der Rechtsanwalt Bindewald in Karlshafen zum Notar E den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Cassel mit Anweisung eines Amtssißes in Karlshafen ernannt worden.
Dem Notar Dr. Schotten in Bitburg ist der Amtssißz in Mayen angewiesen.
Ministerium der geistlihen und Unterricht s- angelegenheiten.
Dem Privatdozenten und Konstruktionsingenieur an der Königlichen Technischen Hochshule in Berlin Dr. Stephan Löffler und dem Geschäftsführer des Westpreußischen Fischerei- vereins Dr. phil. Arthur Seligo in Danzig ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
Finanzministerium.
_Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Hanau, Regierungsbezirk Cassel, ist zu besetzen.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Rittmeister a. D. Graf zu Dohna-Schlodien ist M eno des Landgestüts Kreuz bei Halle a. S. ernannt worden.
Nichkamftliches.
Deutsches Neich. Preußen. Berlin, 31. Januar 19183.
__ Seine Majestät der Kaiser und König besuchten gestern vormittag den Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg.
In der am 830. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Dr. Delbrück abge- haltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines Geseßes über die Verlegung der deutsch-öster- reichischen Grenze bei Hammerunterwiesenthal—Weipert die Zu- stimmung erteilt. Der Entwurf einer Bekanntmachung über Lohn- bücher für die Kleider-und Wäschekonfektion wurde genehmigt. Dem zuständigen Ausschuß überwiesen wurde die Vorlage, betreffend den Entwurf von Bestimmungen für die land- und forstwirt- schastlihen Aufnahmen im Jahre 1913. Die Wahl von höheren Beamten der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte wurde vollzogen. Demnächst wurde über eine Reihe von An- trägen auf Befreiung von der Versicherungspfliht nah dem Versicherungsgeseßze l Angestellte sowie über verschiedene Ein- gaben Beschluß gefaßt.
LaUt Meldung des W. L. BL find am 29. d. M.
S. M. S. „Emden“ in Kelung (Formosa) nnd S. M. Tpdbt.
,
„Taku“ in Schanghai A
\ / ) l G : l Oesterreich-Ungarn.
Das österreihishe Abgeordnetenhaus hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ gestern das Epidemie- geseß in zweiter Lesung angenommen. Der slovenishe Ab- geordnete Verst ovsek brachte eine Jnterpellation an den Ministerpräsidenten ein, in der betont wird, daß das bisherige Verhalten der Großmächte zur Entwirrung der Balkanfrage bedeutend beigetragen und weitere Verwicklungen verhindert habe. Es sei auh in dem bulgarisch - rumänischen Streit Pflicht der österreichish-ungarishen Monarchie, alles zu ver- hindern, was als eine einseitige Parteinahme ausgelegt werden könnte, und alles zu tun, um eine friedliche Beilegung dieses Konflikts in die Wege zu leiten. Das Haus vertagte sich fodann auf den 10. Februar.
Großbritannien und Jrland.
Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, beschäftigten sich die Botschafter in ihrer vorgestrigen Konferenz allein mit der Frage der Grenzen des zukünftigen autonomen albanesischen Staates und mit der durh den Abbruch der Friedensverhand- lungen geschaffenen Lage. Die Beratung über die finanziellen und wirtschastlihen Abmachungen, die durch die Gebiets- abtretungen an die Balkanverbündeten notwendig werden, wurde E zu der am nächsten Montag stattfindenden Zusammenkunft vertagt.
Der bulgarische Bevollmächtigte Dr. Danew erklärte gestern nah einem Besuche im Auswärtigen Amte einem Ver- treter des „Reuterschen Bureaus“ im Namen der Verbündeten, daß die Antwort der Türkei nicht geeignet sei, die Grundlage für neue Verhandlungen zu bilden. Die Ver- handlungen würden ohne die Abtretung Adrianopels und der JFnseln nicht wieder aufgenommen werden. Jm übrigen müsse die Abtretung vor der Wiederaufnahme des Krieges stattfinden. Der erste Kanonenshuß werde die Bedingungen der Ver- bündeten ändern.
Von den Mitgliedern der griechischen, serbischen und monte- negrinischen Mission werden, obiger Quelle zufolge, Skuludis, Wesnitsh und Popowitsch noch einige Zeit in London bleiben, um mit dem Auswärtigen Amt und den Botschaftern Fühlung zu behalten. Der bulgarishe Bevollmächtigte Madjaroff wird über die bulgarischen Interessen wachen.
— Das von dem rumänischen Gesandten Mischu und dem bulgarishen Bevollmächtigten Dr. Danew über die Forderungen Rumäniens und die Zugeständnisse Bulgariens A Protokoll ist von beiden Vertretern unterzeichnet und gestern nah Bukarest gesandt worden.
— Jm Oberhause wurde gestern die Homerule Bill O E Obe Beratung mit 326 gegen 69 Stimmen a h- gelehnt.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ bot die Besprehung an den dret vorhergehenden Tagen nihts Ungewöhnliches; gestern griff Lord Curzon die Bill lebhaft an, indem er erklärte, für jedes Uebel, das die Bill heilen würde, schaffe sie ein Dußend andere, fûr jedes Gefühl, das sie befriedige, verlege sle ein anderes, und für jedes Recht, das sie bewirke, verübe fie zwanzigfahes Unrecht. Die Bill werde kein evdgültiges Grgebnis haben und nicht zum Frieden und zu etner Lösung der Frage führen. — Der Viscount Morley,
wurde, deren Ergebnis oben mitgeteilt ist.
Tagesordnung.
bevor die Antwort abgesandt würde.
scheidung gekommen.
Choramabad Großbutannien gewährt worden fei.
fie demnächst erteilt werden würden.
Erste Lord der Admiralität Churchill, wie „W. T. meldet:
durch Auch die kriegstüchtig und arbeite immer mit der Flotte zusammen. Dies bedeute aber nicht, man auf Unterdrückung und Eroberung ausgehe. der erdrückende Beweis geliefert worden, daß,
auch immer die Macht Großbritanniens sein
nur zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens benußt würde. „Unser Antagonismus mit Frankreih in früheren Tagen“,
Armee sei
wie
Ausbau für Flottenzwecke geführt.
