1913 / 12 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jan 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Nedner der freikonservativen Fraktion hat soeben. bei einzelnen Stellen fein mangelndes Einverständnis mit dem Etat zum Ausdruck gebracht. Dabei sind auch manche Fragen zur Sprache | ge- fommen, welde uns nah meiner Ansicht bei der zweiten Lesung des Etats hier wieder beschäftigen werden, und welche unbedingt einer vorherigen Klärung in der Kommission bedürfen. Diese Fragen werde ich daher nur so weit berühren , als es unumgänglih notwendig ist, und behalte mir vor, bei der zweiten Lesung darauf ausführlicher zurückzukommen. Ih muß zunächst mit dem Herrn Abg. Dr. Friedberg beginnen.

Dieser hat den Nachtragsetat einer ziemlich scharfen Kritik unterzogen, und zwar nach zwei Richtungen hin: einmal nach der Nichtung, daß es überhaupt notwendig geworden ist, einen folhen Natragsetat vorzulegen, und* zweitens nach der Richtung, wie die erforderlihen Aufwendungen gedeck werden sollen. Ueber die erste Frage wird si der Herr Eisenbahnminister auszulassen haben; die zweite Frage geht mih besonders an.

Herr Abg. Dr. Friedberg hat es ganz besonders unangenehm empfunden, daß der Nachtragsetat zum allergrößten Teil aus dem Ausgleihsfonds gedeckt werden soll, er. hat gemeint, der Ausgleihsfonds wäre an sich dazu in keiner Weilfe bestimmt gewesen. Er hat zwar zugegeben, daß der von mir in meiner vorigen Rede zitierte Etatsvermerk, welcher darauf abzielt, daß die Bestimmungen des Geseßes über den Aus- gleichsfonds anzuwenden sind, die Regierung berechtige, so zu ver- fahren; aber er beklagt es bitter, daß die Regierung überhaupt fo verfährt. Meine Herren, ih muß zunächst bemerken, daß der Etats- vermerk, den Herr Abg. Dr. Friedberg als von ihm bei der damaligen Etatsauffstellung übersehen bezeichnet, sich schon seit denr Jahre 1910 im Etat befindet; er ist im Einverständnis zwishen der Regierung und dem hohen Hause darin aufgenommen worden, als das bekannte und hier so oft besprohene Abkommen über die Verwendung der Gisenbahnübers{üfse getroffen wurde. Die Regierung ist infolgedessen nicht nur berechtigt, sondern nah meiner Ueberzeugung au ver- pflichtet, hiernah zu verfahren. Denn wenn ein derartiges Abs fommen mit fo klaren Worten in dem Vermerk zum Ausdruck ge- bracht ift, dann muß die Regierung, folange das Abkommen besteht, sich auch an die genauen Bestimmungen des Abkommens halten ; sonst würde das hohe Haus der Regierung den begründeten Vorwurf machen können, daß sie von den vereinbarten Bestimmungen ab- gewichen wäre.

Herr Abg. Dr. Friedberg hat nun gemeint, es wäre außer- ordentli verwerflich, daß der Nachtragsetat aus dem Auégleihsfonds bestritten werden soll, weil der Ausgleihsfonds eigentlich für f{chwere Zeiten zu reservieren sei und nicht für alle übrtgen Zwecke sofort herangezogen werden dürfe. Er hat sogar gesagt, ich beträte damit geuau denselben unglüdfeligen Weg, den auch mein Herr Amts- vorgänger beschritten hätte, indem er auf diese Weise den Ausgleihs- fonds wiederholt geschwächt und dadur afktionsunfähig gemacht hätte. Ich war nun gespannt darauf, welchen Ausweg Herr Dr. Friedberg vorschlagen würde, wie die Regierung hätte verfahren müssen. Da kam er nun nit, wie ih erwartet batte, auf den Anleiheweg, sondern er erklärte, es wäre notwendig gewe fen, diese Beträge aus dem Ordinarium zu bestreiten; denn es wären sämtlihe Ausgaben, die in das Ordinarium hineingehörten; es wäre auch unbedingt notwendig gewesen, fie rechtzeitig dort einzustellen und

nit verspätet.

Meine Herren, über die Aufstellung des Eisenbahnetats ift im Fahre 1911 dem hohen Hause eine eingehende Denkschrift zugegangen, und in dieser ist genau auseinandergeseßt, welhe Beträge in das Ordinarium und welche in das Extraordinarium hineingestellt werden sollten, und dabei ist ausgeführt, daß die nachträglihen Kapital- aufwendungen für vorhandene Eisenbahnen, soweit fie insgesamt einen Betrag von 100 000 ( nicht überschritten, in das Ordinarlum, soweit fe 100 000 4 überschritten, tn das Extraordinarium hineingehörten. Dem ist ausdrücklih hinzugefügt worden, daß es nicht auf jede einzelne órtlide Ausgabe ankomme, daß die einzelnen Ausgaden nicht für si gesondert zu betraten seien, fondern daß dic Gesamt- aufwendungen für einen und denselben Zweck, auch wenn fie zeitlih und örtlih verschieden seien, zusammengefaßt und darnach die Abgrenzung vorgenommen werden folle; wenn sih darnach ergebe, daß der Betrag unter 100 000 4 bleibe, so gehöre er ins Ordi- narium, wenn si ergebe, daß es über 100 000 feien, dann gehöre er ins Extraordinarium.

Meine Herren, wenn Sie sih darauf hin den Nachtragsetat an- sehen, so werden Sie finden, daß er nur erheblich höhere Auf- wendungen als 100000 1 enthält. Also die Vorausfezungen, die in der Denkschrift damals näher dargelegt und auch vom hohen Hause gebilligt worden sind, treffen auf diefen Nachtragsetat vollständig zu.

