1893 / 281 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Die Bestände des Fonds dürfen nur in a und Schazanweisungen des Reis verzinslih angelegt werden. Die Zinsen wachsen dem Fonds zu. i

Dem Bundesrath und dem Reichstag ist bei ihrem regelmäßigen jährlihen Zusammentritt über den Bestand des Fonds und die bei demselben vorgekommenen ERRSErAUgen Mittheilung zu machen.

8 5.

Zur Deckung eines im Reichhaushalts-Etat bei den fortdauernden Ausgaben und den einmaligen Ausgaben des ordentlihen Etats sich ergebenden Fehlbetrags, soweit bezüglih desselben nit die Bestim- mung im § 2 dieses Geseßes zur Anwendung kommt, können auch Zuschläge auf die dem Reich zustehenden Stempel- und Verbrauchs- abgaben gelegt werden.

Die Sflinurine darüber, auf welhe Abgaben, in welher Höhe und auf welche Dauer Zuschläge gelegt werden follen, erfolgt dur ein befonderes Geseß.

Urkundlich 2c.

Die Begründung hierzu lautet:

Der vorliegende Geseßentwurf ist bestimmt, den in der Denk -

Jett f, betreffend die anderweite Ordnung des Finanzwesens des

eis (f. unten), dargelegten Reformvorschlägen einen geseßlichen Ausdruck zu geben. S E :

Als das Ziel der Neform is nach der Denkschrift in Aussicht enommen, zunächst für eine bestimmte Zeitdauer, und zwar für die E abe Vom L Abit. 1895: bis zum 31. März 1900, eine finanzielle Auseinanderseßzung zwishen dem Reich und den Einzel- staaten auf der Grundlage und mit der Wirkung herbeizuführen,

daß die bisherigen Schwankungen in dem Verhältnisse der Matrikular- beiträge und der den Einzelstaaten aus den Einnahmen des MNeichs zustehenden Ueberweisungen beseitigt werden und den Einzelstaaten ein fester Betrag an Mehrüberweisungen über die Matrikular- beiträge hinaus dur. entsprehende Festseßung eines bestimmten relativen Verhältnisses zwischen den leßteren und den Ueberweisungen gesichert wird, i i die Mehrerträge seiner Cinnahmequellen dem Reich verbleiben ; das Reich aber auch, unter Ausschließung eines RNügriffes auf Mièatrikularbeiträge über deren relativ fixirten Betrag hinaus, die weitere Deckung für seinen Ausgabebedarf lediglih seinen eigenen Einnahmequellen zu entnehmen hat und zu diesem Zwecke ihm die Möglichkeit einer zeitweiligen \tärkeren Heranziehung der leßteren iert wird, j die Nothwendigkeit, diesen Weg zu beschreiten, aber dadurch möglichst eingeshränkt wird, daß etwaige rechnungsmäßige Ueber- \hüsse des Neichshaushalts zu einem Ausgleihungsfonds ange- sammelt werden, aus welchem etwaige rechnungsmäßige Fehlbeträge späterer Jahre gedeckt, die nach 4/0 dieser Zweckbestimmung des Ausgleihungs- fonds etwa verfügbar bleibenden Mittel des leßteren zur Schulden- tilgung verwendet werden. Bun diesen Gesichtspunkten ausgehend, sihert der vorliegende Entwurf im S 1 den Einzelstaaten eine Dotirung aus den Einnahmen des Reichs in dem, wie in der Denkschrift dargelegt, als erforderlich zu erachtenden Mindestbetrage von 40 Millionen Mark durch die Bestimmung, daß mindestens um diesen Betrag die Matrikularbeiträge für jedes Jahr hinter dem Gesammtbetrage der Ueberweisungen an die Einzelstaaten zurückbleiben. Indem der Entwurf nur den Mindestbetrag der Diffe- renz zwischen den Matrikularbeiträgen und den Ueberweisungen fest- seßt, bleibt die Möglichkeit gewahrt, die ersteren, ihrer verfassungs- mäßigen Bedeutung entsprechend, nur in einer Höhe, welche um mehr als 40 Millionen Mark hinter den Ueberweisungen zurückbleibt, in den Etat einzustellen, wenn dies zur Deckung des Ausgabebedarfs ausreiht. In diesem ee würde die Mehrüberweisung an die Einzelstaaten sih entsprehend erhöhen. Thatsächlih ist indessen der Eintritt dieser Eventualität, wenigstens für die vorläufige Geltungs- dauer der neuen Regelung, niht zu erwarten, da für diese Zeit nach Lage der Verhältnisse auf eine folche Ermäßigung der Matrikular- beiträge kaum zu rechnen ist. j