Ostküste haben besondere Bedeutung erlangt.
gestört wird, auf dem besten Fuße mit einer jeden der europäischen Großmächte stehen werden.“
Frankreich.
Die' Deputiertenkammer seßte gestern die Beratung über den Budgetposten „Pulver“ fort.
N ti b É E E ihn und wider|, „H energisch. Er versicherte, daß in der Fabrikation Fortschritte geit worden seien, und fügte hinzu, wenn anßer- gewöhnliche Verhältnisse es erforderten, werde die französishe Marine imstande sein, mit ihrem Pulver zu kämpfen und wüksame Dienste zu leisten. Feststellungen, die in der Vergangenheit wahr sein konnten, seien es jeßt nit mehr.
| Rußland. Wer Mirsterrat hat den Handel3-, Marine- und Kriegs- minister sowie “en Minister für Verkehrswege ermächtigt, einen Ergänzungsgesegtntwurf auszuarbeiten, durch den der Gesetz- entwurf, betreffend Liefèrung von Schiffen für Kri egs- zwecke, auf Finland ansgedehnt wird.
Jtalien.
Zu der von „W. T. B.“ verbreiteten Meldung, wonach Verhandlungen über ein Konkordat zwishen Serbien und dem Heiligen Stuhl im Gange sein sollen, schreibt der „Osservatore Romano“ in einer redaktionellen Notiz: Wir wissen nichts davon, daß derartige Verhandlungen im Gange wären.
Belgien. Die Deputiertenkammer seßte gestern die Beratungen über die Verfassungsrevision fort. Nah dem Bericht des „W. T. B.* erklärte der Sozialist Vandervelde, daß die Arbeiter nötigenfalls bereit seien, nah dem Vorschlag des Liberalen Hymans die Wahlrehtsfrage einer Kom- mission zu unterbreiten, um einen Generalstreik zu verhüten. Vander- velde appellierte auch an den König, sich für eine Verständigung cin- zuseßen. — Der Abg. Woeste lehnte aber ein Kompromiß ab, da alle Bemühungen zu dem gleichen Wahlrecht führen müßten, das er grundfäßlih verwerfe.
Türkei.
__ Laut Meldung des „Reuterschen Bureaus“ haben die ver- bündeten Balkanstaaten den Waffenstillstand von gestern 7 Uhr Abends ab gekündigt. Die Depesche, mit der der Oberkommandierende der bulgarischen Armee, General Sawoff dem Generalissimus Mahmud Schewket Pascha die Kündigung des Waffenstillstandes mitteilte, hat folgenden Wortlaut: Ich teile Eurer Exzellenz mit, daß die Verhandlungen in London abgebrochen find. Ich habe die Chre, darauf hinzuweisen, daß die Feindseligkelten gemäß Artikel 4 des Waffenstillstandsprotokolls vier Tage nah Ueberreihung der Kündigung, das heißt am nächsten Montag, Abends 7 Uhr, wieder aufgenommen werden. Mahmud Schewket Pascha antwortete darauf, daß er von der Mitteilung Kenntnis genommen habe. — Die gestern dem österreichisch-ungarishen Botschafter, Mark- grafen Pallavicini als Doyen des diplomatischen Korps über- reichte Antwort der Pforte auf die gemeinsame Note der Mächte lautet, wie „W. T. B.“ meldet : Der unterzeihnete Minister des Aeußern hat den Inhalt der gemeinsamen Note, die die Botschafter Oesterreich - Ungarns, Englands, Frankreihs, Rußlands, Deutschlands und Italiens am 17. d. M. seinem Amttvorgänger zu übermitteln beltebten, zur Kenntnis genommen. Die ottomanische Regterung zögert nicht anzuerkennen, daß der Abschluß des Friedens den Wünschen und Interessen der Allgemeinheit entspriht, und sie gibt sich Rechenschaft darüber, daß es geboten sei, so {nell als möglih dem Kampfe eln Ende zu seben, den sie keineswegs hervorgerufen hat. In ihrer Mitteilung haben es die Mächte für nötig erachtet, der Tüikei den Rat zu erteilen, der Abtretung der Stadt Adrianopel an die verbündeten Balkanstaaten zuzustimmen und für die wichtigsten ägäishen Inseln den Mächten die Sorge zu überlassen, deren Schicksal zu bestimmen. Die Kalserlihe Negierung glaubt hervorheben zu sollen, daß sie bereits unzweifelhaste Beweise ihrer versöhnlihen Haltung dadurch gegeben hat, daß sie den unermeßlihen Opfern zu- stimmte. Da Adrianopel eine Stadt ist, die vermöge ihres be- sonderen Charakters in “untrennbarem Zusammenhange mit dem türkishen Reiche steht, hat das bloße Gerücht einer Abtretung dieser Stadt im ganzen Lande eine derartige Erregung hervorgerufen, daß sie die Demission der früheren ere, herbeigeführt hat. Nichtsdestoweniger ist die Kaiserllhe Negierung, um den
der die Debatte über die Bill {loß, erklärte, de Regierung sei der Meinung, daß die Séhwerigtelten wegen Ulster (inden wlleben.
