1893 / 74 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Mar 1893 18:00:01 GMT) scan diff

aber den pi (3 and tv e Di nicht verwehrt e “zu den Kosten des ersten ärztlichen Attestes allgemein c uA zu zahlen, und pes es dem Ermessen der Vorstände anheimgestellk, werde, sich in dieser Beziehung mit den Verzten ihres Bezirks in Verbindung zu segen. Es wurde dabei betont, daß cin Handinhandgehen er Versicherungsanstalten und der Acrzte im Jnteresse der Durchführung der Versicherung dringend zu wünschen sei, und daß cine Einigkeit sih am ehesten erzielen lasse, wenn man den berechtigten Wünschen der Aerzte Entgegenkommen beweise, : L ih d 3 der Tagesordnung war die Versammlung er Ansi

t ) t, -daß ein Bedürfniß, allgemeine Anordnungen in die Wege

B leiten, um den Versiherungsa1stalten von dew das Versicherungsverhältniß oder den Renten- bezug berührenden Thatsachen (Tod eines Versicherten, JInhaftirung eines Rentenempfängers 2c. § 34 des Juvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes) rechtzeitig Kenntniß zu ver- schaffen, jedenfalls zur Zeit nicht vorliegt. Von verschiedenen Seiten wurde hervorgehoben, daß auf besonderes An- suchen der Versicherungsanstalt die zuständigen Behörden (Re- gierungs-Präsidenten, Staatsanwalt]chaften, Gefängniß-Direc- tionen 2c.) schon jeßt sih zu den erforderlihen Mittheilungen verstanden haben.

Ueber die Frage, ob ein normal verlaufendes Wochenbett als Krankheit im Sinne des § 17 Absaß-2 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes anzusehen sci, waren die An- sichten getheilt. Zur Unterstühung der bejahenden Mei- nung wurde auch auf Z 20 des Krankenversicherungs- geseßes hingewiesen; aber auh von der gegnerischen Seite wurde zugestanden, daß, wenn es sich um die Erfüllung der géseßlihen Wartezeit handele, die Bewilligung der Rente an einer Beschäftigungslosigkeit wegen eines Wochenbetts nicht scheitern sollte.

Auf eine bezügliche Eingabe hat der Finanz-Minister unter dem 18. d. M. den Bescheid ertheilt, daß kein Bedenken bestehe, bei Berechnung des Einkommens zum Zwecke der Einkommensteuerveranlagung die von dem Steuer- pflichtigen an die Wittwenkasse oder an die Pensionskasse des Deutschen Privatbeamtenvereins zu Magdeburg zu entrichten- den Beiträge als abzuasfähig gemäß der Vorschrift im Z 91 Nr. 6 des Einkommensteuergeseßes vom 24. Juni 1891 an- zuerkennen. Dem Bescheid wird hinzugefügt, daß die Ver- anlagungsbehörden mit entsprehender Weisung versehen und entgegenstehende Verfügungen vom Finanz-Ministerium aus niht ergangen sind.

P TITTTT I E 4

Die „Vossishe Zeitung" hat in der Nummer 145 vom 926. d. M. auf Seite 2 einen Artikel über das gegen den Kaufmann Carl Paash anhängige Strafverfahren gebraht, welher insbesondere die Thatsahe einer Kritik unterzieht, daß der Genannte in der leßten Zeit wiederholt vechatteL und freigelassen worden ist. Dieser Artikel scheint auf irrigen thatsählichen und rechtlichen Voraussezungen zu beruhen.

Die erwähnten gerichtlichen Entscheidungen betreffen nicht die bereits seit dem vorigen Jahre anhängige Untersuchung, über welche in der Sißung des Herrenhauses vom 24. d. M. durch einen Regierungs-Commissar Auskunft ertheilt ist, sondern ein neues, erst kürzlich gegen den 2c. Paasch eingeleitetes Straf- verfahren wegen erneuter öffentlicher Beleidigung verschiedener Staatsbeamten. Jn diesem neuen Verfahren ist wegen Flucht- verdachts seitens des zuständigen Gerichts die Untersuhungshaft angeordnet, auf die von Paasch hiergegen E Vg Beschwerde jedoh von dem Beschwerdegericht der Verdacht der Flucht für nicht hinlänglih dargethan erachtet und der Hasftbefehl auf- gehoben worden. Auf-die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese leßtere Entscheidung hat das Kammergericht die Ansicht des ersten Richters gebilligt und die Verhaftung wiederum verhängt. Demnächst ist von Seiten des Beschuldigten seine Entlassung gegen Sicherheits- leistung gemäß § 117 der Strafprozeßordnung be- antragt worden. Diesem Antrage hat das zuständige Gericht stattgegeben, indem es durch die hinterlegte Sicherheit den Verdacht, daß der Dei sih der Bestrafung durch die Flucht entziehen könne, für hinlänglich beseitigt erachtete. Auf die Beschwerde des Staatsanwalts hat jedoch das Kammer- gericht nách dem Gesammtverhalten des Beschuldigten cs nicht als ausgeschlossen angeschen, daß derselbe sih troß geleisteter Sicherheit, wenn es ihm geeignet erscheine, der Strafverfolgung durch die Flucht entziehen werde. Es hat daher die Entlassung des Beschuldigten gegen Leistung einer Sicherheit, gleichviel von welcher Höhe, für unzulässig erklärt und die Wiederver- haftung angeordnet. Die beiden auf Entlassung aus der Haft lautenden gerichtlichen Entscheidungen waren nah Z 123 der Strafprozeßordnung sofort in Vollzug zu seßen, und es hatte die dagegen erhobene Beshwerde des Staatsanwalts keine auf- shiebende Wirkung. Es erklärt sich daher die in dem Artikel der „Vossishen Zeitung“ als auffällig bezeichnete wiederholte Ver- haftung und Freilassung des 2c. Paasch ohne weiteres aus dem Gese in Verbindung mit der auh in anderen Strafprozessen hervortretenden, jedem praktischen Juristen bekannten Erfahrung, daß über Fragen, wie die von Verhaftungen, bei Erschöpfung des Instanzenzuges nicht immer alle Jnstanzen derselben Ansicht sind. Die fraglichen Thatsachen geben hiernah zu den in der „Vossischen Zeitung“ angestellten Betrachtungen keinen Anlaß. Uebrigens versteht es fih nah den bestehenden Gesezen von selbst, daß die Justizverwaltung auf gerichtliche Entschließungen keinen Einfluß hat.

