1893 / 101 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

gestiegene Anlage seitdem um 60 Millionen zurückgegangen und noch um 21 bezw. 15 Millionen niedriger sei als um die gleihe Zeit der Jahre 1892 und 1891. Erst in den leßten Tagen sei sie wieder um etwa 58 Mil- lionen gestiegen. Aber auch der Metallvorrath und die fremden Gelder seien kleiner als in jenen beiden Vorjahren, obwohl die Giroguthaben seit Anfang dieses Monats im Wachsen begriffen seien. Die steuerfreie Noten-Reserve betrage 209 Millionen statt der im vorigen Jahre vorhandenen Ueber- deckung von 37 Millionen. Die Zinssäße am offenen Markt zeigten eine leihte Steigerung, wohl infolge der Einzahlungen Tur die neuen dreiprocentigen Anleihen. Von erheblichen Goldausgängen sei nichts zu bemerken gewesen. Eine Discont- veränderung werde gegenwärtig niht beabsichtigt. Aus dem Centralaus\chuß wurde hiergegen kein Widerspruch erhoben. Nachdem noch einige Papiere für lombardfähig erklärt worden waren, wurde die Sißung geschlossen.

Theater und Musik.

Philharmonie.

Zum Besten der Lehrerwittwen und -Waisen ver- anstaltete gestern der Sängerbund des Berliner Lehrer- vereins unter Leitung seines Dirigenten, des Herrn Professors Felix Schmidt ein Concert, das sehr gut besucht war und einen wohl- gelungenen Verlauf nahm. Gleich die erste Nummer des Programms „Wo is} Gott ?* von G. Schreck erfreute sih sehr warmer Aufnahme, da schon hier die Vorzüge der Kunstübung dieses Vereins: Sorgfalt in der Einstudirung und verständnißvolle Vortragsweise, erkennbar waren. Auch die übrigen zum Vortrag gebrachten Gesangsstücke waren sorgfältig ausgewählt, gut vorbereitet und wurden wirkungsvoll vorgetragen, sodaß der demn Sängerbund reichlich ge- spendete Beifall wohlverdient ershien. Durch verschiedene Solo- gesänge des Fräulein Adelina Herms, die mit ihrer vollen und wohlklingenden Stimme bei deutlicher Aussprache ihre zum theil recht s{chwierigen gesanglihen Aufgaben trefflich löste, sowie durch Cellovorträge des Herrn Professors Hausmann, die tehnisch und musikalish vorzüglich ausgeführt wurden, erfuhren die Vorträge des Sängerbundes eine angenehme Abwechselung. Die Begleitung am Klavier hatte Herr Hans Brüning übernommen.

Im Königlihen Opernhause werden am Sonntag Leoncavallo's „Bajazzi“ und Bizet's „Djamileh* gegeben. In der Aufführung der „Götterdämmerung“ (3. Abend des „Nibelungen- ringes“) wirken die Damen Sucher, Hiedler, Göße, Herzog, Lammert, Leisinger, Kopka, Varena, Hönsch und die Herren Gudehus, Stammer, Fränkel und Schmidt mit.

Im Neuen Theater bringt das Königliche Schauspiel am Sonntag „Vasantasena“ zur Aufführung. Im Laufe der nächsten Woche geht Shakespeare's „Komödie der Irrungen“ in Scene. Demnächst wird ein einactiges Lustspiel von Emil Pohl, betitelt „Vom landwirthschaftlichen Ball“ zur Darstellung gelangen.

„Die arme Löwin“, welche im Lessing-Theater am Sonn- abend wieder aufgenommen wird, bietet zugleih Herrn Theodor Brandt Gelegenheit, sich in einer seiner erfolgreihsten Rollen vom Berliner Publikum zu verabschieden. Der Künstler ift zur Leitung der Stadt- theater in Barmen und Elberfeld berufen worden und beschließt des- balb in der Nolle des Bordognon sein vieljähriges shauspielerisches Wirken in Berlin. :

Im Wallner - Theater erreiht das Gesammt-Gastspiel des Lessing-Theaters am Sonntag sein Ende. Morgen findet die leßte Wiederholung der „Großstadtluft“ statt, und übermorgen wird mit der „Orientreise“ der Gastspiel-Cyklus beschlossen.

Im Residenz-Theater beginnt morgen in „Denise" das be- reits angekündigte Gastspiel des AE Alma Nenier. Als Novität wird Director Lautenburg demnächst einen kleinen Einacter, betitelt e Fürstin Rossomonte“, von Dr. von Shmähling, zur Aufführung

ringen.

Im Garten des Kroll’s{chen Theaters werden alle Vor- bereitungen zur Wiedereröffnung getroffen, welche bei günstigem Wetter am Sonntag stattfinden soll. An diesem Tage beginnen auch die Garten-Concerte.

