1893 / 109 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Theater und Musik.

Königlihes Schauspielhaus. (Neues Theater.) Am Sonnabend gelangten wieder drei Novitäten in je einem Aufzuge zur Aufführung. Die drei Lustspiele, literarish ungefähr leihwerthig, suchten in erster Linie die pulchauer leiht zu unter- alten und trugen den gemeinsamen Stempel anspruchsloser Fröhlichkeit. wei der kleinen Werke, „Vom landwirthschaftlichen Balle“ und „Die Schulreitserin* von Emil Pobl waren nur für die Königlihe Bühne neu, während sie fonst durch frühere Auf- führungen an anderen Kunststätten genugsam bekannt find. Das erst- genannte Lustspiel is, da es nichts weiter als die scenische Lösung einer kleinen \cherzhaften Verstimmung bringt, zu weit- \chweifig ausgeführt, um eine entschiedene Wirkung zu er- zielen; die Späßchen und launigen Einfälle gehen in der breiten Behandlung der Fabel vollständig unter, sodaß sich im Hause, troß des tüchtigen Spiels, keine rechte frohsinnige Stimmung entwickeln konnte. Weder Frau Kahle als Generalin von Herbland, au spöttish die wandelnde Rang- und Quartierliste genannt, noch Frau Conrad als intriguirende junge Wittwe, die die Abneigung der Generalin gegen die Juristen durch eine harmlose List besiegt, vermochten ret zu erwärmen. Den größten Éffect brachte Herr Gr u beals Einbrecher Queisner in einer originellen Pharisäermaske hervor. „Die Schulreiterin“ wurde von Fräulein Lindner mit Würde und Grazie gespielt; das hübsche Gedicht mit der ironish-poetishen Frage „Kann ih dafür ?* hätte ungekünstelter gesprohen werden können. Die Gestalt des ete treuherzigen Engelhard fand sich bei Herrn Blenke gut aufgehoben.

Die wirklihe Novität des Abends war das an zweiter Stelle ge- gebene Lustspiel „Eingeschlossen“ von Karl Niemann. Der Inhalt ist weder besonders neu, noch besonders aufregend, unterhält aber durch einige ganz hübsche charakteristishe Züge. Der eingefleischte Junggeselle und unerschrockene Hausfreund des jungen Ehepaares Steinbah wird zufällig mit einem jungen hübschen Mädchen ein- Elen und im Handumdrehen zum Ehestand bekehrt. Das

este fügte jedoch die Darstellung hinzu: e Schramm als alte, beschränkte, beinahe stupide Dienerin erweckte im Hause eine Fülle von Leben und Heiterkeit; in ihren Bewegungen, ihrem Mienenspiel bei einem kargen Wortschat, mit dem sie sih begnügen mußte, lag soviel siegreiher Humor wie in einer komischen Figur von Wilhelm Busch. Neben dieser kräftigen, naturfrishen Leistung verblaßten die übrigen Gestalten; in dem Kampf um den Corridorschlüssel, den fie mit Herrn Keßler durchfocht, trug sie auhch künstlerisch den Sieg davon, obwohl auch Herr Keßler munter und launig spielte. Ebenso rührend wie fomish gestaltete dieser Darsteller die unershütter- lie Zuversicht des Hausfreundes auf seine Unentbehrlichkeit, obgleih die junge Frau den lustigen Jugendgenossen ihres Gatten nicht gerade günstig ansieht. Das Stück wurde beifällig genug aufgenommen, um den Verfasser zu wiederholtem Erscheinen vor dem Vorhang zu veranlassen.

_Beyvliner Theater.

Sit alters Lustspiel „Dex Freund des Fürsten" von Ernst Wichert, das vor Jahren im Königlichen Schauspielhause beifällig aufgenommen worden ift, wurde am Sonnabend auf der Bühne des Berliner Theaters mit bedeutendem Erfolge zum ersten Mal gegeben. Das Werk behandelt mit lieben8würdiger Laune und tieatraliiBem Geschick die Verhältnisse an dem Hof eines kleinen Fürsten. Ohne Rücksicht auf die Gewohnheiten des Hoflebens wendet der regierende Herzog dem uneigennüßigen Dr. Malthus seine Freund- schaft und der anmuthigen Nichte des Doctors, Cäcilie Malthus seine Neigung zu. Bei der Entdeckung jedoch, daß unter dem Namen des Dr. Malthus sich ein ihm persönlih unbekannter naher Ver- wandter, der Prinz Oscar, verbirgt, entzieht er, entrüftet über die Täuschung, dem Dr. Malthus feine Freundschaft, in dem Glauben, daß diese Intrigue nur aus Eigennuß eingefädelt sei, um ihn zu der ihm testamentarisch auferlegten, aber lästigen Pflicht der Verlobung mit der Prinzessin Cäcilie durch List zu bestimmen. Durch eine Dame seines Hofes Fräulein von Trausch, die dem Herzog mittheilt, daß der Dr. Malthus um ihre Hand fih beworben und daß Prinz Oscar diese Werbung aufreht erhält, von seinem Irrthum überzeugt, versöhnt er sich mit dem Prinzen Oscar und verlobt sih_ mit der An Câcilie. Viele spannende Scenen und die effectvollen

