1893 / 88 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

mit so enormer Majorität abgelehnt hat.* keinen Vortheil haben.

nicht dazu bewegen lassen, zum inländischen Gewächs bloß des

weil dieses auch Taba heißt, überzugehen.

worden, daß mehr darnah gestrebt werde, die

Absaß vorhanden, wie auch des Abg. Menzer noch sehr viel geschehen. Jede der ganzen Bevölkerung mittelbar zu gute. die sonst wirkungslos verpufft.

möchte ih T 1000 bis 1500 Tabackbauern in Speier bezweifeln.

überzugehen. Der Vertreter für Speier, der

nicht ‘nur aus dem

großen Tumult. Wir haben ja

Zumuthungen auf das entschiedenste entgegenzutreten. Abg. von Winterfeldt (dcons.): Der Abg.

nicht verdrängen wird.

von den Interessen der Tabackconsumenten.

in Betraht. Wo E werden ,

Tabak gebaut wurde, kann

"”

ührungen nit.

auch von Jahr zu Jahr verbessern. Abg. Molkenbuhr (Soc.):

zu seßen, und es wird auch bei veränderter Zollgeseßgebung nicht mehr möglih sein. In den leßten sieben Jahren is der Durchschnitts- ertrag pro Hektar von 763 4 n, eine kleine Verbesserung is also noch vorhanden. Ein

üdckgang ist aber in der Masse des producirten Tabaks ein-

E, aber gleichzeitig is auch ein Rückgang im Consum

emerklih geworden, entsprehend dem Rückgang der Consumfähigkeit der Arbeiter überhaupt, die als die Hauptconsumenten des Tabacks angesehen werden müssen. In den Gründerjahren konnten die Arbeiter

mehr für das Rauchen verwenden, und sie haben damals den Consum be- deutend gehoben, aber von dem Krach von 1873 an schen wir einen stetigen Rückgang. Ueberraschend ist dieser Nückgang lediglih für die Herren Interpellanten gewesen und für Leute, die von dem Zu- sammenhang in der Volkswirthschaft keine Ahnung haben. 1877 gab Herr Camphausen der Industrie den Rath, die Löhne herabzusetzen ; das war der erste Schlag gegen die Arbeiter, dann kam das Socialisten- geseß und zerstörte die Arbeiterorganisationen, das war der zweite Schlag; endlich kam die nothleidende Landwirthschaft und appellirte an den allgemeinen Säckel. Alles, was diese Maßnahmen kosteten, mußte die deutshe Arbeiterschaft bezahlen ; kein Wunder also, daß sie für Taback immer consumunsähiger wurde. Daher in erster Linie erklärt fi der Nückgang. In neuester Zeit ist dieser wirthschaftliche Nückgang immer s{härfer und umfassender geworden. Der bavische Fabrifinspector weint das bezügliÞ der Cigarrenfabrifation und der Tabaindustrie überhaupt in seinem letzten Jahresberiht aus- führlih nah. Seit 1879 hat die Bruttoproduction immer zuge- nommen und s{liGlich über 600000 Doppelcentner be- tragen, also fast so viel, als der ganze deutshe Consum be- trägt. Eine folhe Productionsmenge konnte nicht dauernd auf Absa in Deutschland renen, und daher der Rückshlag, über den jeßt die Tabackbauer jammern. Den Schaden von der Steuer- erhöhung haben die Cigarrenarbeiter gehabt, ihnen hat man die ganze Steuer einfah vom Lohn abgezogen. Will man dem deutschen Tabackt mehr Absaß schaffen, so giebt es nur ein wirksames Mittel : die Consumfähigkeit der deutschen Arbeiter zu heben. Aber dazu ist ja doch der um Hilfe angerufene Reichstag niht zu bewegen; er hat die Beseitigung der Lebensmittelzölle, die Erweiterung des Coalitions- rets zurückgewiesen, und unter den Gegnern dieser Borschläge thaten sich gerade die Interpellanten hervor.

Abg. Dr. Clemm - Ludwigshafen N Ich erkenne an, daß die V aaa der Tabackbauern in Speier zu weit gegangen ist, muß die Leute aber einigermaßen in Schuß nehmen, und « zwar nicht etwa aus Nüsicht auf kommende Wahlen. Als im vorigen Jahre seitens der Regierung die Tabainteressenten nah Berlin en waren, um sie über eine Aenderung der Tabacksteuer zu hören, {lug man eine Erhöhung des Zolls auf 30 4. und eine kleine Erhöhung der Steuer vor. Als dies bekannt wurde, entstand eine außerordent: lie Erregung bei allen Tabackbauern aus Furcht vor einer zu großen Erhöhung der Steuer, und weil man andererseits keine Hoffnung hegte, daß die Unbilligkeiten der jeßigen Besteuerung aus dem Wege geschafft werden würden. Die Commission ging damals aus- einander, ohne Bestimmtes zu beschließen. Es wurde also allgemein angenommen, daß eine Erhöhung des Tabackzolles um mindestens 30 M, also auf 115 M4, beshlossene Sache sei. Die Spekulation hatte sich bereits der Sache bemächtigt. Der Preis stieg dem entsprechend, die Einfuhr desgleihen. Nah Speier kam so viel ausländischer Taback, daß die dortigen sämmtlichen Magazine nicht reichten und private gemiethet werden mußten. Einige Gemeinden in der Pfalz verkauften ihren Tabak zu ganz befriedigenden Preisen. Als aber die beabsichtigte Zollerhöhung fallen gelassen wurde, kam der Rükschlag. Die anderen Leute mußten ihren Tabak zu ganz ruinösen Preisen verkaufen und dadur wurde selbstverständlih eine außerordentlihe Erregung der Gemüther veranlaßt. Der Vertreter der Pfalz brate die Aeußerung eines Ministerial-Raths in die Heimath, daß der Tabackbau in Deutschland ganz nah englishem Muster verboten werden und daß die Tabackbauern Kartoffeln bauen sollten. Das is im vorigen Jahre lohnend gewesen, in diesem Jahre sind aber die Preise für Kartoffeln von 390 M auf 1,75 Æ heruntergegangen. Diese Aeußerung des Ministerial-Raths hat auch viel zur rregung der Gemüther bei- etragen. Der gute Rath, die Qualität zu verbe ern, wird ja ängst befolgt, allein deswegen geht der Preis doch nicht in die Höhe. An dem Preisrückgang ist fast ganz allein die Handhabung des Steuergesees mit ihren zahllosen Vexationen und Chikanen s{huld. Es ist die höchste Zeit, daß durch eine Novelle zum Gese die

vielleiht sympathischcr ist, aber den der Reichstag im vorigen Jahre i Die Tabackbauer innerhalb des Deutschen Reichs würden aber auch . von dieser Erhöhung Der Consument ausländishen Tabacks wird sich auch durch eine Erhöhung des Preises durch die Is 019,

