1893 / 228 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Sep 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Kampvfgewühl auf dem Manöverfelde unbeirrt und ruhig seinen Gang. Ein flüchtiger Blick genügte, um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß man es da mit einem wahren uster cines Verpflegs- | ements auf dem Manöverfelde zu thun habe. In einem der

Zelte lagen auf Stroh über 20 000 Portionen von vortrefflicher Güte für Fahungen bereit. Andere Zelte dienten dazu, das Brot in zerlegbaren Trögen und auf zerlegbaren Platten zu be- reiten. Eine Feldbäckerei von zehn Backöfen stand bereit, jeden Augenblick frisches Brot zu backen. Ein Stoß von Säcken voller Vehl, bedeckt von wasserdichten Decken, erhob sich nebenan, während ein Rammbrunnen das zur Brotbereitung nöthige Wasser lieferte. Das Magazin bestand aus einem Schuppen von hundert Metern Länge und fechs Metern Breite und barg Hunderttausende Portionen von Suppen, Gemüse, Kaffeeconserven u. st. w. Die Ver- pflegsbeamten lagen ihrem Dienste mit hingebungsvollem Eifer ob, während mehrere Intendanturbeamte mit dem General-Intendanten der Manöver-Oberleitung an der Spiße den Verpflegsdienst beauf- sichtiaten und controlirten. :

Eine aufmerksame Beobachtung des Feuerkampfes bei Warasdorf ließ einen charakteristishen Zug der Manöver mit rauchs{chwacchem Fee wahrnehmen. Die dunkelblaue Uniformfarbe der Infanterie teht in vollstem Einklange mit der Eigenschaft des rauhschwadcen Pulvers, den Sen über Aufstellung und Stärke der eigenen Infanterie, beziehungsweise Artillerie im Unklaren zu lassen. Wiewohl bei Waras- dorf heute ganze Corps in offenem, unbedecktem Terrain gegen einander kämpften, war es doch äußerst shwer, Schwarmlinie sowie geschlossene Abtheilungen wegen ihrer dunklen Uniformfarbe im Terrain genau wahr- zunehmen. Diese Beobachtung wurde von einem als Autorität an- erkannten fremdländishen Offizier gemaht. Ein weiteres erfreuliches Moment liegt darin, daß selbst die kritishen Augen der fremdländischen militärishen Fahmänner beim Manövriren zwischen den Truppen der gemeinsamen Armee und der ungarischen Landwehr feinen ins Gewicht fallenden Unterschied zu erkennen vermohten. Sie erklärten, daß weder in der Feuerdisciplin, noch in der Nuhe und Ordnung ihres Verhaltens im Gefecht die ungarische Landwehr der Linie nachstehe.

Auch heute folgten die Majestäten und Fürstlichkeiten mit un- vermindertem Snteressé wie an den beiden Vortagen dem Manöver- verlaufe. Anfangs hatten Allerhöchstdieselben insgesammt auf der Höhe nächst Warasdorf ihren Standpunkt genommen, nur König Albert von Sachsen war gleich zu Beginn auf den linken Flügel der Südpartei geritten und sah von dort dem vorausfihtlihen Hervor- brechen des 2. Corps der Nordpartei aus den Waldungen entgegen. Nachher verfügten Sih auch Ihre Majestäten Kaiser Franz Joseph und Kaiser Wilhelm dahin, desgleichen Herzog von Connaught, Prinz Leopold von Bayern, sowie die sämmtlichen Erzherzoge. Sowohl die Majestäten wie die Fürstlihkeiten verfolgten sodann den Stoß des 2. Corps in die linke Flanke und in den Nücken der Südpartei bis zum Rückzuge dieser leßteren. Kaiser Wilhelm ritt hierauf in gestretem Galopp nach dem entgegengeseßten östlichen

lügel beider Parteien. Kaiser ires Ioseph folgte den Rückzugékämpfen der Südparteti is Langenthal, wo das leßte Rückzugsgefeht stattfand. Gegen 1 Uhr 30 Minuten Nahmit? tags ritten die Majestäten und Prinzen vom Manöverfelde bis Unter-

ullendorf und kehrten von dort zu Wagen nah Güns zurück, wo- elbst um halb 3 Uhr die Ankunft erfolgte. Das Wetter, anfangs prachtvoll, {lug gegen Mittag in einen starken, empfindlich kalten Wind um, welcher die rückmarschirenden Colonnen in dichte Staub- massen hüllte. A j S

Ueber den gestrigen (leßten) Man övertag berichtet „W. T. B.“: Der leßte Manövertag bildete nah dem Urtheil der erlauchten Gäste und des Kaisers Franz Joseph den Glanz- punkt des ganzen Manövers. Um das nördliche Vorterrain von Güns zu behaupten, hatte sich die zweite Armee im Laufe der Nacht nach dem Rabnizbache hin verstärkt, und es entwickelte sich ein großartiger Kampf auf einer Schlachtlinie von 20 km. Um 11 Uhr Vormittags unternahmen sämmtliche 6 Jnfanterie- Divisionen der ersten Armee einen entscheidenden concentrischen Angriff auf die sehr starken Stellungen der zweiten Armee auf der Höhe oberhalb Loisdorf, Mannersdorf und Kloster- Marienberg. Jn dem Augenblick, wo die 24 Bataillone der zweiten Armee den rash andrängenden 30 Bataillonen der ersten Armee unter furchtbarem Feuergetöse ent- egenstürzten, ließ der Kaiser abblasen: das Manöver und Fomit die diesjährige Manöverperiode fanden um 121/, Uhr ihren Abshluß. Die Majestäten und die Fürstlichkeiten hatten alle Phasen des Manövers mit der gespanntesten Aufmerkjsam- keit verfolgt. Seine Majestät der Kaiser Wilhelm gab wieder- holt Seiner hohen E über die Action der Jnfanterie und der Artillerie Ausdruck. Der König von Sachsen äußerte Sich ebenfalls sehr anerkennend über beide Waffengattungen.