äußersten Beweis ihrer friedfertigen
esinnung zu geben, ge-
Es war Mitternacht vorüber, als die Abstimmung vorgenommen
— Im Unterhause standen gestern Anfragen auf der
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Sir Edward Grey erklärte, obiger Quelle zufolge, in Beantwortung mehrerer Anfragen, daß die Note der Vereinigten Staaten von Nordamerika wegen des Panamakanals sorgfältig erwogen werden würde, Die britishe Negierung wäre mit Bezug auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen wegen des english-amerikanischen Schiedsgerichtsvertrages noch zu keiner Ent-
Der Konservative Yate fragte, ob Nußland von der persischen Regierung eine Konzession für den Bau einer Eisenbahn von Dschulfa nah Täbris erhalten habe und ob eine ähnliche Konzession gu den Bau etner Cisenbahn von E n ah
rey ant- wortete, daß, soweit er unterrichtet sei, diese Konzessionen noch nicht erteilt seien, daß er aber erfahren habe, es bestehe gute Hoffnung, daß
— Bei dem Festmahl, das gestern in Dundee aus Anlaß der Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt an den Premierminister Asquith vom Oberbürgermeister gegeben wurde, sagte in Beantwortung eines Trinkspruchs auf die Flotte der B
Wenn er demnächst den Etat dem Unterhause unterbreiten werde, so werde er zuversichtlich zeigen können, daß die Flotte absolut und relativ stärker werde. Es sei feine Gefahr, daß Großbritannten von der hohen Stellung, die es erreiht habe, im Laufe der Zeit oder Umwälzungen in der Schiffsbautechnik herabgedrückt werde. enger
daß G8 sei stark Werde, fe werden
fuhr Churchill fort, „hat zur Befestigung der Südküste und zu ihrem
0 ; Reut aber hat sich die inter- nationale politische Lage geändert, und die Buchten und Häfen der Unser Zwist mit Frankreich ist glückliherweise zu Ende, und wir dürften einer Zeit entgegensehen, wo wir, ohne daß der Frieden der Kulturnationen
Nach dem Zedct des „W. T. B.“ bekämpfte der Abg. Danielou das FabrikationsrxWnopol und übte lebhafte Kritik an den der Marine Lten. — Der Marineminister Baudin unterbrach
neigt, sich dem Wunsche der Mächte hinsihtlich jenes Adrianopels zu fügen, der am rechten Ufer der M gelegen ist, während sie den am linken Ufer dieses Flu gelegenen Stadtteil mit seinen Moscheen, Mausoleen t anderen historischen und religiösen Denkmälern behielte. Die Un) haltung dieses Teiles der Stadt unter der direkten autongy Souveränität is für die Kaiserlihe Regierung cine Notwend; A der sie sih nicht entzichen könnte, ohne das Land einer Erschüttez auszuseßen, die die shwersten Verwicklungen mit \sich bringen Fönnt Was die ägäischen Inseln betrifft, gestattet sich die Regier“ mitzuteilen, daß, während ein Teil derselben infolge der unmittelbg Nachbarschaft der Dardanellen für die Verteidigung der Hauptstz, unerläßlich ist, der Besiß der übrigen einen integrterenden Bestandt,7 der afiatishen Besißungen des Kaiserreichs bildenden Inseln 2A minder unerläßlih i|st für die Sicherheit Kleinasiens. ' d Lösung, die dahin zielen würde, die Autorität der Regier auf diesen Inseln zu verringern, würde das Ergebnis babe sie in ebenso viele Agitationsherde zu verwandeln, dad Wirkung auf das benachbarte Festland übergreifen würde. Ÿ Folge wäre die Schaffung eines Zustandes der Zerrüttung ali demjenigen in Mazedonien, der die Nuhe Europas bedrohte und iu immer bedroht. |
Abgesehen von den bedauerlihen Wirkungen, die eine derattly Lösung auf die öffentlihe Meinung in der Türkei ausüben müßt würde sie den Ansichten der Großmächte zuwiderlaufen, denen die dauern) Herbeiführung der Konsolidierung und des Gedeihens des Kalferreigz am Herzen liegt. Infolgedessen könnte die Pforte zustimmen, daß dhe Mächte das Schicksal der von den ‘verbündeten Balkanstaaten beseßty Inseln festzustellen belieben. Indem sie, die Mächte, den hg, stehenden Erwägungen Nechnung und dafür Sorge tragen, daß die Position der Dardanellen unberührt bleibt, “was die hoh Pforte als eine in den höchsten Interessen Europas gelegen Angelegenheit betrachtet, ist die Kaiserliche Regierung überzengt, dei die Mächte im Geiste der Gerechtigkeit und Billigkeit wohl geneh sein werden, anzuerkennen, wie groß die Opfer sind, denen die Negierun zu bringen bereits zugestimmt hat, und zuzugeben, daß die Pforh im Recht sei, wenn sie alle neuen Forderungen zurückweist, die yy den Verbündeten erhoben werden könnten. Die Pforte nimmt tut wahrer Befriedigung Akt von den wohlwollenden Dispositionen dy Mächte und ihren Versprehungen, der türkischen Negierun ihre moralis@e und materielle Unterstüßung zu leihen, dan sie in die Lage verseßt werde, die Schäden des Krieges iu heilen und die natürlihen Quellen des Reiches für dieses nußhz zu machen. Zu diesem Behufe is es unerläßlih, daß die Mäh der Türkei schon jezt das Recht zugestehen, in voller Freib einen autonomen Zolltarif einzuführen, fernec auf den Prinzivig des modernen Nets beruhende Hantelsverträge abzuschließen, endlid die fremden Staatsangehörigen den ottomanishen Steuergesezen y unterstellen, denen die türkischen Untertanen unterworfen find und sch werden, und daß die Mächte inzwischen einer vierprozentigen Erhöhun der Zolle zustimmen.
Für niht weniger unerläßlich Hält es die Pforte, daß die au ländishen Postanstalten unter Bedingungen aufgelassen werden, di leiht festzuseßen wären in dem Sinne, daß dem Handel alle Gar tien für die notwendige Schnelligkeit und Sicherheit des Postverkch geboten werden. :
Die Pforte ist weiter der Ansicht, daß eine Erklärung t« Mächte, in der sie thren Wunsch zu erkennen geben, dem Regine der Kapitulationen in der Türkei ein Ende zu seßen, und die C öffnung von Verhandlungen nach dem Abschluß des Friedens, um gemeinsam zur Durchführung dteses Zieles geeignete Mittel u studieren, zusammen mit den früher aufgestellten wirts{aftlichn Maßnahmen eine Gesamtheit von Maßregeln bilden würden, die di Durchführung der von den Mächten in ihrer Note gemachten Ver: sprehungen ermöglichen.
T eilz
Amerika.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus New York hai der Handelsminister Nagel die Verfügung der Einwanderungs behörde, betreffend die Ausschließung des früheren Präsident Castro, bestätigt.
— Der chilenishe Staatsrat hat einem Gesetzentwurf, betreffend die Verbesserung der Haupthäfen Chile und der Zuführungsbahnen, zugestimmt. Die Kosten det Arbeiten belaufen sich, obiger Quelle zufolge, auf 4 300 000 Pfund Sterling, die in Staatsscheinen zahlbar sind.
Asien. Die Lage in Asserbeidshan bessert sich. Vi „W. T. B.“ meldet, ist die Agitation gegen die Zentral regierung im Erlöschen begriffen, und die Ägitatoren, die sid in der Hauptmoschee in Täbris versammelt hatten, sind nas Hause zurückgekehrt.