Verständige Vorschläge zur Abhilfe sind wiederholt von uns in der Richtung gemacht Qualität des inländischen Tabaks zu verbessern; nur dann werden bessere Preise für ihn zu erzielen sein, und für guten deutshen Tabak ist immer auch die „Deutsche Taback-Zeitung“ aus- drücklih zugiebt. Nach dieser Richtung kann auch in dem Wahlkreise _ Verbesserung der Tabackqualität kommt niht nur den Pflanzern selbst, sondern - Nach dieser Seite hin sollte ein Theil der agitatorishen Kraft der Herren verwendet werden, Ob das Urtheil über die foliden, tüchtigen Tabackbauern si in seiner Allgemeinheit aufrecht erhalten läßt, nach den Berichten über die jüngste Versammlung von Dort hat man ausgeführt, daß, wenn die Regierung sich nicht bauernfreundlich zeigen werde, man nur noch solche Abgeordneten nach Berlin schicken dürfe, die der Regierung auch auf anderen Gebieten entgegentreten ; ja man hat andererseits damit gedroht, ins Lager der Soctialdemokraten Abg. Dr. Clemm, erregte

mit einer ganz ruhigen Gegenbemerkung auf diese, Aeußerung einen Munde der Tabackbauer, sondern in letzter Zeit besonders von allen möglichen Gruppen von Interessenten den Nuf vernommen: die Geseßgebung muß uns helfen, dadur eben, daß sie andere Theile der Bevölkerung zu Steuern zwingt, die einzelnen Interessentengruppen zu gute kommen. Diese Interessenwirthschaft is außerordentli gefährlich für die ge- sammte politishe Moral in Deutschland, und es ist Pflicht der Negie- rung, diesen Bestrebungen niht entgegenzukommen, sondern \olchen

D, Barth rauht nit, s{nupft nicht, baut auch keinen Taback und glaubt dennoch behaupten zu müssen, daß der deutsche Tabak den ausländischen Von den Interessen der deutschen Taback- bauern hat er nah meiner Meinung ebenfowenig cine Ahnung, wie _Die Pflanzer wollen heraus aus der Position, in welche sie die Versteuerung und Ver- zollung , das Veranlagungs- und Erhebungsverfahren hineingedrängt hat. Großgrundbesizer bauen keinen Tabak, hier kommen nur Bauern / nicht Getreide das weiß der Abg. Dr. Barth nach seinen Aus- Die Forderung, die Qualität des Tabacks zu ver- bessern, ist sehr leiht aufgestellt, aber shwer zu erfüllen. Die Taba- bauer in der Uckermark sind von dem besten Willen in dieser Hinsicht beseelt, aber sie haben weder die Mittel noch den Raum zu den nöthigen Experimenten, auch sind sie in der tehnischen Durchbildung so weit niht vorgeschritten, um ihre ganze Kraft hierauf zu ver- wenden. Dennoch wird sih die Qualität des ucktermärkischen Tabaks

Vor zehn bis fünfzehn Fahren wurde noch Pfälzer Tabak vielfach als Deckblatt verwendet. Seit aber die Tabacke von den großen Sunda-Inseln, die durchweg eine feinere Farbe und {chöneren Brand haben, zu uns gedrungen sind, ist es einfah nicht mehr mögli, die deutshen Producte an ihre Stelle

763 auf 786 46 nah Abzug der Steuer

* eingelebten

Werthsteigerung des auf diese Frage hier niht wieder tiefer eingehen; nur möchte ich dem Herrn Abg. Dr. Meyer erwidern, daß es sich hier überhaupt nicht handelt um die Aufhebung der Realsteuern, sondern lediglih darum, die Nealsteuern an die rihtige Stelle zu seßen. Während wir das

{limmsten Mißstände abgestellt werden ; aber man erhält bei folhen -Anregungen immer dieselbe Antwort wie die heutige vom Staatssfecretär. an vertröstet immer auf eine andere Besteuerung des Tabaks. Aber wenn ein Mann krank ift, und ihm nicht ge- holfen wird, fo stirbt er. So wird es auch mit dem Tabackbau gehen. Was wird der Landwirthschaft geboten? Die ölle sind er- niedrigt, der russishe Handelsvertrag bringt wahrscheinli auch wieder eine Erniedrigung. Von Seiten der Regierungen geschieht nihts für die Landwirthschaft. Das trifft au für den Tabackbau zu. Eine Verbesserung des Gesetzes wäre wenigstens eine kleine Abschlagszahlung. e

Abg. Pflüger (dfr.): Ich muß zugeben, daß das Verhältniß von Steuer und Zoll für die Tabackbauer ein ungünstiges ist, kann aber nit zugeben, daß hiernach eine starke Erböbung des Zolls das rihtige Mittel der Ausgleichung is. Jh bin vielmehr in dieser Beziehung einer Meinung mit dem Abg. Molkenbuhr. Wollte die giertida die scharfen Controlmaßregeln bei der Veranlagung und Erhebung der Steuer nur etwas herabmildern, so würde sie bei den Tabackbauern einen sehr guten Eindruck machen und die erhobenen Klagen wesentlih dämpfen. : :

Abg. Trölt\ch (nl.) betont, daß auch in seinem Wahlkreise (Ansbah-Schwabach) die Lage der Tababauer eine sehr s{limme ist. Sie seien, wie in der Uckermark, seit Generationen auf den Taba angewiesen, mit demselben vertraut und würden nur sehr {wer zu einem anderen Beruf und Erwerb übergehen können. Der magere Boden biete nichts Anderes, als was \chon die Vorfahren aus ihm er- zielen konnten. Die Preise seien von 12 und 10 bis auf 7 4 pro Centner herabgegangen. Bei einem solchen Preise könnten die Tabak- bauer nicht Bb Ñ

Darauf schließt die Besprehung der Jnterpellation.

