1893 / 102 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Apr 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Solange die Realsteuern 100 9% nicht übersteigen, is die Frei- lassung der Einkommensteuer oder eine Heranziehung derselben mit einem geringeren als dem im ersten Absaßze bezeihneten Procentsaßze

auläsfig, erden mehr als 150 9%% der slaatlih veranlagten Realsteuern erhoben und ist die Staatseinkommensteuer mit 150 9/6 belastet, fo fönnen von dem Mehrbetrage für jedes Procent der staatlich ver- ulagien Realsteuern 29/0 der Staatseinkommensteuer erhoben werden. Mehr als 200 %% der Realstcuern dürfen in der Regel nicht erhoben werden.“ ; Be Aug. Dr. Bachem (Centr.) und Genossen beantragen, im dritten Absaz statt 150 9% zu sagen 100 9%.

_ Abg. Mies (Centr.) empfiehlt den Antrag Bachem, indem er auf die Verhältnisse einzelner Gemeinden verweist und ausführt, daß O der Kleingewerbestand durch die Steuerreform belastet werde.

s von Tiedemann-Bomst (freicons.) bestreitet das, weil ja die Gemeinden die Möglichkeit hätten, die Gewerbetreibenden der vierten Gewerbesteuerklasse von der Steuer zu befreien. Redner er- klärt, daß feine politischen Freunde von den Vereinbarungen in der Commission nicht abweihen würden, außer in dem Falle, daß von anderer Seite ein Verstoß gegen die Beschlüsse gemach1 werde. Wenn man die Snteressenkäumpfe in den Gemeinden vermeiden und für die Vertheilung der Steuern bindende Vorschriften geben wolle, dann müsse jeder von seiner eigenen Meinung etwas nahgeben. Dem Antrage des Centrums stehe seine Partei an ih sympathisch gegenüber, aber angesihts des energishen Wider- spruhs des Finanz-Ministers glaube sie auf ihn niht eingehen zu können.

Abg. Schmiß - Erkelenz (Centr.) tritt für den Antrag des Centrums ein, weil sonst die Doppelbesteuerung des Grundbesitzes, die man beseitigen wolle, erst recht wieder eingeführt werden würde. Man spreche immer von der steigenden Tendenz im Grundbesiß, aber in der Landwirthschaft könne man von einer Werthsteigerung des Grund und Bodens kaum reden. In den westlichen Provinzen würden die Grund- und Hausbesißer besonders belastet werden, weil dort bisher Zuschläge zur Grund- und Gebäudesteuer überhaupt nicht erhoben worden seien, sondern nur Zuschläge zur Einkommensteuer. Redner spricht die Hoffnung aus, daß diejenigen, welhe so warm gegen die Doppelbesteuerung des Actienbesitzes eingetreten seien, hier die Doppelbesteuerung des Grund- besißes verhindern würden, und daß ferner die Conservativen den Antrag des Centrums annehmen würden. Finde der Finanz-Minister die Unterstüßung, deren er bedürfe, dann werde er über die geringen Bedenken, die er gegen den Antrag habe, fich hinwegseyen.

Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg: Gewiß wird einen großen Theil des Hauses und so auch mich das warme Interesse außerordentlich sympathisch be- rühren, womit der Vorredner für die Interessen des Grundbesitzes eingetreten ist. Indessen muß ih doch darauf aufmerksam machen, daß die Consequenzen der Ausführungen des Vorredners weiter gehen, als ex sie felbst gezogen hat. Die Be- rücsihtigung der Sidi des Grundbesißzes darf nicht cinseitig erfolgen, fondern unter Berücksichtigung auch der anderweitigen Aen, Deshalb kommt hier in erster Linie die Zweckmäßigkeit in Frage. Es handelt sih um die Feststellung des Maßes, bis zu welchem eine gleihmäßige Heranziehung der Personal- und Realsteuern erfolgen foll. Das ist keine principielle Frage. Wenn diese Grenze von 150 auf 100 0/9 herabgeseßt würde, so würde das die Wirkung der Vorlage erheblih beeinträchtigen. Das würde dazu führen, daß die Aufhebung der Grund- und Gebäudesteuer ohne jeden Ausgleih der Communal-

belastung den Grund- und Gebäudebesißern zu gute fommt. Das ift nicht tie Absicht der Vorlage. Recht hat der Vorredner, daß die Wirkungen- der Bestimmung in den verschiedenen Gegenden außer- ordentlich verschieden sein werden. Das ist aber bei scinem Vorschlag genau ebenso, aber dagegen hat das Geseß eine Menge von Cautelen vorgesehen, die diese Unzuträglichkeiten beseitigen fönnen. Werden die Nealsteuern mehr Belaiet so werden die Einkommen- steucrzushläge entlastet. Es können außerdem “besondere Real- steuern eingeführt werden, welhe den verschiedenen Bedürfnissen der Gemeinden gerecht werden. Wo trotzdem eine zu große Be- lastung eintreten sollte, bietet der § 46 die Möglichkeit der Ab- weichung. Ein Ausgleich muß geshaffen werden, wenn die ganze Steuerreform cine gerechte sein foll.

Abg. Dr. Lotichius (b. k. Fr.) erklärt sih für den Beschluß der Commission.

Abg. Humann (Centr.) empfiehlt die Annahme des Antrags Bachem und Vortr Der § 45 sei der Angelpunkt der ganzen Steuerreform ; von seiner Gestaltung werde es abhängen, ob die Ab- sicht desfelben, die Beseitigung der Doppelbesteuerung, wirflich erreicht werde oder nicht.

