1893 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 May 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Bahnhofe besichtigten Allerhöchstdieselben das Denkmal für den F Griedrich Carl vor dem Blockhause. Seiner Majestät wurden dabei von der dihtgedrängten Bevölkerung enthusiastishe Kundgebungen dargebracht. :

Um 5 Uhr reisten Seine Majestät der Kaiser nah Muskau ab, wo die Ankunft um 6 Uhr 10 Minuten er- folgte. Auf dem festlich decorirten Bahnhof daselbst wurden Seine Majestät von dem Grafen Hermann von Arnim und dem Grafen von Bismarck-Bohlen empfangen. Auf der Fahrt nah dem Schlosse wurden Allerhöchstdieselben von den am Wege Spalier bildenden Vereinen sowie von der zahlreich R Bevölkerung mit begeisterten Hurrahrufen egrüßt.

Der Bundesrath ertheilte in der am Mittwoch unter dem Vorsiß des Vice-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staatssecretärs des Jnnern Dr. vonBoetticher abgehaltenen Plenarsißzung dem Entwurf eines Geseßes für Elsaß-Lothringen über das Gnadenquartal, dem Gesezentwurf, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen der Militär-Pensionsgeseße vom 27. Juni 1871 und vom 4. April 1874, und dem Geseß- entwurf, betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher, leßteren beiden Entwürfen mit den dazu vom Neichs- tag gefaßten Beschlüssen, die Zustimmung. Genehmigt wur- den ferner der Entwurf einer Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs rücksichtlich der bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenstände und der Antrag des Reichskanzlers, betreffend die auf den Eisenbahnen Deutschlands noch vorhandenen Abweichungen von dem Normalprofil des lichten Raumes. Einem gemein- nüßigen Bauverein wurde auf seinen Antrag das Recht zur Ausgabe von Actien zu einem geringeren als dem geseßlichen Mindestbetrag zugestanden. Endlich wurde über mehrere Ein- gaben in Zoll- und Steuerangelegenheiten Beschluß gefaßt. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab der Vorsitzende namens der Versammlung dem tiefen Gefühl der Trauer über das am 12. Mai erfolgte Ableben Seiner Durchlaucht des Fürsten Georg Victor zu Waldeck und Pyrmont Ausdruck.

Für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schlusse des Monats April 1893 sind im Deutschen Reih von Ein- nahmen (einshließlich der creditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlihen Verbrauchssteuern sowie von anderen Einnahmen zur O gelangt : |

Bóôlle 23606 802 M6 (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres 8356915 M), Tabacfsteuer 603 051 M (+ 54282 M), Zuckermaterialsteuer 1468320 6 (4+ 5975 828 M), Eide 5592156 M. (+ 1759675 M), Salzsteuer 2801118 M (+ 215048 M), Maischbottih- und Brannt- weinmaterialsteuer 685 412 /# (— 830596 X), Ver- brauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 9723501 M6 (+ 1391736 M), Brausteuer 2562725 M (+ 119290 M), Uebergangsabgabe von Bier 264721 M (+ 4343 4/6); Summe 44490016 /, (+ 1132691 M). Spielkartenstempel 85578 M ( 858 6), Wechsel- stempelsteuer 677 055 M (+ 6537 M), Stempelsteuer ut: a Werthpapiere 3065694 e (+ 46784 M4) b. Kauf: und sonstige Anschaffungsgeschäfte 852335 + 25540 M), c. Loose zu: Privatlotterien 94385 M 8 18 826 46), Staatslotterien 317 600 M6 (— 8306 385 M6).

Die zur Reichskasse gelangte Js - Einnahme ab- züglih der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende April 1893: Zólle 21 266 523 #6 (— 5 825530 6), Tabacksteuer 662 311 M (— 25 601 M), BudÆermaterialsteuer 1 462 304 46 (— 15 823 146 M6), Zudersteuer 6 505 308 46 e 478 222 M), Salzsteuer 3 487 363 #6 (—+ 32782 16), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 1584 069 M (+4 89 833 4), Ver- brauhsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 9647 610 Ma (+ 620216 M6), Brausteuer und Uebergangs- abgabe von Bier 2404558 # (+ 105 209 M); Summe 44 095 438 6 (— 19398015 Æ). Spielkartenstempel 109 582 M6 (— 1899 A6)

Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, General-Ueutenant und Commandeur der 29. Di- vision, ist gestern Abend nah Freiburg zurückgekehrt.

Der Vice-Admiral Koester, Director des Marine- Departements des Reichs-Marineamts, hat sich auf einige Tage mit Urlaub nah Dresden begeben.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem- bergischer Ministerial-:NRath von Fischer, Großherzoglich mecklenburgischer Ober-Zolldirector Oldenburg und Senator der freien Und Hansestadt Lübeck Dr. Klügmann sind von Berlin wieder abgereist.

Wiesbaden, 18, Mai, Séeiné Mäjestät dex Köntg von Dänemark und Seine Hoheit der Herzog Johann zu Shleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg sind zum Kurgebrauch hier eingetroffen.

Württemberg. In der gestrigen Sißung der Kammer der Abgeord-

neten standdiegestern erwähnte Fnterpellation über die durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse für die Landw irth- schaft und besonders die Viehzucht entstandene Nothíage zur Verhandlung. Nach . der Begründung der JInter- pellation durch den Freiherrn von Gültlingen gaben, wie der „St.-A. f. W.“ berichtet, die Staats-Minister der Finanzen und des Jnnern Erklärungen ab, wonach den L orstbeltörden eine reihlichere Ablassung von Streu und Gras aus den Staats- und Corporationswaldungen aufgegeben ist. In der Debatte wurden noch von den Rednern verschiedene Wünsche und Vorschläge im einzelnen vorgebracht, und zum Schluß sprach Freiherr von Gültlingen den Dank des Hauses gegen die Regie- rung und die Anerkennung für ihr rasches Eingreifen aus. Der Bericht der volkswirthschaftlihen Commission der Kammer über den Entwurf eines Gesetz es, betreffend die Beschaffung von Geldmitteln für den Eisenbahn- bau, sowie für außerordentlihe Bedürfnisse der Verkehrs-

anstaltenverwaltung in der Finanzperiode 1893/95 (Bericht- erstatter : von Leibbrand) ist im Dru erschienen. Die Anträge lauten durhweg auf Genehmigung.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog is, wie ein Telegramm des „Wolff hen Bureaus“ aus Karlsruhe meldet, von seinem Unwohlsein wiederhergestellt, nahm gestern die üblichen Vorträge entgegen und wohnte der zur Feier des vierzigjährigen Beliebens des Hoftheaters veranstalteten Festvorstellung bei. i j /

Die „Karlsruher Zeitung“ giebt die Ansprache, die Seine Königliche Hoheit der Großherzog bei dem Militär- deroin fee in Heidelberg am 14. d. M. (vgl Nr. 114 und 117 d. Bl.) gehalten hat, und über die in mehreren Blättern ungenaue Berichte veröffentliht wurden, in nach- stehender authentishen Fassung wieder: 7 L

Da ih zuleßt rede, wird mir die werthe Pflicht zu theil, für vieles zu danken. Zunächst danke ih dem Herrn Ober-Bürgermeister für das, was er mir persönlih an freundliher Gesinnung gewidmet, und für den reichen Inhalt und fo s{chönen Gedankenausdruck feiner Nede ; ich danke ihm von ganzem Herzen. Ebenso dankbar bin ich dem+Herrn Verbands-Präsidenten für dessen erhebende Worte, sowie für den werthen Ausspruch anerkennender Gesinnungen, welche der Großherzogin gelten, in deren Namen ih wärmstens danke. :

Ganz besonderen Dank zolle ih dem hiesigen Militärverein dafür, daß er mir Gelegenheit gab, dieser Feier anzuwohnen. Bedeutet sie doch einen Zeitabschnitt von 20 Jahren und damit den Hinweis auf die wichtigste Periode der Entwickelungsgeschihte Deutschlands uns Allen werth, besonders aber denen, die dabei fürs Vaterland mit- gekämpft haben.

Erwarten Sie daher nit von mir, daß ich über die Gegenwart, über die Ereignisse der leßten Zeit reden werde, Ereignisse, welche den Geist der ganzen Nation erfüllen, aber nicht nur das Deutsche Reich stark in Bewegung geseßt haben, fondern auch die Aufmerksamkeit des Auslandes allzu schr auf uns lenken müssen. Ueber diese Ereignisse s{chweige ih lieber und will von den Aufgaben reden, die uns zur Besserung führen, wobei die Militärvereine besonders thätig zu sein berufen sind :

Ich schließe meine Betrachtungen gerne an eine Zeit an, welche die Kraft in sich {hließt, der Zukunft getroster entgegenzugehen, da sie die Bedingungen enthält, aus welchen allein Großes erwachsen kann : es ist die Zeit der Erhebung von 1870—71. : :

Unsere Aufgaben, meine lieben Freunde, sind fehr einfa zu- sammenzufassen, sie gründen sich auf die Schule des Heeres, dem Sie ja Alle angehörten. Jeder Deutsche, welcher diese Schule mit der ganzen Tiefe ihrer Wirkung erprobte, der hat eine Erziehung genossen, die für das ganze Leben, für alle Berufe von Nuzen ist. Die hervor- ragendsten Eigenschaften Tönnen dabei erlangt werden Selbstlosig- keit, Hingebung und Treue —, aus denen nur Gutes und Dauerndes entstammen fann.

Sie Alle, meine Freunde, haben diese Erfahrung gemacht und viele von Ihnen haben, wie ih mich heute überzeugen konnte, noch an dem großen Krieg theilgenommen die s{önste und wirksamste Schule, die man si denken kann. Da erkennt man erst, was es heißt, ih in treuer Unterordaung voll hingeben und an das Ganze sich fest anschließen, sowie mit Hilfe der in längerem Dienste zu er- langenden Erfahrungen und Kenntnisse zu der Selbständigkeit erzogen zu werden, welhe uns die Sicherheit giebt, in der Gefahr init Fassung dem Feinde entgegen zu gehen. Das drückt sich dahin aus, daß die Schule des Heeres die Güte des Einzelnen zu unüber- windliher Stärke erhebt, wie wir das im großen Kriege erlebt haben. Sie haben aber auch Alle erfahren, wie nothwendig es ist, solchen Entwickelungsgang gründlih durchzuführen und sich der wichtigen Schulung fo zu fügen, daß die nöthige Zahl Ausgebildeter erreiht werde. In diesen Säßen liegt die Grundlage der Zukunft und da meine ih, daß Sie Alle dazu beitragen müssen, daß die Jugend es erkennen lernt, was es heißt, dem Heer anzugehören; es ist nit nur eine Ehre, eine Pflicht, es ist auch ein Vorzug, ein großer Vorzug, der aber erkannt werden muß. Zu dieser Erkenntniß, meine Freunde, müssen Sie Alle beitragen, dadur, daß Sie aus Ihrer Erfahrung die hohe Bedeutung von dem, was es heißt, dem Heer anzugehören, in weite Kreise eindringen lassen. Die Verbreitung dieser Crkenntniß kann uns zu besseren Zeiten führen.

Aber zu meinem Bedauern muß ih sagen, daß es dermalen nicht allenthalben fo ist, da zu viel andere Interessen an die Stelle treten. Es macht sich ein Egoismus breit, der die Selbstlosigkeit zu ber- drängen droht, weil Begehrlichkeit und Maßlosigkeit sich zu sehr geltend machen. Hüten wir uns, liebe Freunde, vor diesen Gefahren dadur, daß wir nüchtern und bescheiden in unseren Lebensbedürfnissen sind und darnach trachten, mit dem auszukommen, was wir haben. Das sind die gesunden Grundlagen einer festen Ordnung in Staat und Gesellschast, ohne die es keine frohe Zukunft giebt. :

Wenn ih Ihnen diese ernsten Worte zurufe, so geschieht es, weil ih fest hoffe, in ernsten Zeitverhältnissen von Jhnen ganz und gerne verstanden zu werden.

Nun aber, liebe Freunde, trachten wir darnach, daß all das, was in {werer Zeit und mit Aufwand theueren Blutes geschaffen und erkämpft wurde, uns ungetheilt erhalten bleibe! Dafür sind wir Alle verantwortlih, jeder Einzelne so gut, wie alle Deutschen zusammengenommen. Also trachten wir darnach, daß das Deutsche Reih in seiner Kraft und Stärke erhalten bleibt, und daß es sih weiter entwickele zum Glück des deutschen Volks wie jedes einzelnen Deutschen. Daß das so werde, darauf hoffe ich mit Zuver- sicht; denn fo alt ih bin, mein Herz ist jung und guten Muthes. Ich glaube daran, daß die deutsche Nation die ganze Kraft, die jugend- liche Kraft bethätigen wird, um über die dermalen s{hwierigen Zeiten erfolgreich hinwegzukommen. Mit dieser Zuversicht wende ih mich an Sie und fordere Sie auf, mit mir ein dreifachhes Hoh auf unser liebes deutsches Vaterland auszubringen. Das deutsche Vaterland lebe und gedeihe! Hoch!

Deutsche Colonien.

Ein gestern in der Kapstadt eingetroffener weiterer Bericht des Hauptmanns von François ergiebt, daß bei der Er- ]stürmung von Hornkranz (vgl. Nr. 115 d. Bl.) von der Besaßung 50 Mann getödtet und 100 Mann verwundet worden sind. Der Häuptling Witbooi, zu größeren militärischen Unternehmungen unfähig, ist nach Westen geflohen.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing, wie „W. T. B.“ meldet, gestern den seit Mittwoh in Wien weilenden Prinzen Gaston von Orleans. Gestern Nachmittag stattete der Kaiser auh dem in Wien eingetroffenen Prinz - Regenten Luitpold von Bayern cinen Besuch ab. Der Prinz-Regent besuchte alle in Wien anwesenden Mitglieder des Kaiserhauses.

Der Großherzog von Hessen folgte gestern nach seiner Rückkehr von dem Ausfluge nah Laxenburg, woselbst er an einer festlihen Umfahrt theilgenommen hatte, einer Einladung der Kronprinzessin-Wittwe Stephanie zum Diner, an welchem auch der Kaiser und die Erzherzoge Otto, Fer- dinand und Ludwig Victor theilnahmen.

Der oberösterreichische Landtag ist nah einer Mel- dung des „W. T. B.“ aus Linz gestern geschlossen worden.

Zu den Vorgängen im böhmischen Landtage (s. d. gestr. Nr. d. Bl.) schreibt das „Prager Abendblatt“: „Den

jähen Abschluß der Landtags-Session vershuldeten die= a N die Fortsezung der Verhandlungen durch ihr allen Grundsäßen der parlamentarishen Ordnung und des Anstandes widersprehendes Vorgehen und noch niht dagewesene Ausschreitungen R S machten, Diese Schuld ist um so beklagenswerther, als der Landeg- haushalts-Etat nicht festgestellt ist, und daher zahlreichen dringenden Bedürfnissen der Bevölkerung niht Rechnung ge- tragen werden konnte.“ Die heutigen Prager Morgenblätter veröffentlichen ein Manifest der deutschen Landtags- Abgeordneten, in welchem die gewaltsame Störung der Landtagsverhandlungen verurtheilt, das Festhalten an dem Ausgleih betont wird, und die Deutschen zur Einigkeit und zu festem Zusammenhalten ermahnt werden.

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus hat sih gestern bis zum 30. d. M. vertagt. .

Aus der Mittwochssißzung des Unterhauses theilt die „Wes. Ztg.“ noch Folgendes mit: Mr. Bartley E den Ersten Lord des Schaßamts, ob, falls die irishe Bill Gesetz, würde, die 33 000 000 Pfd. Sterl. übersteigende Summe, welche laut der Landankaufsbill vom Jahre 1891 dazu ausgeworfen war, Pächter durch Vorschüsse in den Stand zu seßen, ihre Pachtgüter als Besiß zu erwerben, zu gleihem Zwecke weiter verwendet werden solle und bejahten Falls, gegen welche Sicherheiten und aus welchen Fonds ; insbesondere, ob dieser, wie bisher, aus den Steuereinkünften des Vereinigten König- reihs herzunechmen oder aus denen Jrlands zu bilden wäre. Der Premier-Minister Gladstone erklärte, daß die Regierung das durch die angezogene Bill eingeleitete Verfahren fortzuseßen gedenke, und die Homecrule-Bill an dem Bestand der Angelegenheit nihts ändern solle. Falsch sei die Annahme des Fragestellers, daß die Steuerzahler des Ver- einigten Königreichs hierbei in Betracht kämen; nur wenn der Garantiefonds nicht ausreiche, könne dieser Fall eintreten. Jm übrigen würden später noch die näheren Aufklärungen gegeben werden.

A Mith fand! it Jt pertal Sitte an glänzender Empfangsabend des Prinzen von Wales statt. Etwa 20 000 Personen waren dazu erschienen, welche alle Räumlichkeiten des Jnstituts füllten.

Terankreich.

Der Minister des Auswärtigen Develle theilte in dem

gestrigen Ministerrath mit, daß die Negierung vonSi am aufs neue ihrem Bedauern über den jüngsten Vorfall in Khone Ausdruck gegeben und wegen desselben um Ent- schuldigung gebeten habe. Der Ministerrath beshloß sodann, L B U Die ae Neaie rung am 28. d. M. in Palestro bei der Einweihung cines zu Ehren der in den Gefechten vom 31. Mai 1859 dort ge- fallenen P errichteten Beinhau ses durch einen Gencral vertreten zu lassen. : Die „Politique coloniale“ hatte gemeldet (\. d. leßten DEVeWet der gele N. d Bl) der Ministerrat babe beschlossen, daß General Dodds demnächst nah Dahomey zurückkehren folle, um die Leitung der Expedition gegen den Rest der Streitkräfte des Königs Behanzin zu übernehmen. Ein späteres Wolff sches Telegramm theilt nun nah de! gestrigen Pariser Abendblättern weiter mit, daß bei der Kammer für Dahomey ein Nachtragscredit in Höhe von 5 Millionen Francs beantragt werden solle. :

Zn der gestrigen Sizung des Senats präsidirte wieder Challemel-Lacour, der von seinem Unwohlsein vollständig wiederhergestellt ist. Der Senator Blavier meldete cine Jnterpellation an über die Gefahren, die für den Crédit Foncier aus der Ueberschreitung seiner Statuten erwachsen könnten.

Ftalien.

Die Deputirtenkammer begann in ihrer gestrigen Sißung die Berathung des Budgets des Aus wärtigen. Jm Laufe der Debatte erklärte, nah dem Bericht des „W. T. B.“, der Deputirte Pougliese: Er sei mit der Politik des Ministers Brin unzufrieden, weil er den legitimen Empfindlichkeiten des Landes nicht genügend Rechnung trage und sogar so weit gehe, zuzulassen, daß Desterreih-Ungarn ungeachtet der be- stehenden Allianz Jtalien nicht immer freundschaftlih behandle. Pougliese besprach sodann die Befestigung von Biserta seitens Frankreichs, durch welche bejtechende Verträge offen- kundig verleßt würden und das Gleichgewicht im Mittelmeer {wer bedroht würde, und fragte an, ob das Cabinet ent- [lossen sei, in Paris empfinden zu lassen, daß Jtalien, gestüßt auf die Verträge und mit Zustimmung der Cabinette von London, Berlin und Wien, die Umgestaltung Bisertas in eine: befestigten Play niht dulden könne. Der Redner erörterte {ließlih die Bestrebungen, welche Frankreich in Bezug auf die Zwischenzone zwishen Tunis und Tripolis hege.

Portugal.

Ueber den am 16. d. M. in der Deputirtenkammer angenommenen Geseßentwurf wegen der auswärtigen Schuld wird dem „W. T. B.“ unter dem gestrigen Tage aus Lissabon noch Folgendes mitgetheilt: Der Artikel 6 des Entwurfs stellt die Commission für die öffentlihe Schuld wieder her.

Artikel 8 besagt, daß die S die zur Ausführung des e

Geseßes nothwendigen Maßnahmen beschließen werde. Jn der Pairskammer jollte der Geseßentwurf heute berathen werden, damit das Geseß in der nächsten ‘Woche bereits im amtlichen Blatt erscheinen könne.

Serbien,

Durch einen Erlaß des Justiz-Ministers wird be- kannt gemacht, daß di: Advocaten Avakumovic, Ribarac, Velikovic und Kundovic, welche als Minister und Mit- glieder der Regierung bis zum Anfang des Monats April öffentlihe Aemter bekleideten, im Sinne der Advocaten- ordnung des Rechts, die Advocatur auszuüben, verlustig gegangen sind.

Dänemark.

(F) Die Einnahmen aus den Zöllen, der Brannt- weinsteuer u. \. w. sowie der Kriegssteu er während der ersten elf Monate des Finanzjahres 1892/93 betrugen nach Abzug der Rückerstattungen 29 713 887 Kronen gegen A 5506 Kronen in der gleihen Zeit des Finanzjahres

91/92.

Wahlangelegenheiten.

Vertreter der „Freisinnigen Vereinigung“ haben neben dem von den Herren Bamberger, Theodor Barth und Karl Schrader erlassenen, in Nr. 111 des „R.- u. St.“ inhaltlich mitgetheilten Wahlaufruf noh einen Wahlaufruf erlassen, der sich über die Militärfrage folgendermaßen äußert :

Meinungsverschicdenheiten über das Maß der erforderlichen mili- tärischen Rüstung und über die Deckung8mittel, sowie über die Siche- rung der zweijährigen Dienstzeit haben zur Auflösung des Reichs- tags geführt. Diejenigen Abgeordneten der freisinnigen Partei, welche, festhaltend an allen freisinnigen Grundsäßen, einem güt- lichen Ausgleich mit der Regierung in dieser {chwerwiegenden Frage geneigt waren, haben sich zu einer „freisinnigen Vereinigung“ zusammengethan, um, wenn möglich, in dem neuen Neichstag zu einem befriedigenden Abkommen zu gelangen. Mitbürger ! Wir fordern Euch auf, diese Männer in dem {weren Wahlkampfe, welcher bei den be- vorstehenden Neuwahlen im ganzen Reich ausgefohten werden foll, zu unterstüßen und Gleichgesinnte hinzuzuwählen, damit das Reich von {weren Krisen vershont werde. Das Vaterland über alles!

Zu den Unterzeichnern dieses Wahlaufrufs gehören u. a.: Professor Dr. Theodor Mommsen, Dr. Georg von Bunsen, Justiz-Rath Makower, Professor Dr. Bach, Realgymnasial- Director, Alwin Ball, Banquier, Dr. W. Dietrich, A. Frenyel, Geheimer Commerzien - Rath, Vorsißender der Aeltesten der Kaufmannschaft, Präsident des Deutschen Handels- lags, Profes De Paul Göolds(midt, Professor Dr. Gusserow, Geheimer Medizinal-Nath, Professor Dr. Karl Gusserow, Professor Dr. Otto Hirschfeld, Phil. Hirschfeld, Dr. Hirsh Hildesheimer, A. Hoffmann, Kammergerichts-Rath, Heinr. Kochhann, Stadtrath und Aeltester der Kaufmannschaft, Dr. med. Körte, Geheimer Sanitäts-Rath, Körte, Regierungs- Baumeister, Dr. Kunheim, Konsul, Heinrich Leo, Banquier, Lesse, Justiz-Rath, M. Levy, Justiz-Rath, B. Liebermann, Geheimer Commerzien-Rath, Professor Dr. Oskar Liebreich, Geheimer Medizinal-Rath.

Jm dritten Neichstagswahlkreise Wiesbaden (St. Goars- hausen-Montabaur-Wallmerod) is} von katholisher Seite dem Abg. Lieber gegenüber, der diesen Wahlkreis seit 1871 ver- treten hat, in der Person des Nechtsanwalts H ohl ein Gegen- candidat aufgestellt worden unter Veröffentlihung folgenden Aufrufs:

Der Reichêtag ist wegen Nichtannabme der Militärvorlage auf- gelöst worden. Wir stehen vor den Neuwahlen! Der bisherige Neichstags-Abgeordnete unseres Wahlkreises, Herr Dr. Lieber, hat gegen ie genannte Vorlage gestimmt und selbst auch den Vermittelungs- vorschlag seines Parteigenossen, des Centrums- Abgeordneten Freiherrn von Huene, dem die Reichsregierung zustimmte, abgelehnt. Durch diese seine Stellungnahme în ciner für unser Vaterland \o unendlich wichtigen Angelegenheit hat ih Herr Dr. Lieber in Gegen- saß zu einer großen Anzahl Eingesessener seines Wahlkreises, ins- besondere seiner eigenen Wähler, geseßt. Deshalb wird für die Neu- wahl als Candidat ein Mann empfohlen, der ein überzeugter Patriot von streng-katholisher Gesinnung in kirchlichen Fragen mit dem Centrum stimmt, und bezüglich der Militärvorlage für den Antrag Quene durchaus eintritt. Als solchen empfehlen die Unterzeichneten den Herrn Rechtêanwalt und Notar Hohl zu Montabaur, welcher uns allen in der bezeichneten Gesinnung und deren Bethätigung bekannt ist.

Jm dritten Neichstagswahlkreise Köln (Bergheim-Euskirchen) ist als Gegencandidat des bisherigen, dem Centrum angehörigen Vertreters Nud olphi in Kalk, welcher gegen “die Militärvor- lage bezw. gegen den Antrag Huene gestimmt hat, Graf Hoensbroech auf Schloß Türnih von einer katholischen Wählerversammlung in Bergheim aufgestellt worden. Jn dem Bericht über diese Versammlung, den das dort erscheinende Kreisblatt bringt, heißt es:

Landrath Graf Beissel übernahm den Vorsiß und spra feine 4nerktennung für die Thätigkeit des bisherigen Neichstags-Abgeord- neten Dr. Rudolphi aus. Gerade die vergangene Zeit, so führte er aus, habe es besonders wünschenswerth erscheinen lassen, im Parlament durch einen geistlichen Herrn vertreten zu sein. Für die jeßige Zeit und die nächste Zukunft sei dies jedoh nit mehr so dringend; heute seien es nicht Fragen fkirchlicher, sondern wesentlich ragen rein wirthschaftliher, rein politisher Natur, welche h in den Vordergrund gedrängt. Diesen Fragen stehe der Herr Dr. Rudolphi zu fern, und deshalb sei es angebraht und den Interessen des Kreises dienlich, an Stelle des Herrn Dr. Rudolphi einen anderen Candidaten zum Reichstag aufzustellen. Mit Rücksicht hierauf und auf die im nächsten Neichstag zur Ent- sheidung kommenden Fragen müsse man an den neuen Candidaten drei Anforderungen stellen, von denen eine jede unerläßlich sei: l) Der Candidat müsse in allen kirchlichen Fragen voll und ganz auf dem Standpunkt des Centrums stehen. 2) Er müsse in allen wirth- schaftlichen Fragen die Interessen des Kreises wahrnehmen. 3) Fr die Militärvorlage eintreten. Es sei ihm wohl klar gewesen, daß es {wer sein werde, den richtigen Candidaten ausfindig zu machen ; allein zu seiner freudigen Genugthuung habe er die Mittheilung zu machen, daß er denselben do gefunden, und zwar, wie es wohl des ganzen Kreises Wunsch, in einem Mann aus dem Kreise selbst, in der Person des Herrn Grafen Hoensbroech auf Schloß Türnich. Er habe zugesagt, für die Militärvorlage zu stimmen. Die Versammlung nahm die Candidatur des Grafen Hoensbroech begeistert auf.

Jn Sigmaringen haben sich Freunde der Militär- vorlage aus allen Parteien geeinigt, als Candidaten für die bevorstehende Reichstag8wahl den Regierungs - Präsidenten öreiherrn Frank von Fürstenwerth aufzustellen. Freiherr von Frank hat der an ihn entsandten Abordnung erklärt, daß er eine auf ihn fallende Wahl annehmen werde, wenn er auch niht in der Lage sei, als Candidat hervorzutreten. Das Centrum, dessen bisheriger Vertreter Dr. Graf auf das Mandat verzichtet hat, ist, wie der „Nordd. Allg. 2tg.“ ge- [hrieben wird, über die Person scines Candidaten noch niht einig.

Nr. 20 der „VerdöffentliGüngen des Kaiserlichen Gesundheitsamts" vom 17. Mai hat folgenden Inhalt : Personal-Nachricht. Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volks- frankheiten. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Sterblichkeit in deutschen rfen mit 15 000 und mehr Einwohnern 1892 nach Monaten. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und Ztnchen, April. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Vesgl. gegen Flecktyphus. Genickstarre in Schweden 1890. Geseßgebung u. st. w. (Preußen. Reg.-Bez. Posen). Schweine- \hlachten und Schweinefleishuntersuchung. (Oesterreich). Leichen- esorderung auf Eisenbahnen. (Kapcolonie). Medüizinal- personen und Giftverkehr. (Canada). Quarantäne. Thier- leuhen in Ungarn 1892, 4. Vierteljahr. Désal. in Bul- rien, —- Veterinärpolizeiliche eden (Preuß. Neg.-Bez. Königs- rg, Schleswig, Mecklenburg-Schwerin, Lübe, Großbritannien, Spanien). Rechtsprehung. (Landgericht Hamburg). Berkauf ver- dorbener Arzneimittel. Verhandlungen von gefezgebenden Körper- haften, Vereinen, Congressen u. |. w. (Großbritannien). Landung fanadischen Viehs. (S weiz). Gewürze. Vermischtes. (Deutsches

Reich). Aerztliche und zahnärztlihe Prüfungen 1891/92, Bevöl- kerungsbewegung 1891. Arbeiter-Krankenversicherung 1891. (Kap- colonie). Aerzte 1892. Geschenkliste. Beilage. Gerichtlihe Ent- scheidungen zum Nahrungsmittelgesez (Pferdefleisch, Wurst).

Nr. 4 des „Ministerial - Blatts für die gesammte iere Verwaltung in den Königl preußischen Staaten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) vom 29. April hat folgenden Inhalt: I. Organisationssahen. Be- hörden und Beamte. Denkschrift, betreffend die Regelung der Ge- hälter der mittleren Beamten und Kanzleibeamten nach Dienstalters- stufen. Circular, betr. die Abänderung der Bestimmungen, betr. die Negelung der Gehälter der Unterbeamten nah Dienstalters\tufen. Il. Polizeiverwaltung. A. Gendarmerie. Circular, betr. die An- nahme von Prämien für Dienstleistungen seitens der Gendarmerie- Mannschaften. B. Versicherungswesen. Circular, betr. die Nech- nungslegung der in Preußen thätigen privaten Feuerversicherungs- gesellschaften. C. Gewerbepolizei. Circular, betr. die Ueberwachung der Theater-Agenturen. Circular, betr. die Ueberwachung der Thätigkeit der Theater-Unternehmer.

Entscheidungen des Reichsgerichts,

Die Bestimmung des § 7 Abs. 2 des Preußischen Eigenthums- erwerbsges. v. 5. Mai 1872 („Gegen feine Cigenthumsklage [des ein- getragenen Eigenthümers] steht dem Beklagten die Einrede der Ver- jährung nicht zu. Hat der Beklagte von dem Kläger oder seinem Nechtsvorgänger auf Grund cines den Eigenthumserwerb bezweckenden Nechtêgeschäfts den Besiß des Grundstücks erhalten, so sind die aus dem Mechtsgeschäft herzuleitenden Rechte nicht als Einrede, sondern nur durch Klage oder Widerklage geltend zu machen“) findet, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, ŸY. Civilsenats, vom 4. Januar 1893, ebenso auf die Klagen der vor dem Sat treten des Eigenthumserwerbsgeseßes ohne Aufla ssun g ein- getragenen Eigenthümer wie auf die der nahher auf Grund der Auf- lassung eingetragenen Eigenthümer Anwendung.

Ist eine Urkunde über einen wehselseitigen Vertrag von einem Contrahenten unterschrieben und dem anderen Con- trahenten zur Unterschrift übergeben worden, so ist, nah einem Urtheil des Neich8geribts, V. Civilsenats, vom 1. März 1893, im Gebiet des Preußischen Allgemeinen Landrechts, solange dieser niht unterschrieben hat, der erste Contrahent an den Vertrag gebunden: aber er darf vom anderen Theil fordern, daß er binnen einer angemessenen Frist sich entscheide.

Statistik und Volf8wirthschaft.

Münzausprägungen in Dänemark. (F) In der Königlichen Münze zu Kopenhagen sind vom 1. April 1873 bis 31. März 1893 ausgeprägt worden: in Gold [ 606 532 Stück 20-Kronenstüke und 618 210 Stück 10-Kronenstüce, zusammen im Betrage von 38312 740 Kronen : in Silber: 5 079 550 Stück 2-Kronen-, 6 024642 Stück 1-Krone-, 9352860 Stück 29-Dere-, 15 788 863 Stück 10-Oerestücke, zusammen im Betrage von 20 100 843 Kronen 30 Oere; in Kupfer: 4751 497 Stück 9-OVere-, 22 322 635 Stück 2-Oere- und 30895 179 Stück 1-Oerestücke, zu- sammen im Betrage von 992 979 Kronen 34 Oere. Im ganzen sind an Kronengeld ausgemúnzt 96 439 968 Stück Münzen im Betrage ? Goldmünzen find seit dem Jahre

von 959 406 562 Kronen 64 Oere. 1882 nicht mehr geprägt worden.

tr Arbeiterbewegung.

In Zittau Þ ist, wie der „Vorwärts“ mittheilt, eine Lohn- bewegung unter den Bürstenmachern durch gütliche Uebereinkunft beigelegt worden; der Arbeitgeber bewilligte eine Lohnerhöhung von 10 bis 15 9/9.

Hier in Berlin hielten die Filzshuharbeiter und -Arbeiterinnen eine Versammlung ab, in der über den Ausstand verhandelt wurde. E wurde beschlossen, die Sperre den Geschäften gegen- über, welhe die Forderungen nicht bewilligen, aufrecht zu erhalten. Die Lohnbewegung der Berliner Maler, Lackirer und Anstreiher scheint nach einer Mittheilung der Berliner „Volksztg.“ im Erlöschen begriffen zu sein. Eine zum Mittwoch einberufene öffentliche Versammlung war nur von etwa 300 Personen besuht. Der Maler Buhr berichtete über die Achtstundenbewegung und die Frage nah den weiteren Plänen. Nach langer Debatte wurde beschlossen, die Forderungen hochzuhalten und weiter zu agitiren. In der nächsten Versammlung soll die Neu- wahl der Commission stattfinden.

In Brüssel wird jeßt, wie man der „Voss. Ztg." \{reibt, auf Antrag des Brüsseler Bürgermeisters Buls eine „Caiss6 de Chômage“ nah dem Vorbild der in Bern bestehenden für die Arbeitslosen errichteten Hilfskasse begründet. Diese Kasse soll dur sieben Mitglieder, welche den leitenden Ausschuß bilden, verwaltet werden ; drei Gemeinderäthe, zwei Arbeitgeber und zwei Arbeiter bilden den Aus- \{huß. Die Mitglieder dieser neuen Institution, die Behörden, die Arbeitgeber und Arbeiter geben für die Kasse regelmäßige Zuschüsse; jeder Arbeiter hat monatlih 0,40 Fr. zu zahlen, außerdem kann die Kasse Privatschenkungen annehmen. Entsteht im Winter Arbeits- losigkeit, fo hat die Kasse als Mindesttagelohn jedem unverheiratheten

i jedem verheiratheten Arbeiter 1,50 Fr. zu. zahlen.

Arbeiter L ‘trathet : Gestatten es die Mittel der Kasse, so werden diese Löhne erhöht.

Z1 S.

Land- und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten.

Im Regierungsbezirk Frankfurt war der Stand der Saaten zu Anfang April im allgemeinen recht befriedigend. Dank der shüßenden Hülle, in welche der häufig und dicht gefallene Schnee sie barg, hatte ihnen die harte Winterkälte nicht geschadet. Namentlich der Noggen war überall kräftig, auf guten Böden beinahe üppig ge- wachsen, und zeigte ein gesundes Grün; leider hat die anhaltende Dürre im April, verbunden mit starken Spätfrösten und austrocknen- den kalten Winden, die Hoffnungen bereits erheblih herabgestimmt, sodaß, namentlich auf leihtem Boden, für den Ausfall der Noggenernte ernstlihe Befürchtungen gehegt werden müssen. Der Weizen steht im allgemeinen nicht besonders hoffnungsreih, da ihn die Dürre der Saatzeit am kräftigen Gedeihen {on im Aufgehen hinderte. Meist dürr und chwach entwickelt, verspricht er nicht äberall cine Mittelernte und bedarf, wenngleih sih nicht verkennen läßt, daß die anfänglich recht günstige Frühjahrswitterung auch auf ihn nicht ohne vortheilhaften Einfluß geblieben, gleihfalls zu seiner weiteren Entwickelung eines baldigen Witterungswech\els8. Aus dem Oderbruhe wird geklagt, daß viele Wintersaaten durch das Hochwasser zu Grunde gegangen feien. Von \{ädlicher Wirkung ist der trockene Herbst des Vorjahres auf den Klee gewesen, der einen so dürftigen Stand zeigt, daß eine Umackerung der Felder nothwendig erscheint, namentli, da bei der herrschenden Dürre eine Jünstigere Entwickelung nicht zu erwarten is. Hierdurch und bei dem Febr zurückgebliebenen Stande der Wiesen und Weiden wird der ohnehin noch aus dem Vorjahre herrschende Futtermangel empfindlich gesteigert werden. Mit der Frühjahrsbestellung bat man allerorten rechtzeitig begonnen. Leider sind die frühzeitig aufgegangenen Hafer- saaten dur die Spätfröste bereits wieder vernichtet worden.

Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts-GesellschGaft t : V i i _in München. e ; Auf der Theresienwiese zu München ist im Laufe dieses Frühjahrs ein großes Zeltlager entstanden, welches die Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts«Gesellschaft, die in den Tagen vom 8. bis 12, Juni

stattfindet, aufnehmen soll. Die Bauten sind, wie dies für eine nur fünf Tage währende Ausstellung geboten ist, leiht und in ihren wesentlichsten Theilen aus wasserdichter Leinewand hergestellt. Diese Zelte bieten genügend Schuß gegen die Sonne und, da sie Abends zu- gezogen werden können, auch für das Vieh genügenden Schuß gegen die oft in München um diese Jahreszeit noch kühlen Nächte. Auch die Schuppen und Hallen für die Geräthe und die landwirthschaftlichen Felderzeugnisse und Hilfs\toffe sind in derselben Weise gebaut. Architektonish in gewissem Grade hervorragend sind die Tribüne und das Königszelt. ie Gartenkunst wird bestrebt sein, die Ausstellung zu {müdcken, au fehlt es niht an sonstigen gefälligen Aufstellungen und Einrichtungen, welche die Eintönigkeit der Bauten angenehm unterbrechen. Ueberragt ist das Ganze von der Bavaria und der Nuhmeshalle, welche weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt genug find. Die Zeltstadt ist darauf berechnet, etwa 2500 Thiere, über 3000 Nummern Maschinen und Geräthe und eine eben so große Anzahl Erzeugnisse des Ackerbaues und Hilfs\toffe der Landwirtbschaft aufzunehmen, welche binnen kurzem, namentlich in der Abtheilung der Maschinen, ihren Einzug beginnen werdén.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs8- Maßregeln.

Portugal,

Durch cine im „Diario do Governo“ vom 13. d. M. veröffent- lihte Verfügung des Königlih portugiesischen Ministeriums des Innern werden alle Häfen des Departements Finistère seit dem 1. d. M. für „von Cholera verseuht* erklärt.

Egypten. __ Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Alexandrien vom 5. d. M. ist das zur Verhütung der Cholera-Ein- shleppung gegen Ankünfte von der Küste des Yemen zwischen Moha und Lith in Kraft geseßte Quarantäne-Reglement dur eine ärztliche Besichtigung erseßt. (Vergl. ,R.-A.“ Nr. 40 vom 15. Februar d. I.)

/ Flecktyphus,

Frankreih. Nach einem im „Journal officiel“ vom 19. April d. J. veröffentlichten Bericht des Comités für öffentliche Gesundheits- pflege ist der Flecktyphus nah Lille von Amiens aus, wo er bereits im Dezember v. J. herrschte, eingeshleppt worden und zwar durch einen Landstreicher, der am 6. Januar in Lille anlangte und bis zum Tage seiner Hospitalaufnahme, den 8. Januar, in einer viel- besuchten Herberge Unterkunft gefunden hatte. In das Gefängniß von Lille ist die Seuche wahrscheinlich Ende Januar eingedrungen; am 30. Januar nämlih wurde ein Gefangener eingebraht, welcher Tags darauf unter Fieber mit cinem verdächtigen Hautaus\chlag erkrankte. Vom 13. bis 22. Februar wurden elf Gefangene wegen Flecktyphus dem Kranken- hause übergeben, alsdann nach einer erkfrankungsfreien Zwischenzeit noch siebzehn in den Tagen vom 8. bis 20. März. Seitdem sind im Gefängniß neue Fälle niht mehr festgestellt worden. Von Lille und Amiens aus hat der Flecktyphus in Paris Eingang gefunden. Zu seiner Verbreitung haben vornehmlich die Landstreicher beigetragen. Mit dieser Beobachtung steht die Thatsache in Zusammenhang, daß bis zum 15. April unter den in ganz Frankreich Erkrankten fih 291 Gefangene befunden haben. Nach- stehend angeführte Erkrankungen und Todesfälle infolge von Fleck- typhus sind bis zum 15. April festgestellt: in Paris (einschließli Nanterre) 85:32, Lille 39:12, Amiens 93: 359, Abbeville 39:6, St. Riquier (Somme) 6:1, Beauvais 20:5, Pontoise 20:3, Mantes 1:1, Versailles 3:0, Potssy 3:0. insgesammt 903 : 959. Kleine Seuchenherde hatten sich ferner in Chambly, Maricel und Méru gebildet.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die zweite englische Post über Ostende den Anshluß an Bud 31 nach Berlin über Hildesheim nicht erreiht. Grund: Verspätete Landung des Schiffes in Ostende und Zugverspätung auf

deutscher Strecke wegen Beschädigung der Maschine.

Im Regierungsbezirk Köln ist die Herstellung einer größeren Zahl von Kleinbahnen im Werke. Die Kleinbahn von Frechen nah Köln, welche in der Nichtung auf Bahnhof Ehrenfeld für Güter Normalsfpur erhalten foll, wird alsbald in Angriff genommen werden. Die sogenannte Vorgebirgsbahn, welche an diesem Gebirge entlang Köln und Bonn verbinden soll, wird, sobald die Genehmigung ertheilt sein wird, ebenfalls begonnen werden. Die Kleinbahn von Bonn nach Godesberg wird ihre Fahrten bis Mehlem ausdehnen. Der Bau der Pleißthalbabn im Siegkreise geht seiner Vollendung ent- gegen. Die Eröffnung der Bahn von Gummersbach nah Marien- haide im Kreise Gummersbach ist für den 1. Juli d. F. in Aussicht genommen. Der Weiterbau der Aggerthalbahn von Derschlag nach Bergneustadt in demselben Kreise ist seitens der Staatseisenbahn- verwaltung in den diesjährigen Etat aufgenommen. Ferner finden im Kreise Cuskirhen, Bergheim und Wipperfürt wegen Erbauung von Kleinbahnen lebhafte Unterhandlungen statt. /

Bremen, 19. Mai. (W. T, B) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Leipzig“ hat am 18. Mai Morgens Dover passirt. Der Postdampfer „Baltimore“ hat am 18. Mai Vor- mittags die Reise von Santa Cruz nah Vigo fortgeseßt. Der Neichs- Postdampfer „Habsburg“, von Australien kommend, bat am 18. Mai Vormittags Ouessant passirt. Der Reichs-Post- dampfer „Lübeck“ ist am 18. Mai Nachmittags von Sin gapore nah Neu-Guinea abgegangen. Der Postdampfer „B er lin“ ist am 18, Mai Nachmittags auf der Wefer angekommen. Der Schnell- dampfer „Aller“ hat am 19. Mai Morgens Lizard passirt. Der Postdampfer „H. H. Meier“ is am 18. Mai Nachmittags von New-Vork nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Amerika“ hat am 19. Mai Morgens Lizard passirt.

Hamburg, 18. Mai. (W. T. B.) Hamburg - Ameri- fanishe Packetfahrt-Actien-Gesellshaft. Der Stnell- dampfer „, Columbia * hat, von New-York kommend, beute Morgen Scilly passirt.

Theater und Musik.

Im Königlihen Opernhause werden am Pfingstsonntag Leoncavallo's „Bajazzi“ mit Frau Herzog und den Herren Sylva, Bulß, Fränkel, Philipp gegeben. Vorher geht Mozart's „Bastien und Bastienne" mit Fräulein Weiß und den Herren Philipp und Krolop in Scene. Den Beschluß bildet das Ballet „Die Puppenfee“ mit den Damen dell’Era, Urbanska, Stoßmeister u. \. w. Am Pfingstmontag, 22., gelangt „Lohengrin“ als Gedenkvorstellung für Richard Wagners achtzigsten Geburtstag mit den Damen Pierson und Göße und den Herren Nothmühl, Bulß, Mödlinger und Fränkel zur Aufführung. Die Gesellschaft des Mailänder Scala-Theaters, welche an den beiden Pfingstfeiertagen im Wiener Hofopern- Theater Verdi's „Falstaf* zur Darstellung bringt, kommt von dort chon in der nächsten Woche hierher, um an einigen Proben mit dem Orcester der Königlichen Oper theilzunehmen. Kapellmeister und Choreograph der Scala treffen am 26. Mai hier ein.

Im Neuen Theater wird von dem Königlichen Schau- \piel am Sonntag „Vasantasena“ gegeben. Am Pfingstmontag gehen die Lustspiele „Die Schulreiterin“, „Eingeshlofsen“ und Herrn Kaudel's Gardinenpredigten“ in Scene.

Im Deutschen Theater finden die leßten drei Vorstellungen vor dem Gastspiel in Kopenhagen an den beiden Pfingstfeiertagen und am darauffolgenden Dienstag statt. Am Sonntag wird „Der Talisman*“, Montag „Zwei glücklicbe Tage“ und Vienstag „Der Talisman® gegeben. Am Mittwoch Morgen erfolgt die Abreise des Personals nach Kopenhagen.

Im Berliner Theater seßt Adrienne von Kolá vom Hofs burg-Thbeater zu Wien morgen ibr auf Engagement abzielendes Gaste spiel als Claire im „Hüttenbesißer* fort; zuglei mit ibr debütirt