1893 / 108 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Morgen begehen die Städte Danzig und Thorn die Feier ihrer Fe IENEN Vereinigung mit der reußishen Monarchie. Am 7. Mai 1793 leisteten im Rathhause zu Danzig die Behörden dieser Stadt sowie éine Abordnung angesehener Bürger von Thorn vor den Com- missaren des Königs Friedrih Wilhelm IT., dem General von Raumer und dem Regierungs-Präsidenten von Schleinig, den ginge. Die Stadt Thorn hatte sih ausdrücklich aus- edungen, in der deutshen Schwesterstadt, zusammen mit den Danziger Bürgern, dem König huldigen zu dürfen. Hiermit traten zwei alte deutsche Hansasiädte nah langer Trennung wieder zu Deutschland zurück. Vergeblih hatte Friedrich der Große bei der Erwerbung Westpreußens im Jahre 1772 auch die Ueberlassung der genannten beiden Orte mit “ihren Gebieten gefordert, die ihm zu einer festen es der im Osten gelesen Bestandtheile der Monarchie unentbehrlich er- schienen ; die Eifersucht der übrigen Mächte wußte ihm den Gewinn der beiden Handelsemporen an der Weichsel vorzu- enthalten. / R

Der König ließ jedoh sein Ziel niht aus dem iti Durch geschickte, mit Energie durchgeführte handelspolitische Maßnahmen wußte er es zu erreichen, daß die Danziger Kauf- herren sih von der Nothwendigkeit cines Anschlusses an Preußen überzeugten und nah der zweiten Theilung Polens im Jahre 1792 seinem Nachfolger freiwillig ihre n beute anboten. Desgleichen erklärte sich das einst von dem deutschen Orden gegründete Thorn bereit, Freude und Leid auch fortan mit der Schwesterstadt zu “ed und mit dieser dem neuen Herrscher den Treueid abzulegen.

Wie in der Provinz Westpreußen bald nah der Ueber- nahme der Verwaltung durch die preußishen Behörden ein neues frisches Leben aufkeimte, so nahmen auch die neu- gewonnenen beiden Städte in ihrem Handel und ae unter den Nachfolgern Friedrich's des Großen einen erfreulihen Auf- schwung.

9 Nur vorübergehend haben sih die beiden Städte noch einmal der Fremdherrschaft beugen und in den Jahren 1807 bis 1813 eine harte Zeit der Leiden und Bedrängnisse durch- Teben müssen, bis sie im Jahre 1815 dem Mutterlande wieder ‘zurückgegeben wurden. |

reußens Könige haben der Provinz Westpreußen und deren Hauptstädten von je her ihre besondere landesväterliche Fürsorge bewiesen und kundgegeben. Kaiser Wilhelm 1. wohnte zur Jahrhundertfeier ihrer Vereinigung mit Preußen im September 1872 der Grundsteinlegung zu dem Denkmal Friedrih's des Großen in Marienburg persönlich bei. Die Feier nahm den Charakter einer erneuten begeisterten Huldigun ür den Herrsher an. Zu der am 9. Oktober 1877 voll- gogenen Enthüllung des Denkmals entsandte der Monarch den Kronprinzen, nachmaligen Kaiser Friedrih. Seine Mäzestät der jeßt regierende Kaiser und König hat während Seiner vorjährigen Anwesenheit in Danzig, wo Allerhöchstderselbe aufs freudigste von der Bevölkerung begrüßt wurde, die Stadt und die Provinz Seiner besonderen landesväterlichen Huld versichert. /

Beide Städte haben Vorbereitungen getroffen, um den festlichen Gedenktag würdig zu begehen und dabei in dankbarer Anerkennung alles Guten, das ihnen durch den mächtigen Schuy und die landesväterliche Fürsorge ihrer Herrscher im Laufe der Jahre zu theil geworden ist, das Gelöbniß der Treue zu erneuern. Diese weihevolle Stimmung findet lebhaftesten Widerhall in den Herzen der Bewohner der übrigen Pro- vinzen und Städte der Monarchie, welhe morgen 1hre Ge- danken den jubilirenden beiden Schwesterstädten zuwenden und den schönen Festtag unter Segenswünschen für das Wohl beider Städte mitfeiern werden. Mögen beide Städte, Danzig und Thorn, unter dem Scepter der Hohenzollern immerdar blühen und gedeihen, damit sie auch an ihrem Theile nah wie vor Zur Wohlfahrt des Vaterlandes beitragen können. Das walte Gott!

Der General-Feldmarschall Graf von Blumenthal, General-Jnspecteur der 3. Armee-Jnspection und Chef des Reitenden Feldjäger-Corps, hat sih auf einige Tage nach Krampfer bei Perleberg begeben.

Der Gouverneur von Köln, General-Lieutenant von Leipziger ist zur Abstattung persönliher Meldungen hier angekommen.

Der General-Lieutenant von Lütcken, Commandeur der 4. Division, hat nah beendetem Urlaub Berlin verlassen.

Der Kaiserliche Gesandte am Köni a shwedish-nor- wegischen Hofe Graf von Wedel ist na tockholm zurück- gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über- nommen.

Der Kaiserlih japanische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe Vicomte Aoki hat Berlin mit längerem Urlaub verlassen. Während der Abwesenheit des Gesandten werden die laufenden Geschäfte von dem Legations-Secretär Shiro Akabane wahrgenommen werden.

Württemberg.

