1893 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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babnen. Die lebbaftc Bewe ung, welche sich auf diesem Gebiet seit dem Erlaß; des Gesetzes vom 28. Juli v. I. nabezu über die ganze Provinz ver- breitet hat, bewcist, wie tief das Bewußtsein des dringenden Bedürf- nisses, sich diefes neue Verkchrsmittel zur Hebung aller wirthschaftlichen Verhältnisse zu Nutze zu machen, in allen Kreisen der Bevölkerung Eingang gefunden hat. Stellt si jeßt, wie zu hoffen, dic Provinz selbst thatkräftig und opferwillig an die Spitze der Bewegung, so darf mit Zu- versiht darauf gerechnet werden, daß die leider immer noh vorhandenen empfindlichen Lücken unseres Verkehrsstraßensystems in rlzis zu ferner Zeit in zweckentsprechender Weise werden ausgefüllt werden. _ Indem ich Sie, gcehrte Herren, hiermit einlade, in Ihre Ar- beiten mit gewohnter Hingebung einzutreten, erkläre ih im Namen

Seiner Majestät des Kaisers und Königs den XIX. Provinzial-

Landtag für eröffnet. Unter dem Vorsiß des Alters-Präsidenten Bürgermeisters Hinze in Ueckermünde brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes Hoh auf Seine Majestät den Kaiser und König aus und wählte sodann den Wirklichen Geheimen Rath von Köller-Cantreck zum Vorfißenden, sowie den Ober - Bürgermeister, Geheimen Regierungs - Rath Haken- Stcttin zum Stellvertreter des Vorsißenden, die beide die Wahl annahmen. Nah Wahl der Schriftführer und Fest- stellung der anwesenden Mitglieder durch Namensaufruf er- folgte die Bildung der Abtheilungen, die Mittheilung des Vorsißenden über die vorliegenden Geschäftssachen, sowie deren e i und hicrauf die Vertagung der Sizung bis 2 Jr. | Nach Wiederaufnahme der Sißzung wurden Wahlprüfungen vorgenommen.

Köniasberg, 14. März. Der XVI]. Provinzial-Land- tag der Provinz Ostpreußen ist gestern nach Erledigung seiner Arbeiten durch den Ober-Präsidenten Grafen zu Stol- berg - Wernigerode mit folgender Ansprache geschlossen worden :

Meine sebr geehrten Herren! Nach der s\ocben vernommenen Mittheilung des Herrn Vorsitzenden sind Ihre dieêmaligen Arbeiten beendigt. Mit gewohnter Pflichttreue haben Sie unter gewissenhafter Mitwirkung Ihrer Commissionen die zahlreihen und zum theil recht bedcutungsvollen Vorlagen in kurzer Zeit erledigt und durch Ihre Bewilligungen, unter welchen sih abermals bedeutende Summen für gemeinnüßige Zwecke befinden, die Provinzialverwaltung in den Stand gesett, auh im kommenden Rechnungsjahre ihren erheblichen Verpflichtungen nachzukommen. Sie fönnen deshalb mit Befriedigung auf Ihre Thâtigkeit zurü- blickden, Mit dicsem Provinzial-Landtage Thließt vorauésichtlich Ihre sechsjährige Thätigkeit und cs ist mir cine angenehme Pflicht, es auch bei dieser Gelegenheit auszusprechen, daß Ihre gesammte Arbeit während dieser scchs Jahre der Provinz zum Heil und Segen gereicht hat. Für das bereitwillige Entgegenkommen und verständniß- volle Wohlwollen, welhes ih für die Bestrebungen der Königlichen Staatéregierung bei Ihnen \tets gefunden habe, spreche ih an dieser Stelle noch meinen ganz besonderen Dank aus. Hiermit erkläre ich den 17. ostpreußishen Provinzial-Landtag für geschlossen. i

Der Vorsißende des Provinzial-Landtags Graf zu Eulen- burg- Praffen brachte darauf ein Hoh auf SeineMajestät den Kaiser und König aus, in das dice Versammlung be- geistert cinstimmte.

Sachsen.

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Seine Majestät der König empfing heute die Delegirten nz.

zur internationalen Sanitätsconferc Jhnen zu Ehren findet Nachmittags Galatafel statt, woran auch die Mitglieder des diplomatischen Corps und die Staats-Minister theilnehmen. Heffen.

L JZhre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen tritt, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, heute Abend die Nückreise von Darmstadt nah Kiel an.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Der dem gemeinshaftlihen La ndtag zugegangene Etat auf die Zeit vom 1. Zuli 1893 big 30. Juni 1894 schließt in der Einnahme mit 2016 411,01 M (368 611,01 M6 mchr), in der Ausgabe mit 2661 161,01 M (586 753,01 A6 mchr) ab. Es ergiebt sich somit cin Ausgabeüberschuß von 644 750 M (218142 M mehr). Dieser weniger günstige Ab- \hluß wird, wie es in der dem Etat beigegebenen Denk- schrift heißt, im wesentlihen bedingt durch die Bezie- hungen beider Herzogthümer zum Reich, insoweit die Üeberweisungen aus der Reichs-Hauptkasse und dice Matrikularbeiträge in Frage kommen. Während nach dem bisherigen Etat an Uecberweisungen 1 140000 4 und an Matrikularbeiträgen 885 090 4 eingestellt waren, die ersteren dic lehteren sonah um 255 000 A4 überstiegen, sind in dem neuen Etat die Ueberweisungen mit 1459 100 M, die Matri- fularbeiträge mit 1429173 M nach Maßgabe des Neichs- Etats aufzunehmen gewesen, sodaß hicrnach nur ein Nebers{chuß von 29927 M, gegen bisher sonach 225073 weniger, verblcibt.

Anhalt.

