1912 / 276 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Nov 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Die Königlich griehische Regierung hat zu ihren Erklärungen über Kriegskonterbande (vergl. „Reihs- und Staatsanzeiger“ Nr. 268 vom 9. November d. J. und Nr. 271 vom 13. November d. J.) neuerdings bekannt gegeben, daß Feuerungsmaterial und Schmierstoffe auch dann, wenn sie E türkishe Häfen im Mittelmeer außerhalb der Dardanellen bestimmt sind, wiederum als absolute Kriegskonterbande an- gesehen werden.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 60 des Reichs8gesezblatts enthält unter

Nr. 4137 die Verordnung, betreffend die Jnkraftsezung von Vorschriften des Versicherungsgeseßes für Angestellte, vom 8. November 1912.

Berlin W. 9, den 19. November 1912.

Kaiserliches Postzeitungsamt. Krüer.

Königreich Preußen. Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Betrifft: Verdingungswesen.

Nach 8 5 Absay 3 der „Bedingungen für die Bewerbung um Arbeiten und Lieferungen“ (Anlage 1 der allgemeinen Bestimmungen, betreffend die Vergebung von Leistungen und Lieferungen vom 23. Dezember 1905, Eisenbahnverordnungs- blatt 1905, Seite 322, Zentralblatt der Bauverwaltung 1906 Seite 53) werden die Bewerber, die den Zuschlag nicht er- halten, mittels portopflichtiger Dienstsache benachrichtigt. Mit Rücksicht auf das staatlihe Interesse, das an der völligen Abwicklung der Verdingungen besteht, erscheint es ange- messen, diese Ablehnungsschreiben zu frankieren, d. h. sie mit dem Vermerk „Frei durch Ablösung“ zu versenden, wie dies bei dem Zuschlagsschreiben hon jeßt geschieht. Hiernach ist für die Folge zu verfahren. Jn den vorgenannten Be- dingungen sind an der angeführten Stelle die Worte „und zwar erfolgt die Nachricht als portopflichtige Dienstsache“ zu streichen. Die Exemplare des Eisenbahnverordnungsblatts, des Bentralblatts der Bauverwaltung, des Anhangs zur Dienst- anweisung für die Ortsbaubeamten der Staatshochbauverwaltung (Ne 9236) und der allgemeinen Verfügung Nr. 3 (Wasser- auverwaltung), betreffend das Verdingungswesen (2. Ausgabe Seite 23), sowie die vorhandenen Vordrucke der genannten Be- dingungen sind richtig zu stellen.

Bei dieser Gelegenheit empfehle ih, die Zuschlagsschreiben und in Verbindung damit auch die Ablehnungsschreiben so bald wie möglih nah getroffener Entschließung abzulassen, damit die Anbieter niht länger als unbedingt nötig in Ungewißheit bleiben (zu vgl, auch Erlaß an die Eisenbahndirektionen vom 19. April 1912, Eisenbahnnachrichtenblatt Seite 36).

Berlin, den 1. November 1912.

Der Minister der öffentlihen Arbeiten. von Breitenbach.

An die Königlichen Eisenbahndirektionen und das Königliche

Eisenbahnzentralamt ( sowie

an die Herren Oberpräsidenten in Danzig, Breslau, Magde- burg, Hannover, Koblenz und Münster (Westf.), Strom- bau- bezw. Kanalverwaltung, die Herren Regierungs- präsidenten (bei Potsdam auch Verwaltung der Märkischen Wasserstraßen), den Herrn Polizeipräsidenten in Berlin, die hiesige Königliche Ministerial-, Militär- und Bau- kommission, die Königlichen Kanalbaudirektionen in Han- nover und Essen und das Königliche Hauptbauamt in Potsdam.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Professor Dr. E. Budde in Berlin-Wilmersdorf ist vom 1. November d. J. an zum Mitgliede der Königlichen Tech- nischen Deputation für Gewerbe ernannt worden.

Die Gewerbereferendare Meißner, Meinecke, Rühl und Limprich, sämtlih aus Düsseldorf, sind nach bestandener Prüfung zu Gewerbeassessoren ernannt und den Gemwerbe- inspektionen Neusalz a. O.. Spandau, Berlin S und Magde- burg I als Hilfsarbeiter überwiesen worden.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.

Der ordentliche Professor Dr. Ernst Schultze in Greifs- wald ist in gleicher Eigenschaft in die medizinische Fakultät der Universität in Göttingen verseßt worden.

‘Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem Tierarzt Friz John in Trebniß ist die kommissarische Verwaltung der Kreistierarztstelle in Militsch übertragen worden.

Königliche Friedrih Wilhelms-Universität.

Bekanntma MPun:a-

Zum 1. April 1913 kommt ein Stipendium der Beuth- S'iiftung zum jährlihen Betrage von 1200 4 auf 5 Jahre zur Vergebung

Die Bewerber müssen würdige und bedürftige Studierende sein und einer der vier Fakultät. n der hiestgen Untversität oder einer der Abteilungen 1 und 11 der Technischen Hochschule Berlin angehören

Nachkommen des Generalmajors von Willisen, des Geheimen Finanzrats und Provinztaliteuerdirektors Auguit von Maaßen, des Oberregtierungsrats Hugo von Schierstädt oder des Geheimen Medizinalrats Dr. Quincke haben, ohne den Nachweis der Be- dürftigkeit führen zu men, ein unbedingtes Vorzugsrecht: nächit diesen steht den Eingeborenen der Stadt Kleve ein Vorzugsrecht vor anderen Bewerbern zu.

Der Inhaber de3 Stipendiums ist verpflichtet, mindestens etn Jahr auf der hiesigen Unive. sität zu studieren, die übrige Zeit kann er fih den Studien auf etner anderen d-utschen Universität widmen, das Stipendium auch nah beendeten S'udien in der Zeit fort- beziehen, die er zu seiner weiteren Ausbildung verwendet, bevor er in n L EUNSIDIAS mit einem Einkommen verbundene Berufstätigkeit eintritt.