Der erste Absaß des § 1 enthält die Vorschrift für die Be- messung der Matrikularbeiträge im Neichshaushalts-Etat, während die beiden folgenden Absäße die erforderlichen Bestimmungen für den Fall treffen, daß sich nah der Rechnung eine höhere oder geringere als die festgeseßte Differenz zwishen den Matrikularbeiträgen und den Ueberweisungen infolge Mehr- oder Minderertrages der Zölle und der Ueberweisungssteuern gegenüber dem Voranschlage ergiebt. Im ersteren Falle foll nach der Bestimmung im zweiten Absay der Mehrertrag der Zölle und Ueberweisungssteuern dem Reih verbleiben. Die be- stehenden geseßlihen Bestimmungen wegen Ueberweisung des vollen NReinertrags der NReichs-Stempelabgaben und der Branntweinsteuer werden nit berührt. Es foll nur eine theilweise Suspendirung der sogenannten Franckenstein’s{chen Clausel insofern eintreten, als die Veberweisungen aus dem Ertrag der Zölle und der Tabaksteuer \o weit gekürzt werden, daß die Gesammtsumme der Ueberweisungen aus dem Ertrag der Zölle und der sämmtlichen Ueberweisungs teuern nicht um mehr als den in dem Reichshaushalts-Etat veranschlagten Betrag über die Gesammtsumme der Matrikularbeiträge hinausgeht.

Ergiebt si dagegen nah der Rechnung eine geringere als die im Etat veranschlagte Differenz zwischen den Matrifkfularbeiträgen und UVeberweisungen, so sollen nah der Bestimmung im dritten Absatz des § 1 die veranschlagten Matrikularbeiträge entsprechend ermäßigt werden, jedoch nur, wenn und soweit jene Differenz rechnungs8mäßig unter den gefeßlichen Mindestbetrag von 40 Millionen Mark sinkt. Die Matrikularbeiträge nurin diesem Falle und nicht hon dann zu ermäßigen, wenn eine etwa im Etat veranschlagte höhere Differenz nach der Menne nicht erreiht wird, erscheint gerechtfertigt, um nit das Reich auch in ungünstigen Jahren, in denen die wirklihen Einnahmen hinter den veranschlagten zurübleiben, zu Mehrüberweifungen an die Einzel- staaten über den geseßlihen Mindestbetrag hinaus zu verpflichten. Die Einzelstaaten aber werden bei der Aufstellung ihrer Budgets mit der Thatsache zu rechnen haben, daß sie mit Sicherheit nur den gesetz- lichen Mindestbetrag, nit einen etwa im NReichshaushalts-Etat ver- anshlagten höheren Betrag an Mehrüberweisungen vom Reich zu erwarten haben.

Bei der Bemessung der Matrikularbeiträge gemäß Absay 1 und ihrer Ermäßigung im Fall des Absaßz 3 des § 1 sind, wie in dem Entwurf vorgesehen, die gegenwärtig im Reichshaushalts-Etats mit uriter die Matrikularbeiträge einbezogenen, thatsählih aber folhe nicht darstellenden Beträge außer Berücksichtigung zu lassen, welche Bayern, Württemberg, Babèn und Elsaß-Lothringen an Stelle der für Rechnung der übrigen Bundesstaaten aufkommenden Brausteuer, Nebershüsse der Post- und Telegraphenverwaltung und eigene Ein- nahmen der Verwaltung des Neichsheeres zur Neichskasse zu zahlen haben. (Art. 38 Abf. 4, Art. 52 Abs. 4, Schlußbestimmung zu Abschnitt X1 der Neichsverfassung.)