Jn dritter Lesung werden die E der Kassen der Ober-Rechnungskammer für 1889/90 und die Uebersicht der Reichseinnahmen und -Ausgaben für 1891/92 ohne Debatte erledigt. Darauf wird die Sißung vertagt.

Schluß 41/4 Uhr. ;

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 59. Sißung vom Donnerstag, 13. April.

In der zweiten Berathung des Geseßentwurfs wegen Aufhebung directer Staatssteuern und zwar des 81, dor die Staats- Grund-, -Gebäude- und Gewerbesteuer auf- hebt (siehe den Anfangsberiht in der gestrigen Nummer des Blatts), nahm der Finanz-Minister Dr. Miquel mehrere Male das Wort, zunächst nah dem Abg. Meyer-Berlin (dfr.), welcher behauptet hatte, daß mit der Aufhebung der Grund- steuer den Grundbesißzern ein Geschenk gemacht werde :

Meine Herren! Jch habe die Begründung der ganzen Vorlagen, die hier jeßt zur Berathung stehen, so eingehend, so oft hier vor- getragen, daß ich wirklih nach den gründlichen Berathungen in der Commission kein Bedürfniß mehr empfinde, noch einmal wieder in eine allgemeine Generaldebatte darüber einzutreten. Jch will nur einige Bemerkungen an die Rede des Herrn Abg. Dr. Meyer knüpfen.

Er findet den Abschluß der Steuerreform in dieser Session un- gere(@tfertigt, weil es sich um die leßte Legislaturperiode handle, und weil wir ja gerade die fünfjährige Wahlperiode eingeführt haben, an- geblih zu dem Zweck, um organische Neformen mit einem und dem- selben Landtag durchzuführen. So habe ih ihn verstanden.

Nun, meine Herren, das ist ja gerade das, was wir hier thun. (Sehr richtig! rechts.) Wir würden diese ganze Reform mit einem wohlinstruirten, in die Grundgedanken derselben Landtag, wo man auf bestimmte Mehrheiten über- haupt rechnen kann, weil nach bestimmten Grundsäßen ver- fahren wird, bei der dreijährigen Legislaturperiode wohl gewiß nicht haben durhführen können. (Sehr richtig! rechts.) Nun kommt aber weiter hinzu, daß es sih hier nur um den Abschluß einer Reform handelt, über deren Grundgedanken der Landtag vor 2 Jahren schon völlig einig war (sehr richtig! rechts), wenigstens in der großen Mehr- heit. Ich glaube also, es is besonders opportun, daß gerade in diesem Landtag noch diese von demselben Landtag angefangene Reform zu Ende geführt wird. (Sehr richtig ! rechts.)

Dann sagt der Herr Abg. Dr. Meyer, es wäre keine Zeit mehr, bis Pfingsten die Sahe noch zum Abschluß zu bringen, und eine längere Zeit wäre dem Landtag überhaupt niht gegönnt. Ich hoffe allerdings, daß nach allen diesen Vorberathungen vor zwei Jahren, nah den Generaldebatten hier, nah den gründlichen und sehr gewissenhaften Berathungen in der Commission, der Ab\{luß bis Pfingsten möglich ist. Sollte das aber unter keinen Um- ständen möglich fein, so ist der Endtermin Pfingsten diesem Landtage in keiner Weise gestellt. (Heiterkeit.) Also werden wir auch nah dieser Nichtung hin ohne Besorgniß in die Berathung cein- treten können.

Dann sagt der Herr Abg. Dr. Meyer, man solle doch die Re- form nicht in s{chlechten Zeiten machen. Nun, was ist denn ein Theil des wesentlichen Inhalts dieser Neform ? Daß wir die 40 Millionen Mark Ueberschuß aus der Einkommensteuer, die wir gegenwärtig in der Tasche haben, dem Lande wieder zurückgeben. Warum soll man denn da bessere Zeiten abwarten? Gerade in \{lechten Zeiten foll man keine unnöthigen Steuern erheben (Bewegung und Heiterkeit), sondern man soll dem Lande diejenigen Steuern wieder zurückgeben, die von vornherein zur Entlastung des Landes bestimmt waren. Ich glaube nicht, daß dadurch ein Druck oder eine Unzufriedenheit ent- stehen kann.

Meine Herren! Wenn von \{lechten Zeiten in der Rede des Herrn Abg. Dr. Mcyer die Nede ist, so meine ih, daß der Druck einer ungerechten, einer unbilligen Besteuerung gerade in \{lechten Zeiten fo shnell wie möglih weggeshafft werden soll. (Sehr richtig ! rechts.) Wir haben alle anerkannt, daß die Doppel- und Vor- besteuerung der Objecte, des Grundbesißzes und des Gewerbebetriebes gerade in ungünstigen Zeiten, nahdem obendrein die Einkommensteuer in einer so scharfen Weise veranlagt wird, doppelt unerträglich ist, und wir haben daher Eile, in dieser Beziehung die Entlastung da eintreten zu lassen, wo das ganze Haus sie im wesentlichen für ges boten hält.

Meine Herren, der Herr Abg. Dr. Meyer hat nun wiederum, wie {hon bei den verschiedensten Gelegenheiten, ausgeführt, daß man hier ein unberehtigtes Geschenk an die Grundbesißer macht; daß die Aufhebung der Grundsteuer nihts weiter als eine fünstlihe Su N, ch vi

Princip der Leistungsfähigkeit als Grundlage der Staatssteuern

acceptiren, mit diesem Princip der Leistungsfähigkeit die Existenz der Realsteuer neben der Einkommensteuer aber unverträglich ist und auch niemals in Einklang gebracht werden kann, eröffnen wir in diesen NRealsteuern den Gemeinden neue Steuerquellen, den Gemeinden, wo dieses aus\{ließlihe Princip der Leistungsfähigkeit nicht paßt, nicht durchführbar ist, sondern das Princip der Leistung und Gegenleistung hinzutreten muß. Das is eben der Grundgedanke dieser Reform, und gegenüber diesem Grundgedanken ist die Deduction, die der Herr Abg. Meyer machte, nah meiner Meinung in keiner Weise zu- treffend. /

Meine Herren, ich werde weiter auf diese allgemeinen Fragen nicht eingehen, denn ih bin überzeugt, wer heute nah all den Vor- bereitungen in dieser Beziehung bei sch noch nicht eine bestimmte Stellung genommen hat, der wird sie auch nicht finden durch eine Discussion für und gegen hier im Hause. (Beifall.)