Bewerbungen sind bis zum 15. Februar 1913 einschließlich an uns «tnzureichen.

Berlin, den 19. November 1912.

N. ktor und Senat der Königli hen Friedri Wilhelms-Universität. Graf von Baudissin.

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2 N f p S, U d T D - S P H A) f N N s

Ni6kamilicjes.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 19. November 1912.

Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für Oktober 1912 nah der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:

gegen das Vorjahr

auf (mehr, weniger)

im ganzen |1 m

im ganzen auf 1 km M M Mh M | 9% Personenverkehr | 71 876 0) 1382| + 1732577|+ 19|+ 1,39 üterverfebr . | 188738 119] 3538| 4 12 900 350|

—+ 203+ 6,09.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Breslau“ am 8 d: M. in Alexandretta, S. M. S. „Hansa“ am 16. in Havanna, S. M. S. „Tiger“ am 17. d. M. in Tsingtau, S. M. S. „Iltis“ an demselben Tage in Kiukiang und S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ am 18. d. M. in Kongmoon eingetroffen.

Kiel, 19. November. Gestern vormittag fand im Exerzierhause der 1. Matrosendivision laut Meldung des „W. T. B.“ die feierlihe Vereidigung der Marine- refruten in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Jhrer Königlichen Hoheiten des Prinzen Heinrich, des Prinzen Adalbert und des Prinzen Waldemar, des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Großadmirals von Tirpit und des Chefs der Hochseeflotte, Admirals von Holßtzendorff statt. Nah der Vereidigung hielt Seine Majestät der Kaiser eine Ansprache, worauf der Chef der Marinestation der Ostsee Admiral Coerper ein drei- faches Hoch auf den Allerhöchsten Kriegsherrn ausbrachte.

Württemberg.

Durch Verfügung des Ministeriums des Jnnern is} die Wahl von 17 Abgeordneten der beiden Landeswahlkreise auf morgen und die Wahl der acht Mitglieder des Ritterschaft- lichen Adels zur Ersten Kammer auf Donnerstag, den 12. De- zember, angeseßt worden.

Die am vergangenen Sonnabend in Stuttgart (Stadt) nah dem Proporzwahlverfahren vorgenommenen s\echs Landtagswahlen haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Wahl von drei Sozialdemokraten, einem Konservativen, einem Nationalliberalen und einem Mitgliede der fortschrittlichen Volkspartei ergeben. Von den bisher beseßten 50 Mandaten entfallen auf das Zentrum 19, auf den Bund der Landwirte und die Konservativen 11, auf die Sozialdemokratie 10, auf die fortschrittlihe Volkspartei 7 und auf die Nationalliberalen 8.

Baden. Wie der Hofbericht der „Karlsruher Zeitung“ meldet,

konnte Seine Königliche Hoheit der Großherzog vor- |

gestern zum ersten Male das Bett verlassen. Seine völlige

Wiederherstellung ist in kurzer Zeit zu erwarten.

Meeklenburg-Schwerin.

Den Landtagskommissaren Grafen Bassewiß-Leveßow und Staatsrat Dr. Langfeld ist gestern ein Regierung s- reskript zugegangen, in dem Seine Königliche Hoheit der Großherzog auf die gefallene Verfassungsvorlage hinweist und laut Meldung des „W. T. B.“ ausführt:

Diese Art der geschäftlihen Verhondlung sei mit dem Ernst der Lage und der Bideutung der Sache für dos ganze Land nicht ver- einbar. Er lehne es ab, die Antwort der Stände auf Grund des Beschlusses der Ritterschaft entgeg: nzunchmen, und sei nicht willens, dem in dem Beschluß zum Ausdiuck gebrachten Wunsche der Ritter- \@&ast um Herausgabe einer neuen Vorlage zu entspreben, da eine Ve1fassungérefo:m- auf rein \tändiswer Grundlage sich dur die bis- herigen Verbandlungen als undunchführbar erwiesen habe. Er er- warte, daß die beiden Stände in gemeinsamer Aibeit die erforderliche Einigung herbeizuführen suden Er halte seine Vorlage aufrecht und verlan, e deren eingehende Prüfung.

Das Reskript, in dem Seine Königliche Hoheit der Groß- herzog am Schlusse nohmals an die Stände appelliert, ihm ihre Hilfe zur notwendigen Durchführung des Verfassungs- werkes nicht zu versagen, wurde gestern von den Landtags- kommissaren den Ständen unterbreitet.

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister des Aeußern Graf Berchtold, der Reichs- kriegsminister von Auffenberg, der gemeinsame Finanz- minister von Bilinski, der Finanzminister von Zales ki und der Landesverteidigungsminister von Georgi haben sich vorgestern abend von Wien nah Budapest begeben.

Jn der Oesterreichishen Delegation wurden op die Verhandlungen über das Budget des Aeußern ortgejeßt.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Abg. Graf Latour, die gegenwärtige Debatte bek äftige vor der ganzen Welt die territoriale Uneigennüpigkeitspolitik Desterreih-Ungarns. Anderer- seits testehe aber die Gefabr, daß gewissen Acußerungen einzelner Abgeordneter im Auélaude übertci: bene Bedeutung be'gemessen werde. „Wir selbst“, sagte Graf Latour weiter, „wissen freilid ganz gut, daß bei aller Verschiedenheit der Meinung und Auedryck8sweise etne wirkli ernste Lage auch volliie Ertüllung unserer Pflichten für die Integrität des Vaterlandes bei uns allen ohne Unter- \{bied der Partei finden wird.“ D.r Redner wünschte, daß auch in der weiteren Debatte, wie bisher, alles unte: lassen werde, was bei dem jetzigen Ernst der Laue bei den Bundesgenosjen De" er- rei: Unuarns Ver\timmung oder gar Zweifel tarüber auffommen lassen kön te, ob alle staatserbaltenden Parteien Oesterreichs ent- {lossen seien, für die in ernster Z itlage bewährte und dur den Willen des Monarchen fes;begründcte Bündniepolitik unter allen Um- ständen einzustehen. Graf Latour gab der Hoffnung Autdruck daß

