1893 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Oct 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Kronland sih erstrccke. Der Minister des Jnnern Freiherr von Feilißsch hielt die Erleihterungen, welche die Grenz- bezirke bei der Vicheinfuhr genössen, für genügend; andere Landestheile seien gegen eine zu starke österreichische Vieh- einfuhr. Sogar die Einfuhr von Fettvieh in großstädtische Schlachthäuser werde vielfah beanstandet. Er halte es daher für s{hwierig, dem Antrage Zane zu geben; im Bundes- . rath habe sih dafür keinerlei Neigung gezeigt. Die Theilung Ober-Oesterreihs in zwei Sperrbezirke, die vom Abg. Doppelhammer im oberösterreichishen Landtag beantragt worden sei, sei Sache der österreichishen Regierung; bevor diese gesprochen habe, könne die bayerishe Regierung nicht Stellung nehmen. Die Abg. Sellner und Nißler waren im Jnteresse der Fernhaltung von Seuchen vom fränkischen Vieh gegen weitere Einfuhrerleihterungen. Der Antrag Pichler wurde in seinem ersten Theil abgelehnt, der zweite Theil an- genommen. i :

In der vorgestrigen Sizung des E tee wurde die allgemeine Erörterung über die Etats fortgeseßt. Der Abg. Maison (freis.) sprah sih für eine Weinsteuer auf der vom Finanz-Minister im Plenum erörterten Grundlage aus, ebenso für Werthbesteuerung des Tabacks und bezeichnete die Einwände gegen den russishen Handelsvertrag als nichtige; ein Nichtzustandekommen würde für Deutschland schlimme Folgen haben. Der Abg. Lerzer (Centr.) verwies auf die Börsensteuer. Er und der Abg. Orterer (Centr.) hoben die allgemeine Unzu- o in Bayern und im Reih hervor. Der Abg.

rterer wünschte, daß die bayerishe Regierung weitern Militär- und Marineforderungen entgegentrete. Wenn der russishe Handelsvertrag zum Nachtheil der Landwirthschaft abgeshlossen werde, sei dem Faß der Boden ausgeschlagen. Der Abg. De: Daller, der auch die Aufrechterhaltung der Staffeltarife beklagte, {loß sih diesen Ausführungen an. Der Minister-Präsident Freiherr von Crailsheim bemerkte:

Der Vorsißende Dr. Orterer habe constatirt, daß eine weit- gehende Unzufriedenheit im Lande herrshe; dies sei der Staatsregie- rung {on bekannt gewesen, ehe es im Landtag betont worden fei. Ba dem Unbehagen hätten einigermaßen die eben beendeten

ahlkämpfe beigetragen. Der Hauptgrund liege allerdings in realen Be und dabei sei zu bemerken, daß die Industrie mit dem Wechsel der Dinge mehr vertraut sei, die Landwirthschaft diese weniger. vertrage und deshalb mehr als jene klage. Im einzelnen halte er die Klagen der kleinen Städte über ihre Zurückfeßung für gl, aber die Gründe hierfür feien so zwingender Natur, daß die Staatsregierung wenig dagegen thun könne. egen das Reichs- seuhengeseß habe auch die bayerishe Regierung Bedenken gehegt, namentli die Bedürfnißfrage verneint, ausgenommen in Bezug auf die Cholera ; aber die bayerische Regierung habe nit soweit durh- dringen können, wie sie gewünsht habe. Den russishen Handels- vertrag anlangend, hätten {hon einzelne Redner bemerkt, daß man keine Lesttunine Erklärung von ihm fordern könne. Jedenfalls seien die Befürchtungen vor den Folgen des rufsishen Handelsvertrags für die bayerische Landwirthschaft übertrieben. Die Aufhebung der Staffel- tarife habe die bayerische Regierung leider nicht erlangen können. Die constitutionellen Bedenken des Abg. Wagner bezüglih der Ueber- üsse seien ganz unbegründet, die bayerische Regierung werde niemals gegen bie Verfassung verstoßen. Der Abg. Dr. Daller habe freun vliGe Aeußerungen über eine befreundete Regierung gemacht; jedenfalls seien diese nur ciner augenblicklihen Mißstimmung über die finanziellen Verlegenheiten des Landes entsprungen. Die Aeußerungen des Abg. Dr. Daller zielten auf ein Bedauern der Auflösung des Deutschen Bundestags und der Gründung des Deutschen Reichs ab. Allein man dürfe doch die vielen und großen aen nicht ver- gessen, die Bayern aus seiner Zugehörigkeit zum Deutshen Reich ge- wonnen habe, Auf den Vorwurf, daß die bäyerische Regierung für die Militärvorlage gestimmt habe, sei zu erwidern, daß die Militär- organisation für absolut nothwendig erkannt worden sei, daß namentlich auch alle bayerischen Autoritäten diese Nothwendigkeit erklärt hätten. Die Militärvorlage habe den Zweck gehabt, im Falle eines Krieges die Offensive und die Verlegung des Krieges in Feindesland zu ermöglichen, deshalb hätten auch die Abgeordneten der Pfalz für die Militärvorlage gestimmt. Jedermann wolle Frieden halten, allein es könnten Fälle eintreten, in denen es auch dem gewiegtesten Staatsmanne niht mehr möglih sei, den Krieg zu vermeiden. Deshalb habe Fürst Bismark auf der Wiedergewinnung von Elsaß-Lothringen bestanden, und niemals werde Deutschland diese Den wieder preisgeben, denn sie seien für eine erfolgreiche Friegführung Deutschlands unentbehrlih. Kein Zweifel dürfe darüber bestehen, daß die Lasten der Militärvorlage nun auch getragen werden müßten. Sollte der Reichstag die nothwendigen Bewilligungen nicht machen, so bleibe nichts übrig, als daß die einzelnen Staaten sie in Form von Matricularbeiträgen übernähmen, was freilich die drückendste c der Deckung jener Kosten sein würde. Einer Reichs: Einkommen- teuer würde die bayerische Regierung niemals zustimmen. Den Klagen des Abg. Dr. Daller über das geringe Entgegenkommen Preußens ständen die Klagen der preußishen Presse direct entgegen; habe es doch geheißen: das Reih werde von Bayern regiert. Bayern entwickle eine sehr fruchtbare Thätigkeit im Bundesrath. Die bayerishe Regierung wünsche die Wieder- zulassung der NRedemptoristen; diese Frage sei aber eine reine Nechtéfrage, und zwar über die Auslegung des sog. Jesuitengeseßes ; die preußische Regierung sei in dieser Frage anderer Meinung als die bayerische. Die M Eabriaen über den Hausirhandel feien noch in der Schwebe, da inzwischen auch der Reichstag sich mit dieser Frage beschäftigt habe. Der Rückgang der Eisenbahnrente sei dur die nothwendige Vermehrung der Ausgaben hervorgerufen worden, namentlih durch die Vermehrung des Dienstpersonals, Herabsetzung der Dienstzeit, Vermehrung der Züge, des Wagenparks u. f. w. Die Zukunft der bayerischen Eisenbahnen sei im Augenblick vollkommen beruhigend, übrigens rührten die bisherigen Uebershüsse vollständig von dem Erträgnisse der Eisenbahnen her. Die Frage der Perfonen- tarife werde noch speciell erörtert werden ; einer generellen Herabseßung der Personentarife habe der vorige Landtag nicht zugestimmt und eine allgemeine Vereinbarung unter den Eisenbahnverwaltungen sei bisher Ait zu erreihen gewesen. Die Situation sei zwar niht erfreulich, raus nicht bedrohlich, und zu einer Befürchtung sei kein Grund gegeben.