Die bekannte Soubrette Frau Josefine Dora, die Gattin des zukünftigen Leiters des Thomas-Theaters, wird ihre künstlerische Thätigkeit in Berlin mit Beginn der nächsten Spielzeit wieder auf- nehmen. Gegenwärtig gastirt die Künstlerin mit Erfolg am Gärtner- platz-Theater in München.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Vorstandssizung des Vaterländischen Frauen-Vereins wurde ein Telegramm Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden verlesen, welhes an die am 14. d. M. stattgehabte Generalversammlung des Vaterländischen Frauen-Vereins gerichtet, aber leider zu spät in die Hände des Vor- sißenden gelangt war, um noch in dieser Versammlung selbst ver- lesen zu werden. Das Telegramm lautet: „Jch gedenke mit herzlicher Theilnahme der heutigen Generalversammlung des Vaterländischen Frauen-Vereins und dessen segensreiher Weiterentwickelung. Eine Quelle der dankbaren Befriedigung für uns alle, die wir uns fern und nah durch gleiche Arbeit auf dem weiten Felde der Liebesthätigkeit vereint fühlen, wie meine in Gott ruhende Mutter dieselbe uns als verpflihtendes Vermächtniß hinterließ. Ihr Segen ruht auf der hohen Protectoriu, die das Blühen und Reifen des großen Werks weiter führt und fördert. Gott sei mit dieser uns alle umschließenden Arbeit für und für. Großherzogin von Baden. An Gräfin Charlotte von JIyuenplitz, Vorsitßende des Vaterländischen Frauen-Vereins Berlin.“ Ferner wurde Mittheilung gemaht über die Zahl der Kranken- vflegerinnen, welhe einzelne Zweig- und Hilfsvereine des Vaterlän- dischen Frauen- Vereins auf ergangene Anfrage sich bereit erklärt haben; bei etwaigem Ausbruch einer Cholera-Epidemie in den betreffenden Bezirk zu entsenden. Abgesehen von weiteren Berathungsgegenständen, wurden Gesuche der Zweigvereine zu Saalfeld i. Ostpr., VDöbern für den Kreis Oberbarnim, für den Kreis Lauban, Hirschberg i. Schles. O Königsberg i. Pr. (Land), Ragnit, Ortelsburg und Schwerte erledigt.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde, wie wir der „N. A. Z.* entnehmen, die Vorlage, betreffend die Ver- größerung einer Anlage der Tegeler Wasserwerke, angenommen. Die Versammlung genehmigte ferner die Erwerbung des zur Ver- breiterung der Me n straße erforderlichen Landes des Grundstücks Mühlenstr. 11. Zur Ausführung von Arbeiten behufs Aus- Om be Sinne S Bali Mata es wurden die veranschlagten Kosten in Höhe von 90000 M. bewilligt. Der Stadtverordnete Kalisch beantragte, die Vor- lagen, betreffend die Errichtung einer gemishten Verwaltungsdeputa- tion für die städtischen Krankenanstalten, einem Ausschuß zu überweisen. Stadtverordneter Zadek sprach den Wunsch aus, daß auch der Arbeiterstand in der Deputation vertreten sein möge. Die Versamm- lung beschloß nach dem Antrage Kalisch. Dem Ausschuß soll au der Antrag Zadek überwiesen werden.

Im Zoologishen Garten wird am nächsten Donnerstag ein großes Promenaden- und Monstre-Militär-Concert stattfinden, welches der Vorstand des Gartens zum Besten der neu zu begrün denden Pensionskasse für seine Beamten zur Ausführung genehmigt hat. Nachdem bereits eine Anzahl Actionäre und Freunde des

Gartens durch Schenkungen die erste Grundlage zu ieten Pensions- fonds gebildet haben, hofft der Vorstand, daß dieje wohlthätige Ein- richtung bei den vielen Freunden des Zoologishen Gartens auch weitere wirksame Unterstüßung finden wird.

Prag, 28. April. Die’ Stadt Kreuzberg ist, wie „H. T. B.“ meldet, theilweise niedergebrannt. Von 190 Häusern wurden 141 fammt Nebengebäuden vollständig zerstört.

Epinal, 27. April. In Thaon (Departement Vosges) ist laut Meldung des „W. T. B." eine Färberci und Wäscherei, welche gegen 1800 Arbeiter beschäftigt, in vergangener Nacht durch einen Brand in Asche gelegt worden. Der Schaden wird auf 2 Mil- lionen Francs geschäßt.

St. Petersburg, 27. April. Nah Meldungen des „W. T. B..“ ist das Wasser der Wolga um drei Faden gestiegen und steht fomit höher als der Damm ist, welcher die Nishny'er Schiffe gegen die Flußgebiete der Oka und Wolga {üßt. Die Schiffe haben starken Schaden gelitten. Augenblickli arbeitet man auf das an- gestrengteste, um von der Sormowoer Winterlagerbucht eine Katastrophe abzuwenden, wo die Schiffe in großer Gefahr shweben. Die Stadt Nishny-Nowgorod und der dortige Marktplaß befinden fich außer Gefahr.

New-York, 27. Apkil, Nah weiteren Meldungen des „W. T. B.“ hat der Cyclon (vergl. Nr. 100 d. Bl. unter London) Oklahoma und die Ortschaften Ransom und Limarron zer- stört. County Chicfasaw, im Indianer-Territorium und County Montague in Teras sind verwüstet. Zahlreihe Personen find getödtet; viele sind ohne Obdach, andere dur Hagelkörner ver- wundet. Eine Wasserhose hat in JFllinois und Wisconsin Tausende von Hektaren Getreidefelder unter Wasser geseßt. Aus vielen Gegenden flüchten die Einwohner.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Neapel, 28 M T. B) Dié deutschen Und die italienishen Majestäten, die übrigen Fürstlichkeiten und das Gefolge begaben Sih heute Vormittag um TO E an Bord Des Ea T0, Dele Dele von dem „Umberto“, vier anderen Kriegsschiffen und zahl reichen Privatdampfern, um 10 Uhr 20 Minuten den Hafen verließ. Von allen Schiffen, bei denen der „Lepanto“ vorbeifuhr, ertönten die Hurrahrufe der Matrosen, während die Kriegsschiffe den Chrensalut abgaben. Am Hafen war eine ungeheure Menschenmenge versammelt, welche den Majestäten die lebhaftesten Ovationen darbrachte. Der Himmel hat sich aufgeklärt.