Der Königlich großbritannishe Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Bose Sir Edward B. Malet hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Erste Botschafts-Secretär, Hon. P. Le Poer Trench als Geschäftsträger.

Der Kaiserlihe Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Sat ter Nath Graf von Alvensleben hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Brüssel fungirt der Legations-Rath Prinz von Thurn und Taxis als Geschäftsträger.

Der Königliche Gesandte in München Graf zu Eulen- burg hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations- Secretär Graf von Pückler als Geschäftsträger.

1 dér Ersten. und Zweiten Beilkge heutigen Nummer : des -„Reichs- und Staats-Anzeigers“ d. die s

Zusammenstel- lung der Betriebsergebnisse deutsher Eisenbahnen nah dem Stande am Ende des Monats Februar 1893, deren Schlußergebniß bereits an dieser Stelle in Nr. 72 mitge- theilt wurde, veröffentlicht.

Wiesbaden, 2%. März. Jn der heutigen siebenten Sigung des Communal-Landtags wurden die Etats des ständishen Wegebaufonds, der Nassauischen Landesbank und Sparkasse und des Fouds für außerordentliche Hochbauten des Bezirksverbandes unverändert, der Etat des Vieliorations- fonds aber mit der Maßgabe genehmigt, daß darin der Einnahmetitel „Ueberweisung aus ständischen allgemeinen Fonds“ von 20000 A auf 35000 A6 und der übertragbare Aus- gabentitel „Zuschüsse ohne Rückzahlungsverpflichtung“ von 15000 M auf 30000 6 zu erhöhen ist. Dem entsprechend wurde alsdann in dem Haupt-Etat der ständischen allgemeinen Verwaltung der Einnahmetitel „aus Darlehen (\{hwebende Schuld bei der Landesbank)“ Kapitel VII von 117 100 M auf 132100 / und der Ausgabetitel Il Kapitel VIL von 20 000 auf 35 000 M erhöht. Jm übrigen wurde der Haupt- Etat in Einnahme und Ausgabe unverändert genehmigt. Demnächst wurde der Communal-Landtag durch den stellver- tretenden Commissarius, Negierungs-Präsidenten von Tepper- Laski mit folgender Ansprache geschlossen :

j Hochgeehrte Herren ! __ Sie stehen am Ende Jhrer Berathungen und dürfen mit Be- friedigung auf dieselben zurüblicken. Ihre einstimmige Wieder- berufung des verdienstvollen Mannes an die Spiße der Bezirks- verwaltung, welcher dieselbe bisher geleitet hat, gereiht auch der Königlichen Staatsregierung zur hohen Befriedigung, da derselbe es jederzeit verstanden hat, mit ihren Vertretern die besten Beziehungen aufrecht zu erhalten und ihren Anregungen und Wünschen stets auf .das Wohlwollendste und Bereitwilligste zu entsprehen. Wenn die Mehrheit des Communal- Landtags mit Rücksicht auf die ungünstige Balancirung des Etats es auch abgelehnt hat, shon für das Etatjahr1893/94 zur Befriedigung dringender Bedürfnisse, insbesondere zur Beförderung des Wegebaues dur Erhebung einer geringen Bezirksabgabe größere YMittel flüssig zu machen, fo haben doch andererseits auch Vertreter der Mehrheit die Nothwendigkeit anerkannt und ihre Bereitwilligkeit auégesprochen, dies in Zukunft zu thun. Jch darf daher die Hoffnung und Erwartung ae daß schon der nächstjährige Communal- Landtag diesen Weg betreten wird.

Alle übrigen Vorlagen des Landesauss{husses haben Sie rasch und sahgemäß erledigt, und ih bin überzeugt, daß Ihre Beschlüssé auch diesmal zum Wohle des Bezirksverbandes dienen werden.

Auf Befehl Seiner Majestät des Königs schließe ih hiermit den XXVII. Communal-Landtag des Regierungsbezirks Wiesbaden.

Bayern.

_ Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und dic Großherzogin von Luxemburg sind am Sonnabend aus Luxemburg auf Schloß Hohenburg bei Tölz eingetroffen.

Gestern Mittag ist in München die Generalversammlung des „Vereins für die Hebung der Fluß- und Kanal- \hiffahrt in Bayern“ unter Theilnahme Seiner König- lichen Hoheitdes Prinzen Ludwig abgehalten worden. Der Ver- sammlung wohnten die Minister Freiherr von Crailsheim und von Feilißsh, mehrere Landtags- Abgeordnete, sowie zahlreiche Vertreter der Städte und Localverbände bei. Nachdem die Bürger- meister Schuh -Nürnberg und Borscht - München, sowie Professor Schlichting - Berlin und Director Höninger-Wien Ansprachen gehalten hatten, erörterte, wie „W. T. B.“ be- richtet, Prinz Ludwig in längerer Rede die Zwecke des Vereins und den Nußen der Vereinsbestrebungen für das gesammte Land. Prinz Ludwig shloß mit Wünschen für das Gedeihen des Vereins, den er gewissermaßen als sein geistiges Kind betrachte.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen ist vorgestern Nachmittag um 2/4 Uhr von Karlsruhe nach Darmstadt zurückgekehrt. FJhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin gaben Höchstdem- selben bis zum Bahnhofe das Geleit, wo außerdem Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Karl, der Oberst-Stall- meister von Holzing, der commandirende General des XIV. Armee-Corps, General der Jnfanterie von Schlichting und der Commandant, General-Major von Broesigke an- wesend waren.