Nach dem Schluß der Manöver hielt der Kaiser Franz Joseph an die versammelten Erzherzoge, mit dem Chef der Manöver-Oberleitung Erzherzog Albreht an der Spiße, ferner B die Generalität und die Generalstabs-Offiziere eine An- S2 E der Manöver ausdrückte. Dem Erzherzog Albreht sprach der Kaiser seinen wärmsten Dank für die aufopfernde und hingebungsvolle Leitung der Manöver aus. Dem Chef des Generalstabs FZM. Freiherrn von Bek zollte der Kaiser die höchste Anerkennung für die so kriegsmäßige Anlage der Manöver. Den Armee - Commandanten , Corps- - Commandanten und Generalstabs-Offizieren dankte der Monarch für die gelungene Durchführung der Manöver und zollte den Truppen aller Waffengattungen uneingeschränktes Lob. :

Kaiser Franz Joseph hat einen Armeebefehl erlassen, in welchem er seine hohe Befriedigung über den kriegsgemäßen Ent- wurf und die Ausführung der Manöver ausspricht, die Kriegs- tüchtigkeit aller beiheiligten Truppen der Armee und der beiden Landwehren mit Anerkennung hervorhebt und seine besondere Befriedigung darüber betont, daß infolge des zielbewußten Vorgehens sämmtlicher berufenen Factoren und infolge der herrshenden Disciplin der csundheitszustand der Truppen ein ausgezeichneter geblieben sei. Der Armeebefehl {ließt mit dem Hinweis, daß der Kaiser und die Monarchie voll Vertrauen auf die ganze Wehrkraft blicken, welhe mit ununterbrochener Ausdauer sih der Vervollklommnung ihrer Ste widme und sih aller Pflichten vollkommen be- wußt sei.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Wien hat Seine Majestät der Kaiser Wilhelm dem Jhm zugetheilten Corps-Commandanten, General der Cavallerie Prinzen zu Windischgräß den Schwarzen Adler-Orden verliehen.

Für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schlusse des Monats August 1893 sind von Einnahmen (einschließlich der creditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauch ssteuern sowie von anderen Einnahmen im Deutschen Reich zur Anschreibung “omg t:

Ö e 139201477 M (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres

27 533571 6), Tabacfiteuer 3 825 756 M (+ 164 152 M6), M 1 688328 M (-++ 51 393 757 M), Quer euer 26 833032 M Gi 4555 057 Je), Salzsteuer 15 958 384 M (4- 637 906 M6), aischbottih- und Branntweinmaterial- steuer 975 230 M (— 1 903324 M), Verbrauchsabgabe von

in welcher er seine Anerkennung über den Verlauf

Branntwein und Zuschlag zu derselben 47 814 832 í#. (+ 4701220 M), Brausteuer 11 750 602 4/6 (+ 683 855 M), Uebergangsabgabe von Vier 1468797 (+ 74897 H); Summe 246139782 M (+ 32773949 M). Spiel- fartenstempel 404559 Æ (4+ 9851 M), Wedchsel- pie af 3386119 M (+ 131 140 M), Stempelsteuer ur: a. Werthpapiere 1 298236 na 17 064 M), b. Kauf: und sonstige Anschaffungsgeschäfste 3529 501 (— 304293 6), c. Loose zu: Privatlotterien 958 806 6 + 60542 M), Staatslotterien 2418 630 M (— 161 262 A). os- und Telegraphen - Verwaltung 102053 844 Æ# (+ 4 847 705 M6), Reichs-Eisenbahn-Verwaltung 25 919 000 46 (+ 945 000 46). E Die zur Reichskasse gelangte Js - Einnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende August 1893: Zölle 125156382 A6 (— 32 902347 M), Tabadsteuer 3 358 964 M (— 27220 M), Budermaterialsteuer 1681 206 M (— 18490180 6), Zudersteuer 831 081815 M, darunter Verbrauchsabgabe nah dem Geseß vom 7. Juli 1887 = 1376 288 M. (+ 9260529 M6), Salzsteuer 16 209 607 M Cl 678 947 46), Maischbottih- und Branntweinmaterialsteuer 5 387 003 A (— 1486113 A), Verbrauchsabgabe von Brannt- wein und Zuschlag zu derselben 42 020 488 M (+ 1798 821 4), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 11 235 895 #6 (+ 640 790 6), Summe 233 768 948 M (— 40 526 773 M). Spielkartenstempel 484 110 (— 15684 M).

Nachdem der Colonialrath in seiner Mittwoh-Sißung sich noh mit der Frage der Errichtung von Privat-Transit- lagern in Togo, sowie mit der Frage der ausschließlichen Handelsberechtigungen in Kamerun beschäftigt hatte, tagte am Donnerstag Vormittag die Commission für die Berathung des Entwurfs der Enteignungs-Verordnung für Ost-Afrika. Um 2 Uhr trat sodann der Colonialrath zu einer weiteren Plenar- sizung zusamraen und seßte zunächst die Verhandlungen über die Fürsorge für die befreiten Sklaven fort. Nach längerer Debatte einigte sih die R auf folgende, die ge- stellten einzelnen Anträge zusammenfassende Resolution :

„Der Colonialrath empfiehlt im Ans{chluß an Art. VI und XVIII der Brüsseler Generalacte, sofern es niht möglich ift, die infolge des Anhaltens oder der Auflösung eines Sklaventransports freigewordenen Sklaven in ihr Heimathland zurückzusenden und ihren Familien zurückzugeben, :

1) für die Erziehung und Unterbringung der verlassenen Kinder in geeignet erscheinenden Anstalten, z. B. den Waisenhäusern der Missionen oder in geeigneten Familien wie bisher Sorge zu tragen,

2) den Erwachsenen, soweit denselben eine ihre Fretheit und ihren Unterhalt sihernde Arbeitsgelegenheit niht verschafft werden kann, zu einer seßhaften Unterkunft behilflih zu sein.

