1912 / 271 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Nov 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Zum 1. Dezember d. J. sind die Gewerbeassessoren Eck ey von Neusalz a. D. nach Beuthen, Dr. Rehe von Breslau-West nah Essen (Ruhr) und Pillon von Beuthen nah Breslau- West, und zum 1. Januar k. J. ist der Gewerbeassessor Arßtt von Magdeburg 1 nach Duisburg in der bisherigen Amtseigen- schaft verseßt worden.

Nichfkamllicßes.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 13. November 1912.

aut Meldung des „W. T. B.“ sind ant 11. M. S. MS. “Breslau 4 in Malta und S. M. S. „Panther“ in Monrovia (Liberia) und am 12. d. M. S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ in Hongkong eingetroffen.

Meecklenburg-Schwerin. : i

Der Landtag ist gestern in Malchin eröffnet worden.

Die Regierung legte den Ständen laut Meldung des

M. T. B.“ in einem Reskript eine Uebersicht über den der-

»zeitigen Stand der landesherrlichen Regierungen vor und

fordert für das Geschäftsjahr Johanni 1913/14 einen Zuschuß

von 1300000 / aus der Landessteuerkasse zu den Kosten

des Landesregiments. An Ediktsteuern werden von Schwerin 14/9 und von Streliß 11/4 verlangt.

Oefterreichß-Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat gestern nachmittag den Erzherzog Franz Ferdinand in Audienz empfangen.

Vom König Viktor Emanuel is auf das (GSlück- wunschtelegramm des Kaisers Franz Joseph laut Meldung des W. T. B.“ folgende Antwortdepesche eingelaufen: _ f Ich bin Eurer Majestät sehr dankbar für die Wünsche, die Sie mir in etner so liebenswürdigen Fo1m auszusprechen die Güte hatten. Von ganzem Herzen entbiete ih Eurer Majestät meinen wärmsten Dank, indem ih Sie bitte, mir die lebhafte Genugtuung zu glauben, mit der ih die liebenéwürdigen Glückwünsche entgegengenommen habe, die Sie an mih wegen des Ergebnisses der Aktion in Libyen wie auch wegen der Führung meines Heeres und meiner Marine zu rihten geruhten. V M

Der Präsident der bulgarischen Sobranje Danew ist gestern abend nah Verabschiedung von dem Minister des Aeußern Grafen Berchtold von Budapest nah Stara Zagora abgereist. L /

N A Der frühere rumänische Ministerpräsident Carp ist

gestern zur Ueberreihung eines Handschreibens König Carols an den Kaiser Franz Joseph in Budapest eingetroffen. |

Das österreichishe Abgeordnetenhaus seßte in der gestrigen Sißung die Debatte über die die Erlasse Des Justizministers betreffenden Jnterpellationen de r deut- \hen Parteien fort und nahm den Pee O über die Abänderung des Wechselrehts im dringlihen Wege

D in allen Lesungen an. : j e e vel Bericht des len B.“ über den Verlauf der Sitzung ergriff als erster Nedner der slowenishe Abg. Verstovs ek das T Im Laufe seiner Ausführungen verwahrte er sih dagegen, daß le ner beutigen Nede etwa eine Obstruktionstendenz untergeschoben würde. Die Gründe für die shärfere Tonart lägen vielmehr in den Zuständen in Kroatien und in den Verhältnissen in den „Wilajets Steiermark und Kärnten. Nach der 45 stündigen Rede Verstovseks sprachen die Abgg. Roller, Renner und Stransky. Leßterer wurde wegen seiner Ausfälle gegen den Justizminister wiederholt zur Ordnung gerufen, was von den Sozialdemokraten und Tschchen mit lâär- menden Einsprucksrufen erwidert wurde. Am Schlusse der Sitzung verwahrte sich der alldeutshe Abgeordnete Iro auf das nachdrücklihste gegen die etwa bestehende Absicht, deutsches Blut für die Rettung der verfeblten österreihishen Politik hinzugeben, während die österreiiswen Slanen sid ofen mit den Balkanslawen verbrüderten. Der Präsident möge die maßgebenden Faktoren zu einer baldigen Erklärung der unbedingten FFrieden®- absihten ter Mecnarchie veranlassen. Der tschechish-radikale Abge- ordnete Klofac erklärte, die Bevölkerung ohne Unterschied der Nationalität wolle keinen Krieg. Der ch1 istlih - soziale Abge- ordnete Jerzabek rief dazwischen: Dann muß aber erst Serbien seine Frechheiten bei Seite lassen ! (Anhaltende Zwischen- und Pfuirufe bei den Tschehish-Nadikalen und andauernder großer Lärrn.) Der Abg. Klofac erklärte fortfahrend, ie Tschechen wollten eine aufrichtige Freundschaft mit den vereinigten Balkanstaaten. Die Balkanfrage müsse endgültig gelöst werden. Wer eine Autonomie Albantens verlange, gefährde die weitere Nuhe Guropas. Die Slawen verlangten, daß ihre Gefühle ebenso geachtet würden, wie die der Deutschen. Kein Krieg mit Deuischen und auh niht mit Slawen.

Großbritannien und Jrland.

Im Unterhause gab gestern der Ministerpräsident Asquith die Erklärung ab, daß er heute einen Vorschlag einbringen werde, dahingehend, daß die Entscheidung des Hauses über das Amendement Banburys für ungültig erklärt werde. Wie „W. T. B.“ meldet, wird die Debatte über diesen Vorschlag allgemeinen Charakter tragen und die Abstimmung darüber wird auf ein Vertrauensvotum hinaus- laufen. Die finanziellen Vorschläge der Homerule Bill werden Gegenstand neuer Erwägung sein, wenn der Vorschlag von

uith angenommen 1wird. : dié Du R betot ines King fragte, ob die Mächte Bedingungen festgeseßt hätten, auf denen fie bei einer Teilung irgend welcher Gebiete der europäischen Türkei bestehen wollten, ob solche Bedingungen den verbündeten Balkanstaaten mitgeteilt worden seien und ob eine Antwort darauf eingegangen sei. Der Staatssekretär des Aeußern, Sir Edward Grey, er- Rei d Premierminister Asquith habe in seiner Rede am 9. No- vember di- Grundsäße dargelegt, dur die sid die Regierung in ihrer Haltung leiten lasse und habe auch den Gesichtepu: fi gek. nnzeichnet, von dem aus die Regierung die gegenwärtige «uropäiiche Lage bei!rachte. Er habe dieser Erklärung zurzeit nichts hinzuzu ügen.