Auhalt.

Der Landtag erledigte in seiner Sißung vom 24. d. M. den Haupt-Finanz-Etat in dritter Lesung. Die Anzahl der zu erhebenden Steuereinheiten wurde auf 11 festgeseyt und der Betrag dafür mit 590700 # in den Etat eingestellt. Nachdem sodann in der Sißung vom 25. d. das Etats-Gesegz, durch das die eigene Einnahme und die eigene Ausgabe auf 12280 000 M. festgestellt werden, in dritter Lesung ange- nommen worden war, erfolgte der Schluß des Landtags durch den Staats-Minister Dr. von Koser1ß.

Oesterreich-Ungarn. é

Der ungarishe Minister-Präsident Nr. Wekerle und der ungarishe Minister des Jnnern Hieronymi sind, wie „W. T. B“ meldet, gestern Abend in Wien: ein- etroffen. Ersterer conferirte heute Pormittag mit dem Zouverneur der österreichish-ungarishen Bank Dr. Kauß und später mit dem Minister des Auswärtigen Grafen Käálnoky. Der „Budapester Correspondenz“ zufolge werden die ungarischen Minister im Laufe des heutigen Nachmittags dem Kaiser Vortrag halten, der Minister- Präsident Dr. Wekerle wird mit dem Finanz-Minister Dr. Steinbah über weitere Schritte zur endgültigen Valuta- regelung conferiren.

Der General der Cavallerie Freiherr von Edelsheim- Gyulai ist nah einer Meldung aus Budapest heute früh gestorben.

Großbritannien und Frland.

Der bisherige Gesandte in Washington Pauncefote ist zum Botschafter daselbst ernannt worden.

Lord Salisbury wird sich erst am 23. Mai nach Belfast begeben, dagegen heißt es, daß riaren der auf nächsten Sonntag nah Belfast einberufenen Versammlung bei-

wohnen werde.

Frankreich.

Der Senat hat inz seiner vorgestrigen Sißung die Budgets des Cultus, der shönen Künste, des Auswärtigen, des Krieges, der Marine, des Handels und der Post und Telegraphie erledigt.

Eine Plenarversammlung der Linken des Senats designirte, wie „W. T. B.“ berichtet, nah dreimaligem Wahl- gange Challemel Lacour mit 100 Stimmen als Candidaten ür das Präsidium. Auf Constans entfielen 64 und auf Magnin © Stimmen. Die opportunistishen Blätter reen sih äußerst befriedigt über dieses Resultat aus: Challemel Lacour sei ein würdiger Nachfolger Ferry's. Die republikani- hen Senatoren sollten Constans durch zahlreihe Stimmen den Beweis ihrer Sympathie geben, ihn aber dur eine Wahl zum Senats-Präsidenten niht fesseln, seine Energie vielmehr für den Posten eines Ministers reserviren.

« In der Deputirtenkammer erklärte am Sonnabend der ehcmalige Minister Jules Noche zu dem Protokoll der vorhergehenden Sißung, er sei auf den Ministertish zu- geschritten und habe Cet: „Sie verstehen . also nicht, daß alles, was Sie gegen die Ankläger der Republik und der republikanishen Partei vorbringen, auf Sie selbst zurückfällt ?“

- Jules Roche wünschte, daß diese Worte ins Protokoll auf-

genommen würden. Der Präsident erklärte jedoh, daß die orte als nicht gesprochen zu erachten seien, weil sie nicht verstanden worden seien. Die Vorlage des Handels-Ministers Siegfried über die Arbeiterwohnungen und der Credit von 200 000 Fr. für die Opfer der Hungersnoth in Algerien werden angenommen. Darauf wurde eine FJnterpellation wegen ungeseßliher Amtsführung der Präfecturen, besonders in Lyon, eingebracht. nach langer Erörterung cine einfahe Tagesordnung anzu- nehmen, was mit 323 gegen 206 Stimmen geschah. Die Nechte, die Gruppe Cavaignac, die Boulangisten und die Socialisten stimmten zusammen. Die Zollcommission der Deputirtenkammer be- rieth vorgestern über cine Petition, worin um die Aufhebung der vorgeschriebenen Zerlegung der zum Transport bestimmten Fleischwaaren, sowie um Zollfreiheit für das Geschlinge ersucht wird, das dem getödteten Schlachtvieh beigefügt sein muß. Die Commission sprach sih für die Beibehaltung der bestehen- den Vorschriften über die Zerlegung sowie für die Zollfreiheit für Geschlinge aus, unter der Bedingung, daß dieses ver- nichtet oder wieder exportirt werde. Die Commission wird den Ackerbau-Minister ersuchen, Maßregeln in diesem Sinne zu treffen.

Die Panama-Untersuchungs-Commission lehnte den Antrag Maujean's auf Erweiterung 1hrer Macht- befugnisse ab. Jnfolge dessen gaben die Commissionsmitglieder Gerville-Néache und Maujean ihre Demission, da sie der Ansicht seien, daß die Commission ihre Aufgabe nicht zu cinem guten Ende führen könne. Dupuy-Dutemps ver- langte Pans, die Commission folle ihre Arbeiten beschließen. Die Commission lehnte auch dieses Verlangen ab, worauf Dupuy-Dutemps ebenfalls demissionirte.

