1893 / 93 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

E E E TUE

Ein Londoner Telegramm des , Wolff’s{hen Bureaus“ meldet, daß der englishe Premier-Minister Gladstone gestern Vormittag eine Abordnung von Bergleuten aus den Grafschaften Durham und Northumberland empfangen hat, die Gegner des Achtstunden- tages sind. Auf eine Ansprache erwiderte der Minister, er betrachte eine parlamentarishe Einmischung in die Angelegenheiten der Arbeiter als einen Eingriff in die persönliche Freiheit; weiterhin spra er \ih zu Gunsten einer örtlihen Abstimmung über den Achtstundentag aus.

Aus Yorfk berichtet ein Wolff'\hes Telegramm: Jn einer Ver- aas des Comités des Nhederei-Vereins wurde gestern nah dreistündiger Berathung der vom Unterhaus vorbereitete Plan zur Regelung der in Hull A ruoracietedn Streitigkeiten genehmigt. Die Versammlung beschloß ferner, die der Union angehörigen Arbeiter zu ermächtigen, mit den nihtunionistishen zusammen zu arbeiten, und S daß die Nhedereien Dokarbeiter nah Belieben engagiren ürften.

Aus Genf wird dem „Vorwärts“ mitgetheilt, daß die dortigen Sattler in einer Lohnbewegung stehen. Sie fordern die Ein- führung eines neuen, höheren Lohntarifs und wollen dagegen auf freie Beherbergung bei den Meistern verzihten. Von etwa 40 Geschäften haben bis jeßt 26 die Forderung bewilliat.

Literatur.

Nechts- und Staatswissenschaft.

Das Versammlungs- und Vereinsrecht Deutsch- Iands. Systematish zusammengestellt von Dr. H. A. Mascher, Bürgermeister. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Berlin, J. I. Heyne's Verlag 1892. Die erste Auflage war 1888 er- schienen; daß teßt bereits die zweite Auflage erforderlich wurde, beweist, daß für eine Zusammenstellung der Geseßesbestimmungen und der verschiedenen Landesgesetßze ein Bedürfniß sch geltend gemacht hat. In der Abtheilung 1 §§ 6—13 sind die reihsgeseßlichen einshlägigen Sagzungen gegeben: Reichsverfassung Art. 3, Wahlgeseß § 17, Rei hs- Gewerbeordnung § 132, Strafgeseßbuh §8 128, 129, Reichs-Militär-

t SS 92, 93, 101, Genofenschaftsgesey § 143, Mee Meagind & 68. Vierzu fei bemerkt, daß die Bestimmungen der Verfassung über Verhängung des Kriegszustandes für Bayern nicht gelten (vgl. Zorn, Neichs-Staatsreht Bd. 1 § 33), Gesey, betr. den Orden der Gesellshaft Jesu, vom 4. Juli 1872. In Abtheilung 11 folgen in 26 Nummern die Bestimmungen der einzelnen Gliedstaaten, be- innend wit Preußen, s{ließend mit Elsaß-Lothringen. Grläuternde D een en sind beigefügt. Den Abshkuß macht ein ABC-Register. Der Druck ist klar, das Papier haltbar. /

Zeitschrift für gewerblihen .Nechts\chu t. München und Leipzig. R. Oldenburg. Jahrgang Il. Nr. 5 enthält: Ver- fahren, Einrichtung, Erzeugniß und ihr Verhältniß im Patentrecht von Dr. Nich. Wirth. ‘Markensuß für Verpackungsmittel von Rechtsanwalt Dr. Edwin Kaß. Zur Geschichte des Mustershutzes von Paul Schmid. Gesetzgebung und Rechtsprechung.

Sächhsishes Archiv für bürgerlihes Recht und Meh Herausgegeben von Stephan Hoffmann, Ober- zandesgerihts-Rath in Dresden, und Dr. Friedrih Wulfert, Land- gerihts-Rath in Leipzig. Leipzig, Noßberg’sche Buchhandlung. Band 111. Heft 2 enthält: Zur neuen Literatur über dem Begriff der vis major von Dr. Rudolf Stammler, E in Halle a. S. Zu 276, 277 des Bürgerlichen Ge|seßbuhs vom Landgerichts-

irector Rudolph in Freibu:g. Es folgen Entscheidungen König- lich E Gerichte und Auszlige aus ‘Reichsgerichtöurtheilen von Dr. Bolze. Den Abschluß macht eine eingehende Beurtheilung der Schrift des Professors Dr. Meurer: Der Begriff des Eigenthums der heiligen Sachen, dur Professor Dr. Arthur B. Schmidt-Gießen.

Zeitschrift für die gesammte Strafrehtswiss\en- haft, herausgegeben von Dr. Franz von Liszt, ordentlihem Pro- fessor der Rechte in Halle a. S., Dr. Karl von Lilienthal, ordentlichem Professor der Rechte in Marburg a. L., und Dr. H. Bennee, ordentlichem Professor der Rechte in Breslau. Berlin, F. Guttentag, Verlagëbuchhandlung. Inhalt des dritten und vierten Heftes Band X11]. Abhandlungen. Die deterministishen Gegner der Zwekstrafe. Von Professor von Liszt. Zur B nent ie des MNechtsirrthums. Von Dr. Heinemann. Die Grenzen des straf- baren Versuchs. Aus der Theorie und dem positiven Strafrecht, unter Benußung ungedruckter Materialien bearbeitet von Ernst Eisen- mann, Königlich preußishem Gerichts-Assessor a. D.,, Advocaten in Paris. Zur lex Heinze. Von Amtsgerichts-Nath Schmölder. Literaturberiht. 1) Strafrecht. Allgemeiner Theil. Berichterstatter : Professor Dr. Reinh. Frank. 2) Strafrecht. Besonderer Theil. Berichterstatter: von Lilienthal. Bibliographishe Notizen. Ein Anlageheft bringt die Mittheilungen der Internationalen criminalisti- hen Vereinigung Band 4 Heft 1, welches S. 41 ff. die Satzungen der Vereinigung enthält, und ein Mitgliederverzeichniß.

Militärisches.