Nach der Nede des Abg. Bachem (Centr.) erklärte der Finanz-Minister:

Meine Herren! Auf die letzten Anregungen des Herrn Vor- redners werden wir ja zurückommen bei der Berathung des Gesetzes über die Communalsteuer. Ich möchte nur jeßt {hon darauf auf- merksam machen, daß der Tarif der Ergänzungssteuer, zu welchem ja auch {hon Anträge vorliegen, nur beurtheilt werden darf nah dem Gesichtspunkte der verhältnißmäßig größeren \teuerlihen Leistungs- fähigkeit des Besißenden und des Nichtbesitßenden, desjenigen, der lediglih sein Einkommen aus Arbeit bezieht, niht aber nach der absoluten Leistungsfähigkeit; denn sonst müßten wir das ganze Ein- kommensteuergeseß in diefer Beziehung auch wieder ändern.

Der Herr Vorredner hat dann den Wunsch ausgesprochen, daß, wenn etwa mehr aufkommt, als wie veranschlagt, als Ersaß für die aufgegebenen Realsteuern durh die Ergänzungésteuer, dann ganz entschieden das Mehrauffommen zur Schuldentilgung verwendet werden soll. Nun, ih würde diesem Wunsch von meinem Stand- punkt aus ganz gern beitreten; ih glaube aber nit, daß der Fall eintritt, und wenn er eintritt, wenn wirkliß mehr Aufkommen ih ergiebt, so fürhte ih, daß das Haus gegenüber den auf allen Ge- bieten hervortretenden Bedürfnissen ers recht darauf drängen wird, diese Bedürfnisse zu befriedigen, sodaß wir leider niht zu einer stär- keren Schuldentilgung kommen werden.

Der Herr Vorredner und mehrere andere Redner au haben immer davon gesprochen, diese Reform habe einen agrarishen Cha- rakter. Die beiden leßten Herren Redner haben ja ausgeführt, daß das auch berechtigt sei, weil der Grundbesiß am meisten belastet sei und ungerecht vorbelastet sei. Man vergißt aber bei dieser Sache immer hier gewiß nicht geflissentlih, aber anderswo die große Entlastung, die andere Klassen erhalten. Man denkt nicht an die Gewerbesteuer, man denkt auch niht an die Bergwerkssteuer.

Ich will Jhnen einige vorläufige Nesultate der Veranlagung der neuen Gewerbesteuer mittheilen und werde diese Resultate noch später detaillirter und genauer ergänzen; da werden Sie sehen, daß gerade in denjenigen Provinzen, wo anscheinend der größte Widerstand gegen gewisse Bestimmungen der NReformgeseßgebung stattfindet, die

Gewerbesteuer in einem sehr erheblihem Maße steigen wird, und daß diese Provinzen vor die Frage gestellt werden, ob sie die Gewerbesteuer als Staats\steuer in den gesammten

Staatssäckel hineinzahlen, oder ob sie die Gewerbesteuer in ihren communalen Verbänden, gewissermaßen für sch selber zahlen sollen. Das trifft namentlich für Rheinland und Westfalen zu.

Meine Herren, wie sehr die kleineren Gewerbetreibenden früher überlastet waren, in welhem Grade der Ungerechtigkeit die inzwischen entwickelten großartigen gewerblichen Betriebe begünstigt waren, das wird das Material, welches ich demnächst detaillirter geben werde, in der eclatantesten Weise beweisen, und daß gerade auf dem Gebiete der Gewerbesteuer die Neformbedürftigkeit am allerdringendsten vor- handen war.

Die neu veranlagte Gewerbesteuer wird etwa 27 Millionen mehr ergeben als die alte Gewerbesteuer, die ja nach dem Gesetz mit 19 180 216 M contingentirt ist. Dies Ergebniß von 24 Millionen genau kann ih die Ziffer niht angeben mehr über den bisherigen Betrag fällt zusammen mit einer Freigebung der kleinen Handwerker und der kleinen Gewerbebetriebe im Verhältniß von 50: 100; etwa die Hälfte aller Gewerbetreibenden ist in Zukunft frei. Fn Zukunft werden zahlen etwa in der Klasse T 0,83 %/6 sämmtlicher Gewerbe- treibenden die Summe von 5 440914, in Klasse 11 2,080/6 die Summe von 2254406, in Klasse II1[ 16% der Veranlagten 4 780 930 und in Klasse IV 8009/6 der Veranlagten 4 784 732, Also, meine Herren, ih vergleihe: 809% aller Veranlagten zahlen noch nicht so viel wie 0,83% aller Veranlagten! (Hört! hört!) Darin s\teckt, meine ih, der Beweis, in welhem Grade hier eine UVeberlastung der Nichtbemittelten gegenüber den großen Betrieben vorhanden war. (Schr richtig.)

Nun, wenn die Provinzen, in denen diese Großindustrie in diesem Maße herrscht, wenn die Städte, in denen doch wesentlih die Groß: industrie besteht, in Zukunft diese nunmehr endlih gereht veranlagte Gewerbesteuer niht mehr an den Staat zahlen, sondern zu Gunsten ihrer eigenen Communen verwenden, welch wesentliche Entlastung liegt darin gerade für diese Landestheile und diese Communen! Die Bergwerkssteuer is eine Bruttosteuer; Bruttosteuern steigen naturgemäß viel schneller und bedeutender als Nettosteuern, das brauche ih ja niht weiter auseinanderzusetzen. Die Summe der producirten Kohlen wächst viel stärker als die Rein- erträge aus den Bergwerken; das kommt also auch gerade diesen be- treffenden Landestheilen in hervorragendem Maße zu gute. Man soll darauf wollte ih doch bei dieser Gelegenheit aufmerksam machen immer sih vor Augen halten, daß diese grundlegende Neform keines- wegs an bestimmte Klassen sich hält, sondern ohne Rücksicht darauf, welcher Klasse der Steuerpflichtige angehört, ledigliß nach dem Princip der Gerechtigkeit fragt: wo is der Druck, wo i} ungerehte Be- lastung? Und die wollen wir wegshaffen. (Bravo! rechts.)