Wien, 28 Apkil (Œ: D: B) D& Großfurit Nicolaus von Rußland hat gestern Abend auf der Durch- reise von Paris nach der Krim im strengsten Jncognito Wien passirt.

Si Peterobura, 25 C Q S) E General-Adjutant des Kaisers, Fürst Dondukow-Korsa kow, chemaliger Kaiserlich russisher Commissar in Bulgarien, ist gestorben.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 28. April, 8 Uhr Morgens.

Stationen. Wind. Wetter.

emperatur

Zähmung.

T Q

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres\p red. in Millim.

in 9 Celsius

2\beiter 3/halb bed. | l wolkenlos | 5\heiter 6|bededckt

Belmullet. . | 766 |W Aberdeen .. | 761 |NW Christiansund | 760 |D Kopenhagen. | 762 |ND Stockholm . | 763 Haparanda . 4wolfkig St Petersburg| T7! NA 1 Schnee Moskau . [WF9 l Schnee Cork, Queens- |

i B S 3'halb bed. Cherbourg ) 3 5 bededckt Helder 02 N 3 [wolkig E.) O! 9 4\wolkig Hamburg . . | 1\bededckt Swinemünde 6 |bededckt Neufahrwasser 2Negen!) Memel 3|bedeckt

M s CUNILeTr « »

Karlsruhe . . Wiesbaden München Chemnitz 2[Regen | Beïlin. | 2Bebet | El l wolkenlos | Breslau . . . | 3/bedeckt |

Fle drx 5beiter f S o] 5 Negen T ol E till'bededckt

| Fitba m N

Sonntag:

4\wolkenlos | 9 Ur. 4\bededt | 4halb bed. | 4lheiter | 2|bedet |

1) Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung. Hochdruckgebiete lagern über West- und Nord-

lien Mittelmeer und an der oftdeutshen Grenze. Bei ziemlich lebhafter, meist nordöstliher Luft- \trôömung ift das Wetter in Deutshland vorwiegend trübe und fühl; ftellenweise sind geringe Nieder- {läge gefallen; die Temperatur liegt 1 bis 5 Grad unter dem Mittelwerthe. Am Bodensee und im süd- s lichen Franfreih fanden Gewitter statt. Perpignan stadtluft. meldet 24, Biarritz 2: L m Regen. 74 Uhr.

he Seewarte. - stellung.)

Theater - Anzeigen. Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- | von - 54 g

Palmay. haus. 107. Vorstellung. Der Bühnenfestspiel von Richard Wag acten. Virigent

y wh

Siegfried in 3 A

Neues Theater 114. Vorstellung. Komödie in 1 Aufzug aus dem Dänischen des Lud- wig Holberg (geshrieben 1722). Bühne eingerihtet von Dr. Julius Hoffory und s Paul N In Gene vom Ober- Regisseur Yar Grube. er Widerspenstigen | n L A i i : Lustspiel in 4 Aufzügen E Milltam es R A E E Q pa ¿Ugen bon @texander Uma? (Son). In Scene | Prof. Dr. E Jedliczka und des Cellovirtuofen Baudissin (Stlegel-Tieck), für die deutsche Bühne gesept von Sigmund Lautenburg. (Denise: Fräulein L S Sa ne r et bearbeitet von Robert Kohlraush. In Scene geseßt Alma Nenier, a. G.) Anfang 7# Uhr. T | vom Ober-NRegisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. Opernhaus. 108. Bajazzi (Pagliacci). Oper in 2 Acten und einem Prolog. Musik und Dichtung von N. Leon- cavallo, deutsch von Ludwig Hartmann. In Scene gesetzt vom Ober-Regisseur Teßlaff, Dirigent: Kapell- | Domino. Anfang 7 Uhr. meister Sucher. Borher: Djamileh. Nomantische Oper in 1 Act von G. Bizet. Text von L. Gallet, deuts von L. Hartmann. Tanz von E. Graeb. In | Ciccillo : Roberto Stagno, als Gäste.) Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Diri- gent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Neues Theater 115. Vorstellung.

Shakespeare, nah der Ueberseßung von Wolf Graf

geseßt vom Ober-Negisseur

Deutsches Theater. glückliche Tage. Sonntag: Der Talisman. i

Theater Unter den Linden. Sonnabend: Zum 2. Male (vollständig neu inscenirt): Der Mitt uo: S e N B. S. O Cidaa Sn a ; ¿ | Musik von Arthur Sullivan. Hierauf : Zum 35.2 tale: Sonntag: Nachmittags 24 Uhr: Dora. Abends Die Wels Ausstellung in Chicago und aue t 2 3 i: eutsche theilung in dem populären Aus- H q„Montag : Othello, (Agnes Sorma, Nuscha Bube, | stattungs-Ballet Columbia. Anfang präc. 74 Uhr. | Verehel i cht: Hr. Rittmeister Mar Senfft, von

Montag: Der Talisman.

Berliner Theater. Sonnabend: Der Veilchen- frefser. Anfang 7 Uhr.

77 Uhr: Viel Lärm um Nichts.

Lessing-Theater. Europa, Depressionen hauptsächlich über dem west- | Löwin. Anfang 74 Uhr. Sonntag: Brave Leut’ vom Grund. Montag: Zum 75. Male:: Heimath.