Abg. von Buch (cons.): Bei der ersten Berathung der Steuer- reformvorlagen haben {ih alle Redner einverstanden erklärt mit dem Grundgedanken, den Grundbesig zu entlasten von seiner Belastung im Staat, dagegen die Realsteuern den Communen zuzuweisen und da- tur die Einkommensteuer von übermäßigen Zuschlägen zu befreien. Der Grund dafür war ein für die Steuerzahler niht |{meichelhafter, daß nämlih die hohen Zuschläge zu falschen Declarationen und zu niedrigen Einshäßzungen verleiten könnten. Wir haben diesen Grundsatz damals alle gebilligt, aber auch darauf hingewiesen, daß eine Veber- bürdung des Grundbesißes in den Communen denselben vernichten würde; denn ob der Grundbesiß an den Staatssteuern oder an den Communalfsteuern zu Grunde geht, ist gleichgültig. Gerade die Com- munalsteuerzuschläge waren belastend für den Grundbesiß. Mir haben versucht, den Grundbesiß zu entlasten; wir sind aber damit nicht durchgedrungen. Von anderer Seite sind aber Anträge gestellt worden, die weit über die Regierungsvorlage hinaus- gingen. Deshalb haben wir uns fragen müssen, ob die Steuerreform überhaupt noch einen Werth für uns habe und wieweit wir entgegen- kommen fönnten, ohne die Interessen der Realsteuerpflichtigen zu ver- leßen. Nach reiflichen Erwägungen sind wir zu den Commissions- beshlüssen gekommen, obglei sie unseren Wünschen nicht ganz ent- \sprehen. Die Beschlüsse sind für uns nur annehmbar in Verbin- dung mit denen zu § 45, weil sonst eine Ueberlastung des Grund- besitzes und Gewerbebetriebes eintreten würde. Redner beruft sich auf eine Auslassung des Finanz-Ministers, wonach der 8 45 keine Strenge enthalte und den Behörden niht das Recht zustehen solle, einen Druck auf die Gemeinden auszuüben, daß überall die Marimalgrenze der Nealsteuern erreiht werden müsse. Die agrarishe Stimmung, die im Hause herrsche, habe in der Commission nicht geherrscht; die Con- servativen hätten die größte Mühe gehabt, das Wenige zu erreichen, was § 45 jeßt enthalte. : :

Abg. Hitze (Centr.): Wenn die Reform einen Werth haben soll für den Grundbesiß, dann müssen die Realsteuern nur in der Höhe herangezogen werden, in der sie den Gemeinden überwiesen werden, also bis zur Höhe der jeßigen Staatssteuer. Darüber hinaus soll in erster Linie die Steuer, worin die Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommt, die Einkommensteuer herangezogen werden. Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben, daß troy des Compromisses, wenn nicht jeßt, fo do zwischen zweiter und dritter Lesung eine nochmalige Erwägung ein- tritt und eine Aenderung in diesem Punkte herbeigeführt wird.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Finanz-Minister Dr. Miquel das Wort.

Von dem Abg, Dr. Eckels ist im Hause der Abgeordneten folgender Ars eingebracht worden:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: An die Königliche Staatsregierung das Ersuchen zu richten, dem Landtage einen Geseß- entwurf des Inhalts vorzulegen, daß in den Gebietstheilen der Pro- vinz Hannover, in denen bezüglich des Gprems der Ehegatten aus- chließlich die Bestimmungen des Römischen Rechts zur Anwendung: kommen, ein den Grundsäßen des Allgemeinen preußischen Landrechts oder des Entwurfs eines Civil-Geseßbuchs für das Deutsche Reich ent- sprechendes geseßzliches Erbrecht der Chegatten eingeführt wird.

Die Begründung des Antrages lautet:

Die Bestimmungen des Nömischen Nets, wonach die Ehegatten nur dann Intestaterbrechte gegen einander haben, wenn überhaupt feine Blutsverwandte vorhanden find, widersprehen so sehr der deutschen Rechtsanschauung über Ehe und Familiengemeinshaft und führen beim Mangel gültiger leßtwilliger Verfügungen zu so bedauer-- lichen Consequenzen für die nachgelassenen Wittwen, daß die Aende-- rung diefes Zustandes im Wege der Geseßgebung geboten erscheint.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Bestimmung des-§ 184 des Strafgeseßbuchs, betreffend die Strafbarkeit der Verbreitung unzüchtiger Schriften, findet nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 13. Januar 1893, nit nur auf Bücher, welche in ihrer Gesammtheit als un- züchtig zu erachten sind, sondern auch auf einzelne, äußerlich zu einem Buch N Aufsäße (Erzählungen 2c.) Anwêndung, welche un- züchtigen Inhalts find.

Der Verfasser einer unzüchtigen Schrift, welcher diese, in der Absicht sie zu verbreiten, einem Verlagsbuhhändler in Verlag giebt, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IT. Straf- senats, vom 13. Januar 1893, hinsichtlich der demzufolge vom Ver- leger gesehenen Verbreitung als Mitthäter zu bestrafen.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

München, 29. April. (W. T. B.) Der Großherzog von Luxemburg, welher nunmehr völlig wiederhergestellt ist, ist heute Vormittag in Begleitung seiner Gemahlin nach Toelz abgereist.

Sl. Retexaburg, 29 A (2 2 O) Q „Nowoje Wrémja“ wird aus Jalta gemeldet, daß gestern der General-Adjutant und Vice-Admiral Bassargin dort gc- storben ist. s

Der Minister von Giers ist gestern Abend in Zarskoje Selo eingetroffen und wird sih einige Zeit daselbst aufhalten.

