1893 / 95 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

24 000 Lire für Vollbluipferde italienisher Zucht vom Jahre 1890 „Festuca“, im Besize Don Rodrigo's. Als zweiter passirte das Ziel der „Jean sans peur“ des Herzogs von Marino. Nach dem Derby nahmen die Majestäten und Fürstlichkeiten auf der Tribüne Erfrishungen ein und kehrten Pubte um 51// Uhr unter dem brausenden Jubel des Publikums nach dem Quirinal zurück. Die Rückfahrt nach der Stadt bot ein überaus prächtiges Bild.

Um 8 Uhr fand, bei den Königlichen Majestäten im Quirinal Familientafel statt, an der Jhre Mazestäten der Kaiser und die Kaiserin sowie die italienishen und auswär- tigen Fürstlichkeiten theilnahmen. :

Um 10 Uhr begaben Sich die Kaiserlichen Mazestäten mit dem italienishen -Königspaar zur Aufführung der Oper „Falstaff“ von Verdi nach dem Argentina-Theater. Das glänzend erleuchtete Theater bot cinen imposanten An- blick dar. Als die Kaiserlichen und Königlichen Majestäten kurz vor 11 Uhr, nah Schluß des ersten Actes, eintraten, er- hoben sih die Zuschauer von ihren Sißen und begrüßten die Allerhöchsten Herrschaften mit enthusiastishen Zu- rufen. Während darauf das Orchester die italienishe und die preußische Nationalhymne spielte und der zweite Act be- gann, nahmen die Kaisecin, die Königin, der Kaiser und der König, die Königin - Wittwe Maria Pia, die Großfürstin Wladimir, die Herzogin-Wittwe von Genua, sodann die übrigen italienishen und fremden Prinzessinnen und Prinzen in der Königlichen Loge Play. Jn der Mitte des dritten Actes zog sih der Hof zurück. Alle Anwesenden erhoben sih wiederum von den Sißen und brachten erneute, enthusiastishe Ovationen dar. Während das Orchester die Königsfanfare und die italienishe Nationalhymne spielte, verließen die Kaiserlichen ind Königlichen Majestäten das Theater und begaben Sich um 121/32 Ühr nah dem Quirinal zurü. /

Seine Majestät der Kaiser Wilhelm licß, wie „W. T. B.“ weiter berichtet, gestern durch einen Flügel-Adjutanten einen Kranz auf dem Denkmal für die bei Dogali gefallenen Soldaten niederlegen.

t gestrigen Jahrestage der Gründung Roms sandte der Kaiser ferner einen Flügel-Adjutanten zu dem Bürger- meister, um diesem Seine besten Wünsche für die ewige Stadt zu überbringen. ; | 1

Jhre Majestät die Kaiserin ließ Sich bei Jhrem gestrigen Besuch des Forums von dem Secretär des Archäologischen Instituts Dr. Hülsen über alle Einzelheiten auf das ein- aehendste unterrihten. Hierauf begab Sich die Kaîtjerin nah dem Colosseum, wobei die Polizei Jhr den Weg durch die diht gedrängte Menge bahnen mußte. Jhre Majestät bewunderte lange Zeit die riesigen Dimensionen des antiken Bauwerks und äußerte dem italienishen Unterrichts-Minister Martini gegenüber, welchen überwältigenden Eindruck dieser monumentale Bau ausübe. Bei der Nüekkehr nah dem Quirinal, welche über die Piazza delle Carrette erfolgte, nahm Jhre Majestät huldvollst die Bittschrift einer alten Frau entgegen. e

Heute Vormittag um 10 Uhr besichtigien Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit dem Gefolge die Kirhe San Pietro in Montorio und die Villen der Familien Corsini und Doria Pamphili und kehrten um 11 Uhr über die Piazza del Popolo und den Monte Pincio nah dem Quirinal zurück, Ueberall, wo Sich die Kaiserlichen Majestäten zeigten, wurden Allerhöchstdieselben von dem Publikum enthusiastisch begrüßt. As Mittag fand ein Familiendiner statt. Das Wetter ist fortdauernd prachtvoll.

Jn der am Donnerstag unter dem Vorsiß des Vice-

Präsidenten des Staats - Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsißung des Bundesraths wurde dem Entwurf eines Gesehes für Elsaß - Lothringen, betreffend die Gewerbesteuer‘z Einschäßung, mit den vom Landesausshuß beschlossenen Abänderungen die Fustimmng ertheilt. Genehmigt wurden ferner die Anträge des Reichskanzlers, betreffend den Beitritt der Niederlande zu der Uebereinkunft bezüglich der zollsicheren Einrichtung der Eisenbahnwagen im internationalen Verkehr, sowie wegen Zulassung gemischter Privat-Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß für Getreide. Den zuständigen Ausschüssen wurden zur Vorberathung überwiesen: die Vorlage, betreffend die auf den Eisenbahnen Deutschlands noch vorhandenen Abweichungen von dem Normalprofil des lihten Raumes, der Antrag wegen zollfreier Ablassung von Fischnezbäumen für die Hochsee- fisherei und die Geseßentwürse wegen Feststellung von Nach- trägen zu den Reichshaushalts-Etats für 1892/93 und für 1893/94. Auf den Antrag des Ausschusses für Rehnungs- wesen wurde bezüglih der Rehnung der Kasse der Königlich preußischen Ober-:Rechnungskammer für 1890/91, soweit sie den Rechnungshof des Deutschen Reichs betrifft, die Entlastung ertheilt. Endlih wurde über mehrere Eingaben in Zoll- angelegenheiten Beschluß gefaßt.

