1893 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Jul 1893 18:00:01 GMT) scan diff

‘dem betreffenden Ort befindlichen Drvgandandlzngen regel mäßig einer Revision nah den geltenden Bestimmungen zu unterwerfen und die darüber aufgenommene Verhandlung Eucr Mgen zum weiteren Befinden vorzulegen.

o, wie in Berlin, Breslau und Köln, die örtlichen Verhältnisse eine solche Revision niht angängig erscheinen e ist für thunlichst strenge Beauffichtigung durch die Physiker, womöglih unter Mitwirkung von Apothekern, wie dies in Berlin geschieht, zu sorgen. i

Ueber die Zahl der stattgehabten Besichtigungen von enam lungen durch die gedahten Commissarien und das Ergebniß derselben sehe ih einer entsprehenden Bemerkun in dem jedesmaligen Jahresberiht des Regierungs-Medizinal- Rathes über Apothekenbesihtigungen ergebenst entgegen.

Berlin, den 7. Juni 18983.

Der Minister i der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. Im Austrage : Bartsch. An sämmtliche Königlichen Regierungs-Präsidenten und den Königlichen Polizei-Präsidenten hier.

Nichtamtliches.

Deutsches Neicéh.

Preußen. Berlin, 4. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König kamen heute Morgen vom Neuen Palais nah Berlin und eröffneten in feierliher Weise den neu gewählten Reichstag im Weißen Saale des hiesigen Königlichen Schlosses.

Vorher hatten Seine Majestät den Vortrag des Chefs des Militärcabinets im Schlosse entgegengenommen.

Die Commission für Arbeiterstatistik erörterte in ihrer Sißung vom 30. v. M. die Frage inwieweit das ihr vor- gelegte statistische Material über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Lehrlingsverhältnisse im Handelsgewerbe der Ergänzung bedürfte und auf welchem Wege diese Ergänzung zu beschaffen wäre. Man einigte sich dahin, daß durch weitere Ermittelungen klar gestellt werden müßte, inwieweit die nah dem Ergebniß der Statistik gegenwärtig übliche Arbeitszeit der Verkäufer in Ladengeschäften eine übermäßige wäre, und inwieweit eine ge- seßlihe Beschränkung der Ladenzeit oder der Arbeitszeit des Ladenpersonals ohne Gefährdung der wirthschaftlihen Lage der Betheiligten und der berechtigten Jnteressen des faufenden Publikums durchgeführt werden könnte, sowie ob die Ein- führung einer geseßlichen Minimalkündigungsfrist sich empfehle. Die zur Beantwortung dieser Fragen erforderlichen Unterlagen werden nah Ansicht der Commission durch Vernehmung von Auskunftspersonen und durch Befragung von Juteressenten- vereinigungen zu beschaffen sein. Die Gegenstände der Ver- nehmung und Befragung näher festzustellen, wurde einem Ausschuß übertragen. /

Jnfolge einer Eingabe von Hausdienern, Pakern 2c. aus Berliner Handelsgeschäften beshloß die Commission, auch die Verhältnisse der kaufmännishen Bediensteten dieser Art bei den Vernehmungen zu berücksichtigen. Jn der Sißung vom 30. v. M. wurde ferner Mittheilung über die Lage der übrigen von der Commission beschlossenen Erhebungen gemacht. Da- nah haben die Vernehmungen von Auskunftspersonen und die Befragung von Jnteressentenvereinigungen zur Fortseßung der Bäkkerenquête stattgefunden; die Protokolle und Gutachten find zum größten Theil cingegangen. Die Fragebogen zur Erforschung der Arbeitszeit in Getreidemühlen sind ausgegeben, zu einem guten Theil auch bereits wieder eingegangen.

Auf die von der Commission angeregten Erhebungen über die Verhältnisse der jugendlichen und weiblihen Arbeiter und die Arbeitszeit der erwahsenen Männer in der Haus- industrie hat der Reichskanzler beschlossen einzugehen und Vorbereitungen für die Einleitung solher Erhebungen bereits in Angriff nehmen lassen.

Die Sitzung vom 1. d. M. war der Berathung eines Fragebogens zur Erforshung der Verhältnisse der in Gast- und Schankwirthschaften beschäftigten Personen gewidmet. Der vorgelegte Entwurf fand mit einigen Abänderungen die Zustimmung der Commission. Einen größeren Raum in der Berathung, zu welcher mehrere Wirthe und Kellner als Siöfiteifiöpértonen zugezogen wurden, nahm die Erörterung der Fragen ein, ob auch die Beschaffenheit der den Kellnern 2c. vom Principal angewiesenen Wohnungen mit Hilfe des Fragebogens erforscht werden sollte, und ob die ganze Erhebung auf Kellner zu beschränken oder auch auf andere Bediensteee der Gast- und Schank- wirthshaftsbetriebe thätige Personen insbesondere das Küchen- personal zu erstrecken wäre. Die erste Frage wurde ver- neint, da man es für unmöglich hielt, über die Beschaffenheit von Wohnungen auf schriftlichem Wege Klarheit zu gewinnen ; die zweite Frage wurde zunächst einem Ausshuß zur Prüfung Überwiesen.