Der Finanz-Minister Dr. Freiherr von Riedel äußerte:

Die Frage der Uebecshüsse habe er bereits bei seiner Budgetrede enügend behandelt. Es würde freilih das Beste sein, das Budget o zu gestalten, daß nur ein ganz kleiner Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben bestehen bleibe. Allein die Ergebnisse des Staats- haushalts in feinen einzelnen Zweigen seien so |[{chwankend gewesen, N dies unmöglich vorauszusehen gewesen fei. Die Eisenbahnrente habe 1889 47 Millionen, 1892 nur 35 Millionen betragen, die Ge- bühren hätten 1889 16 Millionen, 1892 13 Millionen ergeben, der Antheil Bayerns an den Zöllen habe 1888 17, 1890 29 Millionen betragen; die Forstrente habe 1889 14, 1890 16 Millionen betragen , die aline habe 1890 1 Million, 1892 4 Mil- lionen abgeworfen. Wer habe diese Schwankungen voraussehen Ttönnen ? Diese Erscheinungen hätten ihren Grund in den Fluctuationen des großen Verkehrs, es gehe bei diesen Handelsgeschäften, die der Staat nolens volens treiben müsse, wie bei den. Privatgeschä ten, in denen auch eine Fabrik in einem Sahre gar keine, in dem. darauf- folgenden eine gro - Rente abwerfen tönne. gu einer Steuerreduction sei es um deswillen niht gekommen, weil zunächst eine größere Schuldentilgung vorgenommen worden sein würde, wenn man die Uebershüsse hätte voraussehen können. Die ere Regierung __ Habe alles gethan, um Deckungsmittel s te ilitär- vorlage zu gewinnen. Die Klage über die Schwankungen

des bayerischen Budgets infolge der Unsicherheit des Reichs- haushalts sei vollständig begründet, aber diese Schwan- kungen seien nicht exst durch die Militärnovelle hervorgerufen worden, sondern seien in früheren Jahren ebenso vorhanden gewesen. Das Bestreben der bayerischen Regierung fei dahin gerichtet, diese Schwankungen möglichst zu beseitigen. Der einzelstaatliche Finanz- Minister habe die Pflicht, dahin zu trachten, daß das Land, dessen uen ihm anvertraut seien, am Pen bei der Gestaltung des

eihéhauéhalts wegkomme; dieses Bestreben hätten R alle einzelstaatlihen Minister. Der Gedanke, die Franckenstein’s{he Clausel aufzuheben und daducch dem Reich weitere Einnahmen zu sichern, fei niht weiter verfolgt worden. Geplant sei, dem Reich dur neue Steuern folhe Einnahmen zu sichern, daß kein Steigen der Matrikular- beiträge möglich sei, eine gewisse Quote zur Schuldentilgung und eine Reserve für Nothjahre übrig bleibe. Werde dieser Plan durchgeführt, so bekämen die Finanz-Minister „ein festeres Rükgrat*, das heißt die Sache begünstige ein größeres Sparen im Reich. Die Mittel zur Durchführung dieses Planes sollten 1) durch eine sogenannte Börsen - s euer gewonnen werden, 2) durh die Tabackfabrikatsteuer, die fehr viele Vorzüge vor der bisherigen Gewichtssteuer habe; von dem Taback-Monopol könne keine Rede fein, diesem habe sich die bayerische Negierung früher widerseßt und werde sie sich immer widerseßen. Der Entwurf sehe eine sehr starke Besteuerung ausländischer Fabrikate vor, das komme dem einheimishen Fabrikanten zu gute; die Steuer solle erst erhoben werden, wenn das Fabrikat in den Confum übergehe; und endlih gestatte der Entwurf eine sehr starke Ab- \stufung nah dem Werth, Der kleine Mann werde nit besonders getroffen werden, der geringste Nauchtaback werde garnicht und die nächstfolgenden Sorten sehr gering besteuert werden. Das werde niemand behaupten, daß man immer Cigarren rauhen müsse; man könne manchmal mit einer Pfeife Taba, der ungleich billiger sei, ab- wechseln. Die Herren, denen es ernsthaft darum zu thun sei, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und den Reichshaushalt auf die Dauer zu sichern, möchten ihren Einfluß aufbieten, daß die neuen Mél@jssteuern - zu siaude kämen. Die. Weinsteuer be- Leeffend [ade er dan) offen, er. [El „guerst ersdroden, dls dieses Steuerproject aufgetauht sei. Die bayerische Regierung habe au als Vorbedingung gestellt, daß der Weinbauer seinen Haustrunk frei behalten müsse* und in keiner Weise belastet oder geschädigt werde, Aber dem Gedanken, daß, nahdem der Branntwein und das Vier so hoh besteuert worden seien, auch der Wein, „das Getränk der reihen Leute", besteuert werden müsse, könne man sih nit verschließen, und in der öffentlihen Meinung finde dieser Gedanke auch fort und fort Ausdruck. Die Weinbaugegenden brauchten keine so großen Befürchtungen zu hegen, der Entwurf habe cine Reihe von Bestimmungen, die den Weinbauern ret an- genehm fein würden. Selbstverständlih müsse man der Kunstwein- erzeugung fehr ernstlih zu Leibe gehen, und das werde auch geschehen. Nicht zu verkennen sei, daß die Weinsteuer sehr große Schwierigkeiten biete, wenn die Steuer ein erhebliches Erträgniß liefern solle. Dem Weinbauer jedo werde keine besondere Belästigung auferlegt werden. Eine gewisse Selbständigkeit im eigenen Haushalt und kein zu großer Druck in der Steuererhebung, das seien die Ziele, die jeßt erreicht werden müßten und erreiht werden könnten, wenn Jeder, dem die Interessen des Reiches und des Landes am Herzen lägen, nah seinem Berufe dazu mitwirke.