cts{lüsse erleihtern es den Zuschauern, über die zahlreichen

Unwahrscheinlihkeiten des barmlosen Stückes mit Nachsicht hinwegzu- gehen und sih an seinen Vorzügen, vor allem dem gesunden Humor, 1 erfreuen. Bei der Darstellung muß das Spiel der Frau Sorma als Emmy von Traush in erster Linie anerkannt werden. Sie gab zwar nicht die ihr vorgeschriebene Rolle einer jungen Dame aus den vornchmfsten Kreisen, erzogen in den strengen Formen eines Hofes, die in ihrem Uebermuth sih nicht immer an diese Formen bindet, sondern sie seßte sih über leßtere ganz hinweg und streifte dabei häufig bis nabe an das Possenhafte, blieb aber auch in dieser nidt- zu billigenden Uebertreibung stets die selbsts{chaffende geniale Schauspielerin und erhielt auch den Löwenantheil an dem reihlich gespendeten Beifall. Eine vornehmere Auffassung würde indessen sicherlih dem Eindruck der dankbaren Rolle niht nachtheilig sein. Für den Freund des Fürsten, den Dr. Malthus, der mit edler Männlichkeit die ver- bindlihsten Umgangsformen vereinigt, war Herr Stahl ein in jeder Hinsicht geeigneter Vertreter. Frau Baumeister charak- terisirte die engherzige Ober-Hofmeisterin an dem kleinen Hofe wohl etwas scharf aber doch lebenswahr und niht übertrieben. Die übrigen Mitwirkenden genügten. Mit den Darstellern konnte auch der Ver- fasser Gelegenheit nehmen, für den wiederholten beifälligen Hervorruf sich persönlich zu bedanken. 5

Im KöniglihenOpern hause wird am Mittwoch „Lohengrin“ mit den Damen Pierson und Sucher, den Herren Gudehus, Bulß, Stammer und Fränkel gegeben,

Im Neuen Theater bringt das Königliche Schauspiel am Mittwoch „Vasantasena“ zur Aufführung.

Im Deutschen Theater ist die leßte Aufführung in dieser Spielzeit auf Dienstag, 23. d. M., angeseßt. Am nächsten Tage tritt das Personal die Reise nah Kopenhagen an, um dort am 25. d. M. ein Gesammtgastspiel zu beginnen. :

Das Re sidenz- Theater hat wegen des großen Erfolges von Albin Valabrèque's „Sirene“ die Aufführungen von Max Halbe?s „Jugend“ zunächst vertagt, um sie zu Beginn der nächsten Spielzeit wieder aufzunehmen. Einen Theil der Sommerferien werden die Mitglieder des Residenz - Theaters wieder durch Gesammt - Gastspiele ausfüllen, die am Bellevue-Theater in Stettin und am alten Stadt- Theater in Leipzig stattfinden sollen.

Mannigfaltiges.

Unter dem Vorsitz des Ober-Bürgermeisters Zelle fand, wie der „N. A. Z.“ mitgetheilt wird, am Sonnabend im Donatorenfaale tes Nathhauses zunächst eine Vorberathung des geschäftlihen Ausschusses, und sodann eine gemeinschaftliße Sißzung der Mitglieder des Berliner Hilfsvereins für die durch die Cholera be- troffenen Bewohner Hamburgs 2. stait. Die diesseitigen Sammlungen haben ergeben 211 238,82 6 Von dieser Summe sind bereits nah Hamburg 100 000 , nach Altona 30000 #4 über- wiesen. Die Ausgaben betrugen eins{ließlich der entstandenen Kosten im Betcage von 87,60 46 zusammen 130087,60 46 Es bleibt somit ein Restbestand von 81 151,22 46 Von dieser NRestsumme sollen 20 000 6 nah Altona, alle übrigen Gelder nah Hamburg überwiesen werden. In dem Begleitschreiben nah Hamburg soll dem dortigen Hilfscomité überlassen bleiben, den nothleidenden Nachbargemeinden namentlich Wandébek, Wilhelmsburg und NMeiherstieg an- gemessene Beträge zu überlassen.

Die Berliner Turnerschaft feierte am Sonnabend und am gestrigen Sonntag ihr dreißigjähriges Stiftungsfest. Der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse hatte mit feiner Ver- tretung bei der Feier den Geßeimen Regierungs-Rath Brandi betraut ; die Stadt war dur die Stadtverordneten Kalisch und Selle ver- treten. Zahlreiche auswärtige Vereine hatten Deputirte gesandt, die turnerishen Corporationen Berlins und der nächsten Umgebung waren dur Schulrath Euler, Professor Eckler, Rector Fromm u. a. re- präsentirt. Eingeleitet wurde das Fest durch ein Schauturnen der Schülerabtheilungen, das am Sonnabend Abend unter Theilnahme von etwa 500 jugendlichen Turnern in der Halle in der Prinzenstraße stattfand. Nach einem vom Ober-Turnwart Kossag commandirten Aufmarsh hielt der Kreisvertreter Aßrodt eine Ansprache; dann folgten Freiübungen, ein MRiegenturnen in 40 Riegen und volks- thümlihe Spiele. Ein von F. Mewes zusammengestellter und von