Afrika. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tanger gät! es unter den Marokkanern der spanischen Zone, namenilih in der Gegend von Elksar. Die spanischen Behörde beshlagnahmten in Arzila mehrere hundert Gewehre, di Raisuli für den geeigneten Augenblick in Bereitschaft hielt.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sigzungen de Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinde! sih in der Ersten und Zweiten Beilage.
Jn der heutigen (102.) Sißung des Reichstags, welche! der Staatssekretär des Reichsshaßzamts Kühn beiwohnt, wurde die zweite Beratung des Geseßentwurfs wegen vorüber gehender Zollerleichterung bei der Fleischeinfuhr m! den dazu eingebrachten Anträgen und Resolutionen der Sozial demokraten und der Fortschrittlichen Volkspartei fortgeseßt. Zu den sozialdemokratischen Anträgen is inzwischen n0d folgende Resolution gekommen:
„Für den Fall der Ablehnung dieser Anträge den Reichskanzler j! ersuchen, bet den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß | derselben Weise wie für die großen Städte die Einfuhr vo! frischem Fleisch und Schlachtvieh in allen Gemeinde! zugelassen wird, in denen die erforderlichen Schußeinrichtungen ge Verbreitung der Viehseuchen vorhanden sind."
Abg. Freiherr von Gamp (Rp.) begann unter großer Unrubt des Hauses, sodaß seine ersten Ausführungen unverständlich blieben. Ich muß mich darüber beshweren, in welher Form der Abg. Wendorl! das Referat über die Kommissionssißung erstattet hat. Er ha! uns Mitteilungen gemacht, die seitens des Bundesrats oder einé Kommissars der verbündeten Regierungen abgegeben sind. Es wurd uns aber nicht gesagt, wer sie mitgeteilt hat ; wir können also nid! prüfen, welher Wert darauf zu legen ist. Auch erfuhren wir nit darüber, ob die Kommission sich damit eirverstanden erklärt hat Im übrigen nehmen wir zu der Frage keine andere Stellui! als früher ein. Unsere Zollpolitik muß gegen eden Ang!! eshüßt werden. Wir halten das ganze Gesey niht für nl Infolge der getroffenen Maßnahmen sind die Rindfleis{hpre ja etwas zurückgegangen, dagegen find die Schweinefleischpt" leich hoh geblieben. Es sind Angriffe - gegen die Berl leisher gemaht worden. Aber diese rihteten sich wohl weni“
gegen die Schlächter felbst als gegen die Berliner Vichkommissiontl“
f
Abg. Fishbeck hat die Schlächter verteidigt. Es ist D crttindlid, weshalb man dann nicht diesen den Verdienst hat zukommen lassen, sondein mit einem Herrn abgeschlossen hat, der allein davon großen Vorteil hat. Der Magistrat ent\chuldigt sich ¡war gegen die wider ihn erhobenen Vorwürfe, daß der Vertrag ja
nur bis 1. April geschlossen sei. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (122.) ins des es der Ab- geordneten, welcher der Minister des Jnnern Dr. von Dallwiß beiwohnte, wurde die zweite Beratung des Staats- haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1913 bei dem Spezialetat für das Ministerium des Jnnern fortgeseßt.
Referent der Budgetkommission ist der Abg. Win ckler (fkons.), für das Medizinalwesen der Abg. von der Osten (kons.). Die Kommission hat eine Resolution vorgeschlagen, die für die geplante Revision des Kommunalabgabengeseßes gewisse Fingerzeige gibt. Auf Vorschlag des Präsidenten werden die tesolution und diejenigen zu diesem Etat gestellten Anträge, die niht eng mit dem Etat selbst in Zusammenhang stehen, erst nah Erledigung des Etats beraten werden. L
Die Einnahmen werden ohne Debatte bewilligt.
Eine allgemeine Debatte findet bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt des Ministers“, statt.
Referent Abg. Winckler: Die Kommission ist in eine längere Erörterung über die Grundwertsteuer eingetreten, über die ih nah dem eben gefaßten Beschluß des Hauses später zu berichten haben werde. Im übrigen ist in der Kommission beim Ministergehalt u. a. über die Handhabung des Versammlungs- und Vereinsrechts und über einheitlihe Wahlurnen verhandelt worden. /
Abg. von Kard orff (freikons.): Ih habe nur die Absicht, mit einigen wenigen Worten die Frage des Schuyes der Arbeitswilligen und die Frage, ob und mit welchen Mitteln der Sozialdemokratie bisher entgegengetreten ist und ob ihr in Zukunst nicht mit anderen Mitteln entgegengetreten werden muß, zu erörtern. Man wird mir den Einwand machen, daß es sich hier um eine Neichssache handele; aber ih habe shon früher gesagt: wir werden die Bahnen des Fürsten Bismarck verlassen müssen, wir werden mehr als bisher die Angelegenheiten des Reiches auch vor unser Forum ziehen müssen, wir werden das tun müssen, um die Stellung der preußischen Regierung im Bundesrat gegebenenfalls zu stärken. Wir haben um so mehr Veranlassung dazu, als sih neuerdings, ih kann wohl sagen, in ganz unerhörter Weise der Reichstag in innerpreußis{che Angelegen- keiten eingemisht hat. Gestern haben offene und verkappte Neichs- feinde zu meinem lebhaften Bedauern sih mit dem Zentrum zusammen- getan und die Resolution angenommen, die dem Reichskanzler ein Mißtrauenévotum ausstellt. JIch bedaure, daß die Herren vom Zentrum diese Aktion mitgemaht haben. Ich habe aber nicht die Absicht, mit Ihnen zu polemisieren; ih bedauere nur aufrichtig, daß Sie, meine Herren vom Zentrum, sich in diese Gesellschaft begeben haben, daß die Achtung vor der Mehrheit dieses Hauses, vor der Mehrheit des anderen Hauses, vor der Regierung nicht davon ah- gehalten hat, eine derartige Aktion zu inszenieren. Ich hâtte nur einen Wunsch: Ich weiß nicht, ob Herr Wetterlé auch dabei war, in diese Gesellschast von Neichsfeinden gehört er hinein. Ich will hoffen, daß diese Aktion auf die Regterung keinen Eindruck macht.
