Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Polizeisekretär Bernhardt und dem Polizei- telegraphensekretär Badtke vom Polizeipräsidium in Berlin den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen sowie infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Sagan getroffenen Wahl den besoldeten Beigeordneten Martini daselbst in gleicher Eigenschaft auf fernere zwölf Jahre zu bestätigen.
Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.
Dem Direktor des Kaiser Wilhelm-Museums in Crefeld Dr. Friedrih Deneken ist der Titel Professor verliehen worden. Ministerium des Jnnern.
Der Kreisassistenzarzt Dr. Schulte aus Sigmaringen ist zum Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung des Kreis- arztbezirkes Kreis Cochem beauftragt worden.
Nichlamtli®es. Deutsches Ne ich.
Preußen. Berlin, 11. November 1912.
Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sißung zusammen. :
Der Geheime Regierungsrat Hagen in Hannover ist der Königlichen Regierung in Danzig, der Regierungsrat Dr. Wilhelm Abegg in Oppeln dem Königlichen Polizei- präfidium in Berlin, der Regierungsrat von Ploeg in Münster (Westfalen) der Königlichen Direftion für die Ver- waltung der direkten Steuern in Berlin, der Regierungsrat Nibbeck in Köslin der Königlichen Regierung in Hannover, der Regierungsrat Dr. Meineke in Berlin der Königlichen Regierung in Düsseldorf, der Negierungsassessor Paul Mayer aus Gelsenkirhen der Königlichen Regierung in Gumbinnen, der Regierungsassessor Dr. Otto Schulze in Winfen a. d. L. der Königlichen Regierung in Köslin und der Regierungsassessor Dr. von Ams berg in Kolmar in Posen der Königlichen Regierung in Oppeln zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Dem Regierungsassefsor Freiherrn von Wilmowski in Berlin ist für die Zeit vom 1. Januar 1913 ab die Ver- tretung des Landrats in Merseburg, Regierungsbezirk Merse- burg, dem Landrat Scherer in Adenau die kommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Grevenbroich, Re- gierungsbezirk Düsseldorf, dem Regierungsassessor Dr. Schellen in Düsseldorf die kommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Adenau, Regierungsbezirk Koblenz, dem Regierungs- assessor Cunze in Arnsberg die kommissarishe Verwaltung des Landratsamts im Kreise Hattingen, Regierungsbezirk Arnsberg, und dem Regierungsafsessor von Herßberg in Merseburg die kommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Neustettin, Regierungsbezirk Köslin, übertragen worden.
Zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften sind zugeteilt worden: der Regierungsassessor von Heydebrand und der Lasa- aus Oppeln dem Landrat des Kreises Lippstadt, der Regierungsassessor von Bornstedt aus Apenrade dem Landrat des Kreises Lissa, der neuernannte Regierungsassessor Zachariae aus Frankfurt a. O. dem Landrat des Kreises Winsen, der RNegierungsassessor Friy Hoffmann aus Oppeln dem Landrat des Kreises Lippstadt, der neuernannte Regierungsassessor von Stutterheim aus Frankfurt a. O. dem Landrat des Kreises Löwenberg, der Negierungsassessor von Ulrici aus Merseburg dem Landrat des Kreises Kolmar in Posen, der neuernannte NRegierungsassessor Berner aus Posen dem Landrat des Kreises Ottweiler und der neuernannte Regierungsassessor Dr. Burch - hard aus Posen dem Landrat des Landkreises Celle.
Laut Meldung des W. L. D snd S M. S. „GBnellenau“ am 8. 0. M. t Diingiau S V S. „Vkger am 9. d. M. in Amoy Und S. M. S. „Jaguar“ an demselben Tage in Hongkong eingetroffen.
Oesterreich-Ungarn.
Der Kaiser Franz Joseph empfing heute, wie „W. T. B.“ meldet, n der Königlichen Burg in Budapest den Erzherzog Franz Ferdinand und den Präsidenten der bulgarishen Sobranje Danew in Audienz.
Großbritannien und Frland.
Auf dem Lordmayorsbankett in der Guildhall in London hat der Premierminister Asquith vorgestern abend in Erwiderung eines Trinkspruchs auf die Minister eine Rede ge- halten, in der er laut Meldung des „W. T. B.“ ausführte :
«Wir leben in einer bedrängten Zeit und sind Zuschauer großer und weltbewegender Ereignisse. Es ist eine Genugtuung, die Ver- sicherung geben zu Éônnen, daß, foweit unser Land in Frage kommt, seine Beziehungen zu den anderen Mächten ohne eine einige Ausnahme niemals freundschaftliher und herzliher waren. Die Großmächte wirken in enger Fühlung und mit etner Offenheit und Aufrichtigkeit des Meinungsaustausches zusammen, die bemerkens- wert und beinahe unverständlich ist für die, die glauben, daß die Mächte, weil fie für gewisse Zwecke in verschiedene Gruppen gegliedert waren und es jegt noch sind, deéthalb in einer Zeit europäischer Krisis in gegensäßlihen Lagern stehen müßten. Nichts ist weiler von den Tatsachen entfernt. Die Mächte find in manchen Kreisen getadelt worden, weil es thnen nicht gelungen ist, den Balkankrieg abzuwenden. Sie haben immer wieder ehrlich und ernstlich durch diplomatishen Druck, und ohne zu Gewalt ibre Zu- fluht zu nehmen, versuht, geordnete Zustände vnd eine gute Ver- waltung in den europäischen Provinzen der Türkei zu schaffen. Es waren indessen Gewalten am Werke, die sih der Kontrolle diplo- matischer Einwirkung entzogen. Die Balkanstaaten hatten ihre Pläne zur MNeife gebraht, hatten ibre Rüstungen vollendet und fich zu gemeinsamem Vorgehen verbunden. Sie entschieden si dann, daß Gewalt das einzige wirksame Heilmittel sei. Sie selbst und fie allein waren vorbereitet, .von diesem Mittel Gebrauch zu
machen. Sie haben die Sache selbst in die Hand genommen. Die Dinge können niemals wieder sein, wie sie waren, und es ist uberall Sache der Staatsmänner, das fait accompli* anzuerkennen. Die Karte des östlihen Europa foll umgestaltet werden. Und im weiteren Verlaufe mag es scin, daß die Ideen und vorgefaßten Meinungen in der Politik, wie sie entsianden waren in einer Aera, die jeßt vergangen i, geändert oder sogar alle mit einander über Bord geworfen werden müssen. In einem Punkte ist, glaube ih, die ôffentlihe Meinung Europas eines Sinnes: daß den Siegern niht die Früchte geraubt werden dürfen, die ihnen so teuer zu stehen komen. Es ift, soviel ich sehe, keine Neigung vorhanden, die Größe des Kampfes zu verkleinern oder über die entscheidende Bedeutung seines Erg-bnisses zu streiten. Wir in England haben fein unmittelbares Interesse daran, welche politische und territoriale Verteilung {ließli Play greifen wird. Es sind andere Mächte vorhanden, deren [spezielle Beziehungen geographi- her, ôfonomiscer, ethnologisher und hbistorisher Natur zu den Schauplaß des Krieges und seiner Zukunft derartig find, daß nit erwartet werden fann, sie würden nicht verlangen, taß ihre Stimme gehört wird, wenn die Zeit für die end- gültige Regelung gekommen ist. Ih sehe in diesem Stadium der Dinge absihtlih davon ab, auc nuc in der allgemeinsten Form diese Punkte anzudeuten, von denen einige voll von Schwierigkeiten sind, die chließlich doch gelöst werden müssen. Für den Moment und fo- lange der Krieg8zustand fortdauert, lehnt es die Negterung des Königs, soweit ihr Einfluß reiht, ab, vereinzelte Fragen aufzuwerfen und zu verfolgen, die, wenn fie getrennt und zugleich aufgerollt werden, wahrscheinliz nit wieder gut zu machende Differenzen hervor- rufen, die aber vielleißt ein ganz anderes und vorteil- bafteres Aussehen gewinnen, wenn man fie zurückstellt, um sie tann unter dem weiteren Gesichtspunkt des allgemeinen Ausgleis zu be- handeln. Ein Krieg is etwas Furhtbares, aber von Zeit zu Zeit, wenn die Dinge auf einem toten Punkt angekommen sind, mag er eine notwendige Form der Entscheidung sein. Keiner seiner {limmfsten Schrecken fehlt dem Feldzug», der jeßt entschieden wird. In diesem Augenblick ist es das erste und hêchste Interesse Europas, den Kriegs- \chauplay zu begrenzen. Zu dicsem Zwede haben die Groß- mächte gearbeitet, wie von einem einziger Willen beseelt. Bisher haben sie erfolgreich gearbeitet, und es {# unjere Hoffnung und unser Glaube, daß sie die Arbeit zu Ende führen werden. In diesen Zeiten ist die Last der Verantwortung, die auf die Schultern von Seiner Majestät Regierung fällt, außergewöhnlich \{chwer, und es ist eine Quelle aufrihtiger Genugtuurg für fie, zu wissen, daß, wenn wir auch auf dem Kampfplaß urserer inneren Politik noch so sehr getrennt sein mögen, die Negierung in diesen wichtigeren Angelegenheiten die Sympathie und die Unterstüßung des gesamten Staats genießt und im Rate Europas im Namen und mit der Vollmat§t der geeinten Nation zu sprehen vermag.“
Nach dem Premiermivister führte der Erste Lord der Admiralität Churchill in Erwiderung auf einen Trinkspruch auf die Flotte aus:
„Ich kann Sie bitten, volles Vertrauen in die Leistungsfähigke't unserer Flottenorganisation zu seßen. Es ist im leßten Jahre dur die ofene Aus\sprache über die Flottenfragen kein Schaden geschehen. Im Gegenteil, der Erfolg war schr gut. Die Deulschen sind eine Nation von fkräftigem Geist und hohem Gefühl für Ehre und ehrlides Spiel. Sie sehen die Vorkomm- nisse mit praktisGem, milltärishem Geist an und lieben es, die Tatsachen ofen und gerade (squarely) vor sich zu stellen und wünschèn micht, daß sie ihnen aus Besorgnis, sie würden dur dieselben ershreckt, verhüllt geboten werden. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich _ im Laufe des Jahres ständig gebessert. Sie haben sih ständig gebessert, obwohl wir gleichzeitig immer wieder unseren Entschluß bekundet haben, unsere Vorherrschaft zu wahren, und der beste Weg, diese Beziehungen ganz und gar gesund und ersprießli zu gestalten, ift, fortzufahren und dieser Flottenrivalität ein Ende zu machen, indem wir den Beweis iiefern, daß wir nit überholt werden können.“ GhtrHl g'ng fodann im einzelnen auf die Flotten- reorganisationtarbeiten defeßten Jahres ein. Es sei eine Höchstziffer von Rek-uten ausgebildet worden, er werde, noch bevor die Parla- mentsfession zu Ende gebe, eine Aufbesserung der Löhne in Vorschlag bringen, und dadurch werde die Nekrutierung weiter flott voranschreiten. So werde es möglich sein, im näcsten Jahre ein voll bemanntes fechstes Gesbwader ins Leben zu rufen, und dies werde ein weiteres An- wachsen des Sicherheitsfaktors bedeuten. „Das Nichtvorhandensein einer mächtigen Flotte im östlichen Mittelmeer“, fuhr Churchill fort, „erfordert die besondere Wachsamkeit der Admiralität, und es find eine Anzabl Vorsichtsmaß:egeln zur Förderung unserer unmittel- baren Bereitschaft getroffen worden. Wir haben keinen Grund, irgendwelhe Unrube zu empfinden, aber meine Ratgeber tn der Admiralität find von Gerugtuung darüber erfüllt, daß unsere Flotten und Flottillen in den keimishen Gewässern in jeder Weise jeder Aufgabe, die an fie herantreten kaan, gewahsen find. Es wäre eine Armseligkeit, die unzweifelhaften Hilfêquellen der britishen Seemacht in einer ernsten Zeit, wie die jezige es ist, zu verkleinern, und es ist nicht der geringste Grund vorhanden, das zu tun ; denn diese Seemacht hat nit oft auf einer festeren Grundlage gestanden als heute abend.“ Churhill ging f\o- dann auf die Flottenbestrebungen in den Kolonien ein und {loß : „Die Zukunft fordert erneute Anstrengungen von uns allen, keiner kann sagen, welhe Schwierigkeiten kommen werden, aber feiner, der der Wehrhaftigkeit des britischen Reiches und der S(lagfertigkeit der britishen Flotte Gerechtigkeit widerfahren lossen will, fann daran zweifeln, daß wir entshlossen und fähig sind, sicher durch diese Schwierigkeiten durchzukommen.“
Der Staatssekretär des Krieges, Oberst Seely antwortete auf einen Trinfspruch auf die Armee und sagte, er glaube nicht, daß die Stärke der britishen Truppen eine angemessene sei. Er blicke vorwärts auf den Tag, an dem alle in ihrem Patriotismus so weit gehen würden, ihr Vaterland zu ver- teidigen, und an dem jeder Mann sagen könnte: Jh habe aus freien Stücken mein Teil getan.
Nufß;land. 0
Das Befinden des Thronfolgers ist laut Meldung des „W. T. B.“ andauernd gut. Die Geschwulst nimmt sehr langsam ab. :
— Jn der vergangenen Woche haben die Wahlen zur Duma stattgefunden. Obiger Quelle zufolge wurden 146 Ab- geordnete der Rechten, 17 der gemäßigten Rechten, 64 Natio- nalisten, 80 Oftobristen, 28 Fortschrittler, 56 Kadetten, 5 Mit- glieder der Arbeitsgruppe, 7 Sozialdemokraten, 13 Abgeordnete der Linken, 6 vom Polenklub, 4 polnishe Volksdemokraten, 1 polnischer Sozialist, 3 Polnischlitauishe und Weißrufsen, 2 litauishe Nationalisten, 3 Muselmanen und 5 Parteilose gewählt. Es bleiben noch zu wählen ein Abgeordneter im Gouvernement Jrkutsk und einer bei den Amur-Ufurikosaken.
— Jm Handelsministerium ist vorgestern unter Teilnahme von Jndustriellen eine Konferenz eröffnet worden zum Studium der Frage der Einstellung der Einfuhr von deutschen Korn- Les nach Rußland und Finnland und zum Schuß
er Ausfuhr dieser Produkte aus Rußland.
Belgien.
__ Die Regierung hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ die Schaffung eines Handels- und Marine- ministeriums beschlossen und dessen Leitung dem Ant- werpener Abgeordneten Seghers übertragen.
Türkei.
Die Pforte ist verständigt worden, doß ihre Bitte um Vermittlung den vier Balkanstaaten durch eine Groß- macht übermittelt worden ist.
— Die Pforte hat gestern laut Meldung des „W. T. B.“ folgendes Communiqué veröffentlicht:
Der mit den vier Balkanstaaten begonnene Fg E nicht zu dem gewünschten Erfolg gelangt. Die Ostarmee hat die Notwendigkeit er- fannt, sih auf die Verteidigungslinie von Tschataldscha zurückzuziehen, wo fie ihre Konzentrierung vollendet. Da diese Verteidigungelinie fozusagen das Tor der Hauptstadt bildet, ist die Anwesenheit des Feindes vor dieser Linie von großer Bedeutung; denn {hon die Möglichkeit eines Mißerfolgs in dem Kampfe vor den Toren der Haupt|tadt ist geeignet, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Regierung ver- absäumt nichts hinsichtlich der Verteidtigung und wahrt die Nechte und Interessen der Türkei. Sie mußte aber au zu diplomatischen Maßnabmen greifen, um die Hauptstadt des Reichs zu hügen. Die erste Bedingung bierfür ist, daß jedermann seine persönlichen Mei- nungen und Angelegenheiten opfert und Handlungen vermeidet, die in gewöhnlihen Zeiten nur geringen Schaden verursachen würden. Die Regierung konnte es .niht unbeachtet lassen, daß einzelne Personen etgennüßige Zwecke verfolgen, und einige leiht- sinnige Köpfe falsche Gerüchte verbreiten, die geeignet sind, die Ver- teidigung der Hauptstadt zu durchkreuzen. Diese Gerüchte haben einige auswärtige Staaten veranlaßt, das Ersuchen zu stellen, zu ge- statten, daß nach Konstantinopel einstweilig Kriegsschiffe entsendet werden. Die Kaiserlihe Regierung hat, obwohl sie alle Maßnahmen ergriffen bat, für gut befunden, diesem Ersuchen staitzugeben. Das zeigt jedo, daß die Verbreitung falsher Nachrichten ein Verrat, ja sogar ein Verbrechen ist. Die Regierung ist entschlossen, die- jenigen streng zu bestrafen, die wissentlich oder unwissentlih derartige Gerüchte in tie Welt seßen oder verbreiten, und ernste Maß- nahmen gegen jeden Versu zu ergreifen, Beunruhigungen hervor- zurufen. Die gegenwärtige Regierung wird in dem Wunsche, dem Wohle des Vaterlands zu dienen, fest und ohne Zögern handeln.
Sqsließlih richtet das Communiqué an die Presse die Aera, nur ernsten Artikeln in ihren Spalten Raum zu geben.
_ Gestern ist ferner ein Jrade veröffentlicht worden, nah dem gestattet wird, daß je ein zweiter Kreuzer der Großmächte sowie je ein rumänisches, spanisches und holländisches Kriegsschiff die Meerenge passieren. Die Kommandanten der vor Kon- stantinopel liegenden ausländischen Kriegsschiffe sind vor- gestern nahmittag unter dem Vorsiß des franzöfischen Admirals zusammengekommen, um über einen Aftionsplan zu beraten, der im Falle von Unruhen in Pera zum Schuße der Fremden- folonie zur Anwendung gelangen soll.
_ — Das Generalsekretariat des S Vei ül Jilam ver- öffentliht ein Communidué, das obiger Quelle zufolge alle an die Entsendung von Ulemas zur Armee geknüpftentVer- mututnigen als den Tatsachen nicht entsprechend bezeichnet. Das Großwesirat habe lediglih den Scheich ül Jslam ver- ständigt, daß gemäß einem vom Ministerrat genehmigten Be- \hlusse der Militärverwaltung 100 Ulemas entsendet werden mögen, um den Truppen mit ihrem geistlicjen Rat beizustehen und ihre Moral zu heben. Diesem Verlangen sei der Scheich ül Jslam nahgekommen. Der Aufruf zum heiligen Krieg ist auf Anordnung des Scheichs ül Jslam aus allen Zeitungen ent- fernt worden.
— Die interimistishen Chefs des Marineministeriums und des Generalstabs sind vorgestern mit mehreren Generalen vom Kriegsshauplaß nah Konstantinopel zurückgekehrt und haben im Ministerrat über den Stand der Armee Berichti erstattet.
_ — Ueber die Kämpfe in der Zone um Adrianopel liegen von beiden Parteien Nachrichten vor. Ein amtliches Telegramm des Wali von Adrianopel an den Großwesir vom 8. November meldet:
Zwei Eskadrons und eine feindlihe Kompagnie griffen unsere Truppen an, die mit der Verteidigung -der drei Stunden von Ydrianopel entfernten Eisenbahnstation Urli betraut waren. 30 Bulgaren wurden dabei getötet, die übrigen wurden zurückgeworfen.
Ein zweites Telegramm berichtet von einem Kampf, der auf der Westseite der Befestigungen von Adrianopel in dem Seïtor von Marasch stattfand, von 7 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends dauerte, nah einer Unterbrechung von einer halben Stunde wieder aufgenommen wurde und bis zum folgenden Abend währte. Das Telegramm sagt:
Der Feind konnte dem Bajonettangriff unserer Truppen bei Marasch nit widerstehen und mußte sh unter großen Verlusten in Unordnung zurückziehen. Einige hunde2t Mannlichergewehre und eine Menge Munition fielen in unsere Hände. Auf der Westfront brachte unsere Artillerie die des Feindes zum Schwetgen. Auf der Südfront wurde der Feind wefilih von Kartaltepe zurückgetrieben. “Das Gefecht dauerte 36 Stunden urd endete mit einem glänzenden Siege, der ein Ghrenblatt in der türkisWen Geschichte darstellt.
Der Kriegsberichterstatter der „Reichs3post “ meldet da- gegen aus dem bulgarischen Hauptquartier vom 9. November die Einnahme der Forts Kartaltepe und Papaztepe auf der Südostfront des Adrianopeler Fortsgürtels durch die Bulgaren und gibt folgende Schilderung des Kampfes:
Nach furhibarem Artilleriefeuer wurde eine Brigade, der weitere Neserven folgten, zum Sturm auf die beiden Forts Kartaltepe und Papaztepe angesezt. Troß der türkishen Scheinwerfer und des Ge- \hoßbagels, der den Angreifern entgegenschlug, gelang es dec bulgari]chen Infanterie \{hließlich, die beiden Forts zu stürmen. Tie Bulgaren zogen fofort Verstärkungen, nawentlich Artillerie, na, wiesen alle Gegenangriffe der Türken zurück und begannen, die genpamenas Stellungen auf der Kehlfront gegenüber Aorianopel zu efestigen. Von den beiden eroberten Forts ist besonders Kartaltepe sehr stark befestigt. Es ligt auf einem 143 m hohen Hügel und beherrscht sowohl die Stadt wie die anschließenden Gürtelwerke. Die Einnahme dieser beiten Forts sowie die gleichzeitig erfolgte Erstürmung des Forts Karkaëteve machen die weitere Verteidigung ausfichtèlos. Die Kapitulation ter Festung wird stündlih erwartet.
_ Ueber den Kampf um die Linie von Tschataldscha wird von dem Kriegsberichterstatter der „Reichspost“ nur mit- geteilt, daß die bulgarische Angriffsaktion erfolgreih fortschreite und der entscheidende Stoß mit solher Gewalt geführt werden solle, daß die bulgarischen Truppen gleichzeitig mit den fliehenden Türken vor den Forts von Konstantinopel einträfen. Durch die unverzügliche Beseßung der Stadt sollen sowohl die diplomatische Einmischung, wie die drohenden Christenmegzeleien verhindert werden.
Die Konstantinopeler Blätter melden, daß das türkische Hauptquartier wieder nah Tschorlu verlegt worden îs, was als Beweis dafür betrachtet wird, daß die bei TIOGans fonzentrierte Armee sich niht auf die Defensive beschränken, sondern auch die Offensive ergreifen wird.
__ — Von serbischer Seite werden jeßt Einzelheiten über die Kämpfe der leßten 14 Tage gemeldet. Darnach hatten in dem Kampfe um Novibazar die Serben 500 Tote und Ver- wundete, die Türken 300 Tote und 700 Verwundete. Die Serben erbeuteten 57 Geschüße und zahlreiches Kriegsmaterial. Die Kämpfe bei Kruschevo und Prilep verliefen äußerst blutig, da die serbishe Jnfanterie ohne Unterstüßung der Artillerie
Bajonettangriffe unternehmen mußte. Schließlich gelang es den serbischen Truppen, die Türken gegen Monastir und Dibra zurückzubrängen. Die Einnahme von Monastir (nah einer Meldung der „Tribuna“ sollte die Stadt hon am 6. d. M. von den Serben beseßt worden sein) steht bevor. Die Albanesen- führer Sabrija Jdris-Sefer und Kasumo haben sih den Serben ergeben. Die serbischen Verluste bei Prilep betrugen 2500 Tote und Verwundete, die Verluste der Türken 6000 Tote. f
Nachträglihe amtlihe Berichte melden ferner, daß Doiran bereits am 5. d. M. von serbischer Kavallerie ei n- genommen worden ist; tausend türkishe Soldaten gerieten dabei in Gefangenjchaft. S i :
— Wie „W. T. B.“ meldet, ist die Kapitulation von Saloniki sowie des Forts Karaburun am Freitag abend unterzeichnet worden. 25 000 Mann haben sich ergeben. Ueber die Kapitulation hat das Cs Kriegsministerium von dem vie Truppen befehligenden ronprinzen Konstantin folgenden, vom 9. d. M. datierten Bericht erhalten:
Während des ganzen gestrigen Tages überschritt die Armee den Axioëtfluß. Die Generalkonsuln von England, Frankreih, Deutschland und Oesterreich, der Plaßkommandant von Saloniki und ein Vertreter Tahsin Paschas, des Befehlshabers ter türkishen Armee, kamen nach meinem Hauptquartier in Topschin, um mir Vorscläge über die Kapitulation der Stadt und des Heeres zu machen. Sie verlangten, daß die Armee gegen die Verpflichtung, bis zum Ende des Krieges neutral zu bleiben, die Waffen behalten solle. Ich lehnte dies ab und forderte als conditio sine qua non die Uebergabe der Waffen, wo- bei i nur das Zugesländnis machte, daß die Waffen nah Beendigung des Krieges zurückgegeben werden sollten. Den Ablauf der Frist für eine endgültige Antwort seßte ih auf 6 Uhr Morgens fes. In der Tat kam um 5 Uhr Morgens der Plahkommandant von Saloniki, begleitet von einem diplomatishen Unterhändler, zurück. Er überbracbte einen Gegenvor|chlag, nah dem die Auslieferung der Waffen im Prinzip zugestanden, jedo - cine Ausnahme mit 5000 Flinten gemacht werden sollte, die zur_ Ausbildung der Rekruten be- {timmt seien. Da dies nicht zugelassen wurde, kehrten sie nah Saloniki zurück, nachdem sie eine neue Frist von zwei Stunden erhalten hatten, 1m sh mit dem Oberkommandierenden zu verständigen. Da die Frist verstrih, ohne daß eine Anwort erfolgte, gab ih den Befchl zum Vormarsh, der um 9 Uhr Morgens begann. Als sich gegen 43. Uhr Nachmittags unsere Linien den Vorposten des Feindes näherten, entsandte Tabsin Pascha einen Offizier mit einem Briefe, in dem er erklärte, er nehme die Bedingungen an. Ich ließ infolgedessen den Vormarsch unterbrechen und entsandte zwei Ossiziere, um das Protokoll der Uebergabe der Waffen und der Kapitulation der Stadt aufzuseßen. Unsere Truppen stehen vor der Stadt.
Der Kronprinz hat den gefangenen türkishen Offizieren in Zaloniki gestattet, gegen die ehrenwörtlihe Versicherung, an
‘dem Krieg nicht mehr teilzunehmen, ihren Degen zu behalten.
Die täglichen Angriffe der Türken gegen die bei Janina stehende griehische Armee, die seit dem 5. d. M. andauerten, haben, wie aus Athen gemeldet wird, in der Nacht zum Sonntag mit dem Rückzug des Feindes aus seinen Stellungen bei Pentepigadhia geendet. Die griechische Armee rückte vor und beseßte diese Stellungen. Bei diesem Angriff hat der Feind ernstliche Verluste erlitten.
_— Den Montenegrinern ist es nah Meldungen des „W. T. B.“ aus Rjeka gelungen, einige Forts an der Süd- seite des Tarabosch zu zerstören. Vorgestern konnten troß des ununterbrochenen Geshüßfeuers der Türken nah Anordnungen des Kronprinzen Danilo mehrere shwere Angriffskolonnen in Stellung gebraht werden. Jn Skutari soll die Not aufs
höchste gestiegen sein. : Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen- agentur“ haben die Türken den Bezirk Suldus und einige Dörfer im Okkupationsgebiet Salmas geräumt. Jn die ge- räumten Grenzgebiete sind zur Wiedereröffnung der persischen Zollämter belgische Beamte berufen worden.
— Sm Zusammenhange mit - der Abdankung Tsch aoerhsüns und der Ernennung Tschanlschiluans zum Tutu von Mukden haben, wie „W. T. M.“ meldet, auch alle Departementshess der Tutuverwaltung, die Taotais von ‘Kwantschöngtsu und Kirin und der Tutu von Tfsitsikar ab- gedankt. Der Gehilfe des Tutus von Ts\itsikar in Chailar, Tschintulin, der im Auftrage des Gouverneurs von Tfsitsikar mit den Behörden von Barga über die Unterwerfung Bargas verhandelte, ist nah Tsitsikar abgereist, da die Behörden von Chailar infolge der feindlichen Gesinnung der Bevölkerung von Barga nicht für sein Leben bürgen können.
Afrika.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tripolis sind bis zum 8. d. M. einschließlich 10404 Eingeborene zurückgekehrt, haben ihre Waffen abgeliefert und sih den Jtalienern unterworfen.
Parlamentarische Nachrichten.
Das Haus“ der Abgeordneten nahm in der heutickfen (93.) Sizung, welcher der Minister des Jnnern Dr. von Dallwiß und der Finanzminister Dr. Lente beiwohnten, zunächst in dritter Beratung den Geseßentwurf zur Be- richtigung des Geseßes vom 3. Juni 1912, be- treffend die Abänderung des siebenten Titels im allgemeinen Berggeseße, ohne Debatte an und ging dann zur dritten Beratung des Ges egentwurfs, betreffend die Nl guns von Sparkassenbeständen in Jnhaber-
apieren, über. ;
i " Siu liegt der Antrag der Abgg. Dr. Faßbender und Reinhard (Zentr.) vor, die dritte Beratung des Geseß- ‘entwurfs so lange von der Tagesordnung abzusezen, bis die zur Vorberatung des Antrags Waldstein, betreffend den Schuß der Sparkassen gegen Kursverluste, eingeseßte 23. Kommission ihre Leralungelt zu Ende geführt hat und der Bericht dieser Kommission vorliegt. E e
L Dr. Ad endet (Zentr.): Es ist niht ausgeschlossen, daß ven dem großen Teil meiner politischen Freunde, der gegen dieses Gesetz ist, ein Teil für die Grundlagen des Gesetzes eintreten würde, wenn es gelänge, auf dem Wege des Antrages Waldstein die noh bestehenden Bedenken wegzuräumen. Wir haben bereits bei der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß es nicht angehe, den Geseß- entwurf endgültig anzunehmen, bevor die \hwerwiegende Frage, die in diesem Antrag zur Erörterung gestellt ist, entschieden fei. Des- halb bat meine gesamte Fraktion den Antrag gestellt, die dritte Be- ratung des Gesetzentwurfs so lange von der Tagesordnung abzufetzen, bis diese Frage in der Kommission geklärt ist.
(Schluß des Blattes.)
Koloniales.
Einwanderungsordnung für Deutsch Ostafrika.
Unter dem 10. Oktober d. S hat der Kaiferliße Gouverneur von Deutsch Ostafrika eine Einwanderungsverordnung für das Schutßzgebiet erlassen. Die Zuwanderung von Weißen und Farbigen fann von der Behörde des Einwanderungsortes untersagt werden, wenn der Ankömmling nicht für fich und setne Familie den binreihenden Lebensunterhalt nachzuweisen vermag, wenn er mit anstefenden Krankheiten kehaftet ist, oder eine Gefahr für die Ruhe und Sicherheit im Schußgebiet be- steht. Die Bestimmungen greifen Plaß, auch wenn feine dauernde Niederlassung beabsichtigt ist; sie erstrecken \sich aber nicht auf Personen, die ihren Wohnsiß im Schußgebiet haben. Als hins reihender Lebensunterhalt wird die Hinterlegung einer Sicherheit von 450 Nupies für Weiße und 150 Rupies für Farbige angesehen. Die Führer der über See ankommenden Fahrzeuge find verpflichtet, der Behörde des Ankunftsortes unverzüglich nah der Ankunft ein Ver- zeihnis der einwandernden Personen vorzulegen. Auf Unterlassung steht Geld- oder Haftstrafe bis zu drei Wochen. Die Verordnung tritt am 1. Januar des nächsten Jahres in Kraft.
Statiftik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Menden sollte der „Rh.-Westf. Ztg." zufolge am Freitag, nah Ablauf der 14tägigen Kündigungsfrist, die Aussperrung von mehr als 2000 Metallarbeitern erfolgen, nachdem die Verhand- lungen eines Arbeiteraus\chufes mit Vertretern der Firma Schmöle u. C o. ergebnislos verlaufen find.
Fn Leipzig sind, wie „W. T. B." meldet, am Sonnabend- abend unerwarteter Weise fünf bis sechshundert Markthelfer und Burschen des Leipziger Buchhandels in den Ausstand ge- treten. Veranlassung hierzu war das Scheitern langwieriger Lobn- verhandlungen. Da ein großes Angebot von Arbeitswilligen vorliegt, gann die Leipziger Buchhändler, den Betrieb aufrecht erhalten zu önnen.
Aus Madrid wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Nach Blättermeldungen herrs{cht unter den Bergleuten der Nio Tinto-Bergwerke eine gewisse Gärung. Es laufen Gerüchte von
einem Ausstand um. Wohlfahrt®vfiege.
Der im Jahre 1885 von Pastor D. von Bodelschwingh gegründete, unter dem Protektcrat der Frau Kronprinzessin des Deutschen Reichs und von Preußen stehende Deutsche Verein Arbeiterheim hat id nach feinen Saßurgen die Aufgabe gestellt, möglichst viele deutsche SFamilienväter zur Änsiedlung auf eigner Scholle anzuregen und leite Ansiedlungsmöglichkeiten zu erwirken. Er bietet allen unter Wohnungs- not Leidenden fostenlos Rat und Auskunft durch seine Geschäftsstelle : „Bureau des Deutschen Vereins Arbeiterheim zu Bethel bei Biele feld“ an.
Kunst und Wiffenschaft.
In der ersten Blütezeit der mohammedanischen Kultur des Abendlandes, der Zeit der Omaijaden von Cordoba, nehmen unter den nur spärlich auf uns gekommenen funstgewerbliden Erzeug- nissen die ges{Gnizten Elfenbeinarbeiten die erste Stelle ein. Die Berliner Museen besigen leider kein derartiges Stück. Die einzigen, die mit jener Epoche in Verbindung gebracht werden können, sind zwei Kapitelle, die jüngst, wie in den „Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ mitgeteilt wird, in der islamishen Kunjtabteilung aufgestellt worden find. Sie weisen beide vereinfahte fkorinthische Deckplatten auf und sind als Nariationen eines frühmaurischen Kapitelltypus zu betrachten, wie er in der Moschee in Cordoba und in Granada si findet. Beide Stücke dürften noch dem Ende des 10. Jahrhunderts angehören. Als tunst- gesdidtlih bedeutsames Stü der Berliner Sammlung muß ein von Geheimrat Dr. Bode \chon 1884 erworbener spanischer Knüpf- teppich aus dem 14. Jahrhundert gelten, der früher in einer tiroler Kirche si befand und der als das älteste erhaltene Beispiel mauris@er Knüpffkunst anzusehen ist. Als Geschenk kam in den Besitz der Berliner Sammlung ein zweiseitiges maurisches Doppel- fenster aus Holz, das aus Murcia stammen foll und nah Stil und Verzierung dem 15. Jahrhundert angebört. Bogen- bildung, Gliederung der Zierflähe und Kapitellform gleichen den Formen der Fenster im Löwenbof der Alhambra, die von Sultan Mohammed V. (1354—1391) erbaut wurde. Geshenkt wurde ferner das Stuckfragment eine größeren Wandverzierung, das durh vielfach sih kreuzende Bänder ge- gliedert und mit Muscheln, Arabesken und anderem Ornament gefüllt ist. Es zeigt Spurcn von blauer und roter Bemalung und soll aus der Königsburg in Granada selbst stammen, wo sich ähnliche Muster allerdings mehrfach vorfinden. _
Die Acgyvtishe Abteilung ist durch Kauf in den Besiß einer ägyptishen Ordenskette gekommen. Sie besteht aus lauter goldenen Fliegen von fast doppelter Lebenêgröße, die mit Perlen aus Gold und Fayence aufgezogen 1nd. Die Aufreihung is modern und die Zugehörigkeit der Fayenceperlen mag bezweifelt werden, gleichwobl dürfte die Anordnung der ursprüng- lichen im wesentlihen gleichen. Daß Goldfiguren von Fliegen neben Löwenfigürhen unter der 18. Dynastie (etwa 1500 bis 1400 v. Chr.) als Königliche Auszeichnung für Tapferkeit verliehen wurden, ist aus Inschriften und Darstellungen bekannt. Der Löwe sollte den Träger Dieser Auszeichnung wohl als Wwen auf dem Schlachtfelde kenn- zeidnen und die Fliegen sollten wohl ein Symbol für den Eifer und die Uvermüdlichkeit im Angriff sein, was jeder, der die Fliegenplage in Aegypten kennen gelernt hat, verstehen wird. Als Verkörperung des Muts galt die Fliege auch den Griehen. Die Fliegen an der genannten Ordensfette sind aus dünnem Goldblech gepreßt, dann mit einer tonartigen Masse ausgefüllt und dur Ausflôten eines glatten Blechstücks auf der Rückseite verschlo}en. — Ciwas jünger als diese Kette dürfte die Zierplatte eines Fingerringes sein, die etwa gleih- zeitig in Aegypten erworben wurde. Der Ningbügel ift verloren und war, nach den Resten zu urteilen, wohl als ein Bündel von drei Blütenstengeln gebildet. Auf dem Ringplätthen, das von einem doppelten gekörnten Band aus Blaßgold umgeben ist, erkennt man vier Blütenblätter aus dunkelblauem und gelblihweißem Glas, die Zwiel sind mit eingepaßten hellblauen Glasstückchen ausgefüllt. Diese Glas\tüchen sollten Halbedelsteine — Lapislazuli, Achat und Türkis — nachahmen; fie sind in die aus gebogenen Goldstäbchen D Zellen eingekittet, niht eingeshmolzen; eigentlicher Zellenshmelz it in Aegypten nit vor der Ptolemäerzeit belegt. Der Ring wird etwa der Zeit um 1300 v. Chr. zuzuweisen sein. Fast anderthalb Jahrtausende jünger ist ein jüngst erworbenes Paar Ohr- ringe aus Aegypten. Es gehört der römischen Kaiserzeit an und ist die Arbeit eines griehischen Golds{hmieds. Die Ohrringe sind aus massiven, runden Goldstäbhen von 2 mm Dike gearbeitet, denen durh Schmieden und Beschaben an den Enden eine verjüngte Form gegeben worden ist. Dann hat der Goldschmied die Stäbchen rundgebogen und sie durch Auflöten feiner Drahtspiralen verziert ; die Enden hat er erst am Ohr der Käuferin verknüpft, so daß der Schmuck
ohne Gewalt nicht mehr abzunehmen war.
m Verein für deutshes Kunstgewerbe spriht am 13. F M., Abends 84 Uhr, der Direktor Dr. Peter Jessen über Foakim Skovgaards Fresken im Dome zu Viborg als Beispiel heutiger Monumentalmalerei. Der Vortrag, der im Len Felilacte des Künstlerhauses stattfindet, wird mit einer umfangreichen Ausstellung von Zeichnungen und graphischen Arbeiten von Professor JFoakim Skovgaard verbunden sein und dur zahlreihe Uchtbilder er- läutert werden.
Technik.
Am 2. d. M. it in Berlin die Gründung einer deutschen beleuchtungstechnischen Gesellschaft bes{lossen worden. Es wurde zu diesem Zweck ein vorläufiger geshäftsführender Aus\{huß s dem die Herren Präsident, Professor Dr. E. Warburg als
orsigender, Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Brodbun, Berlin, Geheimrat, Professor Dr. H. Bunte, Karlsruhe, Generalsekretär G. Dettmar, Berlin, Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. E. Hagen, Direktor der Abteilung Il der Reichsanstalt, Berlin, und Professor Dr. Liebenthal, Berlin, angehören. Die erste Versammlung der neuen Gesellshaft soll im Februar k. J. stattfinden und der vor- läufige geshäftsführende Aus\chuß ist beauftragt worden, bis dahin S für etnzufeßende Kommissionen und deren Aufgaben zu machen.
Land- und Forstwirtschaft.
ie Verhandlungen des Landwirtschaftsrats von Elsaß-Lothringen (Session 1912) find im Verlag von M. Mont Schauberg in Straßburg erschienen.
Der Antwerpener Getreidemarkt im Monat Oktober 1912.
(Nah einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Antwerpen vom 4. November 1912.)
Der Antwerpener Getreidemarkt ist im Berihtsmonat durch den im Balkan ausgebrochenen Krieg beeinflußt worden, fodaß sich die Preise im allgemeinen nur behaupten konnten, insoweit greifbare und nabe Ware in Frage fam. Für Lieferungëware war nur wenig Interesse vorhanden. Die Stimmung am Monatss{chluß war sehr ruhig.
Die Vorräte am hiesigen Plaße wurden am Monats\schlusse wie folgt geschägt:
350 000 dz Weizen, 35000 „ Mais,
135000 „ Gerste, 25 000 „ Roggen.
Ernteaussichten in Argentinien.
Die in Buenos Aires erscheinende Tageszeitung „La Prensa“ hat iber tas Ergebnis der von ihr im September d. I. über Saaten- stand und Ernteausfihten veranstalteten Umsfrage folgendes ver- ¿fentliht: Die Autsihten für die nächste Ernte sind zurzeit glänzend.
Die Anbauflächen betrugen:
für im Jahre 1910/11 1911/12
Weizen . . . 6253 180 ha 6 897 000 ha
Leinsaat : L900 820 {4630000
Hafer S030 1031 000 zusammen 8 558 370 ha 9 558 000 ha,
geschäßt für 1912/13
Weizen Leinsaat Haser -
7 724 640 ha 1829 600 O D CAO zusammen 10704 960 ha.
Hiernah würde die Anbaufläche für diese drei Getreidesorten für 1912/13 um 1146960 ha = 1299/6 größer fcin als 1911/12 und 9 146 590 ha größer als 1910/11. Die Schäßung ist unsicher, kann aber eher zu fein als zu groß sein, weil besonders in Süden der Provinz Buenos Aires (in der Einflußzone des Hafens von Bahia Blanca) größere Strecken Landes, die früher der Vieh:ucht dienten, nach der guten Ernte des leßten Jahres zum Getreidebau verwendet worden sind. MReichliße Niedershläge zur reten Zeit haben die Bearbeitung des Bodens erleichtert. Für die Aussaat war das Wetter günstig und die Landwirte hatten guten Samen reichlich zur Verfügung. Alle Umstände wirkten zusammen, um die Kosten der Bodenbearbeitung und Aussaat niedrig zu halten. Der gegenwärtige Saatenstand berehtigt zu den besten Hoffnungen. Heuschrecken würden kaum noch viel Schaden anrichten können. Der Luzernebau (Alfalfa) hat in den leßten Jahren erbebli an Ausdehnung gewonnen. Der Bodenwert und damit auch die Pachten sind erheblih gestiegen. In vielen Gegenden haben die Pachten eine unerträglihe Höhe erreiht. In Gegenden, die von den Bershifungshäfen oder von den großen Städten 1C0—300 km ent- fernt find, kostet der Grund und Boden im Durchschnitt 250 bis 400 Papierpesos (1 Papierpeso = 1,80 4) für ein Hektar. In den besten, in der Nähe der Häfen gelegenen Getreidegegenden im Norden, Westen und Süden der Provinz Buenos Aires kostet der Grund und Boden über 600 Papierpesos, die Pachten alfo 45 Papierpefos für ein Hektar. Da die Boden- und Pachtpreife weiter steigen und die Getreidevreise mit dieser Steigerung nit gleicen Schritt halten, sehen fih die Ackerbauer genötigt, sih immer weiter von den Häfen und großen Städten zu entfernen. Sie leiden dann in den entfernteren Gegenden unter den Schwierigkeiten der Ttansporte und der Höbe der Frahten. Die Pachtpreise find seit dem leßten Jahre im allgemeinen um 109% in die Höbe gegangen, und über ihre Höhe beklagen sih sowohl die, die sie in Geld pro Hektar, wie die, die fie in Prozenten der Ernte zu entrichten haben.
Die Ausfuhr |
betrug bis zum 30. Sept. 1911/12
2 350 000 &
430 000 „
3 000 000 ,
860 000 ,„
6 640000 t
war ge\{chößt für 1911/12 auf 3 C00 000 t 500 000 5 000 000 850 000 9 350 000
Weizen Leinsaat Mais . Hafer .
zusammen Die Ausfuhr ist also gegen die Schäßung bisher um 2710 000 & zurückgeblieben. E8 wird angenommen, daß noch soviel Vorräte im Lande vorhanden sind. Für die Viehzucht sind die Aussichten ebenfalls
günstig. Futter (Alfalfa) if überall reihlich vorhanden. Die Maul- und Klauenseuche tritt in mtlder Form auf und verursacht nur eine un- bedeutende Sterbli{feit. Die Preise für Nindvteh und Schafe sind um durch\cnittlih 30 9% gestiegen. Diese Steigerung beruht auf dér steigenden Nachfrage der Fleisc#rieranstalten und entspricht übrigens dem verbesserten Zustande des laht- und Mastviehs.
Die Anbaufläche für Mais betrug im leßten Jahre 3 422000 ha. Troß der reihlihen Ernte und troy der niedrigen Weltmarktyreise wird sich die Anbaufläche voraussichtlich auf nahezu 4 000 000 ha vergrößern. Der Durcschnittsertrag beträgt 2000 bis 4000 kg für ein Hektar und der Maiébau verursacht hier nicht fo große Kosten wie anderes Getreide. Die Maisbauern haben vor- nehmlich unter den {l-chten Wege-, Tranéport- und Hafenverhält- nissen zu leiden. (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Buenos Aires vom 14. Oktober 1912.)
Nr. 91 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 9. November 1912, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 26. Juli 1912, betr. das Nacheihen von Meßgeräten. — Dienstnachrichten. Nichtamtiiches: Zur Einführung in eine Theorie des architektonischen Entwerfens. — Cine polygonale Befestigung vor Albrecht Dürer. — Das S(hleppmonopol auf dem Rhein-Wefser-Fanal. ( Schluß.) — Ver- mishtes: Auszeihnung. — Wettbewerb um Entwürfe für die Bauten einer Königlichen Kunstakademie- in Düsseldorf. — Wasserstandsver- hältnisse in den norddeutschen Stromgebieien im Oktober 1912. —
Bücherschau.