82

des Entwurfs sieht die Reservirung etwaiger rechnungsmäßiger Ueber- schüsse des Neichshaushalts und die Ansammlung derselben zu einem befonderen Fonds vor, welcher die Bestimmung haben foll, zur Aus- gleihung etwaiger rechnungsmäßiger Fehlbeträge späterer Jahre ver- wendet zu werden. Die Bildung eines solhen Ausgleihungsfonds erscheint, wiein der Denkschrift dargelegt, zweckmäßig und gerathen, um nach Mösglich- keit zu verhüten, daß das Reich schon zur Befrievinitt eines einmalig und vorübergehend hervortretenden Mehrbedarfs, wie ihn die Deckung des rednungsmäßigen Fehlbetrages eines Jahres in dem Etat des zweit- folgenden Jahres hevorruft, sich auf den im § 5 bes Entwurfs vor- esehenen Weg der Os seiner Einnahmen durch zeitweilige rhöhung Leiedsaber Steuern gewiesen sehen müßte, Beim Vor- handensein eines solhen Ausgleihungéfonds wird die Erhebung von Zuschlägen zu Verbrauchsabgaben erst im Falle eines Bedürfnisses, das mit einiger Sicherheit als ein mindestens für eine gewisse Zeit

dauerndes angesehen werden müßte, erforderli werden.

Wie im § 2 des Entwurfs vorgesehen, soll es in formeller Be- ziehung bei der seitherigen Art der Deckung eines rechnungsmäßigen Fehlbetrages au fernerweit verbleiben. Der Fehlbetrag ift demnach in den Reichshaushalts-Etat des zweitfolgenden Jahres als Ausgabe einzustellen. Bietet dieser Etat anderweit selbstverständlich ohne die im §5 des Entwurfs vorgesehene eventuelle Ergänzung seiner Ein- nahmen dur Steuerzuschläge die Mittel zur Deckung des A Sfbekrates, sobedarf es einer Inanspruchnahme des Ausgleihungsfonds nit; bietet da- gegen der betreffende Etat niht die Mittel zur Deckung des Fehl- betrags, so hat diese Deckung aus dem Ausgleichungsfonds, wenn und soweit derselbe zureiht, zu erfolgen und ift Dennda ein entsprechender Betrag aus demselben als Einnahme in den Etat einzustellen. i

n dem in den Etat eingestellten Betrage des Fonds nehmen die Einzelstaaten nach Maßgabe ihrer i gam en Antheile an den Reichseinnahmen theil. In gleicher Weise soll in dem Falle einer Schuldentilgung aus dem Mehrbetrage des Fonds 3) ver- fahren werden.

S Z nimmt in Aussicht, falls der Ausgleihungsfonds einen Bestand von 40 Millionèn Mark erreicht haben sollte, die demselben noch weiter zufließenden Beträge zur Schuldentilgung zu verwenden. Es wird angenommen werden dürfen, daß ein Bestand von 40 Millionen Mark der Negel nah und abgesehen von dem Eintritt besonderer Even- tualitäten, dur welche etwa die Finanzen des Reichs längere Zeit hindur ungünstig beeinflußt würden, ausreihen wird, um die Er- füllung der Zwecke des Fonds zu sichern.

Darüber, in welcher Weise die Schuldentilgung zu bewirken sein wird, insbesondere au, ob durch Ankauf von Schuldverschreibungen oder dur Verrehnung auf bewilligte, aber noch nit begebene Anleihe, wird eintretenden Falles durch den Reichshaushalts-Etat beziehungsweise das Etatsgeseß Bestimmung zu treffen sein.

