. Tert mit stattungs\tück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) | Grofter Fefi zug Benußung des Goethe'shen Romans: „Wilhelm | girt vom Balletmeister C. Severini. Musik von | (Gegenwart), ausgeführt vom gesammten Personal. Meister's Lehrjahre“ von Michel Carré und Jules | Debillemont und C. A. Raida. Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. von Paul Taglioni. Dirigent : Kapellmeister Sucher. | Welt in achtzig Tagen.

2sheiter | Schauspielhaus. ( bed.1)| Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier halb bed. N Z Benußung der Dichtung des altindischen Königs

: In Scene geseßt vom Ober-Negisseur Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Zwei glück- Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Der Talisman.

Donnerstag: Der Talisman.

nalisten, Anfang 7 Uhr. | Mittwoch: Julius Cäsar. (Ludw. Bat: nay.)

Lessing-Theater. Dienstag: Heimath. An-

Mittwoch: - Heimath. Zum 1. Male: Die Tragödie des

Der Vorverkauf beginnt heute an der Tageskasse.

Wallner-Theater. Dienslag: Die Grof: | weiut und lacht. stadtluft. Anfang 74 Uhr.

735 mm über Süd-Skandinavien und eines Mari- |, Dienstag: Die Fl S j mums von etwa 770 mm jenseits der Alpen wehen Q A ns C und Halévy bearbeitet von il i ist \{chwacche, vorwiegend süd- f Q. Passner un . enee. über Gentral-Europa meist {wache gend | Strauß. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Die Fledermaus.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten-

t 1 "e i 91 bis i burg. Dienstag: Zum 4. Male: Die beiden deutshland liegt die Temperatur 24 bis 7 Grad Cuamvigno]. (CRampignol malgré lu.)

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

tue e i Kroll's Theater. Dienstag: Gastspiel der Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- | Fznigl. preuß. Kammersängerin Frau Minnie Hauk. Die Rantzau. Oper | Die lustigen Weiber von Windsor. (Frau | Karl Meyder-: Coucert. Anfang 7 Uhr. Text von | Fluth: Frau Minnie Hauk.) Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Erste populäre Vorstellung von Sgra. von Max Kalbeck. | (Fmma Nevada. Preise der Pläge: Fauteuil 4 4, 1. Parquet 3 1, | tasie aus Logensiß 1,50 14, | Romanze für die Violine von Svéendsen (Vertr Carnier). Klänge aus Steyermark für Piston von

die steuerfreien Wähler 3 Æ angerechnet werden, Urfere weiter- gehenden Anträae sind mit großer Mehrheit abgelehnt ; im Interesse des Compromisses werden wir nicht darauf zurückkomn en. Durch die Festseßung der Grenze ist es zwar möglich, daß die groyen Vermögen weiter wachsen, aber ihr Einfluß bei der Wahl wächst niht. Uebrigens betrifft diese Maßregel nur wenige Personen, und ich würde es bedauern, wenn diefe Einzelnen sich dadurch verleyt fühlen sollten. Die Tausende ron: kleinen Wählern fühlen sih mit Recht verleßt durch den Einfluß der reichen Leute bei den Wahlen. Uebrigens werden die Leute, die mehr als 2000 A Steuern zahlen, auch immer Nealsteuern zahlen, ‘und diese fallen in Zukunft, ‘namentlich was die Gewerbesteuer betrifft, mehr ins Gewicht als biéher. Der Abg. von Zedliy will alle Schußtz- mittel, die durch den Compromiß erreiht sind: die Grenze von 2000 M, die Anrehnung der 3 Æ bei s\teuerfreien Wählern und die Möglichkeit, innerhalb des Wahlbezirks eine Neu- eintbeilung der Abtheilungen vornehmen zu können, auf- geben und dafür eine Erhöhung des Steuerbetrages der ersten Abtheilung von */12, d. h. von 42 auf 45 % einführen. Das

reiht niht aus, um uns den Verzicht auf die drei genannten Schußz-

mittel zu erleichtern. Die nationalliberalen Anträge werden wir ab- lehnen. Aber der Antrag des Abg. von Heydebrand ist, wenn er au eine fleine materielle Aenderung enthält, im wesentlihen nur eine bessere Fassung des Compromißbeschlusses. Deéha!b werden wir für diesen Antrag stimmen. Redner {ließt mit der Hoffnung, daß, wie in der Commission, sh auch jeßt im Plenum die Nationalliberalen und Freiconfervativen dem Compromiß anschließen werden. Wird in der zweiten Lesung das Compromiß festgehalten, so werden wir uns daran gebunden halten. Sonst betrachten wir uns für die dritte Lesung als vollkommen frei. i

Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. Rickert das Wort.

Der Entwurf eines Gesezes zum Schuß der Waaren- bezeihnungen nebst Begründung ist dem Reichstag zu- gegangen.

- Amtliches Wahlergebniß der am 7. d. M. im zweiten Wahlkreise der Oberpfalz (Amberg) vollzogenen Neichstags-Ersaywahl. Abgegeben wurden insgesammt 9185 Stimmen. Davon erhielt Bürgermeister Jacob Riß in Hirshau (Centr.) 6773, Fabrikbesißer Peter Heindl in Trabiyz (liberal) 1110 und Schuhmacher Johann Siebenbürger. in Nürnberg (Soc.) 591 Stimmen. Bürgermeister Jacob Ni ß ist mithin gewählt.

Verkehrs Anstalten.