64 Turnern geschrittener Müllerliede beendete

MNeigen zum

das Scauturnen. An demselben Abend fand in den ECon- cordiasälen ein von 1500 Personen besuchter Festcommers statt. Den Glanzpunkt dieser Veranstaltung bildete das große Festspiel „Das Stiftungsfest“, welhes den Mitgliedern der zweiten Abtheilung zugleih Gelegenheit gab, sich in vorzüglichen turnerifchen Leistungen zu zeigen. Gestern Nachmittag um 4 Uhr begann in der Halle in der Prinzenstraße das Schauturnen der zehn Lehrlings- abtheilungen unter Leitung der Turnwarte Fiedler und Weigand, Mit Gesang zogen die 630 Turner von zwei Seiten in die Halle ein, führten dort zunäch#s Stabübungen aus und turnten dann an 36 Geräthen. Es folgten Ordnungsübungen, ein Musterriegenturnen an vier Geräthen und shließlich Tauziehen. Nah Abmarsch der Lehrlinge {ritten vom Turnplaßz her in Viererreihen die Mitglieder der zehn Männer- abtheilungen in den Saal. Nach einem Quartettgesang hielt der Zweite Vorsißende Thörmer cine Ansprache, in der er das Turnen als eine Quelle vaterländisher Gesinnung feierte. Dber-Turnwart Kossag commandirte sodann Stabübungen, 36 Niegen turnten an Geräthen, Musterriegen übten am Reck, Barren und Doppelpferd, eine vierte Multerriege führte Keulenshwingen vor, eine fünfte zeigte ihre Kunst- fertigkeit im Fehten. Ein Küren am Pferd und Neck endlih brachte Uebungen von höchster Vollendung und Gewandtheit zur Schau.

Ems, 7. Mai. Gestern wurde das Denkmal weiland Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm I. feierlih ent»- hüllt. Um 15 Uhr begaben si die Behörden und Cbrengäste, eine Deputation des Offiziercorps des Landwehrbezirks Oberlahnstein, sämmtliche Vereine der Stadt, fowie Deputationen auswärtiger Krieger- vereine, die Bürgerschaft und die Kurgäste in festlihem Zuge durch die prächtig geschmückte Stadt zum Denkmal. Nachs dem ein Sängerhor die Kaiserhymne vorgetragen hatte, hielt, wie „W. T. B.* meldet, der e A Magdeburg die Weiherede, die in einem Hoh auf Seine Majestät den Kaiser ausklang. Darauf fiel unter Böllerschüssen die Hülle des Denkmals, und die Versamm- lung sang die Nationalhymne. Bürgermeister Spangenberg über- nahm das Denkmal im Namen der Stadt. Mit dem Gesang der „Wacht am Nhein“ {loß der Weiheact. Als Vertreter Seiner Majestät des Kaisers und Königs wohnte der General-Adjutant Kaiser Wilhelm's 1. Graf von Lehndorff der Feier bei und legte einen großen Lorbeerkranz mit dem Namenszug Seiner Majestät anm Denkmal nieder. Unter den Ehrengästen befanden sich der Ober- Hof-Marschall weiland Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm 1. Graf von Perponcher, der Negierungs-Präsident von Tepper-Laski und der Landrath Johannes.

Bremén, 8. Mai, Der Vorsland dexr Rettungs tion Glowe (auf Nügen) telegraphirt: Am 7. Mai von der unweit Gelm bei Nordost-Sturm gestrandeten deutschen Schaluppe „Albert“, mit Steinen nah Stettin bestimmt, zwei Personen durch den Naketenapparat gerettet.

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Wien, 8. Mai. In Pest und Wien ist dem „W. T. B." zu-

folge in vergangener Nacht intensiver Landregen eingetreten.

Pest, 6. Mai. Aus zahlreichen Theilen Ungarns wird deup „W. T. B.“ Kälte, Frost und stellenweise Schneefall gemeldet.

London 7 Mal Wie elne Diese aus Dublin meldet fand gestern Abend in der Nähe des Ju stizpalastes eine Dynamit- Explosion statt. Der dur die Explosion verursahte Knall wurde dem „W. D. B.“ zufolge in allen Theilen der Städk gehört. Senstersheiben waren zertrümmert und das Straßenpflaster weithin aufgerissen. Verleßt wurde niemand. Es wird darauf hingewiesen, daß gestern der Jahrestág der im Phönixpark vollführten Attentate war.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen. Sofia, 8. Mai. (W. 2. D) Peitz Ferdiuals und Gemahlin werden am 11. Mai im Laufe des Vor- mittags in Sistowo eintreffen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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t vom 8. Mai, Morgens.

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Stationen. Wind, Wetter.

Bar. auf 0 Gr. Temperatur in 9 Celsius

u. d. Meeressp. red. in Millim.

Belmullet 3'bedeckt Aberdeen 2 heiter Christiansund 1‘wolkenlos Kopenhagen . 4|heiter Stockholm . 4 wolkenlos aparanda . a {till halb bed.

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Theater - Anzeigen. Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern-

U A Vorstellung. B e auberflöte. N cten von olfgan i D Amadeus Mort, Dichtung nach Karl Cuba J. Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: In Scene ge- | Herr Kapellmeister Federmann. (Helena: Ilka von

almay.) Vorher: Zum 6. Male: Stupida.

perette in 1 Act von Nichard E und F. 6 / irigent : err (am Schiffbauerdamm 4/9). | Fapellmeister Federmann. (Pia: Ilka von Palmay.)

Giesecke, von Emanuel Schikaneder. 1 seßt vom Ober-Regisseur Tetlaff. Dirigent: Kapell- meister Weingartner. Anfang 7 Uhr. s Theater 124. Vorstellung. Balle. Lustspiel in 1 Aufzug von Emil Pohl. In Scene gesekt vom Ober-Regisseur Max Grube. Nitouche Eingeschlossen. Lustspiel in 1 Aufzug von Karl / L d M8 Sie Saur pom E C D o.» 1\wolkenlos Max Grube. Die Schulreiterin. Lustspiel in | F ckck+. G L ; ZIE 1 Aufzug von Emil Pobl, In Stene gesee vom | Copeert-Parts Saison - Billets (berecitigend zum Ober-Negisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. f R Mittwoch: Opernhaus. 118. Vorstellung. Lohen-

Zum 450. Male: Die

Musik von Alexander Neumann. Vom landwirthschaftlichen Anfang 7 Uhr.

der Theaterkasse zu haben.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25.