Der „Grashdanin“/ meldet aus der Krim, daß der General- Adjutant des Kaisers General von Richter an der Jnflucnza erkrankt ist.

(Fortsezung des Nichtamilichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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E iht vom 29. April,

Morgens.

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Uebersicht der Witterung.

Eine Zone hohen Luftdrucks erstreckt ih von der

Saaigegend ostnordostwärts über dem Nord- und Ostseegebiet, während im Nordwesten und Süden des Erdtheils umfangreihe Depressionen lagern. Die Luftbewegung is fast überall s{chwach, über Central-Guropa aus vorwiegend südöstliher und E Richtung. In Deutschland i} das Wetter kühl, im Norden- vorwiegend trübe, im Süden meist heiter ohne erhebliße Niederschläge. In Südfrankreih is allenthalben, in Oesterreich vielfah Regen gefallen. Das Depressionsgebiet im Nordwesten scheint sich nach und nah südostwärts auszubreiten, sodaß zunächst für das nordwestliche, dann auch für das östliche Deutshland Regen zu er- warten fein dürfte.

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Deutsche Seewarte. E E E Ä R R SERA M A N TABE MIE Wi i B SAAT I R S S iA Theater - Anzeigen.

Pöniglihe Schauspiele. Sonntag: Opern- haus. 108. Vorstellung. Bajazzi (Pagliacci). Oper in 2 Acten und einem gros: Musik und Dichtung von M. Leoncavallo, deuts von Ludwig Hartmann. In Scene geseßt vom Ober- Regisseur Tetlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Vorher: Djamileh. Romantische ODper in 1 Act von G. Bizet. Text von L. Gallet,

zügen von Emil Pohl, mit freier Benußung der Dichtung des U In Scene geseht vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang ( Uhr.

Montag: Opernhaus. 109. Vorstellung. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. 3. Abend: Götterdämmerung in 3 Acten. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5.) 116. Vorstellung. Nathan der Weise. ODrama- tishes Gediht in 5 Aufzügen von G. E. Lessing. Anfang 7 Uhr.

Dienstag: Opernhaus. 110. Vorstellung. Caval- leria rusticana (Bauern-Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleich- namigen Volksstück von Verga. In Scene geseßt vom Ober - Regisseur Tetlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Die Tochter des Negiments. Komische Oper in 2 Acten von G. Donizetti. Text nah dem Französischen des St. Georges. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr.

Neves Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). 117. Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Auf- zügen von Emil Pohl, mit freier Benußung der Dichtung des altindishen Königs Sudraka. In Scene geseht vom Ober - Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Opernhaus. Mittwoch: Der Freischütz. Donners- tag: Bajazzi. Die Rebe. Freitag: Rheingold. Sonnabend: Tannhäuser. Sonntag: Die Affri- fanerin.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). Mittwoh: Die Anna - Lise. (Frl. Plan als Debut.) Donnerstag: Vasantasena. Freitag: Narziß. Sonnabend: Zum 1. Male: Vom land- wirthschaftlichen Ball. Zum 1. Male: Ein- geschlossen. Zum 1. Male: Die Schulreiteriu. Sonntag: Vasautasena.

Deutsches Theater. Sonntag: Der Talis- man. Anfang 7 Uhr.

Montag: Der Talisman.

Diensiag: Zwei glückliche Tage.

Die nächste Aufführung von „Don Carlos“ findet am Donnerstag statt.

Berliner Theater. Sonntag: Nachmittags 2x Uhr: Dora. Abends 7F Uhr: Viel Lärm um Nichts. E

Montag : Othello. (Agnes Sorma, Nuscha Buße, Ludro. Barnay, Ludw. Stahl.) Anfang 7 Ühr.

Dienstag: Die Journalisten.

Lessing-Theater. Sonntag: Brave Leut’

vom Grund. Anfang Úhr. Montag: Zum 75. Male: Heimath. Dienstag: Brave Leut’ vom Grund.

Wallner-Theater. Sonntag: Die Orient-

ete: (Letzte Gastvorstellung des Lessing-Theaters.) Anfang 7 Uhr. :

H. Meilhac und A. Millaud. Deutsch von Nichard Genée. Musik von Herró. (Denise de Flavigny: Flfka von Palmay.) Anfang 7 Uhr.

Montag: 8. Gastvorstellung von Jlka von Palmay. Mamselle Nitouche. Anfang 75 Uhr.

Dienstag: 9. Gastvorstellung von Ilka von Palmay. Mamselle Nitouche. Anfang 73 Uhr.

Refsidenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten- burg. Sonntag: Jugend. Ein Liebesdrama in 3 Acten von Max Halbe. In Scene gescßt von Hans Meery. Vorher: Der neue Ganymed. Schwank in 1 Act. Anfang 73 Uhr.

Montag: Zum 46. Male: Die beiden Chamyvignol. (Champignol malgré Ini.) Sd@wank in 3 Acten von Feydeau und Desvalliòres. Deutsch von Benno Jacobson. In Scene geset von Sigmund Lautenburg.

Dienstag: Die Sirene. Schwank in 3 Acten von Valabrêque.

Kroll's Theater. Sonntag: A Santa Lucia. Melodrama in 2 Acten von Tasca. (Ro- fella: Gemma Bellincioni; Ciccillo : Noberto Stagno, als Gäste.) Anfang 7# Uhr.

Bei günstiger Witterung: Vor, während und nah der Vorstellung Großes Concert im Sommer- Garten. Anfang 4F Uhr.

Montag: Silvana. Anfang 7 Uhr.

Dienstag: A Santa Lucía. (Gemma Bellin- cioni und Roberto Stagno als Gâste.)