Einige Organe der Presse brachten kürzlich Artikel, in welchen die Einführung von sogenannten Kartenbriefen in Deutschland unter Berufung auf das Beispiel anderer Länder als im Bedürfniß liegend bezeilhnet wurde. Dabei war behauptet, daß die Benußung der Kartenbriefe in den Ländern, welche solche ausgegeben haben, eine sehr rege sei. Diese Behauptung ist nicht zutreffend. Der Absatz an Kartenbriefen hat im Jahre 1891 betragen: In Oesterreich 12700000, in Frankreich 7 600000, in Belgien 3 200000, in Niederland 77000, in Portugal 80000 und in den Vereinigten Staaten von Amerika 910000 Stück. Wie geringfügig diese Zahlen sind, wird sofort klar, wenn man mit ihnen die Zahl der beförderten Briefe und Poft- farten in den genannten Ländern vergleiht. Diese belief sich

Victoria-Theater. die Welt in ga

Ballet

73. Vorstellung. Vasantasena.

3 Acten von Horst und Stein.

rationen und Ko Die Sirenen-Jnsel. Regel. u yon R. Mader. von 2% a

meister

eimath. Anfang 74 Uh

——— Benefiz für Edmund Schmasow.

Anfang 74 Uhr.

Chausseestraße 5. ledermaus. Komische Operette

Graselli. Zum 4.

von Carl

ut ! In Scene gesett Geöffnet von 12—11

wenig l: teres der Fall ist, dafür spricht außerdem die Thatsache, daß in einem Theil der Länder, welche diese Kartenbriefe eingeführt ha der Absaß an das Publikum seit der Eluslhrung, von Jähr zu Jahr zurückgegangen ist; Absatz |

den Niederlanden 1889: 91 800, 1891: 77 000 Stück, in Portügal 1887 : 128 100, 1891: 80 000 Stü, in den Vereinigten Staaten vou Amerika 1887 : 3 481 800, dagegen 1891 nur noch 910 000 Stück.

s s

1891 in Oesterrei auf 470 000 000, in Frankreich auf 882 000 000, in Belgien auf 153 000-000, in Niederland auf 107 000 000, inPortugal auf 31 000000 und in den Vereinigten Staaten auf 2339 C00 009 Stück. Es \tehen mithin den 244 Millionen Kattenbriefen in den genannten Ländern 3982 Millionen Briefe und Postkärten gegen- über; dies ergiebt, in Prozenten ausgedrüt, / für F Verhältniß von 0,6. Hiernach kaun wohl nicht davon die Rede fein, daß die Kartenbriefe einem Verkehrsbedürfnisse Rechnung trügen. Wie

artenbriefe das

pen,

so z. B. hat der Absatz betragen: in

Es bestätigt fich hier die allgemeine Erfahrung, daß jede auf-

tauchende Neuerung in der Form 2c. dêr Correspondenzmittel zuerst in gewissen Kreisen des Publikums Anhänger findet; bald aber ihre Be- deutung verliert, sowie der Neiz der Neuheit niht mehr wirkt.

9I8enn in einem der betreffenden Artikfel- noch gesagt ift, daß in

Deutschland weniger Postwerthzeihen zur Ausgabe gelangten als in einzelnen anderen Ländern, so ist dabei gänzlich unberücksichtigt ge- lassen, daß den deutschen Postanstalten außer dem Verkauf der eigent- lichen Postwerthzeichen noch der Vertrieb einer außerordentlich“ großen Anzahl anderer Werthzeichen - obliegt, nämlich der Vertrieb der Wechselstempelma@rken. der Beitragsmarken zur Invalidi täts- und Altersversiherung, der Reihs-Stempel- marken und der gestempelten Aumeldescheine zur Er- bebung der statistischen Gebühr. Neichs-Postverwaltung gute Gründe zur Seite, wenn se bei ihrer wohlüberlegten Ablehnung der fogenannten Kartenbriefe beharrt.

Es ftehen hiernach der

Belle - Alliancestraße 7/8.

Dienstag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um | 74 Uhr: Tagen.

von A. d’Ennery und Jules Verne.

Anfang 7# Uhr. Mittwoch und folgende Tage: Die Neise um die

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/9), vom Director Franz Renz. Dienstag: Tosca. Schauspiel in 4 Acten von V. Sardou. (Frl. Barkany als Gast.) Anfang 73 Uhr. | sammten Personals. Neue Einlagen mit großÿ- Mittwoch: Durch die Jutendanz.

Donnerstag: Zum 1. Male: Adrienne Lecou- | Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener vreur. (Frl. Barkany als Gast.)

Theater Unter den Linden.

Zum 60. Male: Lachende Erben. Operette in d 3 s i Musik e Carl | mit neuem Programm und Ein Künstlerfeft.

Berliner Theater. Dienstag: Die Jour- | Weinberger. SInscenirt dur den artist. Leiter Ed. | mmmmmmmrrmm==TEETwms Binder. Dirigent: Kapellmeister A. Ferron. Die militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von

Donnerstag: Der Hüttenbefitßzer. (Nuscha Buße; | Gundlach. g ar neue Ausstattung an Deco-

Auna Braga, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) tümen. Hierauf: Zum 80. Male:

Ballet in 1 Act von H. Der choreogr. Theil

reiter. Inscenirt durch den Ballet- errn L. Gundlah. (Sensationeller Erfolg.)

r, Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Zum

Berlin, wie es Volksftük mit Gesang in s j L i : 3 Acten von F. Berg und D. Kalisch. Mittwoch: Znm 1, Male: Die Rosa-Dominos. | A. Conradi. In Scene gesezt von Adolph Ernst. Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. | Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. La X Dienstag: Gesammt - Gastspiel des Wiener En- O7 -9UR PONAR semble unter Leitung des Directors Franz Josef ale: Jhr Korporal. Posse mit Gesang in 5 Acten von Carl Costa. Musk Miller. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch : Dieselbe Vorstellung.

uo u Uranig, Anstalt für volkfsthümlihe Naturkunde. Saa n F Felen ven eat S Sons géseut: i: Aut: Landes - Ausstellungs - Park (Lebrter Bahnhof). von Sigmund Lautenburg. Anfang 75 Uhr. hr.