Das Ulanenbuch, Geschichte der preußishen Ulanen von ihren ersten Anfängen bis auf die Gegenwart, von Alfred Arent, Major und etatsmäßiger Stabs-Offizier im Westfälischen Dragoner- Regiment Nr. 7. Köln. Verlag von Julius Püttmann. Preis 1 Mit dem Ulanenbuch wird eine Herausgabe von Einzeldarstellungen der preußischen Heeresgeschichte, nach Waffengattungen gefondert (Preußische Soldatenbücher), eröffnet, wie sie bisher in ähnlicher Weise noch nit vorhanden sind. Die Soldatenbücher verbinden mit dem belehrenden Zweck die Absicht, bei den Heeresangehörigen die Liebe und Begeisterung für ihre Waffe zu wecken und damit auch die Vaterlandsliebe zu fördern. Der Verfasser beginnt sein Werk über die preußishen Ulanen mit einer kurzen Geschichte der von Friedrich dem Großen 1745 in Dienst genommenen, mit den s{warzen Husaren verbundenen und nach den heldenmüthigen Waffenthaten im zweiten {lesischen und siebenjährigen Kriege bedeutend vermehrten Bos- niaken, die nah der 1796 erfolgtem Errichtung der Tataren-Pulks aus den als vorzügliche Neiter bekannten Söhnen der in den ebe- maligen polnischen Landstrihen angesiedelten muhamedanischen Tataren- familien mit diefen unter den Namen Towarzysz-Regiment und Towarzy8z-Bataillon vereinigt wurden und die, vershont von dem traurigen Schicksal des Untergangs in den Schlachten von Jena und Auerstädt, auf den blutigen Schlahtfeldern Ostpreußens bald nachher den Nubm der preußischen Tapferkeit hochielten und die Stamm- väter unserer jeßigen Ülanen wurden. Die Geschichte der Ulanen selbst wird in vier Perioden behandelt. In der ersten, die Zeit von 1808 bis 1814 umfassenden Periode wird die Theilnahme der zunächst gebildeten drei Ulanen-Regimenter an den Feldzügen der Jahre 1812, 1813 und 1814 geschildert. Mit besonderer Anerkennung werden hier auch die Thaten, der ungeübten {lccht berittenen, mit Lanzen bewaffneten Landwehr-Cavallerie besprohen und dabei namentlich das Ostpreußische National-Cabvallerie-Regiment hervorgehoben, das an der Kaßtzbach eine eigene reitende Batterie rettete, ein Infanterie-Carré niederritt und elf Kanonen eroberte. In ähnliher Weise wird in den drei anderen Perioden von 1815 bis 1818, 1819 bis 1860 und 1861 bis 1892 die Kriegé- und Friedenstbätigkeit der zu einer stattlihen Zahl von Regi- mentern angewafenen Ulanen dargestellt. Durch zahlreiche bisher wenig bekannte Ginzelheiten gewinnt das in diesem Werk gegebene lebendige Bild der ruhmreichen Geschihte der Ulanen an Interesse für alle ehemaligen und jegigen Angehörigen diefer Waffengattung. Ein gut ausgeführtes historishes Uniformbild läßt deutlich die Be- Eleitung und Ausrüstung der Bosniaken, der Towarzytz und der Ulanen von 1813, 1870 und 1888 erfennen.

Erziehung und Unterricht. gang der französishen Sprache für die ersten des Unterrihts. Berlin 1893. E. S. Mittler u. Sohn. Die Verzlüige dieses inp Jahre 1891 in erster Auf- Lehrgangs, von dem schon jeßt eine zweite Auflage liegen darin, daß der ungenannte Verfasser în ise durch eine zweckmäßige Gruppirung der Vocabeln der Kinder zur Vermeidung des immer wiederkehrenden Feblers ter VerweWselung beider Geshlechter im Französischen zu Hilfe kommt, daß ferner tie Ordnung der Lectionen nah Begriffen und niht nach grammatifalischen RKüdsichten erfolgt und fo mehr ge-

eignet ist, das Interesse des Kindes zu erwecken, und endli darin, daß fo wenig Regeln wie irgend mögli gegeben, ad an raecA bezeihnungen aber fast ganz fortgelassen sind. Die meisten Regeln soll das Kind unmerklich durch Beispiele, die Aussprache durch Vorsprehen des Lehrers und mündliche Einübung erlernen. Bei Herausgabe der zweiten Auflage sind die französischen und deutschen Uebungssäße niht wie in der ersten Auflage in be- sonderen Heften, sondern unter den Lectionen gegeben. Dadurch konnte der ganze Lehrgang vollständig in einen Band gebraht und zum Gebrauch handlicher gemaht werden. Durchaus erchtfertigt erscheint es, daß der Verfasser, den ihm ausgësprohenen Wünschen nachgebend, die deutschen Uebungssäte der leßten Hälfte des Lehrgangs gegen seine eigene Ansicht in besseres Deutsch gebraht hat und dem Lehrer über- läßt, wo er es für nöthig hält, die Schüler darüber zu unterrichten, wie sie zu ihrer Erleichterung das gute Deutsch erst in ein s{lehteres verwandeln müssen, um wörtlih in das Französische überfeßen zu können. Im übrigen ist bis auf eine kleine, die Uebersichtlichkeit der Conjugations-Tabellen fördernde Drukverbesserung die zweite Auflage unverändert. Tee Ein neues Hilfsmittel für die künstlerishe Handarbeit wird soeben im achten Heft der cIIlitstritten Frauen - Zeitung“ veröffentlicht und in seiner Anwendung bildlih veranshauliht, näm- lih M. Stühler's „Perspectograph“. Dieser Apparat zur beliebigen Vergrößerung zeichnerischer Mustervorlagen beruht auf dem Princip des Storhschnabels, erseßt aber den ungefügigen Holzarm durch einen der leichtesten Handbewegung folgenden Gummifaden und ermöglicht so die feinfühlige Wiedergabe des Originals. Einen besonderen Schmuck des vorliegenden Heftes der „Jllustrirten Frauen-Zeitung“ bildet eine Bleistift-Zeichnung Anton von Werner's, die vor Jahres- frist verstorbene Malerin Alwine Schroedter darstellend. Die silberne dochzeit des italienischen Herrscherpaares wird durch eine interessante ufammenstellung von vier Porträts gefeiert, welche König Umberto I. lig Königin Margherita als Braut- und als Jubelpaar veranschau- ichen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 10585, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. : /