Wallner -Theater. Sonnabend: Die Grof- (Vorleßzte Gastvorstellung.)

Sonntag: Die

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25.

Sonnabend : 6. Po as der Frau Ilka

ti es Nibelungen. rone. Depe u Es e 3 agi

Wagner. 2. Abend: | H. Meilhac und A. Millaud. Deutsh von Richard 0

Ravéllmeister | Genée. Musik von Hervs. (Denise de Flavigny: | Seöffnet von 1211 Uhr.

Suder. Anfang 7 Ubr Flka von Palmay.) Anfang 7 Uhr. Y

(am Schiffbauerdamm 4/5.)

Meister Ger: + Westfaler. | Mamselle Nitouche.

Für die deutsche | 71 Uhr.

F s L Vorstellung. | Rorher: Der neue Ganymed.

(am Schiffbauerdamm 4/5). | VPictoria-Theater. Vasantasena. Drama in 5 Auf- Sonnabend ns Woche) :

ax Grube. Anfang

Zwei | Anfang 7# Uhr.

Sonnabend:

Anfang 7 Uhr. Tagen.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend: Die arme

Scene gefeßt von Adolph Ernst.

Anfang

Orientreise. (Leßte Gastvor-

Anfang 7# Ubr.

Sonntag: Letzte Vorstellung.

Sonntag: 7. Gastvorstellung von Jlka von Palmay

Vom 1. Mai ab beginnen die Vorstellungen um

Sonntag: Jugend. Ein Liebesdrama in 3 Acten von Max Halbe. In Scene geseßt von Hans Meery. G Schwank in 1 Act. | stellung am S. Mai.

Sonntag: A Santa Lucia. Acten von Tasca. (Rofella : Bellinciont : BA i; Sa 1 2 Acten von Tasca. (Rosfella: Gemma Bellincioni; | yorgeführt vom Director Franz Renz. Concurrenz-

Sonntag: Die Reise um die Welt in achtzig

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum | Geboren: 29. Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. weise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Anfang 74 Uhr. Sonntag und folgende Tage: Goldlotte.

Der Sommer-Garten ift geöffnet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30, Sonnabend: Vorlette Vorstellung. nisse. Hierauf: Wenn man im Duukeln küfßt.

Concerte.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 7{ Uhr: Concert des Componisten Hans Pfißner aus Frankfurt a. M. mit dem Berliner Philharmo-

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- nischen Orchester, sowie unter Mitwirkung des

Großhberzoglihen Hofopernsängers Herrn Franz Schwarz (Bariton) aus Weimar, des Klaviervirtuo}en

Circus Renz (Carlstraße.) Abschieds - Vor-

Sonnabend, Abends 74 Uhr: Zum Benefiz für

Kroll's Theater. Sonnabend: Der schwarze Mr. James Fillis. Parade-Gala-Vorstellung. Aus

dem Programm besonders Mo Mr. e M , |Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. „Agat“, Melodrama in | grabisher Schimmelhengst, in Freiheit dressirt und

schule, geritten von den Damen Frl. Clotilde Hager und Oceana Renz. Geschwister Hoffmann, Luft- trapez 2c. Zum Schluß in neuer Ausstattung :

Belle - Allianceftraße 7/8. | Die lustigen Heidelberger. Große Ausstattungs- : ; R i Mit neuer Aus- | Pantomime. zügen von Emil Pohl, mit freier Benußung der stattung: 5

j L A g: Die Reise num die Welt in achtzig Dichtung des altindischen t igs A In Scene O Großes Ausstattungsstück mit Ballet in | 4 Uhr (1 Kind unter 10 Jahren frei): Gr. Komiker-

: 5 Acten (15 Bildern) von A. d’Ennery und Jules | Vorstellung. Abends 74 Uhr: Die lustigen Heidel-

Verne. Ballet arrangirt vom Balletmeister C. | berger. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida. E

Sonntag: 2 große Vorstellungen. Nachmittags

E aas Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Helene von Unger mit Hrn. Nitt- meister a. D. und Gestüts-Director Julius Werner (Laxdoyen—Rastenburg). Frl. Alma von Hinckeldey mit Hrn. Gerichts-Assessor Otto von Königólöw (Wiesbaden—Berlin). As Helene Füttner mit Hrn. Rittergutspähter Willy Wenden burg (Guhre—Zólcz bei Schwarzenau).

Pilsach mit Frl. Alpheda Louise yan Berkhaut (Haag). Hr. NRittargutsbesther Martin Schultz mit Frl. Meta Schumacher (Pstrzonsna).

Ein Sohn: Hrn. Staatsanwalt Georg Stachow (Berlin). Hrn. Rittmeister von Baumbach (Oldenburg i. Gr.). Eine Ter oui, e Enke (Breslau).

Gestorben: Hr. Rittergutsbesißer Albert von Boltenstern (Battlewo). Hr. Landrath von Mecklenburg (NRostock). Frl. Auguste von Bodenhausen (Dresden). Hr. Kanzlei-Rath Alexander Schindler (Steglitz). Verw. Fr. Emilie von Dallwitz, geb. Kapp (Liegniß). Hr. Major a. D. Ernst Tendering (Berlin).

Couplets theil-

Gute Zeug-

Redacteur: J. V.: Siemenroth. Berlin: ——

Zum 6. Male: MWMamselle

Verlag der Expedition (S olz).

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde, Druck der Norddeutschen Quiirutael N 0E Am Landes - Ausftellunas - Park (Lehrter Bahnhof). Lee rae ers N

Anstalt, Berlin SW., Sieben Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

„2 101.