Pictoria-Theater. Belle - Alliancestraße 7/8. Sonntag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. Großes Auss\tattungs\tück mit Ballet in 5 Acten (15 Bil- dern) von A. d'Ennery und Jules Verne. Ballet arrangirt vom Balletmeister C. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida. Anfang 7# Uhr.

Nachwittags 4 Uhr bei günstiger Witterung: Concert im Garten. Entrée 50 .

Montag: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen.

Theater Unter den Linden. Sonntag: Zum 3. Male (vollständig neu inscenirt): Der Mikado. Burleske Operette von V. S. Gilbert. Musik von Arthur Sullivan. Hierauf: Zum 36. Male: Die Welt-Aussftellung in Chicago und Die deutsche Abtheilung in dem populären Aus- stattungs-Ballet Columbia. Anfang präc. 7 Uhr.

Montag: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Sonntag: Zum 30. Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theil- weise von G. ht” Musik von G. Steffens. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 74 Uhr.

R L folgende Tage: Goldlotte.

er Sommer-Garten ist geöffnet.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde, Am Landes - Ausf\tellungs - Park (Lehrter Bahnho!). Gedöffnet von 12—11 Uhr.

Concerte.

Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Sonntag, Anfang 6F Uhr: Karl Meyder-Concert.

Montag, Anfang 7F Uhr : Karl Meyder-Concert. Letter Haydu-Mozart-Schubert-Abend.

Wochentags-Abonnements haben Gültigleit.

Circus Renz (Carlstraße.) Abschieds - Vor- stellung am 2. Mai.

2 leßte Sountags- Vorstellungen.

In beiden Vorstellungen: Austreten sämmilicher Künstlerspecialitäten ersten Ranges, sowie Reiten und Vorführen der bestdressirten Schul- und Frei- heitspferde. Besonders reichhaltiges Programm. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei): Letzte diesjährige Komiker-Vorstellung mit be- fonderem zur Belustigung der Jugend gewählten Bigaralin, /

Abends 74 Uhr: U. a. Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. Zum Schluß zun7 leßten Male: Die lustigen Heidelberger. (Große Ausstattungs-Pantomime. S

Montag, Abends 74 Uhr: Vorleßte Vorstellung.

C

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Gertrud Hagemann mit Hrn. Lieut. Attila von Pestel (Wiesbaden— Hanau). Verehel iht: Hr. Amtsrichter Otto Scnieber mit Frl. Clara Krochmann (Jnowrazlaw— Scheglin) / Geboren: Ein Sohn: Hrn. Aug. von Beulwiy (Mariahütte). Hrn. Pastor Conrad (Pawellau). Gestorben: Hr. Lieut. Wilhelm Koenig (Bocken- heim). Hr. Geh. Sanitäts-Rath Dr. Gustar

Meyer (Berlin). Lr: Geh. MRegierungs-Ratkp geb.

Anna von Neuß, eder (Brieg).

Redacteur: J. V.: Siemenroth. Btiltn Vérlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag» Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (cinshließlih Börsen-Beilage).

T SEEE oiS aaa a erei attet Le R T E H r D Bre ria Vai ri Epe G G C H T C P

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

¿ 102.

« Königreich Preußen. BerauntmaquUn g:

Jch bringe hierdurch zur öffentlihen Kenntniß, daß ih auf Grund der mir seitens des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal - Angelegenheiten ertheilten Er- mächtigung angeordnet habe, daß die gesundheitspolizeiliche Ueberwachung des Stromverkehrs

1) in dem Ueberwachungsbezirk Nr. T Schilno Ueber- wachungsstelle Schilno und Bootsüberwachungsstelle Thorn am 25. April,

2) in dem Ueberwachungsbezirk Nr. TT Brahmünde Ueberwachungsstelle Brahmünde und Bootsüberwachungsstelle Schulig am 1. Mai d. J. beginnt.

Die Ueberwachung regelt sich nah der nachstehend ver- öffentlichten Anweisung vom 1. April 1893. Danzig, den 24. April 1893. E : Dec Staatscommissar für die Gesundheitspflege im Stromgebiet der Weichsel. Ober-Präsident, Staats-Minister von Goßler.

An Stelle der Anweisung vom 2. Oktober 1892, welche hiermit außer Kraft gesetzt wird, tritt die nachstehende

M Wend

zur gesundheitspolizeilichen Neberwachung der im Stromgebiet der Weichsel verkehrenden Fahrzeuge.

Sl Zur Verhütung der Cholexaberbreituna dur den Schiffahrts- und Flößereiverkehr auf der Weichsel, der Nogat und der zwischen diesen Strömen liegenden Wasserstraßen werden alle \tromauf und \tromab fahrenden oder auf dem Strom liegenden Fahrzeuge (Schiffe jeder Art und Größe und Flöße) täglih mindestens einmal nah Maß- gabe der nachstehenden Vorschriften ärztlih untersucht. S9

F 2 Es werden folgende Ueberwachungsbezirke und Ueberwahungs- stellen, sowie Bootéüberwachungsstellen eingerichtet :

1) Ueberwachungsbezirk Nr. 1. Schilno mit der Ueberwachungs- stelle Scilno und der Bootsüberwachungsstelle I a Thorn, umfassend die Bauabtheilung Thorn der Wasser-Bauinspection Thorn, von der russischen Grenze bis gegen Gurske (Kilometer 1 bis 28).

Außer dem Verkehr auf der Weichsel selbst sind die bei Zlotterie auf der Drewenz ein- und auslaufenden Fahrzeuge und der Hafen- verkehr in Thorn zu überwachen.