Nach einer Meldung aus Vesoul is} bei der Ersaßwahl zum Generalrath an Stelle Baïhaut's der republikanische Candidat gewählt worden.

Die Pariser Polizei-Präfectur machi bekannt, daß der Anarchist Mathieu, der Urheber der Explosion im Restau- rant Véry, in Saint Michel, Departement Aisne, verhaftet worden ist.

Ftalien.

Die „Agenzia Stefani“ hat am Sonnabend folgende Mit- theilung veröffentliht: Als der König sich heute zu einer Festlichkeit nah der Villa Borghese begab, schleuderte ein \hleht gekleideter Mann, der cine weiß-gelbe Cocarde' auf der Brust trug, eine mit Erde gefüllte Papierhülse gegen den Wagen des Königs und wurde sofort verhaftet. Bei der Verhaftung leistete er Widerstand, indem er gleichzcitig aus- rief, er habe nur Achtung vor Gott und der Regierung des Papstes. Auf der Central-Polizeibehörde, wohin der Verhaftete gebracht wurde, fand man bei ihm mehrere weiße und gelbe Bänder jowie Papiere und Aufzeihnungen, aus denen hervorgeht, däß der Mann ein klerikaler Fanatiker ist. Er nennt 1ch. Louis Berardi, it 31 Jahre alt und war im Jahre 1882 vom Schwurgericht wegen Meuchelmordes zu siebenjährigem Zuchthaus verurtheilt worden. Nah seiner Ent- laffung war er nah Amerika. ausgewandert und seit kurzer Zeit wieder nah Rom zurückgekehrt. Die gestern vox- genommene ärztlihe Untersuhung Berardi's ergab, daß er an Verfolgungswahn leidet.

Die Deputirtenkammer hat sih vorgestern bis zum 10. April vertagt.

Niederlaude.

Die Zweite Kammer hat, wie dem „Hamb. Corresp.“ herihtet wird, einen Gesegantrag - zur Reform des Quarantänegeseßes angenommen, der bezweckt, den Hafen- behörden die Macht zu verleihen, Seeschiffe, die aus ver- dächtigen Häfen kommen und zwar keine Kranken an Bord haben, jedoh so furze Zeit unterwegs waren, daß der Jncubations- zeitraum der Seuche noch nicht als verstrichen betrachtet werden kann, außer Gemeinschaft mit dem Ufer zu halten, bis den vorgeschriebenen Quarantänemaßregeln nachgekommen ist. Auch die Mannschaft und Passagiere solcher Schiffe werden nicht wie früher sofort und ungehemmt landen können; von jeßt an wird darüber der mit der Untersuchung beauftragte Arzt zu entscheiden haben. Einige von dem Minister beantragte, wenig bedeutende Aenderungen in dem Geseh über die Seuchen wurden ebenfalls genehmigt. Die Zweite Kammer hat sich sodann bis zum 15. April vertagt.

Türkei.

Die Königin Natalie ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ am Freitag in Konstantinopel gro und von der serbishen Gesandtschaft empfangen worden. Jm Namen des Sultans wurde die Königin von dem Ceremonien- meister und General Achmet Pascha begrüßt. Gestern stattete die Königin dem Sultan in Anwesenheit des (Broßveziers einen Besuch ab, den der Sultan bald darauf erwiderte. Die Besuche trugen einen sehr herzlichen Charakter. Der Sultan bedauerte, die Königin wegen des Ramazanfestes niht zum Diner laden zu können, und verlich ihr den Großorden des Chefakat-Ordens in Brillanten. Die Königin nimmt heute den Thee beim Großvezier ein und wird morgen beim russischen Botschafter Nelidow diniren,

Der Minister-Präsident Ribot bat

Rumänien.

Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer Sißung vom Sonnabend die Budgets des Ministerraths und des Ministeriums des Jnnern, Bei der Berathung des Kriegs- budgets erklärte dem „W. L. B.“ zufolge der Kriegs-Minister Lahovary, die Befestigungen von Sereth seien beendigt; der Plan der Befestigung von Bukarest sei berücksichtigt worden, er sei aber zu umfassend gewesen und habe reducirt werden müssen; die Erfindung ‘des Melinits habe zu einer Ab- änderung: genöthigt. Die Gerüchte über anderweitige Ab- änderungen seien unbegründet. Er betrachte es als éine Ehrensache, den geforderten Credit niht zu überschreiten; er sei aber überzeugt, daß die Kammer nöthigenfalls noch fünf bis sechs Millionen bewilligen würde. Das Mannlichergewehr sei nah dreijährigen Versuchen mit einigen Aenderungen an- genommen worden, die ganze Armee werde am Schluß des Jahres mit diesem Gewehr bewaffnet sein. Was das Pulver angehe, so dauerten die Versuche noch fort, die Wahl werde nach Ablieferung der Gewehre erfolgen. :

Anläßlich des Jahrestages der Proclamation RNRumäniens zum Königreich fand gestern in der Kathedrale ein Tedeum in Anwesenheit der Minister sowie der Civil- und Militärbehörden statt. Jm Königlichen Palais war eine Liste zum Einzeichnen aufgelegt, die Stadi war festlich beflaggt.

Dazzemark.

Das Folkething nahm, wie „W. T. B.“ meldet, vor- gestern in dritter Lesung mit 57 gegen 16 Stimmen die Vor- lage über das Konsulatswesen an, wonah die bedeutendsten Pläße mit Berufskonsuln beseßt und die bisherigen Konsulats- abgaben durch niedrige A e a Schiffsabgaben an den Staatsschaß erseßt werden sollen. Der Präsident kündigte alsdann den baldigen Schluß der gegenwartigen Session an. Man glaubt: daher, daß die bisherigen Ver- handlungen zwischen der Rechten und der gemäßigten Linken über die Herstellung eines regelmäßigen Finanzgeseßes keine Nussichten auf einen günstigen Erfolg haben werden. Der Bericht des Gesammtausschusses über das Finanzgeseß wird am Dienstag erwartet.