Für diese Ansiedelung sind zu wählen entweder bereits bestehende Niederlassungen, in welchen die befreiten Sklaven an Volksgenossen Vorbilder der Arbeit und der Gesittung finden, oder falls dies nach örtlichen Verhältnissen niht möglich erscheint, ist die Anlage befon- derer Stationen in Ausficht zu nehmen. In diesen Ansiedelungen sollen die befreiten Sklaven in den Stand gelegt werden, sich ihre Eristenzmittel hauptsählih durch Ackerbau selbst zu verschaffen. Die Ordnung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit soll sich thunlichst den einfachen afrikanishen Verhältnissen anschließen. Für Förderung der Erziehung und Gesittung ist die Mitarbeit der Mission in An- spruch zu nehmen.“

Der Colonialrath ging sodann zur Berathung der Etatsentwürfe über und begann mit dem - Etat für das Schußgebiet in Kamerun. Hierbei wurde auf Anregung des Freiherrn von Tucher die bci der Balinga:-Station eingetretene Katastrophe zur Sprache gebracht, bei welcher der Premier-Lieutenant von Volckammer seinen Tod gefunden hat. Seitens des mit den Verhältnissen an Ort und Stelle vertrauten Haüptmanns Morgen und von dem Vorsißenden wurden die erforderlihen Aufklärungen mit dem Hinzufügen gegeben, daß cin abschließendes Urtheil erst möglich sein werde, wenn der in der nächsten Zeit erwartete Freiherr von Stetten von seiner Expedition zurückgekehrt sein wird.

Nach Sch{chluß der Plenarsißung trat die Commission für n Enteignungs-Verordnung zu nochmaliger Sißung zu- ammen.

Jn der heutigen Sißung des Colonialraths wurden die Berathungen der Etats fortgeseßt. Bei dem Etat für Kamerun sprach sich der Colonialrath auf Anregung und auf An- trag des Herrn Woermann für Durchführung des deutschen Maß-, Münz- und Gewichtssystems aus. Der Etat für Togo wurde ohne weitere Debatte durchberathen. Bei dem Etat für Südwest-Afrika wurde die Lage der dortigen Verhältnisse besonders auch im Hinblick auf die gegenwärtigen Kämpfe mit Hendrik Witbooi einer eingehenden Be- sprechung unterzogen. Jungleichen wurde auf die mangel: hafte Verbindung des Schußgebietes mit dem Mutter- lande, sowie auf die M der Anlegung einer ge- sicherten Landungsstele an der Swachaub- Mündung hin- gewiesen. Der Colonialrath war darüber einig, daß eine wirk- jame Niederwerfung Witbooi’'s mit allen Mitteln erstrebt werden müsse und nahm in diesem Sinne folgende An- träge an:

1) Der Colonialrath hält es für nöthig, dem gegenwär- tigen Kriegs8zustand in Südwest - Afrika und den damit verbundenen Mißständen ein shleuniges Ende zu bereiten und ersucht den Herrn Reichskanzler, fortgeseßt die hierzu geeigneten Maßregeln zu ergreifen.

2) Er hat mit Befriedigung Kenntniß genommen, daß die Bemühungen der Regierung fortgesezt auf die Verbesserung der Post- und Telegraphenverbindung, sowie auf Gewinnung einer gesicherten Landungsstele an der Swachaub-Mündun gerichtet sind. Zur Vorbereitung der lehteren empfiehlt fich die Verwendung eines ängemessenen Theils des für außer- ordentliche Ausgaben einaaselien Betrages.

Die Berathungen werden heute Nachmittag fortgeseßt und voraussichtlih zu Ende geführt werden.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt sind aus Ham- burg 17 Neuerkrankungen an Cholera, darunter 2 mit tödt- lihem Ausgange, außerdem 1 Sterbefall unter den früher Erkrankten für die Zeit vom 21. bis 22. September Morgens angezeigt worden; aus Altona 1 Erkrankung.

Jn Berlin ist bei zwei Schifferleuten, die mit dem gestern erkrankt gemeldeten Bootsmann auf demselben Fahr- zeuge sih befunden hatten, gleichfalls Cholera nathgewiesen.

Wie bekannt, hat die Welt-A us stellung in Chicago in dem ersten Monat nach ihrer Eröffnung nur einen verhält- nißmäßig geringen Besuch zu verzeichnen gehabt; bei einer Gesammtheit von 1 050 037 zahlenden Besuchern entfallen unter Außerachtlassung der Sonntage, an denen die Ausstellung zu jener Zeit geschlossen gehalten wurde, durchschnittlich 38 890 Personen auf den Tag. Dieses ungünstige Ergebniß darf indessen niht überraschen, da auh die früheren internatio- nalen Ausstellungen unmittelbar nah der Eröffnung nur mäßigen Zuspruchs sich zu erfreuen hatten. Nach Zeitungs- nachrihten aus Chicago wurde die Columbische Welt - Aus- stellung im Juni bereits von 2675113, 1m Juli von 2760 263 zahlenden Personen besucht, während der Monat August die stattlihe Zahl von 3515 493 zahlenden Besuchern aufweist, seinen Vorgänger also um 755230 Besucher über- ragt. Unter Abrehnung der Sonntage, welche nur einen faum nennenswerthen Verkehr im Jackson-Park zeigten, ergiebt sich sonach durchschnittlih ein täglicher Besuch im Juni von 102 8839 zahlenden Personen, im Juli von 106 164 zahlenden Personen, im August von 130203 zahlenden Bersanen, Noch erfreulicher scheint sich das Bild für den laufenden Monat zu gestalten ; denn gemäß den bisher vorliegenden Be- richten wurden am 1. September 126 778, am 2. September 152 063, am 4. September 161 854 Eintrittskarten verkauft. Hiernach stellt sich das Ergebniß weit günstiger, als von manchen Seiten anfangs angenommen wurde, und dürfte bei dem er- fahrungsgemäß wohl zu erwartenden weiteren Fortschreiten der Besuchsziffer kaum erheblih hinter den ursprünglich gehegten Erwartungen zurückbleiben.