Bon der Bootsüberwachungsstelle T a Thorn wird die tägliche Untersuchung der auf der Weichsel zwischen dem Winterhafen bei Thorn und der Weichselbrücke festliegenden Fahrzeuge besorgt.

2) Ueberwachungsbezirk Nr. 11 Brahmünde mit der Ueber- wachungsstelle Brahmünde und der Bootsüberwachungsstelle 11 a Schuliß, ‘umfassend die Bauabtheilung Schuliß der Wasser-Bau- inspection Thorn und die Bauabtheilung Fordon der Wasser-Bau- inspection Kulm, letztere bis an die Grenze des Regierungsbezirks Bromberg bei Koseliß (Kilometer 29 bis 70).

Außer dem Verkehr auf der Weichsel sind die bei Brahmünde auf der Brahe ein- und auslaufenden und im Hafen von Brahmünde festliegenden Fahrzeuge zu überwachen.

Von der Bootsüberwachungsstelle [1a Schulitß wird die tägliche Untersuchung der auf der Strecke von Schuliß-Hauland bis zum Ende der Wegener’shen Ablage festliegenden Fahrzeuge, sowie der von Zuli nach Nußland zurückkehrenden Flößer besorgt.

3) Veberwachungsbezirk Nr. TIIT Kulm mit der Ueberwachungs- telle Kulm, umfassend den Rest der Bauabtheilung Fordon und die Bauabtheilung Kulm der Wasser-Bauinspection Kulm, leßtere bis gegen Sartowiß (Kilometer 71 bis 101).

4) Ueberwachungsbezirk Nr. IV Graudenz mit der Ueberwachungs- telle Graudenz, umfassend den Rest der Bauabtheilung Kulm und die Bauabtheilung Graudenz der Wassser-Bauinspection Marienwerder, leßtere bis gegen Wessel (Kilometer 102 bis 142).

95) UVeberwacungsbezirk Nr. V Kurzebrack mit der Neberwachungs- stelle Kurzebrack, umfassend die Bauabtheilung Kurzebrack der Wafsser- Bauinspection Marienwerder bis gegen die Montauer Spitze (Kilo- meter 143 bis 165). j

6) Ueberwachungsbezirk Nr. VI Pieckel mit der Ueberwachungs- telle Pieckel, umfassend: i

a. auf der Weichsel die Bauabtheilung Pieckel der Wasser- Bauinspection Dirschau bis zur Mösländer Wachtbude (Kilo- meter 166 bis 175),

b. auf der Nogat den Rest der Bauabtheilung Pieckel und die Wasser-Bauabtheilung Marienburg der Wasser-Bauinspection Marienburg, letztere bis unterhalb der Marienburger Eisenbahn- brücke (Kilometer 172 [Weichsel] bis 190 [Nogat]).

Außer dem Verkehr auf den Strömen sind zu überwachen alle bei Pieckel auf der Nogat ein- und auslaufenden Fahrzeuge.

7) Ueberwachungsbezirk Nr. VII Dirschau mit der Ueberwahungs- stelle Dirschau, umfassend den Rest der Bauabtheilung Pieckel und die Bauabtheilung Dirschau der Wasser-Bauinspection Dirschau, leßtere bis gegen Palschau (Kilometer 176 bis 200).

8) Ueberwachungsbezirk Nr. VI11 Käsemark mit der Ueber- wachungsstelle Käsemark, umfassend den Rest der Bauabtheilung Dirschau und die Bauabtheilung Neufähr der Wasser-Bauinspection Dirschau, letztere bis unterhalb Einlage (Kilometer 201 bis 220).

Außer dem Verkehr auf dem Strome sind die durh die Rothe- buder S(hleuse und die Elbinger Weichsel ein- und auslaufenden Fahrzeuge zu überwachen.

9) ÜeberwaWungsbezirk Nr. 1X Gr.-Plehnendorf mit der Ueber- wachungsftelle Plehnendorf, umfassend den Rest der Bauabtheilung Neufähr (Kilometer 221 bis 230). :

Außer dem Verkehr auf dem Strome sind die durch die Plehnen- dorfer Schleuse ein- und auélaufenden Fahrzeuge und diejenigen bei Neufähr einlaufenden Fahrzeuge zu überwachen, denen das Einlaufen ar nas den bestehenden landespolizeilihen Bestimmungen ge-

attet ift.

10) Ueberwachungsbezirk Nr. X Danzig, ohne feste Ueberwahungs- stelle mit dem Amtssiß Danzig, umfassend die todte Weichsel von der Plehnendorfer Schleuse bis nah Neufahrwasser und die Moettlau, soweit sie zum Stadtbezirk Danzig gehört.

11) Ueberwachungsbezirk Nr. X1 „untere Nogat“, mit der Ueber- wachungêstelle an der Kraffohlschleuse, umfassend den Nest der Bau- abtheilung Marienburg und die Bauabtheilung Wolfsdorf der Wasser-Bauinspection Marienburg (Nogat Kilometer 190 bis zu den Nogatmündungen Nogat Kilometer 231). L

Außer dem Verkehr auf dem Strom sind die dur die Kraffohl- \{leuse ein- und auslaufenden Fahrzeuge zu überwachen.

12) Ueberwachungsbezirk Nr. XIl Tiegenhof mit der Ueber- wachungsstelle Platenhof bei Tiegenhof, umfassend den Weichselhaff- Yanal, die Elbinger Weichsel und den Tiege-Fluß.

Es bleibt den Regierungs-Präsidenten überlassen, innerhalb der Ueberwachungsbezirke, außer den unter 1 und 2 erwähnten, an geeig- neten Stellen Bootsüberwachungss\tellen einzurichten.