Amerika.

Der Minister-:Nesident der Vereinigten Staaten in Port- au- Prince hat dem „W. T. B.“ zufolge telegraphisch nach Washington gemeldet, daß Jnsurgenten aus San Domingo das Gebiet der Republik Haïti betreten hätten. Haïtishe Truppen seien ihnen an die Grenze entgegen- geschickt. gel "Der brasilianishe Speccialgesandte in Washington Baron Andrada ist in der Naht zum Sonntag infolge Schlaganfalls gestorben. Nach einer in Lissabon ein- getroffenen Depesche aus Rio de Janeiro vom 24. d. M. haben die Regierungstruppen die Jnsurgenten der Provinz Nio Grande do Sul in Bagé geschlagen. Dem „New-York Herald“ zufolge war der argentinische Konsul in Porto-Alegre auf Befehl des Statthalters Castillo verhaftet worden.

Ufrika.

Nach ciner in Paris eingetroffenen Depesche des G ou- verneur s des französishen Sudangebiets vom 24.d. hat Oberst Combes die Banden Sa mory's, die sich in Gueleba verschanzt hatten, vollständig geschlagen und auseinander- gesprengt; zahlreihe Gefangene und große Beute fielen den Siegern in die Hände. Samory ist von scinen Anhängern ver- lassen: man glaubt, daß seine Macht im Süden vollständig vernichtet ist. Ein weiteres amtliches Telegramm meldet, daß die Expedition Maistre's von Baghirmi und Ada- maua her, nahdem sie Verträge mit den Stämmen am Chari- und Logoueflusse abgeschlossen, bis zu den Mün- dungen des Niger gelangt s«i.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Commission - des Herrenhauses für Vor- berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Aenderung des Wahlverfahrens, besteht aus folgenden Herren: Minister des Königlichen Hauses von Wedel, Vorsißender, Fürst zu Putbus, Stellvertreter des Vorsißenden, Ober-Bürgermeister Zweigert, Schriftführer, Graf von der Schulenburg- Lieberose, Stellvertreter des Schriftführers, Graf von Klinckowstroem, Graf von Pfeil-Hausdorf, Ober- Bürgermeister Wegner, Graf von Schlieben, Ober- Bürgermeister Schmieding, Prinz zu Schoenaich- Carolath, Graf von der Schulenburg-Beeßzendorf, Ober-Bürgermeister Bender, Freiherr von Wendt, Ober- Bürgermeister Braesicke und Nittergutsbesizer von Klißing.

Nr. 9 des „Archivs für Post und Telegraphic" (Beihbeft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs-Postamts) hat A íInhalt: 1. Actenstücke und Aufsäße: n t Vot Wirksamkeit des telegraphischen Untall-Meldedienstes itn' Reichs-Telegraphengebiet. D fremder Posten und die Unterbrückung des Slädtebotenwesens in Lüneburg. Chicago und seine Weltausstellung, Der Post-Pätereiverkehr im MNeichs- Postgebiet während der Weihnachtszeit 1892. 11. Kleine Mit- theilungen: Der dgr in Japan. Der Handelsverkehr Bremens nach Eröffnung des Freihafens. Eine Besteigung des Fuji-no-Yama. Uebermittelung von Signalen nah Luftballons. Verwendung von Dampfkraft zur Erzeugung des elektris{en Stromes.

- T11. Literatur des Verkehrswesens: Das Gefe über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen in Preußen vom 28, Juli 1892, unter Bezugnahme auf die zu demselben erlassene Ausführungsanweisung, erläutert von Karl Köhne, Königl. Eisenbahn-Bau- und Betriebs- Inspector. Berlin. Verlag von Julius Springer, 1893.

Nx. 12 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar- beiten, vom 25. März, hat folgenden Inhalt: Rund-Erlaß vom 12, März 1893, betreffend die Vergütungen für Schreib- und Zeichen- materialien an die tehnishen Secretäre. Nichtamtliches: Die Auf- gaben des Ingenteurs bei plößlich eintretenden Seuchen. Preis- bewerbung um das Märkische Museum in Berlin. (Schluß.) An- lagen zur elektrishen Beleuchtung Vermischtes: Die Reste des römischen Nordthors in Köln. Vorstand des Architektenvereins in Berlin. Technishe Hochschule in Berlin. -—— Betricbsergebnisse der franzöfischen Localbahnen. J. Neumann f.

Verdingungen im Auslande.

Bulgarien.

12. April (neuen Stils). Bulgarisches Finanz - Ministerium, Sofia: Lieferung von 120 000 Jute-Salz-Säcken für das staatliche Salzdepot in Anchialle bei Burgas. Superlicitation am 17. April (neuen Stils). Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs-Anstalten. Die Königlihe Eisenbahn - Direction zu Berlin mat in einer (in der heutigen Nr. d. Bl. veröffentlichten) Bekanntmachung darauf aufmerksam, daß, nachdem dur Bundesrathsbeshluß vom 26. Januar d. J. die Weiterverwendung der früheren Frachtbrief-Formulare im inneren deutschen Verkehr bis zum-30. Juni d. I. unter bestimmten Bedingungen ge- stattet worden ist, vom 1. Suli d. I. ab nur noch die durch die neue Berkehrsordnung vorgeschriebenen Frachtbriefe angenommen werden und daß eine Verlängerung der durch den Bundesrath bestimmten