Die Directoren haben laut Meldung des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage beschlossen, die Ausstellung am 31. Oktober zu schließen.

Der Regierungs-Rath Meyer is von der Königlichen Regierung in Danzig an diejenige in Magdeburg verseßt worden.

Der neuernannte Regierungs-Assessor von Damnißtz ist dem Landrath des Rheingaukreises überwiesen worden.

Die neuernannten Regierungs - Assessoren Hagemann und Pitsh-Schroener sind den Landräthen der Kreise Berent bezw. Schroda und der Regierungs- Assessor von Krosigk in Magdeburg dem Landrath des Kreises Herford zur eung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.

VadDen.

Für die Ergänzungswahlen zur Zweiten Kammer sind der „Frkf. Ztg.“ ufolge die Wahlmänner - Wahlen auf den tai his Abgeordneten-Wahlen auf den 30. Oktober anberaumt worden.

i Oldenburg.

(H.) Der frühere Großherzoglich oldenburgishe Justiz- Minister Tappenbecck ist am 19. d. M. im 74. Lebensjahr verstorben. Er bekleidete von 1878 bis 1887 den Posten als Vorstand des Departements der Justiz und der Kirchen und Schulen, bis ihn ein. andauerndes körperliches Leiden ver- anlaßte, im April 1887 seinen Abschied zu nehmen.

Schwarzburg-Rudolftadt. ____ Jhre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin sind von ihrer Reise nah Schneeberg in Krain vorgestern wieder in Rudolstadt eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Die Kaiserin ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern Vormittag aus Venedig in Gödöllö eingetroffen.

Die österreichische Regierung hat für den Grenzverkehr mit Futtermitteln nah Deutschland in ähnlicher Weise Erleichterungen von dem österreichischen Futterausfuhr- verbot bewilligt, wie solche deutscherseits Won früher von dem in Deutschland erlassenen Futterausfuhrverbot für den Verkehr an den Grenzen gewährt worden sind.

Gestern trat dem „Frdbl.“ zufolge die österreichi} ch- ungarische Zollconferenz zusammen, um über die vor einigen Wochen übergebenen Vorschläge der Al R Regierung wegen Abschlusses eines Meistbegünjtigungs- vertrags Beschluß zu fassen und den Regierungsvertretern die nöthigen Jnstructionen zu ertheilen. i

Der ungarische Justiz-Minister von Szilag yi präsidirte am Dienstag in Harkany dem Ober-Baranyaer reformirten Kirchenconvente. Nachmittags fand ein Banket statt, wobei der Minister, der in einem Toaste als Vorkämpfer des wahren Liberalismus gefeiert wurde, mit einer längeren Tischrede antwortete. Er erklärte, es freue ihn, die Seelsorger und Lehrer der reformirten Kirche vereint nah den gemeinsamen E ielen streben zu sehen. Dies freue n umsomehr, weil für die Seelsorger aller Confessionen die Prüfungszeit ihrer politishen Ueber- zeugung herannahe. Man fasse die Wegtaufungsfrage, wie au die auf dem Tapet befindlichen kirchenpolitischen

ragen falsch auf. Der Liberalismus gefährde den

lauben niht, denn er sei der treueste Freund der Religion, da er jeder Religion die Freiheit gebe. Der Minister fürchte daher nicht für die Religion, die unter der Fahne des. Liberalismus stark geworden jä. Deshalb wünsche jeder Reformirte die Gleichberehtigung der Religionen, niht dem Liberalismus zuliebe, sondern aus Ueberzeugung. Der V ae erhob sein Glas auf den vereinigten Kampf unter der Fahne des Liberalismus.

Großbritannien und Jrland.

m Unterhause erklärte gestern, einem Bericht des „W. D. D jufolge der Parlaments-Secretär des Colonialamts Buxton, daß die Politik der Regierung, betreffend das Maschonaland, weder unbestimmt no vevänderli gewesen lei Alle ernsten Ruhestörungen im Maschonalande berührten ast siher den Frieden im Betshuanenlande und würden weitreichende Folgen überall in Süd-Afrika haben ; die Regie- rung sei daher ugs en, Sorge zu tragen, daß der Krieg gegen Lobengula dicie leiht begonnen werde. Die üd- afrikanishe Gesellshaft habe volle ads r einem 0- griffe entgegenzutreten, und sei jeßt stärker für eine E Und Ne als vor sechs Wochen. Obwohl die Regierung auf S ung ihrer vorherigen Zustimmung zur Offensive bestehe, stehe es der Südafrikanischen Gesellshaft doch frei, falls

« anstalten wollte und wozu 2500 Personen

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sie von den' Matabeles angegriffen werde, die nöthigen offen- siven Operationen zu unternehmen. Hierauf wurde der Antrag Sir W. Harcourt's, heute die Berathungen bis zum 2. No- vember zu vertagen, angenommen. Bei der Berathung des indischen Budgets bemerkte der Parlaments-Secretär für Jndien George Russel hinsihtlich der jüngsten Maß- P in der Währungsfrage: es sei wichtig, hervor- zuheben, daß die indische Regierung, obschon sie wünsche, daß der Werth der Rupien stabil 16 Pence betrage, dennoch keineswegs versuht habe, diesen Curs festzustellen. Sie habe noch niht einmal beschlossen, ob dieser Curs von 16 Pence permanent festgestellt werden solle oder welche weiteren Maßregeln ergriffen werden sollten, um die Goldwährung effffectiv einzuführen. Falls infolge der bisherigen Maßregeln Gold nah Indien gesandt und der dortigen Regierung gezahlt werde, dürfte der Zeitpunkt, wo Gold geprägt und als legales Zahlungsmittel erklärt werden wird, beshleunigt werden; aber gegenwärtig könne die indische Regierung noch keine Zusage über ihre zukünftige Acticn in dieser Hinsicht machen.