Heute fand wiederum eine Plenarsißung des Bundesraths statt, der eine Sitzung des Ausschusses für Rechnungswesen voraufging.

Nach den im Reichs-Versicherungsamt angefertigten Zu- sammenstellungen, welhe auf den von den Vorständen der Versicherungsanstalten und der zugelassenen besonderen Kassen- einrihtungen gemachten Angaben beruhen, betrug am 31. März 1893 die Zahl der seit dem Jnkrafttreten des Invaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes er- hobenen Ansprühe auf Bewilligung von Alters- rente bei den 31 Versiherungsanstalten und den 9 vorhanden Kasseneinrihtungen 235620. Von diesen wurden 184749 Rentenansprüchhe anerkannt und 41252 zurückgewiesen, 4786 blieben unerledigt, während die übrigen 4833 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung ge- funden haben. Von den erhobenen An)prüchen entfallen auf Schlesien 27 098, Ostpreußen 21712, Brandenburg 18 066, Rheinprovinz 15639, Hannover 13699, Sachsen - Anhalt 13 371, Posen 12298, Schleswig-Holstein 8991, Westfalen 8897, Westpreußen 8871, Pommern 7913, Hessen-Nassau 5153, Berlin 2561. / S

Auf die 8 Versicherungsanstalten des Königreichs Bayern fommen 23 728 Altersrentenansprüche, auf das Königreich Sachsen 9860, Württemberg 5263, Baden 4443, Großherzog- thum Hessen 3907, beide Mecklenburg 4831, die Thüringischen Staaten 4928, Oldenburg 852, Braunschweig 1648, Hanse- städte 1626, Elsaß-Lothringen 7010 und auf die 9 zugelassenen Kasseneinrihtungen insgesammt 3255.

Die Zahl der twvährend desselben Zeitcaums erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Jnvalidenrente betrug bei den 31 Versicherungsanstalten und den 9 Kassen- einrihtungen insgesammt 46901. Von diesen wurden 95253 Rentenansprüche anerkannt und 13972 zurückgewiesen, 5335 blieben unerledigt, während die übrigen 2341 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben. Von den geltend gemachten Jnvalidenrentenansprühen entfallen auf Schlesien 6535, Rheinprovinz 3689, Ostpreußen 3613, Hannover 2474, Brandenburg 2292, Sachsen - Anhalt 2050, Westpreußen 2037, Pojen 1718, Westfalen 1692, Pommern 1587, Hessen-Nasjsau 1014, Schleswig - Holstein 694, Berlin 661. Auf die 8 Versicherungsanstalten des Königreichs Bayern kommen 6035 Jnvalidenrentenansprüche, auf das Königreih Sachsen 1626, Württemberg 1298, Baden 1359, an Hessen 550, beide Mecklenburg 536, die Thüringischen Staaten 803, Oldenburg 129, Braunschweig 286, Hansestädte 239, Elsaß-Lothringen 961 und' auf die 9 Kassen- einrihtungen insgesammt 3023.

Unter den Personen, die in den Genuß der Jnvaliden- rente traten, befanden sih 795, welche bereits vorher eine Altersrente bezogen.

Die Nr. 8 der Amtlichen Nachrichtlen des Reichs-Versicherungsamts“ vom 15. April 1893 ent- hält folgende Recursentsheidungen und Bescheide:

Der Entschädigungsanspruch des Verleßten verjährt nicht, wenn versäumt worden ist, die Entschädigung festzustellen, so- fern nur eine gehörige Anmeldung des Anspruchs statt- gefunden hat. Diese Anmeldung ist allerdings weder in einer bloßen Mittheilung des Unfalls an einen der dem Arbeiter vorgeseßten Beamten zu finden, noch auch kann sie dur die Erstattung einer Unfallanzeige gemäß § 51 des Unfallversicherungsgeseßes ersezt werden.

Die Anmeldefrist des Z 59 Absay 1 des Unfall- versicherungsgesceßes wird im Falle der Betheiligung mehrerer Berufsgenossenshaften dadurch gewahrt, daß sich der Verleßte vor Ablauf von zwei Jahren nah dem Eintritt des Unfalls an den Vorstand derjenigen Genossenschaft wendet, welche er bei seiner naturgemäß oft ungenauen Kenntniß der einschlägigen Verhältnisse füglih wohl für die zuständige halten konnte. i

Privatrehtlihe Verjährungsvorschriften sind gegenüber den Bestimmungen des § 59 des Unfallversicherungs- geseßes nicht anwendbar. Eine Verjährung des Ent- \hädigungsanspruhs durch weiteren Zeitablauf kann, nachdem er einmal rechtzeitig angemeldet worden ist, nicht mehr eintreten. |

Der Absatz 2 des § 59 des Unfallversicherungsgeseßes steht dem Verleßten auch dann zur Seite, wenn ihm zwar ein die Erwerbsfähigkeit beeinträhhtigendes Leiden, das sich später objectiv als die Folge eines Unfalls darstellt/ erkennbar ge- worden ist, er aber das Leiden nicht gerade als eine solche Folge, also in seiner Zurücckführbarkeit auf einen Ünfall erkannt hat und auch bei Anwendung der pflicht- gemäßen Sorgfalt nicht erkennen konnte.