Nach Shluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Wien, 13. März. (W. T. B.) Der Erbgroßherzog

von Luxemburg ijt gestern Abend aus München. hier ein- getroffen.

Dar-es:-Salam, 13. März. (W. T. B.) Nach amt: licher Meldung aus Tabora hat der dortige Commandirende

Lieutenant Prince die Macht des unbotmäßigen Negerhäupilings

Sikki, welcher troy seiner vor einigen Monaten erfolgten scheinbaren Unterwerfung fortfuhr, durch seine zweideutige

Haltung die Stellung der Deutschen in Tabora zu gefähtden,

endgiltig gebrochen. Nachdem Lieutenant Prince drei Tage finbur® vom 10. bis 13. Januar d. J. die festungsartige Residenz des Häuptlings Sikki belagert, wurde sie in siegrei hem Ansturm genommen, wobei ESikki fiel, Der Tod dieses einflußreichen Häuptlings bürgt für die nachhaltige Stärkung der deutschen Herrschaft in Tabora. Der diesseitige Verlust beträgt: ein farbiger Offizier und 4 farbige Soldaten todt, 17 farbige Soldaten verwundet. Hervorzuheben ist, daß dieser Wasffen- erfolg vor Ankunft der mit Jahresanfang von der Küste ab- marschirten, inzwischen vermuthlih bereits eingetroffenen bc- deutenden Verstärkung der Besaßung von Tabora errungen worden ist.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Circus Renz (Carlftraße.) Dienstag, Abends Auf vielseitiges Verlangen: 9. Wieder- Großes Aus- | holung der Gala-Fest-Borstellung vom 27. Januar.

1) Reigen der Edel- Ballet arran- | damen und Nitter. 2) Militärishes Divertissement Zum Schluß der Vorstellung :

Ein Künstlerfest. “Wi

Große Ausstattungs - Pantomime vom Hofballet- meister A. Siems. Mit überrashenden Licht- und Wassereffecten und auf das Glänzendste 'inscenirt Costume, Nequisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge- Die Lore. | artigen Uchteffecten. Ballet von 100 Damen. Blumencorso. Zu:n Schluß: Großes Brillant- Feuerwerk. Außerdem u. a.: Mr. James Fillis i: mit dem Schulpferde „Germinal“. Grande Dienstag: | Quadrille de la haate équitation X. Mittwoh, Abends 74 Ühr: Große Vorstellurg

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Wicky von Bodenhausen mit Hrn. Lieut. Heinrih von Borcke:Hohensee (Berlin). Frl. Helene von Grünberg mit Hrn. Gerhard von

Puttkamer (Bruhhof—Glowiß). Frl. Helene

Blohm mit Hrn. Hauptmann von Priybuer (Ham-

burg). Frl. Dora Jahn mit ‘Hrn. Prediger Johannes Rahn (Charlottenburg—Grabow a. V.). Frl. Anna Schaumann mit Hry, Prem.-Lieut. Se von Boehn (Hannover—Spandau). _

Verehelicht: Hr. Edwin Frhr. von Seckendor}f mit Frl. Margarethe von Porbeck (Lichtenthal bei Baden-Baden). Hr. R Julius

l Schulze mit Frl. Fanny Kricheldorff (Berlin).

Musik von | Geboren: Eine Tochter: Hrn. Lieut. Frhrn. von Kap-herr (Rathenow). Hrn. Amktsrichter Goldschmidt (Strehlen). ;

Gestorben: Hrn. Diaconus Richter _ Tochter Käthchen (Chemniß). Hrn. Geh. ODber-Ke- gierungs - Nath Carl Lieber Sohn Gottfried (Berlin). Hrn. Hauptmann Athos von Schau- roth Sohn Hans Joachim (Weimar). ¿5rau Superintendent Emma Saran, geb. Moll (Brom- berg). Hr. Kammerherr und Landrath a. D. Friedrih Graf von der Schulenburg (Hohenberg)- Hr. Landrath a. D. Gustav von Stumpfeld! (Danzig). Hr. Commerzien - Nath Heinr! Behrend (Zoppot). La Syndikus der Cor- poration der Kaufmannschaft von Berlin, Krels- gerichts-Director a. D. Robert Beisert (Berlin). Hr. Ober - Landesgerichts - Rath Dr. Georg Julius Jung (Frankfurt a. M.) Hr. Stadt- pfarrer und Erzyriester Ludwig Bau (Sagan).

von Adam.

Der Barbier vou Sevilla. «Nobert der

Hoch (Herr Steffens).

Conceëte,. Concert-Haus, Leipzigerstraße 48.

OQuv. „Leonore 11.“ von Beethoven. „Giralda“ „Aufforderung zum Tanz“ von Weber. „Concerthausklänge“, Walzer von Meyder. Phan-

Teufel“ von Meyerbeer.

e Margarethe von Boëcamp, geb. von Rhein- abeit (Lüben).

Dienétag: Redacteur: Dr. §. Klee, Director.

Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verla Anstalt, Berlin N Bilbolmteage Nr. 32.