__ Die „Daily News“ theilt mit, Sir Henry Norman sei die Vicekönigs-Würde von Jndien bedingungslos an- geboten worden und ebenso sei die Annahme bedingungslos E Der nachträgliche Verzicht habe die Regierung über- rascht.

Jn der britishen Marine herrsht gegenwärtig eine außergewöhnliche Bauthätigkeit. Jn nächster Zeit wird die Flottenreserve um zwei mächtige Kriegsschiffe verstärkt werden, die auf der Werft von Chatham fertiggestellt worden sind: „Empreß of Zndia“ und „Grafton“. Erstere ist ein Schlacht- [hi erster Klasse von 14 150 t und 13 000 Pferdekräften und am 7. Mai 1891 in Pembroke vom Stapel gelaufen, Der „Grafton“, ein mit einem Schußdeck versehener Kreuzer erster Klasse von 7350 t und 12 090 Pferdekräften, ist am 30. Januar 1892 vom Stapel gelaufen. Die Herstellungskosten bcider Schiffe betragen zusammen 26 724000 4, wovon auf die „Empreß of Jndia“ allein 16932000 M. entfallen. Troß der Höhe der angegebenen Summe muß man dieses Schiff doch als eines der billigsten seiner Art bezeihnen. Man nimmt an, daß es mit ciner Besazung von 650 Köpfen an Stelle des „Rodney“ in das Kanalgeschwader eingestellt werden wird. Nach Beendigung der Flottenmanövex wird der neue Kreuzer „Dheseus“ Line Dampfproben abhalten, um Aa gemaht zu werden. Auh die Jnstand- eßungsarbeiten am Schlachtschiff „Howe“ nehmen einen guten Fortgang und lassen hoffen, daß das Schiff noch vor Jahres- \chluß wieder seedienslfähig sein wird. Mehr als 1000 Mann sind mit den Arbeiten an dem „Howe“ beschäftigt. Die Vorbereitungsarbeiten zum Bau des Kreuzers zweiter Klasse „Eclipse“ sind so weit gediehen, daß binnen kurzem auf der Werft zu Portsmouth der Kiel wird "gestreckt werden können. Die „Eclipse“ soll nah einem ganz besonderen Plane gebaut werden und manche Ver- besserungen erhalten, die ih als wünschenswerth herausgestellt haben. Das Torpedo-Kanonenboot erster Klasse „Speedy“ geht auf der Werft in Chiswick rasch seiner- Vollendung ent- aen, Die Admiralität. hat angeordnet, daß die neuen Torpedobootsjäger „Ferret“ und „Lynk“ nach erfolgter Fertig- es der Werftreserve in Devonport überwiesen werden. Auch jollen zwei neue Sloops, die die Namen „Tork“ und „Alest“ führen werden, auf Stapel gelegt werden.

Frankreich.

Das Programm der Feste O des russischen Flottenbesuhs wird erst im nächsten Ministerrath, der voraussichtlich am 28. d. M. abgehalten werden wird, fest- gestellt werden. Bisher giebt es lediglich nur Projecte. Die Regierung scheint aber Do jeßt entschlossen zu sein, die meisten der. vorgeschlagenen Festlichkeiten abzulehnen. Nach einer Mittheilung dex „Magdb, Zig“ würde außer der Vorstellung in der Oper, dem Empfang im Elysée und dem Ball im Rathhaufe kein weiteres Fest statt- finden ; insbesondere habe der Minister des Aeußern Develle das Bankett, das die Presse zu Ehren der russishen Gäste ver- ; n geladen werden sollten , verworfen. Ueberdies habe die Regierung verfügt, daß außer den hierzu berufenen amtlichen Persönlichkeiten niemand Ansprachen an die Russen halten dürfe.

Ftalien.

Der Ministerrath hat seine Berathungen über die Er- hebung der Eingangszölle in Gold beendigt und sich, dem „W. T. B.“ zufolge, dahin entschieden, daß bei der gegenwärtigen Marktlage eine solhe Maßregel nicht opportun sei. i

Serbien.

Der König ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern na Belgrad zurückgekehrt und bei seinem Eintreffen festli empfangen worden.

__ Nah einer Mittheilung des Finanz-Ministeriums betrugen die Zolleinnahmen im ersten Halbjahr 1893 5 498 083,60 Dinars gegen 3 978 058,96 Dinars im ersten Halbjahr 1892, mithin mehr 1 520 02464 Dinars.

Bulgarien.

L Der Redacteur des Oppositionsblatis „Swobodno Slowo“, der in fünf Fällen der Verleumdung Stambulow's sowie anderer Beamter angeklagt war, ist, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt worden.