_ Fh will auf die Materie des Enteignungsgeseßes heute nicht ein- * ehen. Man kann zu dieser Frage, als reine Zweckmäßigkeitsfrage
betrachtet, stehen, wie man will, man kann bedauern, daß es an- gewendet worden ist, aber es handelt sih um ein preußisches Geseg, und für die Ausführung preußisher Gesetze ist der Ministerpräsitent uns und niht dem Deutschen Reichstage verantwortlich. Wir weisen diese Einmischung aufs entschiedenste zurüd, wir lassen uns in dieser Frage von niemandem hineinreden. Mein eigentlihes Thema, die Frage des Schußes der Arbeitswilligen, ist ja imRetchstage anläßlich der von den Deutschkonservativen beantragten Resolution eingehend erörtert worden, die zu unserem lebhaften Bedauern gegen eine, wie das „Berliner Tageblatt“ sagt, kläglihe Minderheit abgelehnt worden ist. Begründet wurde sie vom Grafen Westarp so eingehend, so sahlich, daß Graf Westarp sih um die Klärung dieser Frage ein bleibendes und dauerndes Verdienst erworben hat. Jedem von Ihnen kann ih nur den Nat geben, diese Rede durhzuarbeiten und thr Material zu prüfen. Graf Westary hat auf die Umfrage bei den Handelskammern aufmerksam gemacht. Das Ergebnis dieser Umfrage ist deshalb außerordentli intir- essant, weil die Handelskammern der Linken näher stehen als der Rechten. Von 60 befragten Handelskammern haben fich 41, also F, für geseßlihe Maßnahmen zum Scuye der Arbeitswilligen aus- gesprochen. Auch die Organisationen der Weiks- und der Vater- ländischen Verbände haben dringend nah diesem Schuß verlangt. Die zweite ächsische Kammer hat eine ähnliche Resolution angenommen, und dort haben auch Nationalliberale dafür gestimmt. Da ist es tief bedauerlich, daß ein angesehenes nationalliberales Blatt, die „National- zeitung“, die sachlihen Auslassungen des Grafen Westarp eine junkerlihe Demagogie nennt und im Gegensaß dazu von den \ahlichen und maßvollen Ausführungen des Sozialdemokraten spricht. Nun hat der Staatssekretär des Innern in dieser Frage eine Stellung eingenommen, von der ih sagen muß, daß meine politischen Freunde si& sehr darüber gewundert haben. Er hat u. a. ausgeführt, daß eine wirksame Bekämpfung der Sozialdemokratie nur durch eine systematishe Aenderung unserer strafgeseßlichen Bestimmungen ge- \hehen könne, und daß im übrigen die ge|cßlihen Bestimmungen nah seiner Meinung ausreichen würden, um den Ausschreitungen gegen Arbeitswillige zu begegnen. Wenn aber die Staatsgewalt nicht mehr für den Schutz der Arbeitswilligen sorgt, dann sind fie den Soziald:mokraten wehrlos preisgegeben. Der Staatssekretär hat selbst in dankenswerter Weise den Beweis dafür geliefert, indem er mitteilte, daß anläßlich des Streiks im Nuhrrevier 2000 âlle von Bestrafungen vorgekommen sind und daß in jenen Tagen Stöße von Depeschen ihm jeden Tag auf den Schreibtish geworfen worden sind, worin über mangelhaften Schuß der Arbeittwilligen geklagt worden ist. Bedenken Sie, welhes Maß von Verwüstung an der Bolks- seele die Sozialdemokratie anrihtet. Die Sozialdemokratie hat das Gefühl für Recht und Ordnung im Volk untergraben. Wenn wir eine Besserung herbeiführen wollen, dann müssen wir \härfere giseß- lihe Bestimmungen einführen. Das „Berliner Tageblatt“ hat sich neuliG mit der Rede des Staatssekretärs befaßt und auf die Gegensäße hingewiesen, die AaeR zwischen dem Staatssekretär des Innern und dem preußishen Minister des Innern bestehen. Jh doffe, daß unsere Staatsregierung \ich unserer Auffassung an- \hließt. Wenn die Arbeitswilligen sih selbst niht_ mehr {ügen können, dann is es die Aufgabe und Pflicht der Staatsregierung, die Arbeiter gegen den Teïrorismus der Sozialdemokratie zu hüten. Um den Kampf gegen die Sozialdemokratie kommt die bürgerlihe Gesellshaft nit herum. Der Kampf muß durhgefohten werden mit allen Machtmitteln des Staates. Man hat früher gesagt, der Sozialiomus ei eine geistige Bewegung, und eine geistige Bewegung set nur mit geistigen Waffen zu bekämpfen. Das ist aber unrichtig. Die Macht der Sozialdemo- kratie beruht niht auf Geist, sondern auf dem organisierten Terror. Die Sozialdemokratie ist nicht durch Reden zu überwinden, sondern einzig und allein dadur, daß die bürgerliche Gesellschaft bezw. der Staat alle zu Gebote stehenden Machtmittel gegen die Sozialdemokratie anwendet. Das eine gute Zeugnis muß man der Sozialdemokratie lassen, daß sie ihre Endziele in der denkbar größten Offenheit bekennt. Jeder, der die Geschichte der Sozialdemokratie kennt, weiß, daß die Sozial- demokratie ihrem Ziele mit allen Mitteln zustrebt. Das bleibt ihr iel, was Liebkneht einst gesagt hat: der Sozialismus ist keine
heorie, sondern cine Machtfrage, die kein Parlament entscheiden fann, sondern die nur auf der Straße und auf dem Schlachtfeld zum Austrag kommen kann. Noch vor einigen Wochen hat in der „Neuen Zeit“ etwas geslanden, das au darauf hinausläuft, nämlih: die Sozialdemokratie muß ihre
Machtmittel den Machtmiiteln der Regierung gegenübeistellen.