4

beshränkt im zweiten Absay die verzinsliche Belegung des Aus- gleihungsfonds auf Anleihe und Schaßanweisungen des Reichs, um die jederzeitige Flü}sigmachung des Fonds zu sichern, inzwischen aber die Mittel desselben für die Beschaffung des Geldbedarfs für das Reich nußbar zu machen, und trifft im übrigen hinsichtlih der Ver- waltung 2c. des Fonds die erforderlihen Anordnungen, wie sie mit Rücksicht auf die Zwebestimmung, die begrenzte Höhe und die be- shränkte Belegbarkeit der Bestände des Fonds ausreichend und an- gemessen sein dürften. §9 |

sichert dem Reich den erforderlichen beweglichen Factor zur Balancirung des MNeichshaushalts-Etats in der Form von Zuschlägen zu den Stempel- und Verbrauchsabgaben. Auch bei Schaffung des vor- besprochenen Ausgleichungsfonds bedarf es eines solchen beweglichen Factors für den Fall der Unzulänglichkeit dieses Fonds sowie zur Deckung solcher Fehlbeträge des Reichshaushalts-Etats, welhe ihren Grund nicht in der Einstellung des Fehlbetrages eines früheren Jahres in den betreffenden Etat haben.

Darüber, zu welchen Abgaben und in welher Höhe und auf welche Dauer Zuschläge erhoben werden sollen, foll jedesmal durch ein besonderes Gefeß Bestimmung getroffen werden.

Daß rücksihtlich derjenigen Abgaben, auf welhe Zuschläge gelegt werden, zugleich die von einzelnen Bundesstaaten an Stelle der be- treffenden Abgaben zu zahlenden Beträge Ausgleichungsbeträge Aversen) entsprechend zu erhöhen sein werden, schien einer besonderen Erwähnung in dem vorliegenden Geseß nicht zu bedürfen.

"Denkschrift.

Die Verfassung des deutschen Zoll- und Handelsvereins war der Ausbildung indirecter Steuern und Verbrauchsabgaben, wie sie in anderen Staaten stattgefunden hat, niht günstig. Einerseits wurden von den Einzelstaaten selbst indirecte Abgaben in erheblihem Um- fange erhoben und' andererseits war die Einführung gemeinsamer Abgaben dieser Art dur den Charakter des Vereins als einer ver- tragsmäßigen Vereinigung der betheiligten Staaten für bestimmte Zwecke ershwert. Die natürliche Folge hiervon war, daß die Erträgnisse der indirecten Besteuerung, soweit dieselben bei Gründung des Deutschen Reichs diesem durch die Reichsverfassung überwiesen wurden, sich von vornherein unzulänglich zeigten gegenüber den finanziellen Anforderungen, welche die Erfüllung der umfassenden, von den Bundesstaaten dem Reich übertragenen Aufgaben stellte. Es mußte daher einstweilen und bis zu der nunmehr durch die Reichsverfassung erst ermöglichten er- giebigeren Ausbildung der Einnahmen aus Zöllen und Verbrauchs- abgaben das Reich zur Ergänzung seiner eigenen Einnahmen auf die Erhebung von Beiträgen der Bundesstaaten angewiesen werden. Daß die Reichsverfassung indessen hierin nur einen provisorischen Behelf schaffen, für die Dauer dagegen die Finanzwirthschaft des Reichs auf eigene Ein- nahmen desselben gründen wollte, ist außer Zweifel und wird auch durch die ausdrüclihe Bestimmung im Art. 70 der MNeichsverfassung Élargestellt, nah welcher die Ausgaben des Reihs abgesehen von den durch Anleihe zu deckenden außerordentlichen Bedürfnissen (Art. 73) —, soweit sie durch die eigenen Einnahmen nicht gedeckt werden, folange Reichs\teuern niht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nah Maßgabe ihrer Bevölkerung auf- zubringen sind. i

Bereits in den ersten Jahren nach der Gründung des Reichs wudclhsen die Ausgaben in einem Maße, daß die Steigerung der Ein- nahmen damit niht Schritt halten konnte und daher eine starke Be- lastung der Bundesstaaten mit Matrikularbeiträgen die Folge sein mußte. Wie sih das Verhältniß der ordentlihen Einnahmen zu dem regelmäßigen Ausgabebedarf des Reichs in den Jahren 1872 bis 1878/79 gestaltet hat, ergiebt die nahstehende Uebersicht, welcher die wirklichen Einnahmen und Ausgaben, unter Nichtberüksichtigung der Einnahmen aus der französischen Kriegskostenentshädigung und aus Anleihen 2c., sowie der dur außerordentliche Zuschüsse bestrittenen Ausgaben, zu Grunde gelegt sind.