Fn den Ausnahmefällen des § 59 Absatz 2 des Unfallversicherungsgeseßes beginnt von dem Zeitpunkte ab, seit dem die Folgen des Unfalls bemerkbar geworden, oder die Verhältnisse, welche bisher die Verfolgung des Anspruchs gehindert haben, in Wegfall gekommen sind, nicht eine neue zweijährige Anmeldungsfrist zu laufen; die Erhebung des Anspruchs muß Sie binnen einer Frist statt- finden, welhe nicht länger zu bemessen ist, als dies die Sachlage im Einzelfalle nothwendig macht.

Die Frist des § 59 Absag 1 des Unfallversicherungs- gesezes läuft nicht gegen geisteskranke Personen, jolange ihnen ein Vertreter zur Wahrnehmung ihrer Yrechte nicht bestellt ist.

Eine lediglich zu dem Zwecke erhobene Feststellungs- klage, der Verjährung des Entschädigungsanspruchs vorzu- beugen, ist unzulässig. j

Die Fristbestimmungen des S 59 des Unfallversicherungs- geseßes kommen für die Fälle des 65 Absaz 1 daselbst niht zur Anwendung, sodaß dem Antrage eines Verleßzten auf Wiedergewährung einer Rente, weil seine Erwerbsfähigkeit in- folge des Unfalls wieder beeinträchtigt sei, der Einwand des Ablaufs der Frist für Anmeldung des Anspruchs nicht ent- gegengestellt werden kann.

Bauarbeiter, welche gelegentlich in ihren freien Stunden oder in den Wintermonaten kleinere Bauarbeiten zur selbständigen Ausführung unmittelbar übernehmen, sind von den Baugewerks-Berufsgenossenschaften zur Selbst versiche- rung nicht heranzuziehen, namentlich dann nicht, wenn sie diese Arbeiten, wie es in der Regel der Fall ist, nur gegen den üblichen Tagelohn eines Bauarbeiters verrichten.

Bauhandwerker sind der statutarishen Selbst- versiherung nah Z 2 Absag 2 des Bauunfallversicherungs- geseßes niht unterworfen, sofern sie in einem anderen ver- iicherungspflichtigen Betriebe oder Betriebszweigée regelmäßig einen oder mehrere Arbeiter verwenden, selbst wenn sie in ihrem Baubetrieb niht an 250 Tagewerken einen Lohnarbeiter beschäftigen.

Nr. 8 der Sonderausgabe der „Amtlichen Nach- richten des Reichs-Versicherungsamts, FJnvaliditäts- und Altersversicherung“ vom 15. April ‘d. J. enthält folgende Revisionsentscheidungen:

Dos im Falle des Todes des Rentenbewerbers unterbrochene Rentenfeststelungsverfahren kann insoweit, als es sih um die bis zum Todestage fällig gewordenen Renten- beträge handelt, durch und gegen die Erben des Ver- storbenen als dessen Rechtsnachfolger aufgenommen werden. y

In der Mitwirkung an einer Sißung des Schieds- gerichts seitens eines Nichtdeutschen, der schon zur Zeit seiner Wahl als Schiedsgerichts-Beisißer die preußische Staats- angehörigkeit verloren hatte, ist eine Verlegung des Z 71 Absaß 3 in Verbindung mit Z 50 Absay 1 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesezes und zugleich ein wesentlicher Mangel des Verfahrens erblickt worden.

In einem Einzelfall hat der Vorstand der Versicherungs- anstalt im Laufe des Berufungsverfahrens es unterlassen, eine für die Entscheidung des Schiedsgerichts sahlich be- deutungsvolle Eingabe mehrerer Zeugen, welche eine im Vorverfahren erklärte Zeugnißverweigerung widerriefen, die Eingabe war nach Meri Inhalt für die demnächst zur Entscheidung berufene Jnstanz, also das Schiedsgericht,

estimmt und augenscheinlih nur-infolge E Kenntniß der Vorschriften des Verfahrens an den Vorstand gelangt

an das Schiedsgericht weiterzugeben. Das Sthhieds- gericht hat demgemäß seine Entscheidung getroffen, ohne von er shriftlihen Erklärung der Zeugen Kenntniß zu haben. ierin ist ein wesentlicher Mangel des Verftaßrent ge- ehen worden.

Jn einem unter der Ueberschrift „Wo hinaus?“ in Nr. 29 der „Deutschen Volkswirthschaftlihen Correspondenz“ vom 14. April 1893 enthaltenen Artikel heißt es unter Hinweis auf die von dem Minister für Handel und Gewerbe im Ah- geordnetenhause über die Vorgänge im Saarrevier ab- gegebenen Erklärungen:

„Man mar in den gerverblichen Kreisen um so mehr über diese Erklärungen erfreut, als dort niht unbekannt geblieben, daß noch vor wenigen Monaten das Staats-Ministerium mit einem doch wohl aus dem Ministerium für Handel und Gewerbe hervorgegangenen Antrage befaßt worden war, der nichts Geringeres bezweckte, als den Staatsrath, der ja au bei dem Arbeitershußgesezentwurfe Pathenstelle vertreten hatte, mit der Begutachtung einer geseßlichen Regelung der Arbeits: zeit Ur Cra ene Arbeiter zu Vvelxauen Der im Staats-Ministerium gescheiterte Vorschlag wollte also den socialistishen „Gedanken“ einer Maximal- oder Normalarbeits- lage geseßgeberish verwerthen.“

Diese Mittheilung entbehrt jeder thatsächlihen Unterlage.

Seine Hoheit der ErbprinzvonSachsen-Mein ingen, General-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde-Znfanterie- Division, hat sih mit Urlaub nah Meiningen begeben.