Aber, meine Herren, wollte man au von dieser Streitfrage ab- sehen, so würde do der Herr Abg, Dr. Friedberg mit seiner Anregung praktis nichts anderes erreihen, als was die Staa!sregierung mit dec vorgeschlagenen Verwendung des Ausgleihsfonds auh erreicht. Auch feine Anregung würde den Ausgleihsfonds ganz empfindlich s{Wwächen, und der Unterschied wäre nur, daß die Staats- regierung den bereits durch eine Jahresrechnung festgestellten Ausgleichsfonds in Anspruch nimmt, während Herr Dr. Friedberg mit feinem Vorschlage die Abführungen zum Ausgleichfonds herab- mindert; denn was in den einzelnen Jahren aus dem Ordinarium bestritten wird, vermindert die Eisenbahnübershüsse und schwächt die Abführungen zum Ausgleihfonds. Also das Endergebnis ist ganz genau dasfelbe, der Ausgleihfonds wird so und fo geschwät.

Herr Abg. Dr. Friedberg hat im übrigen gemeint, es müßte auch noh eine wesentlihe Veränderung vorgenommen werden in bezug auf die Beteiligung der Finanzverwaltung bei der Bemessung der Eisen- bahnausgaben, und er hat vor allen Dingen darauf hingewiesen, es wäre ja geradezu unertröglißh und hätte fich auch son als un- erträglich herausgestellt, daß \chleunige Maßnahmen oder s{leunige Bauten bei den Staatseisenbahnen, wenn eine Etatsüberschreitung dadurch notwendig würde, nicht vorgenommen werden könnten, ohne daß die lange Zeit erfordernde und sih hinshleppende Genehmigung des Finanzministers erst eingeholt wäre. Herr Abg. Dr. Friedberg be- findet sich in dieser Hinsicht im JIrrtum. Es i} richtig, daß bei den übrigen Verwaltungen, 5 wenn sich eine Etats- Abershreitung als notwendig herausstellen follte, zunächst die Zu- Aimmung der Finanzverwaltung eingeholt werden muß. Bei der Gisenbahnverwa"tung mit ihren ganz besonderen Verhältnissen find aber hiervon Aus ahmen gemacht; die Eifenbahnvcrwaltung darf

Etatsüberschreitungen in größtem Umfange ohne vorherige Zustimmung des Finanzministers vornehmen, und außerdem befißt ja auch die Eisen- bahnverwaltung regelmäßig noch Restsummen aus den früheren Jahren, die fie in die Lage seßen, wenn sie Geld braucht, die Ausgaben damit zu bestreiten. Also es liegt gar nicht an der Finanzverwaltung und an dem bitherigen Verfahren, daß die Eisenbahnverwaltung irgendwie eingeengt würde, und die Vorwürfe, die Herr Abg. Dr. Friedberg gegen die Finanzverwaltung deshalb erhoben hat, treffen nit zu.

Herr Abg. Dr. Friedberg hat mir dann bei Besprehung des Jahres 1913 den Vorwurf gemacht oder den guten Rat gegeben, ih möchte doch das Prophezeien unterlassen; ih hätte im vorigen Jahre prophezeit und dabei ganz falsch prophezett, und ih prophezeite in diesem Jahre wieder und würde zweifellos au wieder falsch prophezeien ; das Prophezeien habe überhaupt keinen Zweck und shädige eine richtige Etataufstellung.

Meine Herren, die Prophezetung, die ih im vorigen Jahre gegen- über dem Herrn Abg. Dr. Friedberg ausgesprochen habe, hat ja nah seiner eigenen Erklärung nur darin bestanden, daß ih thin gesagt habe, er verwende die vorhandenen Zahlen nicht ganz zutreffend; denn in den Uebershüssen, in den reihen Erträgen, die das Jahr 1911 brächte, säße eine große Zahl von einmaligen Einnahmeziffern, von denen man nicht annehmen könne, daß sie in Zukunft wieder vorkämen. Herr Dr. Friedberg zieht daraus den Schluß: weil wir in diesem Fahre trogdem diese hohen Zahlen wiederbeklommen haben, hätte ih falsch prophezeit, und ih follte das unterlassen. Meine Herren, was ih getan habe, war kein Prophezeien, sondern lediglih eine Kritik seiner Berehnung, indem ih eine Gegenrehnung aufgemacht habe. Herr Dr. Friedberg hat Zahlen in seine Nehnung gestellt, von deren Nichtigkeit ih mich nicht voll überzeugen konnte.

Die Finanzverwaltung ist doch ‘ganz ohne Frage diejenige Verwaltung, welhe am ersten Bescheid darüber wissen muß, was fsi&@ für Einnahmen bekommt, und welcher Natur diese Einnahmen sind. Die Finanzverwaltung würde ihre Pflicht ver- leßzen, wenn sie dem hohen Hause niht mittetlen wollte, daß in einzelnen Fällen diese oder jene Einnahme eine folhe wäre, von der man sagen müßte, sie käme nur außerordentlich und niht regelmäßig vor. Das hohe Haus kann diefe Zahlen nicht so genau beurtetlen ; aber wir, die wir die Ginnahme felbst berommen haben, müssen das fönnen und find verpflihtet dazu, dem bohen Hause Mitteilung darüber zu machen. Wenn ih also im vorigen Jahre erklärt habe: bei diesen Einnahmen is mit einer Wiederkehr niht zu renen, dann habe ih nit prophezeit, fondern nur meine Pflicht erfüllt, indem ih dem hoben Haufe gesagt habe: in dieser Zahl steckt cin sehr unsicherer Faktor. Genau dasfelbe gilt auch für das Jahr 1913. Auch für das Jahr 1913 habe ich nicht prophezeit, sondern“ ih habe erklärt: auch in den hohen Einnahmeziffern des Jahres 1913 steckt zum guten Teil noch ein Konjunkturgewinn, also ein unsicherer Faktor. Auch dazu halte iG mich verpflihtet; denn wenn man Zahlen angeben und daraus Schlüsse ztehen will, muß man auch den Inhalt der Zahlen näher kennen und näher begründen. (Sehr richtig! rets.)

