1893 / 70 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

“É aeirtr ane dr tiv 7mm C Sit ne,

der thatsächlich eingeschlagen ist, d. h. den Fonds fo zu bemessen, daß er sich nöthigenfalls vollständig aufzuzehren hätte, bis der letzte Invalide gestorbenY is, über diese Frage selbst ist eine Differenz der Meinungen zwischen den verbündeten Negie- rungen und dem Reichstag niht hervorgetreten. Man hat den Vorschlag der verbündeten Regierungen, den leßteren Weg zu wählen, im Reichstag vollständig gebilligt, und zwar in voller Kenntniß der Thatsache, daß der Fonds dabei so reihlich bemessen war, daß man jedenfalls sicher sein konnte, dem Bedürfnisse gerecht zu werden. Meine Herren, eine Vorlage, die dem Reichstag jetzt noch zur Berathung vorliegt, zeigt Jhnen, daß der freie Bestand des Neichs-Invalidenfonds noch über 100 Millionen beträgt.

Der Plan, den Jnvalidenfonds fo zu gestalten; wie ihn das Gefeß vom Mai 1873 gestaltet hat, wie ihn das Geseß vom 8. Juli 1872 in Aussicht nahm, tritt actenmäßig zuerst auf in einer Vorlage des Neichskanzlers Fürsten von Bismarck an den Bundesrath vom 15. Mai 1871, welche folgendermaßen anfängt:

„Der Abschluß des definitiven Friedens mit Frankreich und die durch diesen Abs{luß gewonnene Gewähr für die Zahlung der von Franfreih im Präliminarfrieden übernommenen Kriegsentschädigung gestatten es nunmehr, eine Entscheidung über die Verwendung dieser Entschädigung herbeizuführen.“

Und nun folgen die Vorschläge, die also gemacht find im frühesten Moment, wo es überhaupt mögli war, mit derartigen Vorschlägen vorzutreten; und der erste Vorschlag, der in dieser Vorlage an den Bundesrath gemacht wird, geht dahin, die Versorgung der Invaliden aus dem Krieg mit Frankrei und die Hinterbliebenen nah Maßgabe des mit dem Neichstag zu vereinbarenden Gesetzes sicherzustellen und zu diefem Zweck „einen besonderen Fonds zu bilden, dergestalt bemessen, daß er ein- {ließlich der auffommenden Zinfen den nach der Wahrscheinlichkeit der Lebensdauer der Empfänger zu berechnenden Kapitalwverth jener Pensionen und Unterstützungen repräsentirt.“

Es war also damals {on in Aussicht genommen einen Fonds zu bilden, der niht nur durch seine Zinsen, fondern durch Zinsen und Kapital zusammen den Bedürfnissen gerecht werden follte.

Die von dem Herrn Abg. Nichter gestellte Frage kann ih also glatt verneinen, und die Insinuation des Herrn Abg. Ahlwardt, daß vor der Einbringung der Geseßzesvorlagen in den Jahren 1872 und 1873 die verbündeten Regierungen hinter den Coulissen mit Börsen- größen verhandelt hätten, die nit dulden wollten, daß die Regierung große Kapitalien in die Hände bekäme, diese Insinuation des Herrn Abg. Ahlwardt muß ich auf das allerentschiedenste zurückweisen (Bravo!)

Abg. Ahlwardt (b. L 16)2 4 S habe neulich über den Invalidenfonds sprechen müssen, weil si eine Anzahl von Herren hier aufspielten, als meinten sie es mit den Invaliden besonders wohl. Wenn jeßt die Rechte hon dem Abg. Nichter beitritt, so ist das hochinteressant. Jch mußte nachweisen , daß die Fürsorge für die Invaliden seiner Zeit viel besser sein konnte, wenn _man den Invalidenfonds so eingerihtet hätte, wie es der gesunde Menschenverstand verlangte. Bei der großen Kriegsentshädigung wäre es niht darauf angekommen, den Invalidenfonds um mehrere hundert Millionen zu erhöhen, die man an anderen Ausgaben, meinetwegen dem eestungsbaufonds oder fonstigen, hâtte |paren fonnen, damit die Zinsen des Fonds die vorauésichtlichen Ausgaben decken fonnten. Dann _blieb der ¿Fonds unangetastet, und da die Zahl der Invaliden allinählich abnahm, fo konnte man den Invaliden allmählih bedeutend mehr geben, weil der Zinfenertrag nicht abnahm. Sobald dann der leßte Invalide starb, hâtte Deutsch- land ein sehr bedeutendes [reies Kapital gehabt und „war im Falle eines Krieges von ‘den großen Börsenjuden unabhängig, während jeßt cin Krieg ohne Genehmigung der großen Börsenjuden nicht möglich ist. In der Verfassung steht das natürlich nicht. Wenn von den Juden eine Geldsperre veranlaßt würde, wäre ein Krieg nicht möglich. Bon Wien aus is} das ja {hon angedroht, wenn man niht Gesetze schaffen wolle, die den Antisemiten das Handwerk legen. Dann bekämen wir niht das nöthige Geld oder nur zu Bedingungen welhe den fünftigen Volkswohlstand ershwert hätten. Aus diefer Gefahr wären wir mit jenem Kapital Hherausgekommen. Z dessen hat man den Invalidenfonds etwas niedriger dotirt,

in Theil desselben alljährlich mit aufgezehrt wird. Das Wohl-

für die Invaliden it damals also niht fo groß gewesen. Das Interesse daran hat in erster Linte die Börse und in zweiter Linie auch die damaligen oppositionellen Parteien; denn es war eben erst der preußische Berfassungskonflikt zu Ende gegangen. V eT Wers fassungskonflict hat deutlich gezeigt, was es für die Unabhängigkeit der Negierung bedeutet, wenn sie im entscheidenden Moment Geldbestände hat. Man hat den IJnvyalidenfonds niht nah dem gesunden Menschenverstand eingerichtet ; denn wenn nicht irgend welche politischen oder finanziellen Gründe, die nit ausgesprohen wurden, vorhanten gewesen wären, dann hätte kein Mensch auf die Jdee kommen können, den Fonds um eiwas niedriger zu dotiren, damit er sich selbft auf- zechrt. Die Regierung erklärt auch, daß sie von den Abmachungen nihts wußte. Das ist allerdings wohl selbstverständlich, daß alle Ab- machungen hinteë den Coulissen und nicht officiell stattfinden. Sie thun nicht gut daran, daß Sie mich veranlassen, actenmäßig folche Abmachungen nachzuweisen, Jch habe elf Actenstücke mit Unterschriften von einigen Verren, die hier figen, und auch mit Unterschriften eine Herrn, der in der Regierung jeyt cine hohe Stellung einnimmt, die beweisen, daß Verhand- lungen der schlimmsten Art stattgefunden haben. In diesem Augenblick, wo