Amerika,

__ Eine dem E erald“ aus Montevideo zuge- gangene Depesche meldet, daß der Admiral Custodio de

ello bei der Einnahme von Nictheroy eine große Menge von Kohlen, Lebensmitteln und Munition erobert e Die Regierungstruppen hätten 60 Todte und 120 erwundete verloren. Die telegraphischen Verbindungen eien mit allen Theilen Brasiliens wiederhecgestellt, doh wür- en keine politischen Depeschen angenommen. Handels: depeschen in offener Sprache würden ohne Aufenthalt befördert. Der Staat San Paolo solle sih für die Jusurgenten erklärt gien, Alle Anzeichen wiesen auf einen Erfolg der Auf- tändishen hin. Die Garnison des Forts in Rio Grande sei gerne dem Angriff der Aufständischen Widerstand zu leisten. Es bestehe die Absicht, die Stadt gleichzeitig von der Land- und von der Seeseite anzugreifen,

Nah Meldungen des „Reutershen Bureaus“ aus Buenos Aires von gestern haben der Präsident und die Minister die Naht im Re n zugebracht; General Pellegrini ging um 2 Uhr früh mit 15000 Mann auf der

Eisenbahn nah Tucuman ab, um in dieser Provinz die Ruhe wicderherzustellen. Die Aufständischen be- drohen Santiago del Estero. Die Zeitungen sind in Buenos Aires einer strengen Censur unter- worfen. Cordoba ist ruhig; der dortige Gouverneur hat die Nationalgarde mobil gemaht. Die Regierung hat die Generale Levalle und Arredonda nah Mendoza und Cordoba entsandt. Jn Paris eingetroffene Nachrichten besagen, mehrere radicale Führer und in die Ver- shwörung verwickelte Offiziere seien verhaftet und an Bord eines Panzerschiffes gebraht worden. Den Blättern sei die Veröffentlichung von Nachrichten über die Lage verboten. Dem „Reutershhen Bureau“ zufolge betrage die Zahl der ver- hafteten Radicalen etwa dreißig. Der Chef der Radicalen Alem habe nicht ermittelt werden können. Weiteren in Paris eingetroffenen Nachrichten aus Buenos Aires von gestern zufolge haben sih die Truppen von Corrientes empört.

uch die im Parana-Strome stationirten Kanonenboote „Republica“ und „Bermejo“ haben sih aufgelehnt. Die Radicalen haben die Eisenbahnlinie zerstört, um die Ankunft des Generals Pellegrini in Tucuman zu verhindern.

Afrika.

Das General-Secretariat des Congostaats hat nah einem Telegramm des „H. T. B.“ aus Brüssel den dortigen Zeitungen von einem Briefe des Commandanten der Expe- dition am oberen Congo Kenntniß gegeben, worin dieser sage, daß sih unter den Gegenständen, die er den Arabern abge- nommen habe, ein Koffer Emin Pascha’s vorgefunden habe. Dieser enthalte außer dem Koran und einigen anderen Büchern Aufzeichnungen und Documente über die Arbeiten Emin's. Der Tod Emin Pascha’s werde als gewiß angesehen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanien.

Durch Verordnung der Königlih spanishen Regierung vom 16. d. M. ist die gegen Antwerpen und Umgebung angeordnete Quarantäne unter bestimmten Bedingungen aufgehoben worden. (Vgl. „Reichs-Anz.“ Nr. 206 vom 28. August.)

Herkünfte von Hamburg, welche nah dem 4. d. M. von dort abgegangen sind, unterliegen einer Quarantäne.

Schweden.

Durch Bekanntmachung des Commerzcollegiums werden Hamburg und Umgebung, sowie sämmtliche Häfen an der Elbe seit dem 18. d. M. und Lübeck mit Umgebung seit dem 20. d. M. für cholerainficirt erklärt.

Die Königlich E b __ e Köontglich norwegische Regierung hat Hamburg und die übrigen Elbhäfen als choleraverseucht erklärt. 9 /

A i ate E G , LVUrh eine ofort in Kraft getretene Bekanntmachung des König- lih dänischen Justiz-Ministeriums vom 19. d. M. sind die Vorscbriften des Geseßes vom_2. Juli 1880 über die gesundheitspolizeilihe Unter- suchung für alle Schiffe in Wirksamkeit geseßt worden, die von Ham- burg oder anderen Häfen der Elbe, von Lübeck und Kiel kommen oder mit den von dort kommenden Schiffen auf der Reise in Be- rührung gewesen sind.

Gleichzeitig sind die Vorschriften der Verordnung vom 9. d. M,, betreffend ärztlihe Beaufsichtigung von in Dänemark ankommenden Personen (vergl. eR.-Anz.“ Nr. 223 vom 16. d. M.), gegen die ge- nannten Häfen in Kraft geseßt und das Verbot der Einfuhr der in der eben erwähnten Nummer des „Reichs-Anzeigers“ näher bezeichneten Gegenstände auch auf Provenienzen aus den in Rede stehenden Hafen- pläten ausgedehnt worden. i

Cholera.

Nach den aus den städtishen Krankenhäusern im Rathhause bis 10 Uhr Vormittags eingegangenen Meldungen ist bei den drei gestern aus dem Krankenhause Moabit gemeldeten Schiffsleuten Cholera asiatica festgestellt worden. Die Krankenhäuser am Friedrichshain und am Urban find auch heute noch frei von cholerakranken und choleraverdähtigen Perfonen.

Hamburg, 21. September. „W. T. B.* meldet: Von den bis beute Morgen hier vorgekommenen 12 neuen Erkrankungen an Cholera entjallen auf die Neustadt 2, auf Barmbeck 2, Hohenfelde 1, Eimsbüttel 2, St. Pauli 4 und Dampfer „Amstel“, welcher am 16. d. M. von Amsterdam hier angekommen ift, 1.

