“ Der „Sun“ meldet aus Washiugton, ‘der Secretär des Schaßamts Carlisle bereite eine Erklärung über ie Politik des Schaßamts vor, welche besage, die G oldreserve sei einzig zur Ein- lösung der Greenbacks zu verwenden; der Staätsschatz könne die Schaßschcine von ‘1890 in Gold oder in Silber einlösen ; wenn das zur Verfügung stehende Gold ershöpft sei, werde die Einlösung in Silber erfolgen. d
Chicago, 20. April. (W. T. B.) Weizen eröffnete unregel- mäßig, später trat auf Deckungen der Baissiers eine Besserung ein. Schluß stetig. — Ma is allgemein fest während des ganzen Tages.
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause wird am Sonntag „Ca- välleria rusticana“ mit den Damen Pierfon, Dietrih und Lammert und den Herren Rothmühl und Fränkel, sowie NRossini's „Barbier von Sevilla“ mit den Damen Dietrich und Lammert, den Herren Lieban, Bulß. Mödlinger und Schmidt gegeben. In der am Montag zum ersten Mal in Scene gehenden Oper „Unter Näubern" von Anton Rubinstein sind die Damen Göße, Leisinger, Herzog und Schramm, sowie die Herren Nothmühl, Bulß, Lieban, Fränkel, Ritter, Krasa, Schmidt und Stammer beschäftigt. In dem darauf folgenden Ballet „Die Rebe“, mit Musik von Rubinstein, treten die Dauren dell Cra, Urbanska, Stoßmeister, Herr Burwig 2c. auf.
Das Königliche Schauspiel (im Neuen Theater) bringt am Sonntag eine Wiederholung des Einacter-Abends : „Gastrect“, „Meister Gert Westfaler“, „Die wahsame Schildwache“, „Die ehrlih Bâäin“. i E
Im Lessing-Theater werden in dem Wiener Volks\tücck „Brave Leut’ vom Grund“ von Ludwig Anzengruber, das morgen zur ersten Aufführung gelangt, neben Jenny Groß und Franz Schönfeld, welche die beiden Hauptrollen darstellen werden, auch Marie Meyer und Carl Waldow in hervorragenden Aufgaben beschäftigt sein, während die zahlreichen episodishen Figuren des Stücks fast alle übrigen Lust- spielkräfte des Lessing-Theaters in Anspruch nehmen. Die musikalische Leitung der Vorstellung hat Herr Kapellmeister Hoffmann über- nommen.
Mit Ilka von Palmay in der Titelrolle gelangt im Friedri - Wilhelmstädtishen Theater am Montag zum ersten Male das Vaudeville „Mam'zelle Nitouche“ zur Aufführung. Die übrigen Hauptrollen sind mit den Damen Elise Schmidt, Cornelli und den Herren Klein, Wellhof, Bruch, Broda, Ernsthaft und Ewald besekt.
In Max Halbe's Drama „Jugend“, das am Sonntag in einer Matinée des Nesidenz- Theaters zur Aufführung gelangt, wird das jugendlihe Paar, das im Mittelpunkte der Handlung steht, von Vilma von Mayburg und Rudolf Bittner dargestellt; die anderen Nollen liegen in den Händen der Herren Iosef Jarno, Hermann Werner und Paul Biensfeld. Vorausbestellungen zu dieser Matinée werden an der Kasse des Theaters entgegengenommen.
Im Kroll’shen Theater wird Signorina Prevosti in der Titelpartie in Donizetti's „Lucia von Lammermoor®“ am Sonntag sich verabschieden.
In dem morgen Abend 8 Uhr in der Philharmonie statt- findenden großen Concert zum Besten des Vereins „Mädchenhort“ wird, außer Anton Rubinstein, Signorina Prevosti, Fräulein Sophie Sakimowski (Klavier) und Fräulein Annette von Jerebßoff (Gesang), auch Signor Merli mitwirken. Mit genanntem Künstler wird Signorina Prevosti das große Duett aus Donizetti's „Liebestrank“ zu Gehör bringen; außerdem singt die Künstlerin eine Arie
Wetterberiht vom 21. April,
8 Uhr Morgens. — e Neues
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Liebsten. heiter 3 heiter 16 wolkenlos Nebel heiter \wolfig1) bedect12)
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Weingartner. Komische
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1) Nachts wenig Regen. 2) Früh Schneeflocken. 3) Abends Regentropfen. 4) Nachts etwas Regen. 5) Nebel, Thau. ©) Dunst.
Uebersicht der Witterung.
Ein barometrishes. Marimum liegt über Schott- land, einen Ausläufer südostwärts nah der Alpen- egend entsendend; ein Minimum liegt über Nord- fandinavien mit einer Theildepression über Süd- shweden; eine andere Depression lagert über der Biscayasee. In Deutschland ist das Wetter an- dauernd ruhig, trocken, warm, im Norden ziemlich trübe, im Süden heiter, nur in den nordöstlichen Gebietstheilen, wo Abkühlung stattfand, liegt die Zemperatur unter dem Mittelwerthe, in Memel um 5 Grad. Weiter westwärts fortschreitende Ab- fühlung ift wahrscheinlidz.
Deutsche Seewarte.
RRTSNSENG S RRERE E R E M P S A E S E R CU O L N O B RE E; REEE Theater - Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 100. Vorstellung. Die Rantzau. Oper in 4 Actten von Pietro Moascagni. Text von G. Targioni-Tozzetti und G. Menasci. (Nach Erkmann und Chatrian.) T von Max Kalbeck. In Scene gefeßt vom Dber-Negisseur Teßlaff. Dirigent : Kapellmeister Weingartner. — Slavische Brautwerbung. Tanzbild von Emil Graeb. Musik componirt und arrangirt von P.