Der Landtag nahm in seiner vorgestrigen Sißung den Geseßentwurf über die äußere Heilighaltung der Sonntage in dritter Lesung an und sehte sodann die zweite Berathung des Haupt-Finanz-Etats fort. Von Tit. 1IV. der eigenen Ein- nahmen, Sporteln und Nebeneinnahmen der einzelnen Be- hörden wurden Pos. 1—11 genehmigt, ebenso von den Ein- nahmen für das Neih Pos. 1—7. Von den eigenen Aus- gaben wurden Tit. 1. Allgemeine Staatsverwaltung, Pos. 1—9 genehmigt. Desgl. Tit. 11. Staatsshuldenverwaltung, und Tit. TIT. Justizverwaltung: a. Personalverwaltung und h. Real- aufwand, ferner Tit. 1V,, mit Ausnahme von Pos. 6, Armen- wesen, bei der die Beschlußfassung ausgeseßt wurde.

Oefterreich-Ungarn.

Der Kaiser hat heute Vormittag 9 Uhr mittels Separat- zuges die Rückreise von Territct nah Wien angetreten. Die Kaiserin wird noch weiter in Territet verbleiben.

Das österreihische Abgeordnetenhaus nahm gestern, wic „W. T. B.“ berichtet, die noch restirenden Theile des Staatsvoranschlags an, womit die Berathung des Budgets er- ledigt war. Jm weiteren Verlaufe der Sizung genehmigte das Haus sodann die Permancnzerklärung des Steueraus- usses behufs Vorberathung des Gesetzes über die directen

ersonalsteuern, und stimmte nah längerer Debätte dem An- trage des Gewerbeausshusses auf dessen Permanenzerklärung

Handelsvertrages cin. Bei der gestern von dem ungarischen Unterhause fortgeseßten Berathung des Cultusbudgets erklärte der Staatsjecretär Dr. von Berzeviczy, die liberale Kirchen- politik beherrshe die Gemüther derartig, daß keine Regierung heute mehr die Kraft habe, die Frage von der Tagesordnung abzusehen Großbritannien und JFrland.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses erklärte nach einem Bericht des „W. T.,B.“ der Staatssecretär des Krieges Campbell-Bannermann, der von Egypten für das bevorstehende Finanzjahr zu zahlende Bei- trag von 87 000 Pfund Sterling basire auf der Stärke der englishen Occupationstruppe vor der jüngsten Ver- stärkung derselben; es sei unmöglih jezt zu sagen, welche Erhöhung des Beitrages aus der eingetretenen Verstärkung entstehen werde. Der Parlamentssecretär des Aus- wärtigen Sir E. Grey erwiderte auf cine bezügliche Anfrage: die Conversion der egyptishen Domanial- Anleihe in 41/4 pro- centige Obligationen anstatt in Obligationen von geringerem Zinsfuß bezwecke die Vermeidung einer sonst nothwendigen Kapitalserhöhung, der die Conversion aus allgemeinen finan- ziellen Gründen vorzuziehen sei.

Der Erzbischof von Canterbury hat nach einer der „Frkf. Ztg.“ zugegangenen Mittheilung in einem Nundschreiben die Bischofe aller Diozesen aufgefordert, gegen die Kirchen- vorláge für Wales um Pfingsten in London eine große Versammlung der beiden Convocationen und Laienvertretungen der Erzbisthümer Canterbury und York, sowie der Vertreter der Kirchenvorstände aus allen Theilen von England und Wales abzuhalten.

Gegen die Homerule- Bill sind der „A. C.“ zufolge am vergangenen Sonnabend in Dublin und anderen Theilen Jrlands mehr als dreißig Versammlungen abgehalten worden. Jun Dublin war die in der Leinster Hall abgehaltene Versammlung von beinahe 4000 Per- sonen besucht. Die Verwerfung der ganzen Vorlage wurde zum Beschluß erhoben. Jn Divernagh waren über 5000 Vranien-Männer zur selben Zeit versammelt, die sich in derselben Weise über die Homerule - Bill aussprachen. Von der aus 1 120194 Mitgliedern bestehenden „Primrose- League“ soll dem Parlament eine Bittschrift überreicht werden, worin die Petenten erklären, daß die Errichtung eines Parlaments in Dublin das Leben und Eigenthum der loyalen Einwohner Jrlands in Gefahr bringen, Unterdrückung und Verbrechen aller Art verursachen, aller Wahrscheinlichkeit nah Anarchie und Bürgerkrieg heraufbeschwören und die

Stabilität und Wohlfahrt Großbritanniens unterminiren werde.

Frankreich.

Der Minister-Präsident Nibot hatte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Abend eine Zusammenkunft mit Bourgeois und bestand dringend darauf, daß dieser wieder das Justiz- portefeuille übernehme. Bourgeois wird heute seine Antwort hierauf ertheilen.

Zm Senat kam gestern die Jnterpellation über die Aussagen der Frau Cottu zur Verhandlung. Halgan (Rechte) bemerkte, der Zwischenfall Cottu sei nicht völlig auf- geklärt. Der frühere Minister des Jnnern Loubet ertlärte, Frau Cottu habe im Januar dur den Secrctär ihres Gatten um cine Audienz bei Soinoury nahsuchen lassen. Er (Loubet) sei hiervon benachrichtigt worden , cbenso wie NRibot und Bourgeois, die in dieset Gesuche nichts Un- gehöriges crblickt hätten. Er habe keineswegs den Schritt, von dem man gesprochen habe, angeordnet. Soinoury have übrigens vorgezogen, sein Amt niederzulegen. Er bestreite ganz entschieden, jemals eine Liste der in die Panama-Affaire verwickelten Parlamentsmitglieder besessen zu haben, und wenn er cine solche besessen hätte, so würde er sie den Gerichten über- geben haben. (Beifall.) Constans erklärte unter lebhaftem Bei- fall des Hauses, er habe niemals dem Präsidenten Carnot die Liste der 104 Abgeordneten übergeben, weil er sie nie besessen habe: cr glaube, die Liste habe niemals anders als in der Ein- bildung gewisser Personen existirt. Niemand könne bei dieser Art von Skandal gewinnen. Das Land wolle vor allem Ruhe und Arbeit. Man möge die Gerichte ihre Pflicht thun lassen; und die Legenden würden bald in si zu- sammenfallen. Sodann erklärte der Minister - Präsident Ribot: es sei nunmehr als unbestreitbar anerkannt, daß Frau Cottu die Zusammenkunft mit Soinoury nachgesucht habe; Soinoury sei unklug gewesen, aber nihts Anderes. Es sei cine Junfamie, zu behaupten , daß Carnot eine Liste be- stochener Abgeordneten besessen habe. Derartige Anschuldi- gungen seien des Landes unwürdig. Der Minister- Zräsident schloß mit der Erklärung, Soinoury habe sich keiner Käuflich- keit schuldig gemacht; er wolle ihn decken. Merlin brachte hierauf die von der Deputirtenkammer vorgestern genchmigte Tagesordnung cin, die mit 209 gegen 56 Stimmen angenom- men wurde.

