1893 / 196 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Aug 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Großbritannien und JFrland.

In der vorgestrigen Sißung des Unterhauses brachte “der radicale Abgeordnete Dalziel bei der weiteren Berathung der Homerule-Bill den Antrag ein, Jrland nur eine, nicht zwei Kammern zu geben. Der Premier-Minister Gladstone erklärte, er sche keinen Grund, weshalb die Fassung der Vorlage in diesem Punkte abgeändert werden solle. Gerade für Jrland sei ein Zweikammersystem dringend nöthig. Balfour hielt die zu gründende irische Zweite Kammer für lediglih auf Trug be- rechnet. Schließlih wurde der Antrag DERe mit 193 gegen 110 Stimmen abgelehnt. Chamberlain, Balfour und „Sie . James enthielten sich der Abstimmung. Der frühere eral-Anwalt Sir R. Webston und Sir F. Gorst stimmten mit den Radicalen für das Dalziel’she Amendement, während eine Anzahl Unionisten zu Gunsten des S es stimmten. Jn der gestrigen Sißzung wurde auf Antrag John Morley's ein Zusaßz zu § 3 angenommen, worin das Tragen oder der Gebrauch von Waffen für militärishe Zwecke sowie die Bildung von Vereinen zum Einüben des Gebrauchs von Waffen für militärishe Zwecke untersagt wird.

Die „Daily News“ S die Antwort des Pre- mier-Ministers Gladstone auf ein Schreiben des Parlaments- mitglieds Wood, worin dieser verlangte, daß der Tag für die Discussion des Gesetprojects über den Achtstunden- Arbeitstag in Bergwerken festgeseßt werde. Der Premier-Minister erklärt, daß die Zeit der Sißungen der ganzen Nation, nicht einer Kategorie derselben angehöre. Wenn jedo der Augenblick gekommen sein werde, solle die betreffende Frage wohlwollend geprüft werden.

Frankreich.

Die Gesammtzahl der zu den legislativen Wahlen angemeldeten Candidaten beträgt 2060; für Paris sind 371 angemeldet. Der „Siècle“ nimmt an, daß bei den Wahlen etwa 500 Republikaner und „Ralliirte“, 20 Monarchisten oder Bonapartisten und 60 Socialisten gewählt werden würden. Ein Telegramm des „Figaro“ aus Draguignan besagt, die Niederlage Clémenceau’s im ersten Wahlgang sei gewiß.

Der Verein der Krieger von Gravelotte veranstal- Mee, WIE DeY „Non. Alg, gemeldet wird, gestern in der Notre-Dame-Kirche in Paris eine Erinnerungsmesse, zu der der Gouverneur General Saussier und der Großkanzler der Ehrenlegion Vertreter geshickt hatten. Aus Mars la Tour wird demselben Blatt berichtet, daß dort etwa 20 000 Per- sonen der Feier, die unter freiem Himmel stattfand, bei- gewohnt haben. Von Verdun waren die Generale Mouton und Dulac herübergekommen. Ueberall waren fran- zösische und russishe Fahnen angebracht. Die Offiziere eines russischen Garde-Regiments hatten einen Kranz geschickt. Der Bischof von Nancy und der Unterpräfect von Briey hielten

Ansprachen. E Rußland.

Nach ciner Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters- burg von gestern findet die Grundsteinlegung zum Libauer R ieg hafen am 22. August in Gegenwart der Ka iser-

lichen Familie, des Marine-Ministers und des Ministers

für Verkehrswege statt. O

Nach einem gestern veröffentlichten Geseße werden das russise General-Konsulat in Korfu, sowie die Konsulate in Vicraon Diarbekr, Livorno und Palermo und das

Vice-Konsulat in Zara aufgehoben.

Jtalien.

Seine Königlihe Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen Ut gestern Abend 11 Uhx 18. Minuten in Genua baer Zum Empfange waren dem „W. T. B.“ zufolge am Bahnhof anwesend: Seine Majestät der König Humbert, Seine Königlihe Hoheit der Prinz von Me der Marine-Minister Racchia, der deutsche Gencral: Konsul Dr. Schneegans, sowie die Civil- und Militär- behörden. Der König und der Prinz von Neapel um- armten den Prinzen Heinrich wiederholt mit großer Herzlichkeit. Beide hatten den Schwarzen Adler-Orden angelegt, während der Prinz Heinrich den Annunziaten-Orden trug. Die hohen Herrschaften wurden von einer überaus zahlreichen Menschenmenge enthusiastisch begrüßt: Nach Abschreiten der zum Empfange aufgestellten Ehrencompagnie, wobei die preußische Nationalhymne gespielt wurde, begaben sih der König, der Prinz von Neapel und der Prinz Heinrih an Bord der E lichen Yacht „Savoia“. Abermals brach die Menge in unbeschreib- lihen Jubel aus, während die preußishe und italienische

ymne ertönten. Die „Savoia“ verließ um Mitternacht den du von Genua, um sich nach dem Golf von Neapel zu begeben, wo sie mit den vereinigten Uebungsgeshwadern T nmentrefsen und eine Flottenrevue abgehalten werden wird. Alsdann wird die „Savoia“ nach Maddalena fahren zur Theilnahme an den großen Secemanövern. Am 23. d. M. wird die Yaht nah Genua zurückehren.

Spanien.

Aus den Städten, die durh die Umgestaltung der Armee- Divisionen betroffen worden sind, werden einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid zufolge agitatorishe Umtriebe ge- meldet. Die General-Capitäne haben Befehl erhalten, sih auf ihre Posten zu begeben.

In Moron, Provinz Sevilla, haben aus Anlaß der Steuererhebung Unruhen stattgefunden, die noch fortdauern ; 24 Frauen wurden verhaftet.

Portugal.

Das Decret über die Reorganisation des Comités für die öffentlihe Schuld ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus Lissabon gestern veröffentlicht worden.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat, wie „W. T. B.“ aus dem aag meldet, alle Amendements zu dem Wahlgesetße an die Abtheilungen überwiesen, die am 20. September zusammen- treten werden. Serbien.

Ein Armeebefechl des Königs aus Anlaß des gestern

vollendeten Decenniums seiner Militärdienstzeit betont, wie W. T. B.“ berichtet, den festen Willen des Königs, seinen

Militärdienst ausshließlich dem Glück und Ruhm Serbiens und der serbishen Waffen zu widmen. Die Armee solle ihrem König treu und ergeben bleiben wie bisher. /

Die Skupschtina genehmigte gestern die gerichtliche Verfolgung des Cabinets Avakumovic mit allen gegen die Stimmen der Opposition. Kundovic, welcher von den an- oen Ministern allein anwesend war, verzichtete in deren

amen auf das Vertheidigungsrecht vor der Skupschtina. Am

Nachmittag fand die Ausloosung des Richtercollegiums statt. Das Loos fiel auf 8 Radicale und 8 Oppositionelle, theils Liberale, theils Fortschrittler.

Amerika.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Philadelphia besteht bei den niht der Silberpartei angehörenden Demo- kraten die Meinung, daß die Vorlage wegen Abschaffung der Sherman-Acte im Repréäsentantenhause mit einer Majorität von 30 bis 40 Stimmen ohne jede Transaction an- genommen werden wird.

Nach einer Meldung des „Reuter hen Bureaus“ aus Buenos Aires tritt heute der Belagerungszustand in der gesammten Republik in Wirksamkeit. Das entschiedene Vorgehen der Regierung hat viel zur Wiederherstellung des Vertrauens bei der Bevölkerung beigetragen. i

„Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 16. August hat folgenden Inhalt: Personalnachriht. Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volks- krankheiten. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2x. Desal. ge en Gelbfieber. Er- krankungen und Sterbefälle in der Königlich bayerishen Armee 1892, Infectionskrankheiten im Regierungsbezirk Mittelfranken 1891. Gesetzgebung u. \. w. (Deutsches Reich). Einrichtung von Anlagen zur Anfertigung von Zündhölzern. Desgl. Einrichtung von Bleifarben- und Bleizuckerfabriken. Desgl. von Cigarren-Anlagen. (Bran- denburg). Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere. (Berlin). Anzeigepfliht bei Infectionskrankheiten. (Merseburg). Maul- und Klauenseuche. (Cassel). Fleishcontrole. (Bayern). Apothekergehilfen-Prüfung. (Hessen). Untersuchung von Unfall-Betroffenen. (Reuß j. L.) Perlsüchhtiges Schlachtvieh. Desgl. Schlachtverfahren. (Desterreih-Ungarn). Leichenpässe. Desgl. Nuhr-Epidemien. (Belgien). Abdeckereien. (Egypten). Umgestaltung des Sanitätsdienstes. Thierseuhen in Norwegen, 4. Vierteljahr 1892. Ansteckende Krankheiten unter den Hausthieren in Dänemark, 4. Vierteljahr 1892, Stand der Thierseuchen in Ungarn 1891. Rinderpest in der Türkei, 4. Vierteljahr 1892. Veterinärpolizeilihe Maßregeln. (Preuß. Reg.-Bez. Oppeln, Frank- TuUTE. a D, Schleswig, Elsaß-Lothringen, Vesterreih-Ungarn). Rechtsprechung. Ankündigung von Apothekerwaren 2c. auf den Schil- dern der Drogenhandlungen. Geschenkliste.

Nr. 33 der

Statistik und Volkswirthschaft.

Staatliche Lehranstalten zur Pflege der bildenden Künste in Preußen.

Im Winter-Semester 1891/92 bestanden im preußischen Staat vier Kunst-Akademien (zu Berlin, Königsberg i. Pr., Düsseldorf und Cassel) und zwei Kunstshulen (zu Berlin und Breslau), welhe aus Staatsmitteln unterhalten wurden. An den vier erstgenannten An- stalten einschließlich der in Berlin neben der Hochschule für die bildenden Künste noch vorhandenen sechs8 Meister- ateliers wirkten zur genannten Zeit 47 Directoren und voll- beschäftigte sowie 21 nicht vollbeschäftigte Lehrkräfte und A Von diesen 68 Lehrern wurden insgesammt 445 vollbeshäftigte Stu- dirende und Schüler sowie 55 Hospitanten, zusammen 500 Personen unterrichtet, von denen 415 Preußen und 85 andere Staatsangehörige S waren. Von den 445 vollbeschäftigten Studirenden

ezw. Schülern widmeten sch 8373 der Malerei, 53 der Bildhauerei, 10 der Architektur und 9 der Kupfersteherei als Hauptfah. An den beiden Kunstshulen waren zur selben Zeit 14 Directoren und vollbeshäftigte und 34 nicht vollbeshäftigte Lehr- kräfte und Hilfslehrer thätig, von welchen 744 Schüler, darunter 245 weiblichen Geschlechts, unterrichtet wurden. Dem Berufe nach seßten sich die 744 Schüler aus 11 des Baufachs beflissenen Personen, 47 Handwerkern, 3 Technikern, 1 Mechaniker, 56 Angehörigen ver- schiedener plastisher, 110 sfolchen graphisher Fächer, 143 Malern, 62 Zeichenlehrern, 39 anderen Lehrern und 272 Personen ohne be- fonderen Beruf zusammen.

Während der Besuh der Akademien im leßten Jahrfünft im wesentlihen troy aller Schwankungen eine Tendenz zur Abnahme zeigt, ist für die Frequenz der beiden Kunstshulen um- gekehrt cine Zunahme zu verzeichnen, an der das weiblihe Geschlecht stärker betheiligt ist als das männliche.

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Die Thätigkeit der württembergishen Gewerbegerichte im Jahre 1892.

Im Königreich Württemberg bestanden am Schlusse des Jahres 1892 neun Gewerbegerichte: zu Stuttgart, Cannstatt, Eßlingen, Heidenheim, Biberah, Göppingen, Ravensburg, Ulm und Geis- lingen (leßteres erst seit 1. Dezember 1892), bei welchen im Laufe des genannten Jahres 1480 Klagen anhängig wurden, und zwar 160 von Arbeitgebern und 1320 von Arbeitnehmern. Bi sind die erhobenen Widerklagen nicht eingerechnet. Von der Sesammtzahl der erhobenen Klagen wurden nach einer in den „Jahres- berichten der Handels- und Gewerbekammern in Württemberg für das Jahr 1892* enthaltenen Uebersicht durch Urtheil 408, durch Vergleich 711, durch Nücknahme und auf andere Weise 293 erledigt, sodaß 68 un- erledigt in das neue Jahr übergingen. Gegenstände der Klagen seitens der Arbeiter waren am häufigsten : rückständiger Lohn, Feststellung der Nechtswidrigkeit der Entlassung zum Zwecke nachfolgender Ent- \hädigungsklage, Entschädigung wegen rechtswidriger Entlassung, Er- theilung des Arbeitszeugnisses und Aushändigung von Papieren. Beit den Klagen der Arbeitgeber war häufigster Klagegegenstand Ent- schädigung wegen rechtswidrigen Austritts.

Gewerbliches S wels im Großherzogthum Hessen

Die Großherzogliche Centralstelle für die Gewerbe in Darmstadt hat kürzlich eine Statistik der Handwerkershulen und Kunstgewerbe- \hulen des Großherzogthums Hessen für den Jahrgang 1892/93 ver- öffentlicht, aus der wir folgende Angaben zusammenstellen :

Gegenüber dem Vorjahre sind in dem abgelaufenen Schuljahre 1892/93 zu den mit dem Landesgewerbeverein in Verbindung stehenden gewerblichen Fortbildungsshulen drei neue Anstalten hinzugekommen, während eine die Verbindung aufgegeben hat. Die Zahl der Orte, in welchen derartige Einrichtungen bestanden, hat sich von 76 auf 77 erhöht, die Zahl der Schulen is von 94 auf 96 gestiegen. Unter denselben waren 29 Handwerker - Sonnta Ee, mit und 49 ohne Abendunterricht; neun erweiterte Handwerkershulen und neun Specialanstalten, nämli die Landes-Baugewerk schule, ver- bunden mit funstgewerblichem Zeichenunterriht in Darmstadt, zwei Kunstgewerbeshulen, verbunden mit Damencursen, in Mainz und Offenbach, eine Fachshule für Elfenbeinshnißerei und verwandte Gewerbe in Erbach i. O. und zwei Anstalten für Frauenbildung bezw. erwachsene Mädchen (Wliceshulen) in Darmstadt und Gießen. An diesen Anstalten wirkten insgesammt 274 Lehrer (gegen 248 im Vorjahre); die Schülerzahl betrug 7460, darunter waren 670 Vorschüler von unter 14 Jahren und 2044 solche, welche Abendcurse besuchten. Die eigentlihen Schüler dieser An- stalten standen überwiegend (6469) im Alter von 14 bis 20 Jahren; über 300 Schüler gehörten höheren Altersklassen an. Nah dem Be- rufe bestand der größere Theil der Schüler (4873) aus Bauhand- pfrtern, Bee 1700 gehörten anderen Gewerben an, der Rest betrieb ein Gewerbe.

Die Squlgeldfrage ist an den hessishen gewerblichen ulen i der vielseitigsten Weise gelöst. Lassen wir die 9 é E hierbei außer Betracht, so weisen 11 Schulen gänzli freien, 3 für unbemittelte Schüler freien Unterricht auf. In 62 Anstalten wird SAUO erhoben, und zwar in einer an jedem Sonntag, in den meisten monatlich, in nicht wenigen vierteljährlih, in einigen halbjährlich, jährliß oder für jeden Cursus. Die Beträge s{wanken, auf Vierteljahrszahlungen umgerechnet, zwischen 50 A und 4 M Nicht selten bestehen an einer und derselben Anstalt verschiedene Säße für folhe Schüler, welche nur die Tages- oder nur die Abend- oder beide Curse besuchen; noch häufiger werden Unterschiede zwischen den Kindern von a der Ortsgewerbevereine und sonstigen TShlern ges macht. Von 14 Anstalten, meist erweiterten Handwerkerschulen, liegen keine Angaben über das Schulgeld vor.

Roheisenförderung in den Vereinigten Staaten Don Amelila.

DIe Förderung von Roheisen in den Vereinigten Staaten betrug. wie die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, im verflossenen halben Jahre 4 462 918 t gegen 4 387 317 t in der zweiten Hälfte des Jahres 1892, d. i. eine Vermehrung von 175 601 t. “Ar mit der ersten Hälfte des Vorjahres weist die Production jedoch eine Ver- minderung von 206 795 t auf. Das Förderungsquantum ift jüngst von 175 000 t wöchentlih auf 100 000 t herabgeseßt worden, sodaß aller Wahrscheinlichkeit nah das gesammte Förderungsquantum für 1893 viel geringer sein wird als es sih 1892 stellte.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Ausstand der englishen Grubenarbeiter meldet ein Wolff sches Telegramm aus Cardiff, daß infolge der drohenden Haltung der Steiger in Ebbw Vale (Mon- mouthshire) am Dienstag Abend 200 Soldaten dorthin ab- gingen, während gleichzeitig die Polizei verstärkt wurde. Jm Laufe des Abends fanden zwischen den Feiernden und der Polizei mehrere Zusammenstöße statt. Gestern früh sind nun, wie aus Abercorn gemeldet wird, die Soldaten in Ebbw Vale eingetroffen. Bei den Unruhen in der vorhergehenden Nacht sind 25 der ausständigen Steiger verhaftet ‘worden. Die Londoner „Allg. Corr.“ theilt weiter folgende Nachrichten aus dem Ausstandsgebiet mit: :

In Cardiff tagten vorgestern die Bergwerksbesißer von Süd - Wales und WMonmouthshice. Es wurde einstimmig be- \{lossen, keinerlei Forderungen der Arbeiter nachzugeben, die gegen das auf Grundlage der verschiebbaren Aaünseaia getroffene Abkommen verstoßen. In Cardiff, dem Hauptausfuhrhafen für wallisishe Kohlen, feiern Tausende von Arbeitern und ihre Zahl wächst natürlich täglich. Im Rhondda- Thale ist die Schußmannschaft in den meisten Dörfern verstärkt worden. Als der Director des Consumvereinslagers in g erndale den kleinen Händlern in den umliegenden Minendörfern keine Waaren auf Credit verkaufen wollte, marschirte eine 2000 Menschen zählende Menge nad dem Lager, um es zu plündern. Die Polizei verhinderte den Gewalt- e, Seitdem ist sie durch Mannschaften aus Cardiff verstärkt worden.

In Klagenfurt wurde vorgestern der allgemeine Bergmannstag unter dem Vorsiß des arien Salm - Neifferscheidt eröffnet. Die Versammlung wurde von dem Landes-Präsidenten und dem Landeshauptmann begrüßt. Es sind ungefähr 300 Theilnehmer aus Deutschland und Oesterreih-Ungarn anwesend.

In Prag beschloß, wie ein Telegramm des „D. B. H.“ meldet, eine vertraulihe Versammlung „unabhängiger“ Socialisten cinen Protest gegen die Ausschließung der Anarchisten und unabhängigen Socialdemokraten von dem Congreß in Zürich.

In Amsterdam wurde, wie „W. T. B.“ meldet, bei cinem gestern Abend abgehaltenen s\ocial istishen Meeting I angenommen, in welchem die Haltung mehrerer Deputirter während der Debatten über die Wahlreform getadelt wird. Die Ent- schließung sollte sofort dem Deputirten Rutgers van Rozen- burg übergeben werden. Eine große Menschenmenge sammelte sh vor der M dieses Deputirten an. Als die Polizei die Menge zerstreuen wollte, wurde sie mit Steinen beworfen. Hier- auf zog die Polizei blank und es fam zu einem Handgemenge, wobei ein Brigadier sowie mehrere Manifestanten verwundet und zwet Schußleute entwaffnet wurden. : i

In Stockholm ist einer Mittheilung des „Borwärts* zufolge ein Theilausstand der Tapezirer bei der Firma C. P.Svens son ausgebrochen.

Kunst und Wissenschaft.

44 In der ersten Hälfte des Jahres is von der Leitung des Provinzial-Museums in Trier die Untersuchung der römischen Stadtmauer von Trier fortgeseßt worden. Die Grabung erstreckte sih hauptsächlich e die im Süden der Stadt gefundene Thoranlage. Es ergab ih, daß dort ein Thor von der Ausdehnung der porta nigra gestanden habe. Ein s{chmaler Mittelpfeiler trennte die beiden Thür- eingänge, welche an den Außenseiten von mächtigen Thorthürmen beseßt waren. Die Breite des Thores beträgt 35 m, die Tiefe 22 m, die Breite der Thorthürme 10 m. Die rechteckigen Grundmauern der Thürme umschließen einen freien Raum von ungefähr 5 m Breite und 13 m Länge. Das Mauerwerk besteht aus Kalksteinen und ist 2,60 m "tief gemauert, seine Oberkante liegt etwas mehr als 2 m unter der heutigen Straße. Wie bei der porta nigra bestand der Oberbau aus mächtigen Sandsteinblöccken, welche dur Eisenklammern verbunden waren. Cine weitere Förderung der Stadtmauerforshung besteht in der Auffindung der Westmauer, welche die Stadt gegen die Mosel zu abshloß. Diese Mauer i} vorläufig von Süden her bis diht an den Vorort St. Barbara festgestellt. Innerhalb der Stadt Trier wurden im Juni bei einer Kellerausshachtung römische Mauerreste gefunden. Die Museumsleitung beob- achtete die Freilegung derselben und veranstaltete eine genaue Aufnahme. Es handelte sich um Theile eines römischen Wohnhauses, nämlich einen viereckigen Raum von 3,83 m Breite und unbestimmter Länge, an welchen sih ein zweiter mit einer runden Apsis versehener Raum anschloß. Der Halbmesser der leßteren ist auf 3,20 m berechnet worden. Der Boden in beiden Räumen war mit einem starken Estrih belegt, auf welchem sich die Neste von Heizungspfeilern befanden. Etwa 1,40 m höher befand sid ein Estrich aus einer zweiten Baupekiode des Gebäudes, zu welcher auch vermuthlich ein überwölbter Abzugskanal gehörte, der sih gegen die Straßenseite hin anschließt. Es fanden ne daselbst ein nadeln: und der Boden cines feinen s{warzen Gefäßes mit dem Stempel! BELLIVSF (ecit) und außerdem einige Münzen. Bei einer kleinen Versuch8grabung in Pachten bei Saarlouis, wo schon im Frühjahr 1892 Alterthümer verschiedener Art gefunden. worden waren, wurde eine Anlage ermittelt, welche na Ansicht von Sachverständigen ein Castell gewesen ist. Dieses hatte aber feine gleichförmig vieleckige Grundform, wie solche bei den Castellen in Neumagen, Bitburg und Jünkerath E wurde, f\ondern eine rechteckige. Drei von den Abschlußmauern sind festgestellt worden, die vierte konnte noch nit aufgefunden werden, E das Grundwasser tiefere Grabungen nicht zuließ. Die Länge des Nechtecks ist daher noch unbekannt, die Breite beträgt 133 m. Die Mauern Pi dur Thürme verstärkt, welche anf einend auch im aufgehenden Mauerwerk eine viereckige Grundform hatten. Die weitere reilégun des Castells soll in diesem Herbst erfolgen. Im April fand eine Untersuduña eines Hügels aus vorgeschid tlicher Zeit in der Nähe von Ruwer bei Trier statt. Die ursprüngliche Sre und Form desfelben war nicht mehr sicher festzustellen, die Grabung ergab zwölf Bronzeringe der Hallstattzeit mit Verzierung. dur gleihlaufende Striche, sowie einige Scherben von rohen Thon- gefäßen.

ein Antrag.

In der Nähe des - Dorfes Jawor, nördli ‘von Militsch, liegt, wie die „Bresl. Ztg.“ s{hreibt, in der Richtung des Strebitzkoer Waldes ein ausgedehnter heidnisher Gräberplaß. Die Stelle ist, wie fast regelmäßig, dur eine Bodenerhebung von sandiger Beschaffenheit bezeihnet, die im Volksmund den Namen „Heidenberg“ führt. Seit vielen Jahren sind dort, meist von unberufener Seite, Nachgrabungen veranstaltet worden, bei denen zahlreiche Gefäße und Schmuckgegenstände zu Tage gefördert, aber größtentheils in unverständiger Weise zerbrohen und zerstört wurden. Eine Ausgrabung, die der Boriibenbe des Vereins für das Museum s{lesisher Alterthümer, Geh. Sanitäts-Rath Dr. Grempler vor kurzem vornahm, ergab daher nur eine kärglihe Ausbeute. Auf- gedeckt wurden. neun Gräber, die alle in gleicher Weise angelegt und auê- gestattet waren. Man stößt zunächst 25 em unter der Oberfläche auf eine pflasterartige Steinsezung; nah ihrer Entfernung findet man 50 ecm tiefer die Knochenurnen und Beigefäße. Erstere sind gewöhn- lih von roher Form und unverziert, leßtere zierlih und mit Orna- menten bedeckt. Von Metallgegenständen wurde ein breites S aus Bronze gefunden, das der Form nah ein Rasirmesser gewesen sein kann. Sämmtliche Fundstücke wurden dem Museum \lesischer Alterthümer in Breslau überwiesen.

Ein neuentdecktes Lustspiel von Theodor Körner wird am 21. September auf der Hofbühne zu Dresden aufgeführt werden. Es führt den Titel „Cleant und Cephise"“. Soeben erst hat der Director des Körner-Museums der Stadt Dresden, Hofrath Dr. E. Peschel „Theodor Körner's Tagebuch und Kriegslieder aus dem Jahre 1813“ (Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld. L i. B.) herausgegeben: ein interessantes Werk, das noch fsechs bisher ungedruckte Dichtungen Theodor Körner's aus seiner leßten Lebenszeit enthält. Im Dresdener Körner-Museum, in demselben Hause, wo eins der Dichter das Licht der Welt erblikte, und wo Hofrath Dr. E. Peschel alle auf den Dichter bezüglichen Reliquien gesammelt hat , liegen auh sämmtliche Manuscripte des Dichters forgfältig aufbewahrt, dabei noch fünf Kasten mit ungedruckten Dichtungen Körner?s, Außer dem jeßt in Dresden zur Aufführung gelangenden Lustspiel sind noch verschiedene andere Bühnenstüke darunter, die der Veröffentlihung harren.

_— Nach der Londoner „Allg. Corr.“ hat man auf ciner Farm bei Long Wittenham an der südlichen Themse gegenüber Dorchester (Durocina) die Ueberreste einer römischen Ansiedelung entdeckt, die sih Über eine Flähe von 60 Acres ausdehnt. Die Straßen- anlagen follen so deutli zu erkennen sein, daß man leiht und mit Erfolg Ausgrabungen vornehmen könnte. Römishe Münzen und irdenes Geschirr habe man schon seit langer Zeit in der Gegend gefunden. Die vom Schutt und Staub der Jahrhunderte bedeckte Stadt liegt ungefähr aht Fuß unter der Oberfläche.

Dr. Jean Martin Charcot, der bekannte Neuropatholog und Professor für dieses Fach an der medizinischen Facultät zu Paris, ist, nah einem Wolf*\Gen Telegramm, gestern in Morvan im Departement Nièvre, wo er zum Sommeraufenthalt weilte, im Alter von 67 Jahren gestorben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Salt en Durch feesanitätspolizeilihe Verordnung vom 7. d. M. sind die in der Verordnung vom 11. November v. F. enthaltenen Bestim- mungen (vergl. „R.-Anz." Nr. 270 vom 14. November 1892) auf die von tunesishen in italienishen Häfen ankommenden Schiffe aus- gedehnt worden. ( i : Let Mit der Eisenbahn in Mustafa Pasha ankommende Neisende unterliegen einer dreitägigen Quarantäne.

: Cholera.

Desterreih-Ungarn. Wie das „Oesterr. San.-Wesen" in der Nr. 32 vom 10. August berichtet, sind auch in jüngster Zeit ver- einzelte choleraverdächtige und Cholerafälle in den ungarischen C o- mitaten Szatmar, Dzolnok-Doboka, Beregh, Ugocsa und Marmaros, in dem leßtgenannten Comitat unter den Eisen- bahnarbeitern einer im Bau begriffenen Strecke, aufgetreten. Am 4. und 5. August erkrankten zwei Arbeiter der gleichen Strecke in dem galizishen Bezirk Nadworna, Beide starben. Die bakteriologische Untersuhung ergab asiatishe Cholera.

Wl0n, 16, August. Infolge der häufigeren Erkrankungen an Chorera in dem Gerichtsbezirk Delatyn (Galizien) ist dieser Bezirk im Sinne der Beschlüsse der Dresdener Conferenz als Choleraherd erklärt worden. Die Gerüchte, daß in Lemberg choleraverdächtige Fälle vorgekommen seien, werden für unbegründet erklärt. In den Bezirken Nadworna und Sniatyn erkrankten in den leßten 48 Stunden 24 Personen an Cholera, von denen 11 ge- storben sind.

Großbritannien. Nah einer Meldung der „Times* traf am 2. August ein Segelschiff auf der Reise von C herbourg nah Rochester mit einer {wer an Cholera erkrankten Person an der Themfsemündung ein. An dem gleichen Tage mußte ein an „cholera- artiger Diarrhoe* erkrankter Seemann eines auf der Fahrt von Ant - werpen nah Jsland begriffenen dänischen Dampfers in Grimsby an der Humbermündung auf das daselbst befindliche Hospitalschiff überführt werden, wo er später verstorben ist. Die betreffenden Schiffe wurden in Gravesend, bezw. in Grimsby in Quarantäne gelegt.

__ Frankreih. In Marseille sind in der Zeit vom 25. Juli bis 7. August nachstehend tageweise aufgeführte choleraverdächtige Sterbefälle bekannt geworden: 5, 4, 3, 3, 9, 5, 6, 3, 4, 3, 4.8/0.9, insgesammt 55. Im Juni sind 136 Todesfälle als „Suspects“ be- zeichnet worden. Aus Perpignan, Nimes wie überhaupt aus N Aas werden fortgeseßt einzeln zerstreute Cholerafälle gemeldet.

_ Rußland. In Bialystock sind in den aneo vom 22. Juli bis 4. August folgende Erkrankungen (bezw. Todesfälle) vorgekommen : G) R) -2 (1 3), L 0). 7 (D, 9 (G): 18 (2), 12 L O10 18.0) 15 (4), insgesammt 137 (38). In Warschau wurden nah einer Zeitungsmitthei- lung bei einer durcreisenden Frau aus Podolien am 4. August die Symptome der asiatishen Cholera festgestellt, worauf dieselbe sofort im Hospital isolirt wurde. Die begleitenden Familienmitglieder werden strenge überwaht. In Rostow am Don, wo die Cholera bereits seit der zweiten Hälfte des Juli wieder häufiger aufgetreten ist, sind nach einer telegraphischen Mittheilung vom 9. August 40 Er- krankungen und 20 Todesfälle erfolgt. Auch in der Umgebung von Rostow sind Cholera-Todesfälle festgestellt worden. In der Zeit vom 22, bis 28. Juli sind “ferner nachstehend aufge- führte Cholera-Erkrankungen und Sterbefälle amtlich angezeigt worden : Gouvernement (bezw. Stadt): Podolien vom 9./7. bis ZU/ C, Dv tranft 1165, gestorben 355, Bessarabien vom 9./7. bis 15./7.: erkrankt 37, gestorben 17, Kursk vom 9./7. bis 15./7.: erkrankt 19, gestorben 7, Orel (Stadt) vom 16./7. bis 22./7.: erkrankt 97, gestorben 33, Orel v vom 16./7. bis 22./7.: erkrankt 137, gestorben 58, Tula vom 16./7. bis 22./7: erfranft 85, gestorben 20, Moskau (Stadt) vom 16./7. bis 22./7: erfranft 92, gestorben 23, Moskau (Gouv.) vom 9/7. bis 15./7.: erfranft 9, gestorben 4, M vom 9./7. bis 14./7.: erkrankt 7, gestorben 2, Saratow vom 9./7. bis 15./7.: erkrankt 13, storben 3, Simbirsk vom 16./7. bis 22./7.: erkrankt 7, gestorben 1,

amara vom 9./7. bis 15./7.: erkrankt 14, gestorben 4, Kasan vom 9/7. bis 15./7.: erkrankt 2, orre 1, Wjatka vom 16./7. bis

22./7.: erkrankt 9, gestorben 6, Uta vom 16./7. bis 22./7.: erkrankt 2, gestorben 1, Dongebiet vom 21./7. bis 23./7.: erkrankt 3, gestorben 1,

aku vom 9./7. bis 15./7.: erkrankt 1 verdächtig, ceforbén zuberdem sind in der Stadt Moskau in den Tagen vom 24. bis

: Juli 14, 8, 13, 18, 7, 12, 13 Personen an der Cholera neu erkrankt und 4, H, 4, 8, 8, 6, 3 von den Erkrankten gestorben.

B St, Petersburg, 16. August, Nach dem heute veröffentlichten y ulletin über den Stand der Cholera in Rußland sind in Moskau

¿m 89. bis 12, August 166 Personen an Cholera erkrankt und 67 ge-

, in Warschau vom 9. bis 10. August 1 Person erkrankt und

1 gestotben. In dem Gouvernement Loms\ha- erkrankten am 14. d. M. 4 Personen, 1 Person starb. Im Gouvernement Grodno find vom 6. bis 12. August 96 Personen erkrankt, 22 gestorben, im Gouvernement Samara vom 30, Juli bis 5. August 134 erkrankt und 39 ge- storben, im Dongebiet vom 10. bis 12. August 317 erkrankt und 157 en :

talien, Die ,Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits- amts* berichten : Nach einer amtlichen Mittheilung der Präfectur in Neapel vom 2%. Juli waren daselbst in den vorausgegangenen Tagen 30 choleraähnlihe Erkrankungen, darunter 20 mit tödtlihem Ausgang vorgekommen. Anderweitigen Ea zufolge betrug die Zahl der holeraverdähtigen Todesfälle in Neapel während der Zeit vom 18. bis 22. Juli 10, in den darauf folgenden Tagen bis. zum - 31. M24 9 Be gesammt 63. Die Gesammtzahl der Todesfälle belief sich in den ò Wochen vom 9. bis 15., 16. bis 22. und 23. bis 29. Juli in Neapel auf 249, 289, 327, zusammen 865, gegen 770 bezw. 942 in den entsprehenden 3 Wochen der Jahre 1892 und 1891. . Auf einem Panzerschiff im Hafen von Neapel kamen 2 Erkrankungen vor, von denen die eine mit Genesung endete, aber siher als Cholera fest- gestellt wurde, während die andere zwar nur als choleraverdächtig be- zeichnet wurde, indessen einen tödtlihen Ausgang nahm. In Genua wurde am 25. Juli von den Behörden die Auskunft ertheilt, daß nah Altare, „ferner in die Umgebung von Alessandria und nach Novi, d. i. in die Ursprungsgebiete der Wasserleitung von Genua, Cholerafälle aus Frankreih eingeshleppt worden seien; in Genua seien Mitte Juli 3 Cholerafälle vorgekommen (1 im Hospital, 1 im Gefängniß und 1 in einem Privathaus), welche indessen isolirt ge- blieben seien. Nah einer Mittheilung vom 29. Juli scheint eine Nachricht, nach welcher im Juli 50 Cholera-Crkrankungen mit 20 Todesfällen in Genua erfolgt sein sollen, übertrieben. Unter dem 8. August wird berichtet , daß in Rom 2 aus Neapel krank ange- kommene Personen an der asiatishen Cholera verstorben sind.

Der Minister-Präsident Giolitti hat als Minister des Innern unter dem 3. August an den Minister der auswärtigen Angelegen- heiten nachstehendes Schreiben, betreffend das Auftreten der Cholera und Vorbeugungsmaßregeln gegen die Seuhe in Italien, gerichtet: „Um Schaden und irrthümlihe Berichte zu vermeiden, welhe von Zeitungen veröffentlicht werden, die übertriebene Gerühte aus dem Publikum wiedergeben, bitte ih Eure Excellenz, den Herren Vertretern der auswärtigen Mächte in Italien mittheilen zu wollen, daß ausgenommen wieder- holte Cholerafälle, eingeshleppt aus dem Süden Frankreichs in die piemontesischen und ligurischen Provinzen die ergriffenen energischen Maßregeln vermocht haben, die Weiterverbreitung zu hindern. Nur zwei Gemeinden in der Provinz Alessandria haben heute einige wenige Krankheitsfälle, und verbleiben unter der unmittelbaren und fortgesetzten Wachsamkeit der Sanitätsbehörden. Ohne daß man den Ursprung der An- steckung genügend hat feststellen können, haben sih in Neapel vereinzelte Fâlle gezeigt, jedo ohne daß die normale Sterblichkeit vergrößert worden wäre, und ohne daß Grund vorhanden ist, zu befürhten, daß die Krankheit den Charakter einer Epidemie annehmen fönnte; nichts- destow ner hat die Regierung eine ärztlihe Untersuchung befohlen l E Ubfahrt eines jeden Schiffes aus diesem Hafen, mit dem ch-ccbot des Cinschiffens für alle nicht vollkommen reinen und desinfizirten Personen. Ueberdies wurde alles Einschiffen von Bett- wäsche verboten. In derselben Stadt wurde ein r thâtiger fanitärer Dienst angeordnet mit einem besonderen ärztlichen Personal, und man hofft, ras den normalen früheren Gesundheitszustand wieder herzustellen. Im ganzen übrigen Reich is kein einziger Fall vom Vorhandensein der Krankheit gemeldet, und der obligatorische Melde- dienst über Krankheiten versichert die besten gesundheitlihen Zustände. Der Minister: Giolitti.“

VBUTAret, 16 r In den leßten 24 Stunden sind, wie „W. T. B.“ meldet, in Braila 8 Personen an der Cholera erkrankt und 12 Perfonen gestorben, in Sulina 13 Personen erkrankt und 8 Personen gestorben, in Galaß 9 ersonen erkrankt und 2 Per- sonen gestorben, in Cernawoda 2 Personen exkrankt und 1 Person gestorben, in Festeti 3 Perfonen erkrankt und 5 Personen gestorben,

Arabien. Unter den in der Quarantänestation El -Tor unter- gebrahten Mekkapilgern sind in der Zeit vom 5. Juli bis 13. Iuli 103 Choleraerkrankungen mit 66 Todesfällen festgestellt worden. Am 21. Juli befanden sich in El-Tor 12 000 Pilger; es fehlte an Plat, Lebensmitteln und Trinkwasser. 4000 Pilger, welche aus Djedda zu- leßt ankamen, konnten niht ausgeschifft werden.

Algier. Nach einer Mittheilung vom 10. August bringen die Zeitungen in Algier die Nachricht, daß im Departement Con stantine die Cholera ausgebrochen ist.

: Flecktyphus.

Amtlicher Nachricht aus Marienw erder zufolge sind im Mai und Juni d. I. in den Kreisen Thorn und Briesen Erkran- kungen an Flecktyphus vorgekommen, welche auf Einschleppung aus den russischen Grenzbezirken zurückzuführen waren.

Der Gesundheitsstand in Berlin hat sich in der Woche“ vom

30. Juli bis 5. August etwas besser gestaltet und au die Sterblich- keit hat etwas abgenommen; von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 25,6 a 27,1 der Vorwoohe. Noch immer kamen acuteDarmkrankheiten, besonders Brechdurchfälle, in großer Zahl zum Vorschein, wenn auch die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle von 316 der Vorwoche auf 278 zurückgegangen ist. Anch in dieser Woche betrafen die Sterbefälle fast nur Kinder im Alter unter 2 Jahren und lieferten wiederum der Wedding, die Rosenthaler Vorstadt, die Königstadt und das Stralauer Viertel die meistén Opfer, während auf die Dorotheenstadt, Friedrichstadt und den westlichen Theil der Tempel- hofer Vorstadt nur wenige Sterbefälle entfielen. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine etwas kleinere als in der Vorwoche; von je 10000 Lebenden starben, aufs Fahr berechnet, 132 Säuglinge. Dagegen zeigten sich acute Entzün- dungen der Athmungsorgane wieder häufiger und endeten au wieder in größerer Zahl tödtlich. Erkrankungen an Grippe ge- langten selten zur Beobachtung; aus der der Berichtswoche voran- egangenen Woche wurde 1 Todesfall an Grippe berichtet. . Von den

Fnfectionskrankheiten erfuhren Masern eine weitere Abnahme und zeigten sich nur in der jenseitigen Luisenstadt in bedeutender Zahl ; Erkrankungen an Scharlach und Diphtherie, von denen erstere nur aus der Nofen- thaler Vorstadt, leßtere aus keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zur Anzeige kamen, blieben in beschränkter Zahl. Erkrankungen an Unterlcibstyphus blieben felten, an Kindbettfieber wurden 5 Ér- krankungen befannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der aut waren nicht selten ; auch Erkrankungen an Keuchhusten gelangten

äufig zur Beobachtung ; die Zahl der Sterbefälle sank auf 11 von 14

der Vorwoche. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen im Verglei zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung.

Handel und Gewerbe.

Die landesherrlihe Verordnung, betreffend die Er- S finnishen Zölle gegen Deutschland, vom 10. d. M., sowie das im Anschluß Pieria seitens des Kaiser- lihen Senats für Finland an die finnishe Ober-Zollbehörde gerichtete Schreiben vom gleichen Datum lauten in Üeberseßung folgendermaßen :

Never! Chuna Seiner Kaiserlichen NAA Allergnädigste Kundmachung , betreffend Erhebung befonders erhöhter Zollabgaben für Waaren, welche aus dem Deutschen Reih nah Finland eingeführt werden. Gegeben zu Helsingfors am 10. August 1893.

Wir Alexander der Dritte, von Gottes Gnaden Kaiser und Selbstherrsher aller Reußen, Zar von Polen, Großfürst von N 2. 2c. 2c. thun fund: Nachdem im Kaiserreih entsprechende Bestimmungen erlassen worken, betreffend besonders erhöhte Zoll-

Bgaben für Waaren, welche aus Deutschland eingeführt werden, haben Wir auf dicebezüglihen unterthänigsten Vorschlag für gut befunden, in Gnaden zu bestimmen, das auf deutsche Waaren, welche ins Großfürstenthum Finland eingeführt werden, die im Zolltarif für Finland GngEgr Denen ollsäße um fünfzig Procent erhöht werden sollen, indem Wir zugleih Unsern Senat für Finland beauftragen, unverzüglich diejenigen Verordnungen auszufertigen, welche Me Iyenns dieser Unserer gnädigen Willensmeinung erforder- ih sind.

Dieses Allen, die es angeht, zur unterthänigsten Nachachtung.

Helsingfors, am 10. August 1893.

, Laut Seiner Kaiserlihen Majestät Eigenen Beschlusses und in Seinem Hohen Namen Sein verordneter Senat für Finland.

(Folgen die Unterschriften.)

Schreiben des Kaiserlihen Senats für Finland an die Ober- Zollbehörde, betreffend Erhebung besonders erhöhter Zollabgaben für Waaren, welhe aus dem Deutschen Reih nah L eingeführt werden. Ausgefertigt zu Helfingfors am 10. August 1893.

n Seiner Kaiserlichen Majestät Hohem Namen Sein Senat für Finland.

An die Ober-Zollbehörde.

Nachdem Seine Kaiserliche Majestät durch Allergnädigste Kund- machung vom heutigen Tage bestimmt hat, daß auf deutshe Waaren, welche ins Großfürstenthum Finland eingeführt werden, die im Zolltarif für Finland angegebenen Zollsäße um fünfzig ent erhöht werden follen, und Seine Kaiserliche Najestät zugleich dem Kaiserlihen Senat befohlen hat, unverzüglich eia Verordnungen auszufertigen, welhe behufs Ausführung der Allerhöchsten Willensmeinung erforderli \ind, hat der Kaiserliche Senat für gut befunden, zu verordnen :

__ daß die erwähnte Allerhöchste Bestimmung vom 11. August d. F. einshließlich ab in Kraft treten soll, jedoch mit der Maßgabe, daß Waaren, welche mit Schiffen eingeführt werden, die vor dem eben- genannten Tage in einem finnishen Hafen eingelaufen Pa nach dem geltenden Zolltarif, ohne Zollerhöhung, verzollt werden jollen;

_ daß die in Nede stehende Erhöhung auch für die Einfuhrabgabe auf Taback berehnet werden foll ; sowie

daß Sie unverzüglih sämmtliche Zollstellen im Lande wegen bagalgung der vorstehenden Verordnung telegraphisch zu verständigen

aben.

Helsingfors, am 10. August 1893.

In Seiner Kaiserlihen Majestät Hohem Namen. Sein Senat für Finland. (Folgen die Unterschriften.)

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 16. d. M. gestellt 10 478, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. __ In Oberschlesien sind am 15. d. M. gestellt 4422, nicht redcht- ¡eitig gestellt feine Wagen.

: _Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 16. August die an der Straße 69, Play R. Abtheilung 13 IL belegenen, dem Maurermeister G ustav Scheidler gehörigen, je 6,60 a großen Grundstücke zur Versteigerung; für das Meistgebot von je 200 4 wurde die Actiengesellschaft „Berliner Neustadt“ zu Berlin Ersteherin.

_— Der Aufsichtsrath der Paulinenaue - Neu-Ruppiner Eisenbahn hat die Dividende für das am 31. März c. beendete Betriebsjahr sowohl für die Stamm-Prioritätsactien als auh für die Stammactien auf 53 9/9 gegen 5 9/6 im Vorjahre festgeseßt.

Der Aufsichtsrath der Halleschen Straßenbahn- Actiengesellschaft hat beschlossen, der in Kürze stattfindenden außerordentlichen Generalversammlung der Actionäre die Einrichtung des ler en Betriebes statt des bisherigen Pferdebetriebes zu empsehtlen. ;

Nach dem Geschäftsbericht der Zuckerfabrik Neuteich für 1892/93 begann die Betriebs-Campagne am 1. Oktober und wurde am 3. Dezember 1892 beendet; in 59 Tagen sind 460 030 Ctr. Rüben verarbeitet worden, also durchs{chnittlich pro Tag 7830 Ctr. (gegen 6410 Ctr. im Vorjahre). Es wurden gewonnen an Zute: 51 086 Etr. aleich 11,11 0/6 der Rübe, Melasse 2219 Ctr. glei 2,66 0/6 der Rübe. Die dur die außerordentliche Generalversammlung vom 2. März 1893 genehmigte Anlage einer Rübenfeldbahn geht ihrer Vollendung Caro, Der erzielte Uebershuß der Zuckerfabrik beziffert ih auf © M.

Der Aufsichtsrath des Westfälishen Drahtindustrie- Vereins hat beschlossen, für das abgelaufene Geschäftsjahr der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 9/9 (wie im Vorjahre) vorzuschlagen.

Die Pfälzischen Eisenbahnen hatten im Juli d. F. eine Einnahme von 1822182 (— 9659) 4, seit 1. Januar d. f 11 653 144 (+ 25 799) 16

Die Hessische Ludwigsbahn vereinnahmte im Juli auf den nit garantirten Linien überhaupt 1 659 467 M, d. i. weniger 3637 M, feit Jahresbeginn 10 148 513 , d. i. mehr 431 966 M Auf dem garantirten 2E wurden im Juli 209 572 M (+ 8192 4) und im ganzen Jahre 1 300 088 4 (+ 22935 #4) vereinnahmt.

Magdeburg, 16. August. _(W. T. B.) ZutckerberihL Kornzucker excl., von 92 % —, Kornzucker excl., 88 9% Rendement —, Nachproducte excl, 75 %/ Rendement 13,00. Matt. Brot- caffinade I. —. Brotraffinade II. —. Gem. Raffinade mit Faß —, Gem. Melis 1. mit Faß geräumt. Still. Robzucker [. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. August 14,674 bez., 14770 Br. pr. September 14,65 bez. und Br., pr. Oktober A bez, 13,875 Br., pr. November-Dezember 13,624 bez. u. Br. Besser.

Lei pzig, 16. August. (W. T. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata Grundmuster B. per August 3,55 X, per September 3,99 4, ver Oktober 3577 Æ, ver November 3,627 per De- zember 3,625 ä, per Januar 3,67} #4, per Februar 3,70 e, per März 3,722 #4, ver April 3,75 4, ver Mai 3,75 #, per Juni 3,79 M, per Juli 4 Umsay 20 000 kg.

Mannheim, 17. August. (W. T. B.) Productenmarkt Weizen pr. November 16,55, pr. März 17,00, pr. Mai 17.15, Roggen pr. November 14,90, pr. März 14,90, pr. Mai 15,00, m er per November 15,35, per März 15,60, pr. Mai 15,70,

ais pr. November 11,70, pr. März 11,90, pr. Mai 12,00.

Bremen, 16. L (W. T. B.) g(Eorjen-SMlußberitht.) Raffinirtes Petro eum. (Officielle Notirung der Bremer Petroleum-Börse.) Faßzollfrei. Ruhig. Loco 4,50 Br. Baum- wolle. Niedriger. Upland middling, loco 41 4. Upland, Basis middling, nichts unter low middling, auf Termin-KLieferung, pr. August 40} K, pr. September 403 Z, pr. Oktober 402 4, pr November 404 S, pr. Dezember 40 „8, pr. Januar 41 „4. Schmalz. E er. Shafer 483 3, Wilcox 46} „, Choice Grocery „d, Armour 46 , Cudahy 47 4, Rohe & Brother (pure) 46 A,

airbanks 40 K. Speck, short clear middl. September-Ab- adung 46. Wolle. Umsay 131 Ballen. Taback. Umsay 23 Fässer Kentucky, 32 Seronen Carmen, 500 Seronen Havanna.

Pest, 16. August. (W. T. B.) Productenmarkt. Wetken matt, pr. Herbst 7,46 Gd., 7,48 Br., per Frühjahr 7,85 Gd., 7,87 Br. Hafer pr. Herbst 6,41 Gd., 6,43 Br. Mais per August- September 4,65 Gd., 4,70 Br., pr. Mai-Juni (1894) 4,99 Gd., 9,01 Br. Kohlraps pr. August-Sevtember 16,05 Gd., 16,15 Br.

London, 16. August. (W. T. B.) An der Kühne 3 Weizens ladungen angeboten,

69% Javazucker loco 18} träge, Rüben-Rohzudcker loco 143 E S e Kupl é r s A Ton m T Ä

msterdam, 16. August. Wo ava - Kaffee go ordinary 50}. Ban eHTAA 08, s