Ih möchte aber den Spieß umkehren und Herrn Dr. Friedberg sagen, daß er prophezeit. Herr Dr. Friedberg hat im vorigen Jahre gesagt: Diese günstigen Verhältnisse bleiben so und werden auch weiter so bleiben. Das nenne ich prophezeien. Er hat in diesem Jahre, als er darüber \prach, ob unsere Eisenbahnen in Zukunft eventuell einen höheren oder geringeren Ertrag bringen würden, aus- drücklih mit erbobener Stimme erklärt: ein wesentlicher Rückgang in den Einnahmen der Eifenbahnen sei nie zu erwarten. Meine Herren, ih möchte von Herzen wünschen, daß Herr Dr. Friedberg mit diesen feinen Behauptungen Necht hat; ih wäre der allerleßte, der irgend- wie ein betrüblihes Empfinden tabei haben würde. Aber eine Pro- phezeiung if es, und es ist ein in die Rehnung stellen cines Faktors, der tatfächlih auf unsicheren Füßen steht.

Meine Herren, Herr Dr. Friedberg hat dann gemetnt : ja, der Etat wäre diesmal so gut, daß ich wirkli in Verlegenheit geraten wäre, was ich nun sagen follte, um ihn wieder etwas \chlechter erscheinen zu lassen. Daß der Etat seine Lichtseiten bat, habe ich bei meiner Etatsrede durhaus hervorgehoben. Aber in cine Verlegenheit bin ih deswegen noch keineswegs gckommen, wie ih hier näher aus- einandersegen follte, was an dem Etat nun doch wieder auézuseßen wäre. Es liegen die Momente, die bei unserm Etat auch dafür \sprehen, daß noch manches anders werden muß, so klar zutage, daß von einer Verlegenheit abfolut feine Rede sein kann. Herr Dr. Friedberg hat gemeint, es wäre ganz fünstlih etne neue Ausgabe konslruiert worden, indem tch auf einmal erklärte, es wäre notwendig, daß die Staatsschulden \chärfer getilgt würden, und er hat dann. zum Berveise dafür, daß ich mich mit dieser Notwendigkeit in einem Srrtum befinde, daß ih da schwarz male und etwas Unnôstiges fordere, darauf hingewiesen, daß bei unserer Staatseisenbahnverwaltung ja dle Verhältnisse so lägen, daß an eine weitere Tilgung absolut nicht gedacht zu werden brauche, daß das nit notwendig fei und daß die Finanzwirtschaft bei unseren Eisenbahnen so bleiben müsse wie bisher. Ja, ih weiß nit, ob nicht Herr Dr. Friebberg hierbei elroas nebenbei gefochten hat. In meiner Etatêrede habe ih ausdrüdcklich erklärt, die Verhältnisse würden ganz unerträglich scin, wenn wir nicht bei der Cisenbahn- verwaltung {hon eine gewisse Schuldentilgung hätten, und ih habe ferner in meiner Rede darauf hingewiesen: wir müßten diese Frage bei Neuordnung der Verwendurg der Eisenbahnübershüfse zugleich mitregeln. Den Haupts{hwerpunkt habe ih aber darauf gelegt, daß ih erklärt habe, bet unserer übrigen Staatss{huld von 2,5 Milliarden bestehe cine absolut unzulänglihe Tilgung von ?/; 9% von der jeweils validierenden Staatss{uld. Ueber biese Frage hat Herr Dr. Fried- berg eigentli fehr wenig gesagt; er hat sich nur auf die andere Frage beschränkt, indem er tarüber gesprochen hat, daß bet der Eisen- bahnverwaltung eine stärkere Tilgung der Schuld nicht notwendig sei. Auch in dieser Frage bin ich durchaus anderer Anficht als Herr Dr. Friedberg. Ih habe sie auch hier hon wiederholt mit ihm erörtert und glaube, daß sie hier noH§ mehrmals zur Sprache kommen wird. Darum möchte ih es mir versagen, das hohe Haus bei der vorliegenden Gelegenheit nochmals mit diesen Ausführungen zu be- belligen; aber das eine möchte ih doch betonen, daß Herr Dr. Fried- berg in dieser Frage eigentlich allcin. steht. Herr Bankdirektor von Gwinner, Mitglied des Herrenhauses, hat im vorigen Jahre der Finanzverwaltung sehr eingehende Vorschläge über die Art der Schuldentilgung bei der Gisenbahnverwaltung gemacht; hat es aber dabet immer für unbedingt notwendig erklärt, daß wir zu einer end- gültigen Abstoßung auch der Eisenbahnshuld kommen müssen. Ich glaube do, meine Herren, das ist ein Gewährêmann, der r.tcht auf

seiten der Bureaukratie, sondern îm praktischen Leben \téht, vor allei auch im wirtschaftlichen Leben, und der infolgedessen bet dieser Frage sonst immer von den Gegnern unserer Auffassung gern zitiert wird, Aber, mneinè Herren, ih möchte, wle gesagt, auf diese von mir fo cfi mit Herrn Dr. Friedberg behandelte Frage in diesem Augenblick n'{t weiter eingehen.