! dank der Weish it des Monarchen, der Besonnenheit der österrreichi-

\chen Staatsmänner und dem zweifellosen Fitede nsbedürfnis aller Großmächte Oesterreih-Un, arn aus der jeßigen Verwirrung ohne Krieg oder dauernde Verstimmung herauskommen werde. Eine baldige Entspannung sei um so mehr zu hoffen, als das rutige Kraft- gefübl der Monarchie tenn do niht ohne Eimdruck bei den Balkanvölfkern bleiben könne. Man müsse ents{lossen tein, die als

richtig und notwendig erkannten Forderungen unter allen Umständen

und mit allen Mitteln durchzuseßen. Eine Bluffpoliiik \j d Monarchie unwürdig. Für eine loyale, entschiedene und maß] Politik werde Graf Berchtold bei allen loyale und ents{iecdene Unte stüzung finden. Mit dem Vershwinden der Lürkei fei die Balk krise noch nicht zu Ende. Gerade Oefterreid; werte auf lange Jút hinaus Streitigkeiten und Bestrebungen rund um ih berum entgegen, sehen müssen, weshalb die Ausgestaltung des Heeres und der Flotte H zum Höchstmaß der intensivsten Leistungsfähigkeit unbedingt notwert, sei. Das fei die beste auswärtige Politik. Der Redner bat \{liefli4 den Minister des Auswärtigen um Auskunft übr die Gerüchte hz, sichtlich der öfterreiWisch - ungarischen Konsuln in Prizrend Und Mitrowißza. Der Abg. Korosec erklärte, daß der Standpunkt d, Slowenen gegenüber den Balkanvölkern der fei, taß sie ebenso nj, die Deutschen mit Deutschland ein inniges Freunds(aftsverhältniz ,, den Balkanvölkern wünsdbten und, um dies anzubahnen, alle weben Streitigkeiten gelöst wissen wollten. Der Monarchie und Dyngst, Weyenlber betonen sie ihre Treue und Anhänglichkeit. Der A,

hoc wandte sich gegen die Behandlung der Tschehen und Polen j Preußen und sagte, es wäre Pflicht des Slawentums, baldigst auf NRußlan ernstlich im Sinne einer Wiederherstellung der Autonomie Polers einz, wirken. Den Ruthenen fei ebenfalls Autonomie zu gewähren. F, Dualismus sei lebensunfähig. Man müßte zur Neuorgarnisation dz Reiches auf föderalistischer Grundlage schreiten. Der Obmann d Polenklubs Leo verwies auf den ungeheuren Einfluß, den die große politishen Ereignisse im Süden des Reiches auf die Gemüts\timmu und die politischen Anschauungen des polnischen Volkes ausüben müßte Desto unvercständlicher müsse einem jeden die Polenpolitifk des mit Oester, reich so eng verbündeten Deutschen Reiches erscheinen. Der Redner by, dauerte, daß es den Leitern der auswärtigen Politik bisher nit q. lurgen sei, dem engsten Bundesgenossen der Monarchte die Uth, zeugung einzuflößen, daß es im Interesse der Grhaltung dieses Bünd. nisses liege, diese gewalttätige Politik niht weit-r zu verfolgen. Bürger des österreicwischen Staates, demnach als Bundeëgenofsen di Deutschen Neiches, erheben die Polen diese MWaraunaseuse Und her: langen, daß in Zukunft der Bundesgenosse dem Gefühl der Völker die im Augenblick der größten Gefahr loyal mitkämpfen solln Nechnung trage. Der deutsh-radikale Abg. Wol ff begrüßte dey energishen Einspruch des Auswärtigen Amtes gegen d'e die he, rehtigten Interessen Desterreih - Ungarns verlezende Forderuy der Serben nach einem Adrtahafen. Das Ministerium des Aeußmn werde es sicherlih nit an Entschicdenheit fehlen lassen, wenn my versuchen soUte, fich über die flar und deutlih autgesprochenen Au fprüche Oesterreis hinwegzufeßzen. Man sollte niht erft warten, bi der leßte Rest deo Türkei aus Europa verschrounden sei. r woll damit nicht zum Kriege hetzen, und verweise auf die Frieden: bestrebungen des Dreibundes. Aber wo es fich um die berechtigt Interessen handele, da dürfe es kein Abwarten der weiteren Ert widcklung geben. Der Nedner sprach die Hoffnung au3, daß di Deutschen und Magyaren in der Bekämpfung des Trialismus, in den die Deutschen eine gegen den öiterreichishen Staat gerichtete Joe erblickien, zusammenstehen würden.