Jn der Nr. 13 der „Amtlichen Nachrichten des Neichs-Vers icherungsamts“ vom 1. Juli d. J. werden veröffentliht ein Nachtrag zu den Unfallverhütungs- vorschriften der Shwarzburg-Sondershausenschen landwirthschaftlihen Berufsgenossenschaft und die Unfallverhütungsvorschriften der landwirthschaft- lihen Berufsgenossenschaft Ober - Elsaß für den Betrieb des Holzschlittens in den Gebirgsforsten des Bezirks “rve Ferner sind folgende Recursentscheidungen mit- getheilt :

__ Der Betrieb einer umfangreichen Fischflößerei, welchen cine kaufmännishe Firma zu Zwecken ihres Großhandels mit See- und Flußfischen eingerichtet hat, ist, da er sih in ähn- licher Weise wie die Schiffahrt und Flößerei vollzieht, als ein nah § 1 Ziffer 3 des Ausdehnungsgesezes vom 28. Mai 1885 versicherter, der zuständigen Binnenschiffahrts-Berufs- eau gee er Betrieb erklärt worden. Was die

ewerbsmäßigkeit desselben betrifft, so war davon aus- zugehen, daß auch solche Betricbe, die nur den Zwecken eines

Handelsgeschäfts dienen, also für den Unternehmer nicht eine unmittelbare Einnahmequelle bilden, den gewerbsmäßigen Be- trieben dann gleih zu stellen sind, wenn sie nah ihrer be-

onderen Bedeutung für das Geschäft, : estimmt sind, namentlich mit Rüksi t auf ihre finanzielle Erheblichkeit, einen wesentlihen und hervorragenden Bestand- theil des Gesammtunternehmens bilden. i

Die Zustellung eines Bescheides an eine Person, die sih vorübergehend im Auslande aufhält, ist gültig erfolgt, wenn die Behändigung während der Zeit der Abwesenheit in der im Julande belegenen und beibehaltenen Wohnung des Adressaten gemäß den für die Bestellung von eingeschriebenen Vriefen durh die Post be- stehenden Vorschriften, z. B. an die Ehefrau, ordnungs- mäßig ausgeführt worden ist.

Eine or dnungsmäßige Zustellung seßt voraus, daß die Person des Empfangsberechtigten sih aus der Adresse klar und unzweideutig ergiebt. Danach ist die Zustellung eines Bescheides an einen Verleßten, welche unter der Adresse „an den Glasmacher Michael L. zu Händen der Frau L. in B.“ während einer längeren Abwesenheit des L. an seine Ehefrau erfolgt war, nicht als gültig bewirkt angesehen worden. :

Eine ordnungsmäßige Zustellung eines Bescheides im Sinne der 88 62 und 110 des Unfallversicherungs8geseßes liegt niht vor, wenn derselbe dem Kläger, der sh in r u befindet, nur „eröffnet“ worden ist, während eine Behändigung nicht stattgefunden hat, und niht einmal feststeht, ob der Bescheid dem Kläger wörtlih vorgelesen oder nur dem Sinne nach mitgetheilt worden ist.

Die Zustellung kann an eine thatsählih geistes- kranke, wenn auch erst später für geisteskrank erklärte Person nicht mit rehtliher Wirksamkeit erfolgen.

Die Nr. 13 der Sonderausgabe der „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts“, Fn- validitäts- und Altersversicherung, vom 1. Juli d. J. enthält folgende Revisionsentscheidungen.

Der S M ebggerivar gende hat nach § 16 der Kaiserlichen Verordnung vom 1. Dezember 1890 das Necht, vor der mündlichen Verhandlung, um diese zweckmäßig vorzubereiten, von Behörden 2c. die ihm geeignet Lfcbeinenden Urkunden und Auskünfte jeder Art einzuziehen. Er ist aber auch verpflichtet, den Betheiligten vor der Urtheils- fällung von dem Jnhalt der eingezogenen Urkunden 2c. Kenntniß zu geben oder doch wenigstens ihnen die Möglichkeit zu ge- währen, daß sie sih die Kenntniß davon verschaffen.

Es besteht im allgemeinen keine Pflicht, sondern nur eine Befugniß der Versicherungsanstalt, nah Erlaß eines die Gewährung einer Altersrente ablehnenden Bescheides auf Grund nachträglich beigebrahter Unterlagen in eine wieder- holte Prüfung des NRentenanspruchs einzutreten und zutreffendenfalls einen anderweiten Bescheid zu ertheilen. Hat aber einmal der Vorstand von jener Befugniß durch Ertheilung eines neuen berufungsfähigen Bescheides Gebrauch gemacht, so wird dadurch der frühere rehtskräftige Bescheid ohne weiteres aufgehoben. Der neue Bescheid tritt vollständig an die Stelle des zuleßt erlassenen dergestalt, daß auch den übrigen Rêntenfeststellungsinstanzen nunmehr die Möglichkeit gewährt ist, ihrerseits den geltend gemachten Anspruch einer umfassenden, an die Begründung des neuen Bescheides in keiner Weise gebundenen Prüfung zu unterziehen. Hieran wird auch dann nichts geändert, wenn der nunmehr allein maßgebende Bescheid sich ausdrücklih auf die Rechtskraft des früheren beruft.

Wenn dagegen der Anstaltsvorstand die Ertheilung eines anderweiten Nentenbescheides in formloser Weise ablehnt, so stellt dieses Antwortschreiben einen ander- weiten berufungsfähigen Rentenbescheid im Sinne des Geseßes nicht dar und kann dagegen auch ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden.