Zu ganz besonderem Bedenken gibt uns der Umfang Anlaß, in dem
die Sozialdemokratie heute in die Gemeindevertretungen eintritt
Ich olaube, nur wenig Zahlen werden genügen, um einen Begriff
zu bekommen bon dem Umfang, in dem dies bereits geschehen
ist. Ih mache darauf aufmerksam, daß in den Landgemeinden
die Sozialdemokratie bereits 7500 Gemeindevertreter hat und
daß in den städtishen Gemeinden 2500 fozialdemokratische Gemeindevertreter sitzen. Das gibt zu den allerernstesten Be- denken Anlaß, weil dieser Umstand die Gefahr in sih birgt, daß weite Kreise des Volks damit der Gefahr einer sozialdemo- fratishen Infizierung ausgeseßt sind. Ih mêechte der Regierung dringend ans Herz legen, nach dieser Richtung die Augen ofen zu Halten JIch bli font kein Freund. von einer allzu großen Ausdehnung der Staatsaufsiht, aber in diesem Punkt muß die Staatsaufsiht am Playe setn und dafür sorgen, daß in den Gemetndevertretungen die sozialdemokra- tishen Tendenzen ih nicht allzu breit machen. Von seiten des Zentrums ist bei allen früheren Debatten gesagt worden: Geben Ste der katholishen Kirche volle Freiheit, und sie wird in der Lage sein, den Kampf - gegen den Umsturz erfolgreih zu führen. Dem- egenüber erinnere ich Sie daran, daß sie in Belgien volle Freiheit haben. Sie werden aber niht bestreiten können, daß Sie in Belgien mit dem Soztialismus nicht fertig geworden sind. Sie haben ja auch bei uns ein großes Maß von Freiheit. Gewiß haben Ste noch Wün'che, die Ihnen nitt erfüllt worden {ind. Aber Sie können nicht bestreiten, daß Sie große Freiheit bei uns ge- nießen. Was haben Sie aber in den Städten erreiht, wo Sie die Mehrheit haben? Denken Sie an Cöln und München; dort sind Ste nicht imstande gewesen, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. Die Sozial- demokratie wächst hauptsächlich in den großen Industriezentren. Da find Sie ebensowenig „in der Lage gewesen wie wir, die Sozial- demokratie erfolgreih zu bekämvien. Der Liberalismus hat oft gesagt: man mache eine volkstümliche Politk, man gebe der Freiheit eine breite Gasse, das set die beste Art der Bekämpfung der Sozial- demokratie, Diese Wege ist man gegangen, erfreuliherweise nicht bei uns. Aber im Großherzogtum Baden hat man \sich auf die \chiefe Ebene der demokratischen Wahlordnung beceben. Was ist der Erfolg? Seit 1903 sind im ganzen Reich die Stimmen der Sozialdemokratie um 30% gewachsen, aber im Groß- herzogtum Baden sind fie um 659% gestiegen. Da it die Sozialdemokratie zu einer aus\schlaggebenden Partei geworden. Der Anfsturm der Demokratie richtet \sich gegen Preußen und dieses Haus, weil Preußen nahezu der einzige Staat ist, der mit Energie an seinem Wahlreht festhält. Dieser Ansturm gegen das Wahlrecht und den Staat wäre nichk \o groß, wenn nicht eine Neiße von deutshen Staaten sich auf die hiefe Ebene des demo- fratishen Wahlrechts begeben hätte. Wenn Bismarck noch wäre, hätten diese Staaten wohl kaum eine solche Politik getrieben, die fich leßten Endes gegen den preußis{hen Staat richtet. Unsere Landesvertretung ist noch ein Wall gegen die Sozial- demokratie. Wir fordern eine energishe Bekämpfung der Sozial- demokratie. Für das Sozialistengeseß haben au maßgebende Zentrums- führer gestimmt. Der nationalliberale Abg. Oechelhäuser sagte im Neichstag einmal, der Einfluß des Sozialistengeseßes auf dite Besserung des Verhältnisses zwishen Arbeiter und Arbeitgeber sei so éindringlih gewesen, daß man ihn n\cht leugnen könne. Diese Aktion hat auch auf die Sozialdemokratie Eindruck gemacht. Der „Vorwärts“ hat anerkannt, daß das Sozialistengeseß eine {were Bedrückung für die Sozialdemokratie gewesen ist. (Nuf rechts: Auch Bebel!) Ja, auch Bebel hat es anerkannt, und der Reichstag8abgeordnete Richard Fischer hat lebhaft den Einfluß dieses Gesetzes geschildert, wie die Tapferen sch vor der Gewalt beugten, die Feigen \ich beiseite drückten. Die Wirkung des Geseßes war ganz aus8gezeihnet. Wenn die Sozialdemokratie von 1887—1890 einen so großen Aufschwung genommen hat, fo darf man nicht vergessen, daß die Wahlen von 1890 #\ch unter eigenartigen Umständen vollzogen; es waren die Februarerlasse er- \chienen, Bismarck drohte zu stürzen, man wußte, daß die Neichs- politik keine Unterdrückung der Sozialdemokratie mehr wollte. Ich frage die Sozialdemokraten: Wenn Sie im Staate die Mehrheit, wir die Minderheit hätten und wenn wir diesen Staat ums!ürzen wollten, würden Sie uns das Maß von Freiheit geben, das Sie baben? Die GSelbstachtung zwingt die Staatsgewalt, diesen Kampf aufzu- nehmen. Eine der bedauerlichsten Erscheinungen ist es, daß die Ne- gierung und die Parteien das Gefühl von der Gemeingefährlichkeit der Sozialdemokratie verloren haben. (Abg. Hirs\ch (Soz.): Diese Neden sind gemeirgefährlich!) Die Sozialdemokraten sind staats- gefährlih und arbeiten auf den Umsturz der Gesellshaftsordnung hin. Das kann man nicht bekämpfen mit einer Politik des „laisser faire, laisser aller“, niht, indem man von der Hand in den Mund lebt, sondern nur durch energishe Offensive. Die Offensive ist d'e Stärke unserer Armee, in der es heißt: Greifen wir an! Ih wünschte, daß ein Hauch dieses Geistes einer energischen Offensive au bald in die Reichsregierung einziehen würde. Ich weiß, es ist leicht, von dieser Stelle hier eine Marschroute anzugeben — Herr von Heydebrand bestätigt mir das —, aber es ift \{hwer, an verantwortliher Stelle zu stehen; doch unsere Aufgabe ist es, zu warnen und zu mahnen (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten: \charf zu machen), ja, sehr rihtig: scharf zu machen, die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß man Parlamenten niht nachlaufen daf, daß man Parlamente führen muß. Wenn Fürst Bismarck immer der Mehrheit nagelaufen wäre, das Deutsche Neih wäre noch n'cht gegründet. E {t nicht die Absicht meiner Freunde, nah irgendeiner Nichiung zu verleßen, sondern wern ih das namens meiner Freunde hier ofen au8gesprochen habe, so haben wir die Pflicht gegen unser Gewissen und das Land erfüllt. Jch wünschte, wir sähen die Dinge fals, es wäre alles vnbegründet, was ih sagte. Aber die Gefahren find fo groß, wie ih fie ge|hildert habe, und ich hoffe, daß über kurz oder lang die starke Hand fich finden möge, um das Land zu befreien von denjenigen, von denen es unzweifelhaft bedroht ist,
(Schluß des Blattes.)