Acht Beilagéñ (einshließlich Börsen-Beilage).

(4384)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. :

¿ 62.

Berlin, Montag, den 13. März

1893

Deutscher Reichstag. 64, Sipung vom Sonnabend, 11. März, 1 Uhr.

Das Haus sezt dic zweite Berathung des Militär-

Etats fort. Ueber den Beginn der Sißung ist bereits in der Nummer vom Sonnabend bcrihtct worden.

Beim Kapitel: Bekleidung und Ausrüstung der Truppen bemerkt der

Abg. Nichtér (dfr.): Durch die Einführung tes rauchlosen Pulvers sind die Schüßen dem feindlichen Heere erreihbarer geworden, als es früher der Fall war. Es liegt auf der Hand, daß alles Blanke, alle grellen Farben das Ziel für den Schüßen außerordentli er- leichtern. In der militärischen Fachliteratur tritt daher immer leb- hafter die Ungeduld hervor, wie unter solchen Umständen es gere(t- fertigt sein ‘kann, die bisherige Bekleidung und Ausrüstung der Truppen, namentlich den farbigen Aufputz der Cavallerie beizubehalten. Auch der Laie kann sich darüber ein Urtheil bilden. Es ift mitgetheilt worden, daß man in ter leßten Zeit bei den Manövern ten Helt1 mit einer Tarnkappe verschen babe, um das Blinken und Blitzzen desselben zu verhindern. Dafür foll aber ein um so größerer Nachtheil ent- standen sein durch VerschließunF der Luftlöcher und Verhinderung der Autdünstung des Kopfes. Auch das weiße Lederzeug und andere blinfende Bestandtheile der Uniform fallen in die Augen und erfordern cine längere Púßkzeit. Man macht jetzt eine Probe mit grauen Män- teln, das ist aber niht genug. Es ist uns gesagt werden, daß man heutzutage weit weniger auf das Parademäßige Werth lege “und des- halb au Soldaten mit Schönheitsfehlern cinstellen wolle. - Bei den Uniformen komnit es noch weniger auf Schönheit an, Die Militär- verwaltung wird noch in viel wichtigeren Dingen mit den alten Traditionen brechen müssen.

Königlich preußischer Bevollmächtigter zurn Bundesrath, Gencral- Major von Funck: Die Militärverwaltung is bereit, durch die tehnishen Veränderungen det Waffen oder die Veränderungen der Taktik bedingte Fortschritte ‘eintreten zu lasscu. Daß die graue Kappe über dem Helm neben ihren Vortheilen auch manche Nachtheile hat, muß ich bestreiten. Die Erfahrungen damit sind günstig gewesen, insoweit dex Ucberzug rihkig verwendet ist. Es bedarf nur geringer Nebung der Truppe, um zu vermeiden, daß der Ueberzug die Lust- [löcher des Helms verdeckt. An den Helm und die sonstigen Bekleidungs- stücke hat sih in ter Tagespresse eine Menge Ausführungen geknüpft, die weit über das Ziel hinaués{hossen. Es ist ja sehr leicht, Kritik zu üben, aber der bisherige Anzug der Infanterie ift, wie die leßten Kriege in jeder Weise dargethan haben, im allgemeinen durchaus zweck- mäßig. Auch das Urtheil der Armce im Ganzen über den Helm ist günítig. Der Helm besißt in der That eine Menge Vorzüge vor den meisten anderen Kopfbedeckungen , da er deu Nacken und die Augen gegen Sonne und Regen s{chüßt, ferner den großen Vorzug, den eine Filzkappe ute haben würde, daß cr beiin Negen keine Feuchtig- feit aufsaugt und nicht s{werer wird, ferner daß er eine schr luftige Kopfbedeckung is, endli, daß er daucrhaster ist. Allerdings ist der Helm nech s{chwerer, als wünschenéwerth ift, aber er wiegt in seiner jeßigen Gestalt {on 200 g weniger als der Helm, den die Infanterie “im legten Keicge trug. Die Benußung des Aluminiums wird ihn möglicherweise noch leichter 1nachen, ab- gesehen von dec Erleichterung, die noch eintreten würde, wenn wir das harte Leder durch einen zweclmäßigeren Stoff ersetzen könnten. Die Militärverwaltung ist abcr beflissen, die nothwendigen Fortschritte nicht sprungweise zu machen, sondern an das Bestehende anzuknüpfen, und nux \o weit zu äudern, als es der «ortschritt der Technik auf anderen Gebieten unbedingt erfordert. ür den farbigen Anzug der Cavallerie kommen die neuen Waffen“ und das rauchs{chwace Pulver weniger in Betracht; denn die Cavallerie spielt im Feuergefccht keine crhebl che Nolle mehr. Die nôtbigen Aendekungen sind bereits eingetreten. Die Cürafse, die Ueberlegedeckcn dcr Feldauérlistung dex Cavallerie 2c. sind beseilizt. Die Cavallerie hâlt fich jeßt in großen Entfernungen und ift vor dec ättaque wcuig fichtbar, und bei der Uttaque selbst hat die Farbe des Anzuges wenig Einfluß. Die Berwaltung is ih ihrer großen Ver- antwortung in Bezug auf Kleidung und Auérüstung bewußt, und erwägt und versucht beständig, in wie weit Verbesserungen geboten sind. Bekleidungs- und Auérüstungêmwesen is durchaus nicht stagnirend. Es werden stets Vetbesserungsversuche gemacht. :