In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 3714, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Die „Nhein.-Westf. Ztg.“ berihtet vom rheinisch-west- fälishen Eisen- und Stahlmarkt: Obwohl im ganzen ih die Lage des rheinish-westfälislhen Eisenmarkts nicht wesentlih von der der Borwoche unter|cheidet, so kann man doch aus den Einzelberichten niht mehr den zuversichtlichen Ton herauslesen. Für einige Geschäfts- zweige, so für Roheisen, ist ersichtlich, daß die in leßter Zeit bemerk- liche bessere Nachfrage wieder einer größeren Stille Platz gemacht hat. In Ciisenerzen hat sih eine Veränderung in der leßten Woche nicht bemerkbar gemacht, doch ist, im allgemeinen genommen, eine bessere Tendenz nicht zu verkennen. Im Siegerlande hat si die Förderung in den bisherigen Grenzen gehalten, doch war an einigen Stellen der Absaß lebhafter als früher. Luxemburg-Lothringer Minette hat vor- läufig in ihren Absaßverhältnissen noh keine Aenderung erlitten. In spanischen Erzen ist das Geschäft bei festen Preisen leidlih rege. Auf dem Noheisenmarkt hat im ganzen die bisherige günstige Stim- mung mit der obigen Einschränkung angehalten. Die gebuchten Aufträge erstreckten sich meist auf den Zeitraum des laufenden Vierteljahres. Die Lagervorräthe sind an den meisten Hütten gleichbleibend. Sehr lebhaft ist augenblicklich das Geschäft in Spiegeleisen, und die Preise haben für diese Sorte sogar etwas weiter anziehen können. Die Preise für Gießereiroheisen sind nominell. Auf dem Walzeisenmarkt hat die günstigere Stimmung unverändert angehalten. Im Stabeisen- ges\chäfte war die inländische Nachfrage anhaltend gut. Die Preise sind zwar wenig lohnend, aber fest. Die Zahl der cinlaufenden Aufträge hat den meisten Werken wieder die regelmäßige Fortseßung des Betriebs auf längere Zeit gesichert. Das Geschäft inT rägern ist wegen der beginnenden Bauthätigkeit lebhafter, doch ist mit den Preisen durchaus nicht in die Höhe zu kommen. In Bandeisen hält der biëherige rege Be- ehr bei festen A an. Grobbleche sind im allgemeinen besser egehrt wie früher; die Preise sind zwar fest stehen jedo in keinem Verhältniß zum Rohmaterial. Feinbleche find nah wie vor gut ges fragt, doch sträuben sich die Abnehmer noch immer, etwas höhere Preise anzulegen. In Walzdraht, gezogenen Drähten und Draht- stiften ist eine Aenderung nicht zu verzeihnen. Dagegen sind die Preise fürStahlblöcke, Knüppel u. s. w. in der leßten Woche um 2 1 im Preise gestiegen. Nieten wurden in der letzten Zeit zwar etwas leb- hafter gefragt, do sind die Werke bei weitem noch niht voll beshäf- tigt. Der Artikel leidet unter Zuvielerzeugung. Für Eisen- gießereien und Maschinenfabriken hat sih die Geschäftslage niht geändert. Den Bahnwagenanstalten wird durch die jüngsten Ausschreibungen neue Beschäftigung zufließen.

Wie die „Hallesche Ztg.“ meldet, is in einem gemeinsamen Beschluß des Königlichen Ober-Bergamts Halle und der Königlichen Regierung zu Merseburg der Mansfelder Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft das Ervro- priationsrecht gewährt und die Entwässerung des Seebeckens gestattet. Den Seeinteressenten wird für die Fischerei und sonstige Nutung eine Entschädigung von über 2000 000 4 zugesprochen.

_— Die gestrige Generalversammlung der Aachen-Münchener Feuerversiherungs-Gesellschaft genehmigte die Vertheilung eines Gewinnes von 1 380 000 #, gleich 460 4 für jede Actie, und bestimmte 419 841 Æ für gemeinnüßige Zwecke. :

Die gestrige Generalversammlung der Aachener NRückver- siherungs-Gesellshaft beschloß die Vertheilung von 110 M für jede Actie. :

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 24. April 1893 im „Berliner Hof“ statt.

Bei den 298 km langen Localbahnen der O est erreichisch{chen Local-Eisenbahn-Gesellschaft, die bereits im Vorjahre im Betrieb standen , betrugen die vproviforisch ermittelten Einnahmen im März d. J. 158 023 Fl., und vom 1. Januar bis Ende März 1893 455 241 Fl., während die definitiven Einnahmen in dem leihen Abschnitt des Vorjahres 144 819 Fl., bezw. 420 595 F[. Belau haben. Die provisorish ermittelten, oben niht inbegriffenen Einnahmen der 75 km langen Localbahn Budweis—Salnau betrugen in der Zeit vom 1. Januar bis Ende März 1893 41 861 #F[.

Die Betriebs-Einnahmen der Schweizerischen Nordost- bahn betrugen im März 1893 für den Personenverkehr 516 000 (im März 1892 473 468) Fr., für den Güterverkehr 1018 000 (1892 881 244) Fr., verschiedene Einnahmen im März 1893 75 997 (1892 69 326) Fr.,, Gefammteinnahme im März 1893 ‘1 609 997 (1892 1 424 038) Fr. Die Betriebs-Ausgaben betrugen im März 1893 878 996 (1892 820 746) Fr. Demnach Uebershuß im März 1893 731 041 (1892 603 292) Fr.

Magdeburg, 19. April. (W. T. B) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 9% 17,20, Kornzucker excl., 88 9/9 Rendement 16,50, Nachproducte excl., 75% Rendement 14,00. Ruhig, wenig Ge- \châft. Brodcaffinade I. 29,00. Brodraffinade 11. —,—. Gem. Naffinade mi! Faß 28,75. Gem. Melis 1. mit Faß 27,75. Ruhig. Rohzucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. April 16,25 Gd., 16,39 Br., pr. Mai 16,35 bez. und Br., pr. Juni 16,45 bez,, 16,475 Br., pr. Juli 16,69 bez. und Br. Fest.