Was nun die Tilgung der 2,5 Milliarden Schulden, die nicht ;y den Eisenbahnsculden gehören, anlangt, so haben Herr Dr. Friedberg sowohl wie Herr Graf Prashma in meinen Ausführungen über die Staats\{uld einen starken Widerspruch zu denjenigen Ausführungen gefunden, in denen ih die Notwendigkeit einer stärkeren Schulten, tilgung begründete. „Bei meinen Ausführungen über die Staatsfchuld habe ich allerdings erklärt, daß diese Staatsschuld, Gott fei Dank, zum allergrößten Teile für werbende Anlagen aufgenommen wäre, und daß sie zum größten Teile von den Eisenbahnen und den Berz, werken zu verzinsen und zu tilgen set, und daß !man infolgedessen den Betrag der Staatss{huld durhaus ohne Bedenken betrahten könne und die ganzen Verhältnisse immerhin als durchaus gesund bezeichnen müsse. Meine Herren, diese meine Erklärung is doch dem hohen Hause durchaus nichts Neues; denn ih habe im vorigen Jahre in meiner Etatsrede ganz ähnlihe Ausführungen gemaWt und habe sie nur in diesem Jahre nochmals autdrücklich hervorgehoben, um mir nicht den Vorwurf zuzuziehen, daß ich durch eine Anregungen über die Einführung der Schuldentilgung wieder chwarz in schwarz gemalt habe. Wenn ih aber au in dieser Beziehung hervorgehoben habe, daß die Verhältnisse, Gott sei Dank, gesund seien, ist doch andererseits die Frage der Schuldentilgung ens und wir müssen in Zukunft einer besseren Tilgung unserer Staatss{chuld näher treten. Ich glaube, daß ein Widerspru in diesen meinen Ausführungen niht vorhanden ift.

Meine Herren,. dann sind hier fehr heikle Fragen eingehend be \prohen worden, nämli die Fragen der Gewährung von Teuerungs- zulagen, der Erhöhung der Assistentengehälter und der Gewährung von Unterstüßungen an die Altpensionäre. Diese Fragen werden uns ja ohne Zweifel noch in der zweiten Lesung sehr eingehend be- schäftigen; aber da sie hier doch schon von verschiedenen Seiten her energish aufgegriffen worden find, will ih gleih ein paar Worte dazu fagen.

Ich will mit den Teuerungszulagen anfangen. Meine Herren die Teuerungszulagen bedeuten an fih nur die Einführung einer vor übergehenden Maßnahme; man nennt se Zulagen aus einem besonderen Anlaß. Infolgedefsen müßte man begrifflih sofort daraus folgern, daß, wenn der besondere Anlaß fortfällt, dann au die Zulage tn Fortfall gebraht werden muß. Aber die Natur der Dinge führt zu ganz anderen Konsequenzen. Jch) habe in meiner Verwaltungslaufbahn, au in der Kommunalrerwaltung, noch nicht erlebt, daß da, wo Teuerung8zulagen gewährt wuden, diese Teuerungszulagen jemals wieder aufgehoben wurden. Eine Teuerungé- zulage hat tatsählich die Natur einer dauernden Zulage; es ift un möglich, ohne den, der die Zulage empfangen hat, wirtschaftlih {wer zu \{ädigen, in Zukunft diese Zulage wieder fortzunehmen. Infolge- dessen ist eine LTeuerungészulage cine Besoldungterhöhung unter anderem Namen. Als die Petition der Unterbeamten, welche damals bier verhandelt worden ist, seitens des Herrn Unterstaatsfekretärs Michaelis beantwortet worden ist, hat er schon darauf hingewtesen, daß, wenn man jedem Unterbeamten eine Teverungszulage von 100 #6 gewähren wollte, hierzu ein Betrag von etwa 17 Millionen Mark erforderli wäre. Mit den Unterbeamten wäre es aber nicht getan, denn neben den Unterbeamten find auch zahlreihe mittlere Beamte in ähnlicher Lage wie die Unterbeamten, wenn stärkere, ungewöhnlie Anforderungen an sie herantreten. Infolgedefsen würde der Betrag von 17 Millionen kaum ausreichen, und es wäre wohl sofort ein sehr viel größerer Betrag für Gehaltserhöhungen zur Verfügung z! stellen. Ih habe in meiner Etatsrede erklärt, hierfür wären tic Mittel noH nicht vorhanden, und ih muß dies auch hter ausdrüdltich wiederholen: troßdem der Etat sih im Gleichgewicht befindet, haben wir für eine derartige einschneidende Maßregel zurzeit die Mittel no nit, und wir müssen deshalb suchen, auf anderem Wege eine Abhilfe zu hafen. Die Konsequenzen einer derartigen Maßnahme liegez nicht allein auf dem Gebiete des preußischen Staatshaushalts, die- selben Konsequenzen würden stch bemerkbar machen im Reih und in den Kommunen; fie sämtlich müßten auf demselben Wege vorgchern, und es wäre eine weitere Besoldungserhöhung in allen diesen Ver- bänden, in Staat, Neih und Kommunen, notwendig. Die ent- spredenden Mittel fehlen aber gegenwärtig, und die Zeit dafür ift auch noch nicht gekommen.