Ls Akg. Hinze (dfr.): Das Bestreben der Militärverwaltung, die Ausrüstung dcs Infanterisken zu erleichtern, ist bekannt. Aber der Helm, dec soust éine. fehr gute und auch luftige Kopfbedcckung ist, Tone - Ebe -DIEL Leiter veyben, Die helle Farbe dex Carallericuniform hat praktis keine Vedeuken; denn im Felde ist die helle Ta be sehr bald abgedunkeit. Aber es wäre doch wobl zu betenken, ob man nicht zur Einheits-Cavallezrie kommen tann, ob man nicht die verschievenn Abzeichen und sonstigen auf Traditioneu beruhenden Dinge beseitigen kann. Die Verschieden- heit der Uniform, die ja auch nur historische Tradition ist, macht es nit; denn die berühmtesten Cürassier-Negimenter waren zu der Zeit, als sie ihren Ruhm ernteten, Dragonec-Negimenter. 7 cia R E Bevollmächtigter zun Bundesrath, General- Zu na is u Vie jeßige Uniform der Cavallir.e, wie sie fich b orisch entwidelt kat, ist doch nicht ganz ohne Vorzüge in taktischer Beziehung. Nach den Attacken der Cavallerie-Divisionen ist cs, ganz besonders wichkig, daß die Neguimenter aufs s{nellste sich wieder sammeln. Das wird bescleunigt dadurch, daß die Regimenter auffallend versciedene Uniformen haben. Je schneller verwendungsfähig die einzelnen Negimenter wieder in ih sind, desto cher ist die (Sgpallerie in der Lage, den errungenen Erfolg festzuhalten und den eserven der feindlihen Cavallerie entgegenzutreten. Die Uniformen find ¿war nicht um dieses Vortheils willen entstanden, aber Der Vortheil bleibt bestehen. Die Bekleidung und. NAus- rüstung unserer Armee ist außerotdentlich billig. Alles in allcm, alle Waffen durcheinander gerechnet, mit Einschluß der Ausrüstung des Pferdes, der Unterbringung, der Löhne -der Hand- werker, kommt nur etwa 63,20 4. a"f den Kopf heraus. Die Kost- Sa Ie Truppengattungen wird ausgeglichen tur die große Einfachheit der übrigen Truppentheile. Das Selbstgefühl des Mannes und die Tradition, auf die der Vorredner mit Recht großes Gewicht legt und die er vorzugsweise in die geistigen Potenzen verlegt wissen will, knüpft ih auch äußerlih an folche Besonderheiten der Uniform au, Das zweite Pommersche Cürassier-Regiment, auf welches der Bortcedner anzuspielen schien, tie früheren Bayreuther Dragoner, hat an seinemm Ruhmestage shou ungefähr dieselbe Uniform getragen wie beute, nämlich weiße Röcke und rothe Abzeichen. G ¿Pad Richter (dfe.): Derselbe Major Keim, der jeht zur Sn lung der Militärvorlage verwandt wird, und den die Herren 298 h en gans besonderen Sachverständigen alten „müssen, Berra O8 j Mae Wochenblatt im* vorigen Jahre über | die Sie bitt und Ausrüstung der Truppen geäußert, und ih möchte - iten, deihselbèn etwas mehr zu folgen, Ueber die pm it des Helms erlaube ih mir kein Urtheil ; aber wenn Ha n Hel überzogen wird, warum wird er denn im Frieden die: Solbéta +0 getragen, zutnal man doch immer sagt, daß weiden méktens on im Frieden an folche Aeußerlihkeiten gewöhnt ; mükten? Bezüglich der Belastung des einzelnen Jnfanteristen