Dienstag: Letzte Gastvorstellung von Jlka von i nd 9 2 s almay. Die schöne Helena. (1. Act.) Komische d G Ee S G

perette von Meilhac und Halévy. Deutsch von | Scene geseßt von

Mittwoch, Donnerstag und Freitag:

. Sonnabend: Der Zigeunerbaron. Sonntag : Eröffnung des Friedrih-Wilhemstädtishen

Adolph Ernst-Theater. 39, Male: Goldlotte. Gesangsposse in 3 Acten von

Dienstag: Zun

l dolph Ernst. Anfang 7F Uhr. Mittwoch und folgende Tage: Goldlotte. Der Sommer-Garten is} geöffnet.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes - Aus\stellunas - Park (Lehrter Bahnhof). Matmselle | Geöffnet von 12—11 Uhr.

Concerte.

Concert-Ÿaus, Leipzigerstraße 48. Dienstag, Anfang 7 Uhr: Karl Meyder-Conucert. S, und leßtex Virtuosen: Abend.

M e T8 6 heiter S 3[wolkenlös E al 2\wolkenlos winemünde | 771 5 heiter Neufahrwasser| 773 3ihalb bed. Mee 076 3/heiter

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1) Gestern Regen. ?) GesternNRegen. ?) Hochnebel. 4) Nebel. 5) Nachm. Negen.

Vebersicht der Witterung.

Das Hochdruckgebiet über Nord-Europa hat si südwestwärts nah den britischen Inseln ausgebreitet, während über Ungarn eine Depression erschienen ift, welche sich der Oftsee nähert und die demnächst in unseren Gegenden windiges Wetter mit Nieder- schlägen verursachen dürfte. In Deutschland ist das

etter in den Küstengebieten bei frishen nord- östlihen Winden heiter und meist trocken, im VBinnenlande meist trübe mit Niedershlägen. In Nordwestdeutschland ist es wärmer geworden und ift die Temperatur durchs{chnittlich normal. In Süd- deutshland dauert das kalte Wetter noch fort. In Ghemniß find 20 ecm Schnee gefallen. Herrmann- ftadt meldet 34 mm Regen und Schnee.

Deutsche Seewarte.

rin. Romantische Oper in 3 Acten von Richard Wagner. In Scene gesecßt vom Ober - Regisseur Teßlaff. Dirigent : Kapellmeister Weingartner. An- fang 7 Uhr.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). 122. Vorstellung. Vasantasena. Drama in 5 Auf- zügen von Emil Pohl, mit freier Benußung der Dichtung des altindischen Könios Sudraka. In Scene geseßt vom Ober - Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Deuisches Theater. Dienstag: Zwei glück- liche Tage. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Der Talisman.

Donnerstag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Berliner Theater. Dienstag: Der Freund des Fürsten. Anfang 7F Uhr.

Mittwoch: Graf Waldemar. (Agnes Sorma, Nuscha Bute, Ludw. Barnay, Ferdinand Suske.)

Donnerstag: Nachmittags 24 Uhr: Die Räuber. Abends 73 Uhr: Viel Lärm um Nichts, (Nuscha Se Ludw. Barnay.)

Boranzeige. Sonnabend: Zum Besten der Ver- unglückten in Zante. Neu einstudirt: Die Waise von Lowood. (Agnes Sorma, Ludw. Barnay.)

Lessing-Theater. Dienétag: Brave Leut’ vom Gruud. Anfang 7} Uhr.

Mittwoch: Brave Leut’ vom Grund,

Donnerstag: Heimath. (Leßte Vorstellung in dieser Saison.)

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg. Dienstag: Neu einstudirt: Die Sirene. (La Flamboyante.) Schwank in 3 Acten von Albin Valabrègue. In Scene geseßt von Sigmund Lauten- burg. Vorher: Nach zwei Jahreu. Lustspiel in 1 Act von Almasi Tihamér. Deutsch von Josef Jarno. Anfanq 7F Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Kroll’s Theater. Dienstag: Der Waffen- schmied. Anfang 7 Uhr.

Mittwoh: Gastspiel der Frau Moran-Olden. Fidelio. (Leonore: Frau Moran-Olden.)

Donnerstag: La Traviata. (Gemma Bellin- cioni und Roberto Stagno als Gäste.)

Victoria-Theater. Belle - Alianceftraße 7/8. Dienstag: Mit neuec Ausstattung: Die Reise unm die Welt in achtzig Tagen. Großes Ausftattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bil- dern) von A. d’Ennery und Jules Verne. Ballet arrangirxt vom Balletmeister C. Severint. e von Debillemont und C. A. Raida. Anfang 74 Uhr. U: Die Reise um die Welt in achtzig

agen.

Theater Unter den Linden. Dienstag: Zum 12. Male (vollständig neu inscenirt): Der Mikado. Burleske Operette von V. S. Gilbert. Musik von Arthur Sullivan. Hierauf: Zum 44. Male: Die Welt-Ausftellung in Chicago und Die deutsche Abtheilung in dem populären Ausstattungs - Ballet Columbia. (Wiederauftreten der Prima Bellerina Signorina Carolina Elisa, Anfang präc. 7F Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

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Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Franziska von Kierska mit Hrn. Major Graf von Schmettau (Posen—Brüssel). Frl. Margrit Vopelius mit Hrn. Lieut. Hasso von Raumer (Sulzbach—Saarbrücken). /

Verehelicht: Hr. Gerichts-Assessor Hart mit Frl.