Der Chef der Landgendarmerie, General der Jnfanterie von Rauch hat Berlin auf längere Zeit verlafßsen.

Der General-Lieutenant Freiherr von Wilczeck, bisher Commandeur der 2. Garde-Jnfanterie-Brigade, welcher zum Commandeur der 9. Diviston ernannt worden ist, hat sich zum Antritt seiner neuen Stellung nah Glogau begeben.

S. M. Kreuzer „Falke“, Commandant Corvetten-Capitän Beer, ist am 20. April in San Paolo de Loanda ein-

getroffen und beabsichtigt am 25. April nah Kamerun in See zu gehen.

Oesterreich-Ungarn.

Die „Wiener Abendpost“ von gestern hebt die glän- zende Betheiligung der befreundeten Fürstlichen Höfe sowie die freudige Antheilnahme des italienishen Volks an der shönen Feier, die das Königliche Haus begehe, hervor. Dieselben verliehen dem Fest einen weit über den Familienkreis hinaus: reichenden Charakter. Auch Oesterreih-Ungarn begleite die Feier mit warmer Sympathie. Eingedenk der Bande der Ver- wandtschaft zwischen den erlauchten Herrscherhäusern Habsburg und Savoyen, eingedenk des den europäschen Frieden sichernden Dreibundes und eingedenk der leuhtenden Tugenden, die den ritterlihen König von Jtalien sowie dessen erlauchte Gemahlin zieren, hege man in Desterreih-Ungarn die besten Wünsche für Jtaliens edles Königspaar.

Das heutige „Fremdenblatt“ schreibt aus Anlaß der silbernen Hochzeit des italienishen Konigspaares:

„König Humbert zählt zu denjenigen Fürsten, welche das monarchische Princip in Europa neu stärkten. Der König von Italien trug dur seine Stetigkeit auf dem Gebiete der äußeren Politik wefentlih zur Erhaltung des europäischen Friedens bei ‘und wußte - in ‘den erften Jahren des Bestehens des Dreibundes den auftauhenden wechselnden Strömungen gegenüber die Staatsraison geltend zu machen. Italien gehört. jeßt günz dem Friedensbunde an, welchen die ein- nichtige Mehrheit der Abgeordneten gebilligt hat. Dies be- weist neuerlich die herzliche Aufnahme des Erzherzogs Rainer und der begeisterte Empfang des deutschen Kaiserpaares. Die Bevölkerung Ftaliens ift von der Ueberzeugung durchdrungen, daß das Festhalten am Dreibunde die beste Bürgschaft für die Weltstellung Italiens und die Erhaltung des Friedens ist. Es ist das Verdienst König Oun- bert's, an diesem großen Culturwerke mitgearbeitet zu haben.“

Der ungarishe Minister-Präsident Dr. Wekerle hatte, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, gestern eine eineinhalb- stündige Conferenz mit dem Staats-Minister Dr. Steinba. Mittags fand in dem Ministerium des Auswärtigen etn gemeinsamer Ministerrath unter Theilnahme der beider seitigen Minister-Präsidenten und Finanz-Minister zur end- gültigen Feststellung der gemeinsamen Budgets statt.

In der Commission des böhmischen Landtags fur Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten beantragte gestern der Abg. Dr. von Plener bezüglih der Errichtung eines Kreis gerichts in Trautenau die Abgabe eines Gutachtens im Sinne der Regierungsvorlage. Der Jungczehe Pacak beantrage dagegen eine achttägige Vertagung der Sache behufs Studiums der Acten. Nachdem dieser Antrag verworfen worden 1a, wurde ein Antrag des deutsch-liberalen Abg. Funke auf eine fünftägige Vertagung angenommen.

Großbritannien und Frland,

Im Oberhause erklärte gestern, wie „W. T. B.“ de richtet, der Lord-Präsident des Geheimen Raths Earl of Kimberley, die Arbeiten der Commission, die mit der indischen Währungsfrage betraut sei, näherten sih dem Ende. Der Be- richt sei bald zu erwarten. 3 E :

Das Unterhaus seßte gestern die Debatte über die Homerule-Bill fort. Der Premier-Minister Glad}t on? erklärte, er beabsichtige, die Einzelberathung der Homerule-Vi auf den 4. Mai anzusezen. Der Antrag, die Debalte über Mitternacht hinaus zu führen, wurde ohne Abstimmung angenommen. Henry James 0 sodann hervor, es gäbe jezt kein Unrecht, unter dem Jrland leide und für das ein demokratisches Parlament nicht Abhilfe schaffen könne. Glad- stone könne das Unrecht der Vergangenheit nicht durch die jez! Bill der Ungerechtigkeit auslöschen. Grattan's Parlament für Jrland sei niht ehrenhaft gewesen und gewähre kein Beijpie für die jeßige Politik der Regierung. Wenn man von n Opposition verlange, Vertrauen in die Vertreter der Majorita zu seßen, so sei es ihre Pflicht, deren früheres Verhalten # erwägen. Wenn die Bill angenommen werde, bedeute sie L Aufhebung der Union. Die Grabschrift der Suprematie 22 Reichsparlaments sei in der Einleitung zur Bill enthalten. I Nedner führte dann weiter aus, wenn es sich bei der Bill n eine Friedensmaßregel handle, werde es ein bewaffneter Or ie

sein. Kein eter Liberaler könne ohne tiefes Bedauern

\ | Zustände sehen, unter denen die Executive in Jrland ins Leben

“gerufen worden sei, ‘und über welche die einzige Controle eine

“militärische Action sei. Das Volk in Jrland würde ein Recht haben, - seine Executive gegen die Truppen, die gegen dasselbe, gesandt seien, und die fremde Truppen sein würden, zu vertheidigen. Die vorgeschlagene Verfassung sei daher ein Blendwerk, eine Shmah für das Reichs-