plant man Aenderungen ; aber warum man weißes Lederzeug und blin- kende Knöpfe beibehält, die fo viel Puparbeit verursachen, das vermag ich ebensowenig zu begreifen, wie daß die engen und hohen Halskragen vortheilhaft fein sollen. Man weist bierbei immer auf die Leistungen der Infanterie im letzten Kriege hin. Ebenso gut hätte man die alten Waffen, das alte Gewehr M 71 beibehalten können unter Berufung auf die damit errungenen Erfelge. ‘Andere Staaten baben in der Bekleidung und Ausrüstung den neucren Waffen weit mehr Rechnung getragen. Schon vor zehn Jahren baben wir auf die Unzweckmäßigkeit der Cürasse hingewiesen. Da erfuhren wir vielen Widerspruch und wurden auch mit der Tradition abgefertigt. Heute ist der Cüraß für den Kriegsdienst völlig auêgeschieden, und niemand fällt cs ein, ihn zu vertheidigen. Ich habe hier zufällig den von einer anerkannten Autorität verfaßten Jahreébericht über die Fort- schritte des Militärwesens aus den Loebell’shen Blättern vor mir. Da heißt es, daß man auch in Zukunft siegen würte in einer Litewka und ohne Helm, wenu man es nur verstände, frische und leistungé fähige Infanter'e rechtzeitig auf das Schlachtfeld zu werfen. i j ia u a Bevollmächtigter zunt Bundesrath, General- Major von Fun d: Die Kappe foll auch im Kriege nur in der Nähe des Fetndes über den Helm gezogen werden. Die blinkenden Knößfe bringen, wie durch Versuche festgestellt ist, keinen Nachtheil, weil von diesen fo wenig umfangreichen Metalltheilea nur ein geringer Glanz abfließt. Nur der Helm und das Kochgeschirr lassen den Infanteristen aus weiter Entferming erkennen. Es sind Versuche gemacht mit einem gebräunten Kochgeschirr, nach deren günstigen Verlauf dieser Nach- theil beseitigt werden wird. Die bl[inkenden Metallknöpfe sind sehr viel dauerhafter, als Hornknëpfe je sein würden. Auf die Dauer- astigleit und auf das gule Ausfehen müsscn wir den allergrößten Werth legen. Die Erfahrungen des letzten Krieges sind nicht aus- s{laggebend für das, was jeyt zu geschehen hat. Die Militär- verwaltung berücksichtigt jede Neuerung auf tehuishem Gebiet, stellt Versuche an und macht sie nah Möglichkeit für die Armee nuybar. Die Mililärverwaltung verabsäumt nichts in der Beziehung, sie thut ihre Schritte nur nicht so s{chnell, wie gewisse Herren es möchten. Das ist Sache des Temperaments. Die Militärverwaltung glaubt richtiger zu handeln, wenn sie die Sache langsam und mit Sicherheit durhführt. | j Beim Kapitel „Militär-G efäng nißwesen“ bemerkt der Abg. Haußmann (Vp.): Beim württembergischen Gefängniß- wesen scheint nicht alles ganz in Ordnung zu sein. Eine Zeitung hatte die Nachricht gebraŸHt, daß der Gefängnißverwalter Major d. Di Herbert in Uln, der feine Disciplinarbefugniß überschritten habe, feines Amtcs enthoben fei. Gegen, diesen Artikel hat die Militär- verwaltung Klage erhobcn, unter dem Vorgeben, es sei Major a. D. Herbert nicht nur nicht seines Anites entsetzt, sondern befördert worden. E3 sei wegen der Behauptung, daß er seine Disciplinarbcfugniß überschritten habe, der Strafantrag gegen den Redacteur gestellt. Vor Gericht trat der betreffende Nedacteur den Wahrheits- beweis an und forderte zu " dem Zwecke die Vernehmung einiger Zeugen und auch insbesondere die Bernehmung des Majors Herbert selbst. Diesem Antrage wurde stattgegeben und ein neuer Termin angeordnet. Merkwürdigerweise erklärte bei dem neuen Ter- min der Staatsanwalt nah Vernehmung des Angeklagten, er sehe in den betreffenden Aeußerungen überhaupt kein? Beleidiguug und bitte, von der eidlihen Vernehmung der Zeugen Abstand zu nehmen, und beantragte selbst die Freisprehung des Angeklagten. Der Gerichts- hof beschloß demgemäß, ohne irgend cinen Zeugen vernommen zu haben. Das muß ‘do in hoßem Grade Verdacht erregen. Die Zeugen sind nun nachträglich außergerihtlih yrotokollarisch ver- nommen worden und haben da Folgendes ausgesagt : Der eine Arrestant war, als er ins Gefänzniß geführt wurde, so s{chwacch, daß- er umfiel. Der Matjor Herbert ließ ihn sofort wegen angeblicher Simu- lation schließen. Dit hörte man die Nedensarten von Herbert : „Jch bin der Herrgott hier“ und „Der Gefangene darf nur auf dem Boden kauern, für ihn ist nicht einmal das Licht frei“. Sowie sich jemand krank meldete, erhielt er gleich Arrest wegen Simulation. Ein anderer wurde mit Arrest bestraft, weil er im Schlafe gesprochen hat. Einen Acrestauten ließ er längere Zeit mit den Händen krumm an den Boden schließen, während nah § 103 der Strafvollstrelungsordnung das Schließen nur erlaubt ift bei thätliher Widerseßlichkeit und auch nur zum Zwecke augenblicklicher Bändigunug. Das Essen erhielt der Arrestant nur während der Zeit, solange er geschlossen war, und Herbert sah sich das jedeémal mit an. Als der Arzt es durchseßte, daß der Gesangene ins Spital gebracht wurde, ließ ihn Herbert in Ketten dorthin bringen. Ein Anderer hat im ganzen üker -huntert Taze Arrest bekommen wegen der kUleinsten Vergehen; die Leute kamen von der Kirche weg direct in den Arrest. Jm Arrest ist das Hin- und Hergehen streng verboten, ebenso das Ausziehen trgend eines Kleidungsstücks auch während der Naht. Derc- Eine wurde bei der Entlassung vom Major Herbert gefragt, warum er Arrest bekommen habe. Als ex ihm antwortete: „Wegen Achtungêver- legung", Mucdile. Qerpert Dle Bunde. beraus. uild -Jadtc: „Mein, wegen vorlaüutec Zunge, und wenn Sie noch eéin- mal HPiérhex ommen, wetfe 1ch Sis’ züin alten Eisen!“ Darf saale der Ale NIE: Lebe ne Qilger Dur bei Kopf, als noch cinmal hierher!“ Major Herbert bestrafte ihu ofort mit zehn Tagen Mittelarrest und meldete ihn dem Commandeur. Dieser aber erließ ihm die Strafe. Wean auch nur ein Theil von dem wahr ist und diese ganzen Erzählungen machen nicht den Eindruck der Unwahrheit, der legte Zeuge beruft Jich sogar auf seinen Obersten —, so liegen hier ganz. s{chlunme Ueberschreitungen der Dis- ciplinarbefugniß vor; und follten das Vorschriften sein, fo sind das ganz mißliche und verfehlte Vorschriften. So sehr wir dafür sind, daß in diesen Strafanstalten steng Und “gerecht verfahren wird, so müssen wir" doch protestiren dagegen, daß Strafen vorgenomméên" werdén, * dié, “von ‘anderen Menschen verübt, als roh und graufam erachtet werden, E3 ist une acteumäßig festgestellte Thatsache, daß einer der Strafgefangenen des Ie in Uln sich am 8. Juli 1892 dem Schrour- gericht gestellt hat mit der Aussage, er hate einige Jahre früher einen Meineid ges{woren und zeige sich selbst an, um ins Zuchthaus zu kommen, um es da besser zu haben, als bei Major Herbert im Gefängniß. Ich glaube ausfprehen zu dürfen, -daß die württem- bergische Militärverwaltung, nachdein fie jeßt genauere Kenntniß von den Dingen hat, mit älleum Nachdruck vorgeht; cs freut mich, daß die Verwaltung in den leyten Jahren ein geschärftes Auge auf diese Dinge hat. Nachdem cia Wechsel im Ministerium eingetreten ist, ist ja auch der Miltmeister Liuenstein entlassen worden, ein Beweis, daß die württembergishe Militärverwaltung Ernst achen will. Wir wollen die Militärverwaltung unterstüzen in diesem Bestreben, und wir thun es dadur, daß wix hier Dinge zur Sprache bringen, die zu ermitteln das Militärstrafgerichtsversahren keine Möglichkeit an die Hand giebt, da die Leute eingeshüchtert werden und erxtt nach der Dienstentlassung vor bürgerlihen Gerichten etwas aus ihnen herauszubefommen ijt. Bon Bedeutun sind diese württembergischen Verhältnisse, wil sie der Schlüssel Aud zu hoch beflagenëwerthen Grscheinungen: den militärishen Selbstmotden aus Furcht vor Strafe, Wenn die Strafe zur Tortur wird, dann is es kein Wunder, daß die Leute häufig lieber zum Gewehr greifen, als sich der Strafe zu unterziehen. Wenn auch an anderen Orten aus Furcht vor Strafe häufig Selbst- morde vorkommen, so s{cint auch die Disciplin in anderen Straf- anstalten eine ähnliche zu sein wie in Ulin. Dann is es die höchste