Die weitere Berathung wurde darauf vertagt.

Jn der gestrigen Sißung legte der Finanz-Minister Dr. Freiherr von Riedel die einzelnen voraussehbaren Möglich- keiten dar, die Kosten des Reichsmehrbedarfs zu decken. Keines- wegs werde das Budget Bayerns gestört werden. Die Börsensteuer könne sofort Erträgnisse liefern. Wenn der

anze Reichsfinanzplan dur le erhalte Bayern im Jahre 1894 schon soviel Ueberschüsse, daß sein Zuschuß zum Reich für 1893 wiederersetzt sei.

Hefsen. Der Großfürst und die Großfürstin Sergius sowie der Großfürst Paul von, Rußland sind nah der „Darmst. Ztg.“] vorgestern von Darmstadt nah Paris abgereist.

Oesterreich-Ungarn.

Das óösterreichishe Abgeordnetenhaus seßte gestern die erste Lesung der Wahlreformvorlage fort. Der jung- czehishe Abg. Kramarz sprah sih , wie „W. T. B.“ berihtet, für die Regierungsvorlage aus. Der Abg. Graf Wurmbrand meinte, die ländlihe Bevölke- rung lehne das allgemeine Wahlreht ab, da sie eine Ueberfluthung durch die Socialdemokratie befürchte. Der altczehishe Abg. Fanderlik erklärte, das czehische Volk werde der Regierung für die Einbringung der Wahlreform dankbar sein. Der Abg. Prade bezeichnete die Negierungsvorlage als unzureichend und sprach sih gegen den Antrag Baernreither aus. Die Debatte wurde sodann auf Freitag vertagt.

Der Wehrausschuß hat die Landwehrnovelle un- verändert angenommen.

Bei den gestern vorgenommenen Ergänzungswahlen für das Prager Stadtverordneten-Collegium wurden 16 Altczehen und 13 Jungezechen gewählt. 4 Stichwahlen sind erforderlich. :

Frankreich.

Die Münzconferenz hat gestern ihre Sizungen wieder aufgenommen. Die auswärtigen Delegirten gaben, wie „W. T. B.“ meldet, von den Ansichten ihrer Regierungen über die vorbehaltenen Punkte Kenntniß. Sodann wurde über die Fristen berathen, die dem Publikum für die Ein- ziehung der italienishen Scheidemünze zu bewilligen sind. Die nächste Sitzung findet heute statt.

Der russishe Botschafter Baron von Mohrenheim ist gestern Abend von Paris nah Toulon abgereist.

Der Zug mit den russishen Offizieren kam gestern Vormittag 9 Uhr 50 Minuten in Lyon an. Die Offiziere wurden am Bahnhof von den Civil- und Militärbehörden empfangen und von einer dichtgedrängten Menschenmenge mit lauten Zurúüfen bewillklommnet. Der Präfect taushte mit den Offizieren einige Begrüßungsworte aus. Die russischen Offiziere begaben sich dann zu Wagen durch die vom Publikum auf beiden Seiten dicht beseßten Straßen nah dem Stadthaus und waren auf dem ganzen Wege der Gegenstand begeisterter Ovationen. Ueberall wurde ge- rufen: „Es lebe Rußland!“ „Es lebe der Zar!“ „Es lebe der Admiral! Im Stadthause bewillklommnete der Maire den Admiral Avelane und stellte ihm den Gemeinderath sowie eine große nool Abordnungen, die Geschenke über- reichten, vor. egen Mittag begaben sich die Municipal- räthe mit den Gästen nach der Präfectur, woselbst das Dejeuner eingenommen wurde, bei dem der Präfect einen Trinkspruch chy den Kaiser von Nußland ‘aus- brachte und darin hervorhob, der lebhafteste Wunsch der arbeit- amen Bevölkerung Lyons sei der Friede, welher den Segen threr Arbeit sichere, Der Admiral Avelane dankte für den sympathischen Empfang und! trank auf das Gedeihen und den

Ruhm Frankreihs. Nach dem Dejeuner begaben si die Theilnehmer nah einem Park, wo ein Ehrentrunk dargeboten wurde und gegen 150 Vereine defilirten. Nachmittags fand im Stadthause ein Bankett statt, woran 400 Personen theil- nahmen. Der Maire toastete auf den Kaiser von Rußland und die Kaiserlihe Familie und hob hervor, die Feste, die den Offizieren des russishen Geschwaders auf ihrer Reise bereitet würden, trügen einen friedlihen Charakter. Sie seien eine große Kundgebung für den Frieden, der die Wohl- thaten der Civilisation sihere. Der Admiral Avelane er- widerte, in Rußland gelte Lyon für die bedeutendste Jndustrie- stadt, er trinke auf die Municipalität sowie die Bürgerschaft Lyons und auf den Präsidenten Carnot. Nah dem Bankett fand eine von der Presse ver- anstaltete Galavorstellung im Grand Théâtre statt, deren Erträgniß für die Hinterbliebenen der mit der „Russalka“ zu“ Grunde gegangenen Seeleute bestimmt ist, worauf die russishen Offiziere um 121/23 Uhr Nachts die Reise nach Toulon fortsezten. Während des Aufenthalts in Lyon und bei der Abreise wurden den russishen Offizieren enthusiastische Kundgebungen dargebracht. :

“Wie der „Figaro“ meldet, ständen an der Südgrenze Algeriens 3000 Mann französisher Truppen, darunter zahl[- reiche Kameelreiter, um gegebenen Falls die Tuat-Dasen zu besezgen. Die Truppen würden bis Jnsalah vorrüen, wo eine starke Garnison zurückbleiben solle. Vorläufig i indessen die bereits begonnenen Truppenbewegungen infolge der Beschlüsse des Ministerrathes aus diplomatishen Gründen suspendirt worden.

Jtalien.

