1893 / 97 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Ctr cat circa m E BRE L A “7.

auf Grund des bestchenden Gesetzes beispielsweise die Stadt Frankfurt mit Recht verpflichtet wurde, die Gebühren erheblich berunterzuseßen ih} meine, es war ein Gebührenbetrag zwischen 70000 und 80 000 M die Fleishpreise auch nit im geringsten sich änderten; sie blieben genau so, wie sie vorher waren. Die Meßger haben allerdings von der Existenz eines Schlachthauses ganz besondere Vortheile, wenn sie sich auch häufig, weil die neue Einrichtung ihnen unbequem is, dagegen wehren; es dauert nicht sehr lange, so erkennen sie selbs, däß ihre eigenen Betriebskosten sih dadur erheblich vermindern, und daß sie bedeutende Vortheile von der Einrichtung des Shlachthauses haben, der ganze Fleischbetrieb rationeller, das Schlachten zweckmäßiger und humaner und das Fleisch im allgemeinen billiger wird. Das is eine Einrichtung, die die Geseßz- gebung nach allen Richtungen thunlichst zu fördern hat, und das ift der cigentlihe Zweck der Vorschläge, die wir hier machen. Ich bitte daher, bei den Commissionsbeshlüssen im allgemeinen stehen zu bleiben.

Meine Herren, der Antrag des Herrn Dr. Kelch auf Nr. 168 der Drusachen will eine Ermäßigung des Maximalsatzes der Ge- bühren eintreten lassen auf den Betrag von 59/% in denjenigen Städten, in denen die Schlachtsteuer besteht. Jch kann allerdings nicht leugnen, daß hierfür einiges spriht. Ih halte den Antrag nicht gerade für nöthig, weil ih überzeugt bin, daß in diesen Städten das sind ja alles größere Städte man auch auf die That- fache der Existenz der Schlachtsteuer hon bei der Gebührenbemessung an sih Nücksicht nehmen wird. Jch muß aber allerdings anerkennen, daß ein großer Uebelstand wohl kaum dadur hervorgerufen werden würde. Ich glaube auch, daß die Städte, die diese Schlachtsteuer haben, wohl sämmtlich s{chon Schlachthäuser besien obwohl ih mich darin irren kann.

Endlich, meine Herren, komme ich noch auf den Antrag der Herren v. d. Acht und Genossen, Nr. 179 der Drucksachen, welche, wenn ih recht verstehe, überhaupt die Erhebung von Gebühren nux gestatten wollen bis zur vollendeten Amortisation. Meine Herren, diese Bestimmung hat gerade bisher die allergrößten Schwierigkeiten hervorgerufen und sehr vielfah dahin geführt, daß die Gemeinden, weil sie fürhteten, nahdem sie amortisirt haben, gar keine Gebühren von irgend einer Bedeutung noch erheben zu können, jede Amortisation unterließen. Wenn diese Anlage mittels einer Anleihe gemacht wird, so kann die Gemeinde gezwungen werden, und da wird es au von den Umständen abhängen, ob die Aufsichtsinstanz eine 1-, 14- oder eine 2procentige Amortisation vorschreibt. Gemeinden aber, die niht mittels Anleihe diese Anlage hergestellt haben, brauchen überhaupt nicht zu amortisiren. Jh meine die Gebührenerhebung muß von anderen Gesichtspunkten, als von der zufälligen Höhe der Amortisation oder der Vollendung der Amortisation abhängen, und ih bitte in allen Fällen, diese Worte „bis zu vollständiger Amortisation“ wegzulassen. Der Vertrieb, die Einwirkung auf die Fleishpreise, die Lage des Meßgerhandwerks, alles ändert sich nicht, garniht dur die zufällige Thatsache, ob das Kapital amortisirt wird oder nicht.

Ich habe vorhin gesprochen von erheblichen Differenzen, die in der Praxis bezüglich der Berehnungen des Anlagekapitals eingetreten sind, und daß es deshalb wünschenswerth wäre, cinen genügenden Be- messungsraum zu geben, um solche Streitigkeiten zu verhindern. Das hat namentlich Plat gegriffen in den Fällen, wo die Gemeinden die Gebäude auf eigenem Grund und Boden hergestellt haben. Ich habe erlebt, daß ausführlihe sachverständige Gutachten eingezogen werden mußten, um die Behauptung der Meßger in einer Stadt zu rechtfertigen, daß bei der Bemessung des Anlagekapitals der Grund und Boden zu hoh berechnet worden sei. Alle derartigen kleinen Differenzen und Unannehmlichkeiten werden wesentli abgeschnitten werden, wenn Sie bei dem Commissionsantrage stehen bleiben werden.

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Weiterhin nahm der Finanz-Minister Dr. Miquel noch einmal das Wort:

Ich will nur kurz noch einige Bemerkungen auf die Aeußerungen des Herrn Vorredners machen. Er sagt, wocin soll das Nisico der Gemeinde bei Anlage einer solhen Anstalt liegen? Ich habe {on zugegeben, für große Städte wird kein Risico sein, aber für kleinere und mittlere Städte ist das Risico doch ret erbeblih. Nun sagt der Herr Vorredner, das kann garniht mögli sein, denn die Ge- meinde habe einen Zwang auf Benußung der betreffenden Anstalt. Aber die Gemeinden haben keinen Zwang, daß von außen kein Fleis in die Stadt kommt. Die kleineren und mittleren Gemeinden, die eine Con- currenz von den ländlichen Schlächtern in erheblichem Maße haben, können gar niht ermessen, in welchem Maße die Concurrenz gegen die Megger vom Lande, welche Fleisch direct in die Stadt bringen, eine Ver- minderung der Benußung des Schlahthauses herbeiführt. Darin liegt ein sehr bedeutendes Risico, wenn man si erinnert, wie um die Städte herum, in den Vororten oder in den umliegenden Dörfern fih das Meßgerhandwerk entwickelt und die Leichtigkeit des Transports in der Concurrenz gegen die städtishen Metzger wirkt. Deshalb ift au der leyte Absaß dieses Paragraphen aufgenommen, damit wenigstens diese ländlihen Schlächter, die in der Stadt concurriren, entsprehende Gebühren zu zahlen haben, die den städtishen Metgern zur Last fallen.