Hierauf ergriff der Minister des Aeußern Graf Berchtold das Vat und führte aus: Ich will nicht den Anspruch erheben, auf dte vielen inhalt, reiden N: den zu reflektieren, die im Laufe der Debatte über die au wärtige Politik gehalten worden sind. Es ist von mehr als eine Seite hervorgehoben worden, daß die Verscbiedenheit der hierbei u Tage getretenen Anschauungen kein klares Bild erkennen läßt, d imstande sein fönnte, dem verantwortlichen Minisier seine Ausgae zu erleichtern. Zch möchte dies nur bedingt gelten lassen, denn in den wesentlihen Richtlinien meiner Politik glaube ich mich mt wenigen Ausnahmen im Einklange mit der bohen Delegation y befinden. Es sind dies: Das treue Festhalten an ten bestehenden, fest gegründeten Bundesverhältnisse und di kfonsequente Verfolgung einer maßvollen, keine territoriale Ausbreitun erstrebenden, aber unsere Interessen fest im Auge bebaltenden Real politik. Die durch die Kriegsereignisse geschaffene Veränderung de Lage am Balkan bringt es mit fich, daß wir uns mit der Nükwirkung, die diese Ereiunisse auf unsere Interessen nehmen dürften, bescäftigen müssen. Es ist kein Grund vorhanden, z1 zweifeln, daß seitens der Balkanstaaten in objektiver Einshäßung der Lage m't ter hoben Bedeutung gerechnet wird, die der Herstellung etnes dauernden, gesunden Verhältnisses mit der Nachtarmonarhie innewohnen würde. Die wtederholten Ausspraczen, die ich kürzlich mit] dem bulgarishen Kammerpräsidenten Danew geführt hakte, baben mich in dieser Auffassung bestärkt und mir einen \{ätent werten Beweis geltefert von der klugen Politik, die auh angesichts der glänzenden Erfolge der bulgarischen Armee den Entschließunga der Staatämänner des jungen Königreths zum Letstern dienen. Di unter den Mächten hinsichtlich einer Vermittlung eingeleiteten Ver handlungen haben dazu geführt, daß vor einigen Tagen die Berirctit der Großmächte bei den Balkanstaaten beauftragt wurden, das be züglihe türfishe Ansuchen zum Gegenstande einer Anfrag bei den Regierungen der vier fkriegführenden Staaten zl machen. Die Antworten auf diesen Schritt find uns bis jeßt noch niht zugegangen. Mittlerweile hat sich di Pforte, wie Ihnen bekannt is, unter dem Eindrucke der be drohlchen Lage veranlaßt gesehen, fih tirekt an Bulgarien wegn Einstellung der Feindseligkeiten zu wenden. Wir können die er freulihe:weise eingeleiteten Verhandlungen nur mit unseren beslen Wünschen begleiten und haben Grund, vorauszuseßen, daß die krieg führenden Staaten auf die berehtigten Interessen anderer Mäk: Bedacht nehmen. In den Verhandlungen der Delegattonean wie det Presse bat in der leßten Zeit die Frage der zukünftigen Gestaltung ÄAlbaniens im Vordergrunde gestanden. Wie aus den in der italienische! Kammer seinerzeit abgegebenen Erklärungen des damaligen italienisden Muinisters des Aeußern bekannt ist, besteht zwishen den Kabinette von Wien und Rom eine Uebereinstimmung hinsihtl'ch der künftigen autonomen Gestaltung Albaniens. Unsere heutige Politik, wie di Italiens, geht von diesem Grundsaße aus. Wenn die Existenz eint: albanesishen Nation hier von mancher Seite angezweifelt wurde, |! möchte ih demgegenüber geltend machen, daß die Albanesen unit jahrhundertelangen ungünstigen Verhältnissen es verstanden habe, ihre nationalen Ueberlieferungen und ethnischen Eigentümlichkeiten ungeschwädt zu erhalten. Wenn wir ihnen die Mögl:chkeit bietet wollen, die Segnungen westeuropäischer Kultur in erhöhtem Maß! fih anzueignen, fo kann ih ein solches Vorhaben nit als aue sictéll ansehen. Es t} uns wiederholt seitens der Deleuterten sowohl im Aut \{uß als im Plenum mangelnde Voraussicht bei der Entwicklung èt Ereignisse am Balkan vorgeworfen worden. Ich möchte nicht pro dom reden, ih kann mir aber do nit versagen, darauf hinzuweisen, dv ih in meinem leßten Erposé zu Anfang der letzten Delegattonssessio! als astr von offizieller Stelle auf den bezrohlihen Ern't d! damaligen Lage hin„ewiesen hatte, ein Hinweis, der damals bekann! lih auf die ganze óffentlihe Meinung einen unerwartet 1:a:ken Ei drack vemaht hat. Was die Tätigkeit unserer Diplomaten u? Konsularvertreter am Balkan anbelangt, so muß ih hervorheben, da fie mit aufopf: rungtvoller Hingabe in einer ungewöhnlich {wer Zeit den an sie gestellten Anforderun,„en zu meiner voll\ten Zufriedenbt! entiprohen baben Hmsichtlich der von einigen Herren bervorgehobentl Haliung unserer Presse in den leßten Tagen kann ih nur sagt! daß man sich nicht wundern darf, wenn unsere Zeitung geyenüber den gehaffigen und ungerehten Angriffen eines Teils det ausländish-n Pr.sse die gewohnte Mäß'gung niht immer bewahr! konnten. Ih mochte nur, auf eine Anfrage des Abg. Grafen Lakol! und ein? mir zur Kenntnis gebrahte Intervellation des Abg. Dr. bs! Langenhahn zurückommend, e wähnen, daß die serbiihe Negierun! vor einiger Z-1it in offi:teller Weise über das Verbalten des Konsul Prochasfa während der Einnabme von Prizrend Beschwerde g: führt ul ersuch! hat, den genannt: n Beamten zu ers en. Wir haben uns hier auf bereit erklärt, den dieser B. schwerde zugrunde lieg-nden Sal verhalt zu unte!suhen, und zu dielem Ende das Verlangen gestelll daß uns die Möulichkeit geboten wird, mit dem Konsul Prochasfa " direkte Verbindung zu treten. Die diesbe:üalien Verhandlun! find noch nicht been?et, nahdem die serbishe Regierung erklärt 4 bei den Miltitärbehörden bezüglih der Entsendung eines K. K. Kurict

nach Prizrend auf Schwiertgkeiten gestoßen zu sein. Aehnliche ‘Schutte sind binfihtlich unseres Konsulats in Mitroviza unternommen worden, dessen Titular, da im von den serbi!chen Militärbehörden die Bewegungbfreiheit genommen

wurde, si veraulaßt sah, zur mündlichen Beriterstattung hierher zu kommen. Wir dürfen erwaiten, daß unseren Wünschen, die vom völferrech!lihen Standpunkt vollkommen begründet find, serbischerseits baldigst Rehnurg getragen wird, und lassen es uns weiter angelegen sein, mit alem Nachdrack auf Wiederherstellung einer normalen Ver- bindung mit den Konsulatsvertretungen hinzuwirken.