Messina.
Sorma.) Montag :
reise.
Herr Epstein.
mann.
Hertel. (Mit Einlagen von J. Brahms.) Diri- gent: Herr Steinmann.
Theater (am 107. Vorstellung. Dramatisches Gedicht in 1 Aufzug von Nudolph In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Zum 1. Male: faler. Komödie in 1 Aufzug aus dem Dänischen des Ludwig Holberg (geschrieben 1722). deutshe Bühne eingerihtet von Dr. Julius Hoffory und Dr. Paul Schlenther. Ober-Regisseur Mar Grube. — Die wachsame Schildwache. 1 Aufzug nach Cervantes (geschrieben um 1612), bearbeitet von Nudolph Genée. vom Ober-Regisseur Mar Grube. — Zum 1. Male: Die ehrlich Väckin mit ihren drei vermeinten Ein Possenspiel zur Lehr und Kurzweil gemeiner Christenheit, Frauen und Jungfrauen zum goldenen Spiegel von Jacobus Ayrer. Male aufgeführt in Leipzig im Jahre 1615.) An-
Sonntag: Opernhaus. 101. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Banern-Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Tert nach dem gleich- aamigen Volks\ück von Verga. In Scene geseßt vom Ober - Negissewr E Dirigent :
Oper Dichtung nach Beaumarchais, von Cesar Sterbini, | 2 überseßt von Ignay Kollmann. Dirigent: Kapell- meister Weingartner. Theater 108. Vorstellung.
Westfaler. — Die wachsame Schildwache. — Die ehrlich Bäckin mit ihren drei vermeinuten | 5 Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Sonnabend: Zwei
glückliche Tage. Sonntag: Der Talisuan. Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Sonnabend: Nachmittags 27 Uhr: Julius Cäsar.
Tropfen Gift. 4 Sonntag: Nachmittags 25 Uhr: Die Braut von
Abends 72 Uhr:
Viel I Bugte, Ludwig Barnay.) Anfang 7 Uhr.
Lessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:
Vrave Leut’ vom Grund, von Ludwig Anzengruber. Sonntag: Brave Leut’ vom Grund.
Wallner -Theater. Sonnabend: Die Orieut-
Anfana 7F Uhr. i; Sonntag: Die Orientreise.
Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater.
Sonnabend: Der Vogelhändler. 3 Aufzügen nah einer Idee des Bieville von M. West und L. Held. Musik von Carl Zeller. Regie:
Dirigent: Herr Kapellmeister Feder- Anfang 7 uh
aus Nel Davids y„ Pee 0 Bros. Die. Leitutg des Orchesters in der durch Fräulein von Jerebßof zum Vortrage gelangenden Arie aus der Oper „Die Kinder der Haide“ übernimmt Herr Anton Nubinstein. — Der Concertfänger und Gefanglehrer Herr Julius Zarneckow veranstaltet mit einigen seiner Gesangsschüler morgen in der Aula des Falk-Realgymnas iums einen Vortragsabend: Einlaßkarten sind unentgeltlich in der Musi- kfalienhandlung von Georg Plothow, Potsdamerstraße 113, zu haben.
Mannigfaltiges.
In der gestrigen Sißung der Stadtverordneten berichtete, wie wir der „Tägl. Ndsch.“ entnehmen, der Stadtverordnete Hütt namens des Ausschusses zur Vorberathung der Vorlage, betreffend die Umgestaltung des Schloßplabßes und eines Theils der Königstraße. Die Anträge des Ausschusses lauten: 1. Die Ver- sammlung ersuht den Magistrat: a. mit dem Königlichen Haus- Ministerium oder mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten darüber in Verbindung zu treten, welhen Beitrag, sei es in Geld, sei es durch Abtretung einer zur Bebauung geeigneten Fläche des Marstalls, dieselben für den Fall der Freilegung des Schloßplaßes gemäß der Vorlage des Magistrats zu gewähren bereit sind, b. sih bei den zuständigen Behörden darüber zu ba A Ad ob im Falle der Annahme der Magistratsvorlage die Genehmigung zur Durchlegung der Pferde-Cisenbahn Rathhaus—Schloßplay erfolgen wird, e. mit den betheiligten Eigenthümern zu verhandeln über den Preis der zu erwerbenden Grundstücke, und zwar: 1) am Schloßplaß 7 bis 16, 2) an der Nordseite der Königstraße, zwischen Burg- und Heiligegeiststraße, 3) an der Südseite der Königstraße, insbesondere : a. unter Anlegung des Colonnadenweges von Burg- bis Poststraße, b. unter Beseitigung der sog. alten Post nach der projectirten Baufluchtlinie, c. unter Festseßung der Baufluht von Post- bis Spandauerstraße, d. unter Abbruch der Häuser von Post- bis Spandauerstraße. 11. Die Versammlung seßt die Beschlußfassung über die Vorlage bis zur Er- theilung der Auskunft des Magistrats aus. Der Antrag 1a wurde abgelehnt, der Antrag 1b angenommen. Ueber den Antrag 1c wurde durch namentliche Abstimmung entschieden. Es wurden 68 Stimmen für, 37 Stimmen gegen den Antrag abgegeben, der somit ebenfalls angenommen ift.