Dem Abg. Dr. Friedberg (nl.) entgegnete der Finanz- Minister:

Meine Herren! Bei den Anschauungen, die “der Herr Abg- Dr. Friedberg in diesem Augenblick entwickelte, begreife ih nicht recht, wie er die Denkschrift des Herrn von Eynern hat unterschreiben können; denn diese Anschauungen führen dahin, daß ein größerer Ersaß und eine größere Sicherung für die Finanzen gewährt wer-

den müßten. Meine Herren, Herr Dr. Friedberg als hervorragender

Nationalökonom wird sih darüber niemals Jllusionen gemacht haben,

daß cine Einkommensteuer naturgemäß in den einzelnen Jahren schwankend fein muß. Wer nicht das Vertrauen hat, daß im großen Ganzen das NReineinkommen und das Vermögen der preußischen Steuerzahler ein fortschreitendes ist, ja, der allerdings fann diese ganze Reform nicht billigen; darüber ist kein Zweifel; daß einmal Jahre fommen, wo die Einkommensteuer niht soviel einbringt wie im Vorjahre, das liegt -doch in der Natur der Sache bei einer Steuer, die das Reincinkommen finden muß. Daß wir mehrere sehr ungünstige Jahre gehabt haben, insbesondere für die ganze landwirthschaftliche Bevölkerung, daß in einem Jahre wenig geerntet ist, wo hohe Preise waren, und im anderen Jahre, wo ctwas geerntet ist, die Preise kaum viel höher sind als die Selbstkosten und daß gleichzeitig eine in- dustrielle Baisse vorhanden ist, und ‘zwar jeßt {hon zwei Jahre, daß das auf die Einkommensteuer wirken muß, darüber ist kein Zweifel. Daraus kann man aber nicht herleiten, daß es sich hier um ein finanzielles Wagniß handelt; der Staat erhält zwei Steuern, welche mit dem steigenden Wokhlstande naturgemäß steigen, und giebt dagegen eine Hauptsteuer auf, die fixirt war, die gar niht steigen konnte. Also nah dieser Nichtung hin ist die finanzielle Lage des Staats eine günstigere, wenn die Ersaßhöhe rihtig berechnet werden wird, und ih hoffe nunmehr, daß Herr Dr. Friedberg von seinem fehr ängstlichen Standpunkt aus für die Zukunft uns erst recht die 35 Millionen bewilligen wird. (Heiterkeit.)

S 1 wurde, wie schon mitgetheilt, s{ließlich angenommen.

S 2 des Gesezentwurfs seßt die Bergwerksabgabe außer Hebung.

Auf Antrag des Berichterstatters Abg. von Jagow (cons.) gab der Finanz-Minister zu diesem Paragraphen folgende Erklärung ab:

Meine Herren! Jch will gern dem Wunsche des Herrn Bericht- erstatters entsprechen. Sie finden diese Erklärung, die ih über diese Frage abgegeben habe, auf Seite 25 des Berichts. Jch kann nur kurz wiederholen, ohne auf das Einzelne wieder zurückzugehen, daß die Aenderung in § 2: „ferner wird außer Hebung geseht“ den Zweck allein haben soll, klar zu stellen, daß die Privatregalberchtigungen auf Abgaben von Bergwerken durh die Bestimmungen dieses Gesetzes völlig unberührt bleiben follen, daß also keineswegs aus der Auf- hebung der staatlihen Bergwerks\steuer eine Aenderung in dem be- stehenden Rechtszustande der fraglihen Berechtigungen eintreten kann.

Abg. Sch midt- Warburg (Centr.) hielt es nicht für richtig, daß die Bergwerksabgabe ohne weiteres aufgehoben werde; diele Abgabe sei eine Folge des staatlichen Bergwe1kêregals, beruhe also auf einem onerosen Titel; ihr Erlaß bedeute cin Geschenk an die Berg- werksbesißer von 7 Millionen Mark Rente oder circa 200 Millionen Mark Kapital. Mindestens sollte man eine Nente von 2 Millionen Mark weiter verlangen, die ja von den Bergwerksbesitzern abgelöst werden könnte. Redner erklärte, keinen Antrag stellen zu woklen, um die Steucrreform nicht aufzuhalten, sprach aber die Erwartung aus, daß die Wünsche anderer Gruppen eben folhe Berücksichtigung finden würden, wie die der Bergwerksbesitzer.

Abg. Engel (freicons.) wies darauf hin, daß die Privatregal- berechtigungen doch geändert würden, soweit sie sich nah dem staat- lichen Bergregal richten; im übrigen halte auch er eine Reform der Bergwerks8abgabe für richtiger als deren Aufhebung.

Abg. Bachem (Centr.): Die Abgabe werde nur außer Hebung geseßt, bestehe also in der Theorie noh weiter; damit scien au die Privatregalberechtigungen gesichert.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Es giebt biéweilen Fragen, die, je mehr sie discutirt werden, je unklarer werden (Heiterkeit); dazu scheint mir wirklich diese Frage auch zu gehören. Herr Dr. Bachem hat ganz recht, wenn er sagt: die Staatéregierung bat in der Commission erklärt, daß dur die damals vorgeschlagene Aufhebung der Bergwerks- steuer ter bestehende Rechtszustand der Realberehtigten nicht alterirt werden folle. Um dies nun neh klarer zu stellen und keinen Zweifel zuzulassen, wurde der § 2 dahin gefaßt, daß die Bergwerksabgaben n'cht aufgehoken, sondern außer Hebung gefeßt werden sollten. Damit wollte man ganz bestimmt feststellen, daß die bestehenden Rechte un- berührt bleiben durch diese Gesetzgebung und daß auch unberührt bleibt das biéherige geseßliche Verhältniß der Nealabgaben zu den bisher erhobenen staatlichen Bergwerksabgaben, sodaß also der bié herige Zustand nach allen Richtungen hin intact bleiben solle. Wir können bei dieser Gelegenheit die Natur der cinzelnen Abgaben, die sehr verschieden- artig sind, garniht untersuhen; wir wollten nur, da niemals die Absicht dahin gegangen ist, in diese privatrechtlilßen Verhältnisse ein- zugrcifen, dies klarer und deutlicher ausschließen, als in der ursprüng- lichen Negierungsvorlage geschehen war. Hiernach können also die Besißer dieser Realrechte darüber völlig beruhigt sein, daß durch diesen 8 2 ihre Nechte, soweit sie bisher besianden haben, in keiner Weise verletzt werden. Andererseits aber auch {ind die Pflichtigen beruhigt, weil sie au sicher sein können, daß ihr Verhältniß zu tiesen Realberechtigten auch durch diese Gesetzgebung nicht verschlimmert wird. In dem Augen- blick, wo Sie eine andere Fassung annehmen, werden Sie nach der einen Seite oder der anderen Seite Schwierigkeiten hervorrufen. Sie können auch nicht bestimmen, daß die biéherigen Regalrechte bestehen bleiben; denn sonst greifen Sie in die bisherige Einwirkung des Staats auf diese Regalrechte, soweit sie jeßt möglich ist, ein. Sie können nah meiner Meinung nichts weiter thun, als die Vorlage nach dieser Erläuterung in der Commission, nachdem das Haus diese Erläuterung angehört, die der Herr Berichterstatter hier nochmals ge- geben hat und die ich hier bestätigt habe, den Paragraphen genau \o an- nehmen, wie er steht. (Bravo !)