Deutscher Reichstag. 84. Sihung vom Donnerstag, 27. April, 2 Uhr.

Ueber den Beginn der Sizung ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden.

| Als zweiter Gegenstand stcht auf der Tagesordnung die dritte Berathung des Geseßentwurfs, betr. den Verrath militärisher Geheimnisse.

Es liegt ein Antrag des Abg. Schneider-Hamm (nl.) vor, die Fassung der Regierungsvorlage zum theil wieder- herzustellen :

„Wer vorsäßlich Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, deren Geheimhaltung „im Interesse der Landesvertheidigung er- forderlich ist, oder Nachrichten solcher Urt in den Beslh oder zur Kenntniß eines Anderen gelangen läßt, wird, wenn er weiß oder den Umständen nah annehmen muß, daß dadurch die Sicherheit des Deutschen Reichs gefährdet wird, mit Zuchthaus niht unter zwei Jahren bestraft, neben welhem auf Geldstrafe bis zu 15 000 M erkannt werden fann.“

: ; L N

_Die Worte „oder Nachrichten solcher Art“ und „oder den Umständen nah annehmen muß“ sind in der zweiten Lesung auf Antrag des Abg. Gröber (Centr.) gestrichen; die lehteren Worte follen nah dem Antrag Schneider gestrichen bleiben.

Abg. Dr. von Bar (dfr.) giebt zunächst eine Uebersicht über den Inhalt des Gesetzes, und führt aus, daß das Gefe an allzu großen Unbestimmtheiten leide. Die Freisinnigen hätten sih bemüht, darin eine Besserung herbeizuführen; aber es sei niht gelungen und [ohne sich auch nicht mehr, einen Versuh zu machen. Die Freisinnigen würden deshalb gegen den Gefeßentwurf stimmen. :

_Abg. Schneider-Hamm (nl.) führt aus, daß er die Wieder- herstellung der Vorlage beantragt habe, weil das Strafgeseßbuch gerade nah dieser Richtung hin einer Ergänzung bedürfe. Namentlich sei nicht cinzusehen, weshalb die Ueberlieferung von Nachrichten straffrei sein soll. Wenn z. B. ein Kanzlist ein Telegramm, das beim Kriegs- Ministerium eingegangen ist, ausliescrt, [0 wird ex wegen Uebergabe einer Schrift bestraft; giebi Cx aber nur den Inhalt des Telegramms einem Anderen zur Kenntniß, so müßte er straffrei bleiben. In dieser Rücksicht müssen die besonderen militärishen Interessen nachdrücklih gewahrt werden. Wenn man befürchte, daß sehr leiht Untersuchungen eingeleitet werden können, die nachher sih als unbegründet herausstellen, so sei das nicht so be- denklih. Auch bei anderen Vergehen kommen leiht Untersuhungen vor, die nachher erfolglos sind, so _z. B. sind höchstens 5/9 aller Untersuchungen wegen *Meineids erfolgreih. Aber diese Gefahr müsse mit in Kauf genommen werden, wenn es gelte, so wichtige militärische Interessen zu chügen. : E E

Abg. Gröber (Centr.): Ein Bedürfniß für die Vorlage er- kenne ih auch an, aber niht in dem Umfange wie die verbündeten Regierungen. Es ist niht nur die Auslieferung von Schriften, Zeichnungen und ähnlichen Gegenständen strafbar, fondern auch das zur Kenntnißbringen derselben. Wenn dazu auh noch die Nachrichten kommen, so können damit nur ganz allgemeine Nachrichten gemeint sein, die sih niht auf Zeichnungen, Schriften u. f. w. stützen. Die Mittheilungen folher Nachrichten strafbar zu machen, ist aber fehr bedenklih. Soweit es sich um den Kriegsfall handelt, ist die Ber- mittelung von Nachrichten an den Feind sogar mit dem Tode zu bestrafen. In dieser Beziehung brauche keine weitere Fürsorge ge- troffen zu werden. Für den Friedenszustand sind weitere Ausnahme- bestimmungen aber nicht nothwendig. 1

Damit \chließt die Generaldiscussion.

Bu 8 1 liegt der oben mitgetheilte Antrag Schneider- Hamm vor.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Königlich preußischer Kriegs-Minister von Kaltenborn-Stachau:

Ich kann im Namen der verbündeten Regierungen die Herren nux dringend bitten, den Antrag des Herrn Abg. Schneider anzunehmen und dadur diejenigen Worte, die in der zweiten Lefung hier gestrichen sind, dem Gesetzentwurf wieder zuzufügen. Es würden, wenn diese Worte wegblieben, eine Menge Gegenstände des Landes- verraths überhaupt garnicht getroffen werden können. Es handelt sihz. B. darum, wenn verrathen würde die beabsichtigte Aufstellung von Grenzschuß- Abtheilungen, die Sammelpunkte, wohin die verschiedenen Armee- Corps und Armeen ihren Aufmarsch rihten würden, oder aber die Sammelpläße für Cavallerie-Divisionen.

Meine Herren, wenn diese Sachen einem Gegner mitgetheilt würden, was vollständig auch ohne Schriftstüke und Zeichnungen geschehen kann, so würden dadur dem Gegner Nachrichten zu theil werden, die für uns von dem äußersten Nachtheil sein könnten.