St. Petersburg, 20. April. Gestern Abend entoleiste laut Meldung des „W. T B.“ ein von Woronesch nach Nostow am Don abgegangener Personenzug. Der Ober-Conducteur wurde getödtet, der Gepäckconducteur und fünf Neisende wurden verwundet.
St. Petérsburg, 21. April. Nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Koslow.- ist die Eisenbahnverbindung mit Tambow und Woronesch durch Schneeverwehungen gestört. Unweit Koslow blieb im Schnee ein Personenzug \tecken, dessen Passagiere auf Pferden nah Koslow geschaft wurden. Aus N i\cch ny Nowgorod wird ebenfalls starker Schneefall gemeldet, sodaß der Verkehr durh Schlitten wieder aufgenommen werden mußte. Selbst in Sebastopol und in der Krim ist Schnee gefallen.
Lissabon, 20. April. Durch eine heftige Feuersbrunst wurden, wié „W. T. B." meldet, zahlreihe Fischerhütten an der Küste von Vieira, in der Nähe von Leiria, zerstört. Mehrere hundert amilien sind obdachlos und haben ihr ganzes Besitßthum verloren.
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Schiffbauerdamm 4/5.) Gastrecht.
Theaters an der Wien in
Neu einstudirt : L : den ersten vier Abenden
Meister Gert West-
Für die 11 burg. Sonnabend: In Scene geseßt von Zum 1. Male: Zwischenspiel in Sigmund Lautenburg. Vorher: In Scene geseßt Sts q
T5 UDL
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Victoria-Theater.
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Wiener Volks\tück | weise von G. Görß.
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C. Mallahow. Anfang 7} Uhr.
Chausseestraße 25. ; Operette in
Gesffnet von 12—11 Uhr.
T.
Ilka von Palmay, erste Operettensängerin des Wien, eröffnet Mon- tag ein auf 12 Abende festgeseßtes Gastspiel. An Tommt mit der Gastin -„„Mamzelle Nitouche““ zur Aufführung.
Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- Zum 42. Male: Die beiden Champignol. (Champigneol malgré lui.) Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvalliòres. Deutsch von Benno Jacobson. In Scene geseßt von
Lustspiel in 1 Act von August Strindberg. Anfang
Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matinée. Jugend. Liebesdrama in 3 Acten von Marx Halbe. 73 Uhr: Die beiden Chaum-
Kroll's Theater. Sonnabend: Wegen Privat-
Gastspiel Lucia von Lammermoor. Anfan Diensêtag: Gastspiel von Gemma Bellincioni und Mala Vita.
Belle - Alliancestraße 7/8.
Sonnabend (vorleßte Woche): Mit stattung: Die Reise um die Welt in achtzig Großes Ausftattungs\ück mit Ballet in cten (15 Bildern) von A. d'Ennery und Jules Ballet arrangint vom Balletmeister C. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida.
Sonntag und gene Tage: Die Neise um die q G
Sonntag, Nachmittags 4 Uhr bei günstiger Witte- rung: Concert im Garten. Entrée 50 s.
Theater Unter den Linden. Sonnabend: Die Welt - Ausstellung in Chicago.
deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs-
Lachende Erben. Operette. Anfang 7} Uhr.
Sonntag u. folgende Tage: Dieselbe. Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 21. Male: Goldlotte. Gesan Eposse in 3 Acten vou Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 7X Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Goldlotte.
Der Sommer-Garten ist geöffnet.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Sonnabend : Novitäten-Cyclus. Zum 5. Male: Der Herzogsmüller. Volksdrama in 4 Acten von
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde, Am Landes - Ausftellunas - Park (Lehrter Bahnhof).
NeweYork, 20. April. Durch neue Cyklone wurden nah Meldung des „W. T. B.“ in Alabama, Mississippi unz Arkansas große Verwüstungen angerichtet, zahlreiche Personen wurden getödtet oder verwundet. Die Ernte is verloren, die Ge, sammtverluste belaufen sich auf mehrere hunderttaufend Dollars. Der Mississippi ist mit Thierleichen bedeckt. Ein furcht. barer Sturm wüthete ferner am Michigan-See; die Wasserwerke von Milwaukee, welhe am äußersten Ende des Kanals, etwa eine Meiso von dem See entfernt liegen, wurden von den Wogen fortgerissen. Es ist unmöglich, den Arbeitern Hilfe zu bringen ; einige zwanzig voy ihnen find ertrunken, nur einem gelang es, sich zu retten,
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.
(W. T. B) Seine Majestät der König empfing heute Vormittag die Botschafter und außerordentlichen Gesandten, welhe seitens ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen mit der Ucber- bringung von Glückwünshen zur silbernen Hoch-
eit beauftragt sind: zuerst die in außerordentlicher
Mission beglaubigten Botichafter, General VBillot, Her- zog von Alba und Hassan Fehmi Pascha, sodann die beim Quirinal beglaubigien Botschafter und Gesandten, welche Beglückwünschungsschreiben ihrer Staatsoberhäupter und Regierungen überreichten, und schließlich die außerordentlichen Abgesandten Sachsens, Belgiens und der Niederlande, General von Carlowiß, General Fischer und Ten Besch. Später empfing die Königin dieselben Persönlichkeiten in der gleichen Reihenfolge.