1873

M.

1874 1875 1876/77 1877/78 1879/80 5/4 Jahre Á c b, M. M. M.

Die den ordentlihen Einnahmen zur Last gelegten Ausgaben betrugen : Fortdauernde Ausgaben Einmalige Ausgaben

290 080 040 | 308 161 832 13 858 192 25 097 862

311 813 918 ] 367 930 828 | 461 209 095 | 374292 225 | 373 033 476

20 306 014 18 966 977 20 794 268 [7 416 745 | 32 948 752

Zusammen 303 938 232 | 333 259 694 An gewöhnlichen eigenen Einnahmen des Reichs sind zur Deckung des vor- stehenden Ausgabebedarfs aufgekommen : 1) Zölle und Verbrauchssteuern .

2) Spielkartenstempel 3) Wechselstempelsteuer N 4) Post- und Telegraphenüber- e 0ST: 8 988 672 5) Uebershüsse der Eiseubahnen . 37 2 189 775 6) Sonstige ordentlihe Ein- an 40 1 588 646

207 (L181

9 (45 700

332119932 | 386 897 805 | 482 003 363 | 391 708 970 | 105 989 998

246 599 914 | 246 612 589 j 302 914988 | 237 399 802 | 9235 534 612

392 225

6 000 702 6 105 630 8 183 371 6451068 | 5831083

9 185 938 4 704 750

9 473 401 8 961 038

8 261 065 10 761 530

10016 241 9 6295 331

13 719 899 10 884 014

2796833 | 2920778 | 4705 681 10 860 121

Zusammen 276 283 974

An Aecquivalenten für die nicht allen

Staaten gemeinsamen Einnahmen sind erhoben

11 393 908 12915320

2 062 441 639 209

260 284 137 | 269 673 436 | 334 826 635

277 181 954

14 204 927 15 489 464 178 620 813 331

17 986 000 I 271 569

13 906 392 1 592 860

265 873 403 | 289 838 503 38 064 829 | 43 421 191 12,5 13/0

60 389 072

Zusammen . Von der oben nachgewiesenen Aus- gabe-Summie blieben sonah ungedeckt Das sind in Procenten der obigen Vf A E Die Matrikularbeiträge haben be- tragen 80 616 400

Während der zu deckende Bedarf von 1872 bis 1878/79 ih von 303 938 232 A6. auf 405 982 228 MÆ, d. h. um rund 102 044 000 K gesteigert hatte, waren die ordentlihen Einnahmen nur von 265 873 403 é auf 293 371 201 Æ, also um rund 27 498 000 X gewachsen und hatte sih die durch die ordentlihen Einnahmen nicht gedeckte Quote der ordentlichen Ausgaben von 12,5 9% im Jahre 1872 auf 27,7 9% im Jahre 1878/79 erhöht.

Dies Mißverhältniß würde hon früher und in noch höherem Maße Hervorgetreten sein, wenn nicht die französishe Kriegskosten- entshädigung bedeutende Mittel zur Deckung außerordentliher Aus- gaben geboten hätte.