Es ist ferner klar, daß, wenn im §3 des Entwurfs der Ausdruck „oder Nachrichten*® gestrichen wird, den Recognoscirungen der Agenten unserer Gegner vollständig Thür und Thor geöffnet ist. Es würde doch von erbeblihem Nachtheil sein, wenn die fremden Agenten ungestört und ohne dur das Gesetz getroffen werden zu können, auszukundschaften vermögen, wo z. B. die möglichen Wege lägen, auf denen sie ihr \{chweres Geshüßmaterial nah einer unserer Festungen heranbringen können. Es wäre übel, wenn sie ungestört auskundschaften könnten, wo brauchbare Brücken in der Nähe von Festungen sind, wie die Wasserläufe beschaffen sind, weil darauf der Gegner sehr wesentliche Dispositionen gründen kann. R

Es wäre ferner ein Uebelstand, wenn es ihm ohne Gefahr mög- lid wäre, lange vorher durch Recognoscirungen festzustellen, wo er zum Zweck einer zu belagernden Festung seine Feldbahnen anlegen würde, welhe Punkte geeignet wären für die Anlage von verschiedenen anderen wichtigen Etablissements, und es wäre endlich ein Vebelstand, wenn ihm Gelegenheit gegeben würde, genau das Verhältniß unserer Eisenbahnen zu erkunden in Bezug auf Ausladefähigkeit , Gleis- anlagen’ u. \. w. j E

Alle diese Sachen, meine Herren, können obne Schriftstücke und ohne Zeichnungen dem gegnerischen Heerführer resp. dem gegnerischen Staat mitgetheilt werden. Damit nun dergleichen Mittheilungen unter Strafe gestellt werden können und unter dieses Geseß mit fallen, ist es nöthig, daß der Ausdruck „oder Nachrichten“ in die verschiedenen Paragraphen des Gesetzentwurfs wieder eingefügt würde. Jch möchte dringend bitten, wenn die Herren Werth darauf legen, daß das Gesetz auch Annahme finde bei den verbündeten Regierungen, diesem Antrag des Herrn Abg. Schneider Folge zu geben. : A :

Abg. Dr. von Bar (dfr.) weist darauf hin, daß das Geseß kein temporäres, sondern ein auf die Dauer berechnetes }et. Würde es nur ein temporäres Gesetz sein, dann könnte man sich eher mit der Negierungsvorlage befreunden. Die Beispiele, die der Krieg8-

Berlin, Freitag, den 28. April

Minister angeführt hat, \prechen niht für die Vorlage; denn die Beschaffenheit der Wege u. \#. w. ist bekannt aus zahlreich verbreiteten Karten. Die Sammelpläye für die Cavallerie-Regimenter im Falle eines Krieges sind allerdings geheim zu halten; aber eine Gefahr liegt doch nur im Falle eines Krieges vor. Solches Gese kann also nur zur Beunruhigung der Bevölkerung dienen.

__ Bevollmächtigter un Bundesrath, Königlich preußischer Kriegs-Minister von Kaltenborn-Stachau:

Der Herr Abg. von Bar hat zuerst das Gesetz als eins bezeichnet zur Aengstigung der Bevölkerung. Ich glaube, dazu liegt keine Ver- anlassung vor; sondern das Gesetz ist in Ausfiht genommen, um zu verhindern, daß vom Feinde bezahlte Spione oder Agenten zum Nachtheil dereigenen Bevölkerung und des eigenen Vaterlandes sich Kunde von Dingen verschaffen, die für den Gegner zur Bekämpfung des Vaterlandes von Wichtigkeit sind. (Sehr richtig! rechts.) Worin da eine Be- ängstigung der Bevölkerung liegen soll, verstehe ih nicht.

Sodann hat der Herr Vorredner darauf hingewiesen, daß es \sich hier um ein dauerndes Gese handelt, und daß wir für die Zeiten des Krieges in der fraglichen Beziehung vollständig ges{chüßt sind. Wenn ih das au zugeben will, so möchte ih doch darauf auf- merksam machen, daß zwischen den Zeiten des vollen Friedens und zwischen dem Ausbruh des Krieges eine Zeit der Spannung und der Vorbereitung zum Kriege liegt, die es für den gegnerischen Staat von äußerster Wichtigkeit macht, sih Nachrichten über unsere Armee zu verschaffen.

Wenn darauf hingewiesen ist, daß man sich über die Brücken orientiren könnte, sowie man auf die Landkarte sehe, so gebe ih das zu, daß dies in Bezug auf die großen und Straßenbrücken vollständig möglich ist. Es i} aber nicht ohne weiteres auf jedem Plan zu er- \ehen, welche Flußstelle in der Nähe einer Festung sich zum Brücken- {lagen eiznet. Es ist auch bei den vorhandenen Brücken nicht ohne weiteres zu ersehen, welhe Tragfähigkeit und damit welhe Benut- barkeit für {were Lasten, für Belagerungsgeshüte und \chwere Munition vorhanden ift.