Die gestrige Beisezung des verstorbenen großbritannischen Botschafters Lord V ivian gestaltete sih, dem „W. T. B.“ zu- folge, ungemein großartig. Der Zug bewegte sich langsam durch eine ungeheure, aus allen Theilen der Stadt herbei- geströmte, überall Spalier bildende Menschenmenge. Die Fenster und Balcone der Häuser waren mit Flaggen ge- \hmückt und diht von Menschen beseßt. Der Zug wurde von einer Escadron Carabinieri eröffnet, dieser folgten das diplomatishe Corps und dann der Leichenwagen. Die Enden des Bahrtuchs hielten der Minister der auswärtigen Ange- legenheiten Brin, die Botschafter Deutschlands , OÖesterreich- Ungarns, Spaniens, Frankreihs, Rußlands und der Türkei, der Ober - Ceremonienmeister sowie Vertreter des Senats und der Kammer. Unmittelbar hinter dem Leichenwagen schritt der Sohn des Verblichenen, zu seiner Rechten der Kron- prinz, als- Vertreter des Königs Humbert, und der Oberst Slade, als Vertreter der Königin Victoria. Dann folgten das britishe Botschaftspersonal, der Admiral Seymour mit drei Offizieren des britishen Geshwaders, eine Gruppe Minister, Senatoren, Deputirter, darunter Crispi, und hoher Staatswürdenträger, Mitglieder der drei Clubs: „Savoia“, „Vittorio Emanuele“ und „Fratellanza militare“, zwei Wagen mit Kränzen, unter denen sih einer des Königs Humbert und einer der Königin Victoria befand. Eine Abtheilung Artillerie {loß den Zug.

Belgien.

Der mit Prüfung des Wahlgeseßentwurfs beauf- tragte Ausschuß der Kammer hat, wie die „Köln. Ztg.“ er- fährt, in seiner heutigen ersten Jf mit 7 gegen 3 Stimmen das wahlfähige Alter für die Senatswahlen auf 30 Jahre festgeseßt. Der Antrag eines Mitgliedes: den von ihren Frauen geschiedenen Bürgern, die dem Entwurf zufolge die Zusaßstimme der Familienväter verlören, das doppelte Stimm- recht zu belassen, wenn ihnen durch gerichtlihes Urtheil die Kinder zugesprochen worden seien, wurde mit 6 gegen 4 Stimmen abgelehnt.

Amerika.

Der Senat hat gestern eine Resolution angenommen, worin der Regierung Dank ausgesprohen wird für die Be- theiligung des Auslandes an der Weltausstellung von Chicago.

Die „Times“ erfährt aus Philadelphia, die für die Au f- hebung der Shermanacte günstigen Aussichten würden besonders der Thatsache zugeschrieben, daß Präsident Cleveland sich den Republikanern angeschlossen habe. Außerdem sei ein neues Project Sherman’s angekündigt worden, das die Ausgabe von Obligationen vorsehe. Die be unruhigten Demokraten des Südens hätten hierauf beschlossen, ihre Obstruction aufzugeben. Aus New - York wird dem „Standard“ berichtet, daß das Haus der Repräsentanten eine Vorlage angenommen habe, die bestimme, daß alle Offiziere amerikanischer Damp; einshließlich der „Maschinisten, amerikanishe Bürger sein müßten. i

In Paris eingetroffene Briefe aus Rio de Janeiro melden, daß ein Decret des Generals Peix oto die den Frem- den garantirten Freiheiten beschränke. j

Aus Buenos Aires wird gemeldet, der Präsident beabsichtige, die Provinzen zu ues Die Commission der Kammer sei dem Project der Schuldregulirung nicht günstig gesinnt.

Nr. 43 der „Versöffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 2%. Oktober hat folgenden Inhalt: Gesfundheitsftand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera O a Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand und Boden- wärme in Berlin und München, September. Zeitweilige Maß- regeln gegen Cholera 2c. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesundheits- stand in Mähren 1891. Geseßgebun u. \. w. (Deutsches Reich.) Leichenpässe. (Preußen, Berlin.) * bfalistoffe. (Sagjsen.) Trichinen- frankheit. (Gacsen-Altenburg.) Droguenhandlungen. Apotheker- lehrlinge. (Oesterreih.) Viehverkehr mit dem Deutschen Reich. T T Aerzteklammer. (Ungarn.) Lungenseuche der Rinder. Schluß). (Niederlande.) elan, der edizinalpersonen. j

ang der Thierseuchen ‘im Deutschen Reich, September. ZOO in Italien, 2. Vierteljahr. Desgl. in der Schweiz. Desgl. e antes. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Deuts S Reich.) Rechtsprehung. (Lan Cert München I1 und Nei s eriht.) Verstärkung einer Mineralquelle durch Beimischung gal Wasser und Chemikalien. Verhandlungen von esepgeben L ) Körperschaften, Vereinen, Congressen u. |. w. (Deutsches Mete 7. Plenarversammlung des deutschen Veterinärraths. Ge- ett Mähren.) Gemeinde-Sanitäts-Organisation.

enkliste.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der socialdemokratische as in Köln. nahm gestern den Bericht über die parlamentarische Thätigkeit der jocialdemokratishen NReichstagsfraction entgegen, den der Reichstagsabgeordnete Singer erstattete. Im Anschluß an seinen Vortrag wurde folgende Entschließung angenommen :

Der Parteitag hat keine Veranlassung, gegen die verflossene Thätigkeit der socialdemokratishen Reichstagsfraction Erinnerungen zu erheben; er heißt daher die Thätigkeit gut und fordert die social- demokratishe Fraction auf, auch ferner mit allen Kräften die Interessen des Proletariats zu vertreten, geleitet von dem Grundsaß, daß die parlamentarische Thätigkeit stets Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck sei.

Die bei diesem Gegenstand der Tagesordnung verhandelten Anträge sind zumeist von geringer Bedeutung; über einen An- trag, daß von den socialdemokratishen Reichstagsabgeordneten immer nur ein Bruchtheil in den Sißungen anwesend sein sollte, ging man zur Tagesordnung über. Angenommen wurde der Antrag: die socialdemokratishe Fraction des Reichstags ry baldmöglichst einen Antrag auf Beseitigung der jeßt be- tehenden Vereins- und Versammlungsgeseße einbringen. Jn der gestrigen Nachmittagssizung stand die Maifeier zur Ver- handlung, über die Herr Liebknecht berichtete. Eine von ihm vorgeschlagene Entschließung empfiehlt, daß nur diejenigen Arbeiter und Arbeiterorganisationen, die ohne Schädigung der Arbeiterinteressen dazu im stande sind, neben den anderen Kundgebungen den 1. Mai auch durch die Arbeitsruhe feiern.