Die Kammér der Standesherren erledigte gestern den Etat des Ministeriums des Jnnern. Die Kammer der Abgeordneten genehmigte einzelne Positionen aus den Mitteln der Restverwaltung und vertagte sich darauf bis zum 12. d.. M., da die Commissionsberathungen über die Reform

age in Anspruch nehmen,

Hessen.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Großherzogliche obeit die Prinzessin Alix werden der „Darmst. Ztg.“ zufolge morgen Nachmitta wieder in Darm- stadt eintreffen. i

Die Erste Kammer wird Dienstag, den 9. d. M., be- hufs Erledigung der ihr noch vorliegenden Gegenstände zu einer Sißung zusammentreten.

Braunschweig.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Re L Herzogthums Braunschweig, if mit dem Prinzen Ariedr i Heinrich gestern früh von den Reisen aus England nah Braunschwei P: Jn der Begleitung befanden sih der Flügel-Adjutant Rittmeister von ittmeister von Stangen und

der Restverwaltung cinige

Krosigk, der persönliche Adjutant der Ober-Stabsarzt De. Scheibe.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Der dem Landtag des Herzogthums Gotha zu- gegangene ordentliche Etat schließt in Einnahme und Aus- cane mit 1 954 200 f ab. Gegen den bisherigen Etat, der mit 1704 131.38 Blänzirte, ergiebt sich nas ein Zugang von 250 068.62 46. Der Entwurf über dieSteuerermäßigung bestimmt, daß für die Dauer der Finanzperiode vom 1. Juli 1893 bis 30. Zuni 1897 die Grundsteuer nah den bisherigen terminlichen Steuersäßen und nah den bisherigen Besteuerungs- und Regulirungs-Grundsäßgen jährlih in neun Terminen er- hoben werden soll. Die Einkommensteuer soll jährli mit zwölf monatlihen Terminsbeträgen, die Klassensteuer in zehn. monatlihen Terminsbeträgen erhoben werden. Die ur 16., 17. und 18. Stufe der Klassensteuer veranlagten Per- Pülèn sollen keine Klassensteuer zahlen.

Lippe. : Der Landtag ist auf den 24. d. M. einberufen worden.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern, wie „W. T. B.“ meldet, inBudapest eine Deputation des dortigen Municipiums, die für die Erhebung der Stadt zur Haupt- und Residenzstadt den Dank abstattete. Der Kaiser erwiderte darauf : er zweifle nicht, daß die Municipalvertretung von Budpesttreue R keit und Loyalität, deren Bethätigung er in vielen Fällen, so insbesondere auch jeßt bei seiner Ankunft mit Freuden bemerkt habe, unter allen Umständen beweisen werde.

Jn der gestrigen Sißung des böhmischen Landtags führte der Abg. Schücker (Eger) aus, das einträchtige Nebeneinanderleben der Czehen und Deutschen sei der leb- hafteste. Wunsh der Deutschen. Die deutschen Abgeordneten würden glülic sein, wenn sie bei der Rückkehr in ihre Wahlkreise den Wählern mittheilen könnten, daß es besser geworden sei. Die Deutschen wollten nur Ruhe auf dem deutschen Sprach- gebiete, woselbst das Deutschthum seit Jahrhunderten gehegt und

epflegt werde. Der Antrag des Jungczehen Gregr auf N riaduna einer Adresse an die Krone wurde einem Aus- {uß von 15 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Für die Zuweisung an einen Ausschuß stimmten die Alt- czehen, die Jungczehen und die Großgrundbesißer. Der Gregr’she Adreßentwurf, der dem Landtag am 27. September v. J. überreiht wurde, wendet sich gegen die Abgrenzungs- Bestrebungen und fordert die Erneuerung der Selbständigkeit der Länder der böhmischen Krone, die Erweiterung der Com- petenz des böhmischen Landtags und die böhmische Königs- krönung.

Großbritannien und Jrland.

Das Unterhaus nahm gestern, wie „W. T. B.“ be- rihtet, nah zweistündiger Debatte den Antrag der Regierung, die Specialdebatte über die Novelle zum Haftpflichtgeseß dem ständigen Rechtsaus\husse zu überweisen, an. Jm Laufe der Debatte erklärte der Staatssecretär des Jnnern Asquith: die Regierung beabsichtige, die Aufnahme eines Paragraphen zu beantragen, der im Princip die von uf dieselbe Sind auf Re- gierungswerften ta Arbeiter auf A e Stuse stellt, wie die von Privatunternehmern beschäftigten Arbeiter. Dann wurde die dritte Lesung der Bill über das Einnahme-Budget angenommen. Der Premier-Minister Gladstone erklärte, es bestehe die Absicht, die Einzelberathung der Homerule- Bill am Montag zu beginnen und diese dann täglich fort- zuseßen. Die Regierung wünsche, daß die Berathung aller finanzielle Angelegenheiten betreffenden Paragraphen bis nah Erledigung der übrigen Paragraphen verschoben werde.

Frankreich.

In ‘ihrer vorgestrigen Sizgung beschäftigte fih die De- putirtenkammer auhch mit den Anträgen wegen des Auf- enthalts der Fremden in Le bin Der Deputirte Castelin erklärte dem Bericht der „Köln. Ztg.“ zufolge, be- sondere Maßregeln seien nöthig, da fremde Arbeiter 160 Millionen Lohn erhielten und Ersparnisse nah Hause schickten. Die Fremden müßten eine Steuer bezahlen. Der Berichterstatter Turrel wandte sich gegen eine solhe Steuer, die es nirgends gebe. Dem freien Frankreih komme es nicht zu, die Anregung zu solchen Schritten zu geben. Das wahre Mittel, um die franzó- sischen Arbeiter gegen den Wettbewerb der M zu schüßen, sei, die Arbeitgeber E, mehr Rücssicht darauf zu nehmen, bevor sie Fremde anstellten, und sie verantwortlich dafür zu aae. Die Vorlage verpflichte jeden Fremden, der nah Frankreih komme, einen Fragebogen aus ufüllen, und wenn er dauernden Aufenthalt nehme, seine Verhältnisse feststellen zu lassen. Das Geseh reiche zwar nicht aus, die Commission habe aber cinen Versuch damit machen wollen. Der Deputirte Gauthier verlangte eine Steuer für die Beschäf- tigung fremder Arbeiter. Darauf vertagte sich die Kammer bis heute, um die Ansichten der Regierung zu hören. Nach einem Tele- gramm der „Frankf. Zt.“ hat sih der Minister des Auswärti en Develle in der gestrigen Sißung der Commission gegen die Einführung einer Steuer E die fremden Arbeiter aus-