S 2 wurde hierauf ebenfalls angenommen.

Abg. Dr. Krau se (nl.) beantragte sodann namens seiner Fraction, den in der Commission abgelehnten § 2a wieder einzufügen, wonah die Doppelbesteuerung der Actiengesellshaften aufgehoben werden sollte. Die Doppelbesteuerung der Actiengesellshaften sei an sich son Ungereht, sie werde aber noch ungerehter, wenn man die anderen Doppelbesteuerungen beseitige. Der Einnahmeausfall würde nah des

edners Meinung nicht bedeutend sein. i :

._ General-Steuer-Director Burghart erklärte, die Ausführung dieses Antrags werde A viel Unzufriedenheit erregen; es lägen au urchaus keine dringlichen Umstände vor, cine Aenderung des erst vor zwei Jahren geschaffenen Zustandes eintreten zu lassen, zumal die

teuerreformgesetze den Actiengesellshaften die Gewerbesteuer erlassen uno sie von der Vermögenssteuer befreien. In anderen Staaten seien le Actiengesellshaften viel höher belastet. Da sie bei uns von dem Zinfommen 310% des Actienkapitals abrechnen könnten, so könne nur e den Rest von einer Doppelbesteuerung die Rede sein. Um einer olchen Kleinigkeit willen sollte man die Berathung niht mit dieser

onderen Frage belasten.

Ne Der Antrag wurde hierauf gegen die Stimmen der ational liberalen und Freisinnigen abgelehnt. Die 88 3 bis 7 wurden nah unerheblicher Debatte un-

Verändert ‘an genommen.

In diesen Paragraphen handelt es sich meist um die Auf- rechterhaltung gewisser Veranlagungsvorschriften im Interesse der S arte der Realsteuern seitens der Gemeinden und um die Beseitigung provinzieller Bestimmungen auf diesem Gebiet, z. B. betreffend Aufbewahrung der Copien der Kataster- documente bei den Gemeinden, wie es bisher in Westfalen üblich war.

__ Für die Aufrechterhaltung des bestehenden Ausnahme- zuitandes traten die westfälishen Abgg. Herold (Centr.), Willebrand (Centr.), von Pilgrim (frcons.), Schulze- Vellinghausen (nl.), Dr. Wuermeling (Centr.), Freiherr von der Neck (cons.) und Schnatsmeier (cons.) ein, wäh- rend die Abgg. von Buch (cons.) und Graf Limburg- Stirum (cons.) die Annahme des 8 7 empfahlen.

_Ganz ohne Debatte wurden die 88 8 bis 15 ange- nommen. |

Bei dem 8 16, welcher die Gemeinden verpflichtet, die Staatssteuern zu erheben, entspann sich eine längere Debatte darüber, ob die Gemeinden haften sollten für Verluste an Staatssteuern , die ohne ihr Verschulden bei den Steuer- erhebern entstehen; von Seiten der Regierung wurde auf eine ältere Cabinetsordre verwiesen, welhe die Haftung ein- schränkt. Von den Abgg. Sperlich (Centr.), Schmidt - Warburg (Centr.) und Dr. Wuermeling (Centr.) wurde die Haftung der Gemeinden nur im Falle eines Verschuldens ancrkannt.

S 16 wurde shließlich gleihfalls angenommen und darauf um 4 Uhr die weitere Berathung auf Freitag 11 Uhr vertagt.

Statistik und Volkstoirthschaft. Die Centralstelle für Arbeiter - Wohlfahrts-

5 Einrichtungen

hâlt Freitag, den 21., und Sonnabend, den 22. April, im Architektenhause, Berlin, Wilbelmstr. 92/93, ihre zweite Conferenz ab. Das Programm lautet: Freitag, Vormittags 10 Uhr: Hilfs - und Unterstüßungskassen für Arbeiterfamilien“. Von 1 bis 2 Uhr Pause. Nachmittags 2 Uhr: Fortsetzung der Verhand- lungen. Nachmittags 6 Ühr: Gemeinsames Mittagessen im Hotel „Bier Jahreszeiten“, Prinz Albrechtstr. 4/5. Sonnabend, Vormittags 10 Uhr: „Fürsorge für Kinder und Jugendliche.“ Von 1 bis 2 Uhr Pause. Nachmittags 2 Uhr: Fortseßung der Verhandlungen. Ueber etwaige Besichtigungen in den Nachmittagsstunden wird Näheres bei Beginn der Verhandlungen mitgetheilt werden. Anmeldungen zur Theilnahme sowie Bestellung auf die Vorberihte nimmt das Bureau der Centralstelle, Berlin W., O 35, ent- gegen. Für die Tage der Conferenz befindet ih das Bureau der Centralstelle im Architektenhause. Dort werden auch Karten zur Theilnahme an dem gemeinschaftlichen Mittagessen bis spätestens zum 21. April abgegeben.

H Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg wird der „Voss. Ztg.“ zur Auéstandsbewegung der Heizer und Trimmer berihtet: Der Petroleumdampfer „Oafis" im Altonaer Hafen hat sih den Ausständigen angeschlossen, der Dampfer „Bahia“ wurde mit Hafenpolizei beseßt. Neunzig eng- lifhe Feuerleute haben sih an die englishe Botschaft gewandt, um die Mittel zur Rückreise zu erhalten.

Aus Bromberg wird der Berliner „Volksztg.* geschrieben, daß der unter den eon der Bromberger Schleppschiffahrts-Actien- gesellschaft ausgebrochene Strike (vgl. Nr. 83 d. Bl.) nunmehr beendet sei. Eine aus Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft und mehreren Interessenten aus Berlin und Stettin bestehende Commission hat mit den Ausständigen die Einigung erzielt.