Spanien.

Der Ministerpräsident Canalejas ist nach Meldungen des „W. T. B.“ gestern in Madrid auf dem Playe Puerta del Sol, dem Ministerium des Jnnern aegenüber, erschossen worden. Der Mörder, ein Anarchist Namens Manuel Pardinas Serrato aus El Grado (Provinz Huesca) wurde ergriffen,

Der Leichnam Canalejas' wurde im Hauptsaal des Mini- steriums geor weh aufgebahrt. Der König Alfons begab ih gleih, nahdem er die Nachricht von dem Attentat erhalten hatte, nah dem Ministerium und verrichtete daselbst ein kurzes Gebet. Nach ihm erschien auch der Infant Don Carlos. Das diplomatische Korps drückte dem König sein Beileid aus. Alle öffentlihen Gebäude sowie die Klubs und Kasinos und die Mehrzahl der Theater sind zum Zeichen der Trauer ge- \hlossen. Die öffentlihen Gebäude haben Halbstmast geflaggt, zahlreihe Häuser find mit Trauerflor versehen. Um Mitter- nacht wurden die sterblichen Ueberreste des Ministerpräsidenten nach der Deputiertenkammer übergeführt und auf einem Katafalk ahrt. E trat der Ministerrat zusammen und beschloß unter anderen Maßregeln zum vorläufigen Präsidenten des Kabinetts den Minister des Aeußern Garcia Prieto zu n. S

n der Deputiertenkammer machte der Minister Des Aeußern Garcia Prieto Mitteilung von dem Tode des Ministerpräsidenten und sagte, Canalejas habe den Tod ge- funden, als er seinen Pflichten als Haupt der Regierung nachgehen wollte. Er glaube nicht, daß jeßt die Zeit sei , eine Lebensbeschreibung des großen Mannes zu geben, der für fich allein der ganzen Kammer sein Gepräge auf- gedrückt habe. Der Präsident der Kammer betrauerte in bewegten Worten den Tod des Ministerpräfidenten und ver- wahrte sih in seinem Namen, im Namen der ganzen Kammer und im Namen Spaniens gegen die so ruchlosen Attentate. „Die Feinde der Gesellschaft werden nicht triumphieren“, sagte er, „denn wir sind uns alle darin einig, die Gesellschaft, gegen wen es auch sei, zu hüßzen. Niemand wird sich seiner Pflicht entziehen.“ Darauf wurde die Ernennung Garcia Prietos zum einstweiligen Präsidenten des Ministerrats vorgelesen. : Im Senat machte der Minister des Aeußern Garcia Prieto, ebenso wie er es in der Kammer getan hatte, von der Ermordung des Ministerpräsidenten Mitteilung. Der Präsident des Senats Montero Rios gab mit bewegten Worten der Trauer und der Entrüstung des Senats Ausdruck und betonte am Schluß seiner Ansprache, daß die Regierung energisch vor- gehen müsse, um derartigen Akten von Zügellosigkeit ein Ende zu machen. Danach wurde die Sißung aufgehoben.

Belgiern.

Die Session der Kammer und des Senats ist gestern eröffnet worden. Zu Präsidenten wurden gewählt von der Kammer der ehemalige Ministerpräsident Sch ollaert, vom Senat wiederum der Baron de Favereau. Vor Beginn der Kammersißzung veransialteten einige tausend Sozialisten Kundgebungen für das allgemeine und gleiche Wahlrecht. / Der Ministerpräsident de Broqueville leitete die Arbeiten der Kammer mit der Verlesung einer pro- grammatishen Erklärung ein, die laut Meldung des „W. T. B.“ unter anderem ein Gese über die Versicherung gegen Alter, Krankheit und Jnvalidität, ferner ein Geseß zur Schaffung billiger Wohnungen und außerdem eine Militär- reform vorsieht, die, wie der Ministerpräsident erklärte, ge- boten erscheine durch die Rolle, die Belgien bei einem etwaigen Kampfe der Westmähte Europas unter Umständen spielen könne. Obwohl Belgien das größte Zutrauen zu den Mächten habe, die seine Neutralität verbürgt hätten, könne doch die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, daß alle Bürgen der belgischen Neutralität unter Umständen Krieg- führende werden könnten. Deshalb dürfe niht geleugnet werden, daß die strategische Lage des Landes Sicherheiten erfordere, damit man sich ausshließlich auf die nationalen Streitkräfte stüßen fönne. Der Ministerpräsident erklärte weiter, daß im Laufe der Session der Kammer ein Schulgeseß zugehen werde, und fuhr dann fort: Von einer Partei sei eine Ver- fassungsänderung gefordert worden unter gleichzeitiger Drohung, die nationale Tätigkeit zu suspendieren, wenn ihren Wünschen nicht Folge geleistet werde. Die Regierung erkenne an, daß das Wahlreht abgeändert werden könne, man müsse es aber ablehnen, unter einem Druck zu verhandeln. _Jeden- falls müsse erst die Grundlage einer Verständigung, die zwei Drittel der Kammermitglieder auf fih vereinige, gefunden werden, ehe diese Frage in Angriff genommen werden- fönne.

Hierauf stellte der Abg. Vanderv elde im Namen der sozialistishen Partei den Antrag auf Abänderung der Ver- fassung.

Norwegen.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ haben die Stbrthings- w ablen G Ergebnisse gehabt: Gewählt find 74 Radikale, 24 Mitglieder der Rechten und Freisinnige sowie 23 Sozial- demokraten. Für zwei Kreise stehen die Ergebnisse noch aus. Die jeßige Regierungspartei (Rechte und Freisinn) gewann feinen und verlor 41 Sitze, davon 28 an die Radikalen und 13 an die Sozialisten. Die Radikalen verloren einen Kreis an die Sozialisten und gewannen einen von den Sozialisten.

Türkci.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ gemeldet wird, hat sich die Pforte direkt an Bulgarien gewandt, um einen Waff en- stillstand herbeizuführen. L O

Nach Nachrichten aus dem türkischen Kriegsministerium haben die Vorpostengefechte vor der Verteidigungslinie bei Tschataldscha vorgestern abend begonnen. A l .

Der „Agence Bulgare“ zufolge haben die in A tazedonien operierenden bulgari\chen Truppen am 6. November „die Städte Strumiza und Demirhissar eing enom men. Die bulgarischen Truppen sind am Sonntag bis zu den Tschataldscha- Stellungen vorgedrungen, ohne auf irgendwelchen Widerstand zu stoßen. Die Städte Rodosto, Eregli, Siliwri und Media sind besegt worden. Die zweite bulgarische Armee, die Adrianopel belagert, zieht den Belagerungsring um die Stadt immer enger. Die Forts Papaztepe und Kartaltepe sind eingenommen worden. Die Gerüchte, daß die Bulgaren bei Einnahme dieser Forts große Verluste erlitten hätten, entbehren jeder Begründung. j - :

Ueber die mil itärische A e Skutari meldet

ie „Südslavischye Korrespondenz“ aus Catlaro: | 0 \ O Gee daß die Lage vor Skutari für die Mcntenegriner entihieden urgünstig ist. Die Kolonnen L Dey linken Bojonaufer wurden nach dreitägigem Kampfe von Essad Pascha bis nah Belaj zurück„eworfen. Vor dem Eintreffen der Sei ben unter Jankowiti 1 keine Besserung der Lage der Montenegriner zu erwarten die durch die Uebershw: mmung der Bojana und durch große Schneefälle Verpflegungsschwierigkeiten haben. Die Meldungen

Eine gestern im En Hi uaree eináetroffend Meldung besagt, wie „W. T. B.“ mitteilt: :

Beraccubigk durch die gestrige starke Beschießung erhob die riß liche und die mohammedanishe Bewohnerschaît Skutaris durch A, gesandte beim Kommandanten Boisan NRifa Bey Vorstellungen, wej

i bäude beschädigt, der Verkehr gestört und die persönlig S berbeit e N em 1 Entweder sollte die Uebergabe erfolg oder die Offensive ergriffen werden, um weitere Nachteile für dis Stadt zu verhüten. Risfa Bey soll erklärt haben, es si seine Pflicht solange als mögli auszuharren, die Offensive sei jedoch untunli§ weil sih die Türken in Verteidigungsstellung befänden. Von einz Uebergabe Skutaris könne vorläufig keine Rede sein.

Gestern vormittag find der König Georg, de Prinz Georg und die Prinzessin Alice von Griechen: land in Saloniki angekommen und am Bahnhof von Thronfolger, den übrigen Prinzen und dem Metropolitzy empfangen worden. Der König umarmte den Thronfolger und die anderen Prinzen und begrüßte die höheren Offiziere, Darauf begaben sich der König und die Prinzen in die Stadt begrüßt von dem Jubel einer tausendköpfigen Menge, die tro des Regens zugegen war. Die Häuser waren mit geen in den Nationalfarben und denen der Verbündeten geschmüdckt. i Gestern nahmiltag fand eine_ Zusammenkunft zwischen dem französishen Admiral du Fournet als Vertreter der Kommandanten der zwölf vor Konstantinopel verankertey Kriegsschiffe, dem ersten Dragoman der österreichish-ungarishen Botschaft als Vertreter der Botschaften, dem Chef der Gen: darmerie, General Nasif, und dem militärischen Kommandanten von Pera als Vertreter der türkischen Regierung statt zur Ve ratung der Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt. E wurde beschlossen, daß beide Teile in einer auf heute angeseßten Versammlung E über die als notwendig erachteten aßregeln machen sollten. E un: Nach L s Mitteilung aus Konstantinopel sind in den leßten 24 Stunden 15 Cholerafälle aufgetreten, darunter drei unter der Bevölkerung der Stadt. Drei Fälle

endeten tödlich.

Serbien.

Der italienishe Geschäftsträger in Belgrad suchte vorgestern den Ministerpräsidenten Pasit\ch auf, nachdem der österreichish-ungarische Gesandte ihn verlassen hatte, und gab, der „Neuen Freien A zufolge, im Namen seiner Regierung lgende Erklärung ad: ; ; : I Die italienische Rica habe immer die naticnale Entwicklung Serbiens mit dem größten Wohlwollen begleitet. Die italienisde Regierung habe cs auch verstanden, daß Serbien das Verlangen hate, den Stammetgenossen in Mazedonien zu Hilfe zu kommen. Aber gerade der Grund, der die Serben dazu veranlaßt babe, in diesen Krieg zu gehen, müßte den Serben die Verpflichtung auferlegen, Albanien gegenüber eine andere Haltung anzunehmen, als es _gezen- wärtig geshehe. Auf Grund des nationalen Grundsaßes habe Serbien den Krieg begonnen, und es dürfe diesen Grundsay den Albanesen gegenüber niht verleßgen. Vom nationalen Standpunkt aus wäre e zu verurteilen, wenn die Serben die albanesishe Nation unterdrüden wollten. Jtalien fühle \sich in Angelegenheiten Albaniens und de Frage der albanesishen Häfen mit OVesterreih-Ungarn solidarisch. Stalien gebe Serbien den Nat, seine Ansprüche zu mäßigen. Italien würde dazu beitragen, daß die wirtshaftlihen Bedürfnisse Serbiens nach Möglichkeit befriedigt würden. E Der Ministerpräsident Pasitsch antwortete, Derselben Quelle zufolge, er verkenne nicht die wohlwollende Gesinnung der italienishen Regierung; die serbische Regierung werde den Nat der italienishen Regiexung in Erwägung ziehen.

Asien.

Der geseßzgebende Rat der Vereinigten Malaiischen Staaten hat eine vom Sultan von Perak beantragte Ent schließung angenommen, wonach der britischen Rei hs- regierung ein Panzerschiff erster Klasse angeboten werden soll, dessen Kosten sich auf nicht weniger als 2 250 000 Pfd. Sterl. belaufen würden. Wie das „Reutersche Bureau erfährt, hat die britishe Regierung dies Anerbieten mit Dank angenommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (94.) Sißung des Hauses der A geordneten, welher der Minister der öffentlihen Arbeiten von Breitenbach, der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow, der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer und der Finanz minister Dr. Lenße beiwohnten, wurde zunächst auf das Cr suchen des Ersten Staatsanwalts beim Landgericht zu Koniß in Westpreußen vom 8. d. M., betreffend Vernehmung des Abg. Weissermel als Zeugen in einer Strafsache wegen Meineides, nah dem vom Abg. Dr. Krüger-Marienburg (konf.) erstatteten Bericht der Geschäftsordnungskommission beschlossen, die Vernehmung des Abgeordneten zu genehmigen. |

Dann trat das Haus in die zweite Beratung des Ent- wurfs eines Wassergeseßes ein. ; j

Hierzu haben Mitglieder der einzelnen Parteien zahlreiche

der Regelung des Eigentums an den Wasserläufen, der Zu ständigkeit der Behörden bei der Verleihung von Wasserrechten, der Verteilung der Unterhaltungspflicht, des Ersaßes für Schäden durch den Ausbau der Wasserläufe und Kanäle usw. sowie auf Abänderung des Verzeichnisses der Wasserläufe erster Ordnung gestellt. :

Der Präsident Dr. Graf von Schwer in bemerkt, daß ein Teil dieser Anträge mit ciner \riftlichen Begründung rersehen set, daß dies zwar in der Geshäftéordnung niht vorgesehen sci, doß er aber ausnahmsweise diese Begründung zugelassen habe, weil dadurch bei der Schwierigkeit der Materie die Arträge leichter verständlich seien,

Der Präsident s{lägt vor, bei dem § 1 eine allgemein Debatte über das ganze Gesetz, wenigstens in beshränkter Form, zuzulassen. :

Der Vorsitzende der 13. Kcemmission, die das Gese vorberaten bat, Abg. von Brandenstein (fkons.) bemerkt zur Geschäftsordnung: Die Eeschäftéordnung schreibt vor, daß bei der zweiten. Lesung cine allgemeine Diskussion nicht stattfindet, daß eine folhe erft bei M dritt n Lesung zu erfolgen hat. Von dieser Regel soll dieëma abgew!chen werden. C mg zwar in vielen Fällen schr zweckmäßig sein, wenn man \ich auf kurze gte führurgen beschränkt. Aber im vorliegenden Falle haben wir es m! einer solch:n Fülle ven neucn Gedanken zu tun, daß eine allgemein! Besprechung sich bis ins Endlose verlieren müßte. Lch bitte desbal es diesmal so zu belassen, wie es die Geschäftéordnung vors{chläg! Wir wollten uns deshalb beim § 1 nur daran hal!en, was er A umfaßt. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß jemandem das Wor

üter die Beseßung von Gicvanni di Medua und Alessio durch die

fonnte aber Selbstmord begehen.

Montenegrirer haben si als fals erwiefen.

abgeschnitten wird. Aber zum Neden hat ja jeder bei dem in Fragf kommenden Paragraphen genug Gelegenkeit.

Anträge auf Abänderung der Kommissionsbeschlüsse bezüglich}

Knopf versehene, innen umgebogene Niete steckt, die nah innen 6 mm

Der Präsident Dr. Graf von Schwerin zieht seinen Vorschlag zurück. Es findet also keine allgemeine Besprechung beim S 1 statt.

Der erste Titel „Begriff und Arten der Wasserläufe“, SS 1—6, wird ohne Debatte angenommen bis auf § 2 mit dem angefügten Verzeichnis der Wasserläufe erster Ordnung, worüber die Beschlußfassung auf Antrag des Abg. von Brandenstein vorläufig ausgeseßt wird.

Der zweite Titel enthält Bestimmungen über die Eigen- tumsverhältnisse bei den Wasserläufen.

Nach § 7 steht das Eigentum an den Wasserläufen erster Ordnung dem Staate zu.

Die Abgg. Büchtemann (fortschr. Volksp.) und Genossen beantragen folgende Fassung: „An den Flußbetten der Wasserläufe erster Ordnung steht dem Staate das gemeine Eigentum zu.“

Berichterstatter Abg. Bitta (Zentr.): Der Antrag Büchtemann ist in der Kommission mit allen gegen drei Stimmen abgelehnt worden. An der Fassung dieses Paragraphen ist das Iustizministerium huld. Sie entspricht allein juristischen Grundsäßen. Wenn wir hier an die Stelle tes Privatrehts das Gemeinrecht segen, dann würde es die Folge haben, daß der ganze Gesetzentwurf wieder an die Kommwission zurückgehen müßte. Aus diesem Grunde hat auv die Kommission vorgeschlagen, den Wasserzins vollständig aufzuheben.

Abg. Büchtemann (fortshr. Volkep.): Es ist ausgeführt worden, daß zurzeit ein Privateigentum an den großen Flußläufen oder, wie der Geseßentwurf sih ausdrückt, an den Wafserläufen erster Ordnung nicht vorhanden ist. Die Ströme sind eben ihrem ganzen Wesen nach zum öffentlihen Gebrauh für jedermann bestimmt. Der Berichterstatter hat ganz rihtig ausgeführt, wenigstens bei der ersten Lesung, daß das gemeine Eigentum an den Wasserläufen erster Ordnung nur dem Staate zuzuerkennen is. Bei der zweiten Lesung ist der Antrag niht wieder gestellt worden. Die große Majorität stand auf dem Standpunkt, das Privatetgentum des Staats an den Wasserläufen erster Ordnung anzuerkennen. Um fo mehr liegt Veranlassung vor, diese wihtige Frage hier im Plenum zur Entscheidung zu bringen. Wir halten an der Auffassung fest, daß das gemeine Eigentum an den Flußbetten der Wasserläufe erster Ordnung dem Staate zusteht. Das jeßt geltende Ret muß deshalb beibehalten werden. Der Begriff des Gemeineigentums soll Schwierigkeiten machen, aber wenn man das Privateigentum so auffaßt, wie es das rômishe Ret tut, dann fkann es Leiht fommen, daß der Staat von diesem ihm einge- räumten Recht einen Gebrau macht, der der Allgemeinheit zum Schaden gereichen muß. Wir dürfen deskalb das deutsche Necht nicht verlassen, um uns auf das Gebtet des römischen Rechtes zu begeben. Zudem ist der Begriff des Hoheitsrehtes des Staates doch sehr debn- bar. Die Ströme sind fn erster Linie für die Allgemeinheit da. Räumt man dem Staat ein Privateigentum ein, dann kann es vor- kommen, daß Strombauverwaltungen, um der vorgeseßten Bebörde zu gefallen, nur darauf schen, hohe Einnahmen zu erzielen. Dies widerstrebt aber den Interessen sowohl der Landwirtschaft wie der Industrie. ;

Geheimer Oberjustizrat Greiff: Jch bitte, den Antrag Büchte- mann abzulehnen. Der Begriff des gemeinen Eigentums ist eine aus\chließlide Eigentümlihkeit des allgemeinen Landre@ts : in anderen NRechtsgebieten ist er niht bekannt. ber auch im Bereich des all- gemeinen Landrechts ist der Begriff ein durhaus unsicherer geblieben. Allerdings hat die Judikatur der höchsten Gerichte ziemli ständig den Begriff des gemeinen Eigentums für Ströme anerkannt, indessen ist diese Ansicht in der Nechtslehre durchaus nicht durchgedrungen. Sehr angesehene Nechtslehrer, niht etwa bloß Nomanisten, sondern auch Germanisten, vertreten die Ansiht, daß das gemeine Eigentum ein zweifelhafter Begriff ist. Der Antrog Büchtemann will das gemeine Eigentum auf das Flußbett beshränken, er bat \&on felbst angeführt, daß nah der Nehtsprehung des Reichsgerihts das Eigentum an den Flußläufen die ganzen Flußläufe, niht bloß das Flußbett,

umfaßt. Der Antrag läßt sich, wie gesagt, niht einmal mit dem preußischen Landrecht vereinigen.

Abg. E ker - Winsen (nl.): Durch den Antrag Büchtemann würde besonderes Necht geschaffen und die Einheitlichkeit bei der Verleihung durchbr ochen werden; denn er bezieht sch nur auf die Wasserläufe erster Ordnung. Meine politishen Freunde halten deshalb an den Beschlüssen der Kommission fest.

__ Inzwischen ist ein Antrag des Abg. Borchardt (Soz.) eingelaufen, der das gemeine Eigentum bei allen Wasserläufen, auch bei denen zweiter und dritter Ordnung, und bei den künstlichen Wasserstraßen festgestellt wissen will.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wir bedauern, daß keine all- gemeine Besprechung stattfindet Durch den Vors(lag, paragraphen- weise zu verbandeln, sind wir überrascht worden. Man hat uns davon vorher keine Kenntnis gegeben. Das Nechtsgebiet, um das es sich hier handelt, läßt si in das Gebiet des Privateigentums gar nit einfügen. Man hat sich dadurch zu belfen gesuht, daß man die Materie je nach den vaishiedenen Bedürfnissen verschieden geregelt hat. Es ist nicht ribtig, d-ß der Begriff des gemeinen Eigentums nit durchgedrungen tit. Was wir mit unserem Antrag wollen, ist bereits in anderen Rechtsgebieten geltendes Net. Je schwieriger die Materte ist, um die es sih ir diesem Gesete handelt, desto not- wendiger ist es, {on an die Spitze des Gefeges zu stellen, daß es fih hier um öffentlihe Interessen, nit um die Privatinteressen des Fisfus handelt. Wir beantragen also: alle in natürlichen oder fünst- lihen Betten ständig fließenden Gewässer sind öffentlihe Gewässer und dem Privateigentum entzogen.

Damit schließt die Diskussion.

Berichterstatter Abg. Bitt a weist darauf hin, daß der Begriff des gemeinen Cigentums überaus {trittig sei. Nach den Ausführungen e'nes Negierungsvertreters in der Kommission habe ein Rechtslehrer einmal ausgefübrt, es gebe 9 Definitionen da\ür, und er sei in der Lage, eine zehnte hinzuzufügen. Es set nit richtig, daß der Ent- wurf auf r¿mishem Recht basiere. Es werde hier der Grundsaß des gesellshaftliden Eigentums aufgestellt, das alle berechtigt, davon fo weit Gebrau zu mach-n, als niht andere geschädigt werden. Der sozialdemokratische Antrag sei gänzlich unannebmbar.

Die Anträge Büchtemann und Borchardt werden abgelehnt.

L wird unverändert in der ihm von der Kommission gegebenen assung angenommen.

Nach S 8 steht das Eigentum an den Wasserläufen zweiter und dritter Ordnung vorbehaltlih der Bestimmungen des 8 9 den Eigentümern der Ufergrundstücke (Anliegern) anteilig zu.

§ 8 wird angenommen. Schluß des Blattes.)

Kunft und Wissenschaft.

, Die vorgeschichtlihe Abteilung der Königlichen Museen ist, wte in den _„Am!lichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ mitgeteilt wird, in den Besiß eines bei Stettin aus der Oder ge- baggerten, woblerbaltenen Bronzehelms gelangt. Er is aus einem Stück Bronzebleh getrieben, bilret im Aufbau eine Halbkugel von 133 cm Höhe, im Grundriß ein Oval von 19F : 214 cem innerer Weite und trägt obenauf eine mit vier Nieten befentgte pegossene Tülle, in der der Helmbusch steckte. Am unteren Rande

hervorragt. Man erkennt daraus, daß ter Helm inwendig gefüttert war, offenbar mit einer Filzkappe, und wir können aus der Niete ab- lesen, daß diese Filzkappe 6 mm dick gewesen ist. Die Verzierungen des Helmes bestehen in Wulstlinien und Punktreihen, die von innen berautgetricben sind. Der Helm ist seiner Art und Ver- zieung nach fremd im nordischen Kreise. Der Norten hat in der ganzen Bronzezeit nur gegossen, das Treiben war eine südlihe Technik. Nah Form und Verzierung kênnen wir den Helm mit Sicherheit als mittelitalische Arbeit des 10. oder 11. Jahrhunderts vor Christo bestimmen. Aehnlihe Stücke sind in Fermo und Corneto gefunden. Arbeiten aus diesem ital;\hen Kultur- kreise find in Menge nah dem Norden gebracht worden; meist sind es spitbauchige Bronzegefäße, wie z. B. das aus dem „König8grabe“ ven Seddin în der Pr'gniß. Helme freilih sind seltener, und unser Stü ist das erste setner Art, das überhaupt im Norden gefunden worden ist. In Süddeut¡hland sind hie und da mit Sachen der entsprehenden frühesten Hallstattzeit halbkugelige Helme, ge- triebene wie gegossene, zutage gekommen; fo jüngst noch einer bei Kronach, der sich jezt im Germanischen Museum in Nürnberg be- findet. Die Helme aus dieser Kultur find die ältesten Metallhelme, die es überhaupt gibt; in der vorhergehenden Bronzezeit gab es noch keine. Es is bezeichnend, daß sie sih ganz dem Kopfe anshmiegen ; offenbar sind fie folchen Kappen, wie sie in Wolle aus jütishen Eichen- särgen der früheren Bronzezeit vorliegen, nachgebildet. Derlei Kappen wurden einfah mit Bronze überzogen. Auch die Verzierung mit Wulstringen und Punktreihen erklärt \sich aus dem Ver- kleiden des einen Stoffes mit dem andern; es entstand daraus ein ähnliches Ziersystem, wie es noch heute bei Pelzjacken und Steppdecken gebräuchlich ist. Unter den Helmen=diefer Art lassen sich drei Formen unterscheiden: die einfahe Halbkugel mit oder ohne Tülle, die durch bloßes Ueberziehen der Filzkappe entstand; diese Halbkugel mit aufgeseßter Crista, als man zum bessern Schuß auf der Kappe einen Noßhaarbusch befestigte, und eine ges{weifte tegel- förmige Gestalt mit einem Knopf obenauf, eine Form, die bervertrat, als sih ein eigener Metallstil gebildet hatte. So gehört der bei Stettin ausgebaggerte Helm einer wichtigen, anscheinend der frühesten Stufe in der Entwicklung des Helmes an und zeigt zugleich die Handels- beziebungen, die in der Bronzezeit zwishen dem Norden und Süden bestanden.

In der ägyptischen Abteilung konnte als Leihgabe eine Anzahl von Altertümern aufgestellt werden, die auf der Versteigerung der Bestände des englishen Sammlers Martyn Kennard im ver- gangenen Sommer in London für Herrn James Simon erworben werden fonnten. Es war auf der Versteigerung gelungen, fast alle Stücke, auf die Wert gelegt wurde, zu kaufen; nur in wenigen Fällen wurden fo bohe Lebhaberpreise erzielt, daß es nicht angängig schien, sie zu überbieten. Auf die wichtigsten Stücke dieser Neu- eung wird in den „Amtlichen Berichten* näher eingegangen werden.

Der Salon Cassirer, dessen Räume im Sommer umgestaltet und wesentli erweitert worden sind, eröffnete in diesen Tagen seinen 15. Jahrgang mit einer umfassenden Ausstellung. „Ic wollte“, {reibt Paul Cassirer in seinem Vorwort zum Katalog, „noch einmal alle die Künstler vereinigen, für deren Kunst ich tn diesen 15 Fahren eingetreten bin und deren Werke ih verkauft babe." So gewiß über manche der Künstler, die hier ausstellen, das leßte Wort not nit gesprochen ist, der Einfluß des Cassirershen Unternehmens auf das Urteil gerade derer, die in enger Fühlung mit der neuen Kunst steben, ist fo groß und so unbestritten, daß der Stolz des Leiters wohlberechtigt ist. Freilich darf man die GründediesesErfolgs nibtetwa in der Objektivität der Auswahl suchen: gerade seine Einseitigkeit ist es, die dem Unter- nehmen die werbende Kraft vershafft hat. Und es besteht fein Grund, diese Tatsache zu verschletern. Der Kunsthändler, der Käufer und Kritiker für neue Werte gewinnen will, kann nit die Aufgabe aus- gleihender Gerechtigkeit haben. Hätte der Salon Cassirer wirklich, wie ihm noch dem Vorwort des Katalogs seine Feinde vorwerfen, nur dem Impressioniêmus gedient, so wäre das sein gutes Necht ge- wesen. In Wirklichkeit haben sich die Angriffe wohl mebr gegen die Propaganda für eine Gruppe französisher Maler ge- richtet. Wer ein Gesamtbild des modernen Kunstschaffens \ucht, wird in der Tat die jeßige wie die früheren Darbietungen unvoll- kommen und oft ungerecht finden. Sind es doch von Deutschen vor- wiegend nur bestimmte Meister der Berliner Sezession, die man bter zu seben bekommt. Das bindert nicht, anzuerkennen, daß die Art, wie das Haus Cassirer dur zielbewußte und gewählte Vorführungen für „seine“ Künstler warb, immer lehrreich und tmmer von charaktervoller Vornehmheit gewesen ift.

Die Ueberschau, die diesmal geboten wird, wirkt rei, aber un- gleidmäßig. Nicht die Wahl der Künstler, wobl aber die der Werke ist natürlih von manchen Zufälligkeiten abhänging; und es bleibt er- staunlich, daß ein privates Unternehmen in dem engen Rahmen einer Monatsausstellurg diese Fülle der Gesichte zu beshwören vermochte. Théodore Géricault, der Romantifer vom Anfang des 19. Jabrhunderts, steht zeitlih an der Spitze. Sein Kürassierbild bestiht noch heute als ein malerishes Kraft- stück von unmittelbarer Frische; die Tierstücke ernüchhtern dur thre Temperamentlosigkeit. Dann geht es über Delacrotxr, der mit einem durchs{nittlichen Stück vertreten ist, in gerader Linie zu Courbet, Corot, Manet und der neueren Impressionisteagruppe ; daneben bebauptet sich Daumiers Kunst, von der kostbare Stüte ezeigt werden, als eine abseits stehende Erscheinung. Manet wirkt eute historisch. Seine „Bar in den Folies bergères*, ein räumlich wenig befriedigendes Bild, entzückt durch herrlihe Einzelheiten be- sonders im Vordergrund. Das neue malerishe Seben der Dinge findet bier sofort einen fklassishen Ausdruck. Jn seinem Gartenstück „Die Gießkanne“ tritt der Meister als Darsteller hellsten Lichtes mit den Jüngsten in Wettbewerb. Von Corot erfreut neben \{chwäceren Stücken seine „Landschaft bei Limay“ in ihrer duftigen Helligkeit und dem ruhig klaren Aufbau. Unter den Werken der Neueren ist eine große Anzahl bekannter, an dieser Stelle s{chon gewürdigter Bilder. Sehr bezeihnend für Nenoirs Werdegang erscheint das frühe Stück: „Frau mit Papazgei“; voll echten Gefühls, aber noch trocken in der Farbe und mit allerlei totem Beiwerk. Daneben dann das „Liebespaar“ in jener späteren Manter, die die Dinge wie durch einen Scleier sicht; äußerst graziss in der Erfindung und reizvoll durch die Benußung des Raum und Nundung schaffenden Lichts, aber schon auf dem Uebergang zu der unstofflihen Behandlung des Fleisches. Unter Cézannes Landschaften verrät eine deutli den Einfluß auf die Kunst unseres Brockhusen. Van Gogh erscheint mit späteren A1beiten, unter denen das Blumenstück „Blaue Fris“ sich am tiefsten einprägt: eine wilde Lebendigkeit der Erscheinung ist hier gepaart mit höchster dekorativer Pracht.

Bei den Deutschen beginnt Menzel. Es folgen Leibl, dessen „Gräfin Nosine Treuberg“ sich gerade in dieser Umgebung als ein Glanzstück bebauptet, ebenso durch die vornehme Schönheit seiner maleri]chckn Haltung, wie durch die Eindringlichkeit der Charakteristik ; Liebermann, von dem das farbig lebendige „Kohlfeld bei Noordwijk* genannt sei; Trübner, Corinth, Slevogt mit meist befannten Stücken; von der jungen Generation die Landschafter Ulrih Hübner, Rösler und Brockhusen, und noch eine Anzahl der bekannten Namen der Sezession, wie Beckmann, Walser, Pottner.

Für die Plastik hat der große Saal im Erdgeschoß, dessen Ausdehrung mehr zu loben ist als sein nüchternes und nit sehr starkes Licht, neue Möglichkeiten der Wirkung geschaffen. Gauls eselreitender Knabe, eine neue, diesmal lebensgroße Bronze, nimmt die Mitte ein. Etn Versuch des Meisters, der vorerst mehr Achturg als Wärme erzeugt. Die Frishe der Er- findung, das unbedingt Ueberzeugende der Charakteristik,

efinden sich Löcher, in deren einem noch cine außen mit einem

das so viele feiner Kleinbronzen auszeichnet, suchen wir bter vergebens.

und Tuaillon, die sozusagen als Ehrengäste gebeten sind, stehen als Jüngere Kolbe und Klimsch, die man dem Naturalismus, und zwei andere, Barlach und Leh mbruck, die man einer stilifierenden Richtung zuteilen fann. Barlachs „Sorgende Frau“ bedeutet cinen Fortschritt vom Verblüffenden zum inrnerli{ Bewegten und Be- wegenden. Er s{lägt diesmal au sein Vorbild Aristide Mailkol, von dem ein minder carakteristishes Holzrelief gezeigt wird.

So lehrreich das Ganze ist, vornehmlih für die Beziehungen zwischen französisher und deutscher Kunst, so mötten wtr doch wünschen, daß der Salon Cafsirer nah diesem bedeutsamen Auftakt in die Bahn kleiner Ausstellungen wieder einlenke, die von weriaen PlSetien starke Eindrücke vermitteln wollen. Die Größe der

àume kann zu einem Vielerlei verführen, das zerstreut und ermüdet. Der Kunstsalon wird seine Aufgabe dann am besten erfüllen, wern er die carakteristishen Untershiede vom Museum nit zu verwischen, fondern zu betonen strebt. Thi D:

Die s{chwedishe Akademie der Wissenschaften hat, wie ,W. T. B.“ aus Stockholm meldet, den diesjährigen Nobelpreis für P hys ik dem Okeringenieur Dalen in Stockholm zuerkannt und den Preis für Chemie zwishen dem Professor W. Grinard in VNancy und dem Professor an der Universität Toulouse P. Sabatier geteilt. Jeder Preis beträgt in diesem Jahre 140 476 Kronen.

Literatur.

Walter Bloem hat unter dem Titel „Volk wider Volk“ eine Fortseßung zu scinem erfolcreihen Roman „Das eiserne Jahr“ erscheinen lassen. (Verlag von Grethblein u. Co. in Leipzig ; geb. 6 4.) Bildeten den Inhalt des ersten Teils die Kämvy!e im Deutsch-französischen Kriege von 1870/71 bis zum Fall Straßburgs, fo wird in dieser Fortseßung das weitere Ringen der beiden Völker bis zur Sin- nahme Orleans dur die Deutschen geschildert. Zu erneuter fritisher Stellungnahme gibt der neue Band feinen Anlaß; er zeigt dieselben Vorzüge und Schwächen, die in dem ersten zutage traten: eine außer» gewöhnlih anshaulihe Schilderung der kriegerischen Geschehnisse und eine recht dürftige Ausgestaltung der eigentliden Fabel des Romans und der einzelnen in ihm vorgeführten Personen. So muß man auch an diesen zweiten Teil, will man den Borzügen der Bloemschen Erzählerkunst gerecht werden, niht den Maßstab legen, den der Roman als Kunslform eigentli verlangt. Auch „Volk wider Volk“ ist eigentlich ebensowenig wie „Das eiserne Iahr“ ein „Roman“, in dem Einzelfiguren in ihrer Entwicklung und ihren Wechfelbeziehungen die Träger der Handlung sind; beide Bücher enthalten vielmehr Schlachtengemälde, die durh die Noman- form nur äußerliÞ umschlossen werden. Auf der ungewöhnlichen Lebendigkeit und Anschaulichkeit dieser Scchla®Stenschilderungen beruht der Wert beider Bücher; sie erklären den grcßen Anklang, den „Das eiserne Jahr“ in weiten Kreifen gefunden hat, lassen ihn berechtigt erscheinen und voraussehen, daß auch das „Volk wider Volk“ scinen gleih interessierten weiten Leserkreis finden wird.

Völlig anders ist das Bu: Im Kampf um die Nordmark von Johannes Dose (Stiftungsverlag in Potsdam: 4,80 M) zu be- werten. Sein Verfasser nennt es cine Erzählung, obwohl bier die Bezeichnung Roman wohl am Plate gewesen wäre. Die breite, echt epische Darstellung, für deren Genuß die Leser lange Fahre hindurch angeblih feine Zeit batten, die jeßt aber wieder zu Ehren kennt, kennzeihnet die Technik dieses Buches. Der Kampf der Schleswig- Holsteiner um ihr Deutshtum mat seinen Inhalt aus. És wird sowohl der Widerstreit der Gemüter und Gewissen, den die einzelnen Persönlichkeiten mit fich selbst und mit ibrer nächsten Umgebung zu durhkämpfen haben, wie der Austrag der Gegensätße auf der großen politishen Bühne geschildert, aber Dose hat tin siherem Gefühl für die Eigenart seiner dichterischen Begabung dea Nachdruck auf jenen gelegt. Die Hauptträger der Er- zählung find in cinem nordschleswigschen Kirdorf vereinigt; bier im Pfarrhause und unter den behäbigen Bauern findet Dose die Mäzner und Frauen, die in dem nationalen Kampf, der ihnen aufgedrängt wird, Stellung nehmen. Abstammung und Charafktereigensckchaften geben dabei den Ausschlag, 1nd die Liebe, die Herzen von büben und drüben zu einanderzieht, erhöht die Verwicklungen. Neben einer urs wüchsig-tüchtigen Erzählergabe ist dem Verfasser eine beahtenswerte Fähigkeit, wirflihe Menschen zu schildern eigen. Seine Figuren er- heben sich fast durchweg über das Typische; daneben berührt ein ge- sunder, kerniger Humor durchaus angenehm. Was dem Buch aber seinen eigentlihen Charakter gibt, ist das starke nationale E efübl, aus dem es geschrieben wurde. Dieser Grundzug ist an sih ja boch erfreulih, er würde aber noch reiner zum Ausdruck kommen, wenn er nicht so oft bis zum Chauvinismus verstärkt aufträte. Das mindert gelegentlich niht nur den künstlerishen Wert des Romans, fondern beeinträhtigt au seine national - erzieberische Wirkung, zumal der Verfasser niht nur die Romanfiguren \prechen und handeln läßt, bei denen man auch ein überspanntes National- gefühl in ihrer Lage natürli finden muß, fondern wo er Erzähbler bleiben sollte, oft selbst als Träger der erregten Gefühle jener be» wegten Kampfzeit hervortritt.

Der „Kunstwart“ hat ih seit einigen Jahren für die neu- belebte Scattenrißkunst interessiert und sie dadur in gesunden, dem süßlichen Dilettantismus abgewandten Bahnen zu balten {ih bemüht, daß er die Schattenrißbildchen altbewährter Meister in dieser Kunst, wie diejenigen neuer, eigenartiger und kräftiger Talente einem weiteren Kreise durch Nachbildungen zugänglich machte. Durch zwei neue Ver- öffentlihungen vermittelt er die Bekanntschaft eines weiteren Schattenrißkünstlers, Wilhelm Repsold. Von ihm werden drei Mappcn mit humorvollen Schattenrissen aus dem Künstlerleben herausgegeben: Malshülers Anfang (14 Stattenrisse), Die Malschule (13 Sattenrisse) und Professor und Modell (14 Sqhattenrisse). Die Bildcken, in tenen das Leben und Treiben auf der Kunstakademie lustig bespöttelt wird, dürften bald Freunde und Bewunderer finden. Auf den ersten Blick werden sie manchem Beschauer etwas nüchtern erscheinen. Wer fie #ch aber genauer betrahtet, wird erfreut sein, einer außergewöhnlihen Charafkte- risierungskunst in ihnen zu begegnen. Diese Kunst ist um so beatens- weiter, als sie oft auf die Darstellung des Profils verzihtet und allein dur die Haltung des ganzen Körpers, durch wentge Umriß= linien, zu wirken versteht. Jede der Mappen kostet 1 A. Fe: ner hat der Kunstwartverlag eine Reihe von Schattenrißkarten, zu je 12 in einem Umschlag vereinigt, herausgegeben. Auf den Karten find Schattenrisse voa Paul Ko newka und Karl Fröhblich wieder- gegeben. In den einzelnen Folgen ist inbaltliG Verwandtes zu- sammengestellt und die ganze Auswahl mit Geshmack und Geschick getroffen. Jede Kartenfolge (12 Karten) kostet 1 4.

Der erste Teil des von Schnetder und Judeich be- gründeten, von Dr. M. Neumetster und M. Netlaff bearbeiteten „Forst- und Jagdkalender*“ ist für 1913 im Verlage von Julius Springer, Berlin (Erster Teil, in Leinwand geb. Preis 2 #, in Leder geb. 2,50 4) pünktlich ershienen. Der Kalender, der die bekannte handlihe Form aufweist, hat im vorliegenden (63.) Jahr- gang niht unwefentlihe Erweiterungen und Verbesserungen erfahren. Neu aufgenommen sind die Eichenertrag&tafeln von Wimmenauer, eine Zuwachstafel für Derbholz und eine Tabelle der Derbholz‘orm- zahlen. Die bisherige Kretisflächentafel ist dur eine zweckmäßigere erseßt. Die Tabelle über die Eisenbahntarife hat eine zeitgemäße Umarbeitung erfahren. Jn dem FJagdkalender sind für Neuß jüngere Linie die Bestimmungen des Geseßes vom 3. August 1911 beatet, für Preußen und Anhalt die Schonzeiten für das Müffelwild aufs genommen. Detese nüßlihen Ergänzungen des Forst - und J1gd- Talenders dürften jedem im praktishen Dienst stehenden Forstmann willkommen setn.

Die Auswahl der Bildhauer ist niht ohne Interesse. Neben Nodin