Berlin, Sonnabend, den 29. April

S 3:

Fedem Ueberwachungsbezirk werden voni Negierungs-Präsidenten mindestens zwei Aerzte zugetheilt. Dem einen der Aerzte wird die Leitung des gesammten Ueberwachungsdienstes innerhalb des Bezirks, dem andern die Stellvertretung des Leiters übertragen.

Abgesehen von dem Bezirk Nr. X Danzig, haben die Aerzte an den in § 2 für jeden Ueberwachungsbezirk bestimmten Ueberwachungs- stellen oder in deren unmittelbaren Nähe ihren Aufenthalt zu nehmen.

Dem leitenden Arzte überweisen die Regierungë-Präsidenten das nöthige Personal an Executivbeamten, Bootsleuten, Krankenwärtern und Mannschaften zum Kranken- und Leichentransport und zur Durchführung der Desinfection, soweit sie es nicht für zweckmäßig erachten, die An- nahme desselben den Aerzten selbst zu übertragen.

Die Bootsüberwachungsstellen werden in der Regel mit einem Arzte beseßt, welcher in den Grenzen seines Dienstbezirks die Ge- \châfte cines leitenden Arztes wahrzunehmen hat. Demselben ist das nöthige Personal nah Maßgabe der Bestimmungen des vorigen Ab- saßes zu überweisen. Cholerafranke, choleraverdächtige und quaran- tänepflihtige Personen, welche im Bereich einer Bootsüberwachungs- stelle aufgefunden werden, sind jedo, sofern niht im einzelnen Falle etwas Anderes angeordnet i}, mit thunlichster Beschleunigung dem leitenden Arzte der zuständigen Ueberwachungsstelle zu überweisen M in die Lazareth- und Quarantäneräume der leßteren zu über- führen.

Die Mannschaften und Fahrzeuge der Weichsel-Strombauverwal- tung können, soweit dies mit dem sonstigen Dienste derselben vereinbar ist, nah Benehmen mit dem zuständigen Wasser-Bauinspector zum Dienst. bei den Bootsüberwachungsstationen herangezogen werden.

8 4, Für den Dienst auf dem Strom wird für jeden Ueberwahungs- bezirk mindestens ein Dampfer bereit gestellt.

Die Dampfer sind mit den nöthigen Arznei- und Desinfections- mitteln, einer Trage und mit einem ausreichenden Vorrath reinen un- verdächtigen Brunnenwassers dauernd ausgerüstet zu halten.

Neben den Dampfern sind für jeden Ueberwachungsbezirk die nöthigen Boote zur Verfügung zu stellen.

Sämmtliche Dienstfahrzeuge der Ueberwachungsbezirke führen eine weiße Flagge.

Die Telephonanlagen der Strombauverwaltung werden für den Ueberwachungsdienst zur Verfügung gestellt.

5

Q O4

Fede Ueberwachungsstelle is durch eine weithin sichtbare Tafel mit der Aufschrift „Ueberwachungsstelle. Halt!“ und dur eine große weiße Flagge kenntlih zu machen.

In jedem Ueberwachungsbezirk und, abgeschen vom Bezirk Nr. X Danzig, in unmittelbarer Nähe der Ueberwachungsstellen, sind Ein- rihtungen zu treffen, welche

a. die Unterbringung und Behandlung Cholerakranker,

þ. die Unterbringung und Beobachtung Choleraverdächtiger,

c. die Unterbringung und Beobachtung von Mannschaften in

Quarantäne gelegter Fahrzeuge ermöglichen.

Soweit geeignete Räumlichkeiten oder Schiff8gefäße niht mieth- weise zu beschaffen sind, werden Baracken errichtet. Die Größe und die Einrichtung der letzteren ist nah dem Umfang des örtlichen Ver- fehrs und mit Rücksicht darauf, ob eine Ueberführung Kranker in öffentliche Anstalten zulässig und möglich ist, zu bemessen.

Für die Beschaffung des nöthigen Inventars vo1 Badeeinrich- tungen, Desinfectionsapparaten, Vorrichtungen zur Aufnahme der desinficirten Abgänge von Arznei und Desinfectionsmittela sowie von Tragen (Tragkörben) ist zu sorgen.

Für tas mit dem Warten und dem Transport der Kranken bes traute Personal sind abwaschbare Mäntel zu beschaffen.

An den Ueberwachungsstellen und anderen geeigneten Orten der Ueberwachungsbezirke, insbesondere den regelmäßigen Anlegestellen, ist dafür Sorge zu tragen, daß die Fahrzeuge reines unverdächtiges Brunnenwasser einnehmen können. Die Dienstfahrzeuge der Sta- tionen haben solches in ausreihender Weise bei sich zu führen und erforderlichen Falls an die passirenden Fahrzeuge abzugeben. Die mit dem Untersuhungsdienst betrauten Beamten haben darauf zu achten, daß jedes Fahrzeug brauchbares Trinkwasser an Bord hat.

Die im Ueberwachungsbezirk 1 Schilno liegenden oder denselben passirenden Traften sind von der Ueberwachungsstelle mit je zwei Tonnen auszurüsten, welche dauernd mit gutem einwandsfreien_Frink- wasser gefüllt zu halten sind. Dieselben werden den Flößen bis zur Beendigung ihrer Thalfahrt belassen und sind, nahdem die Flöße am Bestimmungsorte ausgewaschen bezw. die dazu gehörigen Flößer ab- gelohnt sind, bei der nächsten Ueberwachungsstelle abzugeben. Für die Aufnahme, die Füllung dex Tonnen mit gutem Trinkwasser und deren Ablieferung nah Beendigung der Fahrt sind der Kassirer und der Nottmann der betreffenden Traft bezw. deren Stellvertreter ver- antwortlich.