Jn der Deputirtenkammer wünschte bei der Ver- lesung des Protokolls der Deputirte Gauthier de Clagny (Boulangist) Aufklärungen von der Regierung über die in der vorgestrigen Sißung von dem Deputirten Pourquery de Boisserin gemachte Behauptung, daß der Zwischenfall mit Frau Cottu in der Wohnung des Advocaten Barboux vorbereitet worden jel. Der Präsident lehnte es jedo ab, die Debatte über diesen Gegenstand wieder cröffnen zu lassen. Déroulède be- klagte sih, daß das „Journal officiel“ das nicht reproducire, was er gejagt habe, nämli, daß die Regierung aus Lügnern bestehe. (Beifall rets, Lärm auf der Linken.) Der Finanz- Minister Tirard verließ seine Bank und ging auf Déroulède los, den er lebhaft interpellirte. (Große Erregung.) Auf die Aufforderung des Präsidenten zog Déroulède seinen Ausdruck zurü. Der Minister des Auswärtigen Devel le besprach sodann dieMittheilungen Pourquery de Boisserin's und hob hervor: eine Frau beklage sich darüber, beleidigt und in das Bureau Soinoury’s gFfürt worden zu sein; nun erfahre man, daß diese Frau den Mann habe rufen lassen, den sie beshuldige, sie beleidigt zu haben, und mit dem sie den Zwischenfall vereinbart habe, der sih gestern vor dem Gericht abgespielt habe. (Leb- hafter Beifall.) Damit war der Zwischenfall geschlossen. Im Fortgang der Sigzung richtete der Deputirte Turrel cine Anfrage an die Regierung über ihre Edlen und beklagte sich darüber, daß man Spanien den Minimal- gegen einen Prohibitivtarif bewilligt habe. Spanien sende wohl nach Frankreih weiter Producte, empfange dagegen von Frankreich keine Producte mehr. Diese Zustände seien für die Weinbauer unerträglih. Der Minister

Hierauf trat das Haus in die Berathung des serbischen

keinerlei De aae zur Abänderung des Zollregimes einzuleiten, sie werde jedoch sehen, ob man strengere Maßregeln gegen gewisse Länder ergreifen müsse. Dex Handels - Minister Siegfried constatirte alsdann, daß die französische Dig y nah Spanien sih verringert habe: die Regierung habe sich bemüht, Concessionen zu erhalten, sie werde in ihrem Bestreben, das hoffentlich zu einem Ziele führen werde, fortfahren, um einen besseren modus vivendi herbei- zuführen. Hierauf wurde die Sißung geschlossen.

In der gestrigen Verhandlung in dem Panamag- Bestehungsprozeß protestirte Barboux gegen die von dem Deputirten Pourquery de Boisserin vorgebrahte Be- hauptung. (Siehe oben.) Constans erklärte, er habe nicmals dem Präsidenten Carnot eine Liste derin die Panama-Angelegenheit verwickelten Deputirten übermittelt, er habe eine solche Liste auc niemals besessen. Sans- Leroy gab dem Gerichtshof Aufklärungen über die Anlegung der Mitgift seiner Frau. Der Staatsanwalt wies darauf hin, daß die mitgetheilten Actenstüke ohne Bedeutung seien. Bonaparte-Wyfe sprach im allgemeinen über die Panama-Kanal-Arbeiten. Die Ver- nehmung der Zeugen war damit beendet. Die Advocaten der Civilparteien erhielten hierauf das Wort. Der Advocat Bou! lay beshwor Charles Lesseps, die volle Wahrheit ans Licht zz bringen. Sodann wurde die Aussage des Liquidators der Panama-Gesellshaft Monchicourt vor dem Untersuchungs- richter verlesen. Aus ihr ergiebt sich, daß Lesseps sich weigerte Monchicourt die Namen der Empfänger von 7 Millionen Francs in Bons mitzutheilen. Fn der nunmehr verlesencn Aussage Cottu’s wird constatirt, Lesseps allein habe si mit der Vertheilung. dieser Summe befaßt. Der Gerichts- hof beshloß, Monchicourt, der erkrankt ist, in seiner Wohnung über mehrere Punkte vernehmen zu lassen. Der Ad- vokat Lascazes forderte cin strenges Urtheil gegen Baïhaut, Béral, Sans-:Leroy, Dugué, Gobron und Proust die er als wahre Verbrecher bezeichnete. Loustanceau, Advocat Mon- chicourt's, spra das Verlangen aus, der Gerichtshof möge bestimmen, daß die veruntreuten Summen an die Kasse der Panama-Gesellschaft zurückerstattet und nicht, wie sonst üblich, der Armenkasse übergeben würden. Darauf wurde die Sißung aufgehoben.

Nußland.

Der Herzog und die Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin haben dem „W. T. B.“ zU- folge vorgestern Sk. Petersburg wieder verlassen, um nach Potsdam zurückzukehren.

Italien.

_ Aus Anlaß des Geburtstags wie „W. T. B.“ berichtet, gestern in Nom z Truppenschau statt. Der König, begleitet von dem Herzog von Genua, dem Grafen von Turin, dem deutshen Botschafter Grafen Solms und cinem glänzenden Gefolge, ließ die Garnison von Nom Revue passiren. Die Königin wohnte der militärischen Schauspiel zu Wagen bei. Der König und dic Königin wurden von den Volksmassen jubelnd begrüßt.

Portugal.