Altona, 21. September. Gestern ist nach Meldung des „W. T. B.* hier keine neue Erkrankung an Cholera vorgekommen. Die gestern als an Cholera erkrankt gemeldete 74 jährige Frau aus der Holstenstraße (vergl. Nr. 227 d. Bl.) ist in der vergangenen Nacht gestorben. 4 __ Charleroi, 21. September. Hier ist dem „W. T. B.* zufolge ein Todesfall unter choleraartigen Erscheinungen vorgekommen.

___ Nr. 38 der „Veröffentlihungen des Kaiferlichen Gesundheitsamts*“ vom 20. September hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera .). Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera x. Desgl. gegen Gelbfieber. Gefundheitsftand in Niederländisch - Jndien. Gesetzgebung u. |. w. (Preußen. Reg.-Bez. Danzig). Maul- und Klauenfeuce. (Ham- burg). Gesundheitspolizeilihe Controle der Seeschiffe. (Oesterreich). Behandlung von Seeschiffen. (Norwegen). Cholera. (Rußland. Finland). Cholera. (Brasilien). Reichsgefundhbeitsordnung. Sang -der Thierseuchen in Großbritannien, 1. Januar bis 1. April. Desgl. in Belgien. Desgl Rinderpest und fibirisGe Peft in Rußland. Viebseuhe in Niederländisch. Indien. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.-Bez. Merfeburg, Frank- reich). Rechtsprechung. Verwechselung der Auffchriften ciner Tußer- lih und innerlih zu gebrauhenden Arznei dur einen Apotheker» gehilfen. Beilage. Gerichtlihe Entscheidungen zum Nabrungs- mittelgeseß (Tuberculose). 1

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Juristishe Perfonen (also au@ der Staatsfiscus) baten, nah einem Urtheil des RNeichögertchts, 111. Civilsenats, vou 19 Mat 1893, im Gebiete fowohl des gemeinen, wie des Preußischen all gemeinen Landrehts für s{uldhafte Haudlungen und Unterlassungen ihrer Vertreter innerbalb ibres Gefchäftskreiîteë aud außercontractlih in demfelben Maße, wie uatürlitte Personen fie eigenes Verschulden. i

____— Haben Perfonen, zwischen welchen eiue Streitigkeit bestebt, einen Rechtsanwalt veraulaßt, dur) feine Thätigkeit zwischen ihnen eine gütliche Verständigung dberbeizusühren, o kann, uad einem Beschuß des Reichögeritts, 1i. Civienats, vom C Juni

1893, wenn es später doch zum Prozesse zwishen den Verhandelnden gekommen ist, der Rechtsanwalt nicht gezwungen werden, über den AnS der vor ihm geführten Verhandlung im Prozesse als Zeuge Auékunft zu geben.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

__ Gerhart Hauptmanns neue Komödie „Der Biberpelz“. die gestern Abend ihre erste Aufführung erlebte, konnte \ih wenigstens einer großen Wirkung rühmen: beim Schluß der Komödie nämlich beherrschte die Zuschauer noch dieselbe neugierige Erwartung, dieselbe Spannung, die in der Regel im Beginn - eines Schauspiels erreg wird, Man wartete bis zum leßten Augenblick darauf, daß die Handlung endlih beginnen werde, fobaß viele Zuschauer beim leßten Fallen des Vorhangs -meintenz-nun werde das eigentliche Theaterstück erst anfangen. Diese gründliche Enttäushung gab dem unbefangenen Theil der Zuschauer den Muth zu einer heftigen Opposition, die den lauten Beifall, der sonst jedem Aufzuge gefolgt war, doch einigermaßen richtig stellte.

Der Biberpelz, der dem Stücke den Titel gegeben hat, spielt in ter Komödie keine größere Rolle als etwa eine Fuhre Knüppelholz und ein Reh, alles Gegenstände, welche die findige Waschfrau Wolff stichlt oder ftehlen läßt. Man sicht diese vershmitte, mit einem Beigeschmack von Naivität moralisirende Frau aus dem Arbeiter- stande, die einen feinen Unterschied zwischen „mausen“ und „stehlen" macht und dabei die Seele einer Diebesfamilie if, bescheiden ihrer Arbeit nahgehen; mit größter Seelenruhe s{chlägt fie der ganzen ehrbaren Nachbarschaft des Dorfes, den Herrn Amtsvorsteher eingeschlossen, ein Schnippchen und geht, nahdem fie dem obersten

olizeihaupt ihres Dorfes noch einen guten Rath ertbeilt hat, un-

elästigt nah Haus. Der erste Aufzug, der die verschiedenen Charattere, die untreue Waschfrau. ihren stumpfsinnigen Ehemann und die viel- versprehenden, leihtfertigen Töchter im Entstehen vorführt, konnte allenfalls für eine etwas weit auêgesponnene Erposition gelten, aber es fam zu feiner dramatishen Entwicklung;

