1893 / 117 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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Baden.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog war, wie „W. T. B.“ meldet, wegen einer Unpäßlichkeit gestern ge- nöthigt, das Zimmer zu hüten. H

Die „Karlsruher Ztg.“ schreibt: „Die Rede Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs bei dem Militär- vereinsfest in Heidelberg am 14. d. M. (vergl. Nr. 114 d. „N.- u. St.-A.“) wird in einem großen Theil der Presse in entstellter Form wiedergegeben. Dabei wird unter anderem berichtet, der Großherzog habe ausgesprochen, „nicht viele aber gute Soldaten brauche man“, „mit der Güte erreiche man mchr als mit der Zahl“ 2c. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß diese Berichte gänzlih mißverstanden und irre- leitend sind. Wir hoffen in der Lage zu sein, den authentischen Text der Nede demnächst zu veröffentlichen.“

Hessen.

Der Erlaß, durch den von Seiner Majestät dem Kaiser von Oejterreich Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, wie bereits unter „Oesterreih-Ungarn“ mitgetheilt wurde, die Oberst-Jnhaberstelle des K. u. K. Vesterreichishen Jnfanteriec- Regiments Nr. 14 übertragen worden is}, hat nach der „Darmst. Ztg.“ folgenden Wortlaut :

Durchlauchtigster, freundlih lieber Vetter und Großherzog !

Mehr als 40 Jahre genießt Mein Infanterie-Regiment Nr. 14 die Auszeichnung, den Namen des Erlauchten Geschlehts zu führen, welchem Eure Königliche Hoheit vorstehen.

Unter demselben hat das Regiment vielfaß Meine Anerkennung zu erwerben gewußt und es waren alte, Mir liebgewordene Erinne- rungen, welche in Mir bisher den Wunsch rege bleiben ließen, dem ausgezeichneten Regiment diesen Namen zu erhalten. |

Seit dem betrübenden Hinscheiden Eurer Königlichen Hoheit Durchlauchtigsten Herrn Vaters i} dasselbe cinem Inhaber nicht wieder verliehen worden, und es gereicht Mir zur besonderen Freude, den gegenwärtigen Anlaß wahrnehmend, Eure Königliche Hoheit zum Oberst-Inhaber Meines Infanterie-Regiments Nr. 14 zu er- nennen.

Fch gebe Mich der Hoffnung hin, daß Hochdieselben hierin einen Beweis Meiner unverändert warmen Gesinnungen für das Groß- herzoglihe Haus zu Hessen erblicken mögen, und verbleibe in voll- fommener Hochachtung

Wien, am 15. Mai 1893. |

Eurer Königlichen Hoheit gutwilliger Vetter Pans O eD h.

Oesterreich-Ungarn.

An dem gestrigen Déjeuner bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß nahmen, wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, der Großherzog von Hessen, der Herzog und die Her- zogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, sowie der bisherige englishe Botschafter Sir A. B. Paget nebst Ge- mahlin theil. Der zu Ehren des Großherzogs auf der Schmelz angeordneten Truppenrevue wohnten außer dem Großherzog der Kaiser, die in Wien anwesenden Erz- herzoge und der Sultan von Johore mit Gefolge bei. Im Gefolge des Kaisers befanden sih der Kriegs-Minister und sämmtlihe Militär - Attahés. Gestern Nachmittag war der Großherzog mit dem Herzog und der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, dem bisherigen englischen Botschafter Sir Paget und dem Militärattaché der deutschen Botschaft Obersten von Deines bei einer ihm zu Ehren veran- stalteten Festlichkeit in der spanischen Reitshule zugegen. Später fand bei den Kaiserlihen Majestäten in der Hofburg zu Ehren des Großherzogs ein Galadiner statt, an welchem die Erzherzoge und die Erzherzoginnen, der Prinz von Schaumburg-Lippe, der Sultan von Johore, der deutsce Botschafter Prinz Reuß mit Gemahlin und dem Botschafts- personal, die Reichs -Minister, der Minister-Präsident Graf von Taaffe mit den österreichischen Ministern, das Gefolge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften und der Ehrendienst theilnahmen. Der Kaiser brachte bei der Tafel einen Toast auf den Großherzog von Hessen aus, und der Großherzog erwiderte mit einem Toast auf den Kaiser. Abends wohnten der Kaiser und der Großherzog der Opernvorstellung bei. Nach dem Theater nahm der Großherzog bei dem Erzherzog Carl Ludwig den Thee ein. Der Großherzog hat seine Abreise verschoben und wird sih am Freitag nach Linz begeben, um das ihm verliehene Regiment zu inspiciren.

Der niederösterrcichishe Landtag begann gestern die Berathung des Armengeseßes. Die Antisemiten hatten sih, wie „W. T. B.“ berichtet, während der Berathung ent- fernt und erschienen erst nach der Annahme des Gesetzes wieder. Sodann genehmigte der Landtag die Vorlage, be- treffend eine Subvention von 12000 Gulden für die Aus- arbeitung eines technisch und finanziell geeigneten Prozects für den Donau-Moldau-Elbe-Kanal.

DeroberösterreichisheLandtag beschloß, wie,,W.T.B.“ aus Linz meldet, anläßlih des Verbots der Militärbehörden bezüglich der Theilnahme von Einjährig-Freiwilligen UND Neserve-ODffiztieren qn studentichen VeL- bindungen in seiner gestrigen Sißung einstimmig: „die Regierung aufzufordern, derartige Uebergriffe der Militär- Paltere auf das Gebiet der Staatsbürgerrechte streng hintanzu-

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Im ungarischen Unterhause hat, wie schon gestern unter den leßten Depeschen mitgetheilt wurde, der Cultus- Minister unter den lebhaften Ovationen des ganzen Hauses

cinen Gesezentwurf über die freie Religionsübung-

eingebraht. Dieser Gesetzentwurf bestimmt nah den Mel- dungen des „W. T. B.“ aus Pest im wesentlichen Folgendes: Jede Religion darf frei bekannt und geübt werden innerhalb der durch die Sittengeseßze gezogenen Schranken. Zu einer religiösen Lis darf niemand gezwungen werden. Die Beschränkungen in der Amtsbefähigung durch die Religion werden abgeschafft. Kirchlihe Strafen dürfen wegen Befolgung geseßlicher Bestimmungen nicht ver- hängt werden. Jede Chnfession kann unter Einreichung detaillirter Vorschriften um die geseßliche Recipirung einkommen, worauf dieselbe mit den anderen Religionen gleichberechtigt ift. Die Kirche darf keine körperliche, keine Gefängniß- oder Geld- strafe verhängen und darf Grundbesitz nur zu kirhlichen undSchul- zwecken erwerben. Die Geistlihen müssen Ungarn sein und eine in Ungarn anerkannte Befähigung besißen. er Minister kann die Entfernung der Geistlihen wegen e E e ver- langen. Sollte die Gemeinde nicht gehorchen, fo wird sie auf- Mehrere Gemeinden müssen eine höhere Organisation

gelöst. Baden, welche sie der Behörde gegenüber vertritt, doch darf das

Oberhaupt kein Ausländer oder keine ausländische Behörde sein; auch darf die Kirhe von keiner ausländischen Person oder ausländishen Behörde abhängen. Die Regierung wacht über die ordentlihe Gebarung und Einhaltung der Statuten. Wer confessionslos wird, muß zuvor die Rückstände bei der Confession, der er früher angehörte, beglihen haben. Auch die Confessionslosen sowie die Fremden dürfen sih zu gemein- samen Neligionsübungen vereinigen. Das Unterhaus nahm gestern die Wahlen für die Delegationen vor und beschloß, keine meritorishen Sißzungen mehr abzuhalten. Der Präsident wurde unter lebhasten Eljenrufen ermächtigt, dem Kaiser zu seinem Geburtsfest die Glückwünsche des Hauses zum Ausdru zu bringen. :

Die gestrige Sizung des böhmischen Landtags nahm einen äußerst stürmischen Verlauf. Beim Beginn der Sihung fehlten, wie „V, L. B.“ qus Prag berichtet, die All- czechen wie die Jungczehen; sie nahmen ihre Pläße erst ein, nachdem durch Auszählung die Beschlußfähig- feit des Hauses festgestellt worden war. Die Jung- czehen verlangten hierauf die Abseßung der Vorlage, betreffend die Errichtung eines KreisgerichtesinTrautenau, von der Tagesordnung, da das czechishe Volk in dieser Vor- lage ein Hinarbeiten auf die Theilung des Landes erblicke. Die Weigerung des Oberst-Landmarschalls, welcher erklärte, die Majorität des Landtags repräsentire geseßlich das ganze Land, rief cine längere, stürmishe Bewegung hervor. Die Jung- czehen entrissen den Stenographen die Stenogramme und drangen auf den Referenten Funke ein, welcher mit der Ver- lesung des Commissionsberichts begann. Die Deutschen eilten zu seinem Schuß herbei und schaarten sih um die Tribüne. Von allen Seiten erschallten heftige Rufe und Gegenrusfe. Der Oberst-Landmarschall verließ seinen Plaß und sodann den Saal, in welchem der Tumult fortdauerte. Nach einiger Zeit fehrte er zurück und erklärte die Sißung für geschlossen. Die Deutschen, die Altczehen und die Vertreter des Groß- großgrundbesizes verließen hierauf ebenfalls den Saal, in welchem die Jungczechen in heftigster Erregung zurükblieben. Der Statthalter erhielt noch gestern die telegraphische Mit- theilung, daß der Landtag auf Grund Allerhöchster Er- mächtigung geschlossen ist. Das Organ der Altczechen, der „Hlas Naroda“, tadelt die gestrigen Vorgänge im Landtag als der Würde des Landtags nachtheilig und als unheilvoll für die Nation und das Vaterland. Der Altczeche Mattusch hat sein Landtagsmandat niedergelegt.

Großbritannien und Jrland.

Aus der Sißung des Oberhauses vom Dienstag wird der „Weser Ztg.“ noch über eine Anfrage des Herzogs von Norfolk an den Earl Rosebery berichtet, durch die der Herzog zu erfahren wünschte, wann der. Bericht des Capitäns Macdonald über Uganda zu erwarten sei, wie weit sich der Bericht erstrecken werde und welche Schriftstücke die Negierung im Parlament darüber vorlegen werde. Der Minister des Aeußern erwiderte, daß es keine ungelegenere Zeit zur Er- örterung der Angelegenheiten Ugandas geben könne als die gegenwärtige. Wann der Bericht Capitän Macdonald's ein- gehen werde, könne er nicht sagen; bis jeßt besiße die Regie- rung keinerlei auf die Mission bezügliche Schriststüe.

Jn seiner gestrigen Sißung genehmigte das Unterhaus, wie ein Wolffshes Telegramm meldet, nach dreistündiger Debatte den zweiten Paragraphen der Homerule-Bill einshließlih des vorher angenommeyen Zusaßzes von Henry James, wonach die oberste Gewals- des RNeichs-Parlaments ungeschmälert bleiben soll, mit 287 gegen 225 Stimmen, nachdem zuvor der Schluß der Debatte mit 281 gegen 220 Stimmen angenommen worden war. G oschen beantragte die Vertagung der Debatie, um gegen den Debattenschluß zu protestiren, da die Opposition keine Gelegenheit gehabt habe, auf die ministerielle Nede zu antworten. Der Antrag wurde jedo mit 299 gegen 244 Stimmen verworfen. Die Fortsezung der Debatte über die Homerule-Bill wurde dann bis zum 30. Mai vertagt.

Frankreich.

Wegen des Unwohlseins des Präsidenten Carnot fand, wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Paris geschrieben wird, am Dienstag an Stelle des Ministerraths im Elysée-Palast ein Cabinetsrath im Ministerium des Jnnern statt. Der Finanz-Minister Peytral theilte seinen Collegen mit, wie er die bisherige Thür- und Fenstersteuer durh eine Erhöhung der Grundsteuer zu erseßen gedenke, nämlich im Verhältniß von 2,40 Proc. des Einkommens für die Städte, die unter 10 000 Einwohner zählen, 2,30 Proc. für die Städte von einer Einwohnerzahl zwischen 10 000 und 40 000, 2,20 Proc. für Städte von einer Einwohnerzahl zwischen 40 000 und 100 000 und 1,5 Proc. für die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Wenn die im Finanzgesey für 1893 ange- nommene ähnliche Bestimmung ede hn würde, dann hätte die Stadt Paris eine Erhöhung der Thür- und Fenstersteuer um 93 und die Stadt Ajaccio eine solhe von 200 Proc. zu tragen gehabt; deshalb sehe sih der Minister veranlaßt, oben- erwähnte Stufenleiter herzustellen.

Die Familie des französischen Konsuls in Tripolis wurde, wie „W. T. B.“ nah einem Reuter’schen Telegramm meldet, am Dienstag auf einer Spazierfahrt von einer Schaar Eingeborener insultirt und mit Steinen beworfen. Der Kavasse des Konsulats ergriff den Haupträdelsführer:; ein türkischer Offizier trat jedoh zu seinen Gunsten dazwischen. Der Konsul verlangt Genugthuung.

Jn der Petroleum-Raffinerie zu Aubervilliers hat die Polizei 20 Dynamitpatronen entdeckt. Die Fabrik- besiger stellen jede Kenntniß davon in Abrede.

Pariser Blätter veröffentlihen eine Depesche, welche die siamesishe Gesandtschaft aus Bangkok erhalten hat und in der berichtet wird, daß der gemeldete Kampf zwischen Franzosen und Siamesen (vgl. Nr. 114 d. Bl.) am 3. Mai in der Nähe des Mekong stattgefunden haben soll. Eine Abtheilung französisch-anamitisher Truppen, die einen Stamm der Laos angegriffen habe, sei zurückgeshlagen worden, wobei mehrere französische Offiziere und viele anamitische Sol- daten getödtet wurden. Der Commandirende der französischen Abtheilung, Capitän Thoreux, sei von den Laos g nen genommen worden, werde jedoch respectvoli behandelt. Man befürchtete weitere Unruhen infolge des Vormarsches der vom General-Gouverneur Lanessan abgesandten Truppen. Die Stämme, um die es sih hierbei handelt, haben eine be- fondere Kampfesweise und sollen, wenn sie beunruhigt werden, sehr zu fürchten sein. Jn der siamesishen Gesandtschaft ist man, wie hinzugefügt wird, überzeugt, daß die Regierung von Siam die huldigen Laos-Leute bestrafen werde.

Ftalien.

Der Senat hat gestern seine Sißungen wieder auf- genommen. Auf der gestrigen Zagesa Sang stand das Ge- 4 betreffend die Maßnahmen hinsihtlih der Civil- und Militärpensionen. Der Schaß-Minister Grimaldi bat um die Eröffnung der Debatte über den von der Kammer ge- nehmigten Text der Regierungsvorlage und erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, die Regierung sei geneigt, eine beträcht- lihe Anzahl der von der permanenten Finanzcommission ge- machten Vorschläge als Amendements zu dem Geseßentwurf anzunehmen. Darauf folgte die Verlesung der Vorlage.

Numüänien.

Das gestern erschienene „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Schreiben des Königs an den Minister-Präsidenten Catargi, worin der König zugleih im Namen der Königin seiner Theilnahme für die durch die Uebershwemmung Geschädigten Ausdruck giebt, zur Hilfeleistung auffordert und anordnet; daß der für das Nationalfest am 22. Mai be- stimmte Betrag an die Geschädigten vertheilt werde. Dem Hilfscomité, das unter dem Vorsiß der Präsidenten des Senats und der Kammer sowie des Maire von Bukarest sich gebildet hat, ließ der König den Betrag von 30 000 Fr. zu- gehen. Der Mäire von Bukarest hat für die Uebershwemmten Wohlthätigkeitsfeste veranstaltet.

Bulgarien.

Die Sobranze beendete laut Meldung des „W. T. B.“ aus Tirnowo gestern ihre vorbereitenden Formalitäten und wählte sodann das Bureau sowie den Verifications- und Adreßaus\chuß.

Wahlangelegenheiten.

Für den 17. sächsischWen Wahlkreis Glauchau - Meerane ist Bürgermeister Dr. Boehme-Freiberg als Candidat der National- liberalen, Conservativen und Deutschsocialen aufgestellt.

Wie „W. T. B." aus Karlsruhe meldet, erläßt die dor- tige Centrumsl eitung eine Erklärung, woenah sie darauf ver- zihtet, gegen den Decan Lender im 8. badischen Wahlkreis einen Candidaten aufzustellen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Wirthschaftlicher Aufschwung.

Die Lage der Industrie und des Handels hat im leßten Quartal im Negierungsbezirk Frankfurt einen erfreulihen und überrafchenden Aufschwung erfahren. Seit dem Ende des Jahres 1892 gingen aus dem In- und Auslande die Aufträge so zahlreich ein, daß ein großer Theil der Fabriken genöthigt war, mit UÜeberstunden zu arbeiten. Dieser plößlihe Mehrbedarf an Waaren is zum theil. dadurch zu erklären, daß während der andauernden gedrückten Geschäftslage in den Vorjahren die Bestellungen zu sehr eingeshränkt und die Waarenlager unzureichend ergänzt worden waren, sodaß sie bei dem gleichzeitigen Wechsel der Saison den Ansprüchen nicht mehr genügen konnten. Die größere Nachfrage in den Fabriken hat allerdings nicht stets auch eine Steige- rung der noch immer gedrückten Preise zur Folge gehabt, worüber vielfa getlagt wurde. Neuanlagen sind niht in Angriff genommen worden. Vergrößerungen fanden mehrfah durch Beseßung und Inbetriebnahme von bisher leerstehenden Arbeitsräumen statt. Vlar?ébseinstellungen und Arbeiterentlassungen sind nicht vorgekommen, mehrfah war Arbeitermangel fühlbar. Aus- standsbewegungen traten niht hervor. Die Tuchindustrie hatte mit wenigen Ausnahmen sehr bedeutende Aufträge zu verzeichnen und war genöthigt, diese, soweit als überhaupt möglih, unter Zuhilfe- nahme von UÜeberstunden zu erledigen. In verschiedenen Tuchfabriken ist der Betrieb durch Pachtung von auswärtigen Arbeitsräumen und Webestühlen wesentlich vergrößert worden. Erfreulicherweise hat das Exportgeschäft von Damen - Mäntelstoffen auch nah Nord - Amerika wieder zugenommen. Das neue Saisongeschäf® in Wollhüten war ein befriedigendes, und die Leinenindustrie wieder mit guten Aufträgen aus Nord-Amerika und aus dem Inlande versehen. Aeußerst {wunghaft gestaltete sih der Betrieb der Sommerfelder Dam pfziegeleien. Kleinhandel und Kleingewerbe dagegen zeigen noch immer wenig Leben. Davon gab auch die Frank- furter Neminiscere-Messe, die bei mäßigem Besuhe im ganzen still verlief, ein überzeugendes Bild.

Schiffbarmachung der Lippe.

In Dortmund tagte gestern der Aus\{huß des Vereins für Schiffbarmachung der Lippe unter Theilnahme des Negierung®- Präsidenten Schwarzenberg in Münster, Ehrenmitgliedes des Bereins. Die Sißung war zahlrei besucht. Wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, wurde beschlossen, die auf 30 000 M veranschlagten Kesten der Vorarbeiten für die Lippe: Kanalisation durch Beiträge der Mit- glieder aufzubringen und dem Minister zur Verfügung zu stellen. Bon allen Seiten wurde dazu die größte Bereitwilligkeit erklärt. Der Verein verfügt über nahezu 8000 4 Jahresbeiträge dex Mit« glieder. Die Generalversammlung wurde auf den 17. Juni in Dort- mund anberaumt.

l Zur Arbeiterbewegung. i _In Essen fand, wie die „Nhein.-Westf, Ztg.“ bertchtet, anm Dienétag eine \socialdemokratishe Versammlung statt, in

der vor etwa 120 Theilnehmern ein Vortrag gehalten wurde über die

Lage der im Brauercibetriebe beschäftigten Arbeiter. Hierbei wurde auch die Lohnbewegung der Brauergehilfen in der Essener Actien-Brauerei (vgl. Nr. 115 d. Bl.) in Betracht gezogen. Die Versammlung faßte eine Entschließung, in der sie sich mit den zwanzig aus\tändigen Brauern s\glidarisch erklärte, weil sie die For- derungen der Gehilfen als gereht anerkenne. / În Jersitz bei Posen legten, wie im „Vorwärts" mitgetheilt. wird, die Tabackarbeiter der Schubert’schen Sigartenfabrit am Sonnabend wegen Lohnherabseßzung die Arbeit nieder. Im Aus- stand befinden sich 56 Personen, von denen die meisten verheirathet sind. Aus Haynau wird dex „Schl. Ztg.“ geschrieben, daß die dor- tigen Hand\chuh macher vor einiger Zeit ihre Arbeitgeber ersucht hâtten, den Schnittlohn für ein Dußend Handshuhe um 20 zu erhöhen. Sie seßten eine Commission ein, welhe mik den Arbeitgebern über diese Lohnerhöhung unterhandeln sollte. Die Commission kam zu der Ueberzeugung, daß augenblidcklid) jene Forderung unerfüllbar sei, da die Arbeitgeber bei allen thren Lieferungsabshlüssen für dieses Jahr den alten Lohnsay in Anrechnung gebracht haben. Die Commission der Arbeiter war deshalb zufrieden, als die Arbeitgeber sich bereit erklärten, für ein Dußend mehrknöpfige Handschuhe 10 4 Schnittlohn mehr zu zahlen. Das genügte jedoch der Arbeiterschaft nit, und die alte Lohn- commission wurde dur eine neue erseßt, welhe den Auftrag erhielt, die zur Erlangung des höheren Lohnsaßes nöthigen Schritte zu thun und den Arbeitgebern anzukündigen, daß der größte Theil der Handschuh- macher gewillt fei, die Arbeit niederzulegen, falls ihr Wunsch nicht innerhalb vier Wochen erfüllt werde. i | In Brünn befinden sid, wie im „Vorwärts“ mitgepen wird, alle in der E gn Arbeiter und Arbeiterinnen feit Montag im Ausstande. Die Zahl der Ausständigen wird mit ° Als Ursachen des Ausstandes werden u! a. die Lohn-

j

angegeben.

ogar die

verhältnisse und zu lange Arbeitszeit genannt. Die Ausständigen fordern namentli 25 9/6 Lohnerhöhung, Herabseßung der Arbeitszeit auf 10 Stunden täglih und Abschaffung der Sonntagsarbeit.

Aus Hull meldet ein Wolff’ hes Telegramm: Der Bürger- meister verlas in der gestrigen geheimen Sißung des Rheder- bundes ein Schreiben des Arbeiterführers Tillet, Inhalts dessen die Ausständigen die Bedingungen des Rhederbundes annehmen. Der Rhederaus\{chuß wird morgen mit dem Strikeaus\huß die Einzelheiten verhandeln.

Kunst und Wissenschaft.

Der Geheime Regierungs-Rath, Professor Dr. Konrad Schott- müller, vortragender Rath im Ministerium der geistlichen 2c. An- gelegenheiten, ist am Dienstag im Alter von 52 Jahren gestorben. Als Sohn des Professors Schottmüller am 23. September 1841 zu Berlin geboren, war er, wie wir der „Nat.-Ztg.“ entnehmen, zuerst längere Zeit als Lehrer der Geschichte an der Haupt-Cadetten-Anstalt in Groß-Lichterfelde thätig und wurde 1888 vorsitßender Secretär des Königlich preußishen historishen Instituts in Rom. An. der Schul- reform nahm er bemerkenswerthen Antheil und wurde am 9. Juli 1891 als vortragender Nath in das Cultus-Ministerium be- rufen. Schon seit mehreren Monaten trat bei ihm ein s{weres Nierenleiden hervor, dem er gestern erlegen is. Von seinen historischen Werken sind zu nennen: „Entstehung des Stammherzogthums Bayern“ (1868), „Deutsches Städteleben im Mittelalter“ (1873), „Die Schlacht von Fehrbellin“ (1875), „Geschichtlihe Entwickelung der Wasserläufe" (1879), „Friedrih Wilhelm 1.“ (1882), „Der Untergang des Templer- ordens“ (1887).

+# Walter Crane ist in Berlin von der internationalen Kunst- auéstellung des Jahres 1891, wo er zwei seiner originellen Schöpfungen „Die eilenden Stunden“ und die Landschaft „Dunstanborough-Castle“ ausgestellt hatte, in guter Erinnerung. Gleichwohl überrascht die im Lichthof des Königlichen Kunstgewerbe-Museums gegen- wärtig veranstaltete Sonderausstellung seiner Werke, welche neben einzelnen Gemälden seiner Hand namentlich eine Fülle von decorativen Entwürfen und Buchillustrationen umfaßt, durch die Eigen- art und den Neichthum des hier fich offenbarenden Könnens auch den- jenigen, dem die zahlreihen Buchillustrationen des Künstlers und ihr markiger Stil bereits bekannt war. Walter Crane ist einer der energisc{sten Vertreter jener archaisirenden Kunstrichtung, die seit der Mitte unseres Jahrhunderts in England si unter dem Namen des Praeraphaelis- mus Geltung verschafft hat. Das Studium der italienischen Früh- renaissance, der Werke der Vorläufer Naffael’s, bildet den Ausgangs8- punkt dieser Strömung, als deren künstlerischer Bahnbrecher Dante Gabriel Nosetti gelten kann, während ihr literarisher Anwalt, der bekannte englishe Kunstschriftsteller Ruékin diese Bestrebungen mit glühender Beredsamkeit vertheidigte. Das seltsame Phänomen des Praecaphaelismus bedeutet indeß keineëwegs eine Modeschrulle des englishen Eeschmacks, vielmehr liegen Mer Me Une De 1e aud U bem Continent mebr und mehr sich ausbreitenden Neuidealismus. Die den Prae- raphaeliten eigene strenge, gebundene Linienführung, der Sinn für un- gebrodhene leuhtende Localfarben, die Vorliebe für tiefsinnige Allegorie fommt auh in Crane’s Schaffen voll zum Ausdruck. Das seiner Entstehung nah früheste Bild unserer Ausstellung mit dem Motto „Amor omnia vincit“ muthet uns fast wie die Copie eines Filippino Lippi an; die braunen Fleishtöne in dem phantastish - un- heimlichen Râthsel der Sphinx geben gewissermaßen Patina altflorentiner Bilder wieder; die auch gegenständlich der italienishen Frührenaissance angehörenden Frauengestalten Laura und Fiametta mit ihrem fstill-ernsten Ausdruck, dem nur wenig moderne Sentimentalität beigemisht it, offenbaren die ganze Inbrunst eines zeitgenössifchen Malers. Troß der harten Umrißzeihnung und der herben Stilisfirung, die jede Unmittelbarkeit des Ausdrucks zu hemmen scheint, überraschen die Gemälde Crane?s dur ihre vornehme Gesammthaltung in coloristisher Beziehung, das diécrete Farbengefühl und den Adel keusher Empfindung. In leßterer Hinsicht ist besonders das Rittermärchhen „La belle dame sans merci“ beachtenswerth.

Weit fruchtbarer noch als der Maler zeigt sich uns der Zeichner Crane. Als Sohn eines Miniaturmalers 1845 in Liverpool geboren, dann längere Zeit in Linton's Meisteratelier als Holzschneider be- schäftigt, beherrscht er in seltener Weise auch die handwerklichen Grund- lagen seines Berufs. Die knappe Formenandeutung in gebundener Uniensprache kommt den Zeichnungen für den Holzschnitt ganz be- sonders zu gute. Da * begegnen uns în buntem Wechsel Kopfleisten, Culs de lampe, Signetten und andere Orna- mente der Buchauéstattung, f}stets mit inniger Beziehung auf den Inhalt des mit ihnen ges{chmückten Werks und seiner einzelnen Theile. Auch Weihnachtskarten, Prlacate, Adressen und Kalender hat Crane in großer Zahl entworfen. Auf rein decorativem Gebiet begegnen wir ihm in seinen Tapetenmustern, Vor- lagen für plastishes Ornament und Mosaikmalerei. Ueberall geist- reiche Verwerthung der bald der Natur bald der Antike entlehnten Motive, feinfühliges Maßhalten in der Zusammenstellung, Nhythmus und Schwouna der Linienführung. Aber auch auf dem Gebiet der eigentlid)en Buchillustration hat Crane Bedeutendes geleistet; wir nennen von seinen zahlreihen Bilderbüchern, welche die Bibliothek des Kunstgewerbe-Museums großentheils besikt, nur die Grimm’schen Kindermärchen, die ganz antiken Geist athmenden Echoes of Hellas die Abc- und Kinderbücher die sogenannten Shilling-books und launigen Zeichnungen zu „Mrs. Mundi at home“, Namentlih auch auf den farbigen Holzschnitt hat Crane’s Schaffen befruhtend ein- gewirkt; seine Verbindung mit dem auszezeidzneten Holzschneider und Drucker Cdmund Evans is für die Regeneration des englischen Jllustrationsverfahrens von großer Bedeutung geworden. In den Farbenzusammenstellungen der polychromen Holzschnitte, deren Original- vorlagen in großer Zahl ausgestellt find, ift ein Einfluß der japanischen Kunst und ihrer kräftigen Farbenfreude unverkennbar. Der Verwaltung des Kunstgewerbe-Museums gebührt für die viel- seitig anregende Darbietung dieser Werke warmer Dank.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Nußland.

__ Ueber die Ernteaussichten in B läßt sich zur Zeit auch nicht annähernd ein abschließendes Urtheil fällen, da infolge des außer- gewöhnlih langen Winters Nachrichten über den Saatenstand eines großen Theils von Nußland nur spärlih vorliegen und dieselben sich häufig widersprehen. Indessen dürfte feststehen, daß die Frühjahrsfröste im Süden und Südwesten des Reichs großen Schaden angerichtet haben. Besonders hat der Weizen gelitten, während Roggen, namentlich früh ge- säeter, sih im allgemeinen besser gehalten hat. Vornehmlich sind es die Gouvernements Kiew, Podolien und Wolhynien, aus denen die Nachrichten ungünstig lauten ; aber auch aus anderen Gegenden des südlihen und südwestlihen Rußlands wird über den Verlust der Wintersaat und die Nothwendigkeit der Neubestellung der Felder ge- Uagt, die auf große Schwierigkeiten ößt, da die Vorräthe an Ge- treide für die Sommeraussaat in vielen Bezirken gering sind. Außer- dem macht sich Mangel an Viehfutter fühlbar.

Im einzelnen ist Polgeneee zu bemerken:

In Liv- und Kurland sind die Saaten infolge kalter Witte- rung stark zurückgeblieben. Man fürchtet, det ‘die Nachtfröste und anhaltenden kalten Winde den Winterfeldern chädlich gewesen sind.

Gbenso ist in Polen die Vegetation wegen Negenmangels und andauernd kalter Witterung in der Entwickelung zurückgeblieben, doch aben die Wintersaaten bis jeßt noch keinen ernsten Schaden ge- nommen, Die Frühjahrsbestellung ist fast überall beendet.

Gie elbe gilt von den Gouvernements Wilna, Kowno und n9o.

Die Central-Gouvernements lagen Anfangs dieses Monats großentheils noch unter Schnee. Durch die ungewöhnlich lange Dauer es Winters Me der Beginn der Sommeraussaat verzögert werden.

In dem District von Rostoff a. D: haben die Wintersaaten

gut überwintert, dann aber infolge der ungünstigen Witterung im Frühjahr zum theil gelitten. Die Anbaufläche is größer als im vorigen Jahr. Die Frühjahrsaussaat hat begonnen, is aber gegen frühere Jahre im Nückstande.

In den Gouvernements Tiflis, Elisabethpol, Eriwan, Kars und dem Bezirk von Safkataly soll der Stand des Winterweizens ein guter sein.

Im Kuban- und Terekgebiet sind die Saaten durch Froft und Schnee in ihrer Entwickelung zwar aufgehalten, indessen ist der Stand der Felder den Umständen nach zufriedenstellend.

Saatenstand in Italien. Die seit längerer Zeit anhaltende Trockenheit hat in Italien auf die Saaten ungünstig eingewirkt. __ Geschädigt sind namentlich Gras, Futterkräuter, Reis, Hafer, Noggen, Gerste und Mais, während Weizen noch meist befriedigend steht.

Gesundheit8wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Brasilien.

_Die brasilianische Regierung hat die Einfuhr deutsher Mineral- wasser nach Brasilien mit einer auf einen speciellen Fall sich be- ziehenden Ausnahme wieder gestattet. (Vergl. „N.-Anz.“ Nr. 248 vom 20. Oktober 1892.)

Cholera.

Hamburg, 17. Mai. Der „Hamb. Corr.“ meldet: Die nun- mehr beendete bafkteriologishe Untersuchung, an welcher sih im Auf- trage des Professors Dr. Koh auch der Stabsarzt Dr. Weißer aus Altona betheiligte, hat ergeben, daß bei dem am Montag verstorbenen Arbeiter in Schiffbek (vergl. die n. Schl. d. Red. eingetroffenen Meldungen in Nr. 115 und 116 d. Bl) Cholera nicht festzu- stellen war.

Oesterreih-Ungarn. Vom 3. bis 10. Mai Mittags sind, wie das „D. österr. San.-Wes.*“ vom 11. d. M. berichtet, Neu- erkrankungen an Cholera nicht festgestellt worden.

Frankreich. In der Sißung des „Comité consultatif d’hy- giène publique“* vom 2. Mai d. F. wurde die Zahl der seit dem 24. April im Departement Morbihan vorgekommenen Cholera- Todesfälle auf vierzehn festgestellt, die auf insgesammt aht Gemeinden entfallen. In der Irrenanstalt Saint-Athanase (Dep. Finistère) sind in den vorangegangenen vierzehn Tagen \echs Cholera-Sterbefälle beobachtet worden, desgleichen einer in einem Nachbarort. Aus Quimper sind für den 29. und 30. April sechs choleraverdächhtige Erkrankungen, darunter drei mit tödtlihem Ausgang, gemeldet.

Rußland. Vom 22. bis 28. April (n. St.) find nachstehend aufgeführte Cholera-Erkrankungen und -Todesfälle zur amtlichen Kenntniß gelangt: Gouvernement (bezw. Stadt): Orel (Stadt) vom 15,/4. bis 22./4. ertr. 5, gest. 0, Orel (sonst im Gouv.) vom 15./4. bis 22/4. 4 bei. 2, Cambow Von 20/8, 018 19/4 16 beo, 12 Dongebiet am 20./4, 0 bezw. 1, Simbirsk vom 20./3. bis 16./4. 5 bezw. 1, Kasan vom 7./4. bis 11./4, 3 bezw. 1. Aus Ufa wird für die Zeit vom 13. bis 27. April noch ein Todesfall gemeldet.

Nach dem Ergebniß der Berathungen einer Aerztecommission, welche sich in Tiflis wie in anderen Theilen des Reichs auf Ver- anlassung des Ministers des Innern gebildet hatte, haben die Erfah- rungen gezeigt, daß die Bodenverhältnisse und deren mehr oder minder große Reinlichkeit von Einfluß auf die Verbreitung der Cholera sind, daß indesscn andererseits die landesüblihe Sitte des Besuchs der Kranken, ihres Berührens, des Küssens der Leichen, des Verschenkens der Kleider von Verstorbenen und die mohamedanische Todtenceremonie des Waschens der Leichen in fließenden Kanälen befonders geeignet find, das Umsichgreifen der Seuche zu begünstigen.

Influenza.

Soweit den „Veröffentlihungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts"“ Mittheilungen aus dem Auslande vorliegen, ist während der Berichtswoche vom 30. April bis 6. Mai durchweg ein Nachlaß in der Verbreitung der Seuche zu verzeilnen. In Paris wurden 52 Todesfälle an Influenza gegen 62 in der Vorwoche bei 278 Todesfällen an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane gegen 398 festgestellt; desgleichen in London 28 gegen 40 ‘und 250 gegen 268. In New - Y ork verringerte sih die Zahl der Influenza- Todesfälle um mehr als die Hälfte, nämlih von 31 auf 13; daneben wurden 346 Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane gegen 408 in der Vorwoche béobachtet. Ein vereinzelter Todesfall an Influenza is aus Amsterdam gemeldet worden. In Kopen- hagen sind nur noch zwei Todesfälle und 83 Erkrankungen, in Stockholm sechs Erkrankungen zur Anzeige gelangt. In Moskau kamen zwei Todesfälle an Influenza gegen vier in der Vorwoche vor. Auch aus Köln sind nur vier Todes- fälle an Influenza gegen fünfzehn in der Vorwoche mitgetheilt worden. Dagegen kamen in Dresden, von wo in den Vorwochen nur ver- einzelte Fälle gemeldet wurden, in der Berichtêwoche fünf Todesfälle vor. Ferner sind in Frankfurt a. O. 22, in der Umgebung der Stadt 33, im Neg.-Bez. Posen und in Nürnberg je zwet und im Reg.-Bez. Sigmaringen (März) 55 Erkrankungen an Influenza vorgekommen.

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 17. d. M. gestellt 10 327, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 16. d. M. gestellt 3843, nicht recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Madnd ebutd La Via C O D) Zulerbericht. Kornzucker excl., von 92 9/0 —,—, Kornzucker excl., 88 9/9 Rendement —,—, Nachproducte excl, 75% Rendement 15,40. Still. Brodraffinade I. 31,00. Brodraffinade IT. 3025. Gem. Raffinade nitt Faß 30,79, Get, Melis L mit Fa) 2900. Huta, Prétie nominell. MRohzucker 1. Product Transito f. a. B. Hamburg vr, Mat 17,15: Od) 17,26 Br, pr: Junt 17,20 bez, 1,30 D) pr. SuUlt 1740 bez 17427 V, Dr Quit 17,00 bet 17,024 Dr. Flau.

Let 410, 6 Mat. (W. D V) Kammzug Términ» handel. La Plata Grundmuster B. per Mai 3,82 X, per Juni 3,80 G, ver JUl 3,85 #6, per AUguit 3,90 4, per Spe tember 3,90 4, per Oktober 3,95 4, per November 3,977 M, per Dezember 3,974 4, per Januar 3,977 H, per Februar 3,973 M, per März 3,97€ 4, per April 3,977 4, per Mai A Umsay 125 000 kg.

Mannheim, 17. Mai. (W. T. B) Productenmarkt Weizen pr. Mai 17,00, pr. Juli 17,30, pr. November 17,70, Roggen pr. Mai 15,60, pr. Juli 15,75, pr. November 16,00. Hafer per Mai 16,00, per Juli 16,10, per November 15,056. Mais pr. Mai 12,15, pr. Juli 11,70, pr. November 12,15.

Verkehrs-Anstalten.

Am Pfingst-Montag, 22. Mai, kommt ein Sonderzug zu er- mäßigten Fahrpreisen von Berlin nah Coswig i. Anhalt (Park von Wörliß) und Dessau zur Beförderung. Der Zug fährt 6,30 Vorm. vom Bahnhof am Askanischen Play ab und trifft in Coswig 8,57, in Dessau 9,30 Vorm. ein. Die Nükfahrt ist am 92, Mai nur mit dem Sonderzuge 10,5 Abends aus Dessau, 1,299 Nachts in Berlin zulässig, kann aber auch am 23. Mai mit dem Sonderzug, welcher wie der Sonderzug am 22. von Dessau abfährt, und mit sämmtlichen personenzügen angetreten werden. Der leßte am 23. zur Benußung mit Sonderzugfahr- karten gültige Personenzug von Dessau, weler in Wittenberg An- {luß nach Berlin hat, fährt von Dessau 6,17 Nahm., von Coswig 6,090 Nachm, ab. Die Benugung von Schnellzügen ift gänzlih aus-

geschlossen. Fahrkarten zu 5 H für die Il. und 3 K für die

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I1T. Klasse, für Hin- und Rückfahrt gültig, werden am Montag früh von den Bahnhoss-Fahrkartenausgabestellen hier, Askanischer Plat und in Großlichterfelde sowie auch {hon vorher im Bureau des Inyvaliden- dank, Markgrafenstraße 51 a, verausgabt.

__ Die Postdampfer „,Veendam“ und „Didam“ der Nieder- ländisch-Amerikanishen Dampfschiffahrts-Gesellschaft sind am 16. Mai in New-York angekommen.

Bremen, 18. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Lahn“ ist am 16. Mai Morgens von N ew- York via Southampton nah der Weser abgegangen. Der Schnell- dampfer „Havel“ hat am 17. Mai Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgeseßt; er überbringt 679 Passagiere und volle Ladung. Der Postdampier „Berlin“ hat am 17. Mai Morgens die Reise von Antwerpen nach Bremen und der Post- E „Leipzig“ die Reise von Antwerpen nah Lissabon fort- geseßt. v . London, 17. Mat, W. T. D) Der Caslle- Dampfer „HÖawarden Castle“ hat gestern auf der Heimreise Madeira passirt. Der Union-Dampfer „Scot“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen und der Union-Dampfer „Angelian“* in Capetown angekommen.

St. PetlersbUrg, 17, Mai. (W. D B) Dex engltsdhe Dampfer „Grange“ ist heute in Kronstadt eingetroffen, die Schiffahrt ist eröffnet. ;

18. Mat. (W. L. B.) Gestern trasen vor Kron lad! und im St. Petersburger Seehafen die ersten Dampfer aus dem Auslande ein. Auf der Rhede von Kronstadt und auf der See ist jedoch noch Treibeis.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

In Schiller’s „Maria Stuart“ begann gestern Abend Fräulein Adrienne von Kola vom Hofburgtheater in Wien ein auf Engagement abzielendes Gastspiel. Die Künstlerin verfügt über eine anziehende Erscheinung und ein ansprechendes, wenn auch nicht sehr kräftiges Organ. Die augenscheinlich vorhandene Begabung für das Schauspiel in Verbindung mit fleißigem Studium des Schiller’shen Werkes hat cine beachtenswerthe Leistung gezeitigt, die von den Zuschauern sehr wohlwollend und beifällig auf- genommen wurde. In den Scenen höherer Erregung und größerer Leidenschaftlichkeit, wie besonders in der Garten- scene bei der Begegnung mit der Königin Elisabeth, reiht die Stimme allerdings nicht immer aus; sie muß in unnatürliher Weise forcirt werden und büßt dann manchmal von ihrem Wohlklang ein wenig ein. Durch maßvollen Gebrauch des Organs wird diefer Mangel zwar etwas vermindert, kann aber nit ganz beseitigt werden. Am besten glückten die Scenen, wo Maria Stuart mit würde- voller Ergebenheit und königlihem Anstand ihr \{weres Schicksal zu tragen suht und ihre Umgebung tröstet. Nament- lih gelang der Künstlerin die Abschiedsscene vor der Hinrichtung; diese vorzugsweise lieferte den Beweis, daß sie ihre Rolle midt nur studirt, sondern sih tiefer in sie versenkt hat und sie wirklich durchlebt. Bei Aufgaben, die geringere Anforderungen an die Kraft- entfaltung der Stimme stellen, wird Fräulein von Kola wahrscheinli noch Besseres leisten. Auch im übrigen nahm die Vorstellung einen zufriedenstellenden Verlauf. Hervorzuheben ist die Darstellung der Herren Stockhausen (Mortimer), Suske (Burleigh), Jacobi (Paulet), Weiß (Shrewsbury), Viebeg (Melvil) und Blankenstein (Leicester). Fräulein Salta als Königin Elisabeth hatte einige recht vortheilhafte Momente, genügte aber noch nit vollständig.

Theater Unter den Linden.

Die 50. Wiederholung des interessanten und schenswerthen Ballets „Columbia“ hatte das Theater gestern stark gefüllt. Die Vor- stellung war aus Anlaß diefer Wiederholung eine Festvorstellung und es war zur Feier des Tages ein Festtableau, welches sih auf die Ent- deckung Amerikas bezieht, hinzugefügt worden. Die Tableaux stellten dar: 1) die erste Entdeckung Amerikas durch die Normannen, 2) die drei Karavellen des Columbus auf hoher See, 3) den Schiffbruch des Admiralschiffes „Santa Maria“, 4) die Verlesung des König- liden Erlasses über die Ausrüstung der Schiffe für Co- lumbus vor der Kirhe in Palos, 5) die Landung des Columbus auf Guanahani, und 6) den Empfang des Co- lumbus nach seiner Rückkehr in Barcelona. Die geshmackvoll arrangirten Bilder erfreuten stch des lebhaftesten Beifalls, den sie auch verdienten. Das Ballet, in welhem die ausgezeichnete Künstlerin Signora Elia nach ihrer Wiederherstellung wieder auftritt, hat hierdurch eine neue Anziehungskraft erhalten. Der Componist des Ballets und der Balletmeister sowie auch Signora Elia erhielten reide Blumenspenden und Lorbeerkränze und wurden zu wiederholten Malen hervorgerufen. Den Schluß bildete die befannte englishe Operette „Der Mikado“, die voll- ständig neu inscenirt und glänzend ausgestattet ift. Auch das Treppen- haus und das Foyer des Theaters hatten cin festlihes Gewand durch

japanische Decorationen erhalten.

N M i ; ia L Im Königlichen Opernhause wird am Sonnabend Mas-

cagni’s Oper „Die Ranßzau“ mit den Damen Hiedler, Rothauser, den Herren Nothmühl, Bulß, Mödlinger, Philipp und Krolop ge- geben. Darauf folgt das Ballet „Slavische Brautwerbung“. Vie Königlihe Sängerin Fräulein Marie Dietrih hat am Königlichen Hoftheater in Stuttgart ein längeres Gastspiel mit glänzendem Erfolg absolvirt und nimmt ihre Thätigkeit an der Königlichen Oper wieder auf.

Im Lessing-Theater kommt am Pfingst-Sonntag Hermann Sudermann’'s Schauspiel „Sodoms Ende“ mit Jenny Groß in der Nolle der Adah wieder zur Darstellung; am Pfingst-Montag wird Anzengruber's Volksftück „Brave Leut? vom Grund® aufgeführt, und für Dienstag ift eine abermalige Wiederholung des Lustspiels „Ultimo“ von Gustav von Moser auf den Spielplan gesetßt.

Im Concertpark des Fri edrich - Wilbelmstädtischen Theaters finden am ersten und zweiten Pfingstfeiertage Frühconcerte, auégeführt von der Berliner Concertkapelle Leitung ibres Kapellmeisters Herrn Gutschmidt, ftatt.

30 „; Saisfonbillets haben Gültigkeit. D 54 Uhr Morgens.

Im Kroll’schen Garten wird an den beiden Pfingstfeiertagen, wie alljährlih, Frühconcert stattfinden, das um 5 Uhr Morgens beginnt.

Der Philharmonische Chor kat für diese Saiscn feine Proben becndigt und nimmt die Uebunçcen crst im September wieder auf.

r Eintrittspreis beträg e C t

: Concerte beginnen unm

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Prenßische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der gestern fortgeseßten Ziehung der 4. Klasse 188. Königlich dreufisGer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags-Ziehung :

1 Gewinn von 100 000 „s auf Nr. 159051.

l Gewinn von 30000 # auf Nr. 27 751.

2 Gewinne von 15000 F auf Nr. 21 632. 152271.

4 Gewinne von 5000 F#& auf Nr. 70020. 126 640. 128-029. 17ò 986.

35 Gewinne von 3000 F auf Nr. 1794. 6316. 9398. 20 970. 30608. 30946. 35988. 44235. 45482. 60ö81. 62202. 62767. 66584. 83416. 86228. 86805. 86933. 87 917. 88 374, 88968. 97 200. 106 254. 109815. 115445. 126107. 126756. 129284. 147275. 1562169. 1563690. 153763. 157584. 168110. 181 2653. 189 946.

32 Gewinne von 1500 F auf Nr. 2366. 10345, 16 145. 16 500. 24579. 36068. 839733. 47498. 6224