esprochen und hinzugefügt, daß überhaupt über diesen Punkt feine neuen Gesetze nöthig seien; das bisherige Decret bezüglich des Aufenthalts Fremder genüge.

Ftalien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer erklärte, dem „W. T. B.“ folge; der Minister des Aus- wärtigen Brin unter Berufung auf die Geschäftsordnung, er werde die Anfragen der Deputirten Barzilai und Giovagnoli über die Haltung der Triester Behörden anläßlich der Sympathiebezeugungen der Triester Bevölkerung ur silbernen Hochzeit des Königspaares nicht beantworten. dls Barzilai darauf das Wort ergreifen ollte, bemerkte der Präsident, da der Minister Brin die Anfragen ni t beant- wortete, sei Barzilai zu einer Entgegnung nicht berechtigt.

Spanien.

Der Senat hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern ohne Debatte den - Geseßentwurf angenommen, wona die Municipalwahlen bis zum 1. Januar 1894 verschoben werden.

Schweden und Norwegen.

Der Storthing begann gestern die Veran des von Horst beantragten Mißtrauensvotums. (Vergl. Nr. 106 des „R.- u. Sk.-A.“ vom 4. d. M) Der chemalige Präsident des Storthings Sievert Nielsen richtete, wie „W. T. B.“

berichtet, an das Ministerium die Frage, mit welchen Personen der König versucht habe, eine Majoritäts-Regierung zu bilden. Falls der Minister-Präsident Stang nicht ant- worten sollte, werde jedermann wissen, warum er nit antworten dürfe. Der Staats-Minister Stang erwiderte, die Regierung werde die ihr zukommende e E zu tragen wissen; sie beabsihtige, die Lösung der Konsulatsfrage aufzuschieben. Der Präsident Ullmann (radicale Linke) führte aus, die gegenwärtige Regierung sei nur ernannt, um dem König den Weg nah Canossa zu ersparen; er werde für ein Mißtrauensvotum stimmen, um es der Regierung möglich zu machen, ihre Tage baldigst zu beschließen.

Amerika.

Nach einer Depesche des „New-York Herald“ aus Panama hat General Vasquez einen vollständigen Sieg über die N in Honduras errungen und provisorisch die

eschäfte der Regierung übernommen. /

Demselben Blatte wird aus Valparaiso gemeldet, Nach- rihten“ aus Montevideo besagten, der brasilianische Oberst Amaro sei in der Nähe von Rivera in das Gebiet von Uruguay eingedrungen, um sich Pferde anzueignen. Es habe sich zwishen den Brasilianern und den von General Garcia angeführten Einwohnern ein Kampf ent- sponnen, in dem dreiundvierzig Brasilianer und zwölf Ein- heimische getödtet worden seien. Ein Abbruch der diplomati- hen Beziehungen zwischen Brasilien und Uruguay werde befürchtet.

| Wi das „Reuter'she Bureau“ aus Buenos Aires von vorgestern meldet, würde der Präsident in der Bot- schaft, womit demnächst der Congreß würde E werden, einen günstigen Bericht über die gegenwärtige Lage zu erstatien im stande sein und namentlih darthun können, daß die argentinishe Regierung nah Deckung der laufenden Ausgaben noch über einen Credit von 1 Million Pfund Ster- ling in London verfüge, während der ar entinishe Staats- haß in Buenos Aires 15 Millionen Dollars in Papiergeld enthalte.

Afien.

Nach cinem Telegramm des „Daily Chronicle“ aus Lahore wäre die Absezung des Khans von Kelat be- Pre worden und werde dessen Ueberführung nah Lahore

emnächst erfolgen. Eine starke militärishe Macht werde zur Besiß- ergreifung des an der afghanishen Grenze im Nordosten von Belutschistan gelegenen Landes sowie zur Unterdrückung etwaiger Auflehnung dagegen dorthin entsandt werden. i

Die siamesishe Gesandtschaft in Paris hat, wie „W. T. B.“ meldet, die gestern mitgetheilten Nachrichten des „Matin“ über eine Offensivbewegung der siamesischen Truppen nah der Grenze von Anam hin für vollkommen unbegründet erklärt und gleichzeitig der Ansicht Ausdruck gegeben, die Frage der Grenzbestimmung zwischen Siam und den französischen E in nächster ie ihre freund- schaftlihe Regelung finden. Auch der französischen Regierung ist keinerlei Mittheilung Enn, durch welche die Nachricht des „Matin“ bestätigt würde. e :

Der General-Gouverneur von Französish-Jndo-China de Lanessan telegraphirt aus Huë vom gestrigen Tage: Die Operationen haben in befriedigender Weise begonnen. Die französishen Truppen haben Sang ohne Schwertstreich beseßt und marschiren auf den Mekong zu. Der Hof von Huë unterstüßt dieses Vorgehen.

Afrika.