Seine Majestät der Kaiser Wilhelmi madile Vormittag einen Spazierritt zur Porta Maggiore hinaus zum Thurm von Centocelle und der Porta Furba und kehrte durch die Porta San Giovanni zurück. Jhre Majestät die Kaiserin besuhte mit Jhrem ganzen Gefolge das Forum Trajani und begab Sich von da zu Fuß nah dem Colosscum und nach dem Palatin. Von dort kehrte Jhre Majestät zu Wagen nach dem Quirinal zurück. Das Dejeuner nahmen Zhre Majestäten bei dem Königspaar ein. An demselben nahmen auch die Mitglieder des italienishen Königshauses und die anwesenden fremden Fürstlichkeiten sowie das Gefolge theil. Um 2 Uhr Nachmittags begaben Sich die Allerhöchsten und hohenHerrschaften auf den Capanello zum Derby reale.
Nom, 21 l, (W D. B) Die Speclalmilon des Sultans, welche die Glückwünsche zur silbernen Hochzeit des Königspaares überbringt, ist heute Vormittag hier einge- troffen.
E 21, April. (W. T. B) Das- heute über das Befinden des Großherzogs von Luxemburg aus- gegebene Bulletin constatirt, daß der Großherzog eine ziemli unruhige Nacht verbrachte, daß aber - das Allgemeinbefinden volllommen befriedigend und der Verlauf der Krankheit normal ist.
(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Rom, 21, April.
Concerte.
Philharmonie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Concert zum Besten des Vereins Mädcheuhort.
Circus Renz (Carlstraße.) Abschieds - Vor- stellung am 2. Mai. Nur noch 4 Mal „Ein Künstlerfest“.
Sonnabend, Abends 74 Uhr: Zum Benefiz für Frl. Oceana und Herrn Ernst Nenz. Gala-Sport- Vorstellung. Aus dem Programm besonders hervor- znheben: Zum 1. Male: Springschule, auf dem englishen Vollblut „Camelliard“ geritten von Frl. Oceana Renz. — Zum 1. Male: „Maëstro“, oft- preuß. Napphengst, neu. dressirt und geritten von Frl. Deceana Nenz. — 4 arabishe Vollbluthengste, vorgeführt von Herrn Ernst Renz. — Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir" 2. — Zum Schluß: D Ein Künstlerfest. “Way
Große Ausstattungs - Pantomime vom Hofballet- meister A. Siems. Mit überraschenden Licht- und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt bom Director Franz Renz. Costume, Reqguisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge- sammten Personals. Neue Einlagen mit groß- artigen Lchteffecten. F" Kinder - Orchester neu beseßt, neue Musik. “S&@ Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solher Praht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Hrillant- Feuerwerk.
Sonntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei). Die Touristen. Abends 7F Uhr: Ein Künstlerfest.
Familien-Nachrichten.
Verlobt: E Tilla_ Ziegler mit Hrn. Profesor Dr..jur. Richard Schmidt (Freiburg i. B.) — Elisabeth Freiin von Wrangel mit Hrn. Lieut. Curt von der Groeben (Kurkenfeld). e
Vereheliht: Ht. Lieut. Friedrih Augusl Graf Neidhardt von Gneisenau mit Frl. Mary von Bonin (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Achim von Karstedt (Freßdorf). — Etne Tochter: Hrn. Capitän- Lieut. Hoffmann (Kiel). — Hrn. Hauptmann Rudorff (Hirschberg). — Hrn. Hauptmann Schmid von Schwarzenhorn (Groß-Lichterfelde).
Gestorben: Hr. Pastor Leiber (Arnshagen). — Hr- Geh. MRegierungs-Nath Friedri Dodel (Wies- baden). — Hr. Hofkunsthändler Eduard Gustav Honrath (Groß-Lichterfelde).
Herbftzeichen.
der Signorina 74 Uhr. Melodrama in
neuer Aus-
Die
um 97. Male:
Couplets theil-
Redacteur: J. V.: Siemenroth. Wer G AN A Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdrukerei und Verlag# Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstcaße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließli Börsen-Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs-Auzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
M 94.
Deutscher Reichstag. 79. Sißung vom Donnerstag, 20. April, 1 Uhr.
Zur ersten Berathung steht der Geseßentwurf, betreffend den Shuß der Waarenbezeihnungen.
Nach demselben können Waarenzeichen in eine Zeichenrolle eingetragen werden, welhe beim Patentamt geführt wird. Die Anmeldung ist schriftlich zu bewirken. Die Eintragung des Waarenzeichens gewährt dem Eingetragenen das Neht, Waaren der angemeldeten Art oder deren Verpackung oder Umhüllungen mit dem Waarenzeichen zu verschen und die so bezeichnete Waare in Verkehr zu seyen. Die bisherigen „Freizeichen“ sollen in Wegfall kommen. Anmeldungen von Waaren- zeihen auf Grund des Markenschußgeseßes von 1874 sollen vom 1. Oktober 1893 ab nicht mehr angenommen werden.