Ferner sagt der Herr Vorredner, es sei doch kaum anzunehmen, daß die Gesammtkosten des Meygerhandwerks, des Schlahtens und Vertreibens durch die Einrichtung eines Swlachthauses sich vermindern. Wenn man einmal die Rechnung im einzelnen genau gemaht hat, welhe Summen bei den einzelnen Meßtgern in Beziehung auf die Verwerthung ihrer Localitäten erspart werden, welhe Summen erspart werden durch die weit größeren Transportkosten, so kommt man auf die Rechnung, daß selbst bei erhebliheren Gebühren die Gesammtkosten des Schlahhtens und des Verkaufs des Fleisches durh eine zweckmäßige Einrichtung eines Schlachthauses billiger werden.

Nun sagt der Herr Redner: die kleineren Metzger würden zu sehr gedrüdckt, sie gingen schon so wie so namentli infolge der Einrichtung der Schlachthäuser zu Grunde. Jch bin der Ansicht auch nit, voraus- geseßt, daß die städtishe Verwaltung in dieser Beziehung für zweck-

mäßige Einrichtungen sorgt. Der große Megger kann z. B. einen Wagen halten, kann das Vieh in Massen hinbringen und das Fleisch

in seinen Wagen abfahren lassen. Der kleine Megtger kann das aller- dings niht, und da müssen die Städte und haben \{chon vielfach Sorge getragen dafür sorgen, daß in dieser Beziehung Transport- mittel zur Disposition gestellt werden, die dann dem kleinen Metger

au nicht theurer zu ftchen kommen, wie dem großen, In diesem !

Falle werden aber au die kleineren Meßger von der Einrichtung cines Schlachthauses einen Schaden nicht haben.

Es war ja natürli, daß hier das Gesetz betreffs der Gebühren- erhebung eine bestimmte Schranke seßt. Weswegen ? Weil hier ein gesetz- liher Zwang auf Benußung der Anstalt vorhanden ist. Meine Herren, wollen Sie sich aber daran erinnern, daß wir eine Menge industrieller Be- triebe haben, deren Benußung zwar nit zwangsweise durch Gese vorgeschrieben ist, deren Benußung aber do thatsählih eine zwangs- weise ist, weil der Betrieb monopolistisch ist. Städte, die Gasanstalten eingerichtet haben, können allerdings die Gaspreise einrihten bis auf eine gewisse Höhe, ohne daß sie irgend eine Concurrenz zu fürchten haben; denn die Einrichtung einer zweiten Gasanstalt is, weil sie die Benußung der Straßen vorausfeßt, ohne die Bewilligung der Ge- meinde unmöglich. Hier haben wir thatsählich einen monopolistishen Betrieb, und doch is der Verbrauh von Licht au eine absolute Nothwendigkeit; genau fo ist es bei Wasserleitungen, die au meistens niht obligatorisch vorgeschrieben sind, die aber thatsächlich in der Benutzung obligatorisch sind. Ist einmal eine solche Wasserleitung vorhanden, vershwinden die Brunnen, fo ift do jeder auf die städtische Wasserleitung angewiesen. Haben wir denn da für nöthig gehalten, bestimmte geseßlihe Grenzen den Gemeinden auf- zuerlegen? Man muß in dieser Beziehung auch etwas auf die eigene Vernunft der Gemeinden Rüdcksicht nehmen. Die Rücksichten auf ein nicht stattzufindendes Uebertreiben der Gebühren innerhalb des Spatiums zwischen der Grenze von 89/9 werden doch auch in den einzelnen Gemeinden zur Geltung kommen; das kaun doch feinem Zweifel unterliegen. Man wird au da die Rücksihten nehmen, die man nehmen muß, um einen allzu starken Druck, sei es auf das Meggergewerbe, sei es auf die Consumenten nit auszuüben. Jch vermag mihch noch immer nicht zu überzeugen, daß die Anträge, vielleiht mit Ausnahme des Antrags Dr. Kelch die Vorlage irgendwie verbessern. Ich bitte, dieselben nicht anzunehmen.

Damit schließt die Berathung. § 8 wird hierauf mit dem Antrage Kelch-Tshocke angenommen.

Nach § 8a können in Badeorten und klimatischen Kur- orten Kurtaxen erhoben werden.

Abg. Hansen (freicons.) beantragt, zu sagen: „Badeorte, flimatishe und sonstige Kurorte“.

S 8a wird mit dieser Aenderung angenommen.

Darauf wird die weitere Berathung um 3/ Uhr auf Montag 11 Uhr vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Conferenz der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrts- Einrichtungen.