Es hat ferner mit einem gewissen Spott der Herr Vorredner geäußert, der Sammlungspunkt eines Cavallerie-Regiments könne doh nicht von fo einschneidender Bedeutung sein. Da hat er mi wohl mißverstanden: ih habe von Cavallerie-Divisionen gesprochen. Das sind nämlih Körper, die ¿?:n Auftrag haben, sofort mit Beginn des Krieges für die nöthige Auftlärung zu sorgen. Wenn die Punkte, an denen sie versammelt werden, dem Gegner bekannt sind, geben sie ihm einen außerordentlichß deutlihen Fingerzeig für die Maßregeln, die der Gegner zu erwarten hat; und 0 bedeutend wird die Sale d WOIE nd feu, denn man läßt es sich außerordentlich viel Geld und Mühe kosten, diese Punkte möglichst vom Gegner zu erfahren. Dasfelbe ist es mit den Sammelpyunkten, von denen der Herr Vorredner gesprochen hat. Fch möchte doch darauf aufmerksam machen, daß es ihm vielleicht niht gegenwärtig ist, daß alljährlih bei Gelegenheit der Mobil- machung auch bearbeitet wird der Aufmarsh der Armee für gewisse friegerishe Vorausseßungen. Diese Punkte, nah denen der Aufmarsch zu dirigiren ist, zu wissen vom Gegner, ist von der alleräußersten Wichtigkeit, weil mit dem vollzogenen Aufmarsh der Schleier über die Absichten zur Hälfte gelichtet ist.

Es ist also das eine Sache, wo der Gegner keine Mittel und feine Opfer scheuen wird, um sich Klarheit darüber zu verschaffen.

Ich wollte aus diesen einzelnen Widerlegungen nur Veranlassung nehmen, dem Herrn Vorredner vorzuführen, daß die Sachen fo einfach doch nicht liegen, wie er sie sih gedacht hat, sondern daß alle die Punkte, die ih berührt habe, bei der Kriegsvorbereitung und bei der Kriegseinleitung von der erheblichsten Wichtigkeit find, und eben Um in dieser Beziehung die feindlichen Kundschafter, die feindlichen Necognoscirungen und die feindlihe Spionage zu bekämpfen, deshalb ist es nothwendig, daß auch folhe Nachrichten unter Strafe gestellt werden; das ist der Zweck des Gesetzentwurfs, und das ist, wie ih meine, au der Zweck des Antrags Schneider. Jh kann nur noh- mals bitten, ihn anzunehmen.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl.): Jch: bedauere, daß aus den Reihen des Centrums heute der Abg. Gröber zum Wort ge- kommen ist, der nicht Mitglied der Commission war. Ich trôste mich aber damit, daß mehrere Parteigenossen desfelben mit mir und dem Abg. Schneider an der Regierungsvorlage festhalten wollen. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn die Mitglieder des Centrums, welche in der Commission die Gründe der Regierung für die Aufrecht- erhaltung der Worte gehört haben, sich hier äußerten. Ich bedaure, daß nicht {hon in der Commission der Kriegs-Minister oder einer seiner Commissare uns die Beispiele aufgeführt hat, welche er uns soeben gegeben hat. Der Abg. Gröber will die höchsten Strafen festgeseßt wissen, während der Abg. Schneider in bedeutungslofen Fällen auf ganz geringe Strafen erkannt haben will. Jch hoffe, von militärischen Autoritäten zu hören, ob der Abg. Gröber in diesen Punkten Recht hat.

Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Ober-Regierungs-Rath Freiherr von Seckendorf {ließt sich den Ausführungen des Kriegs-Ministers und des Abg. Schneider an und ver- weist auf seine früheren Bemerkungen _ bei der zweiten Lesung; dem Abg. Gröber gegenüber bemerkt er, daß jemand, der z. B. von einem neuen Gewehr niht ein Modell oder eine Zeichnung entwendet, fondern bloß eine mündliche Beschreibung liefert, nicht nah § 1 bestraft werden kann; denn das sei nur eine Nachricht. Man könnte alfo die schwersten Landesverräthereien garnicht treffen.

Abg. Hahn (deons.) tritt für den Antrag Schneider ein; man

könne zu den Gerichten das Vertrauen haben, daß sie das Gesetz richtig auslegen und nicht in folcher Weise anwenden, daß davon Un- schuldige getroffen werden. i E L / _ Abg. Gröber (Centr.): Nach den Beispielen, die hier angeführt sind, giebt es bald keine Thatfachen mehr, die nicht als militärishes Geheimniß betrahtet werden können. Die Beschaffenheit der Straßen, die Bezeichnung von Sammelpläßen und ähnlichen Dingen, die ziemlich allgemein bekannt sind, sollen nicht zur Kenntniß gebraht werden! Die Personen, welche hier leiht verdächtigt werden können, riskiren eine langwierige Untersuchung und eine schwere Strafe. Das ist eine solhe bedeutende Erweiterung des Strafrechts, daß man sie nicht ohne die s{hwersten Bedenken genehmigen könnte. Deshalb bitte ih Sie, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung bewenden zu lassen.

Abg. Fritzen -Koblenz (Centr.) erklärt sich für den Antrag Sqneider; erstlih muß- nahgewiesen werden, daß die Geheimhaltung

1893.

Baar

der betreffenden Schriften u. \.w. im Interesse der Landesvertheidigung nothwendig ist; ferner muß dem Beschuldigten auch nachgewiesen werden, daß er gewußt hat, daß er durch seine That die Sicherheit des Deutschen Reichs gefährdet hat.

Nachdem nohmals der Abg. Dr. von Bar gegen den Paragraphen gesprochen, wird die Debatte geschlossen. Jn namentlicher Abstimmung wird darauf der Antrag des Abg. Schneider-Hamm mit t31 gege 97 Stimmen abgelehnt.

S 1 wird unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung genehmigt, ebenso ohne weitere Debatte die übrigen Paragraphen der Vorlage.

Darauf wird die ganze Vorlage angenommen.