parlament und eine Demüthigung für England. Hätte das

Land gewußt, daß achtzig irische Abgeordnete an den britischen Angelegenheiten theilnehmen sollen, während die englischen, schottishen und wallisishen Deputirten keinen Antheil an den irischen Angelegenheiten haben sollen, so wäre das jegige Cabinet nicht im Amt. Er frage diejenigen, welche darauf beständen, diese Bill Leuten aufzuzwingen, die gegen sie seien und die keine Verbrehen begangen hätten, ob fie durch ihr Vorgehen nicht eine Rebellion provocirten. Und wenn nah dieser Provocation ein Bürgerkrieg entstehe, würde jeder vergossene Blntstropfen die jeßige Regierung mehr beflecken, als diejenigen, die das Blut vergossen hätten. (Lauter anhaltender Beifall). Die Gegner der Vorlage würden, falls sie geschlagen werden sollten, den Trost haben, zu wissen, daß ste niht geshlagen worden wären, wenn man keinen Verrath an ihnen begangen hätte. (Großer Beifall.) Hierauf ergriff Balfour das Wort und führte aus: Was die im Laufe der Debatte angedeutete Jdee der Föderation betreffe, so habe bisher kein ver- antwortlicher Mann auszusprehen gewagt, daß er der Zeit entgegensehe, zu der innerhalb der engen Grenzen des Landes vier Legislaturen, vier Executivgewalten und Uber diesen nohch eine andere erhabene Versammlung und noch eine Exrccutiv- gewalt vorhanden sein werde. Das britishe Volk werde nie- nals dafür sein. Zu der Homerule-Bill selbs übergehend, bemerkte er, daß sehr wenige Argumente zu Gunsten derselben vorgebraht worden seien; als Hauptargument habe man hingestellt, daß es sich um ein Zwangs- gese handle und daß die Union gescheitert sei. Er bestreite dies. Die agrarishen Verbrehen hätten seit der Union abgenommen, die Zustände sich seit der Union wesentlich gebessert. Obwohl noch viel für die kleinen Grund- bestber zu thun übrig bleibe, so sei es doch Heuchelei, wenn nicht Unwissenheit, zu sagen, daß England allein für mehr als die Hälfte der Uebelstände in Jrland verantwortlich sei. Gese und Civilisation in Jrland seien Englands Werk: durch die Gewährung eines irishen Parlaments werde kein altes Privilegium wieder hergestellt, denn die Nation, welche das Parlament verlange, habe nie ein Parlament besessen. Durch die Vorlage verliere England die finanzielle Freiheit. Weder auf dieses Argument, noch auf eines der vorgebrachten militärischen oder geographischen Argu- mente habe die Regierung geantwortet. Was die Suprematie des Reichsparlaments angehe, so sei das leßtere geseßlich aller- dings suprem; wenn aber die Bill unverändert bleibe, so sei die Suprematie illuforisch. Die Opposition müsse bei der Tinzelberathung Amendements einbringen, durch welchedie Supre- matie erst zur Wirklichkeit werde. Jn Bezug auf die Beibehaltung der irishen Deputirten habe Gladstone gesagt, er glaube, siewürden nicht sehr oft anwesend sein, aber er (Redner) und seine politischen FFreunde wünschten ein beruhigenderes Argument. Wenn der betreffende Paragraph unverändert bleibe, werde das System des parlamentarishen Gouvernements zerstört. Durch die Reden der Jrländer selbst sei es erwiesen, daß die Homerule- Bill das Problem nicht endgültig löse. Die Jrländer accep- tirten die Bill als Compromiß. Welche Aussicht sei aber vorhanden, daß das Compromiß gehalten werde? Serton habe das Haus vor den Folgen gewarnt, falls die Bill verworfen wurde: meinte & damit vielleicht eine Vermehrnng_ der Verbrchen, die Verstümmelung des Viehes, das Erschießen noch einiger hilfloser Personen? (S ex- ton unterbriht den Redner mit der Bemerkung, er habe der- artiges niemals gesagt.) Balfour fährt fort: Jn Betreff der Finanzen habe Gladstone erklärt, die Bill behandle Jrland generós, die Jrländer behaupteten aber das Gegentheil. Es jei lar, daß die Schwierigkeit, diese Frage zu lösen, sehr groß sei; aber die irischen Steuerzahler seien niht so ver- lievt in die Vorlage, um für das Privilegium , die- selbe zum Geseh zu machen, einen hohen Preis zu zahlen. Hierauf vertheidigte Balfour seine Bel- sajter Rede. Da den Männern von Ulster die Bill verhaßt sei, so sei es nicht seine Aufgabe, die Lehre des Nicht- wviderstandes zu predigen. Jn der Vorlage vom Jahre 1886 habe Gladstone sich bemüht, die Grundbesißer Jrlands zu [hüßen; in der jegzigen Bill sei nihts zum Schuße gegen eine Confiscirung gethan. Er bekämpfe die Bill niht nur im „nteresse der Minorität, sondern auch im FJnteresse der Majorität selbst; wenn die Bill zur Annahme gelange, werde das irische Volk im britishen Parlament einen fremden und geschlagenen Körper erblicken. Die Protestanten von Jrland seien gegen die Union gewesen, aber jeßt, nah 90 Jahren, vertheidigten sie diese. Weshalb solle nicht ein anderer Theil Jrlands in einer späteren Generation sih auch mit der Union aussöhnen? „Begeht Jhr aber so {loß Balfour dieses große politische Verbrechen und maht Euch für dieses Nationalunheil verantwortlich, dann ist jede Hoff- nung auf ein geeintes friedlihes Jrland auf ewig ver- [wunden (Beifall.) Sodann ergriff der Premier- Minister Gladstone unter lauten Beifallsbezeugungen das Wort: Q Wpbonition 60 Dex U Mut tühnen Behauptungen, extremen Uebertreibungen, fortwähren- den Mißdeutungen und vielen grundlosen Prophezeiungen entgegengetreten; er aber behaupte, die Bill werde zum eblie Mal seit 90 Jahren eine Suprematie des Parlaments ein- richten, die auf Recht begründet sei und auf Macht sich stüze. Die Regierung habe hinlänglih Vorkehrungen getroffen. um alle Zusagen und Verpflichtungen, die das Reichs-