Nach den Ausführungen des Ministers wurde die Sißzung geschlossen.

Als Einspruch gegen einen von den serbischen Landtags- parteien veröffentlichten jerbenfreundlihen Aufruf veranstalteten gestern abend die Muselmanen in Serajewo eine große patriotishe Kundgebung. Etwa 4000 Mann zogen zum Konak, wo die Volkshymne gesungen und stürmische Zioiorufe auf den Kaiser Franz Joseph und die Monarchie ausgebracht wurden. Hierauf zog die Menge vor das Rathaus, wo ein muselmanischer Abgeordneter eine patriotishe Ansprache hielt, und ging dann ruhig auseinander.

des Aeußern

Großbritannien und Frland.

Der deutsche Botschafter Fürst Lichnowsky is gestern vom König Georg im Schloß Windsor zur Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens empfangen worden.

In der gestrigen Sißung des Unterhauses, in der von der erregten Stimmung, die die Verhandlungen vom Donnerstag charakterisiert hatten, nihts mehr zu spüren war, gab der Premierminister Asquith laut Meldung des W. T. B.“ folgende Erklärung ab:

Die Regierung . babe dem Appell des Sprechers vom 14. No- vember entsvrochen. Sie glaube ¿war immer noch, daß thr ursprüng- liher Vorschlag der einfacbste 1nd direkteste Weg sei, die Angelegen- heit zu erledig:n. Wenn die N-gicrung jeßt ein anderes Verfahren vorschlage, so tue sie es einerseits aus Widerwillen aegen eine Wieder- fehr ter Unruhen, andererseits weil fie fühle, daß sie den Appell des Sy-echers niht unbeachtet lassen könne. Die Regierung {lage dc8- halb vor, die Finanzresolution, die durch den Antrag Banbury ab- geändert werde, für ungültig zu erklären und eine neue Finanzresoiution einzubringen.

Der ursprüngliche Vorschlag der Regierung, die Annahme des Amendements Banbury rückgängig zu machen, wurde zu- rückgezogen und die finanzielle Resolution ohne Debatte und ohne Abstimmung für ungültig erklärt. Die neue Finanz- resolution wird heute eingebracht werden.

Auf eine hierauf an den Kriegsminister Seely von dem Unionisten W. Joynf on Hicks gerichtete Anfrage, ob er über den Flug eines Zeppelin-Luft\schiffes über Sheerneß am 14. Oktober Mitteilungen machen könne, erwiderte Seely, daß er sich an die Admiralität gewandt habe, ein endgültiger und formeller Bericht jedoh nicht eingegangen sei. Auf eine weitere von Hicks gestellte Frage, ob die Admiralität in der Angelegenheit von Sheerneß einen Bericht erhalten habe, er- widerte der Erste Lord der Admiralität Church ill, er wisse nichts davon, doch würden Nachforschungen angestellt werden.

NußlanD.

Die Kaiserliche Familie is gestern von Spala nach Zarskoje-Sselo zurückgekehrt. Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge hat der E die Reise sehr gut überstanden. Jn den leßten vier Tagen blieb die Temperatur unter 37,0.

e

Spanien.

In der gestrigen Sißzung des Senats erklärte der Ministerpräsident Graf Nomanones, wie „W. T. B.“ be- richtet, der König habe ihn an die Spiye des Kabinetts be- rufen, weil er Präsident der Kammer gewesen und weil der König damit das von der Kammer ihm entgegengebrachte Vertrauen habe bestätigen wollen. Graf Romanones hielt darauf eine Lobrede auf Canalejas, dessen Ansichten und Be- strebungen auch die seinigen seien, und erklärte, daß er voll- kommen die Erbschaft Canalejas' übernehme und dessen parla- mentarisches Programm zu seinem eigenen mache. Zum Schlusse betonte Graf Romanones, daß es die Pflicht der Regierung sei, dem Gese ohne Zögern Geltung zu verschaffen und, Ordnung und Ruhe aufrechtzuerhalten.

Schweden.

Der König und die Königin von Dänemark find, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vormittag in Stockholm ein- getroffen, um dem s{hwedishen Hofe ihren ersten Besuh nach ihrer Thronbesteigung abzustatten. Zum Empfang waren der König Gustav mit dez Königlichen Familie und die Spißen der Militär- und Zivilbehörden ershienen. Abends fand zu Ehren des dänischen Königspaares im Schloß eine Galatafel statt, bei der König Gustav und König Christian sehr herzliche Trink- sprühe wechselten, in denen sie die freundschaftlihen und ver- wandtschaftlihen Bande zwischen beiden Königshäusern und die alten Freundschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern betonten.

Türkei.

Die Schlacht bei Tschataldscha ist seit gestern vor- mittag wieder im Gange. Nach einem amtlihen Telegramm des türkishen Oberbefehlshabers dauert der Artilleriekampf mit geringerer Stärke als vorgestern auf der ganzen Linie fort. Die bulgarische Jnfanterie, die an einigen Punkten vor- zurücken versuchte, wurde zurückgeworfen. Der Kommandant der Schwarzmeerflotte telegraphiert, der Donner der bulga- rischen Gesche entferne sich immer mehr, woraus er schließe, daß die Bulgaren sich gegen Tschorlu zurückzögen.

Die Serben haben nah einer Meldung des e,W. T. B.“ gestern Monastir einaenommen. Sämtliche türkischen Generale, darunter Zekki Pascha und der frühere türkishe Gesandte in Belgrad Fethi Pascha, sowie vierzigtausend Soldaten wurden zu Gefangenen gemacht.