Zum Ausstand der englischen Grubenarbeiter schreibt man der „Köln. Z.“ aus London: /

Alle Welt beeilt si jeßt, die Keller mit dem für den Winter nöthigen Kohlenbedarf zu versehen; infolge dessen steigen die Kohlenpreise wieder. 40 Dampfer mit Ladungen von etwa 43 000 t sind seit Freitag in die Themse eingelaufen. Nur wenige Tonnen dieser großen Masse wurden an das Publikum verkauft; der größte Theil war von den Gasgesellshaften bestellt worden. In Warwickshire sind nun alle Bergleute mit Aus- nahme von etwa 300, wieder an der Arbeit. Der Ver- treter der dortigen Grubenarbeiter berehnet, daß der Ausftand in diesem Bezirk allein den Arbeitern 50 000 Pfd. Sterl. in Löhnen, den Grubeneignern 200 000 Pfd. Sterl. gekostet habe. Jn St. Helens, wo leßte Woche bedenklihe Unruhen vorkamen und der Versuch gemacht wurde, das Haus eines mißliebigen Arbeiters in die Luft zu sprengen, ist die Lage so unbefriedigend und die Stimmung unter den Leuten so aufcührerisch, daß die Polizei durch 65 Mann aus der Nachbarschaft verstärkt worden is. In Pinxton ents{lossen sich 50 Mann, die 159% Lohnherabseßzung anzunehmen und wieder anzu- fahren; die Gruben-Directoren nahmen dieses Anerbieten an und wandten sih daraufhin an die Behörden mit der Bitte, Truppen zum Schuß der Arbeitenden nach Pinxton zu senden. Jn den Kohlenbergwerken von Hemsworth wurde gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeit zu den früheren Lohnsäßen wieder aufgenommen, wodur 800 Bergleute Beschäftigung erhalten.

Kunft und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sizung vom 11. Oktober 1893.

Herr Professor Dr. Shmoller eröffnete die Sißung mit einem Nachruf an den am 6. August d. J. zu Dresden verstorbenen Frei- herrn Louis E von Eberstein, den Verfasser einer umfangreichen Familiengeshihte und namentlich einer auf urkund- lichem Material aeaen Biographie seines Ahnherrn, des Feld- marshalls Ernst Albrecht von CGberstein, des Siegers von Nyborg. Herr Amtsrichter Dr. Holße besprah das soeben erschienene ver-

- dienstvolle Werk des Dr. Lewinéki zu Straßburg: „Die Branden-

burgishe Kanzlei und das Urkundenwesen unter den beiden Ersten Hohenzollernshen Markgrafen (1411 bis 1470)" und zeigte, wie dieses Buch zur Berichtigung, Ergänzung und Erklärung vieler Stellen der betreffenden Abschnitte des Riedel’shen Codex diplomaticus Brandenburgensis zu dienen geeignet fei. Herr Graf Lippe: Weikenteld schilderte, wie König Friedri der Große nach beendetem siebenjährigen Krieg nah Berlin heim- kehrte, das er seit dem 12. Januar 1757 nicht gesehen- hatte. Der ihm hier von der Bewohnerschaft vorbereitete feierlihe Empfang fand nicht in der von ihr gehofften Art statt, weil der König erst in später Abendstunde (zwischen 8 und 9 Uhr) eintreffen konnte; auch war das Wetter am 30. März 1763 ein sehr kaltes, unfreundlihes. Der Monarch kam an diesem Tage aus Schlesien in Frankfurt an, be- sihtigte das Kunersdorfer Schlachtfeld und hatte dann in Tasdorf mit dem Niederbarnimschen Landrath eine lange Unterredung wegen der Kriegs\{häden dieses Kreises. Schon am 10. März schrieb der Königliche Herr seinem gelehrten Freunde Marquis d’Argens, daß ihm die Ankunft in Berlin erst zwischen 7 und 8 Uhr Abends möglich sei. Es scheint, der ungeduldig den glorreihen König er- wartende d’Argens habe auf dessen Ankunft um 2 Uhr Nachmittags gerehnet, und derart sei wie ein Haupt- theilnehmer an der nicht programmgemäß gelungenen, aber überaus glanzvollen und höchst DUE Bewillkommnungsfeier- lichkeit sih ausdrückt „das Verhängniß“ entstanden, welches Ramler veranlaßte, in einer „Der Triumph“ betitelten Ode zu sagen : »: . . . Siehe, Er lenkt unsern Ehrenbogen aus und unseren gold- behangten Rossen, und besteigt den prahlenden Wagen nicht.“ So berichtet der Dichter. In Wirklichkeit aber lenkte Us Friedrich dem vor dem Frankfurter Thor erbauten, mit Ramler’'s lateinischen Inschriften gezierten Triumphbogen niht aus, sondern wurde hier vom gesammten Magistratécollegio, „ehrerbietigst empfangen und be- willkfommnet“, Stets allen Ceremonien abhold, bestieg der philo- sophische König freilih vor seiner Einfahrt in die Landeshauptstadt am 30. März 1763 keinen „prahlenden Wagen“. Er blieb in der e in Gesellshaft seines Schwagers, des Feldmarschalls tes erdinand von Braunschweig und des Generals von entulus. Die „angesehensten“ Berliner Kaufleute, prächtig uni- formirt und mit Hutkokarden, auf denen in Gold gestickt: „Vivat Fridericus Magnus“ zu lesen war, escortirten den Königlichen Wagen. Die beiden Führer der französishen Freiwilligen-Compagnie hatten die Ehre, Seiner Majestät eine prähtig eingebundene Ode überreihen zu dürfen. Andere Glückwunschgedichte, „zu deren Ueber- gabe es zu spät geworden“, nahm der Monarch am nächsten Vor-

L aues entgegen. Als die beim Schein von Wachsfakeln a

dem Wagen des Königs folgenden festlih geschmüdckten, von vielen Postillons und Postbeamten begleiteten Bürgercompagnien beim Könige lihen Schlosse angekommen, stimmten sie zu wiederholten Malen ein frohes eVivat der König! an. Der wirkliche Verlauf des in mannig- faltiger, kostbarer und herzlih gemeinter Art vorbereiteten triumpha- lishen Einzugs des Königs in Tine Hauptstadt am 30. März steht niht im Einklang mit der Legende, welche aus oben erwähntem Klage- lied Ramler's si entwickelt hat. Herr Dr. Immich spra im Anschluß an zwei in den leßten Jahren erschienene Arbeiten über die

efangennahme des Finck’ schen Armee-Corps bei Maxen. Nach den jeßt vollständig vorliegenden Briefen des Königs kann über den Zwek, den Friedri mit der Entsendung Finck's verfolgte, kein Zweifel mehr bestehen. König Friedrich hoffte durch das nah Maren vor- gesWhobene Corps der österreihishen Armee auf dem sicher erwarteten