Streiten, Verwunderung und nutloses Schreien über die Diebstäble bildeten die einzige Thätigkeit der Perfonen der Komödie bis zum Schluß. Dieser Dürre an Handlung steht als Ausgleichung aber auch nicht einmal eine tief und gründlich angelegte Charafkterstudi gegenüber, wie sie in des Verfassers „College Crampton“ zu finden if und die man doch wenigstens erwarten durfte, wenn man {on auf die Entwickelung eines Charakters aus einer fortshreitenden Hand- sung verzichten wollte. Der Dichter führt in seiner neuen Komödie eine große Zahl von Personen ins Feld, die beinahe alle gleichwerthig unbedeutende Rollen fpielen. Die einzelnen Figuren find treffend in ihrer Eigenart angedeutet, aber fie erscheinen wie Augenblicksbilder, photographbisch treu, vershiedenartig in ihrem Aussehen und Ausdruck in dem gegebenen Augenblick, aber durchaus unfkünstlerisch. Auch die Waschfrau Wolff bildet hiervon kaum eine Auênahme, trotdem ihr der weiteste Raum zur Bethätigung gegönnt iff; fie sieblt mit Gemüthsruhe wie eine Rabe, ermahnt thre Adelheid, die Bibelsprücbe ordentlih zu lernen, weint vor Rührung beim Anblick eines leinen Jungen, weil sie ihres eigenen gedenkt, und i überhauvt eine erstaunliche aber niht ganz unwahre Mischung von gutberzigem Gefühl und verwilderten Sittlichkeitebegriffen. Der borntirte Amtsvorsteber von Wehrhahn in seiner souveränen Selbstherrlihkeit und der ewig s{läfrige Amtsdiener, dem man den Gewohnheitstrinker anfießt, find keine wahren Geftalten auë ter Gegenwart; innerlich unnatürlih, er- innern sie unwillkürlich an fomishe Typen aus dem Anfange unseres Jahrhunderts. Jn dem naturalistisheo Bilde aus der Gegemvart, das Gerhart Hauptmann hier geben will, nehmen fich diefe Figuren fremdartig und verwunderlich aus. Was an Satire in diesen beiden Figuren steckt, if {arf und böhnifch, aber nicht belustigend.

i; Wer nun allen diefen Mängeln gegenüber wenigstens einen humorvollen Dialog und eine komische Scenenführung erwartete, mußte fich auch an dem guten Willen des Verfafsers genügen laffen. Arläufe dazu find vorhan atten aber im allgemeinen wenig Erfolg. Im ersten Act ner den Dieben die Laterne, als fie fih zum Steblen rüften; im dritten Act hält der Bestoblene sen veruntreutes Gut, ein Stück von dem gestohlenen Knüpvelholz, das er in der Kühe ter Waschfrau gefunden hat, in der Hand und benußt es, um seinen Glauben an die Ehrlichkeit der Diebin und seine Entrüstung über die mangelhafte Polizeiverwal- tung mimisch zu bekräftigen; im leßten Act prägt der Amtsvorsteher mit einseitiger Beschränktheit alle Beweise, die zur Entdeckung des Pelzdiebes führen könnten, in entlaftende Momente für die vor ihm sibende Diebin und des dumm dreinschauenden Heblers um. In der Anlage dieser Scenen lieat offenbar Humor, aber der Ver- er hat es niht verstanden, ihn gegenständlich heraus- zuarbeiten, und fo verliefen auch diese Scenen flach im

__Es blieb also in der That nichts übrig, als eine Reihe Vauptzügen naturtreuer Augenblickébilder; diese aber machen Drama. Der „Biberpelz“ soll ein Theaterftück sein, besitzt aber ne Handlung; er foll eine Komödie fein und besitzt keinen Humor. Mit der Darstellung konnte man sehr zufrieden sein; aber sie vermochte troß ihrer Vorzüglichkeit niht alles zu erseßen, was der

Dichter schuldig blieb. Im Vordergrunde stand Fräulein Elsa

ehmann als Waschfrau Wolff ; die Formlosigkeit und Farblosigkeit ihres Costüms ließen an Naturtreue nichts zu wünschen übrig; diesem äußeren Menschen entsprachen aber auch die robuste Bewegung und die derbe Redeweise, die öfters durhch eine natürliche Freundlihkeit und éluge Vorsicht im Umgang mit den angesehenen Einwohnern des Orts gemildert wurde. Herr Engels mußte als Amtsvorsteher von Webr- hahn zur grotesfen Komik seine Zufluht nehmen, um eine energische

Lachwirkung zu erzielen; niht was er zu sagen batte, rief Heiterkeit bervor, fondern wie er e sagte, und das summe Spiel, mit dem er feine Reden einleitete und unterbrah. Wenn dieser Amtsvorsteher die Augenbrauen hob, den Riesenbleiftift {wang oder die Arme über- einanders{lug, rief er unwidersteblich f\türmishes Gelädhter hervor; aber da er sich in diesem Spiel ftetig wiederholen mußte, versagte {ließli auch hier die Wirkung. Lobend hervorzuheben sind noch die Dame etri und Retty und die Herren Pittshau,

bl und Retty, die in kleineren Rollen thätig warén.

Lessing-Theater.

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beim [eßten Gastspiel der „Münchener“ unter ¿ers Leitung im Januar vorigen Jahres am ehemaligen nee » Theater în eincr musterhaften Darstellung als Ein- leitung#-Vorstellung aufgeführt wurde, wurde gestern Abend an dieser, um die Pflege Anzengruber"sher Stücke verdienten Stätte in neuer Ginstudirung und mit neuer E, mehrerer Rollen zum ersten Mal gegeden. Die ungeheure Krast des Verfassers, mit weldher er vorzugäweise in diesem ergreifenden Werk die falsche Frömmigkeit und die Heuhelei geißelt, erweckten auth bèer die wärmste Tbeilnabme bei den Zuschauern. Ju der Rolle des Kreuzweg-Hofbauers Mathias Ferner (Meineidbauer brachte Herr Kober weniger den vom Dichter so charakteristif gezeihueten stolzen und trogköpfigen Bauern als den Heutlhler von nicdrizer Gesumuang zur Geltung. Unheimlid ließ er die qualvolle Unrude ded, uit vou Neue oder Gewi iffen, sondera von Furht ver Entdekeng und Strafe goängstigten Berdrethers hervortreten und erdod fh zu fraftvoller Gnergie, als er der von ihm des Vers

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det gegere - Wn zeugenden Brief mit Gewalt entreißen und, voit der Vroat an den Sobn verwiesen, dècfen unit cigener: tödten defdüießt, die voUdracdte Unthat aber daun writer Sehet dom Verbänguis des zuur Verderben bestimmten Sohnes zuiSreite. Ausspradde war, adgetehen vou den A U der Lei

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