Lei pzig, 19. April. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata Grundmuster B. per April 3,825 A, per Vial 3/89 #, per Jui 390 per Juli 39254 4 ver August 3,95 #4, per September 3,974 4, per Oktober 3,974 M, per November 3,974 A, per Dezember 4,00 M, per Januar 4,00 4, per Februar 4,00 #, per März ——,— M, Umsaß 80 000 kg.

Mannheim, 19. April. (W. T. “i Productenmarfkt. Weizen pr. Mai 16,309, pr. Juli 16,45, pr. November 16,80, Roggen pr. Mai 14,25, pr. Juli 14,80, pr. November 14,9%. Hafer per Mai

14,55, per Juli 14,80, per November 14,25. Mais pr. Mai 11 15. pr. Juli 10,90, pr. November 11,50. 1E

Wien, 19. April. (W. T. B.) Die Bilanz der Kaiser Ferdinands-Nordbahn für 1892 weist nah Abzug des Gewinn- antheils des Staats in Höhe von 175 042 Fl. einen Reingewinn von 9 617 724 Fl. auf. Die Gesammtdividende für 1892 beträgt 1294 Fl Der Julicoupon wird demna mit 103 Fl. eingelöst. Die General. versammlung ist auf dea 30. Mai festgeseßt.

Pest, 19. April. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen höher, pr. Frühjahr 7,65 Gd., 7,67 Br., pr. Mai-Juni 7,71 Gd 7,73 Br., pr. Herbst 8,00 Gd., 802 Br. Hafer pr. Frühjahr 5,80 Gd. 5,82 Br. Mais pr. Mai-Juni 4,65 Gd. 4,67 Br per Juli-August 4,85 Gd., 4,87 Br. Kohlraps pr. August-S F 13,30 Gd., 13,40 Br. gusl-Septembee

London, 19. April. (W. T. B) Wollauction. Preise fest, Kreuzzuchten und feine Lammwolle hauptsächlich begehrt.

An der Küste 3 Weizenladungen angeboten.

96% Javazucker loco 173 ftetig, Rüben - Nohzuter loco 16} fest. Chile-Kupfer 443, pr 3 Monat 453/16.

Paris, 19. April. (W.T. B.) Das Zuchtpolizeigeriht hat die Administratoren der Société des Dépôts ot Com ptes cou- rants, die des Betrugs und der Vertheilung fingirter Dividenden angeklagt waren, zu folgenden Strafen verurtheilt: Donon zu vier Jahren, Gautier zu zwei Jahren, Poisson zu aht Monaten Gefängniß, und jeden unter solidarisher Haftpflicht zu 3000 Fr. Geldstrafe.

Amsterdam, 19. April. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 504. Bancazinn 552,

Konstantinopel, 19. März. (W. T. B.) Die Betriebs, einnahmen der Anatolischen Eisenbahn betrugen im Februar d. I. 258 969 Fr. oder 448,70 Fr. für den Kilometer; die Betriebs- ausgaben stellten sih auf 152360 Fr. oder 263,99 Fr. für den Kilometer. Für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar d. J ber trugen die Betriebseinnahmen 594 190 Fr. oder 1029,52 Fr. für den Kilometer, die Betriebs8ausgaben 287 738 Fr. oder 498,55 Fr. für den Kilometer.

Rew-York, 19. April. (W. T. B.) Die Börse gab bei den ersten Umsäßen nach, beruhigte sih im weiteren Verlauf und {loß troß Steigerung einiger Fonds im allgemeinen matt. Der Umsaß der Actien betrug 360 000 Stück. Oer Silber vorrath wird auf 450000 Unzen geshägt. Die Silberverkäufe be- trugen 305 000 Unzen. Die Silbe rank äufe für den Staats\{hagz betrugen 425 000 Unzen zu 83,50. :

Man erwartet, daß am Sonnabend 2 bis 3 Millionen Dollars Gold zur Verschiffung gelangen werden.

Weizen eröffnete schwach und fiel den ganzen Tag mit wenigen Neactionen auf {chwächere Kabelberichte im Einklang mit dem Westen und ausgedehnten Nealisirungen. Das Sinken der Preise wurde in- folge Deckungen theilweise wieder ausgeglihen. Schluß rubig. Mais einige Zeit steigend nah Eröffnung auf Deckungen seitens der Plaßspeculanten, später infolge Realisirungen Reaction. Schluß träge. j

Chicago, 19. April. (W. T. B.) Weizen eröffnete {wah und fiel auf geringe Kauflust und allgemeine Abwickelung der Engagements den ganzen Tag mit wenigen Neactionen. Schluß ruhig. Ma is s{chwächte sich nach Eröffnung etwas ab, \pâter erholt. Schluß stetig. ,

Verdingungen im Auslande.

Ser 90. April. Direction der Eisenbahn-Gesellschaft Huttwil—Wol- husen in Willisau: Nachfolgende Arbeiten und Metall-Lieferungoen : L Unter ät a. Sämmtliche Erdarbeiten der zu erbauenden Eisenbahnlinie Huttwil—Wolhusen, 25,3 km lang. Gesammt - Erdbewegung circa 180 000 m3. b. Herstellung von circa 1400 lfd. Metern Cementröhren-Dohlen. c. Herstellung von circa 2200 m? Mauerwerk für Stüßzmauern, Brücken und Durchlä}se. d. Lieferung und Einbringung von circa 30000 m? Schotter- Material. e. Chausfirung von Straßen, Wegen und Vorpläten, zusammen

circa 8900 m®?. IT. Oberbau.

a. Lieferung von circa 32000 Stück Holzshwellen von 20/14/22 CoL

b. Legen des Oberbaues.

IIT. Herstellung der Hohbauten auf sämmtlichen

Stationen.