Die Beschaffung eines geeigneten Begräbnißplaßes für Cholera- leichen ift ficherzustellen.

Bei jeder Gelegenheit ist darauf zu ahten und dahin zu wirken, daß nichts, was zur Verbreitung der Cholera geeignet ist, in das Wafser gelangt.

S 6. i:

Die ärztliche Untersuhung der Fahrzeuge erfolgt entweder auf dem Strom mittels der mit einem Arzt und dem nöthigen Hilss- personal besetzten Dampfer und Boote, oder an den Ueberwachungs- tellen. Der Untersuchung auf dem Strom unterliegen in der Regel die innerhalb eines Ueberwachungsbezirks festliegenden Fahrzeuge, ins- besondere die Flöße, und die auf der Fahrt begriffenen Dampfer, der Untersuhung an den Ueberwachungsstellen alle auf dem Strom nicht untersuhten Fahrzeuge, welhe an den Ueberwachungsstellen \tromauf oder stromab vorüberfahren. L

Im übrigen bleibt es, soweit nicht nachstehend ausdrücklidh Aus- nahmen angeordnet sind, den leitenden Aerzten überlassen, nah Maß- gabe der örtlihen Verhältnisse zu bestimmen, in welchem Umfange die Üntersuhung auf dem Strom oder an den Ueberwachungsstellen statt- zufinden hat. Dabei ist darauf zu achten, daß den Fahrzeugen ein möglich geringer Aufenthalt bereitet und der Verkehr fo wenig als möglich gehemmt wird.

Die zwishen Danzig und einer unterhalb Dirschau belegenen Station über Plehnendorf verkehrenden regelmäßigen Touren- und Personendampfer werden nur an der Ueberwachungsstelle bei Gr. Plehnendorf, möglichst bei dem Durchschleusen, oder an einer Anlege- telle oder während der Fahrt untersucht.

Im Ueberwachungsbezirk Nr. X Danzig erfolgt die Untersuchung an den Anlegestellen oder während der Fahrt auf dem Strom.

Die Touren- und Personendampfer sind verpflichtet, das Unter- \uhungspersonal auf den regelmäßigen Haltestellen zum Zweck der Untersuchung aufzunehmen, nach Bedarf unentgeltlich zu befördern und auf Verlangen an den Haltestellen abzufseßen.

Königliche Dienstfahrzeuge werden nur auf der Fahrt oder während des Liegens an den O oder Haltestellen untersucht.

Die auf dem Strom verkehrenden Fahrzeuge sind, unbeschadet der sih aus dem vorhergehenden Paragraphen für die Touren- und Personendampfer ergebenden Ausnahmen, verpflichtet, an jeder Ueber- wachungsstelle ohne Aufforderung anzuhalten und das Unterfuchungs- personal an Bord zu nehmen.

1893.

Dieselbe Verpflihtung liegt den auf dem Strom befind- lihen Fahrzeugen ob, wenn sie von dem durh die weiße Flagge fenntlichen Untersuhungsfahrzeuge dur ein gegebenes Zeichew (Anrufen, Dampfpfeife, Glockensignal oder Heben und Senken der Flagge) dazu aufgefordert werden.

Außer den in § 6 bezeichneten Touren-, Personendampfern und Königlichen Dienstfahrzeugen darf kein Fahrzeug den Ueberwachungs- stellen in den Monaten- April, Xugust, September in der Zeit von 8 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens, in den Monaten Mai, Juni, Juli in der Zeit von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens, in den Monaten Oktober, November in der Zeit von 7 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens vorüberfahren. Fahrzeuge, welche innerhalb dieser Zeit cine Ueberwachungsstelle erreihen, haben sich in der Nähe fest- zulegen und dürfen am anderen Morgen die Fahrt erst nach bewirkter Untersuchung wieder aufnehmen.

Königliche Dienstfahrzeuge sind an Ueberwachungsstellen zu halten nur verpflichtet, wenn sie hierzu besonders aufgefordert werden.

Jedes der im § 1 bezeichneten Fahrzeuge hat eine gelbe und eine \{chwarze Flagge bei sich zu führen. Die gelbe Flagge ist bei dem Vorhandensein einer choleraverdähtigen oder cholerakranken Perfon, die schwarze Flagge bei dem Vorhandensein einer Leiche aufzuziehen. Fahrzeuge, auf denen sih eine choleraverdähtige oder cholerafranke Person oder eine Leiche befindet, haben bei Annäherung eines Ueber- wachungsfahrzeuges auch ohne Aufforderung zu halten.

8&8.

Alle auf dem Strom oder an den Ueberwahungsstellen ange- haltenen oder auf dem Strom liegenden Fahrzeuge sind regelmäßig einer ärztlihen Untersuchung zu unterziehen, falls niht nachgewiesen wird, daß sie innerhalb desselben Kalandertages {hon einer Unter- suchung unterlegen haben und dabei unverdächtig befunden find.

Der untersuhhende Arzt is jedoch befugt, auch solhe Fahr- zeuge, für welche dieser Nachweis erbracht ist, aus besonderen Gründen weiteren Untersuchungen zu unterwerfen.

