1893 / 94 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

gestellten Musikcorps spielten die preußische Hymne. Besonders Imposant gestaltete sih die Einfahrt in den Quirinal. Die Begeisterung der Bevölkerung kam in endlosem, immer er- neutem Jubel zum Ausdru.

Nach der Ankunft im Quirinal schritten der Kaiser und der König Humbert die Front der Ehren-Compagnie ab. Hierauf begaben Sih Jhre Majestäten über die prahtvoll ge- ihmückte Haupttreppe, an deren Fuß Allerhöchstdieselben der Ober-Ceremonienmeister Graf Giannotti empfing, nach dem Schweizersaale, wo die Hofdamen der Königin die Ankunft der Allerhöchsten Herrschaften erwarteten. Jm nächsten Saale wurden sodann Jhren Majestäten die Ritter des Annunziaten-Ordens vorgestellt. Alsdann begleiteten der König und die Königin ihre hohen Gäste nah deren Ge- mächern.

Jn den Straßen der Stadt hielten inzwischen der Jubel und die Begeisterung noch lange an. Die Nückkehr der Truppen nach ihren Quartieren gab zu neuen wiederholten und begeisterten Kundgebungen der Bevölkerung Anlaß. i

Kurz nah dem Eintreffen der Majestäten im Quirinal erschien vor dem Schlosse eine große Anzahl von Vereinen mit ihren Fahnen, denen sih cine zahlreiche Menschenmenge angeschlossen hatte, und brachte den Allerhöchsten Herrschaften stürmische Kundgebungen dar. Als die Majestäten auf den Balcon traten, wurden Allerhöchstdieselben mit braufenden Jubelrufen be- grüßt. Unter dem Schwenken von Hüten und Taschentüchern ertönten immer erneutc Hochrufe auf das deutsche Kaiserpaar und das italicnishe Königspaar. Die Majestäten verweilten troß der großen Sonnengluth gegen 5 Minuten auf dem Balcon. Dann erst begann die Volksmenge sih langsam zu verlaufen. 2

Bald nah 4 Uhr begaben Sih Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin nah dem Pantheon, um die Grab- stätte des Königs Victor Emanuel zu besuhen. Der Kaiser legte cinen Kranz mit einer Schärpe in den deutschen Farben am Grabe nieder; Beide Majestäten zeihneten sich in dem für die Besucher des Pantheons auflicgenden Buche ein.

Später machten die Kaiserlihen und die Königlichen Magzestäten gemeinsam einen Spaziergang und wurden allenthalben von dem Publikum mit stürmishen Zurufen begrüßt.

Abends 8 Uhr fand im Quirinal Familientafel statt, an welher Jhre Mazesiäten der Kaiser und die Kaiserin, der König und die Königin sowie die in Rom anwesenden italienischen und fremden Fürstlihkeiten theilnahmen. Das aus angesehenen Bürgern der Stadt zusammengeseßte Festcomité ließ am Abend die antiken Denkmäler Roms Fb beleuchten. Jn den Straßen herrshte auch Abends das regste Leben.

Die gestrigen römischen Abendblätter bringen fast alle- sammt Jhren Majestäten dem Kaiser Wilhelm und der Kaiserin Auguste Victoria warme und lebhafte Willkommengrüße dar. Der „Parlamento“ betont, daß keinem Fürsten je zuvor cin fo herzliher und großartiger Empfang in Rom zu theil geworden sei. Der „Fanfulla“ hebt hervor, daß der Besuch der Kaiserlichen Majestäten für die ganze italienische Nation cine gleih hohe Bedeutung habe wie für das Königs- haus, mit welchem sie im Glück und Unglück untrennbar ver- cinigt sind.

Das „Marine- Verordnungs-Blatt“ veröffentlicht nachstehende Allerhöchste Cabinetsordres, betreffend S. M. Schiffe „Hohenzollern“ und „Kaisecradler“ sowie die Berechnung der Kriegsdienstzeit für die Shußt- truppe in Deutsh-Ostafrika.

Ich bestimme, daß Mein Aviso „Hohenzollern" von jeßt ab die Bezeichnung als Yacht und daß Meine Yacht ,Kaiseradler" von jeßt ab die Bezeichnung als Aviso führt. Berlin, den 17. April 1893, Wilhelm. An den Reichskanzler (Reichs, Marineamt).

Ich bestimme, daß die von Theilen der Schußztruppe für Deutsch- Ostafrika im Jahre 1892 gelieferten Gefechte, und zwar: 1) das Gefecht bei Jpuli bei Tabora am 1. April 1892, 2) der Angriff auf Quikura qua Siki bei Tabora am 6. Juni 1892, —. 3) das Gefecht bei Moschi am Kilima-Ndjaro am 10. Juni 1892, 4) das Gefecht bei Mhunzi gegen die Mafiti am 27. August 1892, 9) das Gefecht bei Kondoa am 6. Oftober 1892, 6) das Gefeht bei Munisagara gegen die Wahehe am 8, De- zember: 10992 Im Sinne des 8 923 des Gesetzes, betreffend die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des NReichsheeres und der Kaiserlihen Marine, vom 27. Juni 1871 als ein Feldzug gelten, für welhen den daran betheiligt gewesenen Deutschen ein Kriegsjahr zur Anrechnung zu bringen i. In dem- selben Sinne ist die von dem Compagnieführer Ramsay in der Zeit vom 21. Januar bis zum ò. Juli 1892 geleitete Ervedition in das südliche Hinterland des Schußzgebicts von Kamerun als cin ¿Feldzug anzusehen. Berlin, den 17. April 1893. Wilhelm. Jn Ver- tretung des Neichëkanzlers: Hollmann. An den Reichskanzler (Reichs- Marineamt).

Für die Zeit vom 1. April 1892 bis zum Schlusse des Monats M ä rz 1893 sind von Einnahmen (cinshließlih der creditirten Beträge) an Zöllen und gemel Gat tliwen Verbrauchssteuern sowie von anderen Einnahmen im Deutschen Reich zur Anschreibung gelangt :

Zolle 375 923165 f (gegen denselben Zeitraumdes Vorjahres 28 490 733 46), Tabacfsteuer 11 740 336 M6 (+ 451581 M6), Zudermaterialsteuer 57 121 811 M4 (— 63 633 343 M4), Ver- brauchsabgabe von Zuker 73 188 128 M (4- 17 645 495 M4), Salziteuer 43114277 M (— 117 020 46), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteucr 22 089 913 M6 (+ 1 002 857 M), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 113 471 982 M6 (— 2484553 A), Brausteuer 25 328 655 M (— 47 361 46), Uebergangsabgabe von Bier 3560513 M (4+ 178379 4); Summe 611 295 158 4 (— 75 494 698 46). Spielkartenstempel 1 363 265 A (+ 40077 M), Wechsel- itempelsteuer 7 915 609 6 (— 259983 M), Stempelsteuer für a. Werthpapiere 3642581 M 942434 M), b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 9305 944 #6 1713 962 M), c. Loose zu Privatlotterien 1756 564 M bu 303 650 Ja), Staatslotterien 6 768 219 M6 (— 169 215 M6).

Die zur Reichskasse gelangte Js - Einnahme ab- züglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende März 18953: Zölle 358 445 650 M (— 18 234 489 M), Tabacfsteuer 11364662 M (—176 047 M), Zudermaterialsteuer 13 338 209 M (+3 419 357 M6), Verbrauchsabgabe von Zucker 52 268 607 M6 (— 2966734 M), Salzsteuer 42 474 258 M (— 140 268 M46), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 18771 895 Á6 (+ 500373 4), Verbrauhsabgabe von Branntwein und

uschlag zu derselben 96 110987 4 (— 3888 366 #6), Brau- ieuer und Uebergangsabgabe von Bier 24549 443 M

(4+ 111964 M); Summe 617 323711 A (— 21 374 210 A6). Spielkartenstempel 1 306 922 M (+ 61 590 M46)

Die Commission für die zweite Lesung des

Entwurfs eines Bürgerlichen Geseßbuchs für das-

Deutsche Reich erledigte in den Sigungen vom 17. bis 19. April zunächst den Rest der Vorschriften über die Grun d- dienstbarkeiten (88 966 bis 979). Der 8 971, der die Fälle regelt, in denen mit der Grunddienstbarkeit die Ver- pflihtung des Eigenthümers des dienenden Grundstüs verbunden ist, eine Dienstbarkeitsanlage zu unterhalten, wurde nah dem Entwurf mit dem Zusaß angenommen, daß, wenn die Benußung der Anlage dem Eigenthümer des dienenden Grundstüds gemeinschaftlich mit dem Berechtigten zusteht, die Verpflihtung zur Unterhaltung der Anlage dem Berechtigten insoweit auferlegt werden kann, als die dem Eigenthümer zustehende Benußung es erfordert. Auf diese dem Berechtigten obliegende Verpflichtung sollen ebenso wie auf die dem Eigenthümer des dienenden Grundstücks obliegende Unterhaltungspfliht die Vorschriften über die Reallasten entsprehende Anwendung finden (Abs. 3). Zu einer längeren Erörterung führten die Vorschriften des S 972 über die Befugnisse des Eigenthümers des dienen- den Grundstücks, die Verlegung des Ausübungsorts zu verlangen. Der Entwurf macht diese Befugniß davon ab- hängig, daß der Ort der Ausübung für die Grunddienstbar- keit bestimmt ist und die Ausübung des Rechts an diesem Orte sih infolge einer Veränderung der Umstände als besonders beshwerlich für den Eigenthümer des dienenden Grund- stücks erweist. Die Mehrheit entschied sih dahin, dem Eigen- thümer des dienenden Grundstücks den Anspruch auf Ver- legung des Ausübungsorts auch in solchen Fällen zu geben, in denen der Ort der Ausübung nicht bestimmt ist: auch von dem Erforderniß, daß die besondere Beschwerlichkeit der Aus- übung die Folge einer Veränderung der Umstände sei, abzusehen. Ein Antrag, die Verlegung des Ausübungs- orts auf cin anderes Grundstück zu gestatten, wurde abgelehnt. Der § 973, welcher den Fall der Collision zwischen mehreren Grunddienstbarkeiten oder zwischen einer Grunddienst- barkeit und anderen Nußungs- und Gebrauchsrechten betrifft, gelangte nah dem Entwurf zur Annahme. Dagegen wurden die auf die Untrennbarkeit der Grunddienstbarkeit von dem herr- schenden Grundstücke sih bezichenden Vorschriften des 8 974 als entbehrlich gestrichen. Gegen den sachlichen Jnhalt der SS 975, 976, die den Einfluß einer Naturaltheilung des dienenden oder des herrschenden Grundstücks auf den Bestand der Grunddienstbarkeit näher bestimmen, erhob sich kein Wider- spruch. Der § 976 erhielt jedoch den Zusaß, daß eine Natural- theilung des herrschenden Grundstücks im Zweifel eine Ver- mehrung der Belastung des dienenden Grundstücks nicht zur Folge habe. Die Vorschriften des § 977 über die Aufhebung der Grund- dienstbarkeit durh Rechtsgeschäft wurden sachlich gebilligt. Ein Antrag, zu bestimmen, daß, wenn das herrschende Grundstück mit dem Rechte eines Dritten belastet sei, es zu der rechts- geschäftlichen Aufhebung der Grunddienstbarkeit der Zustimmung des Dritten nicht bedürfe, fand keinen Anklang. Verschiedene Anträge, die Grunddtenstbarkeit auch durch dreißigjährige Nichtausübung erlöschen zu lassen, wurden abgelehnt, ebenj die Aufnahme einer Vorschrift, daß die Grunddienstbarkeit erlösche, wenn mit Kenntniß und ohne unverzüglichen Wider- spruch des Eigenthümers des herrschenden Grundstücks auf dem dienenden Grundstück Einrichtungen getroffen seien, welche die Ausübung der Grunddienstbarkeit unmöglich machen. Auch der von ciner Seite gegebenen Anregung, in solhen Fällen, in denen eine Grunddienstbarkeit dur Er- richtung eines Gebäudes auf dem dienenden Grundstücke beeinträchtigt werde, unter gewissen Vorausseßungen die Vorschriften der §8 857 bis 859 über den Grenzüberbau für entsprehend anwendbar zu erklären, wurde keine Folge gegeben. Die Vorschriften des § 978 über den petitorischen Schuß der Grunddienstbarkeiten gegen Beeinträchtigungen er- fuhren keine Anfechtung. Hinzugefügt wurde die Bestimmung, daß, wenn der Anspruch des (nit cingetragenen) Berechtigten verjährt ist, die Grunddienstbarkeit erloschen ist. Der S 979 gewährt wegen Verhinderung oder Störung der Aus- übung ciner Grunddienstbarkeit Besiß #ch Ug “nur dann, wenn die Grunddienstbarkeit in das Grundbuch ein- getragen und innerhalb eines Jahres vor der Verhinderung oder der Störung, sei ese auch nur einmal, ausgeübt worden ist. Nach dem Art. 111 des Entwurfs des Einführungsgeseßzes sollen diese Vorschriften auch auf die zur Zeit des Inkraft- tretens des Bürgerlichen Geseßbuchs bestehenden Grunddienst- barkeiten von dem Zeitpunkt an Anwendung finden, in welchem das Grundbuchblatt für das dienende Grundstü als an- gelegt anzusehen ist. Diesem Standpunkte des Entwurfs gegenüber war von verschiedenen Seiten beantragt, den Besitz- \huß der Grunddienstbarkeiten, wenigstens dann, wenn sie mit dem Halten einer dauernden Anlage verbunden seien, von dem Erfordernisse der Eintragung der Grunddienstbarkcit unab- hängig zu machen. Von anderer Seite war befürwortet, den Besibshab auh auf unständige, niht alljährlich aus- zuübende Grunddienstbarkeiten auszudehnen. Nach ciner lebhaften Debatte wurde unter Ablehnung der Anträge der J 979 nah dem Entwurf angenommen : doh soll der Art. 111 des Entwurfs des Einführungsgesches dahin er- gänzt werden, daß von der Zeit an, zu welcher das Grund- buch als angelegt anzusehen ist, bei solchen Grunddienstbarkeiten, mit welchen das Halten einer dauernden Anlage auf dem dienenden Grundstücke verbunden ist, die Vorschriften über den Besißshuß bei Grundstücken solange entsprechende Anwendung finden, als Dienstbarkeiten dieser Art nah dem Art. 109 des Entwurfs des I ungsgeseges (in der beschlossenen Neu- fassung) zur Erhaltuñg der vollen Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung in das Grundbuch nicht bedürfen.

Die Berathung wandte fich sodann den früher ausgeseßten Vorschriften über den Eigenthumsanspruch (SS 929. bis 945) zu. Der Entwurf 929) giebt dem Eigenthümer den Anspruh auf Herausgabe der Sache \owohl gegen den Jn- haber als auch gegen den (juristischen) Besißer. Nach ciner sehr eingehenden Erörterung wurde beschlossen, daß der Eigen- thumsanspruh auf Herausgabe der Sache, vorbehaltlih der Vorschriften des Ÿ 73 der Civilprozeßordnung über die sog. nominatio auctoris, nur gegen den Besißer im Sinne der früher gefaßten Beschlüsse, d. h. gegen den, welcher die thatsächlihe Gewalt über die Sache hat, gerichtet werden kann. Ein Antrag, gegen den mittelbaren Besißer dem Eigen-

thümer den Anspruh auf Einräumung des mittelbaren Be- siges zu geben und daneben zu bestimmen, daß auf Ver- langen des Eigenthümers auch der mittelbare Besißer für den Fall, daß" er den Besiß erlange, zuy Herausgabe der Sache zu verurtheilen sei, fand keine 2, stimmung. Jm Anschluß an den §8 929 wurde sodann der S 942 berathen, welher bestimmt, daß der Anspruch auf Herausgabe der Sache ausgeschlossen ist, wenn der Besißer oder der Jnhaber auf Grund eines dinglihen oder obligatori- schen Rechts dem Eigenthümer gegenüber berehtigt ist, die Sache zu behalten. Einvernehmen bestand, daß der Besißer die Herausgabe der Sache verweigern könne, wenn er dem Eigenthümer gegenüber berechtigt sei, die Sache zu be- halten. Dagegen gingen die Ansichten darüber aus: einander, inwieweit der Besißer, wenn er sein Reßt zum Besiße von einem mittelbaren Besißer ableite auh die diesem gegen den Eigenthümer zustehenden Ein- wendungen geltend machen könne. Die Mehrheit entschied sich dahin, dem Besißer die Befugniß zu geben, auh auf Grund solcher Einwendungen die Herausgabe der Sache zu verweigern, Für den Fall jedoch, daß der mittelbare Besiger, z. B. der Verpächter oder der Vermiether, dem Eigenthümer gegenüber nicht befugt ist, die Sache dem Dritten zu überlassen, soll der Eigenthümer von dem Besigzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besißer oder, wenn dieser den Besiß nicht wieder über- nehmen will oder kann, an sich # SS 9830 bis 935 regeln die Frage, inwieweit der Besißer einer fremden Sache sowie derjenige, welcher für ihn die Sache inne hat, dem Eigenthümer zur Herausgabe und Vergütung von Nußungen und zum Schadensersaß wegen Untergangs oder Verschlechterung der Sache verpflichtet ist. Die Berathung dieser in engem Zusammenhang stehenden Vorschriften wurde nicht zu Ende geführt.

__ Der General - Jnspecteur der Fuß-Artillerie, General dcr Artillerie Sallbach, hat sich nah Süddeutschland begeben.

Der General-Lieutenant von Lüten, Commandeur der 4, Division, ist nah Stettin und Bromberg abgereist.

Oesterreich-Ungarn.

Die Landtage von Oberösterreih, Nieder- Oere, Krain de Bukowina, Vorarlberg. Goerz und Gradiska sind gestern zusammengetreten. Jm niederösterreichishen Landtage beantragte laut Meldung des „W. T. B.“ der Abg. Doblhammer, an die Regierung das dringende Ersuchen zu richten, die Aufhebung der Grenz: sperre gegen die Vieheinfuhr aus Oesterreich seitens der deutschen Regierung zu erwirken. Jm böhmischen Landtage interpellirte gestern der Abg. Richter wegen der Vorgänge in Kolin, die mit lange vorbereiteten Hegzereien zusammenhinzen, und fragte an, ob die Regierung geneigt sei, diesen Heßzereien entgegenzutreten und den Mitbürgern jüdischer Confession ihre Sicherheit wiederzugeben. Der Statthalter Graf Thun beant- wortete sodann die Jnterpellation über die Erledigung der ihm von der Prager Stadtgemeinde überreichten Denkschrift in der An- gelegenheit der Vorgänge im Landesschulrath und erklärte, das der Znterpellation beigefügte Promemoria sei niht mit der Denk schrift der Stadtgemeinde identish gewesen, die eine unbefugte Kritik enthalten habe. Hätte sich lehtere nur auf eine that sächliche Darstellung des deutschen Schulwesens in Prag bc schränkt, so würde er (der Statthalter) sie eingehend er- wogen haben. Von ciner directen gegen die Stadtvertretung gerihteten Anschuldigung der Mißgunst und Gehässigkeit gegen das deutshe Schulwesen sei im Landes- |hulrath niht die Rede gewesen, es seien lediglich ähnlihe Worte gefallen. Allerdings sei es bei den Ver hältnissen in Prag niht auffallend, daß das Vorgehen der Stadtgemeinde in etwas schärferen Ausdrücken kritisirt werde. Der Statthalter {loß mit dem Appell an die Prager Stadtvertretung : dieselbe möge, geleitet von den Jdeen der Humanität und der Versöhnlichkeit, unter Hintanseßung alle: politishen und nationalen Divergenzen das Schulwesen fördern.

&

Das ungarische Unterhaus genehmigte gestern dié mit Schweden-Norwege!1

Handelsverträge mit Korea und : fowie den Markenschußvertraqg mit Numänien.

Großbritannien und Jrland.

Die Königin wird der „A. C.“ zufolge am 26. d. M die Nückreise von Florenz nach England über Bologna und die Schweiz antreten.

Das Oberhaus nahm gestern, wie „W. T. B.“ be- richtet, die zweite Lesung der Bodenübertragungsbill an. Der Lord-Großkanzler Lord Herschell erklärte, die Vorlage bc- zwecke zu ermöglichen, daß die Uebertragung von Land billig

und schnell geschehe, und {lug vor, daß die Eintragung bci.

c edoch

Verkauf von Grundbesiß obligatorish gemacht werde. N gewissen

solle das Registrirungssystem nur allmählih in Districten und nicht sofort überall eingeführt werden. Jn der gestrigen Sißung. des Unterhauses fragic

Wallace an, ob der Premier-Minister Gladstone die Nach-

richt der „Truth“ gelesen habe, daß, falls die Ausschließung der irischen Abgeordneten bei der Spccialdebatte über die Homerulc- Bill angenommen werden sollte, die Vorlage scheitern werde, da mehrere der Minister erklärt hätten, » ihre Ansichten wichen in diesem Punkte so sehr von denjenigen Gladstone's ab, daß ste cher das Ministerium auflösen, als nahgeben würden. Der Premicr Gladstone entgegnete, er wisse niht, auf welhen Grad von Authenticität die Nachricht der „Truth“ Anspruch machen könne, aber er würde doch wohl ctwas von der Ansicht seiner Collegen wissen; ihm sei die Mittheilung ganz neu, auch sei sie ganz unvereinbar mit der Jnformation, die er über die Ansicht seiner Collegen besiße. Uebrigens werde er heute die Susgpendirung des Mitternachts-Reglements behufs Bc- endigung der Debatte über die Homerule-Bill beantragen; am Montag werde der Kanzler der Schaßkammer Sir W. Harcourt das Budget vorlegen. Der Parlamentssecretär des Auswärtigen, Sir E. Grey, erklärte, der Erzbischof Khrimian werde in Jerusalem zurückgehalten, bis ein Arrangemen! hinsichtlich seiner Annahme der russishen Nationalität, welche die Pforte beanstande, getroffen sein werde. Die Angelegenheit scheine niht unter den Artikel 62 des Berliner Vertrages, der sich auf die religiösen Körper-

schaften innerhalb des ottomanischen Reichs beziehe, zu fallen. -

Die englische Regierung beabsichtige nicht, die Jnitiative zu Vorstellungen bei der Pforte zu ergreifen. Mac Lagan

elbst verlangen können. Die.

theilte hierauf mit, die Zahl der bei dem Unterhaus einge- gangenen Petitionen zu Gunsten der Homerule-Vill betrage 15 mit 30 Unterschriften, die Zahl derjenigen gegen die Bill betrage 1863 mit 506 000 Unterschriften. Der Civil-Lord der Admiralität Robertson gab auf eine Anfrage die Zahl der britischen Kriegsschiffe im Mittelmeer auf 6 Schlachtschiffe erster und 4 zweiter Klasse, 6 Kreuzer, 2 Torpedowidder und L epedoboot[Citio und 11 kleinere Schiffe an.

Frankreich.

Jn dem gestern abgehaltenen Ministerrath theilte der Kriegs-Minister General Loizillon mit, er habe die Ver- treibung von sechs marokkanishen Douars, die sih mit 300 Zelten in Magura niedergelassen hätten, verfügt, da diese Niederlassung eine Verleßung des französischen Gebiets bedeute. Der Finanz - Minister Peytral machte die Mittheilung, daß sich die Einnahmen aus den Eisenbahnen bedeutend vermehrt, die Rücknahmen aus den Sparkassen aber heträhtlih vermindert hätten. Jn der zweiten Dekade des April hätten die Rückzahlungen die Einlagen nur noch um 91/, Millionen überschritten; die Nentenverkäufe hätten in demselben Zeitraum 17 Millionen betragen.

Jn der Finanzcommission des Senats begründete gestern Nachmittag der Finanz-Minister Peytral die Börsen- steuervorlage und äußerte sih über verschiedene Theile des Budgets, bezüglich deren zwischen der Kammer und dem Senat feine Einigung erzielt werden konnte. Die Vorlage verpflichtet diejenigen, welche geschäftsmäßig Börsenoperationen be- treiben, daß sie von Geburt oder dur Naturalisation Fran- zosen sind und ihrer Militärpfliht genügt haben. Nur die Commanditäre sind von dieser Verpflichtung nicht berührt. Die Steuer ist auf einen Franc für je 10 000 Francs, auf welche sich die Geschäfte erstrecken, festgeseßt. Jn parlamentarischen Kreisen scheint, wie „W. T. B.“ meldet, die Befürchtung Plat zu greifen, daß eine Verständigung zwischen den beiden geseß- gebenden Körperschaften vor dem 30. d. M. nicht werde herbei- geführt werden können, so daß abermals ein provisorisches Budgetzwölftel bewilligt werden müsse.

Die Negierung hat angesichts des Arbeiterfeiertages am 1. Mai Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen. Das Militär wird sih auf Straßen und Pläßen nicht zeigen, vielmehr in den öffentlihen Gebäuden in der Nachbarschaft derjenigen Oertlichkeiten consignirt werden, wo seine Gegenwart nothwendig werden könnte.

Ftalien.

Der Erzherzog Rainer stattete, laut Meldung aus Rom, gestern der Königir-Wittwe von Portugal, dem Herzog von Genua und der Prinzessin Laetitia Besuche ab. Abends erwiderte der König den Besuch des Erzherzogs. * Die Be- völkerung bereitete dem Erzherzog überall, wo er si zeigte, einen äußerst sympathischen Empfang.

Der Herzog vvn York traf gestern Abend gegen 7 Uhr in Nom ein und wurde auf dem Bahnhof von dem Kron- prinzen von Jtalien und den Ministern empfangen.

n der Villa Pianora bei Viareggio hat gestern Mittag die Trauung des Prinzen Ferdinand von Sachsen- Coburg mit der Prinze}sin Marie Louise von Parma in der Privatkapelle des Herzogs von Parma durch den Erz- bishof von Lucca stattgefunden. Anwesend waren, wie „W. T. B.“ berichtet, die Prinzessin Clementine von Sachsen-

Prinz und die Prinzessin Philipp von Sachsen-Coburg, der Prinz August von Sachsen-Coburg, die Erzherzogin Clotilde, die Herzogin Amalie in Bayern, Graf und Gräfin Bardi, die Minister Stambulow und Grekow, der Präsident. der Sobranje Petkow, sowie andere bulgarische Würdenträger und Militärs. Vorher erfolgte die Unterzeichnung der Ehepacten': die Zeugen waren der Herzog della Grazia und Graf Mensdorff. Nach der Trauungsceremonie fand die Entgegennahme der Glückwünsche statt. Bei dem Festmahl brachte der Herzog von Parma einen Trinkspruch auf die Neuvermählten , das sachsen-coburgishe Haus, die bulga- rische Nation, deren Regierung und Armee aus. Der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg dankte in seinem und seiner jungen Gemahlin Namen und gab seiner Freude über dic Verbindung mit dem Hause Bourbon Ausdru, da auch in seinen Adern das Blut des heiligen Ludwig fließe. Bei Schluß der Tafel brachte der Minister Stambulow einen Toast aus auf den Herzog von Parma, worin er ihm dafür dankte, daß der Herzog jeine Tochter dem Prinzen Ferdinand anvertraut habe , und versicherte, daß Bulgarien die Prinzessin chren und eiferfüchtig behüten werde.

Coburg, der

j Abends 9 Uhr reisten der Prinz und die Prinzessin Ferdinand nah Spezia ab, von wo heute die Weiterreise nah dem Orient erfolgt. Die Minister Stambulow and Grekow kehrten gestern Abend nah Florenz zurü.

Spanien.

Nach einer in Paris eingetroffenen Meldung aus Madrid wäre die Jnfantin Zsabella vorgestern von einem Unfall betroffen worden. Die Pferde vor dem Wagen, worin die Infantin auf dem Prado spazieren gefahren fei, wären durhgegangen und nur mit Mühe zum Stehen gebracht worden. Der Wagen sei stark beschädigt worden, die Prin- zessin indessen unverleßt geblieben.

Belgien. Der anläßlich der Unruhen in Brüssel vor einigen

Cw W. T. B.“

Tagen verhaftete Advocat Picard ist, wie „W. meldet, wieder freigelassen worden.

Rumänien.

Anläßlich seines Geburtstages nahm der König, laut Meldung des „W. T. B.“, gestern - die Glückwünsche des Ministerraths entgegen. Die Stadt war festlih beflaggt. ¿„ Nachmittags 1 Uhr fand gestern in Bukarest eine öffent- ähe Versammlung der Liberalen statt, in der heftige Ansprachen gehalten wurden. Die Theilnehmer an der Versammlung begaben sich sodann nah dem Friedhof und legten an dem Grabe Nosittes einen Kranz nieder. Als sie sich darauf nah dem Königlihen Palais begeben wollten, um dort zu demonstriren, sperrte ein Detachement

ruppen alle zum Königlichen Palais führenden Straßen ab. Die Manifestanten versuhten den Durchgang zu erzwingen, gaben jedo diese Absicht, nahdem sic zweimal im Namen 2X Gesetzes dazu aufgefordert waren, auf und kehrten zum Friedhofe zurück, um sih alsdann zu zerstreuen. Am Abend herrschte vollständige Nuhe.

Serbien.

Der frühere Abgeordnete Peter Maximowic is dem „V, T. Y.“ zufolge zum Justiz-Minister ernannt worden.

Bulgarien,

Anläßlich der Vermählung des Prinzen Ferdinand war gestern, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, die ganze Stadt reih geshmückt und am Abend beleuhtet. Der Ministerrath hatte beschlossen, den Hochzeitstag officiell zu feiern. Vormittags fand ein feierlihes Tedeum statt, dem jämmtlihe Behörden und eine große Menschen- menge beiwohnten. Sodann wurde eine Truppen- revue abgehalten. Die Negierung sandte an das neuvermählke Paar, an den Herzog von Parma und an die Prinzessin Clementine Glückwunsch-Telegramme ab. Für den Prinzen Ferdinand und dessen Gemahlin liefen fast ununterbrochen Beglückwünschungs-Telegramme ein. Die „Swoboda“ feierte die Vermählung des Prinzen in cinem Artikel, worin die Bedeutung des Tages für Bulgarien hervor- gehoben wird. Unter der Regierung des Prinzen habe Bul- garien sih in kurzer Zeit die Sympathien Europas erworben.

Monténegro. Der Auslieferungsvertrag zwischen Jtalien und Montenegro ist ratificirt und die Ratificationen sind, wie Ç 1248 t : c A „W. T. B.“ berichtet, ausgetauscht worden.

Schweden und Norwegen.

Die Zweite s{chwedische Kammer hat sich dem „Hamb. Corresp.“ zufolge gegen die von der Regierung beab- sichtigte shnelle Vergrößerung der Kriegs flotte erklärt. Während die Erste Kammer 2 000 000 Kronen in den ordent- lichen Marine-Etat einstellte, bewilligte die Zweite Kammer außerordentlich 2868 000 Kronen für ein Panzerschiff, und davon für das Jahr 1894 nur 1 000 000 Kronen: zu Marinec- geshüßen bewilligte die Zweite Kammer 100 000 Kronen, die Erste Kammer 252 000 Kronen.

Wie „W. T. B.“ aus Christiania meldet, werde dort eine Ministerkleisis für wahrscheinlich gehalten. „Morgen- bladet“ meint, das Ministerium werde demissioniren und der König werde den Präsidenten des Storthings, Nielsen, beauf- tragen, ein neues Ministerium zu bilden. Authentische Mel- dungen lägen noh nit vor.

Parlamentarische Nachrichten. Deutscher Neichstag. :

_Der Bericht über die gestrige Sißung befindet sich in der Ersten Beilage.

80. Sißung vom Freitag, 21. April, 1 Uhr.

Der Sißung wohnt der Staatssecretär Dr. von Boetticher bei. :

Auf der Tagesordnung steht zunächst der dringliche Antrag des Abg. Stadthagen (Soc.):

„Der Staatsanwaltschaft beim Königlichen Landgericht 1 Berlin wird die Genehmigung zur Strafverfolgung des Neichstags- abgeordneten Stadthagen wegen angeblicher Berleßung des § 352 des Neichs-Strafgesezbuchs ertheilt.“

Abg. Stadthagen (Soc.) weist darauf hin, daß er wegen bewußter Gebührenüberhebung aus dem Rechtsanwaltsstande ausge- stoßen sei; die Staatsanwaltschaft habe es aber abgelehnt, gegen ihn wegen Gebührenüberhebung einzuschreiten, weil er Reichstags- abgeordneter sei, und ihm anheimgegeben, die Genehmigung des Reichstags zu seiner strafrehtlihen Verfolgung nahzusuchen. Die Verjährungsfrist laufe am 9. Mai ab; er wolle die Sache zur ges rihtlihen Entscheidung bringen, um feine Ehre zu retten.

Abg. Ackermann (dcons.): Der Fall ist ein seltener, daß ein Mitglied die Strafverfolgung gegen sich selbst beantragt. Man kann nicht wissen, aus welhem Grunde die Staatsanwaltschaft die straf- rechtliche Verfolgung ablehnt. Deshalb müßte die Geschäftsordnungs- Commission die Sache erst untersuchen; die Commission (deren Vor- fißender der Redner ist) wird dafür forgen, daß die Sache möglichst beschleunigt wird.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkstoirthschaft.

Conferenz der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahbrts- Einrichtungen.

Auf der Tagesordnung der Conferenz der Centralstelle für Arbeiter - Wohlfahrts - Einrichtungen, die heute und morgen im Architektenhause hierselbst abgehalten wird, stehen folgende Themata: l) Hilfs- und Unterstützungskassen für Arbeiterfamilien, Referent: Abg. Oechelhäuser (Dessau); 2) Fürsorge für Kinder und Jugendliche, Referent: Caplan Drammer (Köln a. Rh.). Der erste Abschnitt „Hilfs- und Unterstüzungskassen" wird sich aus- {ließli} auf Fabrikboden bewegen. Es [ol zue Dar- stellung gebracht we1d?n, welhe Einrichtungen im Anschluß an die gefeßlih bestehenden Kassen und zu ihrer Ergänzung zur Verbesserung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiterfamilien von Arbeit- gebern getroffen sind. Die Conferenz wird {ih zunächst mit den Kassen beschäftigen, welhe die vorübergehende Nothlage durh Gewährung von Darlehen zu erleichtern bestrebt sind. In zweiter Linie stehen die Unterstüßungskassen für Erkrankungs- und besondere Nothfälle; eine Unterabtheilung dieses Kapitels werden die Hilfskassen im engeren Sinne bilden. In dritter Reihe wird \ich die Conferenz mit den Unterstüßzungskassen bei Invalidität, Alter und Todesfall beschäftigen. Der Rahmen des zweiten Themas „Fürsorge für Kinder und Jugendliche“ ist weiter gefaßt. Hier werden neben den besonderen Einrichtungen, welche Arbeitgeber für ihre Geschäfts- angehörigen ins Leben gerufen haben, auch die allgemeinen Veranstaltungen der privaten, der Vercins- und der öffentlichen Wohlfahrtépflege Berücksichtigung finden. Dieses Thema zerfällt in drei Theile, von denen der erste si mit den Kindern bis zum vierzehnten Jahre, der

¿weite mit den jungen Mädchen, der dritte mit den jungen Burschen

beschäftigen wird. 4 4 2A ZU der heutigen Eröffnungssißung der Conferenz waren der Handels-Minister Freiherr von Berlepsch und im Austrage des Kriegs-Ministers der Major Bahn erschienen. Außerdem bemerkte man in der Versammlung den Abg. Oechelhäuser (Dessau), den Ge- heimen Regierungs-Rath Dr. Poft, den Unterstaats-Secretär a. D. Herzog (Berlin), den Corvetten - Capitän Harms (Berlin), den ehe- maligen Abg. Stadtrath Kalle (Wiesbaden), die Professoren DDr. Schmoller (Berlin) und Cohn (Zürich), den Abg. Kaplan Hitze (München- Gladbach) als Deputirten der katholischen Arbeitervereine Deutschlands. Der ständige Vorsißende, Unter: Staatssecretär a. D. Herzog eröffnete die Versammlung mit Worten der Begrüßung und theilte mit, daß die Centralstelle seit ‘der vorjährigen Conferenz wesentliche Fortschritte zu verzeichnen habe. Es scien bei dem Vorstand eine große Anzahl Anfragen über Wohlfahrts-Einrichtungen für Arbeiter al ard A Die vorjährige Ausstellung habe zur Errichtung eines ständigen Museums für Arbeitec-Wohlfahrts-Cinrichtungen geführt. Das Museum sei in den Räumen des Hygiene-Museums in der Klosterstraße unter- gebraht. Den Ministern kür Handel und der geistlihen 2. An- gelegenheiten, die das Museum durch Beiträge unterstüßt haben, spreche er im Auftrage des Vorstandes. besten Dank dafür aus. Auch mehrere große Arbeitgeber hätten das Museum unterstützt; es sei wiünsGenäwerih, daß die Arbeitgeber diese Unterstüßungen dur Zu

weisung von Modellen , Zeichnungen 2. fortseßen. Geheimer Negierungs -Nath Dr. Post machte alsdann Mittheilung von einer Einladung ¿ur Besichtigung des von der Frau Ge- heimen Commerzien - Rath Heyl in Charlottenburg errichteten Kinderheims. In diesem Kinderheim werden \chulpflichtige Kinder mit nüßlihen Arbeiten beschäftigt. Die Theil- nehmer der Conferenz sind ferner eingeladen, das Museum der Centralstelle, das von dem Commerzien-Rath Noesicke errichtete Familienhaus und die in jüngster Zeit von dem Kriegs-Ministerium errichtete Arbeiter-Colonie Haselhorst bei Spandau, leßtere auf Einladung des Kriegs - Ministers, zu besuhen. ajor Bahn vom Kriegs - Ministerium bemerkte hierauf: Die König- lihe Militärverwaltung habe in Spandau sechs große Fabriken, in denen noch bis vor furzer Zeit 16 000 Arbeiter beschäftigt waren. Es sei selbstverständlich, daß infolge dessen die Miethépreise in Spandau ungemein gestiegen seien. Das Kriegs - Ministerium habe, um sich einen guten Stamm von Arbeitern zu erhalten, die Errichtung ciner Arbeitercolonie beshlossen. Es seien bisher sechs Zwei-Familienhäuser; “ses Vier-Familienhäuser und acht Acht-Familienhäuser erbaut worden. Zu 100 Wohnungen hätten \ich 360 Bewerber gemeldet. Die unverheiratheten Arbeiter seien aller- dings weniger geneigt, nah Haselhorst zu ziehen. Zur Arbeiterbewegung.

In Stettin haben einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge die Nieter der Schiffsbauwerft vormals Möller u. Holberg, Actiengesellschaft, die Arbeit eingestellt. Als Grund der Arbeits- einstellung werden die Lohnverhältnisse angegeben.

In Halle kündigten die Steinmeßmeister ihren Gesellen an, daß die Löhne von 45 9 auf 40 für die Stunde herabgeseßt werden follen. Die Gesellen beschlossen, wie die Berliner ,Volks- Ztg.“ berichtet, darauf nicht einzugehen.

In Plagwiß bei Leipzig verhandelte, wie wir der «Lpz. Ztg.“ entnehmen, cine von etwa 350 Perfonen besuchte Versammlung dhe den Ausstand der Brauergehilfen in der Naumann'’schen Brauerei. Die Versammlung beschloß, die Beilegung des Ausstandes noch cinmal auf gütlihem Wege zu versuchen, und wählte zu diesem Behufe eine Commission.

In Plauen bei Dresden striken, wie der , Vorwärts" mittheilt, die beim Bau des Nathhauses beschäftigten Erdarbeiter und verlangen Lobnerhöhung.

Aus Charleroi meldet ein heutiges Telegramm des „O. T. B.", es seien im dortigen Kohlenbecken noch 10 000 Marn ausständig; die Lohnverhältnifse werden als Grund des Ausf|tan- des genannt.

Aus Amiens meldet ein Wolff {hes Telegramm, der Ausftan d der dortigen Tertilarbeiter werde als beendigt angesehen.

In Stockholm haben nah einem Telegramm“ des „D. B. D, die Seßer in der Buhdruckerei „Dagens Nyheter“ die Arbeit eingestellt.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Nuhr und in Obersc(þlesien.

An der Ruhr sind am 20. d. M. gestellt 10814, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Dberschlesien find am 19. d. M. gestellt 3262, niht recht- ¡eitig gestellt keine Wagen.

In der Generalversammlung der Bank für Rheinland und Westfalen in Köln vom 19. d. M. wurde die Bilanz ein- stimmig genehmigt, Entlastung ertheilt und die sofort zahlbare Dividende auf 5 9% festgeseßt. Das ausscheidende Mitglied des Auf- sichtsraths wurde wieder gewählt.

Die Generalversammlung der Deutschen Elb\chiffahrts- Gesellschaft „Kette* hat die Vertheilung einer Dividende von 1 9/9 beshlossen. Der Antrag einiger Actionäre, 4000 Stück Actien zurückfzukaufen, wenn sie für einen Preis niht über 200 A netto per Stück zu erhalten sein sollten, sobald der Gesellschaft die erforder- lichen Geldmittel zu annehmbaren Bedingungen zur Verfügung stehen,

wurde angenommen.

Die gestrige Generalversammlung der Rheinisch- Nassauischen Bergwerks- und Hütten-Actien-Gesellkl- schaft zu Stolberg genehmigte die Bilanz und ertheilte dem Vor- stand Decharge, wobei sih die Verwaltungsräthe und ein Actionär der Abstimmung enthielten. Der aus dem Gewinn- und Verlust-Conto fowie aus den Abschreibungen sih ergebende Gesammtverlust von 234 372 M wird aus dem Meservefonds gedeckt.

- Der Ausschuß der Lübeck-Büchener Eisenbahn-Gesell- \chaft hat in seiner gestrigen Sißung beschlossen, die Dividende auf die Actien für das Jahr 1892, vorbehaltlich der Genehmigung der Vilanz durch die Generalversammlung, auf 69% festzusetzen.

Magdeburg, 20. April. (W. T. D) SZuckerberihk Kornzucker excl., von 92% 17,30, Kornzucker excl., 88 9/ Rendement 16,50, Nachproducte excl, 75% Rendement 14,10. Fest. Brodraffinade 1. 29,00. Brodraffinade 11. —,—. Gem. Raffinade mit Faß 28,75. Gem. Melis T. mit Faß —,—. Stetig. Rohzucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. April 16,373 Gd., 16,45 Br., pr. Mai 16,422 bez., 16,45 Br., pr. Juni 16,60 bez. u. Br., pr. Juli 16,627 bez., 16,725 Br. Stramm.

Leipzig, 20. April. (W. T. B) KammMmzug-Termktu- handel. La Plata Grundmuster B. per April 3,827 46, per Mat 3,89 #6 per Junt 390 ch ver Juli 3996 per August 3,95 #, per September 3,977 4, ver Oktober 3,975 M, per November 3,974 #, per Dezember 4,00 4, per Januar 4,00 4, per Februar 4,00 6, per März —,— A, Umsay 15 000 kg.

London, 20. April. (W. T. B.) Wollauction. Preise fest, unverändert.

An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.

96% Javazucker loco 174 fes; Rüben - Robzucker loco 164 fest. Chile-Kupfer 441/16, pr. 3 Monat 451.

In dem Prozeß gegen die Directoren der „Hansard Union“, welche wegen angeblich betrügerisher Manivulationen bei Gründung der Gesellschaft in Anklagezustand verseßt worden waren, hat dic Jury den ehemaligen Lordmayor von London, S ir Henry Isaacs freigesprochen.

Liverpool, 20. April. (W. T..B.) (Officielle Notirungen.) Amcrican good ordin. 41/16, do. low middling 45/16, do. middling 47/1, do. good middling 42/16 do. middling fair 48/15, Pernam fair 411 16, do. good fair 47, „Ceara fair 4/16, do. good fair 42, Egyptian brown fair 41/16, do. do. good fair 5, do. do. good 5°/16, Peru rough good fair 6/16, do. do. good 62, do. do. fine 7F, do. moder. rough sir 415/16, do. do. good fair 52, do. do. good 61/16, do. \mooth fair 411/16, do. do. good fair 47, M. G. Broach good 41/16, do. fine 43, Dhollerah good 4/6, do. fully good 41/16, do. fine 44 Domra good 4, do. fully good 43, do. fine 45/16, Scinde good 39/16, Bengal fully good 38/16, do. fine 4.

Bradford, 2. April. (W. T. B.) Markt ruhiger, Wolle stetig, Garne fest, in Stoffen eher mehr Geschäft.

Amsterdanut, 20. April. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 950. Bancazinn 552.

New-York, 20. April. (W. T. B.) Die Börse eröffnete matt mit niedrigeren Curset, erholte sich im weiteren Verlauf tbeil- weise und {loß stetig. Der Umsaß der Actien betrug 315 000 Stück. Der Silber vorrath wird auf 420000 Unzen geschäßt. Silberverkäufe fanden nicht statt.

Kaffee. . Anfangs niedriger auf flauere auswärtige Märkte, steigerte sich aber Nachmittags auf Deckungen der Baissiers und {loß 40 bis 70 Cents böber.

Weizen eröffnete fest und steigend auf Deckungen seitens der Plaßspeculanten, später Reaction auf Kabelberihte und zunehmende Ankünfte in den westlichen Pläßen, sowie auf unbedeutende Reali- sirungen : darauf wieder \teigend auf Deckungen der Baissiers und auf {hledtes Wetter im Westen. Schluß fest. Mais allgemein feft während des ganzen Tages. i