Kunft und Wissenschaft.
Die internationale Erdmessung konnte im September v. J. auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurükblicken. Der Geheime Ober- regierungsrat, Professor Dr.-Ing. Helmert, der an ihren Arbeiten hervorragenden Anteil hat, veröffentliht in der „JInterrationalen Monatsschrift für Wissenschaft und Technik“ eine Darstellung der Entwicklung, die die Erdmessung in dieser Zeit genommen hat; ihr find die nachstehenden Angaben entnommen. Die Inter- nationale Erdmessung wurde im Jahre 1862 in Berlin unter dem Namen „Mitteleuropäishe Gradmessung“ begründet. Es handelte sich zunächst um eine An: egung Me der Sachsen und Oesterreich folgten und die sch auf Arbeiten einer Gradmessung bezog, die das Gebtet von etwa 20 Lngengraden zwischen den Breitenparallelen von Christiania und Palermo umfassen sollte. Noch in demselben Jahre konnte der Leiter der damals gepflogenen Verhandlungen, der Generalleutnant ¿. D. Baeyer, berihten, taß auch Bayern, Mecklenburg, Hannover, Baden, Sachien-Coburg: Gotha, ferner Italien, die Schweiz, Nuß- land für Polen, Belgien, die Niederlande, Dänemark, Schweden und Norwegen ihre Beteiligung zugesagt hätten. Als Haupt- aufgabe galt die Ermittlung der Krümmungsverhältnisse einer Anzahl von Meridian- und Parallelbogen in dem bezeichneten Gebiet. Im Jahre 1864 tagte dann in Berlin eine erste allgemeine Konferenz, zu der 13 Staaten Vertreter entsandt hatten ; nämlich außer den meisten der obengenannten E Kurhessen
seben Mitgliedern übertragen, die sich jährlich wenigstens einmal zu versammeln hatte. Als ausführendes Organ dieser Kommission wurde ein Zentralbureau begründet, das zugleich die Landesberichte zu einem GeneralberihbFcitisch verarbeiten sollte. Die preußische l 1866 Bei übernahm die Kosten dieser Einrichtung, die im April 1866 förmlki erfol„te. Aber {hon im folgenden Jahre beantragte Baeyer bei der Staatsregierung dieGründung eines allgemeinen wissenschaftlichen geodä- tisen Instituts, das neben den Gradmessungsarbeiten in Preußen und der Fortbildung der höheren Geodäsle auch die Obliegenheiten des Zentraltureaus übernehmen follte. Dem Antrog wurde Folge gegeben, und das Geodätishe Institut konnte bereits im Jabre 1869 eröffnet werden. Inzwischen waren Spanien, Portugal und Nußland beigetreten, und die Bezeichnung „Mitteleuropäishe Gradmessung“ war in „Europäische Gradmcssung“ umgewandelt worden. Auf einer in Berlin 1867 abgehaltenen Konferenz wurde auch die Gründung eines internationalen Bureaus für Maß und Gewicht sowie die Herstellung eines neuen Normalmeters angeregt; ein Wunsch, der später durch die Meterkonvention und dur die Errichtung tes Bureau inter- national des Poids et Mesures in Breteuil bei Paris in Erfüllung ging. Die erfreuliche Entwicklung der europäischen Grad- messung zeigten der reiche Inhalt der jährlihen Generalberihte und der stetig wachsende Umfang der Verwaltungsberihte. Auf einer 1883 in Rom abgehaltenen Konferenz wurde bereits angeregt, die Lage der Erdachse im Erdkörper durch Beobachtungen auf ihre Unveränderlic- feit zu prüfen. Baeyer war i. I. 1885 gestorben; seit 1886 leitete Helmert das Geodätische Institut und wandelte es zweckentsprehend um. Neben dem Astrophysikalishen Observatorium auf dem Telcgraphenberge bei Potsdam erhielt das Institut ein eigenes Dienstgebäude. Während bisher die internationale Vereinigung ohne eine {riftli festgelcgte Uebereinkunft der Staaten bestanden hatte, machte jeßt die von den leitenden Männern der Vereinigung erfannte Notwendigkeit, die permanente Kommission mit eigenen Geldmitteln auszustatten, die Aufstellung einer Uebereinkunft notwendig. Auf einer 1886 nah Berlin einberufenen Konferenz wurde eine Jahresdotation von 16 000 6 auf zunächst 10 Jahre beschlossen, die, nah Maßgabe der Bevölkerungsziffer abgestuft, von den beteiligten Staaten aufzubringen war. In der Folge traten immer weitere Staaten der Vereinigung bei; fo 1888: Chile, Griehenland, Japan, Meriko und Serbien; 1889: die Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 1887 war der Fortschritt in der Erledigung der Grundaufgaben der Erdmessung ganz bedeutend gewesen. Die Einführung des Metermaßes und die Mitwirkung des. Internationalen Maß- und Gewichtsbureaus hatte Einheitlichkeit in die linearen Ergebniss der Dreieckéneße der verschiedenen Länder ge- bracht; die Ergebnisse für die Erdgestalt in einigen Gebieten Europas konnten abgeleitet werden; die Einführung des NReysoldschen unpersôn- lihen Mikiometers erhöhte die Genauigkeit der astronomischen Messungen; in der Frage der Einheitlichkeit des mittleren Meeres- niveaus ergaben fich durch Beobachtung der Mittelwasser und ihre Vergleihung dur Feinnivellements erhebliche Fortschritte; großartig war der Auf\{roung in der Ausbreitung der Schwerkraftsmessungen in- folge der Einführung der kleinen Pendelapparate von R. von Sterne. Auf Professor Foersters Anregung wurde ferner der oben erwähnten Frage über die Unveränderlihkeit der Erdachse nähßergetreten. Es wurden zunächst in den Jahren 1889 und 1890 Beobachtungen der geographishen Breite auf d-r Nordhalbkugel der Erde in mehreren nit