Der Gesandte am Berliner Hofe de Carvalho e Vas-

des Königs fand, elne glänzende

concellos wird sih, wie „W. T. B.“ qus Lissabon cr-

fährt, binnen kurzem auf seinen Posten begeben, um ih mit

der Angelegenheit der auswärtigen Jnhaber portugiesischer

Werthe zu befassen. : Türkei.

Auf Befehl des Sultans begiebt sih einer Meldung Des N L B ais Konstantinopel zufolge der Leid- Chemiker Bonkowski in Begleitung von drei höheren Sanitätsbeamten als Delegirter zur internationalen Sanitäts- Conferenz nah Dresden.

Schweden und Norwegen.

n der vorgestrigen Sigung des Storthings nahm nah ciner Meldung des „W. T. B.“ ‘aus Christiania der Conseil-Präsident Steen namens der Regierung die von der äußersten Linken beantragte Tagesordnung an, wonach Norwegen. ohne Verhandlung mit Schweden die Konsulats- frage erledigen solle: den von Michelse, Linke, ge- machten und von Björnstjerne VBjörnson unterstüßten Ausgleihsvorschlag erklärte ex aber für unannehmbar. Gleichzeitig glaubte Steen, von der Annahme der von den Moderaten und Mitgliedern der Rechten beantragten Tages- ordnung, worin Verhandlungen mit Schweden empfohlen werden, abrathen zu sollen. Der Führer der Rechten, Stang, betonte, man habe nur zu wählen, ob man der Regierung, die außerhalb der Verfassung liegende Gewaltmittel anzuwende! im Begriff stehe, folgen oder in Verhandlungen mit Schweden eintreten wolle. Der radicale Bankdirector Fasting warnte vor Schritten, welche die Union gefährden könnten.

Dänemark.

Nach einer Meldung des „H. T. B.“ aus Kopenhagen hat das Landsthing mit 42 gegen 14 Stimmen das Gehalt für cinen besonderen Gesandten in Madrid bewilligt, das vom Folkething gestrihen worden war.

Asien.

Nach einer Meldung des „Keuter'shen Bureaus“ aus Kalkutta sandte der englishe Agent in Gilgit eincn telegraphischen Bericht, wonach die aufständishen Stämme dic englische Stellung in Chilas angegriffen hätten, aber unter Verlust von ungefähr 200 Todten zurüdckgeschlagen worden wären. Die Engländer hätten 1 Mann und 3 eingeborene Offiziere verloren, außerdem 24 Verwundete gehabt. Ein Verstärkung von 250 Mann sci nah Chilas geschickt worden, jedoh befürhte man keinen neuen Conflict.

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Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die gestrige Sigung befindet si in der Ersten Beilage. j 67. Sißung vom.Mittwoch, 15 War 4 UE Der Sizßung wohnt der Staatssecretär Freiherr von Maltahn bei. /

Die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats wird fortgeseßt beim Etat des L lde E

Bel den Ausgaben für das Münzwesen weist der : Abg. Graf Mirbach (dcons.) die Behauptung des Abg.

gor Vorberathung der Frage der Gewerbereform und der urhführung ciner schriftlihen sowie mündlichen Enquête zu.

des Auswärtigen Develle betonte, die Regierung beabsichtige

Büsing zurück, daß die Doppelwährung nur den Großgrundbesißern ¿u

cute Fä. Solche Unterscheidung zwischen großem E O Grandbesit sei sonst nur bei anderen Parteien als bei Aus q bg, Büsing zu finden gewesen. Er (Redner) habe nur ausgeführt, daß f bei ter Landschaft vershuldete Grundbesißer besser daran sci, als dr bei Privatgläubigern. Die Landschaft beleiht aber große Suler ebenso wie Bauerngüter. Redner wendet sich dann gegen den Abe. De. Bamberger, dir ihn wohl mißverstanden habe. Er habe ihm durchaus feinen Vorwurf gemacht ; cine Verleßung würde nur dann vorliegen, wenn er (Redner) cinen Volksstamm als shlechter als den anteren bezeichnet hätte, was niht geschehen sei. N

Abg. Broemel (dfr.) constatirt, daß der Abg. Dr. Bamberger cincs Augenleidens wegen augenblicklich eine ärztliche Consultation habe. Er werde wohl Gelegenheit haben, bei der dritten Lefung zu antworïen. : i:

i A Büsing (nl.): Ich habe gefagt, die Doppelwährung komme nar den Großgrundbesißern zu gute. Das ift geschehen auf Grund der Aus- führung des Abg. Grafen Mirbach, daß die bei der Landschaft verschuldeten Besitzer davon cinen Bortheil haben. Die Landschaften sind nicht überall vertreten, namentli sind die Bauern nicht überall’ kci der Landschaft betheiligt, und es giebt auch. Schalden, welche hinter der Landschaft cingetragen sind. Der Abg. Graf Mirbach hat darauf gesagt: den Grundbesitz, der nit bei der Landschaft ist, gebe ih preis. Danach war meine Folgerung vollkommen PerehTertigt - a

Abg. Graf Mirbach (dcons.) bestreitet cine solhe Acußerung über die nicht bei der Landschaft betheiligten Grundbesißer gemacht zu haben, während der Abg. Büsin g scine Behauptung aufrecht erhält.

Der Titel wird genchmigt, ebenso der Rest des Etats des Reichs-Schaßamts. e :

Ohne Debatte wird der Etat der Reichsshuld genchmigt. Beim. Etat des Reichsbankwesens weist der L

Abg. Graf Mirbach (dconf.) darauf hin, daß bei Nebernaÿ me der Neichóbank auf das Neich dem Reiche aus dem Bankwesen 1892 34, aus dem Jahre vorher 5 Millionen Mark mehr als jeyt zu- g flossen scien. Die Sparsamkeit sei also in dieser Frage auf Seite derjenigen gewesen, welche die Reichsbank verstaatlichen wollten. :

Der Etat wird genehmigt; ebenso ohne Debatte die bayrische Quote, die Erslattungen auf aus Landesmitteln an- gewendete Kasernenbau- u. |. w. Kosten und die Betricds- fonds. (Schluß des Blattes.)