Der montenegrinische General Martin owit\ch meldet

obiger Quelle zufolge dem Hauptquartier, daß nah der Ein-

nahme von Giovanni di Medua durch die Montenegriner ung. fähr 3000 Türken versuchten, die Eroberer aus den ge- wonnenen Stellungen zu vertreiben. Nach heftigem, mehr- stündigen Kampfe gelang es den Montenegrinern, die Türken mit erheblichen Verlusten zurückzuschlagen und zu zerstreuen. Die Griechen unter Zahos haben nah ihrer Landung auf der Halbinsel Kassandra die türkischen Behörden ver- jagt und die griechishe Flagge in zwölf Dörfern der Halbinsel

gehißt. Die jenseits der Halbinsel gelegenen Städte Polygiros und Lavdos find mit ihrer Umgegend beseßt worden. Vor- gestern haben die Griechen ferner die Jnsel Jkaria im

Aegäischen Meere besetzt.

Gestern früh haben die ausländischen Kriegs- \chiffe vor Konstantinopel insgesamt 2000 Marinesoldaten gelandet. Wie „W. T. B.“ meldet, wurden von dem deutschen Panzerkreuzer „Goeben“ etwa 450 Mann mit Landungsgeschüßen und Maschinengewehren an Land geseßt. Unter dem Kommando des ersten Offiziers, Korvettenkapitäns Berendes beseßten 11 Offiziere, 5 Fähnrihe und 265 Unteroffiziere und Ma- trosen die deutshe Botschaft, 2 Offiziere, 8 Unteroffiziere und 53 Mann die belgische Gesandtschaft und 3 Offiziere, 1 Fähnrich, 15 Unteroffiziere, 77 Mann das deutsche Kranken- haus. Die Matrosen anderer Nationen beseßten rayonweise die anderen Stadtviertel. Der geshüßte Kreuzer „Vineta“ wird vor San Stefano anfern zum Schuß der dortigen Europäer. Das Stations\{hiff} „Loreley“, verstärkt durch einen Offizier und 50 Mann der „Goeben“, geht nah Haidar Pascha und beseßt den E Bahnhof. Kleine Stationäre der verschiedenen Mächte ankern vor den größeren Villenorten längs des Bosporus. Die Stadt is volllommeu ruhig.

Die Pforte veröffentlicht eine amtlihe Bekanntmachung über die Landung der fremden Truppen, die obiger Quelle zu- folge besagt:

Die fremden Gesandtschafien haben, um den Bitten ihrer Unter- tanen, die die Lage im Lande nicht kennen und von Furcht ergriffen sind, ein Ende zu machen, um die Landung von Truppen gebeten. Die Pforte hat, um sie zu beruhigen, die Landung genehmigt. In- dessen hat nichts im Lande diese Maßregeln gegen jede Möglichkeit notroendig gemacht, und es besteht kein Grund für die Bevölkerung, sich dur die ven den Fremden gebeten Befürchtungen beeinflussen zu lassen. Die Armee von Tschataldsha ist zu erfolgreiher Ver- teidigung fähig. Deshalb soll niemand auf die Gerüchte achten, die von Üebelwollenden verbreitet werden, um die Fremden einzus{chüchtern, und jeder soll rubig und vertrauensvoll seinen Arbeit:n nachgehen.

Das Scheich-ul-Jslamat hat an alle religiösen Kadis in Anatolien und Arabien ein Telegramm gerichtet, in dem es die Notwendigkeit hervorhebt, daß während des Balkan- frieges überall Ordnung herrsche und die Eintracht unter den verschiedenen Teilen der Bevölkerung noch erhöht werde. Das Scheriat sichere Mohammedanern wie Nichtmohammedanern Gleichheit zu. Die Kadis werden aufgefordert, die Bevölkerung hierüber aufzuklären, da sie niht durch die Einflüsterungen von Agitatoren getäuscht werden dürfe.

Eine albanesishe Abordnung unter der Führung des früheren Walis von Beirut, Halil Pascha hat den Bot- schaften in Konstantinopel ein Memorandum mit der Ueber- chrift „Ein Appell des albanesishen Volks an die Großmächte“ überreicht, worin laut Meldung des „W. T. B.“ erklärt wird, daß die Albanesen keine Aenderung des territorialen status quo der europäischen Türkei zulassen würden, die geeignet wäre, die Nechte der Albanesen zu beeinträchtigen. Die Großmächte werden inständig ersucht, die ethnishe und politische Eristenz der Albanesen zu verbürgen.

Numänien.

Jn einer vorgestern in Bukarest abgehaltenen außerordent- lichen Versammlung der makedo-rumänischen Gesell- \chaft wurde, wie „W. T. B.“ meldet, ein Beschluß gefaßt, worin die rumänische Regierung aufgefordert wird, zum Schutze der in Mazedonien lebenden Aromunen (Zinzaren oder Kußowalachen), für deren nationale und kirhlihe Jnteressen der rumänishe Staat bisher Millionen ausgegeben habe, energische Schritte zu unternehmen.

Serbien.

Der Ministerpräsident Pasitsch hat auf die Vorstellungen der diplomatischen Vertreter Desterreih-Ungarns, Deutschlands und Jtaliens nach einer Meldung des „W. T. B.“ erwidert, daß die Verhandlung über den türkischen Küstenstrich in der Adria auf den Zeitpunkt vertagt werden müsse, in dem die endgültigen Ergebnisse des gegenwärtigen Konflikts zwischen Serbien und der Türkei ersichtlih sein würden.

Asien.