Hedwig Nollau (Posen). Hr. Prem.-Lieut. von

Roos mit Frl. Helene Kelch (Berlin—Gr. Lichter-

elde). 3

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oscar von Asten (Eupen). Eine Tochter: Hrn. Forst-Assessor und Jagdjunker von Bassewitß (Forsthof Kaliß, ole) Hrn. Wilhelm von Veltheim (Diep» )olß). ; i

Gestorben: Frl. Marie von Cramon (Königs- D, Hrn. Landrath Carl Gi1af Platen zu Hallermund Sohn Wilken (Segeberg). Fr-

Ce Klara von Biémarck (Witten-

erg).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: :

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlage Anstalt. Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage), (8155)

und das Nummern-Verzeichnift der gezogenen Pfandbriefe der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbauk.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staais-Auzeiger.

Deutscher Neichêtag. 91. Sißung vom Sonnabend, 6. Mai, 11 Uhr.

Ueber den größten Theil der Sißzung ist bereits in der Nummer vom Sonnabend berichtet worden. Es bleibt zunächst nachzutragen die Erklärung des Staatssecretärs Freiherrn von Malßahn vor der auf der Tagesordnung als zweiter Gegen- stand stehenden zweiten Berathung der Novelle zum Militär- pensionsgesch, die folgenden von der in der Nummer vom Sonnabend gebrachten Mittheilung abweichenden Wort- laut hat.

Staatssecretär Freiherr von Malßtahn:

Meine Herren! Sie werden in dem gedruckten Bericht finden, daß beim Beginn und im Verlauf der zweiten Lesung in der Com- mission Erklärungen namens der größeren Bundesregierungen ab- gegeben worden sind, daß für den Fall, daß der Reichstag die Be- {lüsse der Commission erster Lesung acceptiren und nicht wesentlich darüber hinausgehen würde, diefe Regierungen wahrscheinlih für die Annahme der veränderten Vorlage votiren würden. In der zweiten Lesung ist Jhre Commission über die Beschlüsse erster Lesung hinaus- gegangen; es is also die Grundlage jener Erklärungen fortgefallen, und ih habe daher für diese Negierungen die volle Freiheit der Prü- fung der Beschlüsse des Reichstags und der eventuellen Beschluß- nahme vorzubehalten.

Bei der darauffolgenden zweiten Berathung des § 1 der Militärvorlage, über die gleichfalls schon berichtet worden ist, erhält nah dem Abg. E von Hornstein das Wort der

Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.). Nedner widerspriht der Behauptung des Neichskanzlers, daß die Gründe für die Vorlage von feiner Seite widerlegt seien; er versucht eine solhe Widerlegung, die aber vom Hause mit großer Unaufmerksamkeit angehört und durch vielfache Schlußrufe unterbrochen wird.

Inzwischen ist cin Schlußantrag eingegangen von den Abag. Frißen und Genossen und ein Vertagungsantrag von den Abgg. Ackermann, Freiherrn von Stumm und Holߧ- mann.

Der Vertagungsantrag wird abgelehnt.

Der Schlußantrag wird angenommen.

Abg. Nickert bemerkt, daß er durch den Schluß der Discussion verhindert sei, eine kurze Erklärung abzugeben.

Abg. Dr. Boeckel (b. k. F.) erklärt im Namen der Abgg. Werner und Zimmermann, daß fie wegen der s{chlechten wirthschast- lichen Verhältnisse gegen die Vorlage stimmen würden.

Abg. Pickenbach (b. k. F.): Ich habe im Gegensaß zu dem Abg. Dr. Boeckel zu erklären, daß meine politischen Freunde im a Nis für die Vorlage sind, obwohl uns die Steuervorlagen nicht ge- fallen.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (b. k. F.) erklärt nur für seine Person, daß er durch den Schluß der Debatte verhindert

sei, zu erklären, weshalb er für die Vorlage stimme.

Abg. Prinz Schönaich-Carolath (b. k. F.) fragt, ob auf die weitere Berathung der einzelnen Artikel eingegangen werde, und fragt, ob der Reichskanzler darauf Werth lege.

Präsident von Leveßow hält das für selbstverständlich, wenn niht etwas Besonderes sich ereignet. i

Reichskanzler Graf Caprivi: Jh habe keine Veran- lassung, darüber eine Erklärung abzugeben.

Durch die Bemerkung des Reichskanzlers ist die Debatte wieder eröffnet. Das Wort erhält der

Abg. Pickenbach, der aber verzichtet, N

Ein wiederholter Schlußantrag des Abg. Frißen-Düssel- dorf wird angenommen. L:

Der Berichterstatter Abg. Gröber berichtet darauf über die eingegangenen Petitionen.