Der Bericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage.

—. Dem Retchstage 1 der am 23. Juli v. J, zu Bogotá unterzeichnete Freundschafts-, Handels- und

Tr Wi We is E : » V 71 , Si fahrlèvertrag zwishen vem Nei Und dem Greistaat Kolumbien von dem Reichskanzler vorgelegt worden.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf cincs Gefeßes. über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadtkreises Kiel zugegangen.

Von dem Abg. von Schenckendorff ist mit Unterstüßung sämmtlicher Fractionen ‘der nachstehende Antrag im Hause der Abgeordneten eingebracht - worden : Abgeordneten eingebracht - : D N

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: In Rücksicht darauf, daß die auf Verbreitung des Handfertigkeitsunterrichts ge- richtete Bewegung scik dem leßten Jahrzehnt in fast allen Cultur- ländern Aufnahme und zum theil weite Ausdehnung gefunden hat ; sowie in Nücksibt darauf, daß cin solher allgemein verbreiteter Unter-

rihtszweig wirthschaftlih wie pädagogish bedeutsam erscheint, wird

die Königliche Staatsregierung ersucht, L a den hierauf gerichteten Bestrebungen staatlicherseits cine weiter- gehende Förderung zu theil werden zu lassen, als es seither geschehen ist, sowie gleichzeitig Vorsorge zu treffen, daß die Lehrerseminare allmählich diefen Unterrichtszweig als einen freiwilligen aufnehmen.

Nr. 10 dék, Veröfféntlichungen des“Kaisérlichen Gesundheitsamts“ vom 8. März hat folgenden Jnhalt : Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Finwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er- krankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Gesundheitsstand und Sterbc- fälle im Januar. Witterung. Maßregelu gegen Cholera u. #. w. Deffentliches Gesundheitswesen in Frankfurt a. M. 1891. Desgl. in München 1891. Gesundheitsstand in Genua 1892. Gefeß- gebung u. st. w. (Deutsches Neich). Steuerfreie Verwendung von undenaturirtem Branntwein zu Heil- u, st. w. Zwecken. (Slß) (Preußen. Berlin). Bierdruckvorrichtungen. (Glfaß - Lothringen). Vichseuchen-Uebereinkommen. (Ungarn). Apotheker : Lehrlinge. (Italicn). Arßneimitteltaxe. Thierseuchen in Belgien, 3. Viertel- jahr. —— Desgl. in den Niederlanden, Jan. Desgl. in Serbien, 28. Juni bis 28. September. Veterinärpolizeilihe Maßregeln. (Sachfen, Baden, Ober: Elsaß, Oesterreich). Rechtsprechung. (Land- gericht Plauen). Anzeigepflicht bei Thierseuhen. Verhandlungen von geseugebenden Körperschaften u. \. w. Berichtigung. Vermischtes. (Preußen, Berlin). Desinfection ter Hebammen. (Berlin, Karls- rube, Oesterreich). Geheimmittel. Sterbefälle in deutsdhen Orten mit 15 009 und mehr Einwohnern, Januar. QDcégl. in größeren Orten des Austlandes.

Nr. 2 des „Ministerial - Blatts für die gesammte innere. Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten“ (herauégegeben im Burcau des Ministeriums des Innern) vom 28. Februar 1893 hat folgenden Inhalt: 1. Allgemeine Ver- waltungsfahen. Anweisung, betr. das Verfahren bei der Nebergabe und Uebernahme der Verbrecher, die zwischen Preußen und Oesterreich zur Vollziehung ciner Auslieferung 2c. zu übergeben sind. Ver- fügung, betr. das Recht der Polizeibehörden zur Wiederaufhebung noch nicht rechtskräftig gewordener Strafverfügungen. 11. Organi- sationssachen. Bebörden und Beamte. Verfügung, bet?. die Stellen- zulagen für Mannschaften der Gendarmerie und für Polizeibeamte. 111. Polizeiverwaltung. Gewerbepolizei. Bekanntmachung, betr. die Anbringung der Vorrathszeichen auf Handfeuerwaffen. IV. Ver- waltung ter öffentlichen Arkeiten. Cirkular, betr. die Vergütungen für Schiedsrichter beim Berdingungswesen. V, Verwaltung für Handel und Gewerbe. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen über Beschäftigung jugendlicher Arbeiter 2c. in Bergwerken. Verfügung, betr. die auf Grund des § 134 derx Gewerbeordnung zu erlassenden Arbeitsordnungen. VI. Verwaltung für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Cirkular, betr. die private Behandlung erkrankter Ge- stütépferde. Cirkular und Vorschriften über die Benußzung und bauliche Unterhaltung der Forstdienstgehöfte. VTI. Militär- und Marine-Angelegenheiten. Cirkular, betr. die gemäß § 46 der Wehr- ordnung von dem Standesbeamten einzusendenden Auszüge aus den Civilstandsregistern. Cirkular, betr. die Einführung von Geburts- zcugnissen für militärishe Zwecke.

Nr. 10 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben imMinisteriumderöffentlichen Arbeiten,

vom 11, März, hat loigenden Inhalt: Gymnasium in Sigmaringen.

Das zweite Anatomische Institut der E Berlin. Die neue Croton-Thalsperre bei New-York. Führer auf den deuts{en Schiffahrtéstraßen. Vermischtes: Schinkelpreiswettbewerbung im Berliner Architektenverein, Wettbewerb für die katholishe St. Matthiaskirhe in Berlin. Wettbewerbe für die katholischen Gar- nifonkirhen in Straßburg i. E. und in Berlin. Wettbewerb für Errichtung einer Leichenhalle für die Synagogengemeinde in Frank- furt a. O. Wettbewerb für das städtishe Gymnasium in S eru furt a. M, Modelle der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche und der Gnadenkirche in Berlin, Bau der Königlichen Bibliothek in Berlin.

lung tes Verein deutscher Portland-Cement-Faöbrikanten in Berlin. Mississippiérüde bei Véemphis. Thomas Azudio +

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Strafantrag des Inhabers zweier Firmen, für deren eine ein Waarenzeichen cingetragen ist, gegen den Verleßer seines Markenshußes wird, nah cinem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Strafsenats, vom 15. November 1892, dadur nicht unwirkfam, daß er vom Inhaber irrthümlih im Namen seiner anderen Firma gestellt ift.