Im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Z 82 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes und 8 543 Nr. 3 der Civilprozeßordnung findet der die Zu- ständigkeit betreffende S 547 der Civilprozeßordnung wonach in diesem Falle zur Entscheidung über die An- fechtungs- (,„Restitutions:“) klage das Berufungsgericht aus- \chließlih zuständig ist feine Anwendung. Das Reichs- Versicherungsamt ist vielmehr stets dann zur Wiederaufnahme des Verfahrens zuständig, wenn es entweder die angefochtene Entscheidung selbst oder auch nur eine der mehreren ange- fochtenen Entscheidungen gefällt hat.

Die Vorschrift des § 549 der Civilprozeßordnung, wonach die Wiederaufnahmeklage vor Ablauf eines Monats, nachdem die Partei von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß er- halten hat, zu erheben is, findet auh in dem Wieder- aufnahmeverfahren des Jnvaliditäts- und Altersversicherungs- geseßes Anwendung.

Auf einen lediglih auf die Behauptung, daß der Kläger für die Nichtigkeit seiner Angaben neue Zeugen ermittelt habe, gestüßten Wiederaufnahmeantragy, gewährt die Civilprozeßordnung, mithin in „entsprehender Anwendung“ derselben auch der § 82 des Jnvaliditäts- und Altersversiche- rungsgeseßes die Restitutionsklage nit.

Der Chef der Landgendarmerie, General der Jnfanterie von Rauch ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich boyerische Ministerial-Rath von Heller ist hier angenommen.

Der Regierungs - Assessor Grashoff zu Schweh ist der Königlichen Regierung J Königsberg 1. Pr. und

der Kegierungs - Assessor Dr. Thal zu Potsdam der Königlihen Regierung zu Stettin zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden. | / i

Der Regierungs-A}essor von Slupecki zu Berlin (bei der Königlichen Direction für die Verwaltung der directen Steuern) ist bis Ende September d. J. der Königlichen Regie- rung zu Magdeburg zur aushilfsweisen Beschäftigung über- wiessn worden.

Der Regierungs - Assessor Freiherr von Wacerbarth en. von Boms dorff zu Liegniy ist mit der commissarischen Beratung des Landrathsamts im Kreise Kottbus, Regicrungs- bezirk Frankfurt a. O., und j

der Regierungs-Assessor Dr. jur. Porcher zu Cassel mit der commissarishen Verwaltung dés Landrathsamts im Kreise Wipperfürth, Regierungsbezirk Köln, beauftragt worden.

Der bisher mit der Vertretung des Landraths in Lissa betraute Regierungs-Affsessor E aus Arnsberg is bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Militsh zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

u dessen Förderung sie 1

S. M. Kreuzer „Seeadl er“, Commandant Corvetten- Capitän Koellner, ist am 3. d. M. in Bombay eingetroffen. S. M. Kreuzer „Schwalbe“, Commandant Corvetten- Capitän Oelri chs, ist am 2. Juli in Port Said eingetroffen und beabsichtigte, am 3. Juli nah Alexandrien in See zu gehen.

Vayern. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen ist vorgestern von Friedrichshafen in München eingetroffen.

Hessen. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern von Darmstadt zu den Vermählungsfeierlihkeiten des Herzogs von: York nah Windsor abgereist.

Mecklenburg-Strelißz.

Die „Mel. rort veröffentlichen nachstehenden Dankes- erlaß Jhrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin:

Zur Feier Unserer goldenen Hochzeit sind Uns von nah und fern so zahlreiche shriftlihe und telegraphishe Glückwünsche zugegangen, einige von schônen Geschenken und Blumenspenden begleitet, von Alt und Jung, von Hoch und Gering, von Einzelnen und von Corporationen und von Deputationen, daß es außer der Möglichkeit liegt, jedem besonders und im einzelnen zu danken. Wir bitten daher, auf diesem Wege Unsern wärmsten und innigsten Dank für diefe Unsere Herzen tief rührenden Beweise von Theilnahme, von Anhänglichkeit und Treue allen mit der Ver- sicherung aussprechen zu dürfen, daß nihts Uns eine größere Freude hätte bereiten, nihts Unsern Herzen mehr wohlthun können.

Mecklenburgh- House, London, 28. Juni 1893.

Aagusta Caroline, Friedrich Wilhelm,

Großherzog und Großherzogin von Mecklenburg - Streliß.

Sachsen-Meiningen. Der Landtag ist auf den 5. d. M. einberufen worden, um über Maßregeln gegen die Futternoth zu berathen. Anhalt. Der Herzogliche Hof ist dem „A. St.-A.“ zufolge am 1. d. M. von Ballenstedt nah Wörliß übergesiedelt. Elsasz-Lothringen. Der Kaiserliche Statthalter Fürst Hohenlohe hat fich vorgestern Abend von Straßburg nah Berlin begeben.

Frankreich.

Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer gestrigen Sizung die Budgets der Ministerien des Jnnern und des öffentlihen Unterrichts und begann dann die Berathung des Budgets des Marine-Ministeriums. Lockroy sprach sih dabei scharf über die Marineverwaltung aus und betonte besonders die Nothwendigkeit, schnelle und leihte Schiffe zu bauen. Seiner Ansicht nah könne Frankreih nach zwanzig- jähriger Anstrengung den englischen Seestreitkräften und den- jenigen des Dreibundes nur 9 Geschwader gegenüber 37 Ge fwädern aufstellen. Nah Annahme des Marinebudgets interpellirte der Deputirte Millerand die Regierung wegen der jüngsten Vorfälle mit den Pariser Studenten (siehe unten), tadelte die Art des Vorgehens der Polizei, fragte den Minister nach den von ihm beab- sihtigten Maßnahmen und forderte die Entlassung des Polizei- Präfecten Lozé. Der Minister-Präsident Dupuy erwiderte: als die Schußleute versucht hätten, die Theilnehmer an der Kundgebung auf der Place de la Sorbonne zu zerstreuen, seien sie mit verschiedenen Gegenständen von der Terrasse eines Cafés aus beworfen worden, wodurch ein Polizeioffizier verwundet worden sei. Die Regierung werde untersuchen, wen die Verantwortlichkeit treffe, und werde die schuldigen Beamten bestrafen. Der Deputirte Turrel brachte hierauf eine Tages- ordnung ein, welche besagt : indem die Kammer auf die Energie der Regierung rechne, um alle diejenigen, welche die Verantwortung für die beklagenswerthen Ereignisse vom Sonnabend treffe, festzu- stellen und um prompt ein gerechtes Urtheil herbeizuführen, gehe sie zur Tagesordnung über. Nachdem der Minister- Präsident Dupuy sich mit dieser Tagesordnung einverstanden erklärt hatte, wurde dieselbe durch Aufheben der Hände an- genommen. ; /

In Paris ist es gestern zu ernsten Ausschreitungen gekommen. Die bereits am Sonnabend begonnenen Demon- strationen seitens der dortigen Studenten wegen der von dem Zuchtpolizeigericht erfolgten Verurtheilung eines Studenten wurden gestern früh fortgeseßt und währten bis spät in die Naht. Es liegen darüber folgende Mittheilungen des „W: D. B“ Vor!

Gestern früh veranstalteten Studenten vor der Polizei-Präfectur eine stürmische Kundgebung gegen den Polizei: Präfecten Lozs. Am Naÿhmittag zogen etwa 1000 Studenten von dem Sorbonne- Play aus unter dem Rufe „Nieder mit Lozé!“ nach dem Palais Bourbon. Die Gitter des Palais Bourbon waren indessen ge- chlossen; etwa 2000 Studenten und Neugierige. sammelten ch vor dem Palais an. Der Deputirte Dreyfus machte den Studenten die übrigens unbestätigt gebliebene Mittheilung,“ daß der Polizei - Präfect Lozó seine Demission gegeben habe, worauf die Studenten die Umgebung des Palais Bourbon verließen. Gegen Abend begaben sich die Demonstranten vor das Senats- ebäude und warfen die Schilderhäuser der Wache um. Der wacht- Kkeube Offizier ließ die Mannschaft antreten. Der Zwischenfall blieb jedo ohne weitere Folgen. Die Menge zog alsdann vor die Polizei- Präfectur. Dort wurde die Fahne heruntergeholt und auf die Erde geworfen. Schließlih wurde die Menge durch 300 Polizei-Agenten,, welhe blank zogen, zerstreut. Später septen die Studenten den Lärm auf dem Boulevard St. Michel fort, wo sie die Kioske und Straßenlateren zershlugen. Eine Schaar suchte darauf die St. Miel- Brücke zu passiren, wurde aber IUrlage enen, Eine andere Schaar der Manifestanten zog nah den Boulevards. Gegen 115 Uhr Nachts fand auf dem St. Michel - Play ein neuer Zusammenstoß wishen den Manifestanten und der Polizei statt, wobei die

olizei-Agenten von den Studenten entwaffnet und drei Agenten. verwundet wurden. Um Mitternaht dauerten die ube- störungen noch fort; auf dem Boulevard Skt. Michel und bis zum Boulevard St. Germain wurden alle ere erun zerschlagen, sodaß vollständige Dunkelheit herrshte, Ein Kiosk wurde. in Stücke geschlagen und lehtere in Brand gesteckt, S in der Mitte der St. Michel-Brücke ein großes Feuer entstand. Die Polizei-Agenten mußten fortdauernd von der Waffe Gebrauch machen. Die uhe» törungen seßten sih bis 2 Uhr früh fort ; eine Bande, die gegen das

‘inisterium des Jnnern heranzog, wurde in dem Faubourg St. Honors durch die Polizei-Agenten aufgehalten und nach einemernsteren Zusammen- stoß, bei welhem mehrere Personen verwundet wurden, nach den droben Boulevards hin zurückgedrängt. Die Zahl der im Laufe des Abends Verwundeten beträgt über hundert, darunter einige Shwerverwoundete. Unter den Verwundeten befinden ih außer aht Polizei-Agenten auh

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i Xournalisten, die si behufs Berichterstattung an den Schauplaß Dée E ES Ge begeben hatten; einige dreißig Personen wurden verhaftet. Die Studenten protestiren gegen die Acte der Wildheit und Rohheit, die, wie sie behaupten, von Vagabonden begangen wurden, welche nur gekommen seien, um Unruhen hervorzurufen, denen fie, die Studenten, vollständig fern stünden.

Ftalien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer be- antragte, wie „W. T. B.“ meldet, der Abg. Sonnino bei der Berathung des Art. 2 des Bankengesehentwurfs ein Amendement, wodurch das Emissionsprivilegium auf 15 Jahre beshränkt werden sollte. Das Amendement wurde, nachdem sich die Regierung dagegen ausgesprochen hatte, mit 191 gegen 103 Stimmen verworfen. Die Kammer nahm sodann ein zwanzig- jähriges Emissionsprivilegium an. Jm weiteren Verlaufe der Berathung wurde cin Antrag von De Luca und Genossen, der die Höhe des Notenumlaufs der Bank von Neapel auf 260 Millionen festseyen wollte, mit 175 gegen 59 Stimmen bei 36 Stimmenenthaltungen abgelehnt. Ebenso wurde ein Antrag Colajanni's, der den Notenumlauf der Bank von Sicilien auf 64 Millionen erhöhen wollte, in namentlicher Abstimmung mit 176 Stimmen gegen 40 bei 26 Stimmen- enthaltungen verworfen. Artikel 2 des Bankengeseßes wurde sodann in der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung dur einfahe Abstimmung angenommen und hierauf

die Sizung geschlossen. Luxemburg.