Frist keinesfalls in Ausficht genommen werden kann.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Geftern Akend seßte Herr Friedrih Mitterwurzer fein Gastsviel als Wilhelm Tell in Schiller's gleilhnamigem Schau- spiel erfolgreih fort. Man hätte dem Künster, der jeder Rolle ihre besondere und zuweilen ungewöhnlide Auslegung zu geben und gerade dadur zu fesseln weiß, kaum eine so gewaltige Schlichtheit der Rede, eine so einfahe Größe und Ergriffenheit des Herzens zugetraut, wie er als Wilhelm Tell offenbarte. Die einfahe, urkräftige, ländliche Gestalt des Tell, der natürlihe Gegensaß zu jenen liebenswürdigen Lebemännern und anderen Geist svrühenden humorvollen Perfonen, die Herr Mitterwurzer sonst mit Vorliebe auf seinen Gast- spielen vorgeführt hat, wurde ergreifend herausgearbeitet. Der Schmerz des Laters in der Schlußscene drang von innen beraus, und felbst wo er vom Schmerz übermannt er- scheinen muß, blieb er maßvoll und daher überzeugend in seinen kraftvollen Bewegungen. Jede heftige Gestikulation wurde mit Ueberlegung vermieden: mächtig und fest, aus der Natur empor- gewachsen, wie ein Eichstamm, dessen Wipfel der Sturin bewegt, er- \hien diefer Tell. Die Ruhe in der Bewegung zeichnete au den großen Monolog aus; aber die Leidenschaft wurde in Ton und Mienenspiel gewaltig und in großen Zügen gezeichnet. Die Rache- gedanken durchbrach manchmal eine fast naive Freude an der heran- nahenden Erfüllung seines Tod bringenden Shwurs, als ob er sich als Nächer und Befreier seines Vaterlandes und nicht als Mörder seines Kindes fühlte. Väterlihe Milde sprah aus feiner Rede zu den Kindern, und mit erschütternder Jnnigkeit entstieg unershütterlihes Gottvertrauen wie ein heißes Gebet seiner Brust. An Beifall fehlte es dem verdienten Gast niht. Die übrigen Darsteller konnten durh- aus befriedigen, sodaß \sich die Vorstellung zu einem \{önen Ganzen zusamménsch{loß.

Theater Unter den Linden.

Das neue Ballet oder Ausstattungéstück „Columbia“ (in vier Abtheilungen von H. Regel, Musik von Joh. Bayer), das am Sonn- abend zum ersten Mal gegeben wurde, hat \ich eines guten Erfolgs zu erfreuen gehabt, Von einem Gedanken, der das Ganze durchzieht und der etwa in einer Handlung Ausdruck fände, ist freilich nicht die Spur zu entdecken; der Zusammenhang i} vielmehr allein in der Neflexion begründet, daß in Amerika und. speciell auf der Weltausstellung in Chicago der Menschengeist in seiner Erfindungskraft die größten Triumphe feiern werde. „Columbia® ift das von dem Erfinder Actinson ins Leben gerufene Geshöpf, welches uns auf einer Tour durch Amerika und in Chicago die Wunder der neuen Welt vorführt. Diese sind mannigfah und farbenprächtig ; ihren Mittelpunkt bildet stets „Columbia“, die von der vortrefflichen und unermüdlichen Solotänzerin Signora Elia repräsentirt wird. Es genügt, die Bilder, die alle mit Geschick und Geschmack erdaht und ausgestattet sind, zu erwähnen. Von unter- geordneter Bedeutung ist die erste Abtheilung: das Atelier des Er- finders. Die zweite Abtheilung zeigt uns New-Yorks breiteste und belebteste Straße, auf der alles Mögliche und Unmögliche producirt wird. Da sehen wir das Eldorado der Neclame in ihren großartigen Wirkungen : aus Wikelkindern entwickeln sih durch einen Shluck neu erfundener amerikanischer Milch sofort kleine Herkulesse, die 500 kg spielend handhaben ; eine neu erfundene Seife macht selbst das Gesicht eines Negers weiß. Da sehen wir ferner den Baumwollenkönig, den Eisenbahnkönig, den Zeitungskönig, und mitten auf der Straße wird ven einem Circus-Director mit vier Damen, die die Nolle von Pferden vertretên, „hohe Schule“ vorgeführt. Jn einem „Welt- Orchester" erscheinen die verschieden Nationen mit den bei ihnen be- sonders bevorzugten Instrumenten ; dies Orchester „spielt“ aber nicht, sondern „wird getanzt“. In der dritten Abtheilung befinden wir uns an den Niagarafällen, die durch ein effectvolles Arrangement lebender Personen zur Darstellung gebracht werden; hier ist ein großes Pas de deux von Signora Elia und Sgr. Poggiolefi eingeschaltet, die darin ihre außerordentliche Kunstfertigkeit in das hellste Licht stellen. Ein „Zuckerernte-Reigen“, ein Ballet von Zuckerhüten und Knallbonbons sowie cin „Tropen-Zauber“ werden durch hübsche Tänze und farben- reiche Ausstattung zur Anschauung ‘gebracht. Jn der vierten Abthei- lung befinden wir uns in Chicago : dort wird die Wirkung des Tele- vhons in einer Polka veranshauliht und in einem großen Ballabile sind die großen Repräsentanten des Verkehrs unterseeisches Kabel, elektrisde Schiffahrt und elektrische Bahn, überseeische Post, Brieftauben, Luftschiffe harmonish thätig. Alsdann ziehen in einem Wandel- diorama die großen Anziehungspunkte der Ausstellung: der Elektricitäts» valast, der Administrationspalast, das deutshe Dorf und das deutsche Haus vorüber. Den Schluß bildet eine „Apotheose“, in der alle Mitwirkenden sich noch einmal in einem glänzenden Bilde vereinigt zeigen. Die Musik enthält wenig Bemerkenswerthes; das Haupk- motiv ift nahezu eine Wiederholung des Mondscheinwalzers aus der „Welt in Bild und Tanz“. Die Ausstattung macht der Phantasie und der Erfindungëgabe der leitenden Kräfte des Theaters alle Ehre und wird auch den höchsten Ansprüchen gerecht.