Eine Gruppe zahlreicher mongolisher Würdenträger, die fürzlih in Peking angekommen ist, hat eine Kundgebung veröffentlicht, in der nach einer Meldung des „W. T. B.“ gegen die Erklärung der Unabhängigkeit seitens des Hutuchtu in Urga Einspruch erhoben, der Vertrag mit Rußland zurückgewiesen und erklärt wird, daß ein Kreis von Rebellen, der weniger als ein Zehntel der Mongolei umfasse, unmöglich sih das Recht anmaßen dürfe, über die politischen Geschicke der Mongolei zu bestimmen.

Afrika.

Wie die „Kölnische Zeitung“ aus Monrovia meldet, ist die Lage im Aufstandsgebiet unverändert. Sämtliche bedrohten Deutschen sind an Bord des „Panther“ gebraht. Eine große ah! Kruneger erwartet einen Angriff seitens dcr liberischen Soldaten von der Seite des New Ceß-Flusses her.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Entwurf eines Geseßes über den Verkehr mit Leuchtöl und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend vor- übergehende Zollerleihterung bei der Fleisch- einfuhr, sind dem Reichstage zugegangen.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Nio de Janeiro meldet ,W. T. B.*, daß in Santos ein Ausstand der Fuhrleute autgebrochen ist.

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Ersten Beilage.)

Literatur.

Georg Hirths Formenshaz (München und Leipzig, G. Hirths Kunstverlag) bietet auch in seinen neuesten Nummern wieder eine Menge interessanten und lehrreihen Materials. Jn den Heften 4—12 des 35. Jahrgangs, die uns dieèmal vorliegen, fesseln ganz besonders die Schätze des Großherzoglihen Museums in Schwerin, von denen das meiste hier zum erstenmal veröffentlicht wird. Von der Bronzezeit bis ins 19. Jahrhundert reichen die kunst- gewerblichen Gegenstände, aus der: n reiher Fülle wir nur wentges hervor- hiben: eine Kasserolle aus Silber und eine Bronzekanne, beide mecklen- burgishen Grabfunden entslammend und in den Anfang der christlichen Zeitrehnung zurückreichend, die her:lihe Marmorbüste Homers, die 1868 bei Terracina zutage kam; eine Reihe kihliher Bronzearbeiten,

die in Norddeutshland im 13. Jahrbundert entstanden find. Die italienishe Renaissance ist dur eines jener fostbaren Kirhengewänder (Casula aus Seidensamt) vertreten, die ih gerade in nordishen Katbedralen, wo die Reformation fie früh außer Gebrauch ette, am zahlreihsten erhalten haben die deutsde durch vrähtige Gelè- \hmiedearbeiten und Möbel, sowohl aus den süddeutshen Hauptsigen des Kunstgewerbes, wie auch aus Me:enburg felbst. Auch die figürlihe Holzplastik des Landes lernt man an einer thronenden Madonna schätzen, die in der feierlichen Gebundenheit des Ge- wandstils fh den besten Arbeiten aus dem frühen 15. Jahr- huúñdert an die Seite stellen darf. Das Rokoko steuert neben feinen Porzellangruppen besonders eines jener föstiich geieihneten, flotten MWirtshausschilder bei, die zum Glück noch nicht alle in die Museen gewandert sind. Diesmal handelt es sich um das Ausbängeschild der Schweriner Tischlerherberge, ein Stück, das an Reichtum, Klarheit und Eigenart des Entwurfs seinesgleichen sucht.

Aus dem übrigen Jnbalt machen wir nur aufmerksam auf die geistvollen Entwürfe Bibienas zu Theaterdekorationen aus dem Gebiet der Architektur, und unter den Gemälden auf den Furini (Acis und Galatea) sowie die merkwürdige niederländische Landschaft um 1530, beide aus dem Besiy von Dr. E. Bassermann-Jordan. Bei dem letzteren Bild ist die Historie (Flut nah Aegypten) jeden- falls zur völlig nebensählichen Staffage geworden, und es ist niht un- mögli, mit dem Herausgeber hier die früheste uns erhaltcne reine Landschaftsdarstellung zu finden. Cin ganzes Heft ist der byzantinishen Kirhenarchitektur des 9. bis 15. Jahrhunderts gewidmet und gibt von den für viele unzugänglißhen Monumenten in Thessalien, Phokis und Lakonien recht anschaulihe Vorstellungen.

Darf man einen Wunsch äußern, so betrifft er weniger die Nah- bildungen selbst diese sind fast durchweg von lobenswerter Deut- lihkeit —, sondern die beigefügten Notizen. Der Text auf den Um- lägen, soweit er nur die Bildunterschrift wiederholt, wäre wohl

entbehrlih. Aber mit Freuden würde man vor allem bei den plastisGen A. beiten eine Angabe der Originalmaße begrüßen. T. D

In einem (7.) Ergänzungéheft der „Zeitschrift für den deuischen Unterricht“ ist ein ausführlicher Bericht über die am 29. Mai d. I. in Frankfurt a. M. gepflogenen Verhandlungen bei der Gründung des deutshen Germanisten-Verbandes "ver- öffentliht. (Verlag von B. G. Teubrer in Leipzig und Berlin.)

Bautwoesen.