Jn der Abstimmung wird zunächst die Regierungsvorlage gegen die Stimmen der Conservativen abgelehnt; für den Antrag Huene stimmen 162, dagegen 210, ein Abgeordneter, der Elsässer Nuhland, enthielt sich der Abstimmung. Der An- trag Huene ist also abgelehnt. Für denselben stimmen die Conservativen, die Reichspartei, die Polen und die National- liberalen geschlossen, von dem Centrum die Abgg. E von Huene, Graf Adclinann, Prinz Arenberg, Graf Ballestrem, Graf Chamaré, von Gliszczynsfki, Lender, Graf Matuschka, Nels, Freiherr von Pfetten, Dr. Porsch und von Neißenstein; von den Freisinnigen die Abgg. Broemel, Hinze, Maager, Meyer, Schröder und Dr. Siemens; von den keiner Fraction angehörenden Mitgliedern die Abgg. Ahlwardt, Liebermann von Sonnenberg, Pickenbach, Prinz Carolath, Wisser, Noesike und Thomsen. Mit Nein stimmen geschlossen die Socialdemokraten und die Volkspartei, von den Freisinnigen und dem Centrum die große Mehrheit. Außer- dem die Abgg. Dr. Boeckel, Werner, Zimmermann, Winterer, Guerber, Simonis, Lang - Schlettstadt , Johannsen und Langerfeldt.

Reichskanzler Graf von Caprivi: Jch habe dem Reichstag eine Kaiserliche Verordnung mitzutheilen:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c. verordnen auf Grund des Art. 24 der Neichsverfassung und des vom Bundesrath unter Unserer Zustimmung gefaßten Beschlusses im Namen des Reichs, was folgt :

Der Reichstag wird hierdur:h aufgelöst.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Berlin, 6. Mai 1893.

Wilhelm. Graf von Caprivi.

Auf Grund dieser Kaisectihen Verordnung erkläre ih im Namen der verbündeten Regierungen auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers die Sitzungen des Reichstags für geschlossen.

Präsident von Leveyow: Erlauben Sie mir im Augenblick der Trennung ein Wort des Dankes Er die Unterstühung und Nachsicht, die ih auch in dieser Session im «Hause überall gefunden habe. Jch danke in Jhrem und meinem eigenen Namen den Mitgliedern des Vorstandes für die treue Arbeit und für die ilfe, die sie stets bereitwillig ‘gewährt haben. Nach der Gewohnheit des Reichstags, die

Berlin, Montag, den §. Mai

hoffentlih immer bleiben wird: Der Kaifer, der uns rief und der uns entläßt, den wir lieben und verehren, der Kaiser, dem wir mit Leib und Seele auf Tod und Leven zu dicuen haben, Seine Majestät der Kaiser und König, Er lebe hoch! (Die Anwesenden stimmen begeistert dreimal in den Ruf ein.) Die Sizung ist. geschlossen.

BVrenßischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 76. Sizung vom Sonnabend, 6. Mai.

Bei Fortsezung der dritten Berathung des Gesehentwurfs wegen Aufhebung directer Staatssteuern (vgl. den Anfangsbericht in der Sonnabend-Nummer d. Bl.) wurde die Diacufsion über die 88 16, 17 und 18 verbunden.

Nah § 16 kann durch Königlihe Verordnung den Gemeinden und selbständigen Gulsbezirken die Ver- pflichtung auferlegt werden, in diesen Bezirken die Elementar- erhebung der sämmtlichen directen Staatssteuern, der Domänen-, Rentenbank- und Grundsteuer-Entschädigungsrenten, sowie die E erhobenen Beträge an die zuständigen Staatskassen ohne Vergütung zu bewirken. Ansprüche auf Grundsteuerentshädigungen an den Staat finden nah § 17 niht mehr statt. Die für die Aufhebung von Grundsteuer- befreiungen und Grundsteuerbevorzugungen geleisteten Ent- shädigungen sind an die Staatskasse zurückzuzahlen (S 18).

Abgg. Althaus (cons.) und Genossen wollen die Ansprüche auf Grundsteuerents{hädigungen bestehen lassen und die für die Aufhebung von Grundsteuerbefreiungen und Grundsteuerbevorzugungen geleisteten Entschädigungen nicht zurückgezahlt wissen.

Abg. von Bülow (cons.) {lägt für den Fall der Ablehnung des Antrags Althaus vor, nit nur die für die Aufhebung der Grund- steuerbevorzugungen, sondern aller sonstigen Bevorzugungen geleisteten Entschädigungen an die Staatskasse zurückzuzahlen. j i

Abg. Hansen (freiconf.) tritt für den Antrag Althaus ein. Bis 1860 bezw. 1870 hätten die Grundbesißer Steuerfreiheit genossen, sodann sei die Steuerfreiheit aufgehoben worden. Wenn sie jeßt zurücfzahlen müßten, was sie als Entschädigung erhalten, fo seien ste einfah um ihr wohlbegründetes Recht gekommen, und um fo mehr als die Grundsteuer nit aufgehoben , sondern auf die Communen über- tragen werde und die Möglichkeit gar nicht auêëgeschlossen sei, daß man wieder cinmal zur Einführung der Grundsteuer von Staatswegen fommen fönnte. Was den Grundbesiß des Großherzogs von Olden- burg betreffe, so stüße sih dessen Befreiung von der Grundsteuer auf Staatsverträge mit dem König von Preußen und könne daher nicht annullirt werden. L