Ein nicht im Hause wohnender Miethshausbesißer wird, nah cinem Urtheil des Reichsgerichts, V1, Civilsenats, vom 19, De- zember 1892, im Gebiet des Preuß. Allg. L.-R. durch die Beauf- tragung eines geeigneten Stellvertreters (Portiers 2c.) von der civil- rechtlichen Verantwortlichkeit für die Nichtbeleuchtung der Treppen nur dann befreit, wenn er von den fortgescßtcu Pflicht- verlezungen des Beauftragten keine Kenntniß Ae und auch keinen Anlay zum Mißtrauen und zur Ueberwachung desselben gehabt hat.

Kunst und Wissenschaft.

44 Der Hang zur Uebertreibung, zur künstlerishen oder künst- lihen Steigerung des in der Natur Geschauten, wie wir ihn im heutigen Kunstleben so viclfach wahrnehmen, bedeutet keineswegs einen Verfall in Manierisnus, vielmehr nicht selten einen Uebers{chuß individuellen. Kunstvermögens, und darf bei kräftigen Naturen als ent- wicklungsfähiges stilbildendes Element betrachtet werden. Eine ge- rechte Würdigung der auch nah außen sich zusammenschließenden Bestrebungen jüngerer Künstler darf diesen Gesichtspunkt nicht ver- lassen. Die „Vereinigung der X1*, welche. in Jahresfrist thre zweite Ausstellung in Shulte’s Salon veranstaltet, besteht mit wenigen Ausnahmen aus gesunden kräftigen Künstlerindividualitäten. Daß das moderne Malerauge an nervöser Feinfühligfkeit für Licht- und Luftwirkungen dem anderer Zeiten überlegen ist, wird angesichts diefer Leistungen kaum jemand bestreiten. Daß aber auch die intime Empfindung für seelische Wirkung im Kunstwerk, die Selbständigkeit der Einbildungskraft in der modèrnen impressionistishen Strömung nicht verloren geht, dafür legen befonders die Schöpfungen Ludwig von Hofmann's beredtes Zeugniß ab. Der junge Künstler hat in dem Jahre, das seit der lezten Ausstellung seiner Bilder verstrichen ist, eine bemerkenswerthe Gntwicklung durhgemacht, sih gewissermaßen selbft _ gefunden. Seine Natureindrücke, die cine aufs höchste gesteigerte Sensitivität verriethen und zum Verständniß vorausfeßten, mußten naturgemäß, dem Publikum als Veduten vor- geführt, Befremden und Widerspruch erregen; fie wirken verständlich und stimmungweckend als Hintergrund jener Traum- und Märchen- gestalten, die er mit zartestem Farbgefühl in sie hineinzaubert. Wie prächtig ist zum Beispiel die Waldeskühle in dem Bildchen „Daphnis und Chlos* gegeben, wie wunderbar fkeush die Empfindung in der vortrefflich modellirten Frauengestalt „Eva“. Gleich Puvis de Cha- vannes, Böklin und Thoma sucht Hofmann in der Durchdringung der landschaftlichen Elemente mit dem Gefühlsleben der dargestellten Gestalten das Ausdrucksmittel für seine gleich Musik anmuthenden Lyrismen. Das Zufammenstimmen der tiefleuhtenden Farben zu cinem gebeimnißvollen Accord, wie er es in der „Symphonie in Roth und Vlau*" versucht, darf als besonders charakteristisch für die Art scinés Schaffens gelten. Das Primäre ift die Farbenstimmung, sie schafft sih gewissermaßen von selbst mit innerer Nothwendigkeit ihre Formen und Gestalten. Dabei darf man bei Hofmann keineswegs von Vernachlässigung der zeichnerischen Form sprechen, er besigt vielmehr, gleih Thoma, eine geshulte und sihere Hand, wie z. B. die Durch- sührung dex Körper in dem. {hon genannten Bilde „Daphnis und Chloë* beweist. Ungemein reizvoll sind auch die fkleincn Pastelle, deren er cine ganze Reihe ausgestellt hat. In jähem Gegen- saß zu dem Schaffen Hofmann's steht das Mar Liebermann s: dort s{himmernder Märchenglanz, hier klares Tageslicht der Wirklich- keit, scharfe Beobachtung, verstandesmäßige durhdringende Charakte- ristik. Und doch weht uns auch aus Liebermann's Schilderung der freundlihen Beschaulichkeit holländisher Waisenmädchen soviel Stim- mung entgegen, wie sie die Natur nur selbft zu wecken vermag. Dieser warm- durhleuchtete Garten des Waisenhauses, in dem die Eltern- losen friedlih umhergehen, plaudernd, \pielend und arbeitend die Härte ihres Schicksals uergessen, hat etwasunendlichVersöhnliches, es ist einStück echter Menschenficbe, das aus diesem Idyll zu uns spricht. Der Menschen- kenner Liebermann kommt dagegen in den Bildnissen zu Wort, die meist scharf umrissene Charaktere mit Verzicht auf alle Milderung und Vertuschung festhalten. Da is der an Rembrandt's Tiefe der Auffassung gemahnende Kopf cincs Greises, ‘in den herbe Lebens8- erfahrungen in Runenschrist ihre ¿Furhen gegraben; das feurige, energisch dreinblickende Antliß des Dichters Gerhart Hauptmann mit hoher Stirn und herbem Schnitt des Mundes, das immer reicheres Leben fu gewinnen scheint, je weiter man vom Bilde zurücktritt ; die Gattin des Künstlers, Ulissig im Schaukelstuhl zurückgelehnt, der beendeten Leectüre nachdenkend, und das Brustbild eines Berliner Universitäts- lehrers und Kunstfreundes, dessen lebendiger, geistvoller Bli die im Licht schillernden Brillengläser durhdringt. Von großem Interesse sind auch Liebermann's Radirungen, deren zwölf ausgestellt find. Er handhabt die Radirnadel wie cinen Koblestift ; in breiten, kräftigen Zügen legt er die Zeichnung an, der die willkürlihste, kecke Aezung oft zu einer vom Künstler sicher nicht vorausgeahnten glücklichen Wirkung verhilft. F. Skarbina führt uns die reiche Ernte seines diesjährigen Schaffens in nicht weniger als vierzehn Bildern vor. Wie immer, ift er am glücklichsten in der Darstellung nebligen Zwie- lihts, durch das ferne Lichter blinken, so in seinen Berliner und Ham- burger Straßenscencn, während das große Bild einer vom Weihnachts- markt heimfkehrendenDame und der Jagdhüter direct als verfehlteLeistungen zu bezeichnen sind. Die kleine Caféscene „De quoi é¿crire“ zeigt. da- gegen den Künstler im Vollbesiß seiner reihen Gaben. Friedrich Stahl, der Skarbina in vielem verwandt ist, kommt in scinem Augenblicksbild aus einem Pariser Concertgarten über cine ver- s{chwommene Farbenskizze niht reht hinaus, zumal dur seine Vor- licbe, alles in reichem flockigen Nebel zu zeigen, ihm die Fähigkeit zu fester Zeichnung und kräftiger Modellirung fast ganz abhanden ge- ‘ommen ift. Wesentlih klarer, wenn auch etwas nüchtern, arbeitet Hans Herrmann, der noch immer von seinen holländischen Motiven zebrt, scine Gestalten in gleihmäßig hellem Sonnenlicht heraus, während in J. Alberts? s{leswig-holsteinishen Halligenbildern die trostlose Kahlheit und Nüchternheit der weiß getünchten Innenräume bis zur öden Langweile übertrieben ist. All’ diesen Malern, wie auch dem Lundschafter -Walter Lcistikow und dem Porträtisten Mosson fehlt es nicht an Delicatesse des Farbenvortrags und liebevoller Versenkung in ihre Aufgaben; aber eine große Individualität, wie sie Liebermann und Hofmann besißen, suhen wir vergebens hinter ihren Arbeiten. “Der Unterschied zwischen führenden Geistern und „Genics der Anpassung" wird bei solhem Vergleich fühlbar. Hugo Vogel, der ein un- emein feinfühliges Bildniß eines jungen Orgelspielers und ein &rauenporträt ausgestellt hat, sowie der Landschafter Müller - Kurzwelly und der Seemaler Schnars-Alquist haben mit der impressionistischen Gruppe der Vereinigung nur cinen losen Zusammen- hang, ohne daß ihre Leistungen in diesem Nahmen dadurch an Werth und an Anziehungskraft Einbuße erlitten. So wenig man die , stilbildende Kraft des Impressionismus untér [Güte darf, so wenig kann dieser als die alleinseligmachende Richtung der modernen Malerei geen werden. Er bedeutet eine Entwicklungs- stufe, aber kein Ziel. Daß Werke, welche aper dieser coloristischen Strömung stehen, in der Technik sheinbar altmodisch sind, es ihre Wirkung auf das moderne Auge nicht versagen, beweisen au die Vilder Arthur Kampf's aus Düsseldorf, die in dem elektris erleuhteten Ausftellungsfaale der Schulte’shen Kunsthandlung aus-