Das ist auch der Grund, weshalb die Köntglihe Staatsregieruyg ih zu ihrem lebhaften Bedauern außerstande gesehen hat, dern Wunsch der Assistenten, daß sie den Assistenten im Reich in den untersten fünf Gehalts\tufen gleichgestellt werden möchten, ich be- merke ausdrücklich, nur in den untersten fünf Gehaltsftufen, in den böberen Gehalts\tufen sind die Gehälter gleich zu erfüllen. Daë hohe Haus hat im vorigen Fahre allerdings beschlossen, es möchte unter Abänderung der bisherigen Besoldungsordnung" ein Gesegentwurf eingebraht werden, um diese Gleichstellung herbeizuführen. Die Königliche Staatsregierung verkennt in Feiner Weise, daß die Beamtenkategorie, welhe in Frage kommt, eine äußerst widhtige und au der Erhöhung würdige Kate- gorie ist ; aber die Staatsregierung mußte auf der andern Seite si au die Folgen einer folchen Maßregel klarmachen, und die Folgen haben fie doch davon abgehalten, einen Geseßentwurf elnzubringen- Ste wissen selbst aus der Budgetkommission und aus den vielen Petitionen, welche Ihnen zugehen, daß von den verschiedensten Beamtenklassen immer wieder die Forderung auf Aenderung ihrc? Besoldung erhoben wird, und taß auf vtelen Seiten der Wunsch besteht, daß nah der oder jener Richtung Abänderungen getroffen werden möchten. Die Staatsregierung wäre ganz außerstande, und auh Sie Sie erst ret wären ganz außerslande, in dieser Hinsicht Nein zu sagen, wenn der erste Schritt auf diesen! Wege getan und die Besoldungsordnung einmal abgeändert wäre. Bis dahin hat die Staatsregierung konsequent den Standpunkt innegehalten, daß an der Befoldung8regelung bis zur Vorkeguns einer neuen Besoldungsordnung nit gerüttelt werden solle-

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

RBÉGÓAZA (Schluß aus ber Ersten Beilage.)

Dieser Standpunkt der Negierung hält die bisherige Besoldungsordnung aufrecht. Wird an einer Stelle ein Stein herausgenommen, dann stürzt tas ganze künstliße Gebäude zusammen, und aus diesem Grunde bat sih die Staatsregierung außerstande gesehen, dém Wunsch des Hauses entgegenzuklommen. Sie kat indessen, um dem Hause ein Entgegenkommen zu beweisen, die Unterstüßungen auf 809/9 der Gehalts8unte:shiede erhöht; fie auf den vollen Saß zu bringen; war leider nicht mögli®§, weil das eine direkte Gesekesumgehung ge- wesen wäre. Die Besoldungen können bekanniliß nur dur Gesetz geändert werden, und das Herrenhaus muß dazu seine Zustim- mung geben.

Bezüglich der Regelung für die Altpensionäre ist auH eine Behauptung aufgestellt worden, die ih nit unwidersprocen ins Land hineingehen lassen kann. Es i ( orden, die Beschlüff 3 Abaeérdaetanbaises in Bs L D s S n O sionâre wären von der Staatsregierung niht erfüllt worden, vor allen Lingen wêre ter Wunsh des Abgeordnetenhauses, daß auch ohne Antrag die Unterstüßungen an Al1pensionäre gewährt würden, abgelehnt worden; ein jeder müßte etnen besonderen Antrag stellen. Diese Behauptung ist nicht zutreffend. Ueberall, wo der Staats- regierung die Unterstützungsbedürstigkeit bereits bekannt ist, werden die Unterstüßungen an UAltpensionäre auß ohne YAn- trag gegeben. Allen übrigen geht einfa beim Empfang ihrer Penfion ein Fragebogen zu, den sie ausfüllen können; damit ift die ganze Angelegenheit tn die Wege geleitet. Die Altpensionäre baben also einen sehr bequemen und leihten Weg, der sie in keiner Weise verleßt oter thnen Schwierigkeiten bereitet. Wie richtig dieser Weg ist, beweist, doß in den lezten Monaten, seitdem dics Verfahren ein- geführt ist, die Anträge der AÄAltpensionäre sehr zugenommen haben. Das schiebe ih nit bloß auf die teuren Zeiten, sondern darauf, daß das von der Staatsregierung cingeschlagene Verfahren durchaus be- friedigend ift. Jch werte das in der Kommission noch näher nah- weilen.

Nun Tönnte mir euntgegengehalten werden: warum hält denn die Staatsregierung immer zurück, warum erfüllt sie niht einfa voll die Wünsche? Sie hat ja Geld wie Heu. Herr Dr. Friedberg hat nachzuweisen versucht, daß in unserem Etat mehr siecke, als nah außen die Ziffern ergeben. Denn 1911 Hätten wir bei Einrechnung der fortfallenden Defizitanleihe einen Mehrüberschuß beim Staatshaushalt von 37 Millionen erzielt und würden 1912 voraussi@tlih einen solWen von 8 Millionen erzielen. Diese betden Ziffern timmen. Aber was beweisen sie? Sie beweisen, daß wir in guten Jahren gewesen find, daß die vielen Konjunktuxfaktoren, welhe den. Staats- haushalt beeinflussen, sich tatsählich günstig gestaltet haben. Ste beweisen aber in feiner Weise, daß auc in der Zukunft mit einem derartigen Abschluß gerechnet werden muß. Daß cer eintreten kann, will ih nicht in Abrede stellen; denn das hängt von ver Gestaltung der wirtschaftlihen Lage ab. Sind die wtrtshaftlißen Verhältnisse während des ganzen Jahres 1913 noch günstig, dann ist es wahr- scheinlid, ja wohl ficher, daß wir wieder einen größeren Ueberschuß haben werden, find sie wenigec günstig, wird au der Ueberschuß geringer sein.