Parlament hinsichtlih der Landfrage eingegangen sei, einzu-

lösen. Werde die Bill verworfen, wie solle dann Jrland regiert werden? Lasse es sih denn gegen den Willen einer Arozen Majorität des Volks regieren? Die Politik der dirlgen Regierung sei nah sechs Jahren zusammengebrochen ; E: Politik der jegigen Regierung werde von Jrland acceptirt. en glaube, die Bill werde sih als einer der dauerndsten und egensreihsten Siege der liberalen Partei erweisen. (An- haltender Beifall.) fob Hierauf wurde der Schluß der Debatte angenommen und 9dann die zweite Lesung der Bill mit 347 gegen 304 Stimmen genehmigt. Der Earl of Derby is gestern Abend gestorben.

Frankreich. is Q 2 , , c , R Die A mini on des Senats hat gestern, wie o. L. D.“ berichtet§ das von der Kammer angenommene

Budgetkapitel, betreffend die Umgestaltung der Controle über die Eisenbahnen, adaelebnt. Das Princip der Börsensteuervorlage wurde gutgeheißen; es wurden nur einige unerheblihe Abänderungen des Regierungsentwurfs be- lossen. Jn der von der Commission beschlossenen Fassung wird die Coulisse in keiner Weise als zu Recht bestehend an- erkannt und es wird die Forderung aufgestellt, daß die Cou- lissiers von Geburt oder dur Naturalisation Franzosen seien.

Der Minister-Präsident Dupuy empfing gestern, einer

Meldung der „Magd. Ztg.“ zufolge, den Ausschuß der socialistishen Partei in der Angelegenheit der Mai- feier. Der Minister-Präsident erklärte, der hauptstädtische Verkehr. könne durch Straßenumzüge niht unterbrochen werden, und warnte die Veranstalter der Maifeier nahdrück- lih davor, das polizeilihe Verbot zu mißachten, da die Regierung sehr entschieden zu handeln entschlossen sei. Der Ministerrath hat die Beschlüsse der socialistishen Gemeinde- räthe von Marseille und Roubaix, die der Maifeier einen amtlihen Charakter zu geben beschlossen hatten, um- gestoßen. _ Das Annnaire de l’armée française für 1893 ift joeben erschienen und gibt eine Uebersicht über den Stand des activen Heeres an Offizieren und diesem im Range Gleich- stehenden vom 31. Januar d. J., mit welchem Tage die Nang- liste abgeshlossen worden ist. Die Generalität zählt nach der RNangliste 2 Marschälle von Frankreih, 4 Divisions- Generale, welche über die Altersgrenze von 65 Jahren hinaus im activen Dienststande belassen sind, ferner 98 Divisions- und 198 Brigade:Generale, zusammen 302. Nach dem Etat sollen 100 Divisions- und 200 Brigade-Generale vorhanden sein, sodaß die über die Altersgrenze hinaus beibehaltenen Divisionäre hierbei angerechnet sind und nur die beiden Marschälle über den Etat geführt werden. Der LSeryice d'état-major d. h. der Generalstabsdienst mit Einschluß der höheren Adjutantur und der brevetirten Offiziere zählt von der R) nfanterie 62 Obersten, 79 Oberst:Lieutenants, 210 Majors, 344 Hauptleute und 56 Lieutenants, zusammen 751 Offiziere; von der Cavallerie 13 Obersten, 21 Oberst-Lieutenants, 33 Majors, 73 Rittmeister und 10 Lieutenants, zusammen 150 Offiziere; von der Gendarmerie 3 Hauptleute: von der Artillerie 16 Obersten, 21 Oberst-Lieutenants, 82 Majors und 205 Hauptleute, zusammen 324 Offiziere: vom Genie 2 Obersten, 5 Oberst-Lieutenants, 17 Majors und 31 Hauptleute, zusammen 55 Offiziere. Es giebt somit 1283 Offiziere, welche den Befähigungsnachweis für den General- stabsdienst geführt haben, davon 93 Obersten, 126 Oberst- Lieutenants, 342 Majors, 656 Hauptleute und 66 Lieutenants. An Offizieren umfaßt die Jnfanterie 193 Obersten, 220 Oberst-Lieutenants, 1064 Majors, 4360 Hauptleute, 5325 Lieutenants und 1284 Sous-Lieutenants, zusammen 12 446 Offiziere; die Cavallerie 86 Obersten, 81 Oberst-Lieutenants, 281 Majors, 1014 Rittmeister, 1753 Lieutenants und 366 Sous- Lieutenants, zusammen 3581 Offiziere; die Artillerie 86 Obersten, 103 Oberst-Lieutenants, 391 Majors, 1569 Ritt- meister, 1230 Lieutenants und 523 Sous-Lieutenants, zusammen 3902 Offiziere; das Genie 38 Obersten, 42 Oberst-Lieutenants, 159Majors, 494 Hauptleute, 193 Lieutenants und 58 Sous-Lieute- nants, zusammen 984 Offiziere; der Train 4 Oberst-Lieute- nants, 20 Majors, 164 Hauptleute, 134Lieutenants und 41 Sous- Lieutenants, zusammen 363 Offiziere; die Gendarmerie 16 Obersten, 15 Oberst-Lieutenants, 96 Majors, 280 Hauptleute, 290 Lieutenants und 41 Sous - Lieutenants , zusammen 738 Offiziere. Die französishe Armee des activen Dienst- standes beträgt an Offizieren der voraufgeführten Verbände und Waffen 2 Marschälle von Frankreih, 102 Divisions-, 198 Brigade-Generale, 419 Obersten, 465 Oberst-Lieutenants, 2011 Majors, 7881 Hauptleute, 8925 Lieutenants, 2313 Sous- Lieutenants, zusammen 22316 Offiziere, die den Stäben und den Truppentkeilen zugewiesen sind.