Uebernahms-Offerten für das Ganze oder einzelne Abtheilungen find bis zum 30. April 1893 scriftlich und verschlossen mit der Auf- schrift „Uebernahms-Offerte für die Huttwil-Wolhusen-Bahn* bei der genannten Direction einzureichen. Kostenvoranshläge und Bedingungen können auf dem Directions-Bureau der Langenthal- Huttwil-Bahn in Huttwil eingesehen werden.

Bêlgten.

Ohne Datum. Brüsseler Börse: Lieferung von 34 zwei- achsigen Tendern von 9000 Ltr. Gehalt für Schnellzug-Locomotiven auf ebenen Strecken in 3 Loosen zu 14, 10 und 10 Stück. Lieferungs- ort: Mecheln, Gent-Brügge, Lüttre, Mons (Cuesmes), Brüssel Q. L. nah Wahl des Unternehmers.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 19. April. (W. T. B.) Wie „Bösmann's telegra: .

phisches Bureau" erfährt, hat der Norddeutsche Lloyd einen bei Armstrong, Mitchell u. Co. in Newcastle in Bau begriffenen Dampfer angekauft, der 257 Fuß lang und 44 Fuß breit ist, einen Tiefgang von 28 Fuß, eine Ladefähigkeit von 5600 t und eine Fahrgeshwindigkeit von 125 Knoten hat. Der Dampfer erhält neben großen Laderäumen alle zur Beförderung von Zwischendeckpassagieren erforderlichen Einrichtungen. Die Lieferung erfolgt in 12 Wochen. Der Dampfer wird zwischen Bremen-Stadt und New-York fahren. .

Bremen, 19. April. (W. T. B.) Norddeut1cher Lloyd Der Postdampfer „Baltimore“ ist am 12. April in Montevideo angekommen. Der Postdampfer , Berlin“ ist am 15. April von Buenos-Aires nah der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm 11.“ hat am 18. April Vormittags die Reise von Gibralta nah Genua fortgeseßt. Der Postdampfer „Gras Bismark“ hat am 18. April Vormittags die Neise von Lissabon nach Antwerpen fortgeseßt. Der Reichs-Postdampfer „Neckar* hat am 18. April Nachmittags die Reise von Antwerpen nah Bremen fortgeseßt. Der Postdampfer „München“ hat am 18. April Nach- mittags D over passirt. S

20. April. (W. T.‘B,)* Der Postdampfer „H. H. Meter“, von New-York kommend, hat am 19. April Mittags Gastbourne passirt. Der Postdampfer „München“ is am 19. April Nach- mittags auf der Weser angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Neckar“ ist am 10. April Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Lahn“ ist am 18. April Vormittags von New- York via Southampton nah der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Aller“ hat am 19. April Nachmittags die Reise von Southampton nah New-York ‘fortgeseßt. Der Schnell- dampfer „Elbe“ is am 18. April Abends in New -Y ork an- gekommen. Der Schnelldampfer F A hat am 19. April von Southampton die Reise nah Bremen fortgeseßt; er überbringt 372 Passagiere und volle Ladung. Der Postdampfer „Köln“ hat am 19. April Nachmittags die Reife von A ntwerpen nah Oporto fortgeseßt.

Hamburg, 19. April. (W. T. B\,) ge tant Fe Padcketfahrt - Actien - Gesellschaft. er Po dampfer „Gellert“ is, von New-York kommend, heute Morgen auf der Elbe eingetroffen.

zum Deutschen Reichs-Anzeiger

M 93.

Ddweite Beilage und Königlih Preußischen Slaats-Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 20. April

AEBR ——

Deutscher Reichstag. 78. Sißung vom Mittwoch, 19. April, 1 Ußr.

Ueber den Beginn der Sizung ist bereits in der Nummcr vom Mittwoch berichtet worden.

Als zweiter Gegenstand steht auf der Tagesordnung die erste Berathung des Antrages Munckel, betreffend die im Strafverfahren zulässigen Rechtsmittel, welche mit der ersten Lesung des von dem verstorbenen Abg. Reichensperger eingebrachten, von dem Aba. Spahn wiederaufgenommenen Gesetzentwurfs , betreffend Abänderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungs- esehes und der Strafprozeßordnung, verbunden wird. Beide Geseßentwürfe betreffen die Wiedereinführung der gegen die Urtheile der Straffkammern, und zwar

Berufung Verurtheilten als durch die Staats-

sowohl durch den anwallschaft.

Ueber die Reden der Abgg. Traeceger, Spahn, Heine und Rintelen ist gleichfalls in derselben Nummer {hon berichtet worden. Darauf erhält das Wort der

Abg.Stadthagen (Soc.). Nedner {ließt sih den Ausführungen des Abg. Heine an und hält es für viel vortheilhafter, die Abhängigkeit der Gerichte von den Staatsanwalten, die thatsächlich in umfang- reihem Maße vorhanden sei, aus der Gerichtsverfassung zu be- seitigen, d. h. das ganze System der Staatsanwaltschaft aufzuheben. Man brauche ja nur die höheren Nichterstellen anzu)}ehen, um zu er- kennen, daß sie fast durchweg mit Staatsanwalten beseßt sind. Die Judicatur habe sid genau erkennbar in den letzten Jahrzehnten immer mehr nach der Seite der in der Staatsanwaltschaft maß- gebenden Auffassung gedreht, und die Nechtsprehung sei von M immer abhängiger geworden. Die Staatéanwaltschaft übe aber auch auf das Strafverfahren einen ruinirenden Einfluß aus, sie sei voll- ständig zur Beherrscherin des Strafverfahrens geworden. Auch der Richter sei ja \ch{ließlih von der Verwaltung abhängig; er werde von dieser angestellt und befördert, ein Altersaufrücken gebe es hefanntlih in der Justiz nicht. Die Verwaltung handle doch nur natürlih, wenn sie unter zwei sonst ganz glei fähigen und verdienten Richtern bei der Beförderung den ihr politis ge- nehmeren aussuche. Dadurch werde aber der Richter, der vorwärts kommen wolle, direct verführt, seine politishe Ansicht in den Hinter- grund treten zu lassen oder zu verleugnen. Die Berufsrichter könnten dem Druck der Verwaltung nit widerstehen. Die wirkliche Ursache der ungerehten Rechtsprechung der neueren Zeit, die dur die Existenz der Anträge als abzustellendes Uebel gekennzeichnet werde, liege also nicht bloß in dem Mangel einer Berufungsinstanz. Erfreulicherweise erstrebe der Antrag Munel auch fachliche Aenderungen, die ih durch die Praxis der Gerichte und auch des Reichsgerichts als nothwendig er- wiesen haben. Das gelte namentli von der Bestimmung, day das Protokoll vor Zustellung des Urtheils an die Staatsanwaltschaft oder den Angeklagten vorschriftsmäßig vollzogen sei. Eine spätere Vollziehung ist unzulässig. Man müßte aber noch weiter gehen und verlangen, daß das Protokoll am Tage der Verhandlung selbst vollzogen sein muß; die Entscheidungen des Neichsgerichts erforderten eine solche Bestimmung, denn es feien auf Grund falscher Protokolle die un- glaublihsten Urtheile ergangen und bestätigt worden. Auch die Vor- christ über genauere Abfassung des Protokolls sei schr dankens- werth, aber niht weitgehend genug. (Nedner weist dies an dem Wortlaut von Erkenntnissen und von Protokollen über Ge- rihtéverhandlungen und an der Sntscheidung des Reichégerichts über dieselben näher nah.) Bedaucrlih sei, daß die zweite Înstanz für die Urtheile der Schwurgerichte oder des MNeich8gerichts, wenn dieses in erster und leßter Instanz urtheilt, niht bean- tragt werde; das Volksbewußtsein werde es nicht begreifen, warum man es bei der Revision gegen die Schwurgerichtsurtheile bewenden lassen wolle. Wenn man an die Strafprozeßordnung herangehe, sollte man doch reinen Tish machen und die Berufung allgemein machen. Wäre Berufung gegen Reichsgerichtsurtheile zulässig, dann würde es denen, welche wegen Hochverraths, begangen dur Ber- breitung der „Autonomie“, zu 6 oder 8 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden sind, mögli sein, eine Modificirung ihres Urtheils zu er- langen, nachdem erwiesen worden ift, daß die „Autonomie“ durch Spitel verbreitet wurde, daß diese die Verurtheilten zur Verbreitung aufgereizt haben, daß das Ganze cine Polizeimachhe war. Wenn die Socialdemokraten also auch nicht gegen die Anträge seien, so könnten sie sih der Befürchtung doch nicht verschließen, daß mit ihrer An- nahme wenig geholfen fei. E

_ Damit schließt die Discussion. Commissionsberathung wird nicht beliebt. Die zweite Lesung der Geseßentwürfe wird im Plenum erfolgen.

Auf der Tagesordnung steht ferner die erste Lesung des Antrages Munckel auf Annahme eines Gefeßentwurfs, be- treffend die Entschädigungspfliht des Staats für Entziehung oder Beschränkung der persönlichen oretheit sowie für unrechtmäßig vollstreckte Strafe.

Abg. Traeger (dfr.) als Vertreter des Antragstellers erklärt, da die verbündeten Regierungen eine bezügliche Vorlage bereits zu- ge]|agt haben und der gleihwerthige Antrag Nintelen bereits ange- ommen sei, den Antrag zurückzuziehen.

Staatssecretär Hanauer:

Der Herr Vorredner hat zweimal auf die Mittheilung Bezug genommen, die ih an dieser Stelle dem hohen Hause bei der letzten Verathung dieser Angelegenheit zu machen die Ehre hatte. Jh möchte nur auf jene von mir abgegebene Erklärung verweisen in dem Sinne, daß ih keineswegs und das liegt in der Natur der Sade cine Zusage abgeben konnte, daß dem hohen Hause von den verbündeten

Regierungen eine Vorlage gemacht werden wird. Denn in dem Stadium,

das ih damals gekennzeichnet habe, konnte i keine solhe Erklärung abgeben und das Stadium ist zur Zeit noch ungefähr dasfelbe. Ih habe nur erklärt, daß von Seiten des Herrn Heihsfanzlers der Auftrag gegeben war, der au erfüllt wurde, im Neichs-Justizamt einen Gesetzentwurf wegen Entschädigung unschuldig Verurtheilter aufzustellen, und daß wir, in Verbindung damit, über die Frage der Wiedereinführung der Berufung, die im preußischen Justiz-Ministerium bereits zum Zwecke der Einbringung eines preußischen Antrages bearbeitet wurde, in ge- meinsame Berathung eingetreten sind, daß die Sache damals noch beim Königlih preußischen Staats-Ministerium lag, wo sie beute noch liegt. Jch kann meine Erklärung auch jeßt nicht anders formu- liren als damals. Eine Zusicherung aber darüber, ob die verbündeten Regierungen nun einen unseren Anträgen oder unseren Vorlagen ent- sprechenden Beschluß fassen werden, kann ich natürli) nicht geben. [fo die verbündeten Negierungen haben durch meine Erklärung D erklärt, daß sie cine Vorlage der fraglichen Nichtung machen erden,

_ Abg. Traeger (dfr.): Ih habe das Vertrauen, daß bis zur nächsten Session das moralische Üebergewiht des Neichs-Justizamts auf die verbündeten Regierungen ih unseren Wünschen günstig erweist ; sonst werde ich einen solchen Antrag wieder einbringen. Für jetßt ziehe ih unseren Antrag zurü. (Abg. Stadthagen: Dann nehme ih ihn wieder auf!)

__Da der Antrag wieder aufgenommen ist, wird die Dis- cussion fortgesetzt.

Abg. Heine (Soc.): Der Reichstag muß den Antrag unbedingt annehmen, denn nach den eben gehörten Erklärungen des Staats- jecretärs ift von den verbündeten Regierungen in diesem FJahr- hundert do) nichts mehr zu erwarten. Es muß auch § 179 der Gerichtsverfassung in dieses Geseß aufgenommen werden, welcher be- stimmt, daß Angeklagte oder Zeugen wegen Ungebühr vor Gericht mit Geldstrafe bis 100 (4 oder mit Haft bis zu drei Tagen verurtheilt werden können, wogegen es keinen Appell und keinen Aufschub giebt, da die Strafe sofort vollstreckbar ist. Ein \ächsisher Bergarbeiter ist einmal wegen Tragens eines rothen Bändchens im Gerichtsfaal zu drei Tagen Haft verurtheilt worden ; als er später im Zuhörerraum mit demselben Bändchen erschien, wurde er abermals zu drei Tagen Haft verurtheilt.

Abg. Stadthagen (Soc.): Nicht bloß die unschuldig Ver- urtheilten, sondern auch die in ÜUntersuchungshaft Gewesenen müßten entschädigt werden; das ist eine Forderung, die wir immer wieder erheben werden, und die axch die Antragsteller früher vertraten. Namentlich bei politischen Prozessen ist die Zahl derer, die un- schuldig Untersuchungéhaft verbüßen mußten, Legion; das würde sich sofort erweisen, wenn man eine Statistik darüber aufmachen wollte. Obwohl es garnidt im Gesetz vorgeschrieben is, wird in einer Un- menge von Verfahren „mit Rücksiht auf die zu erwartende hohe Strafe“ die Untersuchungshaft verhängt, und niemand entshä- digt den unschuldig Verhafteten für die Verluste an mate- riellen und moralis{chen Gütern, die ihm durch diese Handhabung der Geseße zugefügt werden. Die Frage, ob der Staat zu entshâ- digen habe, ist sehr streitig. Der Staat soll den NRückgriff an den Schuldigen haben. Wie aber denkt man sich dies, wenn ein Rechts- irrthum bei der Verurtheilung maßgebend war? Ich hoffe, daß dann diese Bestimmung auch gestatten soll, den NRückgriff auf die Beamten zu nehmen, welche die Freiheitsentziehung verursaht haben. Aber selbst dieses gut gemeinte Gesez kann nur ein Palliativmittelhen sein. So wenig wie unsere Shwurgerichte wirkliche Volksgerichte sind, so wenig wird die Gntschädigungspflicht des Staats das Unrecht, welches Berufsrichter dur Fehlsprüche begehen, aus der Welt schaffen. Nur wirkliche Volksgerihte machen eine Berufung überhaupt überflüssig.

Damit endet die Discussion.

Auch diese Vorlage wird im Plenum zur zweiten Be- rathung gelangen.

Ein dritter von dem Abg. Munckel (dfr.) eingebrachter Geseßentwurf betrifft Ab ä nderungen der für das Vor- verfahren und für das Verfahren érster Justanz geltenden Bestimmungen der Strafprozeßordnung. Er fordert vor allem die Bestellung eines Vertheidigers hon im Vorverfahren, wenn der Beschuldigte verhaftet wird, und giebt dem Vertheidiger das Recht der jederzeitigen Einsicht in die Acten, sowie das Necht, bei allen öffentlichen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittelungen mit Aus\{chluß eidliher Vernehmung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, welcher erst in der Hauptoerhandlung von seinem Recht der Zeugnißverweigerung Gebrauch macht, dürfe nicht verlesen werden.

De Anttag witd na üter Begründung durch den Abg. Traeger einer Commission von 14 Mitgliedern über- wiesen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß 3 Uhr.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 11. Sißung vom-Mittwoch, 19. April.

A

Im weiteren Verlauf der Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Erleichterung von Stadterweiterungen (f. den Anfangsberiht in der gestrigen Nummer d. Bl.) bemerkt in der Generaldiscussion

Ober-Bürgermeister Bötticher (Magdeburg), daß man in Magdeburg noch kein Bedürfniß zu cinem folchen Geseß empfunden habe, weil dort nicht so viel zersplitterter Grundbesiß vorhanden sei wie in anderen Städten. Erst Gegner des Gesetzes, weil es in Privat- rechte eingreife, habe er si doc inzwischen mehr damit befreundet, weil einige sciner Bedenken in der Commission abgeschwäht worden seien. So habe die Commission das Gescß nicht auf den ganzen städtisden Bebauungsplan, sondern nur auf einzelne Baublöte erstreckt. Ferner habe die Commission eine Klage gegen den Umlegungsbes{luß des Gemeindevorstandes im Verwaltungsstreilverfahren zugelassen. Der Zonenenteignung hätten auch zuerst erhebliche Bedenken entgegen- gestanden, aber auch hier seien gegen einen Mißbrauch die nöthigen Cautelen geschaffen, da die leßte Instanz hierfür die Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten seien. Er bitte daber, dem Gesfeßentwurf zuzustimmen, glaube aber nicht, daß das Gesetz viel zur Anwendung kommen werde, wenigstens nicht in Magdeburg.

Die Generaldiscussion wird darauf geschlossen und die SS 1 bis 8 der Vorlage werden ohne Debatte angenommen.

Nach § 9 sollen die im Eigenthum der Gemeinde befind- lichen öffentlichen Wege unentgeltlih in die umzulegende Grundstücksmasse eingeworfen werden, wogegen von der Gesammtmasse das zu öffentlichen Straßen und Pläßen erforderlihe Gelände der Gemeinde unentgeltlich zu über- eignen ist.

Ober-Bürgermeister Struckmann (Hildesheim) und Ober- Bürgermeister Bötticher (Magdeburg) beantragen, daß die im Gemeindeeigenthum befindlihen Wege und Pläße nur insoweit uncnt- geltlih überwiesen werden sollen, soweit sie niht an Größe die der Gemeinde dagegen übereigneten Flähen übertreffen. Der erstere An» tragsteller weist darauf bin, E diese Bestimmung nur dann gelten soll, wenn die Juteressenten selbs in ihrem Interesse die Umlegung beantragen; dann sci 2s unbilliíg, wenn die Gemeinde mebr Boden- fläche hergeben solle, als sie felbst erhalte.

Graf Klinck owströ m spricht sch gegen den Antrag aus.

Ober-Bürgermeister Bötticher empfiehlt den Antrag aus Bilig- keits8gründen. Sobald die Gemeinde im Gemeindeinteresse die Um- legung vornehme, treffe der Antrag ja nicht zu: wenn sie aber gee zwungen werde durch die Interessenten, gegen ibren Willen die Um- legung vorzunehmen, dann könne man nit von ibr verlangen, daß sie gu Gunsten der interessirten Grundstücksbesiter nod Vodenilädde zugebe.

ASGYE,

Der Antrag wird hierauf abgelehnt und §8 9 unverändert angenommen.

Der Rest des Gesezes wird ohne Debatte an genommen.

Graf Fran kenberg empfiehlf, im- Anschluß hieran eine MNevision des Enteignungsgeseßes von 1874 vorzunehmen. Besonders bei Eifenbahnbauten bâtten sih die Mängel dieses Geseßes wiederholt gezeigt; der Widerspruch einzelner gegen- das Enteignungsverfahren habe manche Bahnhauten um Jahre verzögert, fo sei es z. B. bei der Secundärbahn Grottkau-Strehlen und bei der Umgehungsbahn in Breslau gewesen, wo an einigen kleinen Stellen das Enteignungs- | verfahren noch nicht beendet sei. Werde die Borlage in Wirksamkeit treten, so werde sih die Revision des Enteignungêgeseßzes noch mehr als nothwendig erweisen. S

Darauf wird die Vorlage auch im ganzen angenommen.

_ Schluß 3 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 1 Uhr.

(Kleinere Vorlagen und Berichte.)

Haus der Abgeordneten. 64. Sißung vom Mittwoch, 19. April.

__ Bei Fortsezung der Debatte über den Entwurf eines Er- gänzungssteuergescßes (s. den Anfangsbericht it Der Mittwochsnummer d. Bl.) erklärte bei Verathung des 8 19 der Finanz-Minister Dr. Miquel: :

Meine Herren! Wir kommen jeßt an den Abschnitt über die Vermögensanzeige. Die Commission bat die desfallsigen Bestimmungen des MNegierungsentwurfs gestrihen. Nun erkenne ich zwar an, daß die Vermögensanzeige niht in dem Maße ein nothwendiges Fundament der Veranlagung der Vermögenssteuer it, als das bei der Einkommen- steuer der Fall ist. Jch erkenne an, daß aus den Resultaten der Einkommensteuerveranlagungen in manchen Beziehungen mehr - oder weniger sichere Schlüsse auf den Gesammtbestand des Vermögens ge- zogen werden fönnen ; denno fann ic) nicht unterlassen zu betonen, daß durh die Streichung der Vermögenéanzeige ein erhebliches Element der Unsicherheit für die Veranlagung in dem ganzen Geseß- entwurf hineingetragen ist ; namentlih dasjenige Vermögen, welches niht vor Augen liegt, sowohl Kapitalvermögen als der Betrag des gewerblichen Anlage- und Betriebskapitals, wird in vielen Fällen nur mit großer Schwierigkeit ermittelt werden können. Meine Herren, dennoch hat die Staatsregierung sich entschlossen, aus dieser Frage im gegenwärtigen Stadium keine Cardinalfrage zu machen. Ih enthalte mich daher, Hier weiter auf die Sache einzugehen, zumal ih vollkommen davon durchdrungen bin, daß wenigstens bei der gegenwärtigen Berathung jede weitere Be- fürwortung der Vermögen®anzeige meinerseits keinerlei Erfolg hier im Haufe haben wird. »

Dem Abg. Dr. Meyer (dfr.) erwiderte der Finanz-Minister Dr. Miquel: :

Die Ausführungen des Herrn Dr. Mever führen doch wohl dahin, die Declaration gegenwärtig beizubehalten, bezw. auch für die Vermögenssteuer einzuführen. In dieser Beziebuna würde ih ja gar keine Ursale haben, dem t Redner entgegenzutreten, Sveculationen aber darüber welhe Erfahrungen wir in Zukunft in dieser machen werden, ob wirkli die öffentlißhe Meinung si sel überzeugt, daß die Declaration doch auch hier angezeigt finde ih keine Veranlassung, und ih möchlhte die Debatte nit verlängern, weil ih davon ein Resultat im Sinne ‘egierung mir in keiner Weise versprechen zu können glaube: finde ih feine Veranlassung, und ich möchte die Debatte übe niht verlängern, weil id, wie gesagt, mir ein Resul Sinne der Staatsregierung in keiner Weise versprechen kann.

Die Discussion der 88 51, 51 a und 51b sowie der dazu

gestellten Anträge (f. die gestrige Nummer d. Bl.) leitete de

Finanz-Minister Dr. Miquel mit folgender Rede ein: Meine Herren! Jch glaube, es wi Ißig f

um die Diëcussion cinigermaßen abzukürzen,

der Staatsregierung zu den verschiedenen Anträgen \{o1 Meine Herren, von vornherein bat È

im großen und ganzen au das Haus

punkt gestellt, daß es sich hier um cine wirklide R

directen Staats- und Communalsteuerwesens E

finanzielles Mehr oder Minder,

scheiden kann, für den Staat sid

haben wir den Minderbedarf,

übershüsse aus der Einkommensteuer

Huene nach Aufgabe sämintlicher Realsteuern zu

95 M Ao A aon s as e E e L 39 Millionen Mark berechnet. Die Commission k

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diesen Standpunkt durchaus acceptirt, sie gebühre dem Staat im vollen Betrage In der Commission ist daber durcbaus de vertreten babe, anerkaunt und gewürdigt : zweifellose Einnabmen auf, wir müssen K baupt mögli ift, bei beruben, die aufgegebenen L

Nun war in der Comm i verschiedenbeit, ob die Rechnung gestellt batte, richtig war oder nicht: wurde, namentli das viel größer sein würde, ° anderntbeils die Dur(s@Mnittscinna buten aus den

S

e e J, » Aa dqn as 4 D len nit den Betrag von 24 Millionen

zll L O als Durchsc(uittsertrag ango batte, weit ül Meine Herren, in der Common

voller Entschiedendeit bestritten, dak in

ibre Berechaungen bemängelt werden könnten. Weun Fen damals von der RiWtigkeit diefes Standvunktes bin F nad don bisberigen Erfabrungea Towobl das Au Tourmntn aus den Getreide» und ViedzWWen als aus den Ergebnissen doe Wird jäbrigen Veranlagung de Na TommenteaeT Tt rot Vidon

E A T DA I-U dnd S A de durchdrungen. Meine F d, wit haben ANSFTNOWANTR,