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wir kurz vor Schluß des Reichétags stehen, sie vorzulegen, ist nichl angebracht ; denn ih will nicht eine Debatte von mehreren Tagen an- regen. Ein Actenstück ist auch von dem jeßigen preußischen Finanz- Minister unterzeihnet und spielt cine Rolle dabei. Gleich nah dem Wiederzufammentritt nach Ostern werde ih die Actenstüke hier vorlegen, und ih werde zeigen, daß unser Volk, das sih quält und arbeitet von früh bis spät, dur Herren, die diesen Herren nahe stehen, um Hun- derte von Millionen betrogen ist. Wenn es sih darum handelt, ‘die Juden in ihrer Thätigkeit zu schüßen, dann giebt es auf allen Seiten des Hauses Freunde des Judenthums; das sind alles Leute, die ihr eigenes Volk verrathen in der Hoffnung, etwas von der Beute ab- zubekommen.

Staatssecretär Freiherr von Malßahn:

Der Herr Abg. Ahlwardt bat sih nicht entblödet, den {weren Borwurf, welchen er dem Fürsten Bismarck und den übrigen Ver- tretern der verblindeten Negierungen aus dem Jahre 1871, welchen er den Abgeordneten des damaligen Reichstags, die an dem Zustande- kommen der Geseße mitzuarbeiten hatten, gemacht hatte, eben zu wiederholen, den Vorwurf, daß sie ihr Land durch Berhandlungen hinter den Coulissen um Geldinteressen verrathen hätten, obwohl er nit cinmal den Versu gemacht hat, diese Behauptungen irgendwie zu begründen ; so bleibt mir, da diese Aeußerungen von der Tribüne des Neichstags hier gethan sind, in diesem Augenblick nichts weiter übrig, als von neuem zu erklären, daß das, was der Abz. Ahlwartt behauptet hat, der Wahrheit direct widerspricht. (Bravo!)

Präsident von Leveßow: Jch habe zu erklären, daß i einen directen Vorwurf gegen den Fürsten Bismarck, gegen Mitglieder dieses Hauses, daß sie ihr Land verrathen hätten durh Verhandlungen linter den Coulissen, niht gehört habe.

| Abg. Ahlwardt (b. k. F.) : Nah der Erklärung des Präsidenten

habe ih nur wenig zu fagen. Es werden wieder Sachen plößlich durcheinander geworfen, die durchaus auseinander zu halten sind. Als ih von dem Verrath des deutschen Volkes \sprach, sprach ich nicht mehr von der Regierung oder Angehörigen der Negierun, fondern von Angcehöcigen des deutschen Volkes {lechthin, die. zu dem fremden eingewanderten Volk stehen und ihr eigenes Volk an dieses fremde Volk verrathen. Jh sagte, sie thun dies deshalb, um von der großen Beute etwas abzubeklommen. Wie dies plößlih auf den Fürsten Bismarck oder auf andere Namen bezogen werden kann, ift mir un- verständlich. s

Abg. Nichter (dfr.): Es handelt sich jeßt darum, ob es wahr ist, was der Abg. Ahlwardt am 18. März behauptet: hat : „natürlich nah Verhandlungen hinter den Coulissen mit den großen Börsenjuden, die nit dulden wollten, daß die Regierungen rolle Kapitalien in die Hände bekämen.“ Es handelt sich um einen Angriff auf die da- malige Regierung. Der Abg. Ahlwardt hat sich \hließlich zu der Behauptung erhoben, er habe elf Actenstücke, darunter einige unterzeichnet von dem preußischen Finanz-Minister, welche bezeugen, daß Verhandlungen der s{chlimmsten Art vorgekommen sind. Wir wollen ihn zwingen, diese Behauptungen zu beweisen; sonst stehen seine Angriffe auf die Finanzverwaltung genau fo da, wie diejenigen auf die Militärverwaltung. (Zustimmung auf allen Seiten des Haut!es.)

Abg. Ahlwardt (b. k. F.): Jh habe nicht von der Finanz- verwaltung gesprohen. Die Originalactenstücke werde ih gleich nach Wiedereröffnung der Sißungen auf den Tisch des Hauses niederlegen. (Zwischenruf: Gestohlen!)) Ob sie aestohlen sind oder nicht, kommt nicht in Betracht. Sie sind übrigens ehrlich er- worben. Meine Angriffe sind gestern und heute gleich berechtigt gewesen.

Abg. Nichter (dfr.): Personen, wie den Borredner, kann man nur unschädlih machen, wenn man sie in alle ihre Shlupfwinkel ver- folgt. Nicht todtshweigen wollen wir die Dinge, fondern die Personen reden machen.

Abg. Rickert (dfr.) beantragt die Vertagung der Sitzung, um den Abg. Ahlwardt. zu veranlassen, die Acten hon morgen vorzulegen. Etn Borwurf von dieser Schwere dürfe auch niht 24 Stunden auf den verbündeten Regierungen sigen bleiben.

Abg. Freiherr von Manteuffel (dcons.) unterstüßt den An- trag im Interesse der Würde des Hauses und der verbündeten Ne- gierungen. l i í

Das Haus beschließt einstimmig unter großer Erregung dem Antrage gemäß.

Schluß 5/4 Uhr.

Ÿ Preußischer Landtag. Herrenhaus. 6. Sihung vom 21. März.

Der Sißung wohnen der Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern Graf zu Eulenbu ra, der Justiz- Minister Dr, von Schelling und der Minister für Land- wirthschaft 2c. von Heyden bei.