Zeit, daß "man auh in dieses Gebict hbineinleuhtet. Keine Ver- waltung ist in Reformen, die mit der Rechtspflege zusammenhängen, so zurückgeblieben, wie die größte Verwaltung des Neichs, die Militär- verwaltung, für welhe wir fortgeseßt tie allergrößten Opfer“ bringen. Wir halten deshalb die baldige Abänderung des Militärstrafvoll- \treckungébverfahrens und des Mikitärstrafgesezbuches selbst für dringend erforderlich.

__ Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundeêratb, General- Lieutenant von Spitz: Der“ Vorredner hat aus ‘den von ihm be- haupteten Verfällen den Schluß gezogen, daß ganz ähnliche Vor- fommnisse und Fälle in anderen Strafanstalten vorkommen. Jh halte dicse Annahme füc eine durchaus icrthümliche. Nicht die Furcht vor Strafe treibt Viele in den Tod. In ven meisten Fällen sind es ganz gewöhnliche Uebertretungen, welche dies bewirken. Ein Mann is z. B. über den Zapsenstreich weggeblieben, er wird eininal bestraft; er bleibt ein zweites Mal aus, er wird wicder bestraft. Er hat das Gefühl, daß seine ganze Stellung im militärishen Leben erschüttert is, "und da schreitet er auf cimnal zun Selbstmord. Nicht die Furht vor Géfänguiß- strafen, sondern vor verhältnißmäßig geringen Arreststrafen it häufig das Motipy. Ein Mann brennt durch uad geht zum Kirchweihbfest, er amüsirt sich dort recht gut, und am anderen Morgen findet man ihn im Walde erhängt. Furcht voc Strafe in Straf- anstalten liegt nur in vershwindendeim Maße vor, weil auf Vergehen garnicht so harte Strafen stehen. Wer daran zweifelt, daß in den leßten Jahren bedeutende Reformen in den preußishen Strafanstalten vorgenommen worden find durch Besserung der Diséciplin, durch inoralishe Einwirkung, durch Abwechselung des Dienstes im Freien und im Innern der Anstalt, Exercitium, Turnen, gute und angemessene Lectüre, welche von - den Leuten sehr ausgiebig benußt wird, der be- müße sih in die naheliegende Anstalt in Spandau; der Kriegs- Minister wird ihm gern die Erlaubniß zum Besuch derselben er- theilen, er lasse sich das ganze mal zeigen und es wird ihn belehren, wenn er überhaupt fähig ist, belehrt zu werden.

Königlich württembergisher Bevollmächtigter zun: Bundesrath, Oberst Freiherr von Watter: Der Abg. Haußmann hat selbst gesagt, daß die von ihn bekannt gegebenen Thatsachen nicht zur Kenntniß der Militärverwaltung gekommen sind. Ich kann versichern, daß die württem- bergische Regierung ihrerseits ißr Augenmerk auf dieses Festungs- g-fängniß hält und darauf, daß der Vorstand dieser Anstalt seine Befugnisse und die ihm übertragene Disciplinarstrafgewalt nicht überschreitet. Es finden regelmäßige Nevisionen \takt und zwar durch den In)pecteur, Geueral-Lieutenant von Nickish-Nosenegk in Person. Wenn si bei diesen Nevisionen Mißstände ergeben, so hat die würt- tembergische Negierung die bestimmte Absicht, deuselben in jeder Weise abzuhelfen. :