In der zweiten Sißung der Conferenz am Sonnabend (vergl. den Bericht über die erste Sißung in Nr. 95 d. Bl.) wurde über die Fürsorge für Kinder und Jugendliche verhandelt. Der Referent, Pfarrer Dr. Drammer-Köln a. Rh., wies darauf hin, daß die Ent- artung der Iugend, insbesondere der sogenannten Arbeiterjugend, schon seit langer Zeit in der Presse aller Parteien cine stehende Nubrik einnehme. Die Verbrechen, die von Jugendlichen begangen werden, mehrten sich in ershreckender Weise. Die Hauptursache liege! in dem Familienleben der Arbeiter. Die Eltern seien oft gar niht in der Lage, sich um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern, da sie vom Morgen bis zum späten Abend außerhalb des Hauses arbeiten, um den Unter- halt für die Familie zu erwerben. Abcr au des Sonntags werde das Familienleben nicht gepflegt. Solche Kinder seien dann den destructiven atheistishen Lehren der Socialdemokratie sehr leicht zugänglich; dem gegenüber bliebe die Thätigkeit in den Schulen zumeist unwirksam. Die Werkstätten seien oftmals der Herd der social- deraokratishen Lehren; hierin müsse Wandel geschaffen werden; Gemeinde, Kirhe und Arbeitgeber müßten gemeinsam Hand anlegen. Um die jungen Arbeiter zu gottesfürchtigen, arbeit- samen und sparsamen Menschen zu erziehen, empfchle es sich, aller Orten Vereine für junge Arbeiter zu errichten, in denen Gottesfurht, aber auch Geselligkeit, körperlihe Uebungen u. f. w. gepflegt werden. In diesen Vereinen müßten Sparkassen eingerichtet, Bibliotheken unterhalten, die Fortbildung gepflegt werden. Auch das Vergnügen müsse dort eine Stätte finden, um den jungen Leuten den Besuch der Vereine angenechm zu machen. Der christliche Verein junger Männer in Berlin und verschiedene katholische Arbeiter- bezw. Gefsellen-Vereine leisteten bereits PUNORO auf diesen Ge- bieten. Der seit zehn Jahren in Köln bestehende katholische Lehrlings- verein habe die schönsten Früchte gezeitigt. Etwa 3000 junge Leute seten durch diesen Verein gegangen. Soweit dem Vorstand bekannt, seien alle die 3000 jugendlichen Arbeiter ordentlihe gottes- fürhtige Leute geworden, die den \ocialdemokratischen Vercführungen niht zugänglich seien. Auh der weiblihen Jugend müsse eine ganz besondere Sorgfalt gewidmet werden, denn fie habe den größten Einfluß auf die G etenadfeide männlihe Jugend. Es sei nothwendig, die jungen Mädchen auf thren erzieherishen Beruf als Mütter vor- zubereiten. S dürfe man in das Familienleben, wenn nit dringende Veranlassung dazu vorliege, niht eingreifen. Fabrik- director Dr. Traun (Harburg) hält es für erforderlich, den Sonnabend Nachmittag den Arbeitern freizugeben; die gegenwärtige Sonntagsruhe gestatte anderenfalls den Arbeitern nicht, für ihre nöthigsten Bedürf- nisse zu sorgen. Man_ müsse au dafür wirken, daß der Arbeiter Gelegenheit habe, des Sonntags die Kirche zu besuchen; die Erfahrung habe gelehrt, daß die Arbeiter dadurch in ihrem Verdienste keines- wegs eine Einbuße erleiden. Er habe für seine jugendlichen Arbeiter eine Fortbildungs\hule eingerichtet, deren Besuch obli- gatorish sei. Die jungen Leute besuchen aber jeßt mit so großem Vergnügen die Schule, daß jeder Zwang überflüssig geworden fei. Oberlehrer Dr. Neddersen (Bremen) hält die verschiedenen Arbeiter- Wohlfahrtseinrihtungen für die Arbeiterjugend nur für Nothbehelfe. Das Hauptaugenmerk müsse darauf gerihtet werden, M die Familie der Ekpfeiler der menschlihen Gefellshaft bleibe. Man müsse ih daher hüten, die Eltern in der Vernach- lässigung ihrer Pflichten noch zu bestärken. Im übrigen scheiterten oftmals die Bestrebungen, die Jugend zu \{chüßen, an der geseßlichen Unmöglichkeit, die verwahrlosten Kinder in Zwangserziehung zu nehmen. Die geseßliche Fürsorge für die Jugend bedürfe über- haupt in vieler Beziehung der Ergänzung. Rector Wenger-Elber- feld: Er hebt hervor, daß ganze Ballen von Schriflen destructiver Tendenz mittels jüdischen und socialdemokratishen Geldes nah West- und Süddeutschland gesandt werden. Es sei deshalb nothwendig, wenn der christlih-deutshe Geist unserer Bevölkerung erhalten werden solle, daß die Bestrebungen des Vereins zur Verbreitung christlicher Zeitschriften eine möglihst große Förderung erfahren. Lehrer Dr. Kamp (Frankfurt a. M.) bezeichnet es als nothwendig, die weiblihe Jugend, auch die Landmädchen, in der Haushaltung zu unterweisen, zumal die weiblihe Arbeiterjugend nur in den seltensten Fällen Gelegenheit finde, den Haushalt zu lernen. Ferner halte er es für nothwendig, daß evangelischerseits die Diakonie ebenso (pflegt werde, wie von den Katholiken. Fabrikdirector Dr. ôller (Brackwede) möchte die Schulen für die weibliche Arbeiterjugend mit Kochschulen verbinden und für diejenigen jungen Leute, die keinen p Rang haben, befondere Anstalten hafen. Man spreche o viel für die Kasernirung der Prostitution; hier sei eine gewisse Kasernirung am Playe, denn wenn ein junger Mann oder ein junges Mädchen genöthigt sei, shon vom vierzehnten Lebensjahre ab in