Jn einmaliger Schlußberathung wird. der Gesetzentwurf über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadtkreises Kiel ohne Debatte angenommen.

Der Geseßentwurf über die Verfassung der Ver- waltungsgerihte und des Verwaltungsstreit- verfahrens (Organisation) eines Steuersenats beim Ober- Verwaltungsgeriht wird von der Commission zur unveränderten Annahme empfohlen.

Graf von Frankenberg führt darüber Klage, daß die Be- rufungen, von denen dreiviertel als begründet ih erwiesen haben, so lange auf eine Entscheidung warten müssen. MNedner führt dabei aus, daß die Unterscheidung zwischen dem ordentlichen Gerichtsverfahren und dem Verwaltungsstreitverfahren zu Weiterungen und Verzöge- rungen führe. Man müsse eine Vereinigung beider Verfahren er- streben.

Präsident des Ober-Verwaltungsgerichts Per sius bestreitet, daß bei den anderen Senaten des Ober-Berwaltungsgerichts eben solche Ver- s{chleppungen wie beim Steuersenat vorgekommen sind. L

Ober-Bürgermeister Zw eigert- Essen bezweifelt, daß die Vorlage eine Besserung bringen werde; man hätte die Berufung an die Ver- anlagungscommission beibehalten sollen, dann würde die Mehrzahl der Berufungen an das ODber-Berwaltungsgericht fortfallen.

Der Geseßentwurf wird unverändert angenommen.

Der Gesetzentwurf über den Einfluß von Vorrechts- einräumungen auf das geringste Gebot im Z3wanqs- versteigerungsverfahren wird an die Justizcommission zurückverwiesen.

Eine Petition des Hannövershen Spar kassen- verbandes, die Anlegung von Mündelgeldern in gleicher Weise wie in Staatspapieren und Hypotheken auch in Spar- kassen zu gestatten und der Vormundschaftsordnung einen ent- sprehenden Zusaß zu geben, wird der Regierung zur Berü ck- sichtigung überwiesen.

Es folgt der Bericht der Ansiedelungscommission für 1892, der durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt werden soll.

Der Berichterstatter von G raß- Klanin giebt cine Uebersicht über den Inhalt des Berichts.

Dr. von Zoltowsfki: Warum hal die Regierung den Art. 4 der Verfassung nicht dahin geändert, daß die Polen nur folhe Nechte in Anspruch nehmen dürfen, die ihnen nicht geseßlich entzogen sind? Die Polen würden niht dafür stimmen, aber den Thatsachen würde es entsprehen, denn die Polen genießen nit die Gleichberehtigung, die allen Staatsbürgern zusteht. Die Erpropriirung der polnischen Grundbesißer führt zur Zerbröckelung des Großgrundbesitßzes, dessen Bedeutung für den Thron und das Heer Jedermann kennt. Die Polen sind doch nicht bloß dazu da, um als Kanonenfutter zu dienen.

Freiherr von Durant bittet, in dem Berichte über die kirch- lihen Verhältnisse der Colonien Auskunft zu geben.

von Graß-Klanin: Die Polen feien im Anwachsen begriffen, demgegenüber müßten die Deutschen \ich wehren; die Maßregeln, die sie ergriffen, reihten lange niht an das heran, was în anderen Ländern in dieser Beziehung geshehe. Nedner geht dann auf die Ver- handlungen des Abgeordneter hauses ein und bestreitet, daß die Agrarier \{lecht wirthshafteten, und daß, sie ihren Platz räumen müßten. Die schlechte Lage der Landwirthschaft ergebe sih aus dem Be- rihte der Ansiedelungëcommission. Die Anlegung von MNenten- gütern sei freilih niht geeignet, die Bevölkerung mit Getreide zu versorgen, aber einmal würten Leute, die sons auswandern würden, im Interesse der Wehrkraft im Lande gehalten, und ferner werde das ideelle Bedürfniß eines eigenen Besitzes befriedigt. Man bestreite, daß der Staat berechtigt sei, einseitig im Interesse der Landwirthschaft etwas zu thun. Aber *das fei nothwendig, denn der Verkehr mit feinen Erleichterungen, der den Börsenpläßen zu gute komme und namentlich das ausländische Getreite zu billiger Wasserfracht in die Ha: de!scentren liefere, hade der Landwirthschaft, indem die Börfenpreise den Landwirthen auf- gezwungen würden, sodaß s{ließlich der Getreidebau ruinirt werden müsse. 4 Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Herr von Graß hat ausgeführt, daß der Preis unserer Producte abhängig sei resp. verbilligt werde dur die Ausgaben, die gemacht werden für das Verkehrswesen. Ich glaube, daß das unbestreitbar ist,

und wenn ex angeführt hat, daß für märkishe Wasserstraßen 47 Mil-

lionen ausgegeben worden sind, so hätte er auch anführen können, daß für Eisenbahnen ca. 6000 Millionen verausgabt sind. Trotzdem, meine Herren, ist jedesmal die erste Forderung, wo es sih um Verbesserung der agrarishen Verhältnisse handelt, die einer Vermehrung derx Eisenbahnen und der Wasserwege. Ich glaube auch, daß das der- jenige Punkt ist, wo am fkräftigsten zur Hebung unserer wirth\chaft= lichen Verhältnisse eingesetzt werden muß. Freilih, wenn Herr von Graß die Folgerung hat ziehen wollen, daß weil für Verkehrswege im Handelsinteresse große staatlihe Mittel aufgewendet werden obne Nücksiht auf eine directe Rente, daß es deswegen zulässig sei, auch für landwirthschaftlihe Zwecke große Summen aufzuwenden, obne in erster Reihe an deren Verzinsung zu denken, so kann ih ihm in diesem Gedankengange vollständig folgen und so au bei Ausführung dieses Gesetzes. Ï

Herr Dr. von Zoltowsfi hat an die Regierung die Forderung gerichtet, das Gesetz, betreffend die Ansiedelungen in den Provinzen Ost- und Westpreußen, aufzuheben. Meine Herren, dies Gesetz ist von der Regierung in Uebereinstimmung mit der großen Majorität beider Häuser des Landtags beschlossen, um dem Vordrängen des Polen- thums entgegenzutreten. Die Königliche Staatsregierung hat nicht die Absicht, in dieser Beziehung. eine Aenderung eintreten zu laffen. (Bravo!)