riedrih den Großen schildert, wie er in Köben vom Feldbett aus seine T in E Nede zu heldenmüthiger Ausdauer ermahnt. Kampf versteht es, wie auch sein für die Nationalgalerie erworbenes Bild aus den Befreiungskriegen beweist, meisterhaft, die Wirkung des begeisternden Wortes in den Gesichtszügen der Hörer zu malen und erhebt si hier zu wirklich historisher Größe. : S Zu dem in Dt. Krone zu errihtenden Zwei-Kaiser= Denk mal (Wilhelm 1. und Friedrich 111.) waren nach einer Mit- theilung der „Nat.-Z.“ infolge des Preisaus\chreibens vom 16. August v. J. acht Entwürfe eingereiht worden. Der erste Preis is dem Eniwurf des Bildhauers Friß Heinemann in Charlottenburg, der zweite Preis dem Entwurf des Kreis-Baumeisters Hennig in Dt. Krone zuerkannt worden.

Gefundheit8wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs-

Maßregeln, : Der Gesundheitsstand in Berliu war in der Woche vom 26. Februar bis 4. März ein der Vorwoche ähnliher, doch war die Sterblichkeit noch ein wenig größer als in der vorhergegangenen Woche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 22,3), und zwar famen acute Darmfkrankheiten, auch in dieser Woche in einer für die Jahreszeit ungewöhnlih großen Zahl zum Vorschein und endeten in 110 Fällen tödtlih. Die Betheiligung des Sâug- linggalters an der Sterblichkeit war fast die gleihgroße wie in der Vorwoche; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 90 Säuglinge. Dagegen haben acute Entzündun gen der Athmungsorgane erheblich abgenommen und auch in geringerer Zahl zum Tode geführt. Auch Erkrankungen an Grippe wurden weniger beobachtet, ein Todesfall daran nicht gemeldet. Das Vor- kommen der Infectionskrankheiten blieb meist ein beshränktes, nur Erkrankungen an Kindbettfieber wurden wieder in größerer Zahk zur Kenntniß gebraht. Erkrankungen an Masern und Scharlach waren. nicht zahlreich und zeigten sih in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Diphtherie, die nur aus der Oranienburger Borstadt in größerer Zahl gemeldet wurden, haben abgenommen. Er- franfungen an Unterleibstyphus blieben vereinzelt. Nosenartige Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten wieder etwas häufiger zur ärztlichen Beobachtung. Weniger zahlreih als in der Vorwoche kamen Erkrankungen an Keuchhusten zur Behandlung, die Zahl der durch fic bedingten Sterbefälle sank auf zwölf. Nheumatische Be- {werden aller’ Art zeigten in ihrem Vorkommen keine wesentliche Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.