In Pasewalk unternahm ein Theil der beim Kasernenbau be- scäftigten Arbeiter am Dienstag unter Forderung einer Lohnerhöhung cinen Auéstand. Nach Unschädlichmachung einiger Rädelsführer nahm die Mehrzahl der Ausständigen, wie der „Pas. Anz.“ mittheilt, bereits am nächsten Morgen die Arbeit wieder auf.

In Blumenthal bei Vegesack haben einer Mittheilung im eBorwärts*“ zufolge auf der Wollkämmerei sämmtlihe Maurer und Zimmerer die Arbeit niedergelegt, weil der von ihnen gefor- derte Lohn von 40 4 per Stunde nicht bewilligt wurde.

Mit der focialdemokratischen Agitation unter den Berliner Omnibus- und Pferdebahn - Angestellten, die bei ihrem Beginn im vorigen Herbst e:nen so großen Umfang angenommen hatte, daß der damals begründete „Verein der Verkehrsbediensteten“ über 800 Mitglieder aufzuweisen hatte, ist es, wie die Berliner „Volksztg.“ schreibt, vollständig zu Ende. In der Nacht zum Donnerstag sollte in den Gratweil’\schen Bier- hallen cine große öffentlihe Versammlung aller Verkehrs- bediensteten stattfinden. Nach langem Warten bis in die zweite Morgenstunde hatten sich, einschließlich der Einberufer und Bericht- erstatter, kaum zwei Dußend Personen eingefunden und unter diesen noch verschiedene Arbeiter. Trotz der geringen Besucherzahl trat man doch in die Verhandlungen ein und ließ einen Vortrag über den Werth der Organisation halten.

Die Töpfer Berlins und der Umgegend haben, wie aus einer Veröffentlihung im „Vorwärts“ hervorgeht, in einer Versammlung am Dienstag aufs neue beschlossen, daß die Berufsgenossen verpflichtet seien, überall da, wo der Tarif nicht voll bezahlt werde, die Arbeit einzustellen; jeder arbeitende Töpfergeselle wird verpflichtet, vom Sonn- abend, 15. d. M. ab bis auf weiteres jede Woche 1 ä Extra- steuer zu zahlen, damit die etwa aus\tändigen Gehilfen unterstüßt werden können.

Aus Gent meldet ein Telegramm des „D. B. H.*, daß heute dort 3000 Arbeiter ausstehen. In Mons fanden gestern Abend blutige E mit der Polizei statt, wobei viele Personen verwundet und verhaftet wurden.

Aus Hull wurde bereits vom 12. d. M. gemeldet, daß der dortige Ausstand der Dockarbeiter mit einer Niederlage der Arbeiter geendet habe, da die Beladung und Löschung der Schiffe ohne Ver- zögerung bewirkt werde. Ein Wolff’shes Telegramm meldet aber vom gestrigen Tage, daß, obwohl die Hafenarbeit mittels freier Arbeiter rüstig von statten gehe , E in Hull eine starke Gährung herrshe. Der Secretär der Dotarbeiter Wilson betreibt in anderen Häfen eine rührige Agitation. In Liverpool forderten die Beamten des Seemannsheizervereins die Rheder auf, die Bundeskarte abzuschaffen, widrigenfalls. am Montag der Strike begonnen werden würde.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Ko len und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 13. d. M. gestellt 10527, nit rehtzeitig gestellt keine Wagen. i

Zit N eiten find am 12. d. M. gestellt 3689, niht recht- zeitig gestellt keine Wagen. E Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 13, April die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Wallstr. 80/81 und Neue Noßstr. 11, dem Gastwirth Joh. Wegener gehörig; Fläche 5,19 a; Mindestgebot 344 700 M; für das Meistgebot von 450 000 A wurde der Nentier Hermann Bein, VüB enan traße 1la, Ersteher. Liebenwalder- straße 5, dem Malermeister Augustin gehörig; Nußzungswerth 17560 Æ; für das Mindestgebot von 209 500 A wurde die Frau StadtrathMamroth, Bibiastraße 9, Erfteberin. Lan gen-

beckstraße 17, dem Maurermeister Johannes Gerbsch gehörig ; Fläche 6,10 a; Mindestgebot 106792 46; für as Meistgebot von 155 000 wurde die Frau Achhter zu Schwerin Ersteherin. Prinz Eugenstr. 18, sowie Antonstr. 30, dem Putmeister Franz Flohr gehörig; Fläche 3,20 a und 3,13 a; Mindestgebot 800 M und 800 Æ; für das Meistgebot von 59 000 4 und 41 000 4 wurden die Baumeister Ernst Schwarzkopff und Heinrich Theising zu Berlin gemeinschaftlih Ersteher.

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen am 12. und 13. April die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung : Grundbuh von Schöneberg Band 3 Blatt Nr. 391 auf den Namen des Tischlermeisters W. Prochnau eingetragen, zu Schöne- berg belegen; Fläche 8,94 a; Nuzungswerth 2895 4; Mindestgebot 63 779 Æ; für das Meistgebot von 70 700 A wurde der Maurer- meister Heinrih Lehmann zu Schöneberg, Kaiser Friedrichstr. 8, und der Zimmermeister Wilhelm Krause zu Berlin, Blumenthal- straße 5, Ersteher. Grundbuch von Groß-Lichter felde Band 30 Blatt Nr. 899 auf den Namen des Subdirectors Carl Graßmann zu Groß-Lichterfelde eingetragen, ebendaselbst an der Dahlemerstraße belegen; Fläche 11,71a ; Nugzungswerth 1500.4; Mindestgebot 41 858 M; für das Meistgebot von 45 000 ( wurde der Nedacteur Wilhelm Hoppstädter zu Bochum in Westfalen, Ersteher: Grundbuch von Lichtenberg Band 20 Nr. 678 auf den Namen des Fuhrherrn Julius Stagen eingetragen, zu Friedrichsberg, Nummelsburger- straße 32 belegen; Fläche 5,23 a; Nußungswerth 400 4: Mindest- gebot 164 4; für das Meistgebot von 11 850 wurde der RNohr- flehter Wilhelm Penkert zu Friedrichsberg, Nummelsburger- straße 14, Ersteher. Grundbuch von NReinicken dorf Band 33 Nr. 1012 auf den Namen des Viehmästers C. Aalburger u. Frau eingetragen, zu Reinickendorf, Holländerstraße 18 belegen: Fläche 7,90 a; Nuzungswerth 275 1; Mindestgebot 8793 U; für das Meistgebot von 9000 ( wurde der Wildhändler Dem, Ne, u Swinemünde, Färberstraße 18, Ersteher.