Sclafstellen zu wohnen, dann sci es gar kein Wunder, wenn fie sittlich verdorben werden. Sache der Arbeitgeber wäre es, ganz be- sonders in dieser Beziehung Wandel zu schaffen. Fabrik, besißer Heinrich Frehse (Berlin) bemerkte, es sei bereits betont worden, daß in erster Linie die Hebung des Familienlebens ins Auge gefaßt werden müsse. Dies könne aber am ceheften durch Verkürzung der Arbeitszeit ge\hehen. Er habe seit länger denn einem Jahre in seiner P in der er 150 Arbeiter beschäftige, den ahtstündigen Normalarbeitstag durhgeführt und könne mittheilen, daß sowohl er als auch die Arbeiter sich fehr gut dabei stehen. Abg. Eisenbahn-Director a. D. Schrader (Berlin) wünscht, daß die Frauen und Töchter der besseren Stände sih der Ausbildung der weiblihen Jugend widmen. Eine Erziehung in den Klöstern oder Diakonissen-Anstalten könne er niht befürworten da die Mädchen in diesen Anstalten einen dogmatisch-religiöfen Unter: richt erhalten und die Schwestern auch wohl nicht die nöthige Aus- bildung in den Haushaltungsfächern haben. Abg. Kaplan Hige (M.-Gladbach) wünscht, daß mehr die unverbeiratheten Töchter der besseren Stände sich der Mitarbeit für Ausbildung der weiblichen Arbeiter- jugend in den Haushaltungsarbeiten widmen. Daß die Klöster und Diakonissinnen-Anstalten hierzu niht herangezogen werden follen, fei ihm unverständlih. Einmal seien die Schwestern in diesen Anstalten vollkommen sahlich ausgebildet, und andererseits sei es do sehr noth- wendig, wenn Jeder, Katholik, Protestant und Jude, in seiner Religion unterrichtet werde. Der dogmatisch-religiôöse Unterricht sei mithin eine Nothwendigkeit. Director Meyer (Sciffbeck bei Hamburg) fürchtet, daß die Bestrebungen, die Frauenarbeit in den Fabriken zu beseitigen, an den wirthschaftlihen Verhältnissen scheitern werden. Deshalb fei es selbstverständlich, in erster Reihe auf cine Förderung des Familien- lebens bedacht zu sein. Wo dies aber nicht angehe, wo die Kinder sich selbst überlassen bleiben, empfehle sh die Schaffung von Kinderheimen. Auch empfehle es si, den Fabrikshulen, deren erzichlihe Bedeutung nicht gering anzuschlagen sei, ein größeres Recht von Gefeßes wegen einzuräumen. Privatgelehrter Dr. Petong (Berlin) trat für obligatorishe Fortbildungsshulen ein. Com- merzien-RNath Quistorp (Stettin) bemerkte, er kenne für die Beaufsichtigung der Kinder in den Erzichungsanstalten u: #. w, kcine eeigneteren Damen als die Schwestern in den tatholischen Klöstern und evangelischen Diakonissinnen-Anstalten. Gr bedaure, daß leßtere Anstalten immer weniger twerden. Das Ideal für die Beaufsichtigung der Kinder erblicke er allerdings in der Fabrikbesißerin ; diese müßte Mutterstelle an den verlassenen Kindern der Fabrikarbeiter vertreten. Pastor Diestelkamp (Berlin) kann nach feinen Erfahrungen, die er ganz besonders in der in der Neinickendorfer Straße belegenen Arbeitercolonie gemacht habe, mit- theilen daß die religiöse Gemeinde und Jugendpflege evangelischerseits cbenso geübt werde, wie von fkatholisher Seite. Die religiöse Unter- weisung dürfe doch in keiner Weise gering angeschlagen werden. Der FSortbildungêgunterriht sei sehr gut, man müsse aber dafür sorgen, daß die Unterrichtsstunden niht in die Zeit des Gottesdienstes gelegt werden. Der Redner bezeichnete es im weiteren als nothwendig, daß die Arbeitgeber mehr Interesse für die sittliche und religiöse Wahrung der Arbeiterjugend bezeigen. Wenn genügende Locale in Berlin vorhanden wären, dann ließen fich noch eine ganze Anzahl solher Vereine wie der „hristlihe Verein junger Männer“ schaffen. Der dogma- tise Neligionsunterriht müsse von allen Confessionen gepflegt werden. Diejenigen, die sich zur Zeit an den Klosterstürmen in Moabit betheiligt haben, seien \chließlich sehr froh gewesen, daß Klosterschwestern überhaupt da waren. Es sprachen noch mchrere andere Redner; von einer Beschluß fassung wurde Abstand genommen. Der Vorfizende, Unter-Staatssecretär a. D. Herzog * (Berlin) {loß hierauf die Conferenz, indem er der Hoffnung Ausdru gab, daß die Verhandlungen zur sittlihen Hebung und materiellen Besser stellung des Arbeiterstandes und damit zur friedlichen Lösung der focialen Frage beigetragen haben möchten.

Zur wirthschaftlihen Lage.

Die Lage der im Negierungsbezirk Hildesheim hauptsählich in Betracht kommenden Zuckerindustrie ist fast durhweg eine be- friedigende. In der vorjährigen Campagne ift der Erntecrtrag und der Zuckergehalt der Rüben ein guter gewesen. Die Verarbeitung ist ohne Störung von statten gegangen, und die Zuckerpreise sind normale.

In einigen Theilen des Megierungsbezirks Lüneburg wird in neuerer Zeit der Fishzuht größere Aufmerksamkeit als früher ge- schenkt; durch Umwandelung ertragloser Haideflächen in Fischteiche haben sfi dort cinzelne Landroirthe eine immerhin lohnende Erwerbs- quelle ge|chaffen.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Königsberg i. Pr. meldet cin Wolffs{hes Telegramm, daß die dortigen Zeitungen von einem Strike der Kahnfschiffer in Ostpreußen und Westpreußen berichten, der etwa 400 Fahrzeuge, meist kurishe Kähne und Schiffer, umfaßt. Die Schiffer verlangen eine Erhöhung des S von 10 auf 12 „t für den Ladungscentner. Der Strike richtet sich hauptsählih gegen die Unternehmer der S lieferungen für die Weichselstrombauten.