Abg. Sattler (nl.) warnt davor, sih auf die abshüssige Bahn einer unberechtigten Bereicherung einzelner Kreise zu begeben, und bittet, bei den Beschlüssen zweiter Lesung {tehen zu bleiben.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Frage, die hier augenblicklich discutirt wird, ist in den verschiedensten Lesungen der Commission so ausführlich be- handelt, die Gründe für und gegen sind so ausführlih entwickelt, daß neues in dieser Beziehung gewiß niht mehr gesagt werden kann. Ich glaube, au der Herr Abg. Hansen hat in dieser Sache nihts Neues gesagt und au nichts Neues sagen können. Jch kann mich daher in der gegenwärtigen Lage darauf beshränken, zu erklären, daß die Staats-

regierung auf dem Standpunkt stehen bleibt, den sie in der Com--

mission eingenommen hat, daß sie sich den Commissionsbeschlüssen, die ja doch erhebliße Milderungen für die Rückzahlungs- pflichtigen enthalten, anschließt und bittet, die vorliegenden Anträge zurückzuweisen. Wir haben {hon früher dargelegt, daß es nicht wohl möglich ist, zu unterscheiden zwishen den Rückzahlungs- pflichtigen, welche ursprünglih frei waren von der Grundsteuer auf Grund singulärer Rechtstitel, und denjenigen, die auf Grund des Herkommens oder staatlicher Verhältnisse frei waren. Wir haben nachgewiesen, wie diese Fälle durcheinanderlaufen, und daß ein Heer von Streitigkeiten und Differenzen entstehen würde, wenn man hier so unterscheiden wollte; ja daß dann hier vielleiht diejenigen frei blieben von der Rückzahlung, die am ersten dazu in der Lage wären.

Was die Frage in Betreff des Großherzogs von Oldenburg betrifft, so braucht die hier garnicht entshieden zu werden. Wenn die Ausführung des Herrn Abg. Hansen richtig ist, daß es ih hier um einen Staatsvertrag handelt zwischen zwei Souveränen, fo werden ja natürli {ih andere Consequenzen ergeben, als wenn cs sih um einen Vertrag zwischen einem Souverän und einem Besißer eines großen Fideicommisses handelt. Diese Frage muß demnächst unter- sucht und geprüft werden, ihr wird hier in keiner Weise präjudicirt ; ih glaube also, an dieser Frage brauchen wir uns hier überhaupt nicht zu stoßen. Ich bitte, es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung zu belassen.

Nachdem auch der Abg. Krah (freicons.) sich für den Antrag Althaus ausgesprochen, wird derselbe ab- gelehnt. Der Antrag von Bülow wird mit 125 gegen 117 Stimmen ebenfalls abgelehnt, und die íSS 16 bis 18 werden nah den Beschlüssen zweiter Lesung un- verändert angenommen, ebenso der Rest des Gesehes

ohne Debatte.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Centr.) beantragt, die definitive S@&lu abstimmung über dieses Geseß auszuseßen, bis über das Wahlgesetz definitiv entschieden sei. 7

Abg. Sattler (nl.) erklärt sih gegen diese leßtere Voraus- lepung und nur für eine Ausseßzung der Beschlußfassung in der Sonnabendsitzung.

g. bre Eynern (nl.) weist darauf hin, daß nah der Geschäftsordnung die Aufschiebung der FBG immung nur möglich sei, wein eine Aenderung vorgenommen worden, und zwar bis die Beschlüsse dritter Lesung gedruckt vorliegen. Es sei ganz ungewöhnlich, auf Wuns einer einzigen Fraction die Schlußabstimmung über ein Gese aufzuschieben, bis ein Geseß erledigt sei, welhes mit dem vorliegenden gar nicht zusammenhäuge. Indessen könne das Haus ja von der Geschäftsordnung abgehen. N A

Abg. Frhr. von Zedli h (freicons.) will die Shlußabstimmung nux so lange aufschieben, bis das Wahlgesey aus dem Herrenhaufe ins Abe geordnetenhaus gelangt sei und hier zur Berathung gelange. Die Pn an id stebe dem Aufschub nicht t ay ¿ i

Abg. Ludowieg (nl.) kann dies niht zugeben. Man könne die definitive Beschlußfassung nicht beliebig auf Wochen hbinausfchieben.

1893.

V widersprehe dem klaren Wortlaut des § 18 der Geschäfts- ordnung.

"Präsident von Köller erinnert fih zwar keines analogen Falles, glaubt aber, daß das Haus unbedenklih die Abstimmung ausfeßen Éönne. Die Annahme des Antrags Heereman {ließe auch gar nicht aus, daß das Haus etwa nah 8 Tagen anders beschließe.

Abg. von Eynern (nl.) meint, daß wenigstens ein bestimmter Termin festgeseßt werden müsse. Er {lägt deshalb vor, die Schluß- abstimmung über dieses Gefe an -demselben Tage vorzunehmen, an dem das Wahlgeseß im Hause zur Berathung steht.

Abg. Graf Limburg - Stirum (cons.) will die Abstimmung über beide Geseße an demselben Tage vorgenommen wissen.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Centr.) ist mit diesem Antrag einverstanden.

Abg. Dr. Bachem (Centr.) knüpft seine Zustimmung zu demselben an die Vorausseßung, daß die Abstimmung über das Steuergeseß event. einige Tage später, nah Erledigung des Wahlgeseßes, vor- genommen werde.

Abg. von Eynern (nl.) hat hiernah Bedenken, den Vorschlag von Heereman überhaupt anzunehmen, denn es würde nah der Interpretation des Abg. Bachem ein Druck auf die anderen Parteien in Bezug auf die Gestaltung des Wahlgeseßes ausgeübt.

Der Antrag Heereman wird hierauf in der Form ang e- nommen, daß die Schlußabstimmung quegat wird, bis das Wahlgeseß aus dem Herrenhause an das Abgeordnetenhaus zurückgekommen ist.

Es folgt die dritte Berathung des Ergänzungssteuer- gesetzes. Jn der Generaldiskussion äußert der

Abg. Schröder (Pole) Bedenken gegen die Annahme des Geseßes in der vorgeschlagenen Form, und tadelt namentlih die nah seiner Meinung mit dem Geseße verbundenen Verationen und das Ein- dringen in die Privatsteuerverhältnisse der Censiten. Die definitive Entscheidung über das Gesey müsse seine Partei sih bis nach Er- ledigung des Wahlgeseßes vorbehalten.

Jn der Specialdiscussion werden sodann die §8 1—3 ohne Debatte angenommen.

Nach 8 4 der Commissionsvorlage sind von der Besteue- rung ausgeschlossen die in anderen deutschen Bundesstaaten oder in einem deutshen Schußgebiet belegenen Grundstücke, sowie das den Betrieben der Land- oder Forstwirthschaft, des Bergbaues oder eines stehenden Gewerbes in anderen deutschen Bundesstaaten oder in einem deutshen Schußgebiet dienende Anlage- und Betriebskapital; nah der Regierungsvorlage sollen die auyerhalb Preußens belegenen Grundstüke u. #. w. steuerfrei sein.

Abg. Bösöttinger (ul.) beantragt, die Regierungsvorlage wieder- herzustellen.

Die Abgg. Freiherr von Zedliß (freicons.) und Krause (nl.) wollen die Steuerfreiheit nur insofern zugestehen, als die Besißer der erwähnten Grundstücke, Kapitalien u. |. w. niht des Erwerbes wegen in Preußen wohnen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich lasse die Frage, ob die Vermögenésteuer eine Objectsteuer is, wie die einen sagen, weil sie sich unmittelbar an die Objecte anknüpft, oder ob sie eine Personalsteuer ift, weil sie nah dem Einkommen bemessen werden soll, nach) den Gegenständen, die der Schäßung bei der Steuer unterliegen, unerörtert. Persönlich stehe ih und scht auch wohl die Staatsregierung auf dem Standpunkt, daß es sih hier nicht um eine Objectsteuer, sondern um eine Personal- steuer handelt, und von diesem Standpunkt aus muß man zugeben, daß die Beschlüsse der Commission theoretisch correcter sind als die Vorlage der Staatsregierung. Aber, meine Herren, diese theo- retishe Correctheit kann doch in der Geseßgebung nicht immer entscheidend sein: Wir sind wesentliÞ davon ausgegangen, daß wir hier cine Vermögenssteuer einführen an Stelle der Realsteuern, für den Erlaß der Realsteuern. An die Stelle einer Bruttosteuer „soll eine Nettosteuer treten. Das findet bei den Grundstücken, die außer- halb der preußischen Grenze liegen, nicht statt; sie waren bisher den preußishen Nealsteuern niht unterworfen. Sie sind aller Wahr- \cheinlihkeit nah nah der Steuerverfassung fast aller Länder, wenn fie wenigstens in Europa liegen, den Realsteuern der anderen Staaten unterworfen. Wir haben es unter diesen Umständen für billig ge- halten, diese Grundstücke, die in derselben Weise und wahrscheinlich sogar noch viel höher denn die Grundsteuer besteht in fast allen europäischen Staaten mit Ausnahme von England als die preußi- {en belastet sind, nicht noch mal heranzuziehen.

Daneben is auch praktisch weiter in Erwägung zu ziehen, daß in sehr vielen Fällen, namentlih bei den der preußischen Grenze entfernt liegenden Besißungen man braucht noch nicht einmal an das Vor- fommen der außereuropäischen, überseeischen Besißungen zu denken die Schäßung dieser Grundstücke so unsiher und s{chwierig ist, daß man gegenüber den geringen Erträgèn es kann ja doch nah Maß- gabe des ein halb pro Mille diese Steuer auf die auswärtigen Grundstücke nur geringe Erträge bringen lieber diese Schwierigkeit vermeidet.

Also, wir halten im vorlage aus diesen Gründen fest. erkennen, daß diese Erwägungen ja auch diejenigen Gegen- gründe haben, welche eben von dem Herrn Abg. Dr. Krause vorgeschlagen sind, und eventuell allerdings würde die Staats- regierung den jeßt gestellten Vermittlungsantrag lieber nehmen, 'als den Beschluß der Commission. Das glaube ih allerdings, meine Herren, daß wir doch praktisch ein erheblihes Jnteresse baben bei dem heutigen Verkehrswesen, bei dem Durcheinander- wohnen der Menschen, bei der Thatsache, daß eine große Anzahl wohlhabender Ausländer sich hier aufhält, die. sehr wohl in der Lage sind, einen beliebigen andern Wohnsiß außerhalb Preußens zu nehmen daß ein erheblihes Gewicht darauf zu legen ist, nit mit kleinen Schwierigkeiten, die doh keine großen Erträge bringen, derartige Ausländer, die in Arnerika, in überseeischen Ländern Be» situngen haben, Gewerbe treiben oder Grundbesißüngen haben, die mit dieser Steuer zu beschweren. Insofern diese Ausländer hier Gewerbe treiben, nehmen sie den Charakter der Jn- länder an, sodaß sie sich nicht beklagen können, daß sie dann wie Jn- länder behandelt werden. Daß man aber diejenigen Ausländer, die hier gewissermaßen als Rentiers leben, hier ihr Geld verzehren und das ebenso gut anderswo thun könnten, etwas anders behandelt, da sie

großen und ganzen die Regierungs- Ih muß allerdings an-