weit voneinander abstehenden Observatorien (Berlin, Potsdam, Prag und Straßburg) ausgeführt. Als diese eine Schwankung der Breite von mehreren Zehntelsekunden bei annähernd jährlichem Verlauf ergaben, entschloß man sich zur gründlichen Prüfung der Sache durch gleichzeitige Beobachtungen in Berlin und in Honolulu sowie tn Prag und Straßburg. Sie ergaben, daß kein Zweifel an der Lagen- änderung des Nordpols beréGtciiet. ett wurden, um ihren zeitlichen Ver- lauf zu bestimmen, vier Beobachtungsstationen auf einem und dem- selben Breitenparallel der Nordhälste der Erde eingerihtet. Die dazu erforderlichen Geldmittel im Betrage von etwa 44000 jährlih wurden durch Erhöhung der Jahresbeiträge der beteiligten Staaten gewonnen. — Im Iahre 1895 wurde eine neue, no jeßt geltende Uebereinkunft geschlossen, durch die die Jahresbeitz: äge erbeblih erhöht wurden (800 4 bei einer Bevölkerung bis zu 5 Millionen, 1600 46 bei 5—10 Millionen, 3000 4 bei 10-—20 Mils lionen und 6000 46 für mehr als 20 Millionen). Als Mindest- jahreédotation wurden 60 000 4 angenommen. Nach der neuen Uebereinkunft is die Permanente Kommission aus je einem Vertreter für jeden Staat gebildet; fie hat mit der wissen- schaftlichen Leitung der Arbeiten nihts mehr zu tun, sondern ist vom Präsidium nur bei besonderen Fragen der Verwaltung zu hôren. Die oberste Leitung hat die Allgemeine Konferenz, die in der Negel alle 3 Jahre zusammentritt. In der Zwischenzeit hat das Präsidium die administrative Leitung und die Aufsicht über die dem Zentralbureau übertragenen wissenshaftlißen Unter- nehmungen. Dieses Bureau erstattet jährlich einen gedruckten Tätigkeitsberiht. Dieser neuen Uebereinkunft traten 21 Staaten bei: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankrei, GrieWhenland, Großbritannien, Italien, Japan, Mexiko, die Niederlande, Norwegen, Oesterreich, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden, die Schweiz, Serbien, Spanien, Ungarn und die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Verlauf trat Serb!en zurück, während Argen- tinien, Chile und Australien beitraten. Gegenwärtig find also 93 Staaten an der internationalen Erdmessung beteiligt und die jährliche Dotation beträgt rund 70000 G /
Auf der Tagung, die aus Anlaß des 50jährigen Bestehens der Internationalen Erdmessung im September v. J. in Hamburg abgehalten wurde, konnte über weitere interessante Ergebnisse der angestellten Untersuhungen berichtet werden. Zunächst interessierte wieder die Frage der Breitenvariation. Bald nah der Konferenz in Berlin i. I. 1895 war der internationale Breitendienst ausgebaut worden. Vier neue Stationen wurden in Carloforte (Italien), Mizusawa (Japan), Gaithersburg und Ukiah (Amerika) eingerichtet; zu ihnen traten je eine Statton in Buchara und Cincinnati; die Stationen haben Ende 1899 ihre Arbeit auf- genommen. Sie s{hicken monatli ihre Originalbeobacht ungsbücher nach Potsdam, wo sie im Zentralbureau verarbeitet werden. Die Ergebnisse werden in vor Lde E alljährlich in den „Asiro- nomishen Nachrichten" veröffentliht; \{chärfer berechnete Ergebnifse der Breitenvariationen werden für mehrere Jahre ¿zusammen band- weise herausgegeben. Obwohl das Ergebnis dieser Untersuhungen bisher einigen Aufs{chluß gewährte, fehlt es noch immer an vollständiger Kenntnis des Verhaltens des Breitengrades unter vershiedenen Um- ständen. Auch sonst noch bedarf das Auftreten systematischer Einflüsse unbekannter Herkunft in den Beobachtungen der Aufklärung. Indessen hat doch anscheinend das eingeshlagene Verfahren zu einem nahezu rihtigen Gesamtergebnis für die Ableitung einer interpolatorisckchen Darstellung der Breitenvariationen Ee Jedenfalls ist so viel er- reiht, daß es z. Z. möglih ist, alle Breitenbestimmungen, die seit 1900 angestellt sind, sehr nahe rihtig auf eine mittlere Lage des Nordpols zu beztehen. Von allgemeinem Interesse ist auch vor allem die Beobachtung der Intensität der Schwer - kraft auf dem Weltmeer. Die erzielten Ergebnisse bilden eine wichtige S!üße der Lehre vom Gleichgewicht der Erdkruste (Isostasie), wonach diese so zum Erdinnern E ist, als ob sie darauf {chwämme. Festländer und Ne gebirge bedeuten somit für die Erde als Ganzes keine Massenanhäufungen. Im großen und ganzen muß dann die L im Meeresniveau auf der Tiefsee dieselbe Stärke haben wie auf den ausgedehnten Flachländern. Neben den genannten Arbeiten, zu denen noch Schweremessungen auf dem Fesilande traten, sind auch die ur- sprünglich ins Auge gefaßten Arbeiten zur Ermittlung der spezifischen Erdgestalt aus Gradmessungen fortgeführt worden.
Ferner hat das Zentralbueau Berechnungen sogenannter Lot - abweichungen für Europa und Nordafrika ausgeführt und ein \{on fast ganz Europa umfassendes Liniensystem, das eine Grund- lage zur Zusammenfassung der Einzelarbeiten der verschiedenen
und Hessen-Darmstadt. Die wissenschaftlihe Leitung der mittel- europäischen Gradmessung wurde einer permanenten Kommission von
Under geben wird, angefertigt. Sehr cingehende Lotabweihungs- untérfuGungen haben auch die Gngländer in Indien und - die Amerikaner ausgeführt, welch leßteren es nicht nur gelungen ift,