In Halle a. &. haben, wie der „Vorwärts" mittheilt, die Steinmegten die Arbeit wegen LohnherabseBung niedergelegt.

In Stolberg (Nheinland) haben nach demselben Blatte die Flaconmacher zum 20. d. M. die Arkteit wegen der Arbeitsverbältnisse gekündigt. l

Aus Mülhausen i. E. wird der „Köln. Ztg." weiter berichtet, daß der Ausstand in der Wollfabrik Glück u. Co. zu Gunsten der Arbeiter beendet wurde, die eine Lohnerhöhung von 20 täglich erhalten; außerdem is ihnen die Einführung von besserem Ytoh- material versprochen worden.

Hier in Berlin ist, wie die Berliner „Volksztg.“ mittheilt, die focialdemokratishe Strike-Controlcommission zu einer „Berliner Gewerkschafts-Commission* erweitert worden, die nament- lich folgende Aufgaben erfüllen soll: Die Gewerkschafts-Commission ist verpflichtet, überal, wo die Interessen der Arbeiter es erfordern, einzugreifen, sei es bei Strikes, Lohn- bewegungen, Aussperrungen, Boykotts und sonstigen Gilegenheiten. Bei den Wahlen zu den Gewerbegerichten foll die Gewerk schafts- commission die Agitations-Vorarbeiten 2c. erledigen, ebenso sind die jeweiligen Geldsammlungen zu obigen Zwecken von derx Gewerk- \chafts-Commission felbst vorzunehmen und zu regeln. :

Aus Wien berichtet ein Telegramm des „H. T. B.“, daß die Zimmergchilfen beschlossen haben, wegen?Ablehnung ihrer Forderungen heute in einen Ausftand einzutreten. i :

Ein Brüsseler Telegramm des Wolff’s{chen Bureaus meldet, daß in Bernissart (Hennegau) etwa 1000 Ausftändige am Sonn- abend Vormittag zahlreihe Magazine plünderten; sie warfen mit Steinen nah den Polizisten und verwundeten mehrere von ihnen sch{chwer. Es wurden 10 Verhaftungen vorgenommen.

In Mons wurde am Sonnabend gegen die während des leßten Strikes Verhafteten gerihtlich verhandelt. Die Angeklagten wurden zu Gefängnißstrafen von 2 bis 3 Monaten verurtheilt. Der Socialisten- führer Brenez erhielt eine fünfjährige Gefängnißstrafe.

In London fand gestern im Victoria-Park eine große Versammlung der Gewerkvereinler statt, die eine Ent- s{ließung annahm, die Ausständigen in Hull zu unltec- ia Mehrere Redner betonten, die Idee eines National- \strikes fei keineswegs aufaegeben. In Hull fanden in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wiederholt ernste Zusammen“öpe zwischen den Strikenden und der Polizei statt, wobei mehrere Ver- wundungen auf beiden Seiten vorkamen. Am gestrigen Nach- mittag wurde von den Strikenden ein großes Holzlager in Brand geseßt: Polizeibeamte und Seeleute sudten dem Feuer Einhalt zu thun. Abends fanden abermals Ruhestörungen statt, wobei die Strikenden den Dampfer „Righi“ angriffen, von der Polizei jedo zurückgeshlagen wurden. Der Schaden, der durch die Einäscherung des pol laßes sowie eines Hotels entstand, beläuft sich aus

250 fund Sterling.

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

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Berlin, Montag, den 24. April

Nictamllihes.

Bayern.

Jhre Königlichen Hoheiten die Großherzogin und der Erbgroßherzog von Luxemburg sind vorgestern aus Schloß Hohenburg in. München eingetroffen und haben sich der „Allg. Ztg.“ Zufolge sofort an das Krankenlager Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs begeben. Das gestern über Höchstdesselben Befinden ausgegebene Bulletin constatirt eine langsam fortschreitende Besserung.

Sachseu.

Aus Anlaß des Geburtstags Seiner Majestät des Königs trug die Stadt Dresden gestern reichen Festshmudck. Die Königliche Familie brachte bereits früh ihre Glüct- wünsche in der Villa Strehlen dar. Vormittags fand ein feierliches Tedeum statt, dem beide Majestäten, die Prinzen und Prinzessinnen beiwohnten. Später nahm der König die Glückwünsche des Hofstza!3 und der übrigen Würdenträger im NResidenzschlosse entgegen. Um 1 Uhr wurde auf dem Alaunplaz große Parade abgehalten, wobei die Artillerie 101 Salutschüsse abgab. Bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg fand Familientafel statt. :

Sachsen-Coburg-Gotha.

JZhre Kaiserliche und Königlihe Hoheit die Herzogin von Edinburg hat sich der „Cob. Zta.“ zufolge gestern mit ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Alexandra und Beatrice nah England begeben.

Elsaß-Lothringen.

Zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kön1gs von Sachsen waren gestern in Straßburg und Meßt die Forts, die Festungswerke und die militärischen Gebäude durch Flaggen geschmücckt. Nachmittags fanden für die Generalität und die Offiziercorps der sächsischen Regimenter Festmahle statt.

Oesterreich-Ungarn.

