1893 / 201 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Aug 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Der commandirende Admiral, Admiral Freiherr von der Gols inspicirte heute in See die gestern formirte große R IN Langs alte, dic am Freitag nah Wilhelmshaven gehen wird.

Mecklenburg-Schwerin.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von

- Mebalate und der commandirende General des IX. Armee- orps, General der Cavallerie Graf von Walder- see haben sich heute früh von Schwerin zur Jn- spection des 18. Dragoner - Regiments nach Parchim begeben und werden am Nachmittag nah Raßeburg 4 wo morgen die Besichtigung des 9. Jäger-Bataillons statt- anria Die Rückehr nah Schwerin erfolgt am Mittwoch achmittag. Am Donnerstag Ltbris fr die Enthüllung des Denkmals des Großherzogs Friedrih Franz II. statt, der Seine Königliche Hoheit beiwohnen wird.

Sachsen-Coburg-Gotha. Das heute über das Befinden, Seiner Hoheit des Herzogs ausgegebene Bulletin lautet : „Der Herzog ist dauernd bewußtlos, die Kräfte nehmen sichtlich ab. Florshüßz. Schwerdt.“

Großbritannien und Frland.

Die Königin beabsichtigt, der „Allg. Corresp.“ zufolge, Montag, den 28. d. M., von Osborne nach Balmoral Überzustedeln. :

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Präsident der Localverwaltung Fowler, daß die wissenschaftlichen Rathgeber eine Quarantäne egen die Cholera i 20A wünschenswerth hielten. Der

anzler des Schaßamts Sir W. Harcourt erwiderte auf eine Anfrage, die Regierung finde in den bestehenden Zuständen oder in den jüngsten Vorgängen in Ostindien nichts, um von dem Beschluß, die einfahe Währung in England beizubehalten, abzu- gehen. Der Parlaments - Secretär des Auswärtigen Sir E. Grey erklärte, daß das englishe Kanonenboot „Linnet“ ih noch in Bangkok befinde. Nach einer weiteren Erklärung desselben habe die Regierung darüber keine Information, daß eine Veränderung im Frachtverkehr zwischen Frankreih und Algier am 1. Oktober 1893 eintreten solle, jedoch sei 1889 ein Geseß angenommen Worden, das den Vertehr auf Schiffe unter fran- zösisher Flagge beschränke, und die französishe Re- gierung habe ih dahin geäußert, daß sie Verträge kündigen müsse, welhe die Anwendung dieses A verhinderten. Die britishe Regierung habe lieber in die Modificirung einer Clausel im Vertrage von 1882 gewilligt, als daß sie den ganzen Verirag aufgehoben hätte. Nur zwei Procent des Handels mit Algerien komme auf britische, dagegen 93 Procent desselben auf französishe Nehnung. Im weiteren Ver- lauf der Sizung theilte Sir E. Grey mit, daß ein zweites Gefeht mit den Häuptlingen in Witu statt- gefunden habe, wobei jedoch nur unerhebliche Verluste zu ver- A gewesen seien. Der Staatssecretär des Jnnern squith erklärte auf eine Anfrage, daß auf Verlangen der Localbehörden von Wales dorthin Truppen zum Schuße von Personen und Eigenthum sowie zur Verhinderung von Nuhestörungen gegangen seien. Sie würden zurückgezogen werden, sobald ihre Anwesenheit niht mehr nothwendig Fei, Hierauf begründete der Premier-Minister Gladstone in einer 10 Minuten dauernden Rede? seine Resolution, wonach der Schluß der Berathung des Berichts über die Homerule- Bill am nächsten Freitag erfolgen solle. Der Premier- Ministex führte aus, die Opposition werde selbst zuge- stehen, daß der Antrag eine nothwendige Folge der früheren, aus Anlaß der Ausschußberathung ange- nommenen Resolution sei. Vierundsiebzig Tage seien bereits auf die Berathung der Homerule-Bill verwendet. Dies jei eine. doppelt so lange Zeit, als je auf die Berathung irgend einer wichtigen Maßregel verwendet worden sei. Der An trag sei E im Interesse des Staats nothwendig. Er hege die Zuversicht, daß das günstige Urtheil der Nation, das diese über die feierlichste der verfassungs- mäßigen Verpflichtungen des Ministeriums gefällt habe, durch das, was 8 Siibem ercignet habe, noch befestigt und auch auf das jeßige Verfahren ausgedehnt werden werde. Der Antrag sei absolut nothwendig für die Behauptung der Freiheit und Wirksamkeit der parlamentarishen Discussion. Darauf er- riff Chamberlain das Wort, um seinen dahin gehenden Antrag zu begründen, daß unter Wegfall des Saßzes be- züglich der Auflösung des Parlaments erklärt werde: das Haus lehne die Alinakme der Resolution ab, durch welche die ebatte über eine Maßregel von der höchsten nationalen Wichtigkeit beschränkt werde, deren größerer E bereits durch die Einzelberathung ohne jedwede Debatte hindurhgezwängt worden sei. Als Vertheidigung für die Gladstone’sche Resolution werde, sagteChamberlain, die Nothwendigkeit angeführt ; die Noth- wendigkeit habe Pitt der Aeltere als das Argument der Tyrannen und das Bekenntniß der Sklaven bezeichnet. Die Nothwendigkeit entstehe lediglich aus der Thatsache, daß die Regierung sih auf Homerule allein nicht stüßen könne, weil kein Enthusiasmus dafür vorhanden sei, sodaß bei einem auf Grund dieser Vorlage allein an das Land gerichteten Appell die Regierung mit überwältigender Mehrheit geschlagen wer- den würde. Das Amendement Chamberlain's wurde \chließlich mit 200 gegen 162 Stimmen verworfen und der Antrag Gladstone’s ohne weitere Abstimmung angenommen.

Frankreich.

Die Republikaner haben bei den vorgestrigen legi s- lativen Wahlen einen großen Sieg davongetragen. Wie „W. T. B.“ meldet, stellte sich gestern Mittag nach officiellen Angaben das Nesultat wie folgt : Gewählt sind 312 Republikaner, 30 socialistishe Radicale bezw. Socialisten, 13 Ralliirte und 56 Conservative; 155 Stihwahlen sind er- forderlih. Die Republikaner haben 63 Mandate ge- wonnen. Jn den meisten Wahlkreisen, wo Stichwahlen nöthig sind, liegen die Verhältnisse für die Republikaner günstig. Jn den Pariser politischen Kreisen werden als Ergebmß des ersten gange besonders hervorgehoben der Wahlausfall bei den Ralliirten und denSocialisten sowie die Bildung der Negierungsmajorität. Man glaubte, daß eine beträcht- liche Anzahl von Rallürten und Socialisten gewählt werden würde; hatt dessen sind nur 13 Ralliirte und 9 reine Socialisten gewählt. Die Erlangung einer um etwa 65 Stimmen ge- wachsenen Regierungsmajorität wird als ein großer Erfolg im

Prside auf die Zukunft sowie die Stellung des Minister- räsidenten Dupuy betrachtet. Die republikanishen Journale erklären, die Wahlen hätten vie Abneigung des Landes gegen die nicht constitutionellen Parteien gezeigt. Die Regierungs- majorität sei stärker als jemals. Der „Temps“ sagt, das Land habe mit éi fle o ggits vie dargethan, daß es zwei Dinge mit gleicher Energie verlange, erstens: eine kräftige und aufrichtige republi- kanishe Regierung, und zweitens: eine rationelle, gemäßigt fortschreitende Aga Die gemäßigten Organe weisen auf den relativen Erfolg der revolutionären Socialisten hin. Die radicalen Journale constatiren den Fortschritt der Pei en Jdeen; man müsse von nun an ernstlih mit der jocialistischen Gruppe rechnen. Die conservativen Journale erkennen ihre Niederlage an, aber sie zweifeln, ob die neue Mehrheit sich von der bisherigen Untériieiben werde.

Die Session der Generalräthe is gestern eröffnet worden. Fast alle früheren Bureaux wurden wiedergewählt. Besondere Zwischenfälle sind niht vorgekommen. Generalräthe haben sih wegen der bevorstehenden Stichwahlen auf vierzehn Tage vertagt.

Zu den Verhandlungen mit der italienischen Regierung über die Vorgänge in Aigues-Mortes ver- breitet die „Agence Havas“ folgende Mittheilung: Der italienishe La Neumann halle eine Unterx- redung mit dem Minister - Präsidenten Dupuy, worin e Von De in Slallen infolge der Bordánge in Aigues-Mortes und der N des Maires von Aigues-Mortes entstandenen Erregung Mittheilung machte. Der Botschafter gab officiell seinem Bedauern über die De- monstrationen in Rom und Messina Ausdruck und kündigte eine Untersuhung der Vorfälle, die Enthebung des Präfecten von Rom von feinem Amt, sowie eine Genugthuung in der üblichen Form wegen Beschimpfung des französischen Konsulats in Messina an. Der Minister-Präsident D up uy gab seinerseits dem Bedauern der französischen Regierung über die Vorfälle in Aigues-Mortes Ausdruck, betonte, daß die Sicherheit der italienischen Arbeiter gewährleistet sei, und versicherte, daß die- selben Hilfe und Unterstüßung erhalten hätten. Dupuy fügte hinzu, die eingeleitete Untersuchung habe bereits den Beweis erbracht, daß die Jtaliener die Angreifer gewesen seien. Was das Verhalten des Maires von Aigues-Mortes anlange, so habe dieser sih durch den Erlaß der Proclamation eine ziemlich shwere Verantwortlichkeit aufgebürdet. Der Maire werde seines Amts enthoben werden.

Der „Temps“ veröffentlicht eine Note, welche besagt, die Untersuchung über die Vorgänge in Aigues-Mortes werde mit großem Eifer betrieben. Der Präfect des Departements Gard und der Maire von Aigues-Mortes würden, dem Rufe des Präsidenten des Ministerraths folgend, heute in Paris eintreffen, da die Wahlen ein früheres Eintreffen derselben verhindert hätten. Die der Hospitalverwaltung in Marseille zugeshriebenen Hand- lungen entsprächen in keiner Weise der Wirklichkeit. Die italienischen Arbeiter hätten in weitestem Umfange Hilfe er- halten; die Gerüchte, wonach sie erneuten Gefahren aus- geseßt gewesen wären, seien -unbegründet. Unter solchen Um- ständen fönne man der Hoffnung Raum geben, daß die in Jtalien entstandene Erregung sih legen werde, wenn man sich daselbst darüber klar werden würde, daß die Vorgänge in Aigues- Mortes einen rein localen Charakter hätten und daß bei einem guten Willen der beiden Regierungen der Zwischenfall in einer für beide Nationen befriedigenden Weise leicht bei- gelegt werden könne.

Rußland.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters- burg ist die Grundsteinlegung des Libauer Hafens auf den 24. d. M. verlegt worden. Am Abend des näm- lichen Tages wird die Kaiserlihe Familie von Libau nach Kopenhagen abreisen.

Jm Hinblick auf die Gefahr, daß durch das Stocken der Ausfuhr des Getreides das bereits sich fühlbar machende Sinken der Preise in ein rascheres Tempo gerathen könne, hat das russishe Finanz-Ministerium eine Conferenz zu- fsammenberufen, um über weitergehende Maßregeln zur Aufrecht- erhaltung der Getreidepreise und zur Erleichterung der Lage der Landwirthschaft zu berathen. Die erste Sißung dieser Conferenz, als deren Präses der Adjunct des Finanz-Ministers Antono- witsch fungiren wird, soll bereits heute stattfinden. Zur Theilnahme an der Versammlung sind, der „Nowozje Wremja“ zufolge, die Präsidenten der Cameralhöfe von Orel, Kijew, Pensa und Radom, die Chefs der Comptoire und Filialen der Reichsbank einer Reihe von Städten, und die Prästdenten einer Anzahl von Gouvernements- und Kreis- Landschaftsämtern einberufen worden. Außerdem werden an der Versammlung Vertreter der Ministerien des FJnnern und der Domänen und eine Reihe von Mitgliedern des Finanz- Ministeriums theilnehmen.

Ftalien. Dex Kong, der Prinz Heinrich von Preußen

und der Prinz von Neapel trafen, wie „W. T. B.“ be- richtet, vorgestern Abend an Bord der „Savoia“ vor der Insel Maddalena ein. Zahlreiche beleuchtete und zum theil von Musikcorps beseßte Boote begrüßten die Allerhöchsten Herrschaften bei ihrer Ankunft. Auch die Häuser der Stadt waren illuminirt und beflaggt. Gestern Vormittag be- sihtigten der König, der Prinz Heinrih und der Prinz von Neapel die Festungswerke und sodann das Haus Gari- baldi’'s auf Caprera, wo Allerhöchstdieselben von dem Sohne des Verstorbenen Menotti Garibaldi empfangen wurden und sih in das im Sterbezimmer Garibaldi's ausliegende Buch e Hierauf erfolgte die Rückkehr an Bord der SAaVvoid

Der Minister-Präsident Giolitti, der bisher abwesend war, wird im Laufe des heutigen Tages in Nom zurückerwartet.

Durch ein Decret des Ministers des Fnnern sind infolge der Vorfälle auf der Piazza Farnese folgende Beamte von ihren Functionen suspendirt worden: Der Präfect von Nom Senator Calenda, der Leiter der Polizei-Direction von Rom Sandri, und der Polizei-Jnspector des Viertels, in welchem das T Farnese-Mainetti liegt. Durch ein weiteres Decret ist eine Untersuchungscommission ernannt worden zur Feststellung der Verantwortlichkeit der Civil- und Militär- beamten, welche die erhaltenen Initeuetionen bezüglich der Auf- rechterhaltung der Ordnung in Rom nicht befolgt haben. An die Präfecten hat der Minister des Jnnern ein Circular er- lassen, worin gesagt wird: wenn auch die ersten Demonstra- tionen als Ausdruck der durh die Vorfälle zu Aigues-Mortes hervorgerufenen Bewegung S seien, so würde doch deren Fortdauer die Aufgabe der Regierung ershweren, deren sie sih voll bewußt sei. Das Circular wiederholt die wegen

Mehrere -

der Aufrechterhaltung der Ordnung ergangenen Weisungen und fordert die Präfecten auf, an die Mitwirkung der Bürger zu appelliren.

Die Blätter sprehen sich im allgemeinen zu den Maß- nahmen, welche die Regierung ergriffen hat, um die Verant- wortlichkeit für die aus vg: er leßttägigen Demonstrationen verübten Gewaltacte von sich abzuweisen, zustimmend aus. Die italienishe Regierung habe durch ihr Verhalten Frank- reih ein Beispiel von der Art gegeben, wie eine gesittete Nation die Verantwortlichkeit ihrer Beamten auffasse.

Von den Demonstranten, die sich am Sonnabend an den Kundgebungen gegen Frankreich betheiligten, sind sechs zu 16 bis 26 Fr. Geldbuße verurtheilt und einer wegen Beleidigung der Wache mit 25 Tagen Arrest bestraft worden. Ein Stu- dent, der ein päpstlihes Wappenschild vom französischen Seminar zu Santa Chiara entfernt hatte, wurde wegen Mangels eines Klageantrags der verleßten Partei frei- gesprochen.

Jn Rom haben steten die Arbeiter der mechanischen Fabrik von Mazzocchi, die mehxere Franzosen beschäftigt, mit der Erklärung die Arbeit niedergelegt, daß sie diese niht cher wieder aufnehmen würden , bevor die Franzosen entlassen wären. Ein Fnfanterie-Detachement wurde nah L ol entsandt; es kam jedoch zu keinerlei Nuhestörungen. estern Abend hatte die Stadt ihr gewöhnliches Aussehen. Sicherheits- mannschaften hielten, mit strengen Befehlen versehen, die an den vorhergehenden Tagen von den Manifestanten aufgesuchten Stellen beseßt; insbesondere war die Piazza Far- nese von Truppen eingenommen. Die Kanalisirungsarbeiten auf der Piazza Farnese, auf die es zurückzuführen is, daß die Manifestanten Steine vorfanden, sind gestern in aller Eile zu Ende geführt worden. Das Concert auf der Piazza di Colonna war abbestellt. Abends wurde ein anarchijstisches Manifest verbreitet, worin es hieß, daß das Blut- vergießen in Aigues-Mortes durh die Habgier der Bourgeoisie verschuldet worden sei. Vereinzelte Ver- suche, Kundgebungen in Scene zu seßen, wurden alsbald unter- drückt. An einer Stelle versuchte cine Gruppe, den Militär- cordon zu durhbrehen und nah der Piazza Farnese durch- zudringen, wobei gegen die Truppen mehrfah Steine ge- worfen wurden. Eine Gruppe von 300 Arbeitern, die auf der Piazza Colonna hin demonstriren wollte, wurde zerstreut, wobei mehrere Demonstranten verhaftet wurden. Jn der Nähe des Ponte Sisto wurde der Versuch gemacht, drei kleine Barricaden zu errichten, deren eine angezündet wurde. Auf die einschreitenden Truppen wurden von einigen Seiten Steine geworfen, doch wurde die Ordnung bald wiederhergestellt. Bei diesen Demon- strationen machte sich eine Thätigkeit der anarchistischen Elemente bemerkbar. Der Sindaco hat ein Manifest erlassen, worin er die Bevölkerung zur Nuhe und Ordnung auffordert. Um Mitternacht hatten die Manifestationen ihr Ende erreicht.

Jn der Provinz dauerte die Erregung über die Vor- gänge auch gestern fort und kam es mehrfach zu Demonstra- tionen, die in Mailand und Florenz, ebenso wie in Nom, einen theilweise anarchistishen Charakter trugen. Jn Neapel hatten viele Häuser Trauerfahnen ausgehängt. Von Mittag an durchzogen Gruppen von Demonstranten mit dem Ruf „Evviva lItalla“ die Stadt und veranlaßten die Einwohner, die französishen Jnschriften zu ver- hüllen. An mehreren Stellen wurden die Jnschriften entfernt. Jn Mailand entstand in einem Café ein Konflikt zwischen Anarchisten und Offizieren. Einige Verhaftungen führten fo- dann zu einem Zusammenstoß zwischen der öffentlihen Macht und Anarchisten. Dabei wurden einige Personen verwundet und mehrere Verhaftungen vorgenommen. Das französische Konsulat wurde durch Polizei und Carabiniers bewacht. Jn Genua zündeten die Manifestanten mehrere Omnibusse an, warfen zwei davon brennend in das Wasser und verbrannten auh drei Kioske. An verschiedenen Pläßen kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Truppen mußten einschreiten und stellten die Ordnung wieder her. Eine vor dem französischen Konsulat versuchte Kundgebung wurde durch das Militär unterdrückt. Jm ganzen wurden etwa 20 Ver- haftungen vorgenommen. Gegen 111/5 Uhr trat allmählich Nuhe ein. Jn Turin zogen einige hundert Personen durch die Straßen, doch kamen keine bedeutenderen Ausschreitungen vor. Die Polizei verhinderte die Annäherung an das französishe Konsulat und nahm einige Verhaftungen vor. Jn Livorno, Verona, Padua, Campobasso, Reggio nell’ Emilia, Arezzo, Caserta, Tarent, Neapel und Florenz verliefen die Demonstrationen ohne ernstere Zwischenfälle.

Etwa 50 italienishe Arbeiter sind von Aigues- .

Mortes in Genua angekommen ; einige von ihnen sind infolge der erlittenen Mißhandlungen noch krank. Die Arbeiter werden von den Behörden in die Heimath befördert. |

Der Präfect von Messina hat dem französischen Konsul sein Bedauern über die Verunglimpfung des Wappen- \childes des französishen Konsulats ausgedrückt und mit ihm gemeinsam die Formalitäten und Ehrenbezeugungen bei dessen Wiederanbringung festgeseßt.

Serbien. Die Skupschtina ist, wie „W. T, B.“ meldet, gestern vom König mit einer Thronrede geschlossen worden. Nach der „Frkf. Ztg.“ wird darin hervorgehoben, daß der König

sofort nach seinem e gantritt die Skupschtina zu einer

jon zusammenberufen habe, um vor ihr den Eid zu leisten und damit sie alle jene Arbeiten erledige, die während Fer anormalen Periode, welche das Land vorher durchgemacht habe, unerledigt geblieben seien. Es wird darin ferner constatirt, daß die Skupschtina in rich- tiger Würdigung der ökonomischen und finanziellen Bedürfnisse des Landes die verschiedenen ihr zur Genehmigung vorgelegten Handelsverträge angenommen habe, wodurch dem Lande für eine Periode von zehn Jahren eine ökonomische und finanzielle Conso- lidirung gesichert werde. Weiter wird in der Thronrede die Genug- thuung über die Annahme der neuen Pl lege ausgesprochen, wodurch dem Staatsschaß neue Quellen erlo en worden seien. Die Thronrede {ließt pl endermaßen: „Kaum vier Monate sind verflossen, seitdem ih durch den Act vom 1. April dic A au Consequenzen vom 9, August des vergangenen Jahres aufgehalten habe ; allein schon jeyt können wir mit gerechter Befriedigung auf die zahlreichen und wichtigen Erfolge dieser kurzen Zeit zurückblicken. Nur ein Regime, welches auf das Princip der volllommenen Harmonie oen König und Volk gegründet ist, kann einen solchen Erfolg sichern.

Schweden und Norwegen,

Der König hat dem „W. T. B.“ zufolge den König von Dänemark und sämmtliche Fürstlihen Gäste des

außerordentlichen Ses

dänischen s eingeladen, an den gegen Schluß dieses Monats auf der Jnsel Hven stattfindenden Hasenjagden theil- zunehmen.

Amerika,

Wilson (West-Virginia) ist nach einer Meldung des „M. T. B.“ aus Washington zum Präsidenten der Com- mission für Wege und Verkehrsmittel ernannt worden. Wilson wird in dem Congreß einen Antrag auf Ab- schaffung des Mac Kinley - Tarifs einbringen. Mac Creary ist zum Präsidenten der Commission für aus- d f Angelegenheiten, Bland (Missouri), Anhänger der freien Silberprägung, zum Präsidenten der Silber- Commission ernannt. Man ist jeßt der Meinung, daß die Ab- schaffung der Sherman-Acte ohne weiteres in beiden Kammern beschlossen werden dürfte. Nach einer Meldung der „Daily News“ aus New-York wird dabei auf eine Majorität von 5 bis 6 Stimmen im Senat und auf eine solhe von 30 bis 40 Stimmen im Repräsentantenhause gerechnet.

Der Schaßsecretär Carlisle hat ein Schreiben an Voorhees gerichtet, worin die Kosten für die Umprägun des Silbers zu dem erhöhten Verhältniß von 20 zu 1 auf 113 Millionen Dollars geshäßt werden.

Nach einer Meldung des „Reuter shen Bureaus“ aus Buenos Aires sind die Jnsurgenten ohne Schwert- streih in Corrientes eingezogen. Der Gouverneur und die Behörden flüchteten nah dem jenseitigen Ufer des Flusses. Jn Paris eingetroffene Nachrichten besagen, daß der Aufstand sich über die ganze Provinz verbreite.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reuter schen Bureaus“ aus Bangkok empfing der König vonSiam, der nah Bangkok zurückgekehrt ist, am Sonntag den französischen Gesandten Le Myre de Villers in feierlicher, äußerst prunkvoller Audienz. Der Gesandte erinnerte in seiner Rede an die früheren freund- schaftlihen Beziehungen zwishen Siam und Frank- reich und gab der Hoffnung Ausdru, daß die vorübergehenden Trübungen derselben bald beseitigt sein würden. Der König verlas eine im gleihen Sinne gehaltene Rede in siamesischer Sprache. Der Prinz Swasti ist mit zwei Söhnen des Königs nah London abgereist.

Afrika.

Wie das „Neuter sche Bureau“ aus Tanger von gestern meldet, ist der französishe Unterthan Jacob Cohen vor- gestern Abend in Zuani bei Tanger ermordet aufgefunden worden. Die Mörder sind niht bekannt, doch glaubt man, daß es Mauren gewesen seien. Die französischen Behörden haben sih behufs Einleitung der Untersuchung in die Wohnung des Getodteten begeben.

Parlamentarische Nachrichten.

Amiliches Ergebniß der Reichstags-Ersaßwahl im 1. Hamburger Wahlkreis: Abgegeben wurden 27 580 Stimmen. Davon erhielten Molkenbuhr (Soc.) 16476 Stimmen, Laeisz (natl.) 8802 Sitmmcn, Raab (Antis.) 2890 Stimmen. Mo lkenbuhr ist sonach gewählt.

Statistik und Volks8wirth\schaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Jn Dortmund wurde am Sonntag die Hauptversamm- lung des Verbandes deutscher Berg- und Hütten- arbeiter abgehalten, zu der sih 80 Delegirte eingefunden hatten. Der Vorsißende L. Schröder erstattete den Jahres- beriht, dem wir nah der „Köln. Ztg.“ Folgendes entnehmen :

Der Redner schilderte zunächst seine Agitationsreise in Schlesien und Sachsen und betonte, daß sogar in Oberschlesien die Sache des Ver- bandes Einfluß gewonnen habe, wenn auch im großen und ganzen die Mit- gliederzahl des Verbandes zurückgegangen sei. Im Saarbrücker Bezirk habe der Ausstand die ganze Organisation zerschlagen. Wenn der Verband auch abgenommen habe, so sei die Beschaffenheit der jeßigen Mit- glieder eine bessere, es seien nur „überzeugte Genossen“. Die im Vor- jahre gerügte Verleihung von Geldern sei in diesem Jahre unterblieben ; im ganzen seien auêgeliehen auf erste Hypothek und an den Consum- verein des Verbandes 21 475 A Von den Beamten der Zechen werde vielfah mit Maßregelungen gegen Verbandsmitglieder vorgegangen. Es müsse da Wunder nehmen, daß der Verband sih noch fo entwickelt habe. Das Ergebniß des leßten Ausstandes sei für den Verband kein günstiges, nur die „Intelligenz“ sei gestärkt worden.

Ueber den Kassenbericht, den Johann Meyer-Bochum erstattete, und den weiteren Verlauf der Verhandlungen berichtet die Berliner „Volks-Ztg.“:

Vom 1. August 1892 bis zum 1. August 1893 sind 29 898 M vereinnahmt oder auf den. Tag 81,91 4 * Verausgabt wurden 35 042 4 oder auf den Tag 96 4 Unter diesen Ausgaben figurirt der Ankauf der Druckerei. Wenn man diesen Betrag in Abzug bringt, j ist, wie bemerkt wurde, ein Uebershuß von 4344 A vor- anden. Es haben sich 28 Zahlstellen abgemeldet. Die meisten Mitglieder scien aber noch Abonnenten des Vereinsorgans. Jedes Mitglied hat dem Verbande 1,725 4 gekostet. Der Control- aus\chuß hat die Kassen richtig befunden. Bei der Wahl des Vor- standes erhielt von 80 abgegebenen Stimmzetteln der bisherige Vorsitzende Ludwig Schröder 76 Stimmen, der bisherige Verbandskassirer Meyer von 82 abgegebenen Stimmen 80 und der Schriftführer Hünnighaus von 81 abgegebenen Stimmen 47. Der bisherige Schriftführer Möller erhielt nux 35 Stimmen und ist mithin nicht wiedergewählt. Bei dem Punkt „Verschiedenes“ der Tagesordnung beantragte die

ahlstelle Grunnen: Vorstandsmitglieder und Redner müssen in Versammlungen sih der größten Unparteilichkeit befleißigen, ebenso muß das Verbandsorgan unparteilich redigirt werden. Der Begründer dieses Antrags wollte, wie die „Volks-Ztg.“ meint, damit auf die socialdemokratishe Haltung des Vorstandes und des Verbandsorgans hinzi-elen, was aber bei den Delegirten die größte Entrüstung hervorrief. Durhweg waren die Anwesenden der A t; daß nur der socialdemokratishe Standpunkt des Vorstands dem Ver- bande zum Nußen gereiche. Verschiedene Redner sprachen fich für den Anschluß an die socialdemokratishe Partei aus.

Ueber den Ausstand der englischen Bergarbeiter liegen heute folgende Wolff hen Meldungen vor:

Nach Londoner Nachrichten foll Aussicht vorhanden sein, daß der Strike in Mert hyr demnächst sein Ende erreicht. Die Bergarbeiter wollten heute über die Wiederaufnahme der Arbeit abstimmen. Nah einer Meldung des „Reuter'shen Bureaus“ aus sontypridd griff die dortige Polizei vorgestern Abend eine ärmende Menge \trikender Arbeiter an, wobei viele Personen ver- wundet, au mehrere A enten s{hwer verleßt wurden. Sieben

ersonen wurden verhaftet. In Ferndale plünderte eine Volks- menge die Bälkerläden und zertrümmerte die Schaufenster. Auch hier griff die Polizei ein.

__ Aus Aigues-Mort es wird gemeldet, daß zum Schuße der in den Salinen beschäftigten Arbeiter noch immer Truppen auf- eboten sind, da erneute ns e befürchtet werden. Die Stadt eginnt indessen ihr gewöhnliches Aussehen anzunehmen. Der General- Secretär der Präfectur und die Mitglieder des nah Tf es

entsandten Gerichtshofes verbleiben dort bis zum Abschlusse der

Untersuchung.

Aus Wien wird dem „D. B. H.“ gemeldet: Bei der Auszahlung von Löhnen an ausständige Arbeiter in der Petroleum-Raffinerie von Wagemann kam es vor der Fabrik zu Ausschreitungen. Bei- nahe 2000 Arbeitslose versuhten die Fabrik zu demoliren und vergriffen sh auch an der einschreitenden Polizei, die mit der blanken Waffe vorgehen Ee Erst nachdem die Haupträdelsfüh rer verhaftet waren, konnte die Ruhe wiederhergestellt werden.

Kunst und Wissenschaft.

Während weitaus der größte Theil aller Nadelhölzer oder Coniferen auf der nördlichen Halbkugel verbreitet ist, giebt es auch Gruppen und Gattungen, welche aus\{ließlich oder fast aus\cließlich auf die südliche Halbkugel angewiesen sind, so z. B. die Gättung Araucaria, deren Arten nit nur ihrer auffallenden habituellen Ver- schiedenheit und Schönheit wegen, sondern vor allem infolge ihrer merkwürdigen geographishen Verbreitung interessant sind. Gerade bei dieser Gattung läßt sih außerordentlich {ön zeigen, wie merk- würdige Wanderungen einzelne Pflanzen {on durchgemaht haben, wie sie zu bestimmten Zeiten weit vorgedrungen sind und später dann wieder zurückgedrängt wurden, fodaß einzelne von thnen oft in der Gegenwart nur noch auf kleinen Strecken, manchmal auf kleinen Inseln angetroffen werden, während ihre näâhsten Verwandten Tausende von Meilen entfernt, in anderen Erdtheilen vielleicht, zu finden sind. Die Gattung Araucaria war noch im Eocän über Europa und Asien in zahlreichen Arten ver- breitet, wie Versteinerungen und Abdrücke aus England, Frankreich und Sibirien beweisen. Jeßt is auf der ganzen nördlichen E niht eine einzige lebende Art mehr zu finden. Nur noch auf der südlichen Halbkugel haben sich 10 Arten erhalten. Auch hier läßt sih ermitteln, daß die Gattung einmal viel weiter verbreitet gewesen sein muß, und daß fsich im Laufe der Zeit thr Areal immer mehr ver- ringert hat. Die Araucarien gehören zu den s{hönsten aller bekannten Bäume, und es ist deshalb außerordentlih zu bedauern, daß diese fr unser Klima nicht winterhart sind, also im Freien bei uns nicht aushalten. Wie wir uns im Botanischen Garten überzeugen fönnen, wo sämmtliche bekannte Arten übersichtlich gruppirt sind, ge- deihen sie dagegen ausgezeihnet, wenn ihnen im Winter aus- reichende Glaëhäufer geboten werden. Die härteste Art, Araucaria imbricata, aus Chile stammend, wo sie ausgedehnte Bergwälder bildet, kann noch in England in vielen Gegenden im Freien gezogen werden, da sie unbeschadet eine «Kälte von 89 R. erträgt. Diese Art is ein Baum von eigenartigem bizarrem Habitus, welcher siher die Verwunderung jedes Beschauers erregt: mit langen, abstehenden, shlangenartigen, diht mit ziemlich breiten Schuppenblättern bedeckten Zweigen. Alle übrigen Arten sind viel empfindlicher, vor allem die prächtige A. brasiliana, welche in Brasilien in Bergreaionen ausgedehnte, wegen ihrer cigen- artigen Schönheit berühmte Wälder bildet. Während diese beiden Arten weit von einander getrennte Gebiete Süd-Amerikas einnehmen, finden wir alle übrigen im australasiatishen Gebiet, jede einzelne Art auf verhältnißmäßig winzige Gebiete beshränkt. So is Araucaria Cunninghamiüi, ein Baum mit {önen, feinen, dihtgedrängten Nadeln, welcher von allen Arten der Gattung mit unseren nordischen Contferen am meisten Aehnlichkeit zeigt, nur aus geringen Ge- bieten Oft - Australiens bekannt, A. Cookiüi nur aus Neu- Caledonien, und A. excelsa, einer der {önsten Bäume, mit seinen langen, s{wankenden Zweigen und der feinen, zusammengedrängten Benadelung einen unvergleihlichen Baumschlag bildend, is nur auf den winzigen Norfolk-Jnseln einheimisch, wo er Bestände bildend auftritt und eine Höhe von 60 m erreiht. Da zu seinem geraden, tadellosen Wuchs noch die Güte des Holzes hinzukommt, wird er, wie nur wenig andere Bäume, für den Schiffsbau geshäßgt. In die nächste Verwandtschaft zu Araucaria gehört die Gattung Agathis, von welher zwei sehr wichtige pflanzlihe Producte gewonnen werden, das QDammarharz und das Kauri - Kopal, ersteres von der im malayishen Gebiet verbreiteten Agathis Dammara, leßtere von der auftralishen A. australis, der Kaurifichte, stammend. Die Agathis-Arten bilden den deutlihsten Beweis dafür, wie unrihtig im allgemeinen die Bezeichnung der Coniferen als „Nadelhölzer“ is ; denn während wir {hon bei den Araucarien ein Schwanken der Blätter von spißer Nadelform bis zur lanzettlichen Gestalt bemerken konnten, finden wir - hier breitovale lederartige Blätter, welche denjenigen sehr vieler Laubhölzer täushend ähn- lih sehen.

Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern hat, wie dem ,W. T. B.* aus München gemeldet wird, der Pensions- anstalt für bildende Künstler Deutschlands in Weimar ein Geschenk von 5000 4 überwiesen. |

In Nür nbèrg foll in den Tagen vom 24. bis 28, Sep- tember ein kunsthistorisher Congreß abgehalten werden, für den das folgende geshäftlihe Programm aufgestellt ist: Am Vor- abend (24. September) 8 Uhr: Gesellige Zusammenkunft und Vor- besprehung im Hotel Strauß. —Montag , den 25. September, 9 Uhr Vormittags: Bersammlung im Conferenzsaal des Germani|chen National- Museums (Frauenthormauer 28). Begrüßung durch den Vorsißenden des Nürnberger Localcomités. Constituirung des Bureaus für den Nürn- berger Congreß. Berathung der Saßungen für die kunsthistorischen Congresse. Neferent : Dr. B. Haendcke-Bern. Wahl cines Comités zur Ausarbeitung der Satzungen. Vortrag des Herrn Dr. Hampe- Nürnberg: Deutsche Kunst un 15. Jahrhunderts. Antrag des Herrn Professors Dr. von Lüßow- Wien, betreffend die Gründung eines Instituts für neuere Kunst- forshung. Dienstag, den 26. September, 9 Uhr Vormittags: Vortrag des Herrn Profeftors Dr. Dietrichson-Christiania: Die nor- wegische Holzarchitektur und die norwegischen Bauten des deutschen Kaisers zu Nominten. Vortrag des Herrn Dr. Max Schmid-Berlin : Ueber kunstgeshichtlihen Unterriht an Volks- und Mittelshulen. Vortrag des Herrn Dr. Bodenstein-Wien : Ueber ODesterreihs Antheil an der Kunftentwicklung. Mittheilungen des Herrn Ernst Berger-München über die Entwicklung der Maltechnik im Alterthum. M ittwo ch, den 27. September, 9 Uhr Vormittags: Referat des zur Ausarbeitung der Saßungen eingeseßten Comités und Beschlußfassung über die- selben. Wahlen des ständigen ‘Ausschusses und des nächsten Congreß- ortes. Vortrag des Herrn Professors Dr. Neuwirth-Prag : Üeber das mittelalterlihe Krakau und seine Beziehungen zur een Kunst. Vortrag des Herrn Dr. von Frimmel-Wien zur Galerie- kunde. Vortrag des Herrn Professors Dr. Gn Gösler von Ravensburg-Coburg: Ueber die Domkanzel des Giovanni Pisano und deren Restauration. Mittheilungen des Herrn Dr. Bodenstein-Wien über Wege und Ziele des Kunstunterrihts an Technishen Hochschulen und verwandten Lehranstalten. Bemerkungen des Herrn Dr. Haendcke- Bern über die Verwendbarkeit des Skioptikons im kunstgeschicht- lihen- Unterricht. Schlußwort des S Donnerstag, den 28. September: Ausflug nah Bamberg. Besichtigung der Schens- würdigkeiten Bambergs unter Führung des Königlichen Bibliothek- vorstandes Herrn Dr. Leitshuh, Anmeldungen und Zuschriften in Angelegenheiten des Congresses sind an Herrn Director Hans Boesch in Nürnberg (Germanisches National-Museum) zu richten.

Die Professoren der Universität Heidelberg Dr. Brünnow ras Philologie) und Dr. von Domaczewski (alte Geschichte) veabsichtigen, wie der „Schwäb. Merk.* mittheilt, für den nächsten Winter eine ane Studienreise nach Syrien. Es handelt sih dabei hauptsählich um arhäologishe Forschungen in dem Lande östlih vom Libanon und in der Gegend von Cdessa; sowohl für die Geschichte des Alterthums als für die des Mittelalters sind von der vereinten Thätigkeit der beiden Gelehrten werthvolle Auf-

{lüsse zu erhoffen.

deutsche Literatur um die Wende des

Zur Erlangung von Skizzen für die künstlerishe Aus- gestaltung der neuen großen Weserbrücke in Bremen hat nah dem „Centralbl. d. Bauverw.“ die dortige Baudeputation einen Wettbewerb unter den deut)hen Architekten ausgeschrieben.

Le zwei Preise zu 1000 und 500 # ausgeseßt; außerdem wird der

nkauf von Skizzen zum Preise von je 300 f vorbehalten. Die Ar- beiten sind bis zum 25. September d. J., Abends 6 Uhr, bei der Negierungs-Kanzlei in Bremen, Stadthaus, Zimmer 32, einzureihen von wo auch die D und zugehörigen Zeichnungen fostenfrei bezogen werden fönnen. as Preisgericht besteht aus den Herren Senator Dr. Plump, Konsul Strube und Ober-Baudirector Franzius in O Baurath Schwechten in Berlin und Professor Fr. Thiersch in München.

Pon dem Königlih ungarishen Handels-Minister ist eine internationale Preisbewerbung um Entwürfe für zwei Donaubrücken in Budapest aus Zirichen. von denen die eine 312 m, die andere 331 m Gesammtöffnung erhalten soll. Die Be- werbung kann sih auf eine oder beide Brücken erstrecken. Für den besten Entwurf if, «wie das „Centralbl. d. Bauverw.“ mittheilt, ein Preis von 30 090 Kron. (rund 25 500 46), für den zweitbesten ein solcher von 20 000 Kron. (17 000 4) ausgeseßt. Hat der beste Ent- wurf die Ueberbrückung in nur einer Oeffnung nah den Be- dingungen des Wettbewerbs gelöst, so wird noch ein Zusah- preis von 10 000 Kron. (8500 46) gewährt. Es bleibt das Recht vorbehalten, jede nicht preisgekrönte Arbeit für 5000 Kron. (4250 M) anzukaufen. Wird dem Verfasser eines preisgekrönten Ent- wurfs die Bauausführung übertragen,-so wird der ausgeseßte Preis nit gezahlt. Die mit Kennwort versehenen Arbeiten ind bis zum 31. Januar 1894 beim Hilfsämter-Director des Königlich ungarischen Handels-Ministeriums in Budapest einzureichen ; sie werden von einem aus Fahmännern bestehenden Preisgeriht geprüft und dann zwet Wochen hindurch öffentlih ausgestellt. Die Bedingungen des Wett- bewerbes nebst zugehörigem Lageplan u. \. w. können von jedem österreichish-ungarischen General-Konsulat bezogen werden (in Berlin: Behrenstraße 33/34); ebendaselbst sind bis spätestens Ende Sep- tember d. J. auch die gegenwärtig noch in der Aufnahme begriffenen Bohrprofile zu entnehmen.

Land- und Forstwirthschaft.

_Meg, 21. August. (W. T. B.) Der 22, deute For» männertag wurde heute hier eröffnet. Bezirks-Präfident von Hammerstein begrüßte die Versammlung im Namen der Re- gierung.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Bulgarien. Mit der Eisenbahn ankommende Reisende unterliegen vom 21. d. M. ab in Zaribrod einer dreitägigen Quarantäne; Gepäck und Kleidungsstücke werden desinficirt. ; Brasilien. Einer im „Diario Official* vom 28. v. M. veröffentlichten Verfügung der brasilianishen Regierung vom 27. v. M. zufolge find 1) die italienishen Häfen des Mittelländischen Meeres auf dem Festland und den Inseln, von Ventimiglia bis Neapel ein- \ch{ließlich mit Ausnahme von Sardinien —, 2) E von Italien kommenden Schiffe, welche Auswanderer bes ördern, für choleraverdächtig erklärt worden. E Alle Schiffe, welhe Auswanderer aus Italien befördern oder aus den genannten Häfen nah dem 20. v. M. ausgelaufen sind werden in den brasilianishen Häfen nur zugelassen, nachdem sie ih auf Ilha Grande der vorschriftsmäßigen sanitären Behandlung unter- zogen haben.

Cholera.

Für den Regierungsbezirk Posen is, wie das „Pos. Tgbl.*

meldet, seitens des Negierungs-Präsidenten die Grenzsperre mit der Maßgabe angeordnet worden, daß die Grenzstationen Strzal- kowo und Pogorzelice (Kreis Wreschen), Skalmierzyce (Kreis Ostrowo) und Podsamts\he (Kreis Kempen) ofen zu lassen sind. Der Uebertritt in das diesfeitige Staatsgebiet is an diesen Nebergangsorten nur nach voraufgegangener ärztlißer Unter- suhung und bei dem Befunde des mit dieser Unterfuhung be- trauten Arztes, daß dem Uebertritt Bedenken für die Gesundheit der diesseitigen Bewohner nicht entgegenstehen, gestattet. An jedem diefer Uebergangsorte ist für die vorzunehmenden Untersuchungen ein Arzt stationirt; ferner sind die erforderlichen Untersuchungsvorrichtungen vorhanden wie auch ein Haus zur event. Unterbringung von Personen, die als cholerakrank befunden werden. Um der Ein- \{leppung der Seuche auf dem Wasserwege entgegenzutreten, sind für die Schiffer und Flößer die an! der Warthe gelegenen Orte Pogorzelice, Schrimm und Posen als Untersuchungsorte be- stimmt; außerdem is noch Schwerin a. W. als folher in Aussicht genommen. . Besondere Bestimmung ist für die russischen Auswanderer Bre worden, welche vorläufig an der Grenze zurückzuweisen sind. Diese Bestimmung findet auch auf jeden andern verdächtigen Aus- länder Anwendung. Im Entwurf begriffen is ferner eine Verord- nung für die aus Russish-Polen zuziehenden Inländer, welche verpflichtet sein sollen, innerhalb 24 Stunden nach Ein- treffen am Lmie sich bei der zuständigen Orts- polizei zu melden. Auch die Eisenbahnreisenden sollen nit außer Acht gelassen werden. Sowohl im Grenz- wie im Binnenverkehr sollen für Reisende ärztliche Untersuhungen angeordnet werden. Es sind zu diesem Zwecke als Untersuchungsorte in Aussicht e an der Grenze Podsamtsche, Ostrowo und Wreschen, im Vinnenlande Posen, Lissa und Bentschen. Um an der Grenze die erlassenen Polizeibestimmungen zur genauen Durchführung zu bringen, ist die Gendarmerie daselbst bedeutend verstärkt worden. Auch hat der Provinzial-Steuer-Director sich bereit erklärt, zur Verhütung der Choleragefahr die Steuerbeamten an der Grenze nah Bedarf in den Dienst e E zu stellen. :

Der Megierungs-Präsident des Regierungsbezirks Bromberg hat, wie das „Pos. Tgbl.“ meldet, nachstehende Bekanntmachung er- lassen: „Zur Verhütung der Sena der Cholera aus Rußland ordne ih hiermit an, v: russishe Auswanderer an der Grenze des Negierungébezirks Bromberg zurückgewiesen werden. Ihnen ist zu bedeuten, daß sie nur an den Eisenbahn-Grenzstationen preußisches Gebiet betreten dürfen. Der Regierungs-Präsident.“

Wien, 21. August. Nach amtliher Meldun hi im Bezirk Nadworna am 19. und 20. August 14 Cholera-Erkrankungen und 8 Todesfälle, in der Stadt Kolomea 2 Erkrankungen und 3 Todes- a inCzerniatyn 3 holeraverdähtige Erkrankungen und 1 Todes- all vorgekommen. Bei einem in Czernowiß am 19. d. statt- gehabten Todesfall wurde als Ursache Cholera asïiatica conftatirt.

Pest, 21. August. Das „Ungarische Correspondenzbureau“ ift, gegenüber der g mehrerer Blätter über angeblihe Cholerafälle im Marmaroser Comitat, von competentester Seite zu fol« gender Erklärung ermächtigt: „Es ist eine thatsählihe Unwahrheit, daß dortselbst ein von dem Wiener Correspondenten eines eng- lishen Blattes angeblih entsandter Dr. Kohn erschienen wäre. Seit dem 25. Juli kamen im Marmaroser Comitat unter den beim Bau der 80 km u Eisenbahn deinen 8000 Arbeitern mehrere choleraähnlihe Erkrankungen vor, weshalb die Hälfte der er«

schreckten Arbeiter nah ihrer Heimath, Jtalien, Kroctien und Galizien,

abreiste. Alle Erkrankungen sind jedoch bloß \poradis{ treten und kamen während der Dauer eines Monats auf so ausgedeh Gebiet vor, as weder von einer Epidemie noch von einem Cholera- herd die Rede fein kann.“

London, 21. August. Wie das “Dare Bureau* aus Malta meldet, unterliegen Provenienzen aus deu á ichi» schen und belgischen Häfen daselbst einer fünftägigen i