Abg. Haußmann (Vp.): Diese Erklärung befriedigt mi durch- aus; ich habe das Vertrauen, daß die württembergische Regierung Abhilfe schaffen wird. "Der spißigen Schlußwendung des General- Lieutenants von Spiß muß ich entgegentreten. Er sagte: „Sie werden belehrt werden, wenn Sie überhaupt fähig sind, belehrt zu werden.“ Das ist nicht der richtige Ton, wie vom Bundesratbstishe aus zu Abgeordneten gesprochen wird. Ich habe mich bemüht, Mißstände aufzudecken, und ih glaube, der General kann nicht bestreiten, daß das Mißstände sind; 1m Gegentheil, er hat sich schr bestrebt, zu be- haupten, daß die Verhältnisse in Preußen viel besser seien, als bei uns; wenigstens indirect hat er das gesagt und damit zugegeben, daß bei uns wirkli s{limme Zustände sind. Es wäre überhaupt wünschens- wert), daß utan für diese Dinge lebhaftere Worte des Verdanunens gefunden hätte, als folcbe allgemeine Entshuldigungen. Jch bin gern bereit, die Spandauer Anstalt zu besuchen, wenn mir unsere Ver- handlungen hier dazu Zeit lassen. Sollten die Verhältnisse dort günstiger sein, als bei uns, so bin ich gern bereit, in Württemberg dafür thätig zu fein, daß die preußischen Verhältnisse au bei uns ein- geführt werden. Jin großen und ganzen bin ih aber der Meinung, daß die ganze Auffassung der Disciplinargeiwalt eine so shroffe gerade unter der preußischen Hanthabung geworden ist. Die Leute haben häufig niht Angst vor den geringen Strafen, sondern vor den Arcest- strafen. Die Furcht vor dem Duukelarrest hat schon manchen in den chQod getrieben, weil dies cine unwürdige, Geist und Körper nieder- drückende Strafe ist. So lange sie niht abgeschafft ist, kann ih dem ganzen Militärstrafgeseßbuh nicht den Natuen eines humanen Straf- geseubuchs geben.

__ Königlich preußischer Bevollmächtigter ¿um Bundeérath, General- Lieutenant von Spi: Zunächst muß ih mich dagegen verwahren, als ob ich irgendwie zugegeben ‘hätte, auch nur indirect, daß im Kénigreih Wücttemberg die Militärstrafanstalten \sich in cinem schlehteren Zustande befinden als in Preußen. Jch weiß darüber gar- nichts. Wie kann ih also eine solche Behauptung aufstellen ? Ich habe mid) bloß gegen die «Behauptung des Vorredners gewentet, daß die Zustände, wie er sie für Württemberg behauptet, geradeso in Preußen seien, Daraus glaubt er einen Beweis hernehmen zu können, daß das bei uns auh so sei. Wenn der Abgeordnete sich verleßt fühlt durch meine Bemerkung: „wenn Sie überhaupt ciner Belehrung fähig sind", so ist mir dieses Wort enlshlüpft, weil der Abgcorduete, als ih ruhiger Weise die Zustände, die ih allerdings für techt gute halte in diesen Militärstrafanstalten, erwähnte, höhnisch mir ins Gesicht lachte, als ob darüber überhaupt niht zu sprechen sei. _ Abg. Haußmann (Vp.): Es zeigt sich hier, wie bedenklich es ist, aus dem Mienenspiel Schlüsse zu ziehen. Allerdings lab“ ich gelächelt, als der General uns zu cinem Besuch nah Spandau ei lud. Dazu halbe ih ein freuudlihes Gesicht gemacht; denn es war cin freundlih.8 Anerbieten. Jch bin überzeugt, daß nah dieser Erklä- rung der General jeyt seinerseits erflären wird, daß er ih in der Auslegung der Motive meines Lächelns getäuscht hat, und daß er es unter dieser Vorausseßung nicht für richtig halten würde, den Aus- druck gegen mich zu gebrauchen, den er gebraucht hat. Sollte ein folher Ausdruck in das parlamentarische Leben überhaupt einzeführt werden, und müßten wir mit gleiher Münze gegenüber der Ne- gierung auflreten, so wäre das kein Vortheil für unseren ganzen parlamentarishen Ton.

Abg. Szmula (Centr.) spricht scin Bedauern darüber aus, daß man die Dinge hier vorbringe in éiner Uebertreibung und in cinem Tone, der wohl nur die Absicht habe, Ungehorsam und Aufruhr in die Armee hineinzutragen. Dagegen müsse er als alter Soldat Wider- spruh erheben. edner will auf dice Debatte über die Mißhand- lungen „zurückgreifen, wird aber vom Präsidenten daran gehindert.

¿; Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General- Lieutenant von Spiß: Jch erkläre nochmals, daß ih das Lachen des Abg. Haußmann sür ein höhnisches gehalten habe. Wenn der: Abzeordnete mir sagt, das sei nicht der Fall gewesen, so bin ih überzeug, . da ih ja seine Gewohnheiten und Gesichtszüge weiter nicht kenne, daß das. nicht der Fall war. Jh wlirde auch den Ausdruck uicht gebrausht- haben, wenn ih früher die Ueberzeugung gehabt bätte, die ih jeßt habe.

Abg. Richter (dfr.): Jh ziche aus diesem Vorgange nux den Schluß, daß es nicht nüglich ist, die Discussion auch noch auf» die - Gesichtszüge auézudehnen. j

Präsident von Leveßow: Das gehört nicht zu diesem Titel.

Abg. Richter (dfr.): Jch will dem General-Lieutenant von Spit - antworten. Ich“ halte es nicht für rihtig, wean ein Commissar einen Ton anschlägt, der nicht parlamentarisch gerechtfertigt ist. Jh bin durchaus berechtigt, meine Meinung darüber auszusprechen, und, ih werde mir dieses Net nit nehmen lassen. E