Am Sonnabend hat in Wien die Parade der Wiener Garnison vor dem Kaiser stattgefunden. Anwesend waren, der Wiener „Presse“ zufolge, die Erzherzoge Karl Ludwia, Ferdinand und Wilhelm, die Erzherzoginnen Maria Theresia, Maria Annunciata und Elisabeth, der Herzog von Cumberland, ferner die Minister Graf Kälnoky, F.Z.M. Baron Bauer und 7.3.M. Baron Fejervary und die fremden Militär-Attachés. Um 9 Uhr Vormittags traf der. Kaiser in Marschallsuniform ein und ritt nah Entgegennahme des Napports, gefolgt von den Erzherzogen und einer glänzenden Suite, die Fronten ab, die vom Corps-Commandanten FZM. Freiherrn von Schönfeld befehligt waren. Die Truppen waren in vier Treffen auf- gestellt. Hierauf erfolgte der Vorbeimarsh, der eine Stunde dauerte.

Jn einem von 1 bis 3 Uhr dauernden gemeinsamen Ministerrath unter dem Vorsiß des Grafen Kálnoky wurden am Sonnabend die Berathungen über die den Delegationen zu unterbreitenden Vorlagen abgeschlossen und damit der nächstjährige gemeinsame Voranschlag endgültig fest: gestelli. Die Einberufung der Delegationen is nach den vorgestern gefaßten Beschlüssen für die ersten Tage des Monats Juni in Aussicht genommen; da aber noch nit festgestellt werden kann, wann der ungarische Reichstag sein Arbeitsprogramm erledigt haben werde, konnte der Ein- berufungstermin seibst noch nicht definitiv bestimmt werden. Nach 5 Uhr wurden der Minister-Präsident Dr. Wekerle sowie die ungarischen Minister Baron Fejervary, Graf Bethlen und Hieronymi von dem Kaiser in Privataudienz empfangen.

Der Erzherzog Karl Ludwig is vorgestern Nach- mittag zum Besuch seiner Tochter, der Erzherzogin Margaretha Sophia, Gemahlin des Herzogs Albrecht von Württemberg, nah Stkuttgart abgereist und beabsichtigt mehrere Tage daselbst zu verbleiben.

Anläßlih der Feier der silbernen Hochzeit des Königs und der Königin von Jtalien erschienen vor- gestern die Chefs der obersten Hofämter, alle Minister, das gesammte diplomatische Corps, viéle Generale und andere her- vorragende Persönlichkeiten auf der italienishen Botschaft und gaben dort theils ihre Karten ab, theils schrieben sie ihre Namen a L aufliegenden Bogen, um so ihre Glückwünsche auszu-

rüden.

Der Oberst Zdravkovits, der behufs Notificirung der Thronbesteigung des Königs Alexander von Serbien in Wien eingetroffen ist, wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Mittag vom Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky empfangen.

Der russische Staats-Minister von Giers traf gestern Abend aus der Schweiz in Wien cin und beabsichtigt einen Tag daselbst zu verweilen.

Großbritannien und Frland.

Der Kanzler der Schaßkammer Sir W. Harcourt 1 dem „H. T. B.“ zufolge sehr shwer erkrankt; sein Zustand giebt zu ernstlichen Befürchtungen Anlaß.

Wie „W. T. B.“ vernimmt, hat die englishe Regierung den auf der internationalen Sanitäts-Conferenz zu Dresden gefaßten Beschlüssen ihre Zustimmuñg ertheilt.

Am Sonnabend Nachmittag hat in der Albert:Hall eine große Demonstration gegen die Homerule-Bill statt- gefunden. 600 Delegirte waren eigens zu diesem Zweck aus Ulster entsandt, und auch aus den anderen Theilen JZrlands hatte sich die gleiche Zahl von Vertretern eingefunden. m ganzen wohnten etwa 12000 Per- sonen der Versammlung bei, in der p p Begeisterung

herrshte. Lord Abercorn führte den Vorsiß, zahlreiche Pairs-

und Abgeordnete waren anwesend. Die großbritannische Flagge wurde mit großem Jubel begrüßt, patriotishe Lieder wurden

/

abgesungen und shließlich unter großem Enthusiasmus Re- solutionen gegen die Homerule-Vorlage angenommen.

_ Der „Standard“ erfährt aus Belfast, daß die Oran- gisten, als sie das Ergebniß der Debatten über die Homerule- Bill erfuhren, in den fatholishen Vierteln die Fenster ein- warfen. Es wurden Verhaftungen vorgenommen und das Militär steht zum Einschreiten bereit.

Frankreich.

Der Ministerrath hat in seiner Sißung vom Sonn- avend beschlossen, den Beamten und den in staatlihen Werk- stätten beschäftigten Arbeitern einzuschärfen, daß sie am 1. Mai auf ihren Posten zu verbleiben und sich an keinerlei Kund- gebung zu betheiligen hätten.

Bei cinem politishen Bankett in Dreux erklärte dem „W. T. B.“ zufolge gestern der Handels-Minister Terrier, daß die Regierung von der Nothwendigkeit überzeugt sei, sociale Reformen einzuführen, um die Gesellschaftsklassen ein- ander zu nähern und den Arbeitern das Brot in ihrem Alter zu sichern.

Im Bezirk. des V1. Armee-Corps standen bis jett außer der 11. und 12. Division, die das Corps bilden, noch die aus 4 Regional-Jnfanterie-Regimentern 154, 162, 156, 160 zusammengeseßte 39, Division in Commercy, die 40. Division mit dem Regional:-Jnfanterie-Regimentern 147, 148, 150, 161 und den zägerbataillonen 25, 26 in St. Mihiel, und die Vogesendivision in Nemiremont, welche die Negional-Regimenter 152, 149 und die Jäger-Bataillone 15, 19, 10, 17 umfaßt. Jeßt soll der „Köln. Ztg.“ zufolge noch cine neue Division „de la Meurthe“ mit dem Siß in Toul gebildet werden, die den Schuß der Grenze zwischen Luncville, dem Thal von Celles und dem Wald von La Haye zu über- nehmen hat. Jn diese treten die Regional-Regimenter 146 und 153 in Toul und das 2. Jäger-Bataillon in Luneville, das 4. in St. Nicolas du Port und das 20., welches augenblicklich noch in Versailles steht, aber demnächst nach Barranat verlegt werden wird, sobald die Kasernenbauten dort vollendet sind. An die Grenze rückt auch noch das bisher in Courbevoie liegende 18. Jägerbataillon, das nach Stenay ver- legt wird. Außerhalb eines Brigadeverbandes bleiben in der 6. Region nur noch das 1. Jägerbataillon in Verdun und das 9. in Longwy. é