Die sechs marokkanischen Douars, die sh in Ma- gura niedergelassen hatten und deren Ausweisung, wie gestern gemeldet, von dem Kriegs-Minister verfügt worden war, sind nach einer in Paris eingetroffenen Meldung freiwillig wieder nah Marokko zurückgekehrt.

JFtalien.

Die gestrige „Gazzetta ufficiale“ schreibt in ihrem amtlichen Theil: „Morgen vollendet sich das 25. Jahr der Ehe unseres erhabenen Königspaäres. Das König- liche Haus feiert einen Festtag. Der Freude der Königlichen Familie entsprechen wie immer die einstimmigen Glückwünsche des italienishen Volkes, welhes gern der hochherzigen Anregung des- Monarchen Folge leistet und in Werken einer erleuchteten Wohlthätigkeit das unvergänglihe An: denken des glücklihen Ereignisses bekunden wollte. In der , Hauptstadt des Komgreihs Vkalien, das seine Existenz dem ruhmreihen Hause Savoyen, . sowie dem ausdauernden und einmüthigen Streben des italienischen Volkes verdankt, sind die Souveräne und die Vertreter der regierenden Häuser und der befreundeten Nationen anwesend, um unser Königspaar zu beglückwünshen. Die Ehren- bezeugungen, die dem Königlichen Hause gelten, werfen ihren leuchtenden Abglanz auf das italienishe Volk, denn zwischen dem Königshause und der Nation besteht eine innige Gemein- {haft der Gesinnungen und der Zuneigung.“

Der Papst empfing gestern 500 Pilger aus Belgien. Auf eine an ihn gerichtete Begrüßungsadresse erwiderte dem „W. T. B.“ zufolge der Papst: Er habe zu seinem großen Bedauern von der jüngsten Störung des öffentlichen Friedens und von drohenden Vorgängen in Belgien gehört. Um eine Wiederkehr der Bewegung hintanzuhalten, sei es nothwendig, daß die Arbeiter im Einverständniß mit den Arbeitgebern unter der Leitung der geistlichen Hirten, wie es die Kirche lehre, vorgingen. : :

Der Cardinal Giordani ist gestern gestorben.

Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand von Sachsen-Coburg sind gestern an Bord des Lloyddampfers „Amphitrite“ von Spezia nah Varna abgereist. Gutem Ver- nehmen nah werden die Neuvermählten in Malta und, wahr- sheinlih auch in Konstantinopel kurzen Aufenthalt nehmen. Die bulgarishen Minister Stambulow und Grekow, sowie der Präsdent der Sobranje Petkow haben si gestern von Florenz nah Venedig begeben.

Belgien.

Der Revisionsausshuß des Senats hat, wie ter „Frkf. Ztg.“ mitgetheilt wird, gestern die Berathung des durch die Deputirten am Dienstag angenommenen Antrags Nyssens über das Wahlrecht begonnen. Die drei Senatoren Crocq, Finet und Van Put sprachen heftig gegen die Annahme.

Rumänien.

Die Deputirtenkammer beshloß gestern den S L O zufolge mit 80 gegen 33 Stimmen, den Geseßz- entwurf über die Verzehrungssteuer in Erwägung zu ziehen. Jm Senat beantworteten der Minister-Präsident und der Justiz-Minister eine Jnterpellation Sturdza's über die Ereignisse der lezten Tage. Sie erklärten, baf die Verantwortung für die Ereignisse auf die Liberalen falle. Der Senat seßte darauf die Berathung des Gesezentwurfs über das Sanitätswesen fort. Die Ruhe ist gestern in Bukarest nicht gestört worden.

Bulgarien.

Der Tag der Vermählung des Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg ist laut Meldung S Mw. D in ganz Bulgarien feierlich begatigen worden. Jn allen Städten fanden officielle Festgottesdienste und Truppenrevuen statt, überall veranstaltete. man. Volksbelustigungen. Der Exarh von Bulgarien sandte dem Prinzen Ferdinand tele- graphishe Glückwünsche zur Vermählung.