Cholera. Rom, 14. März. „Opinione“ und „Diritto“ melden, in Entraque bei Cuneo sei cin in der vorigen Woche daselbst aus Franfreich angekommener Arbeiter plöulich unter Cholerasymptomen gestorben; der Leichenbefund habe das Vorhandensein von Cholera bestätigt. Der Péäfect des Bezirks habe strenge Vorsichtsmaßregeln angeordnet.

Türkei. Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Konstantinopel vom 7. März 1893 ist Oesterreih-Ungarn für „cholera- frei“ erklärt worden. Von demselben Tage ab sind die Reisenden aus Europa an den Stationen von Mustapha Pascha und Zibeftshe weder der Desinféction noch anderen Quarantäne-Maßregeln unterworfen.

Die zchntäzige Quarantäne gegen die Herkünfte aus dem Afowschen Meere und die ârztliche Unter'uchung der Herkünfte aus Hamburg und den Elbbäâfen bleiben noch in Wirksamkeit.

Dagegen ist die ärztlihe Untersuchung der Herkünfte aus allen übrigen Häfen des Schwarzen Meeres, aus Triest und Marseille auf- gehoben.

Norwegen.

Durch Verfügung der Königlich norwegischen Regierung vom 10. März 1893 ist die aus Anlaß der Cholera unter dem 1. Sep- tember 1892 erlassene Verordnung, betreffend die Reinigung der Wäsche und Kleidungsstücke, welhe von den aus Rußland und Fin- land, Deutschland, Frankreih und Belgien kommenden Reisenden als Passagiergut zum eigenen Gebrauche mitgeführt werden, wieder auf- gchoben worden. (Vergl. „R.-A.*“ Nr. 216 vom 13./9. 92.)

Verdingungen im Auslande. Schweden. 1. April, 12 Uhr. Telegraphen-Verwaltung, Stockholm 35 000 kg Kupfervitriol, 65 000 kg Zinfvitriol. ,

Das Kupfervitriol darf enthalten höchstens X 0/4 Eisenvitriol, im übrigen feine Verunreinigungen, das Zinkvitriol bis zu 20—30 9/0 Eisenvitriol, soll aber im übrigen ohne Verunreinigungen, krystallisirt und neutral sein. Näheres bei dem Technishen Bureau der Telegraphen-Verwaltung, Stockholm. Versiegelte Angebote mit Auf- schrift „Leveransanbud“ und Angabe von Preis- und Lieferungs-

bedingungen. . _ Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus. :

Borgestern Abend gab Herr Ludwig zum ersten Mal den „Othello“ und erweckte bei den Zuschauern und Zuhörern jubeln- den Beifall. Herr Ludwig ist niht nur ein von Natur besonders be- gabter Darsteller, er ist überdies ein gewissenhafter, überlegender und feinsinniger Künstler, von dem man, wie der Erfolg gelehrt hat, eine vollgültige Lösung der hohen Aufgabe erwarten durfte. Der Charakter des Othello ist einer sehr vielseitigen und unterschiedlihen Auffassung wegen seiner Urfprünglichkeit faum zugänglich, und doch gelang es dem Darsteller, „neben alle aroße Er- inncrungen, cine neue selbständige und eigenartige Othello-Gestalt zu seßen, die siegreih im Gedächtniß haften wird. Herr Ludwig spielt feinen Othello auf das Neinmenschliche hinaus, in dem die urwücsige Wildheit des Mohren unter der Oberfläche einer durch dîe Größe seiner Seele und durch die Anlagen feines Geistes selbst geschaffenen Erzichung und Cultur ih verbirgt. Treuherzigkeit und warmes Gefühl wie die Vornehmheit der Ge- finnung brachte der Darsteller wirkungsvoll zur Geltung ; auch das Ent- stehen und Wachsen der Eifersuht wurde ebenso natürlich wie das Unterliegen gegenüber dem hinterlistigen Intriganten gekennzeihnet. Die übrigen mitwirkenden Künstler standen fast ausnahmslos dem Titelhelden würdig zur Seite; besondere Anerkennung verdient die Emilia des Fräulein P oppe. |

Rrolls Theater Lu

Frau Minnie Hauk hatte wegen Unwohlseins gestern auf ihr Austr:tin als Frau Fluth. in Nicolai's „Lustigen Weibern von Windsor“ verzihten müssen. An ihrer Stelle sang_ Fräulein Lange diese Partie und führte sie sehr brav durch. Jhr Sopran ist in der Mittellage etwas s{chwah, sodaß manches gegenüber dem im Kroll’shen Theater besonders mächtigen Occhester verloren ging. Eine sehr achtbare Leistung war der Falstaff des Herrn P oppe. j

Sing-Akademie. M

Die Sopranistin Frau Paula Gierke, die hier hon seit mch- reren Jahren als Gefanglehrerin thätig ist, gab gestern ein Concert, in welchem sie Lieder von Beethoven, Löwe, Liszt, Sommer, Graf Ph. zu Eulenburg und Cornelius vortrug. Die Stimme ist nicht mehr frisch genug, auch \{chwankte die Reinheit der Intonation be- : denklich; falshe Betonungen beeinträchtigten außerdem den Vortrag der Lieder. Der Violinvirtuos Herr N. Lenßt unterstützte das Concert schr wirksam durch cinige Piècen von Tartini und anderen, die mit großem Beifall aufgenommen wurden, der auch der Sängerin nicht ehlte. Das hübsche Quartett „Minnespiel“ von Schumann, an dessen Vortrag sich auch die Altistin Fräulein V. Zitelmann, der Tenorist Herr Zarneckow und ein ungenannter Bassist betheiligten, bildete den Schluß des Abends. i Saal Bechstein.

Dcr dritte Kammermusif-Abend von Guftav und Ingebor Erner und Friß Espenhahn, der gestern stattfand, brachte zwei größere Werke: ein Trio von Raff (op. 155) für Klavier, Violine-

Vesuchsziffer der Technischen Hochschule in Berlin. Versamm-

gestellt sind. Machtvoll ift z. B. der Eindruck der Scene, dic uns

und Cello, fowie das schêne Quintett von Schumann (op. 44) für