Nach einer telegraphishen Mittheilung des Generals Dodds herrsht in Dahomey völlige Ruhe. Die Com- mission für Feststellung der deutsh-französishen Grenze hat ihre Arbeiten beendet. Der General Dodds hat \ih vor- gestern im Hafen von Kotonu nach Frankreich eingeschifft.

KNußla 1d.

Wie „W. T. B.“ aus: St: Petersburg. meldet, re- produciren die dortigen Blätter einen Erlaß des General- Gouverneurs von Finland, worin die jüngst von fin- ländischen Zeitungen veröffentlichten Artikel gegen die mo- narchishe Gewalt und die orthodoxe Kirhe gerügt und die Zeitungsredacteure Finlands aufgefordert werden, ein weiteres derartiges Vorgehen zu unterlassen, widrigenfalls der General-Gouverneur von seinen Strafbestimmungen Ge- brauch machen müßte.

Schweiz.

Bei den gestern in Basel vorgenommenen Regierungs- wahlen wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, vier Freisinnige und drei Conservative gewählt. Die Wahlen für den Großen

Rath ergaben 55 Freisinnige, 3 Socialisten, 34 Conservative / e 2

und 7 Mitglieder des Centrums. Es sind 39 Stichwahlen

erforderlich. Velgien.

Der Revisionsaus\huß des Senats hat, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, den Antrag Nyssen's mit 11 Stimmen gegen 1 Stimme angenommen. 6 Mitglieder des Ausschusses ent- hielten sich der Stimmabgabe.

Die internationale Münzconfereng, die ihre Berathungen in den nächsten Wochen in Brüssel wieder auf- nehmen sollte, wird, wie „W. T. B.“ berichtet, voraussichtlich nicht vor Ende September d. F. wieder zusammentreten. Die belgishe Regierung hat an das Washingtoner Cabinet einen Vorschlag in diesem Sinne gerichtet. Eine Antwort ist noch nicht eingetroffen, man nimmt jedoch an, daß die Vereinigten Staaten sih dem Vorschlage Belgiens anschließen werden.

\ Serbien.

Der Minister des Auswärtigen Nikolic beglückwünschte, wie „W. T. B.“ meldet, den italienishen Gesandten namens der serbishen Regierung zur silbernen Hochzeitsfeier des italienischen Königspaares.

Schweden und Norwegen.

Der König hatte vorgestern, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Conferenz mit dem Staats-Minister Steen, worin er erklärte, er habe seine frühere Auffassung hinsichtlich der Kon- sulatsfrage nicht ändern können. Hierauf trat der Staats- rath zu seiner Sißung zusammen. Der Staats-Minister Steen verlas, ohne die Konsulatsfrage zu berühren, die De- mission des Cabinets nebst Begründung derselben und fügte dem Demissionsgesuch als Beilage den erneuten Vorschlag der Regierung über die Konsulatsfrage bei. Der König behielt sich die Entscheidung über die Annahme der Demission vor.

Amerika. i

Nach einer Meldung des „New-York-Herald“ aus Val- paraiso hat Alejandro Vial das Portefeuille des Finanz Ministeriums übernommen.

Asien.

Die „Times“ meldet aus Simla, der Emir von Afghanistan erkläre die Nachricht, daß die Russen vor Kila Panja erschienen seien, für unbegründet.

Aus Singapore berichtet die „Times“: Die zwischen den Frañzosen und den Einwohnern von Siam ent: standenen Mißhelligkeiten würden als ernstlihe ange sehen, ‘Man befürchte Feindseligkeiten von Seiten der siameîi-

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hen Händler am Oberlauf des Mekong. Diese hätten dez Handelsverkehr mit den Franzosen“ eingestellt und sammelten Reisvorräthe an. i

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Land- und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten. _ Der Stand der Wintersaaten is im Regierungsbezir? Hildesheim durhweg ein befriedigender, theilweise sogar ein vor» züglicher.

Gbenso wird aus dem Regierungsbezirk Lüneburg geschrieben, daß, falls nicht noch besonders ungünstige Witterungsverhältnisse cin» treten, die jeßt vorhandene Ausficht auf eine gute Ernte si ver- wirklichen dürfte.

i Türkei

In Syrien haben im vorigen Monat ungewöhnlich ftarke und anhaltende Regengüsse stattgefunden; indessen seinen dieselben, ebenfo wie die damit verbundene fühle Witterung den Saaten weniger ge- schadet zu haben, als anfänglich erwartet wurde.

__ In Palästina ist der Stand von Weizen und Gerste in allgemeinen ein guter; das seit drei Wochen anhaltende falte und feuhte Wetter hat aber an manchen Orten Schaden verursacht.

Dänemark.

In Dänemark haben sich die Wintersaaten infolge der günstig{a Witterung der leßten Wochen rasch entwickelt und stehen im ganzen Lande dur{fcnittlich gut. Fast überall wird fleißig zur Bestellung mit Sommergetreide geackert, dessen Aussaat in einzelnen Landes= theilen, wie in Jütland, in vollen Gange ift. s

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. | An der Ruhr sind am 22. d. M. gestellt 10758, nit rehtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 21. d. M. gestellt 3294, nicht rechts zeitig gestellt keine Wagen.