Das neue M inisterium der Cap-Colonie “ist nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ nun endgültig wie folgt constituirt worden: Cecil Rhodes, Premier; Gordon Sprigg, General-Schagmeister und Minister der Landwirth- haft; Laing, Commissar für die Kron-Ländereien, Schrei ner, General-Anwalt; Faure, Colonial:Secretär; Frost, Minister für einheimische Angelegenheiten.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

91. Sigung vom Sonnabend, 6. Mai, 11 Uhr.

Der Bericht über die gestrige Sißung befindet sih in der Ersten Beilage.

Der Sißung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Frei- herr von Malgtahn, Freiherr von Marschall und Holl- mann, der Königlich preußische Kriegs-Minister von Kalte n- born-Stachau, der Königlich preußishe Minister für Land- wirthschaft, Domänen und Forsten von Feen, der König- lih bayerische Militär-Bevollmächtigte, General-Major Ritter vom Haag, der Königlich sächsische Kriegs-Minister von der Planiß is der Königlih sächsishe Gesandte Graf von

ohenthal.

9 E der Tagesordnung steht zunächst die Abstimmung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. von Reden. An derselben betheiligen sih 355 Mitglieder, von denen 188 mit Nein, 167 mit Ja stimmen. Die Wahl des Abg. von Reden ist ungültig. /

q Es Folgt ‘die zweite Berathung der Novelle zum Mili tär- Pensionsgeset. Sale ist der Abg. Hahn, der im Interesse der vielen Tausende von Jnvaliden die Annahme der Vorlage empfiehlt. i

Staatssecretär A von Malßgahn verweist darauf, daß in der A „die verbündeten Regierungen erklärt haben, daß sie die Beschlüsse der Commission annehmen würden, wenn der Reichstag darüber nicht hinausgehe. :

Abg. Frißen-Düsseldorf (Centr.) beantragt die Enbloc- Annahme der E : / : |

Da von keiner Seite widersprochen wird, wird die Vor- lage einstimmig angenommen. i

Abg. Freiherr von Huene (Centr.) beantragt, sofort die dritte Lesung vorzunehmen. : i :

Da auch diesem Antrage nicht widersprohen wird, so wird der Geseßentwurf sofort ohne Debatte in dritter Be- rathung genehmigt. /

arauf wird die zweite Berathung des Geseßentwurfs, S bis ie Friedenspräsenzstärke des Heeres, fort-

eseßt. Y Leba. Wisser (b. k. F.) zieht seinen Antrag zurü, da er aussihtslos ist. ; l

Abg, von Helldorf (dcons.) erklärt, daß er für den Antrag

uene YHinttien wird, obgleih ihm die Zustimmung zur Vorlage

eber wäre; die leßtere habe aber keine Ausficht auf Annahme. Die

Vorlage ‘hat das Rigorosum, welhem sie in der Com- mission unterworfen wurde, glänzend __ überstanden; es ist feinem einzigen Gegner gelungen, die Gründe für die- selbe auch nur im geringsten zu entkräften. Deutschland müsse dankbar dafür sein, daß es einen so saverständigen Reichskanzler an der Sn: der Negierung habe. Eine Vorlage, wie die jeßige, habe Fürst Bismarck {on 1890 für nothwendig erklärt. Alle früheren p eln waren nur Provisorien ; die Schaffung der Ersatzreserve und onitige Maßnahmen der leßten Jahre brachten keine Vermehrung der kriegstühtigen Truppen, fondern nur eine Vermehrun auf dem Papier. Man stellt es jeßt so dar, als wenn der Kampf in den sfechziger Jahren sich um die zweijährige oder drei- jährige Dienstzeit abspielte; es Handelte sich aber um die Reorgani- sation der Armee, die sich als nothwendig ergeben hatte bei der Mobilmachung von 1859, wo sich zeigte, daß die Linientruppen viel zu s{chwach waren. Die Bedeutung der jeßigen Vorlage liegt darin, daß Bs der Annahme derselben uns Frankreih niht mehr wird na- eifern Tönnen in der Steigerung seiner Rüstungen. Man fragt: Wie kann man jeßt in der Zeit der Verwirrung eine solche Vorlage einbringen? Die ganze Beunruhigung, welche jeßt herrscht, ist begründet in der Stellung Deutschlands. Mosltke’'s Wort gilt jeßt noch immer, daß wir das, was wir 1870 erreiht haben, 50 Jahre lang vertheidigen müssen. Jn der ersten Lesung spottete der Abg. Richter über das Häuflein des Abg. Sar von Stumm, welches allein für die Vorlage eintrat. Die Bedeutung der Vorlage ist erst allmählich klar geworden. Der Abg. Payer meinte, das Preußenthum finde in Süddeutschland keinen Boden. Das Preußenthum wird dort beim Volk allmählich Anklang finden, troßdem es manche un- lieben8würdige Eigenschaften haben möge. Das Blut, welches 1870 ver- gossen ist, wird dort au seine Wirkung nicht verfehlen. Redner spricht feine Freude aus über die Vorlage, die so gesunde Gedanken bringt, auch im Interesse seiner Partei. Dadurch wird die Bedeutung des verhaßten Junkerthums wieder klar gelegt ; es wird die Erinnerung wachgerufen an die Zeit, wo das Wenden- land colonisirt wurde, wo die Hohenzollern mit eiserner Faust ein- griffen, Ordnung im Lande schaften und den Staat Friedrichs des Großen begründeten. Redner kommt auf die Aeußerung des Abg. Dr. Lieber zurück und verliest einen Bericht über eine Rede des Abg. Dr. Lieber aus dem „Düsseldorfer Volksblatt“, nah welchem derselbe ebenfalls davon gesprochen, daß das Bestehen des Centrums wichtiger sei als das des Reichs. Auch die Vorlage hat eine wirthschaftlihe Bedeutung, indem sie die jüngeren Leute mehr heranzieht und dadur die älteren Jahrgänge entlastet. Wenn die Rücksiht auf die Wähler niht wäre, würden {ehr viele Abgeordnete der Vorlage zustimmen. Ist es doch seltsam, daß einige Herren ihre Zustimmung erklären würden, wenn sie wüßten, daß sie mit der Mehrheit stimmen. Unsere Jugend hat nicht die \ chweren Zeiten durhgemacht, in denen Deutschlands Elend zu Tage trat; sie nimmt das 1870 Geschaffene als etwas Selbstverständliches hin und verfällt wieder in den alten Fehler der Deutschen, den Idealismus und Doctrinarismus. Es fehlt die politische Reife, es fehlt an Charakterstärke, die sich dem Fractionsbanne entzieht. Was sind denn die Ideale der Centrums- partei ? Der Föderalismus wird auch in anderen Parteien vertheidigt. Das Centrum tritt für das Christenthum ein; aber zum Christen- thum gehört nicht blos die Liebe, sondern auch die Toleranz. Das Programm der Conservativen von 1876 stelit die Versöhnung mit den Katholiken als Hauptpunkt auf. Der deutschen Politik steht aber die Entwickelung der [klerikal - demokratischen Politik gegenüber, die jeßt das Ziel des Centrums is. Die Quintessenz der jeßigen Politik in allen Staaten is} die Zufammenfassung der Nationalität. Es muß sich jeßt entscheiden, ob Deutschland seine Stellung unter den Nationen behaupten kann oder ob es zer- rissen wird zwischen den romanishen Elementen des Westens und den slavishen Elementen des Ostens. Hier müssen alle diejenigen zusammen- stehen, die einstehen für die nationale gesunde conservative Entwickelung gegen die Revolution, welhe in der Coalition Lieber-Bebel-Nichter erscheint. Jn diesem Sinne erinnere ih an das gesprochene Wort : Erst das Vaterland, dann die Partei und die Person!