_Es folgt die dritte Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend die Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (b. k. F.): Der Abg. Stadthagen hat den Antisemiten vorgeworfen, daß fie bei den Wucherdebatten nicht zur Stelle waren und nihts zur Sache bei- getragen hätten. Was meine Person betrifft, so bin ich immer dabei gewesen, und wenn ich davon Abstand genommen habe, mi hier zum Worte zu melden, so geshah es nur deswegen, weil in dem Commissionsberiht und in den Anträgen aus der Mitte des Hauses alles gesagt worden ist, was ih auch hätte sagen können. Der Abg. Stadthagen that so, als wenn es ihm ganz unerhört erscheine, daß der Abg. Dr. Boeckel den Ausdruck Juden und Wucher in einem Athemzuge genannt hat. Ist er denn ein solcher Fremdling in der Geschichte seines Volkes, daß er nicht weiß, daß dieser Vorwurf zu allen Zeiten immer wieder gegen seine Stammes- genossen ¿erhoben ist? Das beweist doch, daß etwas daran ist. Auch in dem Bericht des Vereins für Socialpolitik über den Wucher auf dem Lande wird aus fast allen Landestheilen berichtet, daß Juden unverhältnißmäßig \tark beim Wucher betheiligt seien, infonderheit beim Viehwucher. Nach einer kürzlich herausgegebenen Criminal- statistik waren von 1882—89 Deutsche angeklagt 748, verurtheilt 362. Juden wurden angeklagt 174, verurtheilt 82. Auf 100 000 Personen

entfallen 2,3 angeklagte und 1,1 verurtheilte Deutshe, auf die Juden 44,4 Angeklagte und 20,8 Verurtheilte. Der Abg. Stadt- hagen hat nun die Frage aufgeworfen, woran man denn eigentlich den Juden erkennen könnte. Er sagte: „Kommt hier die Religion in Betracht oder der Name? Verstehe man darunter einen jüdischen Namen, Liebermann oder Sonnenberg oder beides zusammen ?" F muß wieder fragen: Sind Sie denn ein solher Fremdling in Is daß Sie niht wissen, wie Ihr Volk emancipirt wie es zu seinen Familiennamen gekommen ift? D von 1812 wurden den Juden alle möglichen Rechte die Bedingung gestellt, daß sie Familiennamen Früher nannten sie sich nach dem Vater und waren n den Ge rihten sehr s{chwer zu fassen, weil sie den Namen fortwährend änderten und wechselten. In Oesterreich gab man ihnen Namen. In Preußen haben sie sich den Namen wählen können. JIft etwa die Fürstlihe Familie Löwenstein-W nberg jüdisch ge- worden, weil alle drei Namen einzeln von Juden geführt werden ? Mein Name ist seit Jahrhunderten in den Rang- und Verlufstli der preußishen Armee vertreten gewesen, und nach Urkunden der Abg. Stadthagen von dem Abg. Dr. l Landrath in der Stadt gewesen ist, wo die Urkunden lassen kann, ist uns der Adel verliehen worden vor dem Feinde.

Abg. Dr. Boeckel (b. daß auf Grund dieses C als früher, so entspriht dieses die ih an eine Volksgeseßgebung einer Flickarbeit, niht den Charakter einer wirkflih or geseßgebung, gemacht von Theoretikern für Theoretiker. Landmann und Handwerker, der z. B. den § 302 Goethe sagen: Mir wird von alledem fo dur Mühlrad im Kopfe herum. Wozu diese viel Wucher zu verstehen ist, und die vielen * weis gestellt werden müssen ? Es genügt do wer überwiesen wird, einen 2

f n Tis die aus threr Pt M praktishe Mär zu suchen und zu

1441 4/ entwurf kan

Viehwucher.

Abg. Stadthagen

Sache garnichts zu

veil ih viel mi

aber gesagt, ih kenne die

bewohnern. Er unterschiebt

Christen begünstigen wollen un T herauszustreihen. Kein anftändiger Mens stigen, ob er von Juden oder von

recht gut, daß es leider auc

\{lechte Elemente giebt. Ei

daß er sagte: Wucher

von anderen, die

Wucher treiben, d. h. so viel

Wucher. Er beschuldigt alo

sonders Wucher treibe. Das ift eine KampfeRwette, b 2 unparlamentarish nennen muß, und die weit über das erlaubte Maß hinausgeht. Es giebt Autifemiten unter allen Parteten, |eoit unter den Socialdemokraten. erinnere ux an das Led des Mg. Kuhnert über den jiüdistGen Kapitalisten e un den Poren des Deutschen sißt und nur en Wunfch dat uth faugen, saugen, saugen. Der Abg. Le bezeichnet in der erften: Auflage seiner i as über die Boden E reg wütherichs. Die Antifemäiten, wie jede dere anftäandige Menf wünschen die Bestrafung des Wucherers, ganz glei, ob ex ein: Jude ist oder nicht.

i Abg. Träger (dfr.) erklärt, daß die Freisinnigen gegen die Vors lage stimmen würden, weil dieselbe von der bedenklitsten Wirbug auf das ganze Verkehrsleden fei namentli reelle Geschäfte treffen würde; außerdem ist, wie f Vorredner auÆübrt, die Vorlage vollständig unklar. Der u fo ziemlid alles, wad A vou d E

Vorlage abgelehnt, fo blei x Wucher nad deut alten Gesen

detrerdert unt und Me tentS

Geschäften unter die Hand kommt, als Wucher anfeßen.

Gilde T E A

a E, E s E e L O

E Ln e L R L

¿f ÄE Tit: ds int

F atr

R A R R:

A

“gli E ÉBL D Él BIBÉ E L É Le A