E nach Böhmen noch erheblichen Schaden zufügen zu können. Die o G A A Behauptung, General Finck habe von vorn- herein die mit diesem Unternehmen verbundene Gefahr erkannt und 9 ¿nfänglich geweigert, Friedrih's Befehl auszuführen, ist unrichtig ; e telt ebenso wie der König die Position von Maxen für zu fark, als daß sie überhaupt von den Oesterreichern angegriffen werden

nnte. Unberehtigt sind au zum großen Theil die Vorwürfe, welche

Fink wegen seines Verhaltens in den Tagen vor der Kata trophe gemaht wurden; was er that, entsprach den Wünschen des önigs, und, wenn man von einer Schuld reden will, trifft sie Friedrich mindestens ebenso wie seinen General. Ueber . die wichtige Frage nah der Stärke des preußischen Corps geben die isherigen Untersuchungen keine genügende Auskunft. Die Angaben einer bald nah der Capitulation von österreichisher Seité veröffent- lichten Liste der Gefangenen wurden in einer preußishen Gegenschrift als zu hoch bestritten und sind infolge dessen niht weiter beachtet worden. Eine genaue Nachprüfung macht es Wal in hohem Grade wahrscheinli, daß jene Zahlen durhaus auf Wahrheit beruhen, und die Stärke des preußishen Corps ist daher höher anzuseßen, als es bisher geshah. Gegenüber einem neuerdings gemachten Versuch, P Entschluß zur Capitulation aus der Hoffnung auf Gewährung reien Abzugs zu erklären und zu rechtfertigen, betonte der Vortragende, daß Finck diesen Gedanken in Wirklichkeit niht gehabt hat, au nas Lage der Dinge nicht haben konnte. Finck {ah vielmehr, wie sfi aus seinen eigenen Worten ergiebt, sehr wohl ein, daß ihm nur die Wahl zwischen der Kriegsgefangenschaft und einem Ver- zweiflungskampf frei stand; er erwählte erstere, um seine Truppen für die Zukunft zu bewahren, um sie nicht nußlos aufzuopfern. Er stand auf demselben Standpunkt wie die so viel getadelten Generale von 1806 und 1807; fast derfelben Worte bediente ih Fürst Hohenlohe zur Entschuldigung der Prenzlauer Capitulation. eine solhe Denkungsart als berechtigt anerkannt worden; denn auch der Kampf ohne Ausficht auf Sieg, der A nur um seiner selbst willen bleibt eine That von hohem fkriegeri|{chen Werth und ist keines- wegs nußlos, hon des moralischen Eindrucks halber, den ein Widerstand bis zum äußersten und auf der anderen Seite eine Capitulation hinterlassen muß. u Verfahren, so begreiflih es auch ist, blieb doch ein gefährlihes Beispiel für die Zukunft. So erklärt es sih, weshalb König Friedrich so streng gegen Finck vorging, dem er bis dahin ein unbegrenztes Vertrauen geschenkt hatte, weshalb er dagegen einem Diericke und einem Fouqué, die in ähnlich verzweifelter Lage wie Fink den Kampf der Gefangenschaft vorzogen, die höchste Anerkennung zollte. Herr Professor Dr. B recher berichtete über die diesjährige, in Stuttgart abgehaltene Generalversammlung des Gesammtvereins der deutshen Geshihts- und Alterthumsvereine.

Dem ordentlichen Professor an der Universität München, Geheimen Rath und Ober-Medizinal-Rath Dr. von C, ofer ist, wie die Münchener „Allg. Ztg.“ mittheilt, die Function eines Präsidenten der Königli Bayerischen Akademie der Wissenschaften und die hiermit verknüpfte Function eines General- Consfervators der wissenscha\stlißen Sammlungen des Staats auf die Dauer von weiteren drei Jahren übertragen worden.

Wie f. Z. mitgetheilt, waren im Frühjahr von Seiten des Königlich bayerischen Staats-Ministeriums die Architekten Professor Hauberisser, Romeis und Gabriel Seidl eingeladen worden, in be- \hränktem Wettbewerb Entwürfe zu dem Neubau des bayerischen National-Museums in München auszuarbeiten. Im Laufe des Monats September sind nun die drei Pläne eingegangen, und am 14. Oftober traten die sämmtlichen Preisrichter zur Beschlußfassung zusammen. Das Resultat war, dem „Centr.-Bl. d. Bauv.“ zufolge, die Annahme des Entwurfs von Professor Gabriel Seidl, vor- behaltlich einiger Abänderungen für die Ausführung. Sämmtliche Entwürfe sollen öffentlih ausgestellt werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Cholera.

Desterreih-Ungarn. In Galizien sind dem „Oesterr. Sanitäts-Wesen“ zufolge vom 10. bis 17. Oktober Morgens in 31 zu 10 politischen Bezirken gehörenden Gemeinden 117 Erkrankungen mit 64 Sterbefällen gemeldet worden. Dazu kamen noch 9 Sterbe- fälle unter den früher Erkrankten. Die Neuerkrankungen haben . gegen- über der Vorwoche an Zahl etwas zugenommen, insbesondere in der Stadt Stanislau und Umgegend. In Ungarn sind vom7.bis13.Oktober 117 Per- fonen an der Cholera erkrankt und 64 gestorben ; davon entfielen auf Budapest je 8. In Bosnien wurden in der Stadt Brcka bis einschl. 13. Oktober 64 Erkrankungen mit 32 Todesfällen festgestellt.

Wien, 25. Oktober. Bei einem gestern aus Pest erkrankt ein- en Matrosen ist laut Meldung des „W. T. B.“ durch die

afteriologishe Untersuhung Cholera asiatica festgestellt worden.