Der bisherige deutsche Minister-Resident Graf Wallw hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, am 29. v. M. dem Groß- herzog sein Abberufungsschreiben überreicht. Der feierliche Einzug des neuvermählten erbgroßherzoglihen Paares ist auf den 23. Juni festgeseßt.

Türkei.

Die (in Nr. 154 des „R.- u. St.-A.“ gemeldete) Er- nennung des Ministers der Civilliste Mikael Effendi Portotal zum General-Director der indirecten Steuern ist einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge vorläufig zurück- gezogen worden. Ueber die Gründe der Maßregel verlautet nichts.

Bulgarien.

Wie die „Agence balcanique“ mittheilt, verließen General: Fnspector Niko lajew und Oberst-Lieutenant Tantilow bei dem lehten Empfang in demonstrativer Weise das Prinzliche Palais, weil sie sih durch ihren Plaß und durch die Reihen- folge bei der Vorstellung für zurücgeseßt erachteten. Der Prinz Ferdinand legte beiden einen 48 stündigen Hausarrest auf und ließ sie des activen Dienstes entheben.

Schweden und Norwegen.

Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania von gestern zufolge hat das Storthing die Vorlage wegen Ein- führung einer aus\hließlich norwegischen Flagge ohne Abzeichen der Union endgültig genehmigt.

Amerika.

Dem „Reuter'shen Bureau“ wird aus Buenos-Aires gemeldet, daß der Präsident, nachdem das gesammte Cabinet demissionirt hat, heute Vormittag die Bildung eines neuen Cabinets versuchen werde. Falls dies nicht gelinge, werde, wie man glaubt, der Präsident selbst zurütreten.

Asien.

Nach einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ aus Bangkok hätte Frankreich neuerdings zwei Jnseln im Golf von Siam beseßt.

Asrifa.

Nach einer Meldung des „Reuter'shen Bureaus“ aus Kairo begiebt sich der großbritannishe Gesandte Lord Cromer heute zu vierzehntägigem Kurgebrauh nah Karls- bad und von dort nach London.

Parlamentarische Nachrichten. Deutscher Rcichstag. 1. Sigung vom Dienstag, 4. Juli, 2 Uhr.

Der Sißung wohnen bei die Staatssecretäre Pr. von Boetticher, Freiherr von Malyahn und Freiherr von Marschall, sowie der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath Graf von Lerchenfeld-Köfering und der Königlich sähsische Bevollmächtigte zum Bundesrath Graf von Hohenthal. Das Haus ist fehr stark beseyt. Den SE, nett als Alters-Präsident der 1810 geborene Abg. Dieden (Trier, Centr.), der zu Schriftführern die Abgg. Merbach (Rp.), Freiherr von Buol (Centr.), Dr. Kropatschek (dcons.) und Dr. Pieschel (nl.) beruft und den Namens-

aufruf vornehmen läßt, der bei Schluß des Blattes noch fortdauert.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

86. Sigung vom 4. Juli 1893.

Der Sißung wohnt der Minister de istli 2 Angen E DY: D e bei. l ente ea uf der Tagesordnung steht folgende, am 15. März ein- gebrahte Jnter pellation des Abg. Grafen Douglas:

An die Sa teerngs richte ih die Anfrage: Welche Maß- tg dieselbe der Choleragefahr gegenüber zu ergreifen ge- en Jn Verbindung damit soll die Denkschrift des Staats-

Ministeriums über die gegen die Cholera in Don 1892 getroffenen Maßregeln berathen werden.

_Zu diesem Bericht hat der Abg, von Bülow-Wandsbek (freicons.) folgenden Antrag eingebracht :

Die Staatsregierung aufzufordern : 1 Ermittelungen über die durh die Bekämpfung der Cholera im Jahre 1892 entstandenen Kosten anzustellen und das Ergebniß dem Hause der Abgeordneten in einer Nachweisung vorzulegen und 2) dabei mitzutheilen, welche

dieser Kost ; ; / bene nehmen anb as Staatsregierung auf Landespolizeifonds zu über

Abg. Graf Douglas (cons.) führt zur Begründung der Inter- pellation aus, daß die Verzögerung der Verhandlung dieser T Bli en rage în einer gebotenen Rüsihtnahme auf die Geschäftslage des He ihre Ursache ent habe. Es “4 aber nothwendig, vor dem puB des Landtags d ese Angelegenheit noch der öffentlichen Auf- merksamkeit zu unterbreiten. Für das, was im vorigen Sommer