Die Einnahmen der Warschau-Wiener Eisenbahn be- trugen im Monat März 1893 44 300 Nbl. mehr als im entsprechen- den Zeitraum des Vorjahres.

Magdeburg, 13. April (W S B) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92% 17,10, Kornzucker excl., 88 9% Rendement 16,35, Nachproducte excl, 75% Rendement 13,85. Nuhig. Brod- raffinade T. 29,00. Brodraffinade I. —,—. Gem. Naffinade mit Faß 28,79. Gem. Melis 1. mit Faß 27,75. Ruhig. Rohzucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. April 15,90 Gd., 15,975 Br., pr. Mai 15,975 bez. und Br., pr. Juni 16,074 bez., 16,10 Br., pr. Juli 16,174 Gd., 16,20 Br. Ruhig.

Leipzig, 13. April. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. L Plata Grundmuster B. per April 3/85 M, vex Mai 3,85 , per Juni 3,90 Æ, per Juli 3,925 M, per August 3,95 M, per September 3,974 4, per Oktober 3,977 M, per November 4,00 4, per Dezember 4,022 6, ver Januar 4,027 M’, per Februar 4,027 46, per März —,— 4, Umsay 95 000 kg.

London, 13. April. (W. T. B.) Wollauction. Preise unverändert; mäßige Betheiligung.

An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.

96% Savazucker loco 174 stetig, Rüben - Nobzucker loco 16 fest. Chile» Kupfer 4411/16, pr. 3 Monat 452.

Liverpool, 13. April. (W. T. B.) (Officielle Notirungen.) American good ordin. 44, do. low middling 42, do. middling 4x, do. good middling 48, do. middling fair 42, Pernam fair 41/16, do. good fair 5, Ceara fair 48/16, do. good fair 5, Cagyptian brown fair 415/16, do. do. good fair 51, do. do. good 57/16, Peru rough good fair 6%16, do. do. good 62, do. do. fine 7F, do. moder, rough fair 5, do. do. good fair 516, do. do. good 61/16, do. smooth fair 42, do. do. good fair 43, M. G. Broach good 413, do. fine 48, Dhollerah good 41/16, do. fully good 4/16, do. fine 4¿, Oomra good 4x, do. fully good 42, do. fine 47/16, Scinde good 311/16, Bengal fully good 31/16, do. fine 42.

Bradford, 13. April. (W. T. B.) Wolle fest, namentli Kreuzzuchten; Garne etwas ruhiger; zweifädige Mohair-Garne be- lebt; St off e unverändert.

Paris, 13. April. (W. T. B.) Die heutige Börse war durch die fortgeseßt rückläufige Bewegung des Nentencurses ver- stimmt; das Publikum verkauft andauernd große Posten. Die Rük- züge aus den Sparkassen seit Beginn des Jahres haben einen Betrag von rund 175 Millionen Francs erreiht. Auch flaue auswärtige Berichte und der Eindruck der belgischen Arbeiterbewegung drückten. Die Curse waren zumeist niedriger.

Mailand, 13. April. (W. T. B.) Die Einnahmen des Italien ishen Mittelmeer-Eisenbahn neßes während der ersten Dekade des April 1893 betrugen nah Pprovisorisher Er- mittelung im Personenverkehr 1 552022 Lire, im Güterverkehr 1 919 264 Lire, zusammen 3 471 286 Lire, im Vorjahre 3 249 291 Lire, mithin mehr 221 995 Lire.

Amsterdam, 13. April. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 512. Bancazinn 561.

New-York, 13. April. (W. T. B.) Die Börse war im Laufe des Tages matt, gegen den Schluß vorherrschend hleppend und {loß matt zu den niedrigsten Tagescursen. Der Umsay der Actien betrug 365 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 470000 Unzen geshäßt. Silberverkäufe fanden nicht statt.

Für Sonnabend sind 2 Millionen Dollars Gold zur Ausfuhr nah Europa bestellt. 5 :

Weizen eröffnete stetig, dann weichend entsprechend der Mattig- fit im Westen und auf schwächere Kabelberichte. Die Haussiers ver- ringern ihre Engagements. Das Sinken der Preise wurde theilweise wieder ausgeglichen infolge von Deckungen. Schluß stetig. Mais fiel heftig nah Eröffnung entsprehend der Mattigkeit der Weizen- märkte im Westen, kräftigte sih dann auf Kaufordres und Käufe der Wall-Street, und infolge Deckungen, eiae V fallend...

Chicago, 13. April (W\ D B) eizen niedriger auf Verkäufe eines Ringes, die Preisherabminderung wurde theilweise wieder ausgeglichen infolge Deckungen der Baissiers; die Steigerung ging aber später wieder verloren. Schluß stetig. Mais fallend al e Zeit nah Eröffnung, dann lebhafte Reaction, später wieder

allend.

Verkehrs-Anstalten.

In Portugal und in Madeira dürfen Waarenproben- sendungen aus Deutschland auf dem Wege über Frankreich wieder eingeführt werden.

Bremen, 14. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Aller“ hat am 183. April Nachmittags Dover passirt; er überbringt 291 Passagiere und volle Ladung. Der Scnelldampfer „Trave“ hat am 12. April Abends Prawle Point passirt. Der Postdampfer „Amerika“ is gestern auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm* is am 12. April Ano in New-York ange- kommen. Der Q Mae „Oldenburg“ ist am 13. April Vormittags in Hongkong angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Hohenzollern“, von Australien kommend, ist am 13. April Vormittags in Antwerpen angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Preußen“ hat am 12. April Abends die Reise von Neapel nah Port Said fortgeseßt. Der Dampfer „Leif Eriksf\o hat am 12. April Vormittags die Reise von Oporto nzh Lissabon fort-

gesetzt. L Hamburg, 18. Abri (W. T D) amburg- Ametri- kanische M Erla de, Brteen - Gesellschaft. er Post- dampfer „Valesia*“ ist gestern in St. Thomas eingetroffen. Der Postdampfer „Dania“ is heute früh auf der Elbe einge- troffen. Der Posidampfer „Bohemia* ist gestern Nachmittag in New-York eingetroffen.

London, 13. April. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Spartan“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen. :