Abg. Graf Preysing (Centr.): Der Reichskanzler hat fi darüber gewundert, daß mein Name unter dem Antrag steht. Dieser Antrag war ursprünglich gestellt von den Mitgliedern der Commission, welche zum Centrum gehören. Der Antrag is nachher zum Fractions- bes{chluß erhoben worden und zwar mit sehr großer Mehrheit; ich präsidirte und deshalb trägt er meinen Namen. Der Reichskanzler meinte: Es thut mir weh, daß ih Dich in der Gesellschaft seh". Ich will mich niht trennen von dieser Gesellshaft, weil ih meine, daß ih als Mitglied des Centrums meinem Vaterland mehr nüßen kann, wie als Mitglied einer besonderen süddeutschen Fraction, deren Bildung ja in süddeutschen Blättern ventilirt wird. Noch lebt das Centrum, welches jeßt demokratisch geworden sein soll. Es ist weder demokratish noch aristokratish, es sucht ausgleichend die Mitte zwischen beiden Anschauungen, und was die Führerschaft anbelangt, so wächst diese heraus aus den Principien der Partei. Der Reichskanzler meint, daß die Vorlage unerläßlich sei. Unsere Heeres\tärke ist f t dreimal so groß als 1870 und das deutshe Volk ist von dem Gefühl erfüllt, daß die Forderungen für das Militär jeßt ins Uferlose gehen. Wer diesem Gedanken Ausdruck giebt, der soll kein Patriot sein. Die Liebe zum Vaterlande muß aud wie jede Liebe die Sorge umfassen. Die Sorge muß au darauf gerichtet sein, daß das allgemeine Wohl aufrecht erhalten wird. J ch muß deshalb gegen die Vorlage stimmen.

Abg. Freiherr von Hornstein (b. k. Fr.) beruft sih auf Zu- schriften aus Wählerkreisen, die troß der Agitation für die Vorlage eintreten, weil die zweijährige Dienstzeit und die Schonung der böberen Altersklassen eine Entlastung bedeutet. Bezüglich der Be- lastung hoffen die Wähler auf die Uebertragung derselben auf stärkere Schultern. Die Branntweinsteuer soll durch eine Wehrsteuer erseßt werden; die Biersteuer kommt für Baden nicht in Betracht. Die Bauern fagen: wenn diejenigen, welhe der Landwirthschaft den Zollshuß nehmen wollen, gegen die Militär- vorlage sind, dann müssen wir umsomehr“ für dieselbe eintreten. Ich hoffe, daß die Freunde der Vorlage nah den Wahlen, seien sie nun 1893 oder 1895, sih hier wiedersehen werden. In Baden is in terroristisher Weise die Militärvorlage mit der religiösen Frage ver- mist worden. Gegen eine solche SlsGatmerei muß ich Protest crheben. Wir Badenser stehen nicht auf dem Standpunkt der elsäs- schen Protestler, die jeßt nah Paris hinneigen. Ich werde für den Antrag Huene sti mmen.

_ Mo E S 1 der N e gegen dic Stimmen der Conservativen und der § 1 des Antrags von Huene in namentlicher Abstimmung mit 210 gegen 162 Stimmen abgelehnt war (der Abg. Nuhland aus dem Elsaß enthielt sih der Abstimmung), erhob si der Reichs- kanzler Graf von Caprivi, um die vom 6. d. M. datirte Kaiserliche Verordnung zu verlesen, durch welche der gegenwärtige Reichstag aufgelöst wird. Präsident von Leveßow {loß die Sißung gegen 3 Uhr mit cinem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, in das die Ver-

sammlung dreimal begeistert einstimmte.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten.