Bei alledem, was mir entgegengehalten wird, ist das eine Moment von den Gegnern, wie ih das au in meiner Etatsrede schon gesagt habe, vollständig ignortert worden, daß uns nämlich noch sehr bedcutsame Aufgaben bevorstehen, für welche die Miütel vorhanten sein müfsen, wenn wir sie überbaupt erfüllen follen. Wie soll das ohne Mittel möglich sein? Herr Dr. Friedberg sagt, roecil wir eventuell 38 Millionen Ueber- \hüsse haben merden, können wir ruhig 63 Millionen Einkünfte aus den Sieuerzuschlägen herausstreihen, der Siaatshaushalt werde daun doch noh balancieren. 63 weniger 58 Millionen ergibt aber allcin {hon 25 Millionen Defizit. (Abg. Dr. Friedberg: Verschärfte Ver- anlagung!) Die vershärste Veranlagung foll 25 Millionen erbringen, nachdem Ste {on 10 Millionen in Jhren Kommissionsbeslüssen an dem bisberigen Ertrag gestrichen haben? Das ist doch eine kühne Propbezciung. Ich möchte nicht gern prophezeien, werde mir viel mebr das merken, was Hérr Dr. Friedberg darüber gesagt hat. Wenn unsere Mittel in der vorgeshlagenen Weise beschränkt würden, weiß ih nicht, wie wir die Maßnahmen, welche in der Zukunft not- wendig sind, erfüllen follen. In dieser Beziehung möchte ih nur darauf hinweisen ohne daß i behaupten will, daß die Staats- regierung Sie mit allen diesen Fragen auf einmal befassen wird —-, was der Staatsregierung allein aus diesem hohen Hause an Forderungen - entgegengebraht wird, Da ist zunächst die Entlastung der Kommunen. Sie wird allseitig als not- wendig anerkannt und wird von allen Seiten gefordert. Daß die Entlastung der Kommunen zum Teil auß mit Staatsmitteln durch- geführt werden muß, unterliegt wohl keinem Zweifel. Wenn man ledigli von der einen Kommune auf die andere überschieben wollte, so würde das eine Lösung werden, die innerhalb der Kreise der be- teiligten Kommunen den größten Widerspru hervorrufen und nicht zum Ziele führen würde. Für diese Entlastung find zweifellos be- deutende Mittel erforderli. Was würde aber dur eine solche Ent- lastung erreicht werden? Es würden dadurch weite Kreise unseres Vaterlandes an Steuern entlastet werden; denn es drücden. niht nur die Staatssteuern das Land, sondern es tun dies viel mehr noch die Kommunalsteuern. Würden wir also eine Entlastung der Kommunen herbeiführen, so würden dem gegenüber die Steuerzuschläge mit ihrer Belastung keine Nolle spielen.

Ferner muß doch auch die Frage ciner Aenderung der Be- \soldung einer Vorbereitung unterzogen werden. Wir können do nit wiederum, wie im Jahre 1908, einer plöyglihen umfangreichen Aenderung der Besoldungsordnung so ungerüstet gegenüberstehen. Wir müssen do dafür sorgen, daß wir künstig aus solhen Wünschen nahtommen EÉönnen. Das find aud wieder ganz hoh bedeutsame Aitfgabên, die uns“ bevorstehen.

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

V 42 M 2.

Berlin,

Dienstag, den 14. Januar

Ich möchte weiter bemerken, daß in diesem hohen Hause eigentlich auf allen Gebieten ständig Forderungen gestellt werden. Die Staats- regierung kann diese Forderungen ja gar nicht erfüllen, wenn ihr nit die Mittel dazu gegeben werden. Deshalb muß ih allen Behaup- tungen gegenüber, unsere Verhältnisse seien momentan fo glänzend,

daß wir unsere Steuerzuschläge so s{hnell als möglich in Wegfall |

fommen lafjen müßten, nur erwidern: das ist ganz und gar unmög- li; wenn Sie das durchzusetzen suchen, legen Sie uns lahm, und

vor allen Dingen vereiteln Sie dann die Erfüllung von hochwiHtigen

Aufgaben, welche viel weiteren Kreisen der Bevölkerung zugute kommen,

als dies bei Herabminderung der Steuerzuschläge der Fall fein würde, |

die doch nur einzelnen Steuerzahlern cine Erleihterung bringen würde.

Meine Herren, ich möchte mich vorläufig hierauf beschränken. | Sie werden gesehen haben, daß die Kritik, die an dem Etat geübt |

worden is, und vor allen Dingen die Behauptung, daß wir nun geradezu im Gelde Gwämmen, und daß es höchste Zeit wäre, mit den Steuerzuschlägen abzubauen, niht zutreffend ist, und daß wir, wenn wir diefen Natschlägen folgen wollten, ganz zweifellos zum Nachteil unserer preußishen Bevölkerung handeln würden.

A Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Fretherr von Schorlemer:

Meine Herren! Wenngleich mir die bevorstehende Beratung des Etats der landwirtschaftlichßen Verwaltung im hohen Hause wie auch in der Budgetkommission Gelegenheit geben wird, auf die Aus- führungen des Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz näher einzugehen, fo möchte ih doch schon heute einige der von dem Herrn Vorredner ge- machten Bemerkungen niht unwidersprochen lassen.

Wenn ich richtig gehört habe, hat der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz |

ter Staatsregierung zum Vorwourf gemacht, daß fie mit der inneren Kolonisation in erster Linie die Beseitigung der Fleishteuerung erstrebe. Ja, meine Herren, die Stärkung der Fleif{chproduktion ift allerdings auch ein Zweck der inneren Kolonisation; die innere Koloni- fation ist ja auch aus diesem Grunde in verstärktem Maße in Aus- sicht genommen, und es wird die Bewilligung größerer Mittel für dieselbe bei Fhnen dieserhalb auch in Antrag gebracht werden. Uber defsenungeachtet bleibt auch für die Kgl. Staats- regierung und insbesondere für die landwirtshaftliße Verwaltung das Haupyt- und Endziel bei der inneren Kokonisfation die Anseßzung von Bauern und ländlichen Arbeitern in den östlihen Provinzen und in der Nordmark des Neichs, vor allen Dingen in den national ge- fährdeten Provinzen. In der ruhigen und sahlihen Verfolgung dieses Zieles wird die Staatsregierung fh auch durch ten Vorwurf der Schwäche nicht beitren lassen. Meine Herren, es ist nicht bloß die Aufgabe der Staatsregierung, den starken Mann zu \pielen, sondern fie hat auch die Verpflihtung, den CGrfolg und- die Wirkung ihrer Maßnahmen zu prüfen, und sie muß deshalb, wie ih {on wieder- holt hervorgehoben babe, au in- der Lage fein, den Zeitpunkt zu be- stimmen, in welchem fie ihre Maßnahmen in Vorschlag bringen und ergreifen will. Jh glaube, die Staatsregierung würde unverantwort- lih bandeln, wenn sie diese Gesichtspunkte bei ibren Entschließungen außer adt lassen würde.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Auch mir geben die Auëslafsungen des Herrn Abg. Dr. Friedberg Anlaß, eine von den seinigen abweichende Meinung zu äußern. Jch kann nicht leugnen, daß dcr Teil feiner Bemerkungen, ter sih darauf bezog, daß er einer verstärkten Tilgung der Staats\{hulden Widerstand entgegenfeßen wollte, besonderes Interesse beansprudßen konnte. Ader {ch meine weiter, taß gerade dieser Teil seiner Ausführungen von einem sehr starken Optimismus Zeugnis gab. Es kann ja keinem Awetfel unterliegen, daß die Staatscisenbahnens{hulten uniht nur mit "0/9 getilgt werten, fontern mit etnem erheblich höheren Betrage angesichts der bohen Beträge, die wir alliahrlich für werbende An- lagen in das Ordinarium und das Extraordinarium des Etats ein- stellen. Wie hoh der Zuschlag zu den 2/; 9% tatsächlich ift, ist ja umstritten, da man verschiedener Meinung darüber ist und sein kann, welcher Teil dieser Aufwendungen für werdende Zwecke erfolgt. Immerhin wird man davon ausgehen fênnen, daß es fich doch um über 100 Mil- lionen jährli handeln wird. (Hört, hört! links.) Ih gebe auch weiter zu, daß eine fehr erheblihe Stärkung der Staatseisenbahn- finanzen und der allgemeinen Staatsfinanzen darin liegt, daß wir uns nicht um die Zulänglihkeit oder Unzulänglichkeit von Erneuerungs-

¡ und Reservefonds zu kümmern haben, fondern daß wic den Grundsaß

aufstellen: der Etat muß unter allen Umständen aus den eigenen Gin- nahmen die Mittel bringen, die für die Ergänzung und Erneuerung erforderli find. Ich kann mich auch dabin mit dem Herrn Abg. Dr. Friedberg einverstanden erklären, daß eine Entwertung des Staats8eisenbahnbesitzes, wie er sagte, über Naht nicht zu befürchten ist, etwa wenn wir zu einem andern Betriebssystem übergehen, wie es die Elektrifierung der Staatseisenbahnen wäre. Ich glaube, im Laufe der Zeit hat fic doch wohl die Meinung durchgesegt, daß cin solher Nebergang, wenn er überhaupt möglich is, was mir selbst durhaus zweifelhaft erscheint, fich ganz allmählich und ohne irgendwelche besondere Störungen vollziehen würde, (Sehr richtig! links.) - Aber ih habe die Auffassung, daß der Herr Abg. Dr. Friedberg doh nicht mit den Möglichkeiten genügend rechnet, die in der Zukunft liegen, insbesondere mit der Möglichkeit, daß der hohe Wert der

preußischen Staatseisenbahnen, den man aus der den landes- |

übliGen Zinsfuß übersteigenden Rente herausrechnet, und der weit über unser fstatistishes Anlagekapital hinausgceht, auf die Dauer doh nicht als völlig gesichert gelten kann. Denn dar- über wird kein Zweifel kein können, daß der aus dem Ertrag errechnetc Wert eine erbebliße Minderung erfährt bei länger anhaltenden wirt- {aftlichen Krisen, insbesondere bei solchen Krisen, die durch politishe Ereignisse bedingt sind. |

F) bitte Sie, fi zu vergegenwärtigen, meine Herren, wie {wer es im Fahre 1908 im Lande und dier tm hohen Hause empfunden

wurde, «ls der Minderüberschuß der Staatseisenbahnen gegen den Etat '

1913

fich auf 190 Millionen bezifferte. Und nun vergegenwärtigen Sie sich die Möglichkeit, daß wir mit folchen Minderübershüssen auf eine längere Zeit dauernd zu rechnen haben. Es sind niht allein wirt- schaftliche und politisGe Krisen, die dazu führen Éönnen, sondern Sie müssen {ih daran erinnern, daß die Steigerung unserer Ausgaben, die sich aus ciner langen Reibe von Jahren zweifelsohne ergibt, prozentual erheblich gréßer ist als die Steigerung der Einnahmen, und es kann ja auch gar nicht anders sein angesihts der dauernden Steigerung der Gehälter und Löhne, die doch sicher niht zum Abschluß gekommen ist ih werde mir erlauben, hierauf noch an anderer Stelle einzugehen angesihts der ungewöhnlichen Steigerung der Materialpreise, der wir gerade in diesem Jahre augenfällig gegerüberftehen, und angesichts der starken Neigung, die Cinheitsfäge unserer Tarife zu ermäßigen. Der Herr Abg. Freiherr von Zedlig hat ganz mit Ret auf diesen bedeutsamen Teil der Auf- gaben des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten hingewiesen; er hat ganz allgemein eine Ermäßigung der Abfertigungsgebühren verlangt, obwechl wir soeben eine Ermäßigung dieser Gebühren durchgeführt haben, die etwa mit 10 Millionen zu Buch steht, und hat im Interesse des Ausglet{3 erbebliße Ermäßigungen für den Verkehr von Oberschlefien nach Berlin verlangt, obwohl wir zurzeit damit befaßt sind, durchgreifende Tarlfermäßigungen für Koks und Erze zu gewähren, und zwar nicht nur im Verkehr zwis{Wen Nuhr und Mosel, sondern unter Berückfichtigung aller Nücwirkungen.