Frankreich. Die Seuche ist nah den Mittheilungen, welche in der Sitzung des französishen Gesundheitsamts vom 9. Oktober gena wurden, im Süden fo gut wie erloschen, da neue Erkrankungen leßthin niht mehr angezeigt worden sind; von den früher Erkrankten ist in 2 Ortschaften des Departement Basses Alpes, in Barrême und Clumanec je 1 am 1., bezw. am 4. Oktober gestorben. Eine Besserung des Gesundheitszustandes is auch im Westen bemerkbar gewesen, insbesondere in Nantes. Sehr ungünstig hingegen lauten noch immer die N aus dem Departement Finistère. Es wurdèn dort vom 16. September bis 7. Oktober 232 Sterbefälle, seit Aus- bru der Epidemie deren 623 gemeldet. Im wesentlichen is gegen- wärtig die Cholera auf Brest und dessen Vorstädte beschränkt ge- blieben. In Brest betrug die Zahl der an Cholera seit dem 16. September Gestorbenen 94, in der Vorstadt Lambe - zellec 45, in St.-Pie2rre-Quilbignon bis Ende September im Durchschnitt täglich 3, vom 1. bis 7. Oktober insgesammt 2. Sonst ist in dem erwähnten Departement nur in Douarnenez ein ver- einzelter Todesfall festgestellt worden.

Rußland. Ueber den Stand der Cholera-Epidemie in Polen wird Folgendes berichtet : In Warschau sind in der Zeit vom 13. bis 20. d. M. 8 Erkrankungen und 6 Todesfälle vorgekommen; in den Kreisen Radzimin, Warschau, Gostynin und Wlozlawsk (Gouverne- ment Warschau) vom 11. bis 19. d. M. 33 bezw. 14; in Kolo, Ozorkow und Lenczyce (Gouvernement Kalisch) vom 10. bis 18. d. M. 9 bezw. 6; im Kreise Cholm (Gouvernement Lublin) vom 11. bis 19. d. M. 5 bezw. 2; im Kreise Konstantinow und Sokolow (Gou- vernement Siedlez) vom 12. bis 20. d. M. 48 bezw. 22; in Prasnysz, Mlawa und Kreis Plonsk (Gouvernement Plozk) vom 10. bis 19. d. M. 42 bezw. 22; in den Kreisen Lomza, Makow, Ostrolenka, Pultusk, Ostrow und Mazowieck (Gouvernement Lomza) vom 12. bis 19. d. M. 419 bezw. 210; in Mariampol und Godlewo (Gouvernement Suwalki) vom 12. bis 19. d. M. 4 bezw. 4.

Rom, 2. Oktober. In den leßten 24 Stunden sind, wie „W. T. B.“ berichtet, in Livorno 9 Erkrankungen an Cholera und 9 Todesfälle vorgekommen, in Rom 3 verdächtige Erkrankungen.

Spanien. In der Provinz Biscaya scheint, wie in den g N enttoungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts" berichtet wird, die Cholera in Baracaldo erloshen und an den fonst ergriffenen Orten im Abnehmen zu sein. Vom 9. bis 15. Oktober erkrankten und starben in Bilbao 10 (6), 8 (4), 13 (6), 8 (4), 14 (3), 7 (5), 6 (7), fonst in der Le 7. (10), 17 (9), 16 100), 9. (D), 8 1 (1), 10 (1), insgejammt 144 (68).

Verdingungen im Auslande.

Spanien. 16. November, 12 Uhr. Municipalität von Mahon (Balearen) : 10 000 e Beleuchtung der Stadt Mahon auf 30 Jahre. Caution

Portu

al. 7. November, 12 Uhr. Königlich portugiesishe Eisenbahngesell-

schaft in Lissabon: Lieferung von 510 Stahlreifen, und zwar 260 für

Locomotivräder, 50 für Tenderräder und 260 für Näheres an Ort und Stelle. 31, Oktob Directi der Se Ÿ tthard-Eisenbah L ¡ ober. irection der St. Gotthard-Eisenbahn in : Errichtung eiserner Brücken : 345 Tonnen. S

elgien. 30, Oktober. Finanz-Ministerium in Brüssel: Lieferung v verschiedenen Tuchen und Stoffen für die Beleidi, der Soltbenmten.

aggonräder.

Niemals ist aber |

Angebote find auf geftempeltem Papier einzureichen. Lastenheft und A liegen im Bekleidungsmagazin im öffentlichen Entrepot zu Brüssel von 10 bis 3 Uhr täglich aus. :

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 25. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Llovt. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am 23. Oktober Nachmittags die Reise von Gibraltar nah Genua fortgeseßt. Der Postdampfer „Weimar“ ift am 21. Oktober Morgens auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Amerika“ ist am 23. Oktober Nachmittags in New“ York angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Oldenburg“ hat am 23. Oktober Sia die Reise von Genua nah Neapel fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 24. Oktober Vormittags Scilly passirt. Der Postdampfer „München“ ist am 24. Oktober Mittags ‘in Genua angekommen. Der Reichs-

ostdampfer „Karl Sruße” ift .am 23. Oktober Nachmittags - in

den angekommen. er Reichs-Postdampfer „Gera“ hat am 24. Oktober Morgens die Reise von Genua nah Southampton fortgeseßt. Der Scnelldampfer „Elbe“ ift am 24. Oktober Morgens in New-York angekommen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Ein Dieigetites Schauspiel mit dem Titel „Chic“, das von dem feinsinnigen Novellenschriftsteller Alexander von Roberts verfaßt ist, ging gestern Abend unter lebhafter Theilnahme der Zu- schauer zum ersten Male in Scene. Unter „Chic* scheint der Ver- fasser alle jene N und herzlosen Mode- und Vergnügungsthor- heiten zu verstehen, die wie Auswüchse der natürlihen Entwickelung erscheinen und besonders in großen Lurxusbädern sih den Besuchern aufdringlih bemerkbar machen. Der erste Act des neuen Stückes spielt in einem Hotelgarten in Baden-Baden und der leßte auf einer Parkterrafse von Monte Carlo; beide geben ein Spiegel- bild des wüsten, oberflählihen Gesellshaftstreiben2, das man fast nur an solchen Orten zu finden pflegt. Ein junges Mädchen, das unschuldig und fröhlih geblieben ift, obwohl - die Mutter und der Bruder cine unstäte unsichere Eristenz führen und über dem ungenannten Vater ein düsteres Geheimniß waltet, gewinnt mit zartem, feinem Sinn einen rehts{chafffenen Mann, den Afrika- reisenden Dolberg. Der jungen frishen „Lux® begegnet man in der thüringishen Heimath ihres Gatten nur mit s{heelen Bliéen und miß- trauisher Ablehnung. Ein Besuh ihrer Mutter, die von ihr Ab- {ied nehmen kommt, um mit ihrem eben aus dem Gefängniß ent- lassenen Gatten, einem früheren Eisenbahn-Director, in der Ss ein neues Leben zu beginnen, enthüllt der Tochter das traurige Familien- geheimniß. Troß der trostreihen Zusprahe Dolberg's, der die Vergangenheit seines Schwiegervaters kannte, besteht die junge Frau in einem unbegreiflihen Mißverstehen darauf, den