76. Sigung vom Sonnabend, 6. Mai.

D Sigung wohnen der Präsident des Staats-Ministe- riums, Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg" und der Sinanp Muster Dr. Miquel bei.

if der Tagesordnung steht die dritte Berathung des gesehesitivness Staats- teuern.

wegen Aufhebung directer

Jn der Generaldiscussion erhält zunähst das Wort

Aba De: Bachem (Bente): Unsere Stellung zur Steuerreform bleibt dieselbe: Wir machen sie abhängig von - einer befriedigenden Regelung des Wahlrechts, wie sie durch die Verschiebung infolge der Steuerreform nothwendig geworden ist. Die Gestaltung des Wahl- rechts im Herrenhause hat niemand ‘im Lande für möglih ge- halten. Es is uns unmögli, das Wahlgeseß in der Fassung des Herrenhauses anzunehmen, und wir hoffen zuversiht- li, daß die conservative Partei an dem Compromiß mit uns fest- halten wird. ‘Wir erwarten zuglei, daß die definitive Entscheidung über dieses Gesetz erst dann erfolgen wird, wenn das Wahlgeseß er- ledigt ist. Wird das Wahlgeseß nicht in einer uns befriedigenden Weise geregelt, dann wird keiner meiner Freunde für die Steuer- reform stimmen. j

__ Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.): Darüber, was eine befriedigende Regelung des Wahlrechts ist, hat eine definitive Ver- ständigung zwischen den Parteien nicht stattgefunden. Die Beschlüsse zweiter Lesung sind für uns gee ih erkläre aber ausdrüdlih, daß die Beschlüsse des Herrenhauses für uns niht unannehmbar sind. Das Centrum kann sih ja über das Wahlgeseß freie Hand behalten, und um dies zu ermöglichen, könnten wir die definitive Abstimmung über dieses Geseß verschieben, bis das Wahlgeseß aus dem Herren- hause uns vorliegt.

Abg. Dr. Bache m (Centr.): Wenn diese Erklärung der conservativen Partei eine definitive ist, so ist unsere Stellung schon jeßt eine ge- gebene. Ich will aber niht hoffen, daß die conservative Partei uns jeßt in einer solchen Weise entgegentreten wird.

Abg. Freiherr von Minnigerode (cons.): Wir haben uns durch das Cormproiniß mit dem Centrum doch nicht in allen Punkten festgelegt. Im übrigen hat Graf Limburg - Stirum erklärt, daß die O ausbes{chlüsse uns nicht unannehmbar sind. Eine bindende

rÉlärung über unsere Stellung zu der Herrenhausfassung können wir jeßt selbstverständlih nicht abgeben.

Aba. Dr. Graf- Elberfeld (nl.): An diefer Stelle interessirt uns das Wahlgeseß nicht; warten wir do erst das Wahlgeseß ab! Jch muß außerdem der Annahme entgegentreten, als ob ein Compromiß in bindender Form zwischen vier Parteien zu stande gekommen ist.

Damit schließt die Generaldiscussion.

Jn der Specialdiscussion werden die 88 1 bis 15 nach unerheblicher Debatte genehmigt. (Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

Baurath Paul Wall ot, der Erbauer ‘des deutshen Reichs- tagshauses, ist, wie dem „Centr.-Bl. d. Bauv.“ mitgetheilt wird, von dem römischen Architektenverein, der „Associazione artistica fra i cultori di architettura in Roma“ zum Ehrenmitglied ernannt worden.

Zu dem Wettbewerb um eine Knaben-Bürgerschule in Demmin, der unter den Mitgliedern des Berliner Arcitektenvereins veranstaltet worden war, sind nah dem „,Centr.-Bl. d. Bauv.“ fünfzehn Gntwürfe eingegangen. Den ersten Preis (1000 4) erhielt der NexlerunasBiuineifier Max Shilling in Berlin, den zweiten (500 M) der Regierungs-Baumeister F. Wendorff in Leipzig.

Die Kön iglihe Kunstgewerbeschule zu Dresden, in der das Musterzeichnen für Tertil-Induftrie 2x. feine hauptsächlichste Pflanzstätte hat, veranstaltet in der Zeit vom 16. Juli bis 13. August d. J. eine Ausstellung von Mustern für Tertil- Industrie, Tapeten und Vorsatßpapiere in Buntdruck. Die Aus- stellung bezweckt einen Ueberblick über die künstlerische Gestaltung der Stoffe und foll ein Bild geben von der Leistungsfähigkeit der einzelnen Aussteller, um hierdurch den Musterzeihnern und Fabrikanten nüßlich zu werden. Es können sich Musterzeihner und Fabrikanten nach- benannter Fächer ohne Beschränkung des Ursprungslandes betheiligen : Gewebte und bedruckte Möbel- und Kleiderstoffe, Bänder, Teppiche, Gobelins, Vorhänge, Deken, Tischzeug, ferner Stickerei in Kreuzstih (Tapifserie), Plattstih, Aufnäh-Arbeit, sowie us Mono- gramm-, Weiß- und Wäsche-Stickerei, geklöppelte und genähte Spißen, Posamente aller Art, Tapeten, Linoleum und Vorsaßpapiere in Bunt- druck (unter Aus\chluß der übrigen Erzeugnisse des L untdrucks.) Die Muster können in Entwürfen oder Ausführungen eingesandt werden. ferner werden zugelassen: Abbildungs- und Textwerke für obige

ächer, sowie Zeichen- und Mal-Utensilien und Instrumente und maschinelle Vorrihtungen für Die. Anmeldung hat bis 1. Junt zu erfolgen, die Ein- sendung der Gegenstände bis 15. Juni 1893. Die Königlich \ächsische i Sen A bewilligt zur Förderung des Unternehmens Meere und bronzene Medaillen, da die Musterzeichnerkunst in Ry

eziehung zu der in Sachsen hochentwickelten Textil-Industrie steht. Weiter werden von einer aus Fachleuten gebildeten Beurtheilungs- commission Diplome zuertheilt, und außerdem sind von Privat- personen hohe Beträge und werthvolle Fahwerke zur Auszeichnung gestiftet worden. Portofreie Anträge um Zusendung der Bestimmungen und wege Penhige Anfragen sind an die Königliche Kunstgewerbe- schule (,Ausftellungsangelegenheit") zu Dresden zu richten.