gesehen sei, gebühre der Regierung unbedingte Anerkennung. an müsse aber doch die Frage an die Regierung richten, o die vorjährigen Vorkehrungen gen Sen um uns vor einer Wieder- holung ähnlicher Ausbrüche der uhe zu {üßen. Redner bittet den Minister um Mittheilung der etwa über die bisherigen hinaus beabsichtigten Maßregeln und empfiehlt auch die Einrichtung von in- formatorishen Cursen für alle bei der Bekämpfung der Gefahr in Betracht kommenden Kreise, au für die Abgeordneten.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse: Jh fönnte zur Beantwortung der Interpellation auf die Denkschrift ver- weisen, welhe ich im Verein mit den Ministern des Innern, des Handels und der öffentlichen Arbeiten vorgelegt habe. Wir werden, wenn die Gholeragefahr wieder auftauchen sollte, analoge Maßregeln ergreifen. Die Epidemie des Vorjahres nahm ihren Ausgangspunkt in Hamburg ; sie kam vollständig überras{hend. An der Hand des sach- verständigsten Raths, der uns zu Gebote stand, haben wir gethan, was wir fonnten. Wir haben aus dem Verlauf der Epidemie (Erfahrungen gesammelt, welche uns jest zu Gebote stehen. Vielleicht sind wir im Vorjahre in manchen Richtungen zu weit gegangen, weiter als un- bedingt nöthig war. Zu weit gegangen wurde vielleicht bezüglich des NBerkehrs. Die Beschränkungen desselben werden daher diesmal nicht in so großem Umfang eintreten und die unvermeidlihe Belästigun des Publikums wird dadurch weniger fühlbar werden. u unsere Vorbereitungen find an der Hand dex gemachten Erfahrungen diesmal bereits im voraus getroffen. Das nöthige Personal ist designirt und jeden Augenblick bereit, in Action zu treten; die Vorkéhrungen für die Diagnose sind fertig; was vor- gesehen werden kann, um der Gefahr zu begegnen, ist zur Zeit voll- ständig besorgt. Es gehört dazu aber auch die Unterweisung der Medizinalbeamten, der Kreisphysici, welhe durh Geheimen Rath Koch im Laufe des leßten Jahres erfolgt ist. Die Ueberwachung der Stromläufe i bereits seit Beginn des Flößereiverkehrs aufgenommen worden, namentlich der nach der Ostgrenze gelegenen. Für die Weichsellinie is eine neue bafkterio- logishe Untersuchungsstation zu Danzi hergerihtet, wofür die Stadt Danzig in dankenswerther eise die Räume un- entgeltlich hergegeben hat. Auh in Bonn is eine solhe Station eingerihtet und fertig. Im übrigen wird das Bedürfniß durch die Universitätsinstitute gedeckt. Bei der Wasserverforgung und der Ab- fuhr der Abfallstcffe wird die Frage der Înfection mit der größten Sorgfalt überall beachtet. Der Fall in Nietleben, der ja viel Auf- sehen erregt hat, gehört zu denen, die immer wieder plötzlich vor- kommen und nie ganz vermieden werden können. Die internationale Sanitätsconferenz in Dresden hat das preußishe System vollständig acceptirt. Die wesentliche Absicht der Interpellation foll im Lande Beruhigung darüber herbeiführen, daß eintretendenfalls von Regie- rungs- und Verwaltungs8wegen nihts verabsäumt werden wird. Es ist der dringende Wunsch des Interpellanten, daß eine gründliche Reform unserer gesammten Medizinalverwaltung baldigst in die Wege geleitet werde. Ih habe diese Frage kurz nach der Uebernahme des Ministeriums angeregt, habe aber ein ohne weiteres verwerth- bares Material oder einen concreten Plan nicht vorgefunden und der ist auch bis jeßt nicht vorhanden. Seit vielen Jahren sind gewisse Mängel auf diesem Gebiete {wer empfunden worden. Diesem abzuhelfen is auch mein dringender Wunsch. Ermittelungen über die jeßigen Bezüge der Kreis-Medizinalbeamten hat {on Herr von Goßler anstellen lassen. Die künftige Medizinalreform wird sich in Preußen in zwei Nichtungen bewegen : cinmal müssen die örtlihen Medizinal- beamten, die künftigen Kreis - Aerzte, mit den neueren wissen- \chaftlihen Ergebnissen auf dem Gebiete der öffentlichen Ge- sundheitspflege mehr als bisher vertraut gemaht und von der ungeheuren Bedeutung der Prophylare vollkommen durhdrungen werden. In Wechselwirkung damit steht die ganze Negelung der amtlihen Stellung dieser Beamten, nicht bloß ihrer Gehaltsverhältnisse. Dieser Plan ergiebt eine ganze Reihe organisa- torisher und finanzieller Fragen, deren Lösung ungemein schwierig erscheint. Versprehungen in dieser Beziehung kann ih um so weniger geben, als _ich nicht weiß, was ih davon zu halten in der Lage sein würde. Daß die jetzigen Kreisphysici in ihrer Stellung keine rechte Befriedigung empfinden können, ms ih anerkennen. Sie ganz auf die Praxis zu verweisen, i} ein gefährliches Beginnen ; fie ganz auf den Staat zu verweisen, is nicht minder bedenklich. Diese Frage wird zu ihrer zweckmäßigen Lösung noch eines beträcht- lihen Zeitraums bedürfen. Auch die Frage der örtlihen Gefundheits- commissionen und der Anstellung von Gefundheitsaufsehern ist zur Zeit noch niht spruchreif, wir müssen uns zunächst noch mit den bisherigen Organisationen behelfen. Die Reform wird mit allem Ernste vorbereitet, kann aber bei ihrer umfassenden Bedeutung niht aus dem Handgelenk zu stande gebracht werden. Mit bloßen WVertröstungen auf die Zukunft lassen sich die uns hier beschäftigenden Fragen nicht lösen; einiges können wir thun, ohne die Reform abzuwarten. Im Punkte der Lehrcurse bin ih ganz mit dem Interpellanten einverstanden; wir find seiner Anregung aber schon zuvorgekommen; niht nur für Aerzte, sondern auch für NVerwaltungsbeamte sind solhe hygienishen Curse bereits abgehalten worden. Sollte es den Abgeordneten gefällig sein, an diesem Curse theilzunehmen, so würde uns das zum größten Vergnügen gereichen.

Zur Besprehung der vorgelegten Denkschrift ergreift-so- dann Abg. Dr. Graf das Wort. (Schluß des Blattes.)

Der Schlußberiht übcr die des Hauses der Abgeordneten Ersten Beilage.

gestrige Sigßung befindet sih in der

Statistik und Volkswirthschäft.

Die feststehenden Dampfkessel in Preußen und Sachsen 1886 und 1891.

Während die beweglihen Dampfkessel (Lecomobilen) neuerdings bei der Landwirthschaft Preußens eine erheblih gesteigerte Benußung gefunden haben, gelangen die feststehenden Dampfkessel nach wie vor überwiegend in der Industrie zur Verwendung. Es läßt somit die Zunahme der leßteren Tapiergeuoer wohl einen Schluß auf die Entwickelung der industriellen Thätigkeit des Landes zu, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß hierauf außer der Zahl noch die Größe, die Heizfläche und Dampfspannung der Kessel sowie andere Umstände ihren der i auße i

Vergleicht man in dieser Hinsicht Preußen mit dem industrie- reisten deutschen Bundesstaat Sachsen, so wird über die Zahl und die sonstigen Eigenschaften der Dampfkessel und Dampfmaschinen in

reußen alljährlih in der „Statistishen Correspondenz" Näheres ver- öffentlicht, während über die gleihen Verhältnisse des Königreichs Sihe in den Jahren 1886 und 1891 die „Zeitschrift des Königlich Sächsischen Statistishen Bureaus“ Jahrgang 1892") eingehende Mit- theilungen enthält. / ;

In Preußen stieg nun die Zahl der enten Damyfkessel von 42 956 zu Anfang 1886 auf 49 914 zu Beginn 1891;- in Sachsen vermehrten ih in demfelben Zeitabschnitt diese See von 6550 auf 8078. Während also die Zunahme in Preußen 6958 Kessel oder 16,2 9% rv ns sie sih in Sachsen auf 1528 Kessel oder 23,33 9%. Die beträchtlih stärkere Zunahme der feststehenden Dampferzeuger in

Thätigkeit imersteren Lande schließen. Diese Vermehrung inSachsen erweist sih noch dadurch als cine besonders hervorragende, daß hier in den sieben vorangehenden Jahren von 1879 bis 1886 die Gesammtzahl der fest- stehenden F mpteiel um 1576 Kessel oder 31,68 0/9 wuchs, jobas die jährlihe Vermehrung der Felle! nur 4,53% durchschnittlich betrug gegen 4,67 % jährlich im Jahrfünft 1886 bis 1891.

—"*) Uebersicht über die Dampfkessel und Dampfmaschinen im Königreich Sachsen für den 1. Januar 1891, Von Regierungs-Rath Morgenstern.

Sadhsen „gegen fierenta läßt auf eine rater Steigerung der gewerblichen

Faßt man auch. die einzelnen Landestheile beider Staaten ins Auge, so stellte sich ie Po der feststehenden Dampfkessel 1886 und 1891 in den preußischen tere Hs st, me ge 6

eststehende Dampfkesse unahme Provinzen zu Anfang von 1886 bis 1891 886 1891 Kessel % Ostpreußen 1 007 1 234 227 Weiipreußen 1 077 1287 210 Berlin, Stadtkreis .... 1514 1 645 131 Brandenburg 3 436 4 130 694 ) 1 299 1471 172 j ofen 1 504 239 18,89 7 459 730 10,85 4 927 394 8,69 1 753 587 50,52 Hannover 2 797 3215 418 14,94 Westfalen i 7 441 1069 16,78 Heslensjan 1 855 374 25,25 heinland 10 259 11 961 1702 16,59 Hohenzollern . : 21 32 11 52,38

In denjenigen Provinzen, wie Sachsen, Schlesien, Westfalen, Rheinland und in der Stddt Berlin, welche sich s{chon längst dur eine hohe industrielle Thätigkeit hervorthun, nahm also die Zahl der feststehenden Dn verhältnißmäßig weit weniger zu, als in den vornehmlich der andwirthschaft obliegenden Provtnzen Schleswig- Holstein, Hessen-Nassau, SRP Ie u. \. w.; man darf hieraus ließen, daß die gewerbliche Thätigkeit in den leßteren Provinzen Vera größere Fortschritte gemacht hat und bei einer gewissen industriellen Sättigung der ersteren Landestheile sich mehr auf die leßteren auszudehnen bestrebt ist.

Wie sich die Verhältnisse dagegen im Königreich Sachsen gestaltet haben, läßt nachstehende Uebersicht ersehen :

Rreis- feststehende Dampfkessel hauptmannschaften Ps Li A T it zu 1891 Bug. 0D 837 185 h Dre «00S 1953 368 23,22 Gib 741818 1624 306 93,22 Zwidau 0 0 3664 669 22,34

Die Kreishauptmannschaft Bauten, welhe hiernah an der Ge- sammtzahl der feststehenden Dampfkessel in Sachfen am geringsten betheiligt ist, zeigt das stärkste Bestreben in der Vermehrung dieser Kessel, was auf einen besonders starken Aufschwung ihrer gewerhb- lichen Thätigkeit hindeutet; demgegenüber weist die in industrieller Beziehung an der Spitze stehende Kreishauptmannshaft Zwickau, entsprehend dem Vorgange in Preußen, die verhältnißmäßig geringste Vermehrung ihrer feststehenden Dampferzeuger auf. m übrigen ergiebt sih, daß die Zunahme der feststehenden Dampfkessel in den einzelnen Kreishauptmannshaften Sachsens eine weit gleichmäßigere war als in den Provinzen des Pen en Staats, eine Erscheinung, die dur die wesentlich größere Ausdehnung des leßteren und die dadurch bedingten Vers iedenheiten in der Beschaffenheit der Ober- fläche und der unterirdishen Schäße der preußischen Provinzen hin- länglich erklärt wird.

Zunahme

Zur Arbeiterbewegung.

Fn Wien befinden sih nach einer Mittheilung des „Vorwärts“ die Arbeiterinnen der Wäschewaaren-Firma Peter und die Arbeiterinnen der Kehlleistenfabrik von Joh. Matke im Ausstande.

Einer Prager Meldung des „Wolffs{hen Bureaus“ zufolge wurden die vorgestern in der Ortschaft rob wegen Wider- sezlihkeit gegen die Polizei nach der Auflöfung einer Ärbeiterversamm- lung verhafteten Personen, im ganzen 93, darunter ein Handels- Akademiker und ein Schulknabe, dem Strafgericht eingeliefert. (Vgl. Nr. 156 d. Bl.) ;

In Brünn traten, wie der „Vorwärts berichtet, am 27. Junt 4 Weber und 55 Weberinnen der Firma Kürschner in einen Lohnkampf ein; ferner legten die Weicheisengießer der Firma Uxa am 26. Juni die Arbeit nieder. In MäbrisG-Trübau wurde der Ausstand bei Reichert’s Söhne, an dem 1000 Arbeiter betheiligt waren, angeblich zu Gunsten der Arbeiter beendet.

Ueber den Pariser Kutscherausstand schreibt man der „Köln. Ztg.“ unter dem 1. Juli: Freitag Abend wurden wieder einige Kutscher von ihren auéständigen Kameraden mißhandelt und einige Wagen wurden mchr oder weniger beshädigt. Im ganzen aber darf der Kutscherausstand als beendet angesehen werden. Heute bereits if die Zahl der Droschken der großen Gesellschaften auf den Straßen größer als gestern und an Kutschern fehlt es nicht. Die noch aus- ständigen Kutscher sollen sehr entmuthigt fein. Sie hatten nicht vor- ausgesehen, daß das Kutscherdiplom fuspendirt werden würde, sodaß Paris au ohne sie seine Fuhrwerke stellen kann. (Val. 155 d. Bl.)

In Besançon befinden sih, wie ein Telegramm des „D. B. H.“ meldet, die Metzger im Ausstande, angeblich weil der Maire die Erhöhung der von ihm festgeseßten Fleischtare ablehnte.

Jn Amsterdam striken nah einer Mittheilung des „Vorwärts“ seit einigen Wochen die Arbeiter einer großen Spiegelglasfabrik.

Kunft und Wiffenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 29. Juni unter dem Vorsiß des Secretärs der philo- sophisch-historishen Klasse Herrn Vahlen zum Andenken an ihren Begründer und ersten Präsidenten Leibniz eine öffentlihe Sihung, welcher als Vertreter des Ministeriums der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten der Geheime Ober - Regierungs - Rath Seck Dr. Althoff bei- wohnte. |

Der Vorsizende eröffnete die Sißung mit einem einz leitenden Vortrag, der mit dem Andenken an Leibniz eine Erinnerung an Lachmann verband, dessen in dieses Jahr ge- fallener hundertster Geburtstag. Anlaß gab, über seine Be- ziehungen zur Akademie und seine Bedeutung in der Wissen- schaft zu reden.

Hierauf hielten die seit dem leßten Leibniz-Tage neu einz getretenen Mitglieder der physikalish- mathematischen Klasse, die Mathematiker Herr H. A. Shwarz, Herr G. Frobenius, der an A. W. von Hofmann's Stelle berufene Chemiker

exr E. Fischer und der Anatom Herr O. Hertwig ihre [ntrittsreden, welhe von den Secretären derselben Klasse, die der Herren Schwarz und Frobenius von Herrn Auwers, die der Herren Fischer und Hertwig von E. du Bois-Rey=- mond beantwortet wurden. i

Sodann wurden von - den Mitgliedern der physikalish« mathematischen Klasse, den Herren Frobenius und Kundt, Gedächtnißreden auf unlängst verstorbene Mitglieder dieser Klasse gehalten, von Herrn Frobenius auf Leopold Kronecker, von Herrn Kundt auf Werner von Siemens.

Zuleyt verkündete der Vorsißende die erste Ausfschrei bung des neu gegründeten „, duard-Gerhard’shen eis ishen Stipendiums der Königlichen Akademie der Wissens aften“.

Aus den Statuten der Stiftung, deren voUsbindiger Abdruck in den Sizungsberichten der Akademie vom 29. Junk enthalten ist, wird Folgendes auszugsweife zur E gebracht : i:

& 3. Aus dem Zinsertrag der Stiftung wird ein Stipen on Zeit 2000 M jährlich g dessen Verleihung der philosc a

distorischen Klasse der Akademie zusteht. Die Verleihung kaun L L e E riet c in Tbilbctcigen Petit D