Der Herr Referent hat die Frage aufgeworfen, welche die Negierung beschäftigt, wie hrch fich dasjenige Kapital, welches für die Ansiedelung in Posen und Westpreußen angelegt ist, ver- rentet. Ich habe vorhin {hon gesagt : auf eine hohe Rente und ih befinde mich damit wohl in Vebereinflimmung mit der Mehr- heit des Hauses ift fein entsheidendes Gewicht zu legen. Auch der Regierung ist es erwünscht, in dieser Beziehung zu einer größeren Klarheit zu kommen, als sie bisher besteht. Aber der Bericht entwickelt bereits die Gründe, weshalb es zur Zeit noch nicht möglich war, auch hinsichtlih der Güter, welche hon angesiedelt find, und in keiner Beziehung mehr zur Verwaltung der Ansiedelungs- commission flehen, eine abschließende Rechnungslegung beizubringen. Es shweben noch Verhandlungen mit der Ober - Nechnungskammer und bevor diese niht zum Abschluß gekommen sind, lassen sich zahlen- mäßige unanfechtbare Angaben uicht geben. Es besteht die Hoffnung, daß der nächste Bericht in dieser Beziehung bessere Auskunft bringen wird.

Herr Freiherr von Durant hat angeregt, ob uicht die Frage der kirhlihen Verhältnisse in der Berichterstattung ter Ansicdelungs- commission ausführlicher behandelt werden kann. Es hat seine Be- denken, die Berichterstattung in allen Einzelheiten zu um: fangreich zu gestalten. Bezüglich der Frage der kirchlichen Bersorgung der Ansiedler wird ein abshließendes Urtheil niht eher stattfinden konnen, bis die Ansiedelung einer ganzen Gemeinde oder eines ganzen Compleres von Gemeinden vor sih gegangen ist. Im übrigen findet schon bei jedem Ankauf eine eingehende Prüfung in der Nichtung statt, wie den kirchlichen und Schulbedürfnissen der zukünftigen Ansiedler Rechnung getragen werden kann und getragen werden foll. Die \{ließliche Ausgestaltuna im einzelnen muß sich dex fortshreitenden Besiedelung anpafssen. Ueber die Zweckmäßigkeit der Meliorationen durch Ausführung von Drainagen hat bereits Herr Graf von Schlieben eine mit meinen Ansichten übereinstimmende Aeußerung abgeben. Der Herr Neferent hat ferner die Zahl derjenigen Personen, die sih als Bewerber um Ansiedlerstellen bei der Ansiedelungscommission vorgestellt haben, mit 219 ridtig erwähnt. Unabhängig von diesen Personen haben sfich aber bei . der Ansiedelungscommission weiter gemeldet 1236 Ansiedelungslustige, fodaß die Zahl derjenigen, die überhaupt mit der Ansiedelungscommission in Verbindung getreten sind, erheblich größer ist, als nah den Ausführungen des Herrn Neferenten erscheinen tönnte. Wenn der Herr Referent im Eingang erwähnte, die ganze Ausführung des Gesetzes habe im verflossenen Jahre unter der wirth- schaftlichen Depression gelitten, so ist das insoweit rihtig, als die Kosten der zwischenzeitlichen Verwaltung erhebliche gewesen find und theilweise die Ansiedler selber unter Nachwirkuugen der wirthschaft- lichen Verhältnisse gelitten haben. Fm übrigen ist die ganze Aus- führung des Gesetzes in fo: frisher Weise vor sih gegangen, wie fauut in einem Jahre vorher. Die Zahl der Ansiedelungsbewerber ist ge- wachsen und ein erhebliher Zuwachs derjeuigen Personen, die sich wirklich angesiedelt haben, ist zu verzeichnen.

Ober-Bürgermeister Bender- Breslau bestreitet, daß aus- ländisches Getreide die Wasserstraßen vorzugßweise benutze; die Wasser- straßen dienten meist nur dem inneren Verkehr. Redner bestreitet, daß mit der Ansiedelung allein dem Deutschthum ia Posen geholfen werden könne; man müsse mehr die ideellen Bestrebungen pflegen ; denn die Deutschen fühlten sich dort noh immer nicht recht in der Heimath.

von Koscielski wendet sih gegen das Ansiedelungsgesetz, das der Gleichberehtigung der Polen widersprehe und zur Ausrottung des Polenthums bestimmt sei; der Schuß des Deutschthums fei nur ein Borwand. Die Polen als Volk würden niht untergehen, aber sie würden vielleicht als \taatserhaltendes Element verschwinden.

Graf von Klinkowstroem wendet sich gegen die Ausführungen des Vorredners.

Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode weist als Bericht- erstatter der ersten Commission für das Unsiedelungsgeseßz na, daß in den Motiven \tets nur von einem Schutz des Deutschthuims die Jtede gewesen sei. Er glaube, daß man die Lirksamkeit des Gesetz2s übershäße, sie sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Den polnischen Landestheilen lasse sih nur helfen dur cine Hebung der Landwirth- schaft des Ostens im allgemeinen.

Damit ist die Berathung der Denkschrift erledigt. Schluß 51/5 Uhr.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Hat im Gebiet des preußischen Allg. Landrechts ein Procurifst bei einem gemäß der Procura im Namen des Principals geschlossenen Nechtsgeschäft sich dem betroffenen Dritten gegenüber unerlaubter Handlungen im Sinne des Tit. 6 Th. 1. des Allg. Landrechts \huldig g-macht, so haftet, nah einem Urtheil des Nei sgerihts, Sechsten Civilsenats, vom 14. November 1892, der Procuri t für den dadurch dem Dritten zugefügten Schaden nah Maßgabe der ange- zogenen Vorschriften des Allg. Landrechts, ohne sich auf seine Pro- curistenstellung berufen zu können, unbeschadet der Haftbarkeit des Principals auf Grund des Art. 52 des Handelsgeseßbuchs; Princival und Procurist sind in diesem Falle für den entstandenen Schade oli darisch verantwortlich.

Zum 22. März. Die Kaiser Wilhelm Gedächtniszkirche.