Dänemark. ___ Der bisherige dänische Gesandte in Wien, Kammerherr Löwenörn ist laut Meldung des „W. T. B.“ nunmehr zum dänischen Gesandten in St. Petersburg ernannt worden. / Amerika. __ Der von dem Secretär des Schaßes Carlisle erstattete Bericht über die Finanzlage ist, wie „W. T. B.“ meldet, nunmehr erschienen. Der Secretär des Schazes erklärt darin, er werde fortfahren, Gold für die zum Ankauf von Silber- barren ausgegebenen Schaßscheine so lange zu s A als Gold dazu disponibel sei. Die Regierung werde ihren Credit un- geshmälert zu behaupten suchen, Die Aufrechterhaltung der Gleichwerthigkeit beider Metalle werde niht aufge- geben werden. Es seien Schritte gethan behufs weiterer Be- chaffung von Gold aus dem Westen; man hoffe, auf diese Weife die Goldreserve intact belassen zu können. Im Lande sei hin- reichend Gold, jedem Bedarf entsprehend , vorhanden. Falls alle, denen wirklih daran gelegen sei, eine gesunde stabile Währung aufrecht zu erhalten, dem Schagamti nah Kröften Beistand leisteten, werde die Schwierigkeit bald gelöst sein. Afrika.

Wie das „Reuter'she Bureau“ aus Kapstadt meldet, haben der Gouverneur des Kaplandes und der Prä- stdent der Südafrikanischen Republik Krüger gestern Coles- berg verlassen, wo sie seit dem 18. d. M. über die Ein- verleibung des Swazilandes in die Südafrikanische Republik conferirt hatten. Das Resultat der Unterhandlungen ist noch nicht bekannt. Man vermuthet, daß noch kein definitiver Be- [chluß gefaßt worden sei.

Nach einem gestern Nachmittag bei der Regierung des Congostaats in Brüssel eingegangenen Telegramm aus Lagos hat, wie „W. T. B.“ berichtet, der Afrikaforscher D’ Hanis Mitte Februar Niangwe erobert. D’Hanis be- fehligte damals 450 Mann reguläre Truppen und Eingeborene; die leßteren waren Unterthanen des Häuptlings Mgongo Lutete.

Parlamentarische Nachrichten. Deutscher Reichstag.

_Der Bericht über die gestrige Sißung befindet sih in der Ersten Beilage. |

81. Sihung vom Sonnabend, 22. April 1 Uhr.

__ Der Sizung wohnt der Staatssecretär Dr. von Boetticher bei.

L Die erste Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Bekämpfung gemeingefährliher Krankheiten, wird fortgeseßt.

Uo, Dr. Langerhans (dfr.): Die Vorlegung dieses Entwurfes erflärt sich aus der Besorgniß, daß die Cholera auh in diesem Jahre zahlreihe Opfer fordern wird. Jh begrüße das Geseß mit Freuden, weil es einer einheitlihen Medizinalreforn in den einzelnen Staaten die Wege ebnet. Die beamteten

4 Aerzte werden jeßt viel zu {lecht bezahlt. Hier muß Wandel ge-

schaffen werden, wenn diese Aerzte den hygienishen Aufgaben ge- wachsen sein sollen. Die Competenz des GesundPeitärains müßte näher präcisirt und erweitert werden, namentlich in Bezug auf fein Zusammenarbeiten mit dem Kaiserlihen Gesundheitsamt. Die Anzeigepfliht der Haushaltungsvorstände könnte bedenklih er- scheinen. Sie tritt aber doch nur dann hervor, wenn die Epidemie einen größeren Umfang erreicht hat. Es müßte überall, auch in Preußen, die obligatorische Leichenschau eingeführt werden, wenn man der Seuche gleih von Anfang an energisch zu Leibe gehen will. Streitigkeiten zwischen dem L ebaubetuden und dem beamteten Arzt werden gewiß vorkommen; ein Obmann würde aber den Streit nur vershärfen und verlängern. Es wird gut sein, wenn die Verwaltung sih vorher von den Qualificationen des beamteten Arztes über- zeugte. Die Aufnahme von gelbem Fieber und der Pest in dieses Gefe ist nur ornamentales Beiwerk. Man hat die Aufnahme von Diphtheritis, Scharlah und Typhus vermißt. Diese Krankheiten haben nur einen localen Charakter und ihre Bekämpfung kann dem Einzelstaat über- lassen werden. Die Aerztevereine, welche gegen dieses Geseß Gegen- vorschläge gemacht haben, sind in dem Irrthum befangen, als wenn dieses Gese eine Medizinalreform bedeute. Diese Reform wird nur vorbereitet. .

(Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssecretär Dr. von Boetticher das Wort.)

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 66. Sibung vom 22 Aptil, __ Der Sigzung wohnen der Präsident des Staats-Ministe- riums, Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei. L:

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Entwurfs eines Communalabgabengeseßes [Theil 1 (J 1 bis 74) betrifft die Gemeindeabgaben]. Der erla Titel: „Allgemeine Bestimmungen“ umfaßt die §8 1 bis 3.

___Z1 lautet: „Die Gemeinden sind berechtigt, zur Deckung ihrer Ausgaben und Bedürfnisse nach Maßgabe der Be- stimmungen dieses Gesezes Gebühren und Beiträge, indirecte und directe Steuern zu erheben, sowie Naturaldienste zu e ;

erihterstatter Abg. Dr. Wuermeling (Centr. ist f hin, daß die Vorlage ausgegangen sei von dén Buse im Anschlu an die Reform der Staatssteuern auch die Gemeindesteuern zu refor« miren, und dabet fei auch gewüns{cht worden, die indirecten Gemeinde- steuern mehr, als bisher, zu entwideln.