Meine Herren, die zweifellos fallende Tendenz unserer Tarife angesihts einer dauernden Tendenz steigender Ausgaben läßt doch die Annahme als sehr wahrs{einlih erscheinen, daß die Rente der preußis{en Staatseisenbahnen auf die Dauer nit auf dieser Hohe erhalten bleiben kann. Dies alles, meine Herren, führt dazu, daß man die durchaus folite Finanzgebahrung der Ab- grenzung der Eisenbahnfinanzen und der allgemeinen Finanzen, insb: fondere der großen Reserven, die wir im Extraordinarium haben, keinesfalls verlassen darf. Wenn der Herr Abg. Freiherr von Zedliß meinte, wir würden nah Ablauf des bekannten Quinquenniums sehr wohl in der Lage sein freilid, wie er immer wieder betont, mit großer Vorsicht —, prüfen zu können, ob die Staatseisenbahn- verwaltung nicht imstande wäre, die Zuschüsse zu allgemeinen Staats- zwecken zu steigern, fo habe ih, wie die Sache jeßt liegt, troß der großen Vorsicht, die anempfohlen wurde, die Jebhaftesten Bedenken gegen ein folhes Vorgehen. Diese Bedenken stüßen fßch im wesentlichsten darauf, daf, wie wir in der Staatseisenbahnverwaltung ganz sicher wissen, die Bedürfnisse der Staatseisenbahnverwaltung für ihre eigenen Zwette zu einer erheblichen Steigerung der Anforderungen an ertraordinären Mitteln und derjenigen Beträge führen werden, die wtr durch die Anleihen anfordern, wie au zu einer erheblihen Zins- belastung, und daß diese Bedürfnisse es in hohem Maße gefährlich erscheinen lassen, die jeßt {on alljährlich um beträhtlide Summen wachsende Summe der Zuschüsse der Staatseisenbahnverwaltung für allgemeine Staatêszwecke noch weiter zu steigern.

Meine Herren, in diesem Zusammenhange war mir auch der Einspruch des Herrn Abg. Dr. Friedberg gegen die Art der Finan- zierung unseres Nachtragsetats, über die sih der Herr Finanzminister eben verbreitet bat, nicht ret verständli%. Wenn Sie das Ver- zeihnis derjenigen Bauausführungen durcchsehen wollen, die wir mit diesen 60 Millionen zu bestreiten gedenken, werden Sie finden, daß es ih aus\s{lieflich um folde Ausführungen bantelt, die wir nach der Vereinbarung zwishen Regierung und Landtag aus dem Extra ordinarium decken wollen. Tatsählich bedeutet denn dieser Nachtragë- etal nichts weiter als einen Vorgriff auf die Exrtraordinarien der nä@sten Jahre; und wenn diese meine Auffassung richtig ist, dann ist es zweifellos richtig, die Mittel, die wir zur -Deckung dieser Ausgaben brauchen, aus tem Ausgleihsfonds zu entnehmen, ter ja um diese Beträge geschmälert werden würde, wenn wir die Extraordinarien dieser näâchsten Jahre in Höbe der angeforderten Summe über den normalen Prozenlsatz erhöht kbätten. (Zuruf des Abg. Dr. Friedberg: Ich wollte es sogar aus dem Ordt- nariuum haben !) Herr Abg. Dr. Friedberg ging sogar so weit, zu verlangen, diese Mittel, entgegen der zwischen Regierung und Landtag getroffenen Abrede, auf welche unser Etat #ch aufbaut, aus dem Ordinarium des Etats zu besireiten. JchG kann mich mit dem Herrn Abg. Dr. Friedberg dahin einverstanden er flären, daß nichts nüßliher und notwendiger ist, als das Ordincrium des Etats reichlich auszugestalten; das haben wir uns, wenn der Herr Abga. Dr. Friedberg fich dessen erinnern will, fm JIcHre 1909, als das ungünstige Ergebnis des Jahres 1908 vorlag, gelobt, und ich bin der Meinung, daß, wenn Sie die Etats der Jahre von 1909 bis 1913 nahprüfen, Sie finden werden, daß dieses Gelöbnis von der Staats- regierung, insbesondere von der Staatseisenbahnverwaltung, au voll erfüllt worden ist. JIch weiß, daß Herr Abg. Dr. Friedberg nah bé- stimmten Richtungen dicse meine Auffassung bemängelt.

Nun hat Herr Abg. Dr. Friedberg gemetnt, in dem Nachtrags- etat wären auch Mittel angefordert für Zwecke, die wir gus den Ordinarium zu bestreiten pflegen. Als Beispiel führte er die Auk- gestaltung tes Telephonneges in dem von der Verkehrsstörung be- troffenen Gebiet an. Meine Herren, vergegenwärtigen Sie si{ch, wir hätten den Nachtrag8etat überhaupt nicht vorgelegt, weil wir eine so große Erweiterung nit brauGten: wir wären aber der Auffassung gewesen, daß für diese speziellen Zwecke eine Er- weiterung unseres Telephonnetzes dringend notwendig gewesen wäre, nun, dann hätten wtr doch ganz zweifellos die im Ordinarium vor: gesehenen Mittel um sfoundsoviel überschritten, und die Folge dieser Veberschreitung wäre zweifellos wieder eine Kürzung des Ausgleichs« fonds gewesen. Es ommt also tatsählich auf dasfelbe heraus. (Abg. Dr. Friedberg: Es handelt fi um das Prinzip !)

Herr Abg. Dr. Fricdberg hat wiederholt, auch gelegentliß der Erörterung über die Verkehrsönot im NRuhrrevier, von Plusmacheret und von Koeffizientenpolitik gesprochen. Gr bat der Staatsregierung, er hat der Staatselsenbahnverwaltung den Vorwurf gemackht, daß sie

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