Gatten zu verlassen und den Eltern zu folgen. Jn Monte Carlo,

wohin Lux mit ihren Eltern gegangen, trifft sie wieder mit ihrem Manne zufammen. Dolberg, der im Begriff steht; wieder nah Afrika abzureisen, kommt gerade zur rechten Zeit in die Spielhölle, um seine Frau in feinen Schuß zurückzunehmen, als sich ihr Vater eine Kugel dur den Kopf jagt. Um eine volle Vorstellung von dem Inhalt des Schauspiels zu gewähren, müßte die Handlung noch aus- führlicher erzählt werden; dean eine leitende Jdee läßt ih ebenso

wenig darin erkennen, wie ein lebendiger, streng durhgeführter Charakter.

Der Verfasser will in dem Schausviel die Erbärmlichkeit und Ver- kommenheit der Lebewelt, deren höchste Gottheit man „Chic“ nennt, aufdecken und verurtheilen; er läßt in diesem Sumpf ein reines, gutes Menschenkind mit starker Empfindung aufblühen, das an den Eltern wie d** beste Tochter hängt, das aber endli, nahdem es über den geliebten Mann endloses Unglück heraufbeschworen hat, glüdcklih mit ihm wird. Zu gleicher Zeit richtet der Verfasser strafende Worte gra die gute, ehrbare, aber etwas engherzige Welt, wie sie zuweilen auf dem Lande und in kleinen Städten zu finden ist, weil fie der in ihrem Benehmen sehr freien, auch manchmal sehr unüberlegten, aber uns{huldigen Lux kühl und abweisend begegnet. Der Ernst, mit derm der Verfasser allem, was ihm unwahr und oberflählih erscheint, zu Leibe geht, gewinnt ihm sicher Achtung und Sympathie; sein An- griff verliert aber an Wirkung durh die Zerstreutheit und Zer- fahrenheit der Kampfesweise. An Handlung fehlt es dem Stück nicht; man erkennt nur niht immer den inneren Zusammenhang der Vor- gänge und die Nothwendigkeit vieler neu eingeführter Personen und breit angelegter Scenen. Im Beginne fpinnen si tausend E an, die auf eine große innerlih gefestigte Handlung {ließen lassen, aber nur fehr wenige können mit dem Grundgedanken zu Ende geführt werden. Fast gewann man den CEindruck, als s die Menge der Figuren die mangelhafte Charakterzeihnung verdecken sollte. Lux, die Hauptträgerin des Schauspiels, läßt in Baden-Baden einen geheimen Abscheu vor dem hohlen Treiben, vor dem Wander- leben von Hotel zu Hotel durhblicken und giebt einer {merzlichen Sehnsucht nah einer festen, sicheren Heimath Ausdruck; auf den thüringischen Gütern ihres Gemahls aber, als sie die sichere Heim- stätte gefunden, treibt sie unbegreifliche Kindereien und sehnt fih nah dem tollen Treiben Ntizzas und Wiesbadens; im Schmerz zeigt sie plößlich eine große, überstolze Seele, die sich dur das einzige Wort „Mitleid“ tödtlich beleidigt fühlt und deshalb ihren Gatten flieht, um mit den Eltern das Leben einer Hochstaplerin zu führen. \ Charakter der Mutter scillert in allen Schattirungen von einer Abenteuerin bis zum opferfähigen Weibe hin und her. Der arme Afrikareisende will viel und kann nihts. Die Nebenversonen kommen diesen gegenüber garnicht in Betraht. Zuweilen bricht durch die Menge grober Unnatur eine wirkli zarte Empfindung, ein fein beobachteter Charakterzug, ein glückliher Gedanke, der den begabten Romancier verräth, hindur; aber ein Dramendichter hat si in diesem Schau- spiel nicht offenbart. Das Stück ist mit großer Sorgfalt in Scene geseßt worden. In der Nolle der Lux trat Frau Sorma auf, aber auch ihr über- legtes Spiel vermochte nicht zu einer klareren Anshauung der Gestalt zu verhelfen. Sie übertrieb in der Fröhlichkeit dur manche uns{önen Bewegungen, dur manche Formlosigkeit; im Schmerz und in der Leidenschaft fand sich aber die große Künstlerin wieder, und der dritte Act erzielte durch die ergreifende Darstellung der Frau Sorma eine irkung; den leßten Aufzug vermochte sie niht zu retten.

roße Herr Kraußneck als Dolber tark auf; jeder Gesinnungswechsel trat e

trug die Os von Beginn an zu 3 t at ebenso s{chnell wie beftig in feinen Aeußerungen ein, ohne daß seine inneren Ürsachen angedeutet wurden. Von den übrigen Mitwirkenden trat nur Frau Bau- meister in einer einen, mit Humor gespielten Rolle, als Haus- hälterin der chrbaren Familie Dolberg, hervor. An Beifall und an Gern armasen, d wg bter Wr ai jane e En galten, feblte nicht. ac) dem leßten Act machte sih allerdings au wa Widerspruch bemerklich. s is gs

Concerte.

Die beréits vortheilhaft bekannte Pianistin Fräulein Helen Ne: gab am Dienstag im S A Beta ein twn in welchem sie außer dem {on früher mit Beifall aufgenommenen Klavier-Quartett von E. E. Taubert noch Solostücke von Mozart, A von N Mendelssohn, Raff und anderen

ehôr brate. In allen Vorträgen bewies die Künstlerin die stets an ihr gerühmte, gut geshulte Technik und eingehende Ausdruck3weise. Die Concertsängerin räulein Oberbeck unterstüßte das ncert lele Ee S SMae E, as die Herren Cerecte l meister Grünber relle un emann brachten erwähnte Ras A d Wi Sins. Á ah ps | . Gestern li im Saa cchstein die Co ängerin räulein Helene Frank hören, und n in Sis Ren in E Brahms, Bungert, J. Eichberg und anderen. Die woblgeshulte Stimme is in der Mittellage von fehr angenehmer Klang, während die Höhe ein wenig scharf, klingt; ganz beson!