Sing-Akademie.

Am Sonnabend gaben die Herren Kruse, Markees, Müller und Dechert ihren zweiten Kammermusik-Abend, in welchem sie durch die rühmlich bekannte Concertsängerin . Frau Cornelia Schhmitt-Csányi unterstüßt wurden. Ein hier noch wenig ge- hörtes Quintett (Fis-moll) von Hugo Kaun, das sich durch große Gewandtheit in der Behandlung der Form dieser Stilgattung auszeichnet, eröffnete den Abend. Im Vortrag dieses Werks unterstüßte Herr Nobert von Mendelssohn (Cello) die Concertgeber aufs wirksamste. Dieses Quintett sowohl als auß das herrlihe Quartett von Schubert (A n kamen in so klarer und s{hwungvoller Art des Ausdrucks zu Gehör, daß fast auf jeden Sah lebhafter Beifall erfolgte. Die Sängerin trug Hüändel's Arie „Mio caro bene“ aus „Nodelinda*, Schubert's „Am Grabe Anselmo’s* und ein Wiegenlied von Alois Schmitt vor. Die Klangs@{önhbeit ihrer sehr gut ge]chulten Stimme und die belebte, tief empfindende Art des Voitrags kamen in diesen Gesängen fo ires zur Geltung, daß rauschender Beifall erscholl und die Künstlerin no drei ungarische Leder hinzufügte. Der dritte Kammermusik-Abend

_

ist auf Sonnabend, den §8. April, angeseßt.

Philharmonie. Das zweite und legte Sarasate-Concert, welhes am Sonn» abend stattfand, begann mit dem Klavier-Concert (C-mo!l) von Saint« Saëns, welches von Frau Berthe Marx mit musterhafter Be-

errshung der vielen technishen Schwierigkeiten und mit Sus des Musdrucks vorgetragen wurde. Hierauf spielte der Coucertgebêr das

zweite, sehr stilreht gehaltene Violin-Coucert von Mar Bruch, das" der Componist dem Virtuosen gewidmet hat, und das in den. ‘\hwierigen Doppelgriffspassagen des ersten Saßes an den Spieler hohe Anforderungen stellt. Sehr interessant is der zweite Saß, ein elegisch gehaltenes „Recitativ“, das den Solisten ganz be- sondezs wirkungs8voll hervortreten läßt. Außerdem trug der Concertaeber noch die Caprice von E. Guisaud und sein eigenes Bravourstük: „Airs Ecossais“ vor, dem der unermüdlihe Künstler noch mehrere Piècen hinzufügte. Daß auch die Pianistin nah dem zarten und feinshattirten Vortrag der Barcarole von Chopin und der sehr s{chwierigen esten Rhapsodie von Liszt noch Chopin's As-dur- Polonaise als Zugabe spielte, zeugte von der ungewöhnlidhen Aus- dauer und Kraft dieser außerordentlich begabten Virtuosin. Das fehr zablreih ershienene Publikum dankte beiden Vortragendén dur laute Beifallsbezeugungen.

Der Spielplan des Berliner Theaters für die Osterfeiertage lautet: Sonntag Nachmittags „Die Journalisten", Abends „Graf Waldemar" mit Ludwig Barnay in der Titelrelle; Montag Nach- mittags „Der Veilchenfresser“, Abends „Viel Lärm um Nichts“ mit Ludwig Barnay und Nuscha Butze in “den Hauptrollen ; Dienstag Nachmittags „Graf Esser", Abends „Kean“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle. Der Billetverkauf für alle drei Nachmittags-Bor- stellungen hat bereits begonnen.

Im Lessing-Theater haben die Proben zu dem Schauspiel „Hanna Jagert“ von Otto Erich Hartleben begonnen, das am ersten Osterfeiertag in einer Matinée zum ersten Mal aufgeführt werden \foll. Die Billets zu dieser Vorstellung werden bereits jeyt an der Tageskasse des Theaters ausgegeben.

Das Friedrih-Wilhelmstädtishe Theater bringt bis einsließlich Donnerstag Wiederholungen von Offenbach's „Pariser Leben“. Für die Osterfeiertage sind die Operetten „Orpheus in der Unterwelt" und „Der arme Jonathan“ auf den Spielplan gefeßt. Ende April beginnt Ilka von Palmay ihr auf zwölf Abende be- rechnetes Gastspiel,

Im Kroll’\hen Theater wird Signora Nevada sich am Mittwoch als Norina in der Oper „Don Pasquale“ vom Berliner Publikum verabschieden. Der Spielplan für die Osterfeiertage ist folgendermaßen festgestellt: Sonntag: „Die Zauberflöte“, Montag: „Don Juan“ (Frau Moran-Olden, Signor de Padilla, als Gäste), Dienêtag: „La Traviata“ (erstes Gastspiel der Signora Prevosti).

Die Direction des Victoria-Theaters hat einen Vertrag abgeschlossen , wonach der Königliche Musikdirector Herr Adolf Boettge aus Karlsruhe mit der Regimentskapelle des Badischen Leib» Grenadier-Regiments Nr. 109 während des kommenden Sommers im Park des Theaters concertiren und unter Benußung altdeutscher íSnstrumente seine historishen Concerte aufführen wird, die bereits in Frankfurt a. M. und Hamburg während der dortigen Ausstellung viel Anerkennung fanden. E

Im Thomas- Theater geht morgen die Posse von Nestroy „Einen Jux will er sih machen“ zum leßten Mal in Scene, während am Mittwoch das Schlußstück des Wiener Ensembles „Der Taliêman“ folgt.