Die Untersuchung erfolgt nah den folgenden Vorschriften :

Der Arzt begiebt sih in Begleitung eines Polizeibeamten auf das Fahrzeug und unterzieht alle auf demselben befindlihen Perfonen einer genauen Untersuchung auf Choleraerkrankung, ter begleitende Polizeibeamte durchsucht daéselbe nah etwa versteckten Personen. Iede im geringsten Grade choleraverdähtige Person ist fofort von dem Schiffe zu entfernen und in der im § 5 zu þ bezeichneten Unterkunft zu ifoliren.

Zweifellos Cholerakranke sind fofort in die für dieselben be- stimmten Lazarethe zu bringen.

_ Zum Transport der Choleraverdächtigen. und -Kranken sind die Untersuhungsfahrzeuge thunlichst nicht [zu benußen. In der Regel wird dazu der Handkahn des untersuhten Fahrzeugs verwendet werden fönnen. Derselbe ist nah dem Gebrauch zu desinficiren und zurückzugeben.

_ Von den Abgängen der Cholerakranken und Choleraverdächtigen ist sofort [nach der anliegenden Anweisung, Anlage C] eine Probe entweder an das Sanitätsamt des XVII. Armee-Corps zu Danzig oder an das Kaiserlihe Gesundheitêamt zu Berlin oder an das Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin abzusenden.

Zur Versendung geeignete Gefäße und Kisten sind bereit zu halten.

Außer den Erkrankten sind sämmtliche übrigen Personen von dem Fahrzeuge zu entfernen, zu desinficiren und zur Beobachtung zu ifoliren 5 zu c).

Sämmtliche Kleidungs- und Wäschestücke sind sofort zu desinficiren. Das Bettstroh ist stets zu verbrennen.

Die Fahrzeuge, auf welchen cholerakranke oder choleraverdächtige Personen vorgefunden find, werden ebenfalls desinficirt.

Die Desinfection des Fahrzeugs erstreckt sih auf die Wohn- und Shlafräume, auf die Küche, den Abort und auf das Kiel- (Bilge-) Wasser. Außerdem sind sämmtlihe Räume des Fahrzeugs auf Ab- gänge zu durch\suchen.

Die Desinfection der Personen, der Kleidungs: - und Wäschestücke derselben, der Fahrzeuge und des Kiel- (Bilge-) Wassers ist [nach der beiliegenden Anweisung, Anlage D] zu bewirken.

S,

Die vorgeschriebenen Desinfectionsmaßregeln sind unter der per- sönlichen Verantwortung des leitenden Arztes auszuführen, und zwar, bis ein völlig sicheres Hilfspersonal herangebilbet ist, unter der per- sönlichen Aufsicht eines Arztes.

8 10.

Ueber diejenigen Fahrzeuge, auf denen Choleraleichen, Cholera- kranke oder choleraverdähtige Personen vorgefunden werden, ift nah erfolgter Desinfection eine sehstägige Quarantäne zu verhängen.

Eine Quarantäne von gleiher Dauer kann über diejenigen Fahr- zeuge verhängt werden, deren Führer oder Mannschaften ihre Person oder ihre Fahrzeuge der Untersuhung zu entziehen suchen, dem Unter- suhungspersonal Widerstand leisten und durh dieses Verhalten die Annahme begründen, daß eine Verheimlihung von cholerafkranken oder oleraverdähtigen Personen oder verseuhten Gegenständen und eine Vereitelung der zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens der Cholera vorgeschriebenen Maßregeln beabfichtigt wird.

S L.

Werden auf dem untersuhten Fahrzeuge keine Cholerakranken oder Choleraverdächtigen gefunden, so wird denselben nah Erfüllung der Vor- schriften des § 12 die Weiterfahrt gestattet. Es sind jedo regelmäßig die auf denselben etwa vorhandenen Aborte und thunlichst auch das Kiel- (Bilge-) Wasser nah Vorschrift der im § 8 erwähnten Anweifung zu desinficiren. Die Desinfection des Kiel- (Bilge-) Wassers kann unterbleiben, wenn nachgewiesen wird, daß eine solche im Laufe des- selben Kalendertages bereits stattgefunden hat, oder eine Untersuchung desselben mit Lakmuspapier durhweg eine starke alkalische Reaction ergiebt.

Bei den in § 6 näher bezeihneten Touren- und Perfonen- damvfern kann eine Desinfection des Kiel- (Bilge-) Wassers bei Ges- legenbeit der täglihen Untersuhungen unterbleiben, wenn eine Des- _infection desfelben in angemessenen Zwischenräumen anderweit siher gestellt ist. :

Bei Königlichen Dienstfahrzeugen, welhe bei der Untersuchung unverdächtig befunden sind, unterbleibt die Deëinfection des Bilge- raums.

S Lik

Jedem Führer eines Schiffes ist über die stattgehabte Untersuchung und den Umfang der etwa vorgenommenen Desinfection cine Be- {einigung auszustellen, in welcher die auf dem Schiffe vorgefundenen Personen namentlih aufgeführt sind. :

Bei den Flößen erhält jeder Traftenführer eine gleiche Bes» \{heinigung, außerdem au jede auf dem Floß befindliche Person eine auf den Namen lautende Bescheinigung. Ö

[Formulare nah dem beiliegenden Muster (Formulare A und B) werden geliefert.] 5 # | A genaue Angabe des Tages und der Stunde der Untersuchung ist zu achten. O

In der Bescheinigung sind nicht namentlich aufzuführen die Passagiere derjenigen, dem regelmäßigen Personenverkehr dienenden Dampfer, deren Fahrten zwischen 4 Uhr Morgens und 11 Uhr Abends beginnen und schließen.

Ueber die Zahl und Art der unterfuchten Fahrzeuge, au brten Desinfectionen und verhängten Quarantänen, owie über die Zahl der