Der 9. März, der Todestag des Kaisers, der 10. März, der Ge burtstag der Königin Luise, ver 22. März, der Geburtstag des Kaisers; welche ergreifenden Erinnerungen enthalten diese drei Märztage! Das, Königshaus und das Vaterland in Schmah und Erniedrigung, in Jammer und Schmerz ge- brohen, das Königshaus und das Vaterland dur gewaltige Stürme hinturch zu hoher Macht und leuhtendem Glanze empor- gehoben. Aber gleihmäßig drang dur diese Zeit tiefer Trübsal und hohen Glückes vom Throne her und aus dem Volke immer wieder das Wort des Psalmisten hindurh: „Herr Gott, Du bist unsere Zuflucht für und für." Die Noth lehrte beten. Der 126. Psalm, der Lieblingspfsalm der Königin Luise, „das Hallelujah in Thränen“, wie sie ihn nannte, welcher am 10. März d. J. bei Efitbellinna der Nazareth-Kirhe vor Kaiser und Kaiserin von dem Altar erflang, trösiete in der Noth mit den Worten: „Der Herr hat Großes an

uns gethan, deß find wir fröhlih. Herr, wende unser Gefängniß.

Die mit Thränen säen, werden mit Freuden ernten.“

In der Fülle äußerer Macht und irdischen Glücks hob der greif\? Heldenkaiser seine sieggewohnten, von des langen Lebens Kampf und Last ermüdeten Arme zum Himmel empor und rief voll Sorge in sein Land hinein: „Jch will, daß meinem Volk die Neligion erhalten werde !“ íúIn seiner verklärten He!dengestalt vereinigen sich die Exinnerungen und Gnaden- führungen der unser Volk tief ershütternden und gewaltig erhebenden Zeiten, Was Wunder, daß die Städte, ja felbst Dörfer wetteifern, dem unvergleichlihen Herrsher, welher uns menschliÞch fo nale gestanden hat und fkünfügen Geschlechhtern über das Maß des Irdishen hinaus groß ekscheinen wird, überall Denkmale der Liebe zu errihten. "So \{hicken sich jeßt auch Berlin und Charlottenburg an, die Hauptzeugen seines von der Geburt bis zum Tode gesegneten Lebens, in der Kaiser Wilhelm - Gedächtnißkirhe cin fo eigenartiges und sinnreiches Denkmal zu bauen, wie es \{chöner und würdiger, und dem demüthigen Sinn und dem hochbegnadigten Leben des ge- liebten unvergeßlihen Kaisers entsprechender nicht gedaht werden kann. Es wird sicher dem Sinne unserer Mitbürger entsprechen, wenn der Bau der Kirche im Aeußern und im Innern so gestaltet wird, daß er den Gefühlen der tiefsten Dankbarkeit und Treue einen er- greifenden und großartigen Ausdruck verleiht.

Statistik und Volkswirthschaft.

Generalversammlung des Vereins für Social-Pol itik.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sißzung machte in der Debatte lber die Bodenbesißvertheilung und die Sicherung des Kleingrundbesißes, Professor Pr. Haßbah (Königsberg in Pr.) eingehende Mittheilungen über englische Agrarverhältnifsse, während Herr von Riepenhausen (Crangen) sich des längeren über das Heimstättenreht äußerte. Geheimer Negierungs-Rath Professor Dr. Adolf Wagner: Im Grundgedanken bezüglich - der ländlichen Arbeiterfrage seine in der Versammlung ziemliche Uebereinstimmung zu her!fhen, nur bezüglih der Mittel, die angewendet werden sollen, um eine Lösung dieser Frage herbeizuführen, her:shen einige Meinungsverschiedenheiten, Er stimme dem Herrn Dr. Weber bei, daß die Frage vom Standpunkt der Staatsraison beurtheilt werden müsse. Die Wanderlust der Land- arbeiter sei stets in den Jahren der Speculation am größten gewesen. Diese Speculation sei zumeist entstanden durch das Uebertreiben der Schutzzölle, in welcher Folge dem Leben in dulei jubilo der Kaßenjammer stets gefolgt sei. Er halte es für nothwendig, die Einwanderung der polnischen Arbeiter nah Deutsch- land möglichst zu beshränken. Ob es möglich sein werde, die innere Golonifation in befriedigender Weise durchzuführen, sei zum mindesten zweifelhaft. Es seten bisher einige tausend Besitzer angesiedelt und es dürften noch einige weitere tausend angesiedelt werden. Allein dies sei doh immer nur ein Tropfen auf cinen heißen Stein. Erforderlich sei es, daß der Staat mit seinen Mitteln hier helfend eintrete. Ebenso wie er 100 Millionen für die Germanisirung der preußischen Polen ausgegeben habe, so sei er verpflichtet, noch größere Mittel für die innere Colonisation herzugeben. (Diesen Gedanken hat auch Freiherr von der Golß in seiner neuester Schrift: „Die ländliche Arbeitex- klasse und der Staat“ vertreten. Die NRed.). Dies würde der Allge- meinheit reihlihe Zinsen tragen. Ferner timme er Herrn Professor Setring bei, daß die Mittel zum persönlichen Unterhalt unpfändbar sein müssen. Er stehe ganz auf dem Standpunkte Nodbertus’, daß erst, nahdem der Lebensunterhalt gedeckt, von einer Rente die Nede sein könne. Außerdem erachte er die Wegründung öffentliher Banken, Communal-, Kreis- und Provinzial-Bauken, die sich in eine Central- bank zuspizen müßten, für nothwendig. Diese Banken müssen in die Lage verseßt werden, auh ohne Werthscheine den ländlihen Grund- besißzern Credit zu gewähren, Depositen- und Sparkassengelder an- zunehmen u. st. w. Ebenso wie die Eisenbahnen, so wären auch mit der Zeit die Banken zu verstaatlihen. Im weiteren erachte er es für erforderlich, staatliche Versicherungéanstalten für Brand-, Hagel- und Biehschäden zu gründen, und endlich fei er der Meinung, daß ohne Getreidezölle und die Einführung der Doppelwährung der Land- bevölferung auf die Dauer nicht geholfen werden könne. Wenn aucl) die Getreidezölle den Großgrundbesitzern größeren Vorthetl gewähren, als den Kleinbesitzern, so dürfe das ebensowenig ins Eewicht fallen, als der Umstand, daß durch die Setreidezölle vielleiht einige andere Bevölkerungsklassen benahtheiligt sein würden. (Lebhafter Beifall.) Abg. Wisser: Er köune dem Vorredner nicht zustimmen. Seit Iodbertus sei Deutschland vom Socialismus durhseuht; die Er- fahrungen, die man mit der Verstaatlichung der (Eisenbahnen gemacht habe, seien doch keineswegs geeignet, für weitere Veistaatlihungspläne Propaganda zu machen. Er sei praktischer Landwirth und könne lke- kunden, daß die Branntweinsteuer, Getreidezölle u. #. w. bisher nur dem Großgrundbesißver zu gute gekommen seien, den kleinen bäuerlihen Besißer aber nux benachtheiligt haben. (Widerspruch.) Er sei überzeugt daß die Bauern si vor derx Bevor- mundung, die Herr Geheimer Nath Gierke angedeutet, bestens be- danken werden. Dem Gedanken der inneren Colonisation stimme er mit Freuden- bei, er halte aber dafür, daß man die Unteroffiziers- Prämien besser für die innere Colonisation verwende. Geheimer Ober- Negierungs-Nath, Professor Dr. Thiel (Berlin): Er fönne mittheilen, daß die Provinzial ank des Yheinlandes sich bereits als fogenannte Bauernbank constituirt habe. Die bäuerlihe Verschuldung erfordere allerdings dringend ‘eine Begrenzung. In den lezten sechs Jahren [elen in Preußen 800 Millionen Me rk bäuerlihe Hypotheken mehr eingetragen als gelöscht worden. Helfen könne seiner Meinung nach nur das Schäffle’she System, wonah Landbesizer nur bis zur vâlfte ihres Besißthums Anleihen aufnehmen können, Bei weiteren Anlcihen müsse der bäuerliche Grundbesizer die Zustimmung einer Corporation beibringen, die gewissermaßen als Gerant auftrete. ck— Es sprechen noch Landrath von Werther, General-Secretär Dr. Sachsland (Halle a. S.), Abg. Sombart (Ernsleben) u. a. Der Vorsißende, E Dr. Schmoller (Berlin) hob zum Schluß hervor, da ium allgemeinen Einstimmigkeit geherrs{t habe. Ganz besonders seien darin alle Redner einig gewesen, daß, wenn es

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 22. März

nicht gelinge, die unbedingte freie Vershuldung und das unbedingte freie Erbrecht des bäuerlichen Grundbesites zu begrenzen, dem Bauern- stande niemals geholfen werden könne. Im weiteren begrüßte es der Vorredner mit Genugthuung, daß fih an den diesmaligen Verhand- lungen auch einige Socialdemokraten betheiligt haben; es wäre nur zu wünschen gewesen, daß die Betheiligung der A Parteien im allgemeinen eine regere gewesen wäre. Mit dem L unsche, daß die Verhandlungen zur Lösung der Bauernfrage beigetragen haben werden, {loß der Borsißende die Generalversammlung.

Zur Arbeiterbewegung. i

Den fortdauernden Niedergang des bergmännischen Rechts\hußvereins im Saarrevier bestätigt ein Tele- gramm der „Frkf. Ztg.“ aus St. Johann a. d. S., dem zufolge der „Bergmannsfreund“ wieder 300 Namen von aus dem MNechtsschußverein ausgeschiedenen Mitgliedern ver- öffentlicht.

In Dortmund fand am Sonntag eine focialdemokratische Versammlung statt, die nah einem Bericht der „Dortm. Ztg.“ über die Maifeier verhandelte und beschloß, an diesem Tage Vor- mittags und Nachmittags Versammlungen abzuhalten.

Die Steinmeßgehilfen in Leipzig gaben, wie die „Leipz. Ztg.“ berichtet, in ciner Versammlung am Montag den Versuch, ihren eigenen Lohntarif durhzuseben, auf und beauftragten die Tarif- commission, bei den Arbeitgebern wenigstens die Beibehaltung des bisherigen, theilweise höhere Säße als der neue Tarif der Arbeitgeber enthaltenden Tarifs zu befürworten. (Vgl. M00 B 2 Ge Versammlung der FJalousie- Arbeiter in Leipzig wählte eine Commission, die sich mit den Arbeitgebern zum Zwecke der Lohnaufbesserung ins Einvernehmen setzen soll. Die Gründung eines Vereins wurde von der Versammlung abgelehnt, weil die bestehenden Fachvereine der Holzarbeiter und Schlosser au die Interessen der Jalousicarbeiter genügend vertreten. Die Leipziger Lithograp hen und Stein- drucckber beschlossen gleichfalls am Montag, dem geplanten Cartell der fogenannten „graphischea“ Gewerbe beizutreten, obgleich {ih die Buchdrucker gegen dieses Cartell ausgesprochen hätten.

Hier in Berlin faßten die vier angekündigten Schneiderversamm- lungen am Montag den Beschluß, sofort in den Ausstand einzutreten. sodaß dieser gestern früh thatsächlich begonnen hat. (Vgl. Nr. 67 dieses Blattes.) Jy allen Versammlungen wurde eine vom „Vor- wärts“ mitgetheilte Entschließung angenommen, in der die „Collegen- schaft“ aufgefordert wird, in allen Geschäften, in denen die Streitfragen nicht beseitigt sind, die Arbeit niederzulegen. Es wurde in der Versammlung cine Neihe von Firmen namhaft gemacht, die die Gehilfenforderungen entschieden bekämpfen, und andere Firmen, welche die Forderungen bereits bewilligt haben. Die «Bo Stg. weist auf cine öffentlihe Bekanntmachung hin, in der 65 Schneider- firmen erklären, daß die niedrigen Löhne, von denen in den Flugblättern der Gesellen die Nede sei, nur in der Massenschneiderei (Confection) vorkämen, daß aber die Werkstellen- und Hausarbeiter der Schneiderfirmen gute Löhne erhielten. Da die Arbeiter troßdem eine Mehrforderung von 30-—35 9/0 der Löhne machten und Vergleichsvorschläge, die auf eine Grhöhung von 89% sich gründeten, zurüwiesen, so hätten ih die 65 Firmen zusammengethan, um si vor Vergewaltigung durch die Arbeiter zu schützen.

In Marseille und Bordeaux haben einer Meldung des „Temps“ zufolge am Montag, wie vorher bereits in T rélazé und Bègles, die Arbeiter der Zündholzfabriken ibre eventuelle Zustimmungserklärung zu dem Ausstande der Arbeiter in Pantin abgesandt; die Arbeiter fordern eine Verbésserung ihrer Verhältnisse.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

: „Bulgarien. E Sämmtliche 2uarantänemaßregeln gegen Deutschland, einschließ- li Hamburg, sind am 21. März 1893 aufgehoben worden.

Hamburg, 21. März. Infolge der Ausbreitung der Maul - und Klauenseuche in Dänemark ist, wie ein Wolff’\{hes Tele- gramm meldet, die Ein fuhr von Schafen aus Dänemark verboten. Die Einfuhr von Rindern und Schweinen aus Dänemark ist lediglich zum Zwecke der Abschlahhtung in dem hiesigen öffentlichen Schlacht- hofe gestattet; die Thiere dürfen die Biehmärkte und Schlachthöfe nicht lebend verlassen, Die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen aus Schweden ist gestattet, sofern die vor der Lan- dung des Tranéports an Bord des Schiffes vorzunehmende Unter- suchung durch einen beamteten Thierarzt ergiebt, daß sämmtliche an Bord befindlichen Thiere gesund sind; wird auch nur ein einziges feuchenkrankes oder seuchenverdächtiges Thier vorgefunden, so ift die Landung des ganzen Transports zu untersagen.

Unter dem Biehbestande des alten allgemeinen Krankenhauses ift der Ausbruh der Maul- und Klauenseuhe amtlich festgestellt worden. Der „Hamburgische Correspondent“ erfährt aus Lübeck, daß das am. 8. März erlassene Einfuhrverbot aufgehoben, beziehungsweise auf die Einfuhr von Schafen beschränkt worden sei. Die Einfuhr von Schweinen und Rindern auf dem Scee- wege fei unter der Bedingung gestattet, daß diese nah thierärztlicher Untersuhung für seuchenfrei erklärt würden. Andernfalls soll dèr ganze Transport zurückgewiesen werden. Als gesund eingeführte Rinder und Schweine müssen von anderem Vieh getrennt gehalten, dem Schlachthause sofort zugeführt werden und dürfen das Schlacht- haus lebend nicht wieder verlassen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Nuhr sind am 21. d. M. gestellt 11 053, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 3838, nicht recht- ¡eitig gestellt keine Wagen.

: „Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgeriht 1 Berlin stand am 21. März das Grundstück des Baumeisters Gustav Romberg, Claudiusstraße 18, zur Versteigerung; Nußtungswerth 12 230 4; Mindestgebot 187 500 4; für das Mei tgebot von 211 500 A wurde ter Naths-Zimmermeister Richard Arans, Alt-Moabit 16, Er- eher.

In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Actionäre der Deutschen Bank war ein Actienkapital von 8 835 400 A mit 7339 Stimmen vertreten. Der Rechnungsabschluß wnrde genehmigt, die Dividende auf 80/0 = 48 M für cine Actie zu nom, 600 & und 96 M für eine Actie zu nom. 1200 festgeseßt, sowie der Direction und dem Aufsichtsrath einstimmig Decharge ertheilt. Die nah dem Turnus ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsraths, die Herren Banquier Karl von der Heydt, Eisenbahn-Directions- Präsident Paul Jonas, Banquier Wilhelm Kopeßky und Geheimer Commerzien-Nath v lig Steiner wurden wiedergewählt. Die Dividende ist sofort zah)1dbar.

1893.

In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Actionäre der Deutschen Uebersee-Bank wurde der Nechnungs- abs{chluß genchmigt, die Dividende auf 59%, festgeseßt und der Direction und dem Aufsichtsrath Decharge ertheilt. Die im Turnus ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsraths, die Herren Geheimer (ommerzien-Nath Dechelhäuser, Commerzien-Nath Hergersberg, Herr Hermann Marcuse und Banquier. Kopeßky «wurden wiedergewählt. Die Dividende ist sofort zahlbar. Ñ

Die Bergwerks-Gesellshaft „Vereinigter Boni- facius“ bei Gelsenkirchen {lägt, wie die „Köln. Ztg.* mittheilt die Vertheilung einer Dividende von 6 9% vor.

Der Fehlbetrag der „Rheinisch - Nasfauischen Berg- werks- und H ütten-Actien-Gesellscchaft“ beläuft sich ein- {ließli 201 526 A Abschreibungen auf 234 372

Die gestrige Generalversammlung der Bank für Handel

und Industrie in Darmstadt (Darmstädter Bank) ertheilte „ein- stimmig Decharge für die Geschäftsleitung für 1892 und seßte, ent- sprehend dem Vorschlage des Aufsichtsraths und der Direction, die Dividende auf 51 0 fest. Die ausscheidenden Mitglieder des Auf- sihtsraths wurden wiedergewählt. _/ Magdeburg, 21. März, (W. T. B) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92% 16,10, Kornzuter ercl., 88 9% Rendement 15,25, Nachproducte excl, 75% Rendement 12,60. fest. Brod- raffinade I. 28,25. Brodraffinade 11. —,—. _Gem. Raffinade mit Faß 28,25. Gem. Melis 1. mit Faß 27,00. Fest. NRohzucker L, Product Traúsito f a. B. Hamburg pr. März 14,75 bez. u. Br., pr. April 14,80 bez. und Br.,, pr. Mai 14,95 bez. u. Br., pr. Juni 15.05 Gd., 15,074 Br. Nuhiaer.

Frankfurt a. M. 21. März. (W. T. B.) Wie der „Finanz- herold“ erfährt, wird die „Elektrishe Beleuhtungsgesell- schaft Schuckert in Nürnberg“ durch den Schaaffhausen’schen Bankverein, die Hamburger Commerzbank und Banquier Ladenburg in Frankfurt in ein Actienunternehmen mit 12 Millionen Mark Kapital umgewandelt.

Zet itd, 21. März (W. T N) Kammzug-Termine handeiï. La Plata Grundmuster B. ver März 3,825 M, per April 3,85 4, per Mai 3,85 4, per ÎIrni 3,92 Æ, per Juli 3,959 46, per August 3,95 4, per September 3,977 MÆ, ver Oktober 4,00 A, per November 4,00 4, per Dezember 4,00 Æ, per Januar —, per Februar —. Umsay 85 000 ks.

Wien, 22, März, (W. T. B). Ausweis, ber Südbahn in der Woche vom 10. März bis 16. März 794 700 Fl, Mehr- einnahme 129 568 F[.

London, 21. März. Das „Neuter'she Bureau“ meldet aus Athen, es verlaute dort, daß die Verhandlungen, wegen der neuen Anleihe einen sehr günstigen Verlauf nehmen. Das Ergebniß werde wahrscheinli in einigen Tagen bekanntgegeben werden.

An der Küste 3 Weizenlabungen angeboten.

96% Javazucker loco 164, fest, Nüben - Nohzucker loo 143, fest. Chile-Kupfer 454, pr. 3 Monat 4511/16.

Manchester, 21, März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6, 30r Water Taylor 8, 20r Water Leigh 7, 30r Water Clayton 8, 32r Mock Brooke 8}, 40r Mayoll §4, 40r Medio Wilkinson 9{, 32r Warpcops Lees 84, 36r Warpcops Rowland 83, 36r Warp- Wellington 94, 40r Double Weston 92, 60r Double courante Qualität 114, 32“ 116 Yarts 16 ch 16 grey Printers aus 32r/46r 178, Fest.

Paris, 21. März, (W. T. B.) - Die Zurückziehungen aus den Sparkassen betrugen in der vergangenen Dekade 14 Millionen gegen 27 Millionen in der vorhergehenden Dekade. Aus den Be« ständen der Sparkassen wurden in der leßten Dekade für 12 Millionen Francs Kapital Nente verkauft.

St. Petersburg, 21. März. (W. T. Y) Producten- markt. Talg loco 59,09, yr. August —, Weizen 11,25, Roggen loco 8,75, Hafer loco 5,10, Hanf loco 4400. Leinsaat loco 15,00, Frost.

Amsterdam, 21. März. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 544. Bancazinn 583.

New-York, 21. März. (W. T. B) Die B örse eröffnete lustlos, war im weiteren Verlauf unregelmäßig und {loß fest. Der Umsaß der Actien betrug 185 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 490 000 Unzen geshäßt. Die Silberver ufe betrugen 1000 Unzen.

(Meldung des „Neuter'shen Bureaus“.) Pierpont Morgan hat sih nah Eurova eingeschifft. Es heißt, er fet von der Regie- rung ermächtigt worden, über den Absch{luß einer A nleibe im Betrage von 50 Millionen Dollars zu unterhandeln.

Der Schnelldampfer „Lahn *, welcher beute nah Europa ín See ging, hat 4 Million Dollars Gold an Bord genommen.

W eizen seßte höher ein, mußte aber auf eingetroffene über- secishe Drahtnachrichten wieder weihen. Sc{luß \{chwach. Mais anfangs niedriger, hatte im Verlaufe nur unbedeutende Veränderung, da es an jeder äußeren Anregung fehlte. Schluß \{wach{.

Der Werth der in der vergangenen Woche a us8geführten Producte betrug 5 887 824 Dollars gegen 6 347 612 Dollars in der Borwoche.

Weizen-Verschiffungen der leßten Woche von den atlantischen Hâfen der Vereinigten Staaten nah Großbritannien 95 000, do. nah Frankreich 21 000, do. nah anderen Häfen des Continents 39 000, do. von Californien und Oregon nah Großbritannien 27 000, do. nah anderen Häfen des Continents Qrts.

Chicago, 21. März. (W. T. B.) Weizen eröffnete niedriger und erlitt den ganzen Tag auf Meldung über milderes Wetter erne weitere Einbuße. Schluß s{chwach. Mais anfangs niedriger, im. Verlauf auf Realisirungen fortgeseßt weichend. Schluß s{wach.

Verkehrs-Anstalten.

Am 2. April d. J. (Ostersonntag) kommt ein Sonderzu g zu ermäßigten Fahrpreisen von Berlin na Dresden über Röderau zur Beförderung. Der Zug fährt 6,34 Vormittags vom Bahnbof am Askanischen Play ab und trifft in Dresden-Altstadt 11,27 Vor- mittags ein. Die Fahrkartenpreise betragen: von Berlin nah Dresden 9 M 11, 6 M IIL. Klasse, Für Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren werden Fahrkarten zum halben Preife verausgabt. Die Nüdfahrt kann innerhalb acht Tagen, bei Scbnellzügen gegen Lösung von Zuschlagkarten, beliebig über Röderau oder Elsterwerda erfolgen. Freigeväck wird niht gewäbrt. Fahrtunterbrehung is nicht zulässig. Bei der NRückfabrt müssen die Fahrkarten abgestempelt werden. Der Fahrkartenverkauf erfolgt ab 29. März d. J. an den Fahrkarten-Ausgabestellen auf den Bahnhöfen am Askanischen Plaß, in der Friedrichstraße und am Alexanderplay von 9 bis 1 Uhr Vormittaas und 3 bis 6 Ubr Nacb- mittags. Bei der Fahrkarten-Ausgabestelle auf dem Babnhbofe am Askanischen Plat wird der Verkauf bis zur Abfahrt des Zuges fort- gelept, bei den übrigen Fahrkarten-Ausgabestellen dagegen am 1. April d. J., 6 Uhr Nachmittags, geschlossen.

Rostock, 22. März. (W. T. B.) Na einer Meldung der Lloyd-Direction werden die Na(tfabrten der Postdampfer zwischen Warnemünde und Gjedser in der Naht vom 25. zum W. März wieder aufgenommen.

Bremen, 21. März. (W.T. B.) Norddeuts@er Lloyd. Der Schnelldampfer „Saal e* ist am 18. März von New-York via Southampton nah der Weser, der Scbnelldampfer „Werra“