/ Director Mar Baer veranstaltet mit den mittleren und oberen Klassen seines Conservatoriums (NO., Neue Königstraße 59) am Mittwod) im Saal-Bechstein einen Vortrag2abend zum Besten der Unterstützungskasse des Vereins der Musiklehrer und Lehrerinnen; Eintrittskarten sind im Conservatorium selbst, fowie in der Musikalienhandlung von Siegel u. Schimmel, Königstraße 41, zu haben.

Mannigfaltiges.

In Gegenwart Seiner Königlichen Hoheit des Prinze Friedrih Leopold, als Vertreter Seiner MajestätdesKaifer“ fand gestern die feierlihe Einsegnung von 93 Cadetten der evangelischen Kirche der Haupt-Cadettenanstalt zu Lichterfelde statt. Zur Begrüßung des Prinzen waren, wie die „Neueft. Nachr.“ mittheilen, auf dem Bahnhofe anwesend der General - Inspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, General der Jnufanterie von Keßler, der General der Infanterie à la suite des Cadetten-Corps von Strubberg, der Commandeur des Cadetten-- Corps, General - Major von Amann, der Commandeur der Hauvyt-Cadettenanstalt, Oberst von Freyhold und die Stabsoffiziere dieser Anstalt. Beim Eintritt în das Gotteshaus präludirte die Orgel, unter deren Klängen der Prinz zum Altar ge- leitet wurde. Zu beiden Seiten des leßteren hatten die Confirmanden vor einer Decoration von Lorbeerbäumen Aufstellung genommen. Der Cadetten-Sängerchor leitete die Feier mit dem 23. Pfalm: „Der Herr i} mein Hirte* cin. Es folgten die Gesänge „Sollt' ih meinem Gott nicht singen“, „Jesu, geh? voran“, die Liturgie und die vom Pfarrer Brück gehaltene Festpredigt. Der Predigt folgte der Gesang „O heil’ger Geist, kehr’ bei uns ein“ und der feterlihe Act der Einsegnung, der vom Musikcorps mit den Klängen des Chorals „Mir nach, spricht Christus, unser Held“ begleitet wurde. Svyâäter versammelten si die confirmirten Cadetten mit ihren An- gehörigen noch einmal um den Altar, um das beilige Abendmahl zu nehmen.

In der Kaiserin Augusta-Stiftung zu otteus burg fand, wie die „N. Pr. Z.“ berichtet, am Freitag die Einsegnung von neunzehn Confirmanden statt, die danah zuglei mit zwer fatholishen Zöglingen die Anstalt verließen, um zu ihren Familien zurückzukehren. Die Einsegnung vollzog der Prediger des Vauses Pastor Schliep vor einer sehr zahlreichen unt vornehmen Ver!amm- lung. Am Donnerstag hatte nah der kirhlichen Prüfung Ihre Majestät die Kaiserin die Eltern der Zögl i Schlosse zu Charlottenburg empfangen und

leßteren Lebewohl gesagt. Zugleißh überreichte

allen ausscheidenden Zöglingen christliche Andacht

welche Jhre Majestät Allerböchstselb#t die Einfegnungs

geschrieben hatte. Der Erste Curator der Stiftung,

Snfanterie von Strubberg, und die Oberin Fräulein

waldt wohnten dieser Feier bei, zu welcher mit Jhrer

Hofdame Fräulein von Gersdorff, der Ober- Hofmeister

Mirbach und der Kammerherr Graf von Keller ersch

Das Kaiserin Augusta-Stift bendete mit dem 24. März d

jahr seit dem Bestehen dieser gesegneten Anstalt.

» do ck20 VCL h G A

Das Hauptergebniß des jeßt vorliegenden Abschlusses des La buchs der Stadt Berlin für das Elatsjadr 1391/N geitaltet ih wie folgt: (Die in den Klammern beigefügten Summen steilen die Differenz aegenüber den Vorjahre dar.) 1. Kammerer vermögen. An Activen waren am Zl. März 1892 vordanden 486 038 778,79 M (18686 197,65 „A medr). Sie bestanden aus: 1) Grundbesiy 331118040 M (1432553943 «K mebr), 2) ausstehende Kapitalien: a. Dvypotdeken und foustige Forderungen - 4428917,90 G (21366262 „« weniger), b. Inbaberpapiecre zu Curawertbe von 3 V8 125,33 „6 (319 368,77 „6 mebr), zum Nennwerthe 3321 225 K (288800 4 mehr), 3) Kasseus bestände 18 699 717,40 4 (381 56292 K mebr), 4) Einnabmereste 636 660,50 „M (192 116,57 „6 weniger), 5) Werth der Natural», Matérial- und Betriedsdestände und Vorrätbe I TWM311,65 „#6 (6 181 470,65 4 mebr), 6 Werth des Mobiliar-Juventars, der Bibliotheken , Apparate und Sammlungen x. 30315 000,13 (2736 018,59 „4 mehr). An Passiven waren am Il. März 189D vorhanden 246361 366,30 6 (2N6387,N æ« mehr), Dies selben bestanden aus: Þ) Schulden a. vom Grundbe 3 130217 M (TN' 575,89 weniger), d. Dèligationsfchulden 238 029 000 „4 (10611 700 Æ mehr), ©. zeitweilig QUÉFCNOIRURCHT Darleben 384 236,13 46 (823 173.46 „« mebr), 2 Autgakeunehin 6 817 868 „4 (2:0 910,36 6). Es ergiebt sich somit am 31. März 1892 ein Bestand von W9 C77 41249 46 (3769 810,44 „« med Il. Stiftungdverm ögen. An Activeu waren am It. März 18 vorhanden M 585 853,71 «4 (WVI08,72 K mehr), Vie