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B 6

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 6. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Amerika* ist am 4. Mai Vormittags in New-York angekommen. Der Postdampfer „Graf Bismarck" hat am 4. Mai Abends Dover passirt. Der Postdampfer „Straß- burg“ ist am 5. Mai Vormittags auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Leipzig“ hat am 5. Mai Mittags Eastbourne passirt. Der Postdampfer , Darmstadt“ ‘hat am 5. Mai Nach- mittags Dover passirt.

Gm Ee 5 Mai. (W. T. B.) Hamburg - Ameri- kanishe Padcketfahrt-Actien-Gesellschaft. Der Schnell- dampfer „Columbia“ is, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-York E

London, 5. Mai. (W. T. B.) Der Castle - Dampfer „Hawarden-Castle* ist am Mittwoh auf der omit von Chrom abgegangen. Der Castle-Dampfer ,Drummond- Castle“ hat gestern auf der Heimreise Madeira, der Castle- Dampfer „Pembroke-Castle“ auf der Ausreise die Canari- A passirt. Der Union-Dampfer „Athen ian“ ist heute auf der Ausreise in Capet own angekommen.

Anzengruber's Vo

Theater und Musik.

Kroll’s Theater.

Der Kroll’sche Saal war wohl selten Zeuge so enthusiastisher Ovationen, wie sie gestern der gefeierten italienishen Sängerin Signora Gemma Bellincioni als Santuzza in Pietro Mascagni?s „Cavalleria rusticana“ dargebracht wurden. Da ihre gesanglich und shauspielerish vollendete Darstellung dieser Rolle hon gelegentlich einer neulihen Gastvorstellung im Opernhause, an dieser Stelle gebührend gewürdigt worden is, so fönnen wir uns heute darauf beschränken, nochmals die große tief ergreifende Wirkung hervorzuheben, welche die Künstlerin mit ihrer meisterhaften Lei tung erreihte, indem sie jede seelishe Regung, jeden Ausbruch der Leidenschaft mimisch und vocal, in Gesten und Mofeu zu s{chönem und wahrem Ausdruck brachte. Signor Roberto Stagno war vortrefflich bei Stimme und erzielte als Turiddu in den erregten Scenen mit Santuzza, in der Abschieds\cene mit der Mutter, besonders aber mit dem Trinklied vielen Effect. Weniger befriedigen konnte Herr Pop ovici als Alfio, der dur seine feurige südländishe Er einung Äußerlih mehr versprach, als er hielt. Das höchst harafteristische und musikalisch interessante Fuhrmannslied blieb ohne rechte Wirkung, und auch in den dramatisch bewegten Scenen mit Santuzza und Turiddu blieb er darstellerisch manches \{chuldig. Der dem Deutschen Landes- theater in Prag angehörige Künstler, welcher mit der Angelo Neumann- hen v d vany im Lessingtheater den Alfio früher hier so oft und erfolgreich dargestellt hat, sien niht recht disponirt oder es machte ihm der italienishe Tert Schwierigkeiten. Auch aus der kleinen, aber äußerst dankbaren Rolle der Lola hätte Fräulein L Pazofsky mehr machen können, als sie bot. Als Lucia konnte Fräulein Marie Tomschick genügen. Der Chor, der ebenfalls italienisch sang, hielt si unter der energischen Leitung des Kapellmeisters Richard Frted schr brav, sodaß die zum theil äußerst \{chwierigen Ensemble- scenen wohl gelangen. Die dem Mascagni’schen Werke vorangehende altbekannte komishe Oper „Gute Nacht Herr Pantalon“ von Albert Grisar wurde zwar von den Damen Laura Detschy, Hilda Pazofsky und Clara Wenzel und den Herren Worms, Krähmer und Wilhelm Meyer beifallswürdig gesungen und gespielt, spannte aber durch die Längen, welche sie namentlih in den dem heutigen Geschmack nur wenig mehr zusagenden gesprochenen Scenen aufweist, die Geduld der um der italienishen Gäste willen gekommenen Zuhörer dermaßen ab, daß das überfüllte Haus nah der Pause stürmisch den Beginn der Mascagni’shen Oper verlangte. Noch stürmischer aber war der Beifall im Laufe der Vorstellung dieser, und nach dem Schluß wollten die Hervorrufe kein Ende nehmen. Immer wieder und wieder mußte sich das gefeierte italienishe Künst!er- paar Stagno-Bellincioni unter dem Tush des Orchesters dem

ublikum zeigen, um den lauten Beifall und eine Fülle köstlicher R at s mit goldbedruckten Widmungsshleifen entgegen- zunehmen.

Die zweite Gefammtaufführung von Nichard Wagner's „Ring des Nibelungen“ im Königlichen Opernhause beginnt am Sonntag, 14. Mai, mit „Das Rheingold“, dem Montag, 15. „Die Walküre", Mittwoch, 17. _ „Siegfried“, Freitag, 19. „Götter- dämmerung“ folgen. Am näthsten Dienstag wird „Die Zauberflöte“ mit den Damen Leisinger, Herzog, Hellmuth - Bräm, E Göße, NRothaufer, Hiedler, Kopka, Lammert, und den Herren Rothmühl, Mödlinger, Krolop, Lieban gegeben.