Solche Erfahrungen führten bald zu der allgemeinen Erkenntniß von der Nothwendigkeit, durch Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs Deckung für den wachsenden Ausgabebedarf desselben zu beschaffen, und bildeten den wesentlihsten Grund für die Zoll- und Steuerreform des Jahres 1879, Die Richtung, in welcher diese Ne- form seitens der verbündeten Regierungen unternommen wurde, ist in dert Begründung zu dem dem Reichstag unter dem 9. Februar 1878 vorgelegten Entwurf des Tabaksteuergesetzes (Actenstück Nr. 20 ay Session 1878) und demnächst wiederholt in der Begründung zu dem unter dem 13, April 1879 vorgelegten Entwurfe des Zolltarifgesezes (Actenstück Nr. 132 A. 11, Session 1879) dahin bezeihnet worden,

„daß durch Vermehrung der eigenen Einnahmen des MNeichs eine Entwickelung eingeleitet werde, welche eine Entlastung des Budgets der Einzelstaaten herbeiführt, sodaß es den letzteren dadurch er- mögliht wird, drückende Steuern zu beseitigen bezw. zu ermäßigen, oder, wenn sie dies für angezeigt halten, einzelne dazu geeignete Steuern den Provinzen, Kreisen und Gemeinden ganz oder theil- weise zu überlassen“.

Durch die Reform von 1879 wurden nun zwar die eigenen Ein- nahmen des Reichs wesentlich erhöht; die gesteigerten Erträge ver- blieben aber nit in voller Höhe dem Reich, vielmehr bestimmte die vom Reichstag beschlossene \ogenannte rankenstein’\{e Clausel 8 des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879, MNeich8s-Geseßbl. S. 207), daß dem- Reich von dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer nur der feste Betrag von 130 Millionen Mark zustehen, der Mehrertrag aber den einzelnen Bundeéstaaten überwiesen werden solle. Im An- {lusse hieran ist demnächst durch § 44 des Neich8-Stempelgesetzes vom 1. Juli 1881 / 3. Juni 1885 (Reichs-Gesetzbl. 1885 S. 179) und §39 bew. §42 Nr. 111 des Branntweinsteuergeseßes vom 24. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 253) auch der gesammte Nein- ertrag der Neichs-Stempelabgaben und der Branntwein-Verbrauchs- abgabe sowie des Zuschlages zu derselben den Bundesstaaten über- wiesen worden,

Die Vermehrung der Einnahmen des Neis n die vor- erwähnten Geseße, sowie die weitere Erhöhung der Zölle durch die Geseße vom 22. Mai 1885 (Reichs-Geseybl. S. 93) und vom 21 De-

279 667 684 | 285 976 231 | 354 084 204 | 292 674 1695

92 492248 I 100921 574 | 127919159 | 99 034205

15,8 96,1

OPN F [9 1 j 26,9 29,3

69 962 700 | 65 649 264

52 760 704 52 666 754 71 156 269 zember 1887 (Reihs-GeseßbL S. 533) und der Neichs-Stempelabgaben dur das Geseß vom 29. Mai 1885 (NReichs-Geseßbl. S. 171) hat dann zur Folge gehabt, daß seit dem Fahre 1883/84, troy des fort- geseßt gestiegenen Ausgabebedarfs des Reichs, durch die Ueberweisungen aus dem Ertrage der Zölle und Steuern nicht nur die Matrikular- beiträge ausgeglihen, sondern noch darüber hinaus den Bundesstaaten alljährlih in zum theil erheblihem Umfange Mittel vom Reich zu- geführt worden sind. Es haben betragen :

Die Matrikular- , beiträge (ein- Die Die Im R Neberweisungen Veberweisungen Etats- Etats festgestellten aus dem mithin gegen Beträge, aber Ert d die Matrikular- aussließlich der hit ae A ui Aequivalente für Zölle 2. beiträge Brausteuer 2c.)

M. M, M

jahr

64 054 504 9% 903 707 17 180 310

1 371 204 11 547 951 40 987 110 13 014 441 17 878 503

5 387 332 70 020 997 139 766 814 77 812 322

» 8 022 056 38 243 072 68 023 580 83 456 110 89 503 271

105 027 318

115 792 301

137 056 661

176 323 997

277 801 194

399 033 901

378 914 522

1879/80 72 076 560 1880/81 64 146 779 1881/82 85 203 890 1882/83 84 827 314 1883/84 73 955 320 1884/85 64 040 208 1885/86 102 777 860 1886/87 119 178 158 1887/88 170 936 665 1888/89 207 780 197 1889/90 215 267 087 1890/91 301 102 200 1891/92 316 499 252 383 377 288 66 878 036 1892/93 316 301 778 398 925 091 42 623 313

Diese Zusammenstellung ergiebt, daß mit den Ae auh die Matrikularbeiträge, nah mehr oder weniger erheblichen Schwankungen in den Jahren von 1879/80 bis 1884/85, von dem leßteren Jahre an bis zum Jahre 1891/92 fortgeseßt, und zwar- um bedeutende Beträge gestiegen sind, Für das Etatsjahr 1893/94 t tragen sie einschließlich ihrer Erhöhung durh den Nachtragseta vom 23. Juli 1893 um rund 23,2 Millionen zur Deckung der halb- jährigen Kosten der Heeresverstärkung —, 370 030 976 4, sind also, au abgeschen von der vorgedachten Erhöhung, abermals erhebli,

++++++++++#1 1] | |

um rund 30 Millionen Mark, gegen das Vorjahr gestiegen

l

Die Ueberweisungen, welhe bis zum Jahre 1891/92 ebenfalls sh fortgeseßt vermehrt hatten, zeigen dagegen für 1892/93 {on einen Rückgang gegen das Vorjahr von 383,3 auf 358,9 Millionen Mark und sind in dem Etat für 1393/94 nur noch mit rund 349 Millionen Mark veranschlagt. Die Ueberschüsse der Ueber- weisungen über die Matrifkularbeiträge sind feit 1889/90 von 139,7 his auf 42,6 Millionen Mark im Jahre 1892/93 herabgegangen; für das Jahr 1893/94 würde der Uebershuß nah dem Votansclage ohne die oben erwähnten Ausgaben für die Heeresverstärkung nur noch 9,4 Millionen Mark betragèn haben ; infolge der Uebernahme dieser Ausgaben nur für ein halbes Jahr auf die Matrikularbeiträge ergiebt sih dagegen bereits ein Minderbetrag der Ueberweisungen gegen die Matrikularbeiträge in Höhe von 20,8 Millionen Mark.

Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, daß, au abgesehen von der vorerwähnten Steigerung der Matrikularbeiträge für 1893/94 dur die Kosten der Heeresverstärkung, das Reich in seinen gegen- wärtigen Einnahmequellen niht mehr die Mittel besißt, um neben der Deckung seines eigenen Ausgabebedarfs zugleih dem Sinken der ÜUeberweisungen in „dem Verhältnisse zu den Matrikularbeiträgen Ein- halt zu thun. Während das Mehrerträgniß der jeßigen Einnahme- quellen des Reichs hierfür niht ausreicht, sind überdies die Ausgaben

des Neichs in fortgeseztem Steigen begriffen. Neben dem natürlichen.

Anwachsen der sonstigen Ausgaben werden die Alters- und Invaliden- verforgung, diePensionslast und andere Aufgaben die Mittel des Neichs auch weiterhin in erhöhtem Maße in Anspru nehmen. Nicht minder stellt das durch Anleihe zu deckende Extraordinarium infolge des wachsenden Betrags der Anleihezinsen eine immer höhere Belastung des Etats in Aussicht. Das Reich würde somit zur Deckung seiner Bedürfnisse auch fernerhin in wah)endem Maße die Matrifularbeiträge der Bundesstaaten in Anspru nehmen müssen, ohne den leßteren in den Ueberweifungen aus feinen Zoll- und Steuereinnahmen noch einen Ausgleich gewähren, geshweige denn ihnen Uebers{üsse zur Stärkung ihrer Budgets zuführen zu können. Der Zweck der Reform von 1879 und insbesondere der Franckenstein’shen Clausel, welche den Einzel- staaten Ueberschüsse aus den Reichseinnahmen sichern wollte, würde niht mehr erreiht werden können.

Schon eine Entwickelung, welche die Ueberweisungen dauernd auf den Betrag der Matrikularbeiträge herabminderte, würde für die Finanzwirthschaft vieler Einzelstaaten die ernstesten Verlegenheiten nah fich ziehen, wie dies bereits die Rückwirkung des in den letzten Jahren stattgehabten Rückgangs der Ueberweisungen auf die Budgets der Einzelstaaten erkennen läßt. Käme es aber, wie nah der oben dargelegten Gestaltung der Berhältnisse in den leuten Jahren mit Sicherheit zu erwarten steht, sogar zu einer dauernden Steigerung der Matrikularbeiträge über den Betrag der Ueberweisungen hinaus, so würden die Einzelstaaten einer solhen Anforderung niht mehr mit ihren regelmäßigen Einnahmen genügen können und fich zu einer bedenk- lichen Anleihewirthschaft gezwungen sehen.

Die Einzelstaaten haben Bva Finanzwirthschaft im Laufe der Jahre vielfah auf einen Mehrbetrag der Ueberweisungen über die Matrikularbeiträge als auf einen dauernden Bestandtheil ihres Bud- gets gegründet; sie haben auf die leßteren niht nur neue dauernde, ohne diese Mehrüberweisungen nicht gedeckte Ausgaben über- nominen, fondern auch eigene erheblide Einnahmen daraufhin preisgegeben, insbesondere durch Aufhebung beziehungsweise Er- leihterung directer Steuern, Abgaben 2c. zur Entlastung der unbemittelten Volksklassen und die Dotirung von Verbänden. Die hierdurch entstandenen und in Zukunft in noch höherem Maße zu befürhtenden Fehlbeträge können die Einzelstaaten bei wachsenden Ansprüchen des Reichs aus ihren eigenen Mitteln nicht decken. Die Quelle der indirecten Besteuerung ist ihnen zu Gunsten des MNeichs im wesentlichen verschlossen; die directe Steuerkraft is in den meisten Staaten bereits stark angespannt und die von dem wachsenden

Wohlstande zu erhoffende Steigerung ihrer Erträge is naturc emäß eine langsame und begrenzte. Daß sie allein das Gleichgewicht der einzelstaatlihen, durh die gesteigerten Anforderungen des MNeichs beschwerten Budgets ermöglichen sollte, i, zumal bei den auch hier in steigendem Umfange herantretenden Bedürfnissen der Staaten und der Communalverbände, als ausgeschlossen anzusehen.

Sollen also die Einzelstaaten vor finanziellen Schwierigkeiten allerernstester Art bewahrt werden, so muß Vorsorge getroffen werden, daß das Neich auch fernerweit in der Lage bleibt, aus feinen Einnahmen die Budgets der Einzelstaaten wenigstens in mäßigem Vetrage zu unterstüßen. Eine Gestaltung der finanziellen Verhältnisse des MNeichs, welche dies ermöglicht, wird durch das politische und finanzielle Interesse niht minder des Reichs als der Einzelstaaten ge- fordert. Eine Entwickelung, welhe das Neich verhinderte, zur Er- leichterung und Stärkung der Finanzwirthschaft der Einzelstaaten bei- zutragen, vielmehr den leßteren durch die steigende Höhe und das stete Schwanken der Anforderungen jede feste Ordnung und jedes Gleihmaß in ihrem Finanzwesen unmöglich machte, würde eine schwere Schädigung des Neichëgedankens zur nothwendigen Folge haben müssen.

Die Erfahrungen des leßten Jahrzehnkes haben genügend dar- gethan, daß, soll und muß eine solhe höchst bedenkliche Entwickelung verhütet werden, es sih nicht um eine vorübergehende Aushilfe durch eine dem augenblicklihen Mehrbedarf des Reichs entsprehende Ver- mehrung der eigenen Einnahmen desselben handeln fann. Die be- stehenden Einrichtungen genügen niht, um die periodische Wiederkehr ähnliher Mißstänte zu verhüten. s t Dazu eine organishe Reform unerläßlich, welhe auch für die Zukunft den bezeihneten Ücbelständen entgegentritt, und das durch die sogenannte Franckckenