1912 / 274 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Nov 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Der Abg. Gerhardus (Zentr.) bea ntragt, nah „V0X- zubeugen“ hinzuzusezen: „oder die infolge der Schiffahrt oder von Strombauten an den Ufergrundstücken entstandenen Schäden zu beseitigen und solche Schäden für die Zukunft zu hindern“. Denselben Antrag, jedoch ohne die Worte „oder von Strom- bauten“, haben die Abgg: von Brandenstein u. Gen. kons.) gestellt. Nah der mþeiteren Vorschrift des ersten Ab- ben haben die Eigentümer zu den Kosten dieser Arbeiten bei- zutragen; Beiträge können nicht verlangt werden, soweit Arbeiten erforderlich sind, um die durch die Schiffahrt oder Flußregulierung entstandenen Schäden zu beseitigen und für die Zukunft zu verhindern. Der Antrag von Brandenjtein will die Worte „oder Flußregulierung“ streichen, der Antrag Gerhardus das Wort „Flußregulierung“ durch „Strombauten“ ersetzen.

Nah § 111 haben die Eigentümer der Ufergrund- stüde und der dahinter liegenden Grundstücke ihre Grundstüle von solhen Bäumen, Sträuchern, Ein- friedigungen und anderen Gegenständen freizuhalten, die bei bordvollem Wasserlauf den Wasserabfluß wesentlich beeinträhtigen. Die weitere ihnen von der Kommission auf- erlegte Verpflichtung zur Ausführung von Einebnungs- und Berasungsarbeiten beantragen die Abgg. von Brandenstein u. Gen. (konsf.) wieder. zu beseitigen.

Die §8 110 und 111 mit den dazu gestellten Anträgen werden gemeinsam beraten.

Abg. Gerhardus (Zentr.): Mein Antrag will, daß die Schäden, welhe durch Dampfer und durch die fiskalischen Strom- bauten- an den Ufergrundstücken durch Abshwemmung und Unter- spülung der Ufer verursaht werden, vom Staate übernommen werden. Das entspricht der Billigkeit und Gerechtigkeit, da der Uferanlieger an der Schiffahrt und den zu deren Gunsten ausgeführten Strom- bauten fein direftes Interesse hat. Ein zivilrechtliher Schadenersaß fommt nit in Frage, die Sahe muß vielmehr an dieser Stelle ein- beitlih mit der ganzen Unterhaltungspflicht geordnet werden unter Berücksichtigung aller privatrechtlichen und öffentlih-rehtlihen Gesichts- punkte. Das geltende Recht kennt bereits einen solchen Anspruch in bezug auf die Strombauten. Daß ungemessene Ansprüche an den Staat gestellt werden würden, ist nicht zu befürhten. Der Rhein ist {on zum großen Teil ausgebaut, und ebenso sind ähnliche Schiff- fahrtsschäden an der Oder weniger zu befürchten.

Abg. von der Osten (kons.): Die große Mehrheit meiner Freunde sah in den Kommissionsbeschlüfsen erster Lesung das Mindest- maß - der aufzuerlegenden Verpflichtungen sowie das Höchstmaß des Schutzes der Anlieger. Es ergab si aber derselbe Widerspruch der Minister wie gegen die Streichung der Gebühren. Leider hat die Kommission in zweiter sung in der Unterhaltungslast den Wünschen der Minister mehr Rechnung getragen. Die Anlieger fönnen leider nit so {nell das Ohr dieses Hauses finden, aber fie sind darum nicht minder zu berücksihtigen. Wir bedauern, daß der . Kommissionsbesbluß der ersten fing. it ..§ 110 eine so wesentliche Abshwähung erfahren hat, daß meine Freunde die Verantwortung dafür nicht übernehmen können. Eine Erweiterung der finanziellen Belastung der Eigentümer liegt im allgemeinen Interesse, sie ist notwendig für eine ordnungsmaRige Unterhaltung, und wenn auch- damit eine höhere Belastung der An- lieger verbunden ist, so haben wir keine Bedenken, dieser Erweiterung zuzustimmen. Gegen die Heranziehung zu Beiträgen für Negulierungs- ihâden bestehen bei uns allerdings die \{chwersten Bedenken. (8 besteht zweifellos eine nicht fest zu bestimmende Grenze zwischen Unter- haltungsbauten und Ausbauten, es gibt aber wohl eine ganze Nethe von Strombauten, die in ihrer Wirkung für die An- lieger nit unerbeblihe vermögensrehtliche Nachteile haben können, und die doh niht unter den Begriff des Ausbaues fallen. Wir stimmen deshalb dem Antrag Gerhardus mit der von uns be- antragten Beschränkung zu. Wer die Verhältnisse an der Oder kennt, weiß, in wie hohem Maße Schisfahrtsschäden gerade an der Oder vorkommen: der Schiffahrtsverkehr auf der Oder hat einen außerordentlichen Aufshwung genommen, auch der Damysferverkehr, und dadurch wird die Unterspülung vermehrt. Der vom Staate gescßlich übernommene Ufershuß, genügt niht. Durch den Schiff- fahrteverkehr und durch Maßnähmen, die ganz allgemein im Staats- interesse liegen, können einzelnen Anliegern an un]eren reten Strömen Schäden entstehen, zu denen sie feine Veranlassung gegeben baben, für die fie aber ledigli die Kosten zu tragen haben. Eine finanzielle Verpflichtung des Staates kommt ja nicht in Frage, denn im § 122 haben die staatlihen Organe sich grundsäßlih an den Strömen die Bestimmung vorbehalten, ob und in welchem Umfange Arbeiten der gedahten Äct auszuführen sind, mit anderen Worten, die Bestimmung, wie wir sie im § 110 wollen, enthält lediglich eine

G

moralishe Bindung des Staates.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die Unterhaltung unserer Ströme dient gleich - zeitig dem Interesse der Schiffahrt und der Vorflut. Diese Ünter- haltung übernimmt nunmehr der Staat de lege für alle. Der Vor- behalt, der in dem Geseßzentwurf für § 108 zu 3 gemacht war, auf Grund dessen einige Wasserläufe einstweilen eine Ausnahmestellung erhalten sollten, ist gefallen, und die Negterung hat sich mit diesem Beschlusse der Kommission abgefunden. Aus der neuen geseßlichen Regelung erwachsen den Uferanliegern weltgehende Vorteile, die um so größer find, je mehr der Flußlauf durchreguliert ist, je mehr die Ufer dur Bauten im Strome ges{üßt sind. Da will es uns doch nur billig erscheinen, wenn Staat und Ufereigentümer zusammenwirken- und es will uns sogar im allgemetúen Interesse nüßlich erscheinen, wenn der Ufereigentümer nicht nur als Fordernder dem Staate gegenübertritt.

Es sind nach der Auffassung der Regierung durhaus nicht übermäßige Lasten, die dem Uferanlieger zugemutet werden. Es wird nihts weiter verlangt, als daß, um einer zukünftigen Behinde- rung der Vorflut vorzubeugen, der Uferanlieger nah Maßgabe der Vorteile, die ihm erwachsen, beitragen foll. Es wird ferner im 8 111 verlangt, daß er Einebnungs- und Berasungsarbetten ausführt, sofern es sich um einfachere Arbeiten handelt, zur Vermeidung von Ufereinbrüchen. Aber in beiden Fällen ist dieser Belastung, die den Uferanleger trifft, sofort eine Entlastung beigefügt; denn im ersten Falle sollen Beiträge nicht verlangt werden können, foweit Arbeiten erforderlih sind, um die dur die Schiffahrt und Flußregulierungen an den Ufergrundstücken entstehenden gegenwärtigen und zu- fünftigen Schäden vorzubeugen, und im zweiten Falle ist ausdrückliche Vorausfezung, daß der Uferfuß befestigt war bis zur Uferlinie. Mir hat ein \acverständiger Berater mitgeteilt, daß gerade auf Grund. dieser leßteren Bestimmungen für weite Strecken an unseren Flüssen die Unlerhaltungspfliht oder die Beitragspfliht der Ufereigentümer auf ein Mindestmaß zurüd- geführt ist.

Die Staatsregierung hat nach ihrer Auffassung durch diese Regelung, wie sie im Entwurf und neuerlih in dem Kommissions- beschlusse gegében wurde, sehr weitgehende Pflichten und sehr große Lasten übernommen. Ste glaubt nicht in der Lage zu sein, in dieser

krheben, daß als rehiliGe Verpflichtung festgestellt wird, wie es der Antrag 707 zu § 110 verlangt, daß die Staatsregierung alle infolge der Schiffahrt an den Ufergrundstücken entstandenenen Schäden beseitige oder den zukünftigen vorbeuge. Es ift ja schon von dem Herrn Vorredner darauf hingewiesen worden, daß beim Ausbau der Strôme diese Ver- pflichtung übernommen werden kann, und das hat auch gute Gründe. Beim Ausbau kann diese Frage mit in einem Zuge erledigt werden. Die Verwaltung “ist in der Lage, beim Ausbau ihr Projekt zu modifizieren ich will nicht davon sprehen, daß fie ihr Projekt zurückzieht —, wenn sie erkennt, daß es notwendig ist, den gegen- wärtigen oder zukünftigen Schäden, die durch die Schiffahrt verursacht werden, vorzubeugen. Bei der Unterhaltung würde nah Auffassung der Staatsregierung aus der direkten re{tlihen Verpflichtung, für diese gegenwärtigen und zukünftigen Schäden aufzukommen, nichts weiter entstehen fönnen, als daß in allen Fällen, wo fie ein Ein- greifen und eine Mitwirkung der Ufereigentümer verlangt, eingewendet werden wird: diese Schäden sind ausf{ließlich durch die Einwirkungen der Schiffahrt entstanden.

Was in dem Geseß an Belastung gebracht wird, geht keineswegs über dasjenige hinaus, was in einzelnen Landesteilen gegenwärtig in Geltung ist. In Hessen, in Hannover und in Ostpreußen und nach dem Allgemetnen Landre(t hatten bereits die erheblih weitergehenden Anlieger Verpflichtungen zur Befestigung. Das wird bei der Be- urteilung der Geseßesvorshläge nicht außer aht gelafsen werden dürfen. Es is nun darauf hingewiesen worden, daß gerade die Bereisung der Kommission an der Oder festgestellt hat, daß die Zustände der Ufer dort unbefriedigende sind, und die Lasten, die auf Grund der in Ausficht genommenen Gesetzesbestimmuüngen den Ufer- anliegern gerade dort erwachsen würden, sehr weitgehende werden würden. Da darf man einwenden, daß die Bestimmungen dieses Ge- seßes auf der anderen Seite den Staat in schr wéitgehendem Maße verpflihten, solhen Schäden vorzubeugen, und daß auf Grund dieses Gesetzes der mangelhafte Zustand der Oder, soweit es an dem Staate liegt, alsbald in einen besseren Stand gesetzt werden wird.

Ih meine, daß das Hohe Haus wohl Anlaß hätte, den Be- \{lü}sen der Kommission, wte sie in den FS 110 und 111 nah einer sehr sorgfältigen und mühevollen Durcharbeitung, an der h die Mit- glieder der Kommission und die Kommissare der Regierung beteiligt haben, zustandegekommen ist, beizutreten. Jch befinde mi in der angenehmen Lage, das Haus zu bitten, die Kommissionsbeschlüsse zu akzeptieren.

Abg. von Kloeden (b. k. F.): Ich weise nur darauf hin, daß das Hochwasser des Rheins große Lücken in die Ufergrundstücke hinein- gerissen hat. Bisher ist seitens des Staates - dort nichts geschehen, troßdem es doch Pflicht des. Staates gewesen wäre, einzugreifen. Als ih bat, in dieser Angelegenheit doch etwas zu tun, fand ih nur mäßiges Entgegenkommen. Man verwies die Anlieger auf das Wassergeseßh. Ich bitte deshalb, den Antrag Gerhardus anzu- nehmen.

Abg. von Pavpenheim (konf.): Ih danke dem Herrn Minister für seine Worte. Die Staatsregierung übernimmt durch dieses Gesetz große Opfer. Für uns ist der “einzige Gesichtspunkt nur der: wie erhalten wir unsere Flüsse in einem normalen 2ustand und wie s{chüßen wir nicht nur die Anlieger der Flüsse, sondern auch die Bevölkerung vor großen Schäden ? Ich mödte doch bitten, hier nit allerlei Ausnahmefälle vorzuführen. Diese können doh nicht als Richtschnur dafür angesehen werden, was im allgemeinen zu gesehen hat. Die Pflichten, die dem Anlieger auf- erlegt werden, spielen do keine sehr bedeutende Rolle. Es wird fi in der Regel um ziemlich ‘unerhebliche Verbesserungen und Unter- haltungen handeln, die metner Meinung nah dur“ andere Vorteile voll aufgewogen werden. Der gute Zustand des Ufers ift für den Anlieger selbst sehr wichtig. Deshalb hat er das größte Interesse daran, daß diese Ufer immer in VDrdnung find. Er wird dann daraus sehen, daß au der kleinste Schaden fofort beseitigt wird, damit ketn größerer entsteht. Wenn er diesen kleinen Schaden felbst ausbessert, so ist dieses Opfer gering gegenüber dem Schaden, der eintreten kann, wenn er erst den Staat in Anspruch nehmen muß, worüber ja doh einige Zeit immer verstreiht. Außerdem kennt der Besitzer die Bedürfnisse und die lokalen Interessen am meisten. Er kennt auch am besten die Angriffspunkte des Stromes gegenüber seinem Lande. Gr weiß au, daß es manchmal nur ganz kleine Unebenheiten find, die Ver- anlassung zu größeren Schäden geben. Ich bitte Sie deshalb, die Anträge abzulehnen.

Abg. E ck er - Winsen (nl.): Wir freuen uns, daß der Wasser- zins aus dem Entwurf entfernt worden ist, der erst so zu etnem wirklichen Wassergeseß wurde. Wir vertreten die Interessen der organisierten und der unorganisierten Interessenten mit gleicher Liebe. Mir treten für den Antrag Gerhardus ein. Daß die Beseitigung von Schiffahrts\häden zu den Unterhaltungsarbeiten gehört, entspricht jedenfalls der Billigkeit. Der § 111 muß aufrecht erhalten werden. Ünd da der einzelne s{neller und billiger als eine große Gemein- schaft arbeitet, so muß den Uferanliegern und «unterhaltungppflichtigen die Möglichkeit gegeben werden, diese leichten Arbeiten zur Strom- verbesserung felbst auszuführen. e

Abg. Lippmann (fortschr. Volkép.): Wir stimmen dem An- trag Gerhardus zu, der dafür sorgt, daß die Uferanwohner dur die Schiffahrt nicht geshädigt werden. Wir hoffen, daß damit die Freude an der Schiffahrt auch in agrarishen Kreisen immer größer wird. Was den § 111 betrifft, so können die Vorschriften der Absäße, welche der Antrag Brandenstein wieder beseitigen will, tatsählih den Ufer- und Grundstückseigentümern event. sehr erhebliche Ausgaben verursachen. :

Finanzminister Dr. Len h €:

Meine Herren! Jch möchte Sie doch bitten, die Beschlüsse der Kommission anzunehmen und die gestellten Anträge abzulehnen. Selbst der \{ärfste Gegner fisfkalisher Tendenzen bei der Gesetzgebung wird bei dem vorliegenden Geseß wohl nichts anderes erkennen können, als daß bei diesem Gese fiskalishe Gesichtspunkte in der weithèrzigsten Weise hintenangestellt worden sind, und daß der Staat ganz erheb- liche Opfer übernommen und auf erhebliche Nechte verzichtet hat, um die Wassergeseßgebung in geordneter Weise zu regeln. Aber, meine Herren, wenn der Staat bei aïlen Konzessionen, die in diesem Gesetze gemadt worden sind, auf wesentliche Rechte verzichtet und erhebliche Lasten übernommen hat, so kann er es nur insoweit tun, als es tat- sächlich im Interesse der Allgemeinheit liegt und in dem Inkeresse, ein ordentliGes und in jeder Hinsicht zweckentsprehendes Gefeß zur Verabschiedung gelangen zu lassen. Der Staat hat sich der Herr- schaft, die ihm bis dahin unbeschränkt über die öffentlichen Ströme zugestanden hat, begeben, indem er durch das neue Gese zuläßt, daß besondere Rechte an diesen Strömen Privaten und Interessenten ver- liehen werden können. Der Staat hat es zu gleicher Zeit übernommen, während ihm früher bei den öffentlihen Strömen nur die Unter- haltung im Schiffahrtsinteresse oblag, au für die Vorflut zu forgen und eine Sicherung der Ufer gegen den Abbruch mit einzuführen. Der Staat hat ferner das Opfer übernominen, wenn es ih als not- wendig herausstellen ‘sollte, daß die verliehenen Berehtigungen an den

Interessenten dafür die volle Entschädigung zu leisten, und er hat es ferner übernommen, wo es im Interesse der Melioration erforderlich ist, und wo insbefondere zur Beseitigung der HoGwassergefahr Mittel aufzuwenden find, daß er fiH neben den Provinzen und Inter- efffsenten daran beteiligt.

Meine Herren, ih bitte dringend, daß Sie sich bei Ihren Ent- \{liezungen doch auch vor Augen stellen, wie weit der Staat {on durh diescs Geseß Lasten übernominen hat. Es ist unmögli für den Staat, noch weiterzugehen und dort Lasten zu übernehmen, wo es nicht tatsählich erwünsht und notwendig ist.

In § 111 ist vorgesehèn, daß die Anlieger geringe Arbeiten zum Sgchugte der Ufer mit vorzunehmen haben. Das hat Ihre Kommission in den Paragraphen hineingefügt. Die Anträge verlangen jeßt, daß auch dieses gestrichen wird. Es wird behauptet, die Lasten, die den Anliegern dadurch auferlegt würden, seten unerträglich, und die An- lieger wären gegen Anforderungen des Staates zu {üßen.

Meine Herren, ich glaube, der Fall liegt gerade umgekehrt. Die Arbeiten, die den Anliegern nah dem Absatz 2 des § 111 auferlegt werden sollen, find ganz uncrbeblich; sie find so verklausuliert, daß - man sagen kann, sie können von dem Anlieger ohne jedwede bedeutenden Kosten ausgeführt werden. Es ist ja auch ausdrücklich noch als Vor- ausfezung bestimmt worden, daß unverhältnismäßig hohe Kosten dadurch nicht entstehen dürfen.

Der Herr Abg. von der Osten hat allerdings einen Fall an- geführt, der nachweisen soll, daß in der Praxis doch eine große Härte eintreten würde; aber, meine Herren, gerade dieser Fall beweist, wie harmlos der Paragravh ist. Die An- lieger würden in diesem Falle garnicht mit Arbeiten tn Anspruch ge- nommen werden können, weil unverhältnismäßige Kosten doch wohl folWe Kosten sind, welché im Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit und dem Interesse desjenigen, der sie aufzubringen hat, zu hoh bemessen sind. Aber ich möchte doc bitten, meine Herren, auch einmal die Kehrseite zu betrahten. Was den Uferanliegern an kleineren Ar- beiten abgenommen wird, ift im einzelnen vielleiht wenig; aber wenn Sie zusammenaddieren, was da insgesamt dem Staat auferlegt wird, dann entsteht doch eine sehr große Belastung.

Es ist allerdings behauptet worden, es wären alles nur moralische Ansprüche, die gegenüber dem Staat beständen und der Staat würde in folen Fällen es abwarten, ob er die Arbeiten ausführte oder nicht. Aber wenn der Staat seine Uferunterhaltungspflicht ernst nimmt und dafür sorgen will, daß die Ufer stets in einem guten Zustande unterhalten bleiben, muß der Staat au derartige Arbeiten mit ausführen, selbst wenn sie unbequem sind . und ihm große Kosten machen. Meine Herren, das wird der Staat auch tun. Er wird aber, wenn die Uferanlieger von diesen Arbeiten ganz befrett werden, auch sonst noch in große Schwierigkeiten hineingeraten: er muß von dem Ufereigentümer sch die Erkaubnis hoken, daß er an diesen Stellen die Arbeiten ausführen kann, er muß fogar von den Ufereigentümern womöglich sich noch das Material erwerben, um den Uferschuß aus- führen zu können, und die Ufereigentümer haben dadurch Vorteile, die sie nach dem derzeitigen Stande der Gesezgebung nicht besißen und auch nicht besißen werden, wenn fie Uferanlieger von Flüssen zweiter und dritter Ordnung sind. Meine Herren, wenn diese Be- stimmung für Wasserläufe zweiter und dritter Ordnung auch An- wendung finden, so sind die Uferanlteger . rücklwärts doch wiederum verpflichtet, diese Kosten aufzubringen, weil sie ja auch diejenigen sind, welche den Wafsserkauf zu unterhalten haben. In diefen Fällen tritt also nicht der Staat ein, sondern derjenige, der die Unter- haltungslast des Wasserlaufs hat, und das sind wieder die Ufer- anlieger, bei Wasserläufer zweiter Ordnung allerdings in der Form einer Genossenschaft, einer Gemeinde oder in welcher rechtlichen Konstruktion sonst sie die Unterhaltung der Ufer zu übernehmen haben. Also bei den Strömen würde der Staat lediglich zugunsten von Sonderinteressen wesentlihe Kosten aufbringen müssen, Kosten, welche in gar keinem Verbältnis zu der Belastung der Uferanlieger stehen, wenn er sie übernimmt, die aber für den Staat dadur, daß sie eine Unsumme im ganzen Lande ausmachen, eine ganz wesentliche Belastung ausmachen.

Meine Herren, die Staatsregierung hat überall den Anliegern das gegeben, was den Anlicgern zukommt, und den Interessenten das gegeben, was den Interessenten zukommt; aber, meine Herren, ih möchte Sie deshalb au dringend bitten, geben Sie in dieser Frage auh dem Staate, was dem Staate zukommt.

Abg. Dr. von Woyna (freikons.): Man muß die Bestim- mungen über die Unterhaltung der Ufer als ein organisches Ganzes betrahten. Nimmt man einen Stein heraus, so poltett das ganze Gebäude zusammen. Meine politishen Freunde stehen auf dem Standpunkt, daß die Kommissionsbeshlüsse vor allen anderen An- trägen den Vorzug verdienen. Sie hoffen, daß die Bestimmungen über die Üferunterhaltung- der gesamten Volkswirts{chast zum Heile gereichen. werden.

Nachdem fich der Abg. Dr. Gaigalat (konf.) für alle Abänderungsanträge ausgesprochen hat, wird der Antrag Gerhardus angenommen.

Damit ist der Antrag von Brandenstein zu § 110 erledigt.

S 111 bleibt unverändert.

Der 5. Titel, §8 140 bis 160, betrifft den Ausbau der „natürli Wasserläfe erstex U#Æd zweiter Ordnung und ihrex Ufér.

Neferent Abg. Dr. v-o n Kries (kons.) bemerkt, daß in diesent Titel die Kommission im wefentlißen den Vorschriften des Strom- bauverwaltungsgeseßes von 1883 gefolgt ist. Das Ausbauverfahren ist mit gewissen Modifikationen durch die Beschlüsse zweiter Lesung der Kommission in den Entwurf eingeschaltet worden.

8 140 besagt: Natürliche Wasserläufe ersier oder zweiter Ordnung und ihre Ufer können nach den folgenden Be- Po aus Gründen des öffentlichen Wohles ausgebaut werden.

Nach § 141 kann das Ausbauunternehmen die Einlegung von Stauwerken, die Vertiefung, die Herstellung eines neuen Bettes, die Durchführung einer Hochwasserregulierung oder andere über die Unterhaltung hinausgehende Verbesserungen zum Gegenstand haben. Ü

Die Abgg. von Brandenstein und Gen. (kons.) be- antragen, folgenden neuen § 141 a einzuschalten :

„Die Wasserpolizeibehörde entscheidet im Streitfalle, ob

Arbeiten über die Unterhaltung hinausgehen und den Vorschriften

dieses Titels unterstehen. Die Entscheidung kann nur mit der Beschwerde im Aufsihtswege angefohten werden.“

Dieser Paragraph, - dessen Annahme auch der Bericht-

Nichtung weiter zu gehen. Insbesondere muß sie Einspruch dagegen

Strömen im öffentlichen Interesse wieder beseitigt werden, dann den

erstatter empfiehlt, wird ohne weitere Debatte angenommen,

*

Außerdem gelangt der folgende, von denselben Abgeordneten

eantragte neue § 157a zur Annahme :

„In dringlichen Fällen kann der Bezirksaus\chuß unwesentliche Nbstreichungen von dem Plane vor der endgültigen Fesistellung aeítatten. Der Beschluß ift endgültig, däs Verfahren für die Fest- ¡tellung des abgeänderten Planes ift ohne Verzug durchzuführen.

Titel 5a, von der Kommission neu eingefügt, ordnet in den §8 160a und 160b die Beteiligung des Staates und der Rrovinzen an dem Ausbau der Wasserläufe zweiter Ordnung. Der Titel wird ohne Debatte angenommen, ebenso Titel 6: „Wasserbücher“, 8&8 161 bis 174.

Es folgt der zweite Abschnitt: „Gewässer, die nicht zu den Wasserläufen gehören“, §8 175 bis 183.

Nach § 176a ist der Eigentümer eines Grundstücks be- rechtigt, das oberirdisch außerhalb eines Wasserlaufs von einem anderen Grundstück abfließende Wasser von seinem Grundstück abzuhalten. Jn der Provinz Hessen-Nafsay und im Geltungs- hereich des französischen oder gemeinen Rechts in der Rhein- yrovinz soll diese Vorschrift nur mit der Maßgabe angewendet werden, daß der Eigentümer eines landschaftlih benußten Grundstücks verpflichtet ift, den infolge der natürlichen Boden- verhältnisse stattfindenden Wasserablauf von einem anderen landwirischaftlih benußten Grundstück zu dulden.

Abg. Neinhard (Zentr.) tritt für einen Antrag Belzer ein, den lezteren Vorbehalt auh für die Hohbenzollernshen Lande und dte- jenigen Gebietsteile Hannovers, in denen bisher das gemeine Net Geltung hatte, auszudehnen.

Cin Negierungskommissar: Die Regièrung hat dem Wunsche der Kommission ecntsprehend für die Rheinprovinz und Hessen-Nafsau Ausnahmen zugelassen, troßdem fie überzeugt war, daß das preußiihe System besser ist. Es muß zugegeben werden, daß tin Hohenzollern die Verhältnisse ebenso liegen, wie in der Nheinprovinz. ÿnders aber liegen sie ‘in gewissen Teilen der Provinz Hannover. Hier treffen die Vorauëfetßungen für eine Ausnahmebestimmung nicht zu. Das gemeine Neht hat dort überhaußt nicht absolut gegolten, sondern es waren Bestimmungen in Geltung, die im wesentlichen mit dem preußischen Landrecht übereinstimmen. Auch haben die landwirt- schaftlichen Vertreter der Provinz Hannover darauf bezügliche Wünsche nit geäußert. Im Gegenteik hat sh die hannoversche Landwirtschafts- fammer zweimal gutachtlih dagegen ausgesprochen. i

Abg. Rhiel (Zentr.) spricht für den Kommissionsbeshluß.

Abg. Me yer - Diepholz (nl.) tritt den Ausführungen des Regierungskommissars entgegen und erklärt auch für die betreffenden hannovershèn Gebietstéile die beantragte Ausnahme für erforderlich. __ Der Regieru ngskommissar bleibt bei seiner Darlegung 1iteyen.

Nachdem ‘noch die Abgg. Neinhard und Brand- huber (Zentr.) sfih zur Sache geäußert haben, wird der Antrag Belzer, soweit er sich auf Hohenzollern bezieht, angenommen.

Zu 8 178 (Vorschriften, betreffend das Abgraben des Wassers und Schadloshaltung des Geschädigten) befürwortet Abg. Lippmann einen Antrag, wonach die Entschädi- qung, wenn der Unternehmer dies beantragt, auch in wieder- kfehrenden Leisiungen bestehen kann.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz) bedauert, daß den Anforderungen des öffentlihen Wohles in der Fassung des § 178 nicht ein weiterer Spielraum gelassen ift.

Der Antrag der fortschrittlihen Volkspartei zu § 178 wird angenommen.

Nach § 180 ist der Eigentümer eines Grundstücks nicht befugt, Stoffe in den Boden einzuleiten, durh die das unter- irdishe Wasser, ein Wasserlauf oder ein See, zum Nachteil anderer verunreinigt wird; auf die Düngung von Grundstücken ist diese Vorschrift nicht anzuwenden.

S 180 gelangt nach einer kurzen Aussprache zwischen dem Abg. Wollkowski (kons.) und einem Regierungs - vertreter unverändert zur Annahnmie.

Nach § 181 können die den Grundstücseigentümern an den Seen und unterirdishen Wassern nicht an sich zustehenden Rechte durch Verleihung erworben werden. Dabei find die Vorschriften des ‘Gesetzes anzuwenden.

Nach § 182 bedarf jeder, der unterirdische Wasser zum Gebrauch oder Verbrauch über die Grenzen seines Grundstücks fortleiten will, der polizeilihen Genehmigung.

__ Abg. Dr. Flesch (fortschr. Volksp.) beschwert si darüber, daß der S 54 (Aufhebung des Wasserzinses) bier niht mit" angewendet werden

ne „fragt, ob §182 überhaupt neben § 180 eine Be- eutung habe.

Nach weiterer Debatie, an der sih ein Regierungs - vertreter Und dir Abs, von der Osten (Ul) be- teiligen, werden die S8 180 bis 182 angenommen, der leßtere Paragraph mit einer Ergänzung, wonah in Landkreisen der Landrat für die Genehmigung zuständig fein soll.

Es folgt der dritte Abschnitt des Gesetzes über Wasser- genossenschaften, 88 184 bis 260. Die ersten all- gemeinen Vorschriften umfassen die §8 184 bis 215.

__8 184 zählt die Zwecke auf, für welhe Wassergenossen- schaften . gebildet werden können. Es liegt ein Antrag der Abgg. Bethge (fkonf.) und Genossen vor, eine neue Disser 14 einzufügen: zur Aufhöhung und Aufspülung von Grundstücken ; ein Antra. d Mit: Bitta, SEEL- insen und Lippmann will diese neue Ziffer nur „zur Zufspülung von Grundstücken“ angewandt wissen.

Der Abg. Ecker -Winsen befürwortet den Antrag Bitta und Gen., während der Abg. von der Osten für den konser- vativen Antrag eintritt.

Vinister für. Landwirtschaft, Domänen und Forsten Ur. Freiherr von Schorlemer:

: Ih möchte auch dem Wunsche Ausdruck geben, daß der Antrag, den der leßte Herr Nedner empfahl, zur Annahme gelangte! Auch die landwirtschaftliche Verwaltung erkennt das Bedürfnis an, daß Wassergenossenschaften zu dem im ursprünglichen Entwurfe nicht vor- gesehenen Zwecke, nämli zur Aufspülung von Grundstücken, gebildet werden ! Sie kann sich dabei auf die günstigen Erfahrungen berufen, Ne mit den sogenannten Kolmationen nicht allein {on in früheren Jahren in Italien, sondern auch neuerdings in der Niederung der Dder gemaht worden sind. Ich glaube, daß es im wesentlichen keinen großen Unterschied bedeutet, ob man dem Antrag der national- liberalen oder der konservativen Partet beitritt; aber klarer bringt der Antrag der konservativen Partei es zum Ausdru, daß es sich nit allein um die Aufspülung von Grundsiücken, sondern auch um deren Erhöhung handelt. In beiden Fällen aber find es dic den Wosserläufen entnommenen Stoffe, die sonst nußlos vergeudet werden würden und jeßt zur Düngung und au zur Erhöhung von Grund- stücken Verwendung finden können. Ich bitte also auß um Annahme

Der § 184 wird mit dem Antrag Bethge an-

genoumen. ? ___§ 193 schreibt vor: Durch die Sabung können Vorschriften über die Bildung eines Schiedsgerichts getroffen und bestimmte Streitigkeiten bezeihnet werden, die dessen ausschließliher Ent- scheidung unterliegen sollen.

Hierzu befürwortet Abg. Herold (Zentr.) den Antrag auf Zuseßung der Worte: „wenn alle Beteiligten zustimmen“, zieht jedo \chließlich feinen Antrag zugunsten eines Antrags des Abg. Bethge (kons) zurück, der folgenden Wortlaut hat :

„Durch die Saßüng können Vorschriften über die Bildung eines Sciedêgerichts getroffen werden, das bei Streitigkeiten über genojjenscaftliche Angelegenheiten auf Anrufen beider Parteien zu entscheiden hat.“

Nachdem Abg. von derO sten (kons.) und Abg. We ster - mann (nl.) den Antrag empfohlen haben, ertärt der

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Ich habe grundsäßlihe Bedenken gegen die Annahme dieses An- trages nicht zu erheben. :

Darauf wird der Antrag Bethge und mit ihm der § 193 angenommen.

_Der zweite Titel des dritien Abschnitts betrifft die G e - no}fenschaften mit der Zulässigleit des Beitritts- zwanges.

__ Nach § 216 können widersprechende Eigentümer unter be- stimmten Voraussezungen zum Beitritt gezwungen werden.

__ Ein Antrag des Abg. Bethge und übereinstimmend mit ihm ein Antrag der Abgg. Bitta u. Gen. will diesen Beitrittszwang auch für die Wassergenossenschaften aussprechen, die zum Zweck der Aufhöhung oder Aufspülung von Grund- stücken gebildet werden sollen.

Der Beitrittszwang soll statihaft fein, wenn die Mehrheit der Beteiligten der Genossenschastsbildung zustimmt. Die Mehrheit berechnet sich, wenn nur Grundstücke beteiligt sind, sowohl nach der Fläche als auch nach dem Grundsteuer- reinertrag. Sind Bergwerte, gewerblihe Anlagen, Wasser- geitossenschaften oder andere Verbände allein oder neben Grund- stücken beteiligt, fo soll der Beitritiszwang gegen widersprechende Eigentümer von Grundstücken nur ausgeübt werden, wenn die Mehrheit der beteiligten Grundbesißer dafür ist.

__ Abg. Büchtemann (fortshr. Volksp.) bemängelt, daß hier mit zweierlei Maß gemessen werden soll, und beantragt, die leßtere Sonderbestimmung zu streichen.

Ein Negierungsvertreter bestreitet, däß auf die Industrie und Landwirtschaft zweierlei Maß angewandt werden soll.

Abg. von der Osten (konf.) {ließt sich dieser Meinung an und bittet um Ablehnung des Antrages Büchtemann. : Der Antrag Bethe wud angênommen, der Anirag Büchiemann abgelehnt und der Paragraph im übrigen unverändert angenommen.

Es folgt der dritte haften; S8 223 uni 224

Die Kommission hat dem § 223 folgenden Zusaß gegeben: „Reichen die vorhandenen Gewässer zur

Titel: Zwamngsgenossen-

E uns{ädlihen Ab- führung der Shmußwässer niht aus, so kann der Zwangsgenossen- schaft (die auch zur Neinhaltung der Gewässer errihtet werden kann) die Anlegung von Kanälen zur Ableitung der Shmußwässer aufgegeben werden.“ i j

Auf Antrag des Abg. Lieber wird dieser Saß nach turzer Debatte, an der sih dev Antragsteller und der Abg. von dér O sten beteiligen, wie folgt, gefaßt:

„Reichen die vorhandenen Gewässer zur uns{chädlihen Ab- führung der Shmußwäßser nicht aus, fo kann in dem Plane des von der- Genossenschaft“ durhzuführenden Unternehmens auch die Anlegung von Kanälen zur Ableitung der Shmußwässer vorgesehen werden.“

Der vierte Titel behandelt das Verfahren zur Bildung von Genossenschaften in §8 225 bis 251.

__ Nach § 229 hat ein Kommissar des Regierungspräsidenten die Saßung zu entwerfen, die Unterlagen zu beschaffen und den aus dem Unternehmen für die einzelnen Beteiligten zu er- wartenden Vorteil vorläufig festzustellen. Bei Genossenschaften zur Reinhaltung von Gewässern gilt als Vorteil auch die Be- seitigung der von den Beteiligten hervorgerufenen Ver- unreinigungen.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.) befürwörtet einen Antrag, wona als Maßstab für die Beurteilung der Verunreinigungen das Gemeinwohl genommen werden foll.

Der Antrag wird abgelehnt.

Bei 8 260 (Genossenschaften, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gegründet sind) gelangt einA ntrag der Abgg. Bethge u. Gen. zur Annahme, wonach abweichende Be- stimmungen der bisherigen Satzungen über die Zuständigkeit der Schiedsgerichte und unter gewissen Voraussezungen auch sonstige abweichende Bestimmungen in Kraft bleiben .follen.

Die Beratung über § 261. wird vorläufig ausgeseßt.

Der Entwurf wird bis zum § 270 einshließlich ohne weitere Debatte nah den Kommissionsvörschlägen angenommen und darauf nah 51/2 Uhr die Fortsesung der Beratung auf Sonnabend, 11 Uhr, vertagt.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln,

Vorläufige Mitteilungen über Ergebnisse der Schlachhtvieh- und Fleischbeschau im Deutschen Reiche für das Jahr 1911.

Nach der Zusammenstellung des Kaisezlichen Gesundheitsamts.

(Befondere Beilage zu den „Veröffentlihungen des Kaiserlihhen Gesundheitsamts“ 1912, Nr. 46.)

I. Sgwhlahtvieh- und Fleischbeschau bei Schlachhtungen im Inlande.

Der Beschau unterlagen im Jahre 1911 : 561 049 (1910: 614 011) Odsen, 426 019 (477564) Bullen, 1777000 (1 807 550) Kühe, 983 600 (1 054633) IJungrinder, 4596 163 (4741 727) Kälber, 18 616434 (16 335 471) Schweine, 2240 452 (2434011) Schafe, 496 790 (476 582) Siegen und 151990 (149098) Pferde und andere Einhufer. Eine Beéshau im lebenden Zustand hatte nit stattaefunden (Notschlahtungen) bei 4366 Ochjen, 2360 Bullen, 56 378 Kühen, 11 934 Fungrindern, 34 200 Kälbern, 81 149 Schweinen, 6353 Schafen, 3292 ‘Ziegen und, 6676 Pferden usw.

___ Bei der Fleishbeschau wurden als untauglich zum Genusse für Menschen befunden 1565 Ochsen und 83 Fleischviertel von Owsen (1546 und 82 Fleischviertel), 688 Bullen und 62 Viertel (638 und 62), 27667 Kübe und 1212 Viertel (27785 und 1164), 4133 Jungrinder und 179 Viertel (3855 und 185), 11 839 Kälber und 18 Viertel (12 052 und 8), 18187 Schweine und 414 Viertel (16 108 und 413), 2278 Schafe und 3 Viertel (2345 und 6),

des leßtgenannten Antrages!

Pferde usw. Bedingt tauglich waren 1428 Ochsen und 3003 Viertel (1674 und 3165), 1222 Bullen und 1609 Viertel (1432 und 1843), 5157 Kühe und 13 426 Viertel (5953 und 13 226), 2042 Jung- rinder und 2228 Viertel (2392 und 2390), 893 Kälber und 1875 Viertel (995 und 2023), 37042 Schweine und 27 480 Viertel (36843 und 26773), 38 Schafe und 134 Viertel (55 und 236), 21 Ziegen und 20 Viertel (24 und 24). Im Nahrungs- und Genußwert erbeblich herabgeseßt waren 5917 Ochsen und 2536 Viertel (6339 und 2408), 2567 Bullen und 1068 Viertel (3135 und 1332), 68 045 Kühe und 14950 Viertel (70717 und 14 976), 10 017 Iungrinder und 2170 Viertel (10851 und 2325), 20 579 Kälber und 1951 Viertel (22283 und 2203), 54376 Schweine und 21 739 Viertel (49 819 und 21 064), 5423 Schafe und 45 Viertel (5109 und _99),- 1981 Ziegen und 25 Viertel (1984 und 32). 3632 Ninder und 8 Kälber (1910: 3802 und 6) wurden wegen Cinfinnigkeit vorläufig bexnstandet, jedo na 21 tägiger Durchkühlung dem freien Verkehr übergeben.

Auf je 1000 bescchaute Tiere entfielen für untauglich erklärte Tierkörper (eins{ließzlich zu Tierkörpern umgerechnete Fleisch- viertel) von: Ochsen 2,83 (2,55), Bullen 1,65 (1,37), Küben 15,74 (15,53), Jungrindern 4,25 (3,70), Kaälbern 2,58 (2,54), Schweinen 0,98 (0,99), Schafen 1,02 (0,96), Ziegen 2,15 (2,32), Pferden usw. 11,93 (12,78) ; für bedingt -tauglich erflärte Tierkörver und Fleishviertel von: Ochsen 3,88 (4,01), Bullen 3,81 (3,96), Kühen 4,79 (5,12), Jungrindern 2,64 (2,83), Kälbern 0,30 (0,32), Schweinen 2,36 (2,67), Schafen 0,03 (0,05), Ziegen 0,05 (0,06); für im Nahrungs- und Genußwert erheblidc herabgeseßt erflärte Tierkörper und Kleischviertel von: Ochsen 11,68 (11,30), Bullen 6,65 (7,26), Kühen 40,40 (41,19), Jungrindern 10,74 (10,84), Kälbern 4,59 (4,84), Schweinen 3,21 (3,37), Schafen 2,43 (2,11), Ziegen 4,00 (4,18); für genußtauglich ohne Ein- s{ränkung erklärte Tierkörper und Fleischviertel sowie Tierkörper, von denen ledigli einzelne veränderte Teile uns{chädlich zu beseitigen waren, von: Ochsen 981,61 (982,14), Bullen 987,89 (987,41), Köhen 939,07 (938,16), JIungrindern 982,37 (982,63), Kälbern 992,53 (992,30), Schweinen 993,45 (992,97), Schafen 996,52 (996,88), Ziegen 993,80 (993,44), Pferden usw. 988,07 (987,22).

Von den im übrigen nicht beanstandeten sowie von den bedingt tauglichen und den im Nahrungs- und Genußwert erbeblih herab- geseßten Tieren wurden unschädlich beseitigt: die Kövf e von 9701 Rindern (2,59 °/6o der beshauten), 1360 Kälbern (0,30 °/o), 4381 Schweinen (0,24 °/6o), 1628 Schafen (0,73 °/0o), 179 Zîtegen (0,36 9/00), 317 Pferden usw. (2,09 9/0); die Zunge n von 7558 Rin- dern (2,02 °/00), 711 Kälbern (0,15 9/00), 1773 Schweinen (0,10 °/00), 46 Schafen (0,02 9/00), 40 Ziegen (0,98 °/o), 61 Pferden usw. (0,40 °/ o); die Lungen von 938409 Rindern (250,40 °/o), 37 591 Kälbern (8,18 °/60), 1 705 715 Schweinen (91,62 °/50), 283 336 Schafen (126/46 9/90), 7119 Ziegen (14,33 °/60), 7680 Pferden usw. (50,53 °/50); die Lebern von 348362 Rindern (92,95 °/0), 17168 Kälbern (3,74%/00), 8368 989 Schweinen (19,82 9/90), 195792 Schafen (87,39 9/00), 7486 Ziegen (15,07 °/060), 3899 Pferden usw. (29,65 9/00); die Därme vxn 106276 Rindern (28,36 °/9o), 8877 Kälbern (1,93 °/60), 175 246 Schweinen (9,41 9/00), 1118 Schafen (0/50 2/50), 641 Ziegen (1,29 °/0), 696 Pferden usw. (4,58 °/00); sonstige einzelne Organe von 182093 Rindern (48,59 °/oo), 209152 Kälbern (95,47 °/0), 220452 Schweinen (11,84 2/00), 4658 Schafen (2,08 °/0o), 1607 Ziegen (3,23 2/00), 2142 Pferden u)w. (14,09 9/60); fämtlihe Baucheingeweide von 76126 Nindern (20,31 °/¿o0), 6265 Kälbern (1,36 2/50), 64 803 Schweinen (3,48 °/oo), 1150 Schafen (0,51 °/oo), 461 Ziegen (0,93 °/o), 516 Pferden usw. (3,39 9/60); endlich 511251 kg Muskelfleisch von Rindern (0,55 o des Schlachtgewichts dieser Tierart), 13 914 kg von Kälbern (0,08 °/00), 263120 kg von Schweinen (0,17 2/00), 4277 kg von Schafen (0,09 °/0), 513 kg von Ziegen (0,06 °/oo), 46 342 kg von Pferden usw. (1,30 2/6). «

I1L. Fleischbeschau bei dem in das Zollinland eingeführten Fleis che.

Die Einfuhr betrug im Iabre 1911 174 594,18 dz frisches Fleisch (1910: 171 677,34 dz), 59 429,35 dz zubereitetes- Fleish aus- \{ließlih der Däcme (52 720,06 dz), 1439 325,43 dz zubereitete Fette (110251437 dz). :

Davon wurden vor Beginn der Untersuchung freiwillig zurückgezogen 19,51 dz frisdes Fleis, 180,22 dz zubereitetes Fleis und 5617,17 daz zubereitete Fette. Beanstandet wurden 4906,38 dz = 2,81 9/0 friïdes Sleisch (1910: 5656,56.dz = 3,29 9/0), 806,78 dz = 1,36 9/9 zubereitetes Fleis (1040,41 dz = 1,98 2/60), außerdem von 1050230 (939 315) Sch@weineberzs{lägen 13 165,97 dz (11 275,22 dz) zum Genuß ungeeignete Teile, 6790,38 dz = 0,47 9% zubereitete Fette (7042,48 dz = 0,61 9/6).

Die Herkunftsländer waren bei frischem Fleis che Oester- reih-Ungarn mit einer Einfubr von 163,92 az (beanttandet 1,07 dz), Nukßland mit 1251,30 dz (3,93 dz), Dänemark mit 93 198,85 äz (3308,51 dz), Großbritannien und Irland mit 0,99 äz (0,23 dz), die Niederlande mit 43840,89 dz (554,17 dz), Frankfreih mit 195,57 dz (120 dz), andere Herfunftsländer mit 35 942,66 az (103521 dz);

et zubereitetem Fletische Oesterreih -Ungarn mit 2797,03 dz (10,26 dz), Rußland mit 4110,83 dz (123,89 az), Dänemark mit 35289,88 dz (224,83 dz), Großbritannien und Srland mit 5868,73 dz (222,25 dz), die Niederlande mit 1611,91 dz (45,19 dz), Franfreih mit 57,49 dz (16,03 dz), andere europäische Staaten ecin\ch[. der deutschen Sollaus\{lüsse mit 3122,57 dz (72,68 dz), Amerika mit 6568,22 dz (91,55 a2), Asiêén, Afrika, Austrälièn mit 2,69 dz (0,16 az); bei zuberetiteten Fetten Oesterreiß-Ungarn mit 178006 dz (0,58 dz), Rußland mit 365,09 az (131,29 dz), Dänemark mit 2883459 dz (1079,88 az), Großbritannien und FIrland mit 38 679,00 dz (316,45 dz), die Niederlande mit 8666,27 dz (147,65 dz), Frankrei mit 18 224,65 dz (— dz), andere europäische Staaten einschließlih der deutschen Zollaussckchlüsse mit 11 502,95 dz (12,70 dz), Amerika mit 1320 975,23 dz (4889,75 dz), Asien, Afrika, Australien mit 10 297,59 àz (212,08 42).

Die Einfuhr von Därmen bétrug 363 020,30 dz (1910: 323 391,66 dz), Davon ftammten aus Amerika 164 001,81 dz, aus Großbritannien und Irland 45 511,81 dz, aus Dänemark 45 050,92 dz, aus Nußland 36 553,64 dz.

111. Fleis{Gverbrauch.

Die Gesamtmenge des aus den Jnlands|{lachtungen und dem UVeberschusse der Einfuhr über die Ausfuhr sich crgebenden Fleisches betrug für das Deutsche Neich im Jahre 1911: 35 085 844,94 dz, auf den Kopf der Bevölkerung berechnet 53,63 kg (1910: 33418 069,53 dz und 51,76 kg),

Verdiugungen.

(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reihs- und Staatsanzeiger" ausliegen, Tönen in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9—3 Uhr eingesehen werden.)

Italien. Bürgermeisteramt von Gordona. mittags 2 Uhr: Bau eines Schulhausfes. Zeugnisse bis svätestens 18. November 1912. leistung 2000 Lire. anzeiger“.

25. November 1912, Nach- Voranschlag 40 188 39 Lire. 1 vem I] Vorläufige Sicherheits- Näheres in italienisher Sprache beim „Neichs-

Niederlande.

___ 27. November 1912, 14 Uhr. Niederländisches Kolonialministerium im Haag, in einem der Räume der Gesellschaft „Tot Nut van't Algemeen“, N. 3. Voorburgwal Nr. 212 in Aasterdam: Lieferung nachstehender Gegenstände in 54 Abteilungen : Nr. 1 58 650 m Ver- bandbaumwolle, Nr. 2 58650 m Verbandbaumwolle, Nr. 3 59 800 m \chwarze Baumwolle, Nr. 4 200060 m \chwarze Futterbaumwolle, Nr. 5 50000 m braune Baumwolle, Nr. 6 50000 m braune

1070 Ziegen und 2 Viertel (1102 und 10) und 1813 (1906) |

Baumwolle, Nr. 7 8250 m gestreifte baumwollene Bettdecken,