Im Neuen Theater geht vom Königlichen Schauspiel am Sonnabend Gußkow?'s „Urbild des Tartüffe" neu eistudirt in Scene ; am Montag gelangt „Donna Diana", am Mittwoch und Freitag „Vasfantasena“ zur Aufführung.

Der Wochenspielplan des Deutschen Theaters ist folgender- maßen festgestellt : Sonntag und Montag: „Der Talisman“, Dienstag : „Zwei glüliche Tage", Mittwoch: „Der Talisman“, Donnerstag : „Der Pfarrer von Kirhfeld*, Freitag: „Der Talisman“, Sonnabend: „Zwei glückliche Tage.“

Im Berliner Theater findet am nähsten Sonnabend eine Wohlthätigkeits - Vorstellung für die Verunglückten auf Zante statt. Mit Agnes Sorma in der von ihr noch nie gespielten Rolle der Jane Eyre und mit Ludwig Barnay als Rochester gelangt an diesem Abend neueinstudirt und einmalig „Die Waise von Lowood* zur Aufführung. Das Wichert’she Lustspiel „Der Freund des lbt mit Agnes Sorma, Antonie Baumeister, Ludwig Stahl und Smanuel Stockhausen geht morgen Abend, am Dienstag und am Freitag (35. Abonnements - Vorstellung) in Scene. ür Montag und Donnerstag Abend sind Wiederholungen des Lustspiels „Viel Lärm um Nichts“ mit Nusha Bute und Ludwig Barnay in den Haupt- rollen angeseßt, für Mittwoch eine solhe des Gustav Freytag’schen Schauspiels „Graf Waldemar“, worin Ludwig Barnay die Titelrolle, Agnes Sorma die Rolle der Gertrud spielt. Der morgige Nach- mittag bringt Shakespeare’'s „Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle, am Donnerstag (Himmelfahrtstag) Na mittag kommen Schiller’'s „Räuber“ zur Darstellung.

Das M aa emer bringt Wiederholungen von Ludwig

i fsstück „Brave Leut? vom Grund* morgen, am Dienstag, Mittwoh und am Sonnabend. Hermann Sudermann's Schauspiel „Sodoms Ende“ gelangt am Montag, „Heimath“ am Donnerstag zur Rd Auf Freitag is} eine Aufführung von Décar Blumenthal’s Lustspiel „Falsche Heilige“ angeseßt.

Im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater tritt Ilka von Palmay morgen und am Montag als Helena und in der ein- actigen Operette „Stupida“ auf, und beschließt am Dienstag thr erfolgreiches Gastspiel. Der Spielplan der kommenden Woche wird ferner die Debüts einiger neu engagirter Mitglieder bringen. Der Concert - Park wird am 14. d. M. eröffnet werden. Eine gute Kapelle unter Leitung eines tüchtigen Dirigenten wird in Gemeinschaft mit der Kapelle des Friedrich - Wilbelmstädtischen Theaters den musikalishen Theil ausführen. erner werden größere Concerte unter Mitwirkung der besten Militär-Kapellen stattfinden. Saisonbillets zu 6 , zum Besuch des Concertparks und des Theaters berehtigend, sind an der Kasse des Theaters zu baben.

Dey Wodcenspielplan des Kroll’\schen Theaters bringt morgen die zweite und leßte Aufführung von „Cavalleria rusticana“ mit Gemma Bellincioni, Roberto Stagno und Demeter Popovici; voran geht wieder „Gute Nacht, Herr Pantalon“; der Beginn der Vorstellung ist auf 7 Ubr angeseßt. Am Montag wird „Undine“ gegeben (erstes Auftreten des Herrn Wilh. iee als Kühleborn), am Dienstag „Das Glöckchen des

remiten*, Mittwoh „Fidelio“ (Leonore: Frau Moran-Olden), Donnerstag „Traviata" (mit Gemma Bellincioni in der Titelpartie und Roberto Stagno als Alfredo), Freitag „Der Waffenshmied*, Sonn- abend „Der Troubadour“ (Leonore: Fräulein Wenzel, Azucena: Fräulein Agnes A

Bei der Benefiz - Vorstellung, in welher am Mittwoch im Adolph Ernst -Theater Herr Carl Weiß als Jubilar in „Goldlotte“ auftritt, wird allen Besuchern ein künstlerish aus- gestattetes Erinnerungsblatt überreiht werden, das den Benefizianten in feinen Lieblingsrollen darstellt. Das Souvenir, eine de gravTe aus dem photographischen Atelier von Otto Becker u. Maaß, wozu der Königl ge Hoflithograph Karl Hater die 2B eliefert hat und das auch eine kurze Biographie des beliebten Darstellers enthält, gelangt an dem Benefizabend zur Gratisvertheilung.

Das Symphonie - Concert des N Qi Es Orchesters am Dienstag wird durch die Mitwirkung des Phil - harmonishen Chors ausgezeihnet sein. Unter Mitwirkung hervorragender Solisten gelangt u. a. Mendelsfohn's Chorwerk „Die erste Walpurgisnaht" zur Aufführung. Der erste Theil des Pro- gnng bringt zwei ntereltaute euheiten von Philivp Rüfer und

ax Bruch. Dirigent des Abends is Herr ded pier Ochs.

Im Concerthaus veranstaltet Herr Kapellmeister ‘yder am Montag den lehten „Beethoven-Abend*“ in dieser ielzeit. Zur Aufführung kommen u. a. das „Septett“ (mit mehrfacher Beseßung