Der Aufsichtsrath der Stettiner Maschinenbau-Actien- gesellschaft „Vulcan“ hat die Vertheilung einer Dividende von 9 9% für das abgelaufene Geschäftsjahr in Aussicht genommen. ¡

Die Generalversammlung der Petersburger intet- nationalen Handelsbank genehmigte die Bilanz; für 1892 uïd beshloß die Zahlung einer Superdividende von 10 Rbl. In den

Verwaltungsrath wurde der Leiter der Kiewer Filiale der Baz? gewählt. G

Magdeburg, 22. April. (W L. 2D) Zuckerberî ch2. Kornzucker excl., von 929% 17,85, Kornzueer excl., 88 9/6 Rendement 17,00, Nachproducte excl, 759% Rendement 14,50. Steigend. Brodraffinade I. 30,00. Brodraffinade 11. —,—. Gem. Raffinade mit Faß 29,259. Gem. Melis 1. mit Faß 28,25. Sehr fest. Robzucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. April 16,823 bez., 16,925 Br. Pp Mai 16/95 Bes, 10972 Be, e Su Les bez. u. Br., pr. Juli 17,25 bez. u. Br. Steigend. ,

Mannheim, 22. April. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen pr. Mai 16,60, pr. Juli 16,65, pr. November 17,10, Nogaen pr. Mai 14,30, pr. Juli 14,90, pr. November 15,30. Hafer per Mat 14,75, per Juli 15,00, per November 14,50. Mais pr. Mai 11,05, pr. Juli 10,95, pr. November 11,50.

Pest, 22. April. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizer matter auf Regen, pr. Frühjahr 7,60 Gd., 7,62 Br., pr. Mai-Juni 7,61 Gd., 7,63 Br., pr. Herbst 7,86 Gd., 7,88 Br. Hafer pr. Frühjahx 9,83 Gd., 95,80 Br. Mais pr. Mai-Juni 4,58 Gd., 4,60 Br., per Juli-August 4,78 Gd., 4,80 Br. Kohlraps pr. August-September 13,50 Gd., 13,60 Br.

Pest, 22. April. (W. T. B.) Wie die „Budapester Cor- respondenz“ meldet, fand heute Abend eine zweistündige Besprehung dex Finanz-Minister Dr. Wekerle und Pr. Steinbach sowie eines Bertreters der österreichisch-ungarishen Bank ftatt. Die lektere cx- klärte sih bereit, in gewissen Fällen, namentlich wo es sih um effective Zahlungen handelt, leibweise fremde Goldmünzen und eventucil Devisen zur Verfügung zu stellen.

London, 22. Avril (W T. Y) fest, Preife unverändert.

Un der Küste 3 Weizenladungen

96% Javazucker loco 178 fes 162 fest.

24. April. (W. T. B.) Die & trugen in der Woche vom 15. April bis 21. Avril:

Weizen 1831, fremder 36 343, engl. Gerste 1916, engl. Malzgerste 22288, fremde —, engl. Haf 36 502 Orts., engl. Mebl 20 757, fremdes 24 825

St. Petersburg, 23. April. (W. T. ! stattgehabten Generalversammlung der Actionäre der Commerz-Bank wurde die Abrechnung S Reingewinn beträgt 2 883 667 Rubel. Nach 1te Ae tbeilung der Tantièmen wurden dem Resecrvekavital 57 673 Mul führt, und verbleibenzu Gunsten der Actionäre 1 954 945 Rubel. Hierve: gelangen 1 880 000 Rubel zur Vertheilung, nämli 47 Rubel Dividende für die Actic = 18,8 9/0, während 74 945 Rubel zur Dividendenreïerze geshlagen werden; die Gründeranthcile participiren am Gewinn m: total 359 060 Rubel. Hiernat erreidt das Reservekapital den Be- trag von 3 728 376 Rubel, die Dividendenrescrve 1 115 461 Rube; das Amortisationskapital der Immobilien 489 330 Rubel. Gesammts summe der Reserven 5 333 167 Rubel.

Amsterdam, 22. April. (W. T. B.) Java-Kaffee good ordinary 50. Bancazinn 5dÌ.

Wasbington, 22. April. (W. T. B.) Die Goldrefe des Staatsscha ies ist wiederbergestellt

Newe York, 22. April. (W. E g der i gingen die Curse zurück, stiegen dann abe Der S{lu! war matt. Der Umsaß der Actien betrug 123000 Stäck: dex Silbervorrath wird auf 400 000 Unzen ge\{ägt. Silberverkäute fanden nit statt.

Der Dampfer „Cbampagne* nimmt nur 2000000 Gold, der Dampfer „Elbe* 1640000 Doll. und der Da „New-York* 524500 Doll. Gold mit nad Europa.

Weizen eröffnete sehr fest und chwas steigend auf KabelberiSte und Käufe des Auslandes, auf Deckuangen feitens der Platpeculantea im Einklang mit Chicago. Dann Reaction auf Verkaufe, darauf wieder steigend. Schluß fest. Mais den. ganzen Tag steigend d Deckungen der Baissiers und die Haußssestimmung îim Westen mit wenigen Reactionen.

Der Werth der in der vergangenen Wothe eingefübrten Waaren betrug 14298 762 Dollars gegen 13 757 707 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 2 586 998 Dollars gogen 2 A0 Uh Dollars in der Vorwothe.

Chicago, 2. April. (W. T. B) Weizen allgemein cit während des ganzen Tages auf gute Kauflust und Kabelberähte über besserc finanzielle Situation, - sowic auf Berichte von Ernte&thädea dur Sturm. Mais allgemein fest während des ganzen Tages.