Veber die am vergangenen Sonnabend in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs eingeweibhte und eröffnete Tal- \perre bei Mauer am Bober sind hier bereits einige Angaben gemat worden (vergl. Nr. 274 d. Bl.). Sie mögen heute aus aus- führlichen Mitteilungen ergän;t werden, die das „Zentralblatt der Bauverwaltung" in seiner Nummer 93 vom 16. d. M. ver- öffentliht hat. Die Talsperre bei Mauer bildet mit der- jenigen bei Marklissa am Queis gewissermaßen das NRük- rat der aus Anlaß des \ch{lesis hen Hochwassershußzes im uli 1900 an den Abflüssen der Sudeten auf preußtisch:m Gebiete geschaffenen Hochwassershutßzanlagen, zu denen außer diesen beiden großen Talsperren noch eine große Anzahl kleinerer Stauweiher, Geröllsperren, Sohlschwellen, Fluß- und Uferbefestigungswerke gehören. Nach vorhandenen Chroniken find große Hochfluten in den Jahren 1432, 1566, 1608, 1702, 1766, 1804, 1858, 1888 und 1897 tur das Bobertal gegangen und haben unberehenbaren Schadey an Fluren und Feldern, Wohnstätten und Menschenleben ver- ursaht. Die: Lalsperre bet Mauer hat in erster Linie die Aufgabe, diese gewaltigen Hochwassermassen so weit zurück- zuhalten, daß fünftig Schäden vermieden werden. Nach den Auf- zeihnungen über die Wasserstände an den Lähner Kirhen kann angenommen werden, daß die Hochflut vom 30. Juli 1897 die größte war, die je der Bober erzeugt hat. Die größte sekundliche Abflußmenge war an diesem Tage bei Mauer auf etrva 1200 cbm geshäßt. Diese Abflußmenge soll durch die Zurückhaltung der Tal- \sperre auf 250 cbm/Sek. verringert werden. Die - Sperre liegt im Bober, in der Luftlinie gemessen, etwa 10 km unterhalb der Stadt Hirschberg. Sie ist mit einem Bogen von 250 m Halb- messer zwischen dite Felswände an einer Stelle des Bobertales gespannt, die mit ihren anetnandertretenden steilen, über 10 ' m boben Felswänden {on wie von der Natur für die Errichtung einer Talsperre vorbestimmt ersheint. Sie ist an der Krone 280 m, an der Talschle 140 m lang, * die dur{\schrittlihe Höhe beträat 62 m über der natürlichen Talsoble. Die Mauer ist am Fuße 50 m, an der Krone 7,5 m breit und hat einen Inhalt an Bruchsteinmauerwerk von 254 000 cbm. Das dur die Mauer geschaffene Staubecken hat einen Fassungsraum von 50000000 cbm mit einer Stauspiegelflähe von 240 ha bei 81 km Lnge im Boberlaufe gemessen; sie \perrt ein Niederschlags- gebiet von 1210 qkm ab. Die Wasserseite der Sperrmauer ist durch eine d cm starke Verpußschicht abgedichtet. Unten, an ihrer linken Seite, wo früher das Boberbett war, sind zwei stollenartige Grundabläfse angebracht, in denen Rohre von 1,50 m Durbmesser ltegen, die an der Wasserseite wie an der Luftseite je einen Schiebevershluß haben. Durch die Sperrmauer sind ferner vier 1,60 m weite, mit Eisen- flinkern au8gemauerte Zuleitungen nach den Turbinen des Kraft- weikes geführt. Am linken Flügel der Sperrmauer befindet sich ein freter Hochwasserüberlauf, der in der Sekunde 400 bis 50 cbm Wasser überleiten kann. Während der Bauzeit wurde der Bober dur einen 400 m langen Tunnel umgeleitet ; jeßt ist dieser Tunnel auf 10 m Länge durch etnen Betonpfropfen abgeschlossen, in dem die sogenannten Grundablaßrohre mit doppelten Schiebeverschlüssen an- O sind. Die in der Sperrmauer und im Umlaufitollen vor- andenen fünf Grundablaßrohre fönnen bet gefülltem Staubecken 250 chm Wasser in der Sekunde abführen. Die Gesamtleistung des unmittelbar am Fuße der Sperrmauer angelegten und mit vier Francis- Zwillingsspiralturbinen auëgestattetem Kraftwerkes beträgt gewöhn- li 7200 PS., und fann äußerstenfalls bei entsprehendem Wafserstande im Staubecken bis auf 8000 PS gesleige:t werden. Die durschnitt- lihe Wasserkraft der Talsperre ist zu 3000 PS. während 24 Stunden anzunehmen, sodaß im ganzen 16 Milltonen Kilowatt-Stunden jähr- lih an der Talsperre erzeugt werden können. Die mit den Turbinen elastisch verkoppelten 4 Drebhstromgeneratoren find für eine Leistung von je. 1550 K VA bei einer Spannung von 10 000 Volt eingerichtet. Das Kraft- werk der Talsperre wird mit demjenigen dec Taisperre bei Marklifsa in einem gemeinsamen Hochspannungänetß arbeiten, das die Kreise Hirschberg, Löwenberg, Lauban, Schônau, Goldberg-Haynau und Bunzlau umfaßt. An dieses Net, das bisher allein von dem Kraft- werk bei Marklissa und seinen Hilfsanlagen versorgt wurde, sind hon jeßt 14 Städte und etwa 154 Dörfer mit einem Anschlußwert von 15800 KW angeshlossen. Da der Hochwassershuß die vor- wiegende Bestimmung der Talsperre ist, kann leider der für den Ausgleich der sehr unregelmäßigen Wasserführungen des Bober \o wertvolle Stauraum der Talsperre zum größten Teil nicht ausgenußt werden. Als Staugrenze sind für die hohwassergefäbhrlißen Sommermonate 20 Millionen, für die Winter- monate 30 Millionen Kubikmeter in Aussicht genommen. Um auch in Zeiten der Trockenbeit die Lieferung der Elektrizität sicher zu stellen, mukten Hilfékrafistellen von vo:nhercin in Betracht genommen werden. Diese Hilfskräfte liefert das Dampfkraftwerk der Niederschlesischen Elektrizitäts- und K!einbabn-Aktiengesellshaft in Waldenbur und z¿. T. auh das Dampfkraftwerk der Stadt Görliß an ihrem Braun- kohlenlager bei Kohlfurt.

Theater und Musik.

Deutsches Schauspielhaus.

August Strindbergs Komödie in vier Akten , Kameraden wurde gestern im Deutschen Schauspielhause zum ersten Male auf- geführt. Auch in dieser Komödie dreht \sich die Handlung um den