Ueber die Rede des Abg. Dr. Hammacher, der zunächst das Wort hatte, ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Darauf erhält das Wort der
Abg. Schmidt - Elberfeld (dfr.): Bisher war die Decentrali- sation der Listenführung und der Gescßeshandhabung eine \{chlechte, weil an den Untergerichten häufig Mißverständnisse vorkamen. Die heutige Vorlage is mit einer außerordentlichen Sorgfalt und mit großer Hingabe an die Sache ausgearbeitet worden und im allge- meinen auf durchaus richtigen Anschauungen basirt; einige Aus- stellungen werden in der Commission .zu einem a Austrag ge- braht werden können. Eine Erweiterung des Interessentcnkreises und des Schußes erschien als eine dringende Nothwendigkeit und es ist ja au diese Erweiterung eingetreten in Bezug auf Marken. Hervorzu- heben -ist, daß cin Waarenzeichen niemals ein Vermögensgegenstand werden kann, sondern zum Geschäfisbetrieb gehört. Was die Vorprüfung betrifft, fo wird eine Beurtheilung der Zeichen dur das Patentamt, besonders im Anfang, genügen. Die Handelskammern des bergish-märkischen Industriebezirks machen mit Recht darauf auf- merksam, daß es nothwendig sein wird, eine Centralstelle in den betreffen- den Industriebezirken einzurichten, welhe neben dem Patentamt ein Urtheil über die Zulässigkeit des Zeichens geben soll. Die bisherigen Erfahrungen mit den Entscheidungen über Markenschußfragen seitens der Untergerichte müssen unbedingt dahin führen, daß wir diese Fragen dem Patentamt überlassen. Die Bestrafung der falschen Hertunftsbezeihnung muß noch einer besonderen Besprechung unter- liegen; es muß auch für strafbar erklärt werden, wenn cin falsches Material oder eine falsche Herstellungêweise auf der Waare bezeichnet ist. Bedenklih ist es, daß der Geseßentwurf das Wort ,„Frei- zeichen“ gebraucht, ohne daß gesagt ist, was als solhes anzusehen ist. Cs wird wohl nothwendig sein, Freizeihen ebenfalls beim Patentamt befonders einzutragen, indem man sie dur ein Aufgebot zu erfahren fut, um eine Publikation derselben einzuführen. Insbesondere ist es durchaus nothwendig, daß in dem Gesetz gesagt wird: es kann dem Besißer eines Waarenzeichens dieses nur dann wegen der Qualität cines Freizeichens abgesprohen werden, wenn der Nachweis geliefert wird, daß dieses Zeichen ein Freizeihen war vor der Eintragung desselben. Unbedingt muß ferner die Bevorzugung des Ausländers vor dem Deutschen aufhören; auch der Ausländer muß nothwendig nah dem vorgelegten Gesetz beurtheilt werden, und das um fo mehr, wenn die Freizeihen nicht mehr eintragungsfähig sein sollen. Die Bestimmung über falshe Herkunftsbezeihnung trifft den Inländer jederzeit, den Ausländer aber nicht. Es wird nur der Deutsche bestraft, welcher die betreffenden Waaren in den Verkehr bringt oder feilhält. Wenn wir den ausländischen Fälscher niht fassen können, dann müssen wir ihm auf andere Meise das Handwerk legen, indem “wir die fäls{chlich bezeihneten Waaren überhaupt nicht hereinlassen, oder sie vom Zollamt confisciren lassen. Auch bezüglich der Anbringung von Waarenbezei{chnungen bedürfen wir etnes größeren Schußes gegen die Ausländer. Das vorliegende Gese hindert den Ausländer nicht, noch im Ausland seine Waaren mit einer deutschen Bezeichnung zu versehen und dann in Deutsch- land einzuführen. Die ausländischen Geseze s{üßzen den deutschen Gewerbetreibenden schr mangelhaft dagegen, zumal diese bet der Aus- legung derselben ganz auf den guten Willen der ausländischen Gerichte angewiesen find. Verklagt man aber einen Ausländer in Deutsch- land und wird er zum Schadenersaß verurtheilt, so lacht uns der Ausländer einfach aus und bezahlt niemals. Es muß ein Paragraph in das Geseß aufgenommen werden, wona zur Ein- oder Durchfuhr gelangende Waaren confiscirt werden können, sofern sie ein in das Heichenregister eingetragenes Waarenzeichen tragen oder sonst den Anschein erwecken, als ob es deutshe Waaren seien. Steht die Vrganisation unserer Zollbehörde der Ausführung dieses Gedankens entgegen, so muß diese Organisation schleunigst geändert werden, denn das deutsche Gewerbe hat ein Necht auf-einen )olchen Schuß. Viel- leiht wäre es am besten, die Zollbehörden zu NReichsbeh örden zu machen. Wir können in dieser Beziehung das Gesetz gar nicht scharf genug machen; denn während unsere Geseße den Ausländern gegen- über nah ihrem Wortlaut gehandhabt werden, besteht in England den Deutschen gegenüber eine geradezu nihtswürdige Auslegung der Geseße, wodurh der deutshe Exporteur s{chwecr geschädigt wird. Vie englischen Zollbehörden verlangen bei deutschen Waaren immer die Herkunftsbezeihnung „made in Germany“, auch wenn fich eine folhe auf den Waaren gar nicht anbringen läßt. Anderen Staaten, die zur Staatenconvention gehören, zumal den Vereinigten Staaten von Nordamerika, werden in dieser Beziehung Concessionen gemacht. Durch die Handhabung der englischen Gesetze ist es den deuts- [hen Firmen unmögli gemacht, ihre wohlbekannten Zeichen ‘in England unverändert zu benußen. Man will eben in England die deutschen Marken unterdrücken und die Inhaber zwingen, ihre Waaren markenlos herauszushicken. Der Werth s\olher Marken ist außer- ordentlih groß; schon im Jahre 1600 hatte das Herzogthum Berg eine Zeichenordnung, und es wurde früher von den Kanzeln der Kirche herab verkündet, wenn einem Kaufmann ein Zeichen für feine Waaren bewilligt war. Wird die Benugzung eines solhen Jahrhunderte alten Zeihens unmögli gemadht, so ist das eine gewaltige Schädigung sür den Betreffenden. Die deutschen Waaren werden wegen anstößiger Zeichen in England einfach confiscirt und zum Besten der Beamten des Zollhauses versteigert, während amerikanische nur zurückgeschickt werden. Gegen die böswillige Auslegung nützt auch die Berufung auf den Vandelsvertrag von 1865 nichts. Eine billige Behandlung unserer rzeugnisse ijt nur dadurch zu erlangen, daß wir den Herren mit gleicher Münze heimzahlen. Bei fernerhin mit dem Auslande ab- ¿uschließenden Verträgen über Patent- und Markenshuß muß die
eistbegünstigung auf alle Fälle verlangt und die differentielle Be- handlun zurückgewiesen werden. Die Begründung erkennt ja auch in gewiffen Fällen die Nothwendigkeit einer sharfen Retorsionsmaß- régel an; fie will aber nit gelten lassen, daß es sih in England n der: That nur “um einen Kampf gegen die deutsche Mmeurrenz handelt. Der Chauvirismus in diesen Dingen geht . in England schon fo weit, daß es dort vor kurzem oh entlich monirt ‘ wurde, daß man am englishen Hof Gebrau 8gegenstände habe, die nicht in England fa ricirt seien. G bezog sich wesentlih auf deutshe Bleistifte und amerikanische oldfedern, Gegenstände, die in dieser Qualität in England- über- upt nicht hergestellt werden. Wie cicanös gegen deutsche Waaren n England verfahren 1wird, geht daraus hervor, daß die Zoll-
Berlin, Freitag, den 21. April
behörden Rollenpapier beanstandeten, weil darin Dynamit enthalten sein könne, und daß man von je 5 Rollen eine zu durchstehen ver- langte. Der Verein deutsher Papierfabrikanten hat sih wegen dieser Chicanen an das Auswärtige Amt gewendet und die Ant- wort erhalten, daß auf die Vorstellungen des Amts in England erwidert sei, man müsse fich das Reht wahren, eingehende Güter fo zu behandeln, wie es die Sicherheit des Landes erheishe. Eine englishe Fachzeitung hat es selbst ausgesprochen, daß es sich hier lediglih um die Bekämpfung der deutschen Industrie handle. Auf cine wiederholte Beschwerde vom vorigen Herbst lehnte das Aus- wärtige Amt eine nochmalige amtliche Verwendung als aussichtslos ab. Um so wichtiger ist es, daß wir in diesem Gesetz den Negie- rungen und dem Auswärtigen Amt Mittel an die Hand geben, einer derartigen Concurrenz der Engländer entgegenzutreten. Auch die amerikanischen Geseße werden gegenüber den deutshen Gewerbe- treibenden chican3s gehandhabt, worin unter dem neuen Präsidenten vielleicht eine Wandlung eintreten mag. Die amerikanischen Konsuln in meiner Gegend lassen die deutshen Fabrikanten nach vier- bis fünfstündigem Warten oft nicht vor und bestellen sie auf den nächsten Tag. Sie fordern ferner nit bloß Angaben über den Werth der zu expedirenden Waaren, sondern auch über den Werth des NRohmaterials, über die Art der Herstellung, über die Löhne, Verpackungskosten , und das alles ledigli zu dem Set um den Amerikanern zu sagen, wie die Kosten des Verfahrens sich stellen, und ihnen eine wirksame Concurrenz zu ermöglichen. Hier kann es nur heißen: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Das ist das einzige Mittel, die deutschen Waaren zu shüßen ; die Exporteure in England müssen erst einmal an threm eigenen Geldbeutel erfahren, wie die Maßnahmen Eng- lands gegenüber den deutschen Waaren wirken.
__ Abg. Freiherr von Buol (Centr.) wirft einen Nückblick auf die Entwickelung dieser geseßgeberishen Materie, erkennt gleichfalls in dem vorgelegten Geseßentwurf einen Fortschritt, und spricht sich mit dem Vorredner für Commissionsberathung aus. Der Hauptforderung des deutschen Kaufmanns und Gewerbetreibenden , daß die Freizeichen aus der Zeichenrolle verschwinden, komme der Entwurf in dankens- werther Weise entgegen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Director im Reichsamt des Innern Nieberding: Wenn es durch die Ausführungen der sämmtlihen Redner leise hindur klingt, daß die Vorlage viel Zeit gebrauht hat, um an den Neichstag zu ge- langen, fo ist darauf zu erwidern, daß allerdings gut Ding viel Weile haben will, und daß es einer langen Erfahrung bedurfte, um die reformbedürftigen Punkte der bisherigen Geseßgebung genau zu erkennen. Daß die Gerichte niht sahkundig genug sind für die Ent- scheidung von Klagen auf Grund dieses Geseßes, kann ih nicht zugeben. Diese Klagen beim Patentamt zur Entscheidung zu bringen, würde große Schwierigkeiten haben. Ebenso wenig würde es zweckmäßig fein, dem Patentamt, nah dem Vorschlag des Abg. Schmidt, gewisse Centralstellen an die Seite zu seßen, welche für die Beurtheilung von Waarenbezeichnungen zuständig sein jollen; was die bergishen Industriellen verlangen, könnten alle beliebigen anderen Kategorien von Gewerbetreibenden ebenfalls verlangen und es würde dann die alte, von allen Seiten abgelehnte Decentralisation wieder vorhanden sein. Was die Frage der Behandlung der deutschen Waare im Auslande betrifft, so halten die verbündeten Regierungen die Vorschriften, die der Entwurf in § 20 giebt, für vollständig hinreichend. Der Abg. Schmidt hat allerdings den thatsächlichen Zustand der Behandlung ausländisher Waare in England richtig geschildert; was er vorgetragen hat, deckt sich mit den Ergebnissen unserer amtlihen Erhebungen. Aber es läßt sich nicht behaupten, daß der deutshe Import schlechter als der französische und jeder andere in England behandelt wird. Es erscheint dringend wünschenswerth, den Entwurf noch in dieser Session zu. verabschieden, und die ver- bündeten Regierungen können daher den Reichstag nur um Be- \{leunigung der Berathung bitten.
Abg. Hul \ch (deons.) äußert sih gleichfalls überwiegend zu- stimmend zu der Vorlage; seine Partei stehe derselben freundlich gegenüber. So eingehende Ausführungen, wie sie der Abg. Schmidt gegeben habe, gehörten ihrer ganzen Natur nah mehr in die Com- missionsberathungen; wenn er (Nedner) also diesem Beispiel nicht folge, werde er sih den Dank des Hauses verdienen. Für die Com- mission würden auch 14 Mitglieder genügen.
Abg. Goldschmidt (dfr.): Nachdem man beim Patentgesetz die Streitigkeiten in Patentsachen dem Patentamt zugewtesen hat, muß consequenter Weise bezüglich der Waarenbezeichnungen ebenso ver- fahren werden. Streitigkeiten in Patentsachen sind do nicht weniger privatrechtliher Natur als solhe in Waarenbezeichnungsangelegen- heiten. Die Bekämpfung der concurrence déloyale wird durch das Gefeß wesentlich erleichtert. Nur haben die Weinhändler immer noch Bedenken gegen den § 15, welcher die Anwendung eines Namens zu dem Zweck, über die®Beschaffenheit und den Werth der Waaren einen Irrthum zu erzeugen, unter Geldstrafe bis zu 5000 46 und Gefängniß bis zu sechs Monaten stellt. Ihre Bedenken sind auch durch den Nachsaß nicht gehoben, der dem § 15 zugefügt is, wona die Verwendung von Namen, welche nah Handelsgebrauh zur Be- nennung acwifier Waaren dienen, ohne deren Herkunft bezeihnen zu wollen, niht unter diese Bestimmung fallen soll. Die weitere Erörterung dieser Frage wird in der Commission zu erfolgen haben.
Darauf wird die Discussion geschlossen und die Vorlage einer Commission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Es folgen die Abstimmungen über den 8 302 e und den Art. 4 der Wuchergesehnovelle.
S 302 e wird mit beträchtliher Mehrheit angenommen.
Artikel 4 wird in namentlicher Abstimmung mit 131 gegen 83 Stimmen angenommen.
Abg. Rintelen hat folgenden Zusaß zu dem Commissions- beschlusse als Artikel 5 vorgeschlagen:
Der Landesgesetgebung bleibt überlassen, besondere Bestimmungen zur Verhütung und Bestrafung des Wuchers bei dem Handel mit Vieh, bei der Viehpacht und bei dem Handel mit ländlichen Grund- stücken zu treffen.
Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Negierungs-Nath Dr. Dungs hat gegen diesen Antrag juristische und Kompetenzbedenken. Es sei bedenklih, dem Einzelstaate so weit- gehende Befugnisse auf diesem Gebiet einzuräumen.
Abg. Dr. von Bar (dfr.) hält den ganzen Antrag für über- flüssig, während
Abg. Graf von Hoensbroech (Centr.) vom Standpunkt der Praxis und Erfahrung den Antrag empfichlt. Man dürfe eine \olche Frage nit shablonisiren.
Abg. Stadthagen (Soc.) glaubt, daß eine folche Heraus- hebung cines einzelnen Falls, wie fie der Antrag wünsche, gerade das Gegentheil von dem erreichen werde, was beabsichtigt würde. Nur durch cine einheitlihe Reihs-Wuchergeseßgebung könne man dem Wucher wirksam entgegentreten.
Abg. Nintelen (Centr.) amendirt seinen Antrag dahin, daß es
heißen soll statt „besondere Bestimmung zur Verhütung u. \. w.*“: „Wweitergehende Bestimmung“ u. |. w.
Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) bittet den Abg. Rintelen, mit Rücksicht auf die erhobenen juristishen Bedenken seinen Antrag
zurückzuziehen.
Abg. von Kardorff (Np.) hält den Antrag sahlich zwar für berehtigt, biitet aber den Antragsteller, aus formellen Gründen Ms A E. 5 „ Abg. Dr. Boedel (b. k. F.) tritt für den Antrag ein. Mit länd- lichen Grundstüen sollte überhaupt nicht gehandelt oltben Ländliche Grundstücke seien nicht gleihwerthig mit alten Kleidern. In Bezug auf den zîe E fönne er aus seiner hessishen Heimath zahl- reiche Fälle anführen. Die bessische Regierung habe zwar eine Enquête veranstaltet, natürlih habe dieselbe von der Sitte der Ein- stallung von Vieh nichts bemerkt, während man im Elsaß zum Schutz gegen das Cinstallvieh ein besonderes Gese erlassen habe. Auch im Viehhandel herrschten arge Mißstände. Cs müßte namentlih der Verkauf gegen Wüährschaft abgeschafft werden. In anderen Ländern kämen solhe Betrügereien mit Vieh nur vereinzelt vor. Bei uns sei der Viehwucher sehr natürli, denn die Viehhändler seien ja Juden. Er werde mit seinen antisemitischen Freunden für den An- trag stimmen. i
Abg. Rintelen (Centr.) bittet, für heute seinen Antrag an- zunehmen, man könne ja zwischen der zweiten und dritten Berathung die Bedenken beseitigen. :
Abg. Stadthag en (Soc.): Es scheint, als ob der Abg. Dr. Boeckel nur den von Juden geübten Wucher treffen will; dafür bin, ich nit zu haben. Ih bin gegen den Wucher in jeder Form, mag er von geübt werden, Die
Antisemiten oder Juden oder Muhamedanern Religion hat mit dem Wucher nihts zu thun. Die Discussion wird geschlossen.
Der Antrag Rintelen wird angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes. Schluß 51/5 Uhr.
Preußischer Landtag. Herrenhaus. 12. Sißung vom Donnerstag, 20. April.
Jm weiteren Verlauf der Sißung erwiderte dem Grafen von Frankenberg, welcher den Unfall des Orient-Expreßzuges auf der Neissebrücke (Strecke Oppeln—Neisse), am 15. Zuli D zur Sprache gebracht hatte (siehe den Anfangsbericht in der gestrigen Nummer d. Bl.), der
Minister der öffentlichen Arbeiten Thiel en:
Meine Herren! Die Angelegenheit, die der Herr Graf von Frankenberg hier zur Sprache gebracht hat, ist wiederholt im Haufe der Abgeordneten erörtert worden, sie ist auch besprochen worden in Ihrer Commission, und es ist daselb dem Herrn Grafen von Franken- berg bereits diejenige Auskunft ertheilt worden, die sih auf Grund der Acten ergeben hat. Es ist richtig, daß nah Ansicht der zu- ständigen Cisenbahnbehörden die Entgleisung des Orientzugs am fraglichen Tage höchstwahrscheinlich veranlaßt wurde dadurch, daß eine hölzerne Langschwelle nicht mehr im stande gewesen ist, dem großen Seitendruck der beiden Maschinen, die den Orientzug geführt haben, genügenden Widerstand zu leisten. Jn der hölzer- nen Langschwelle, auf welche die betreffende Schiene aufgesattelt war, war ein von außen nit erkennbarer Langriß, dieser Langriß gab nach, infolge dessen die Schienen auch, und der Orient-Erpreßzug ent- gleiste.
Jch darf mir wohl erlauben, einzelne Stellen aus den gerihtlih und administrativ geführten Untersuhungsverhandlungen hier zur Auf- klärung der Sachlage mitzutheilen. Wenn Herr Graf von Franken- berg auch heute nicht darauf zurückgekommen ift, was namentlich im Abgeordnetenhause und, wenn ih nit irre, au in Ihrer Commission hervorgehoben ist, daß der betreffende Bahnmeister, dem die Unterhaltung der Brücke speciell unterstellt war, rechtzeitig den aufsichtsführenden Bauinspector davon unterrichtet habe, daß die Langshwelle gerissen sci, so möchte ih glauben, daß dies eigentlih der springende Punkt ift ünd es daher angezeigt erscheint, gerade in dieser Beziehung noch aus den gerihtlihen und administrativen ÜUntersuchungsverhandlungen die ergänzende Aufklärung darüber au hier im Hause zu geben.
Bei der gerichtlichen Untersuhung, die vor dem Landgericht zu Brieg eingeleitet worden ist, hat der Bahnmeister Schmidt, dem die Unterhaltung der bezüglihen Strecke oblag, sich auf seine außer- gerihtlihe Vernehmung bezogen und im wesentlihen Folgendes ausgesagt :
„Der Längsbalken, dessen Zustand anscheinend zur Entgleisung Anlaß gegeben habe, sei von ihm seiner vorgeseßten Behörde als shadhaft bezeihnet worden.
— Diese vorgeseßte Behörde ist der Strecke — Dieser Längsbalken zeigte so beißt es in der Niederschrift — rifsige Stellen auf der Oberfläche, herzurühren s{hienen. — Die Schienen sind nämlih auf den hölzernen Längsbalken auf eiserne Platten gelegt, um das fogenannte Wandern der Schienen hüten. Das Wandern der Schienen findet auf zweigleisigen Strecken dadurch statt, daß diese Gleise immer nur nach einer Richtung be- fahren werden; der Druck des Zuges bringt dann zu Wege, daß die Schienen in der Zugrichtung vorwärts gedrängt werden, und um das zu verhindern, wird zwischen die hölzernen S{hwellen und die Schienen diesogenannte Vorstoß platte eingefügt. Es hatten si nun in der Nähe dieser Vorstoßplatten, wie das häufig vorkommt und meist unbedenklih ist, rissige Stellen an der Oberfläche des Balkens gezeigt. —
Zudem schien mir, fährt der Babnmeister fort, der Balken auch etwas zu schwach, er hatte nur 0,32 m im Quadrat. Daß dieser Längsbalken so {were Schäden zeigte, wie ih das na dem Unfall herausgestellt hat, war weder damals —
zur Zeit der Meldung, daß der Balken überhaupt s{adßbaft- sei — noch später und unmittelbar nah der Katastropbe zu erkennen: ih war felbst erstaunt, wie morsh dieser Längsbalken war, als ih mir ihn nah dem Unfall ansah. Der Spalt befand si an dec oberen Seite direct unter “ dem Stienenfuß; leßterer ver- dete also den Schaden, und zwar derart, daß man ange- faulte oder durch Pilzbildung morsch gewordene Stellen nit wahrnehmen konnte. Die sichtbaren Holztheile des Balkens machten bis auf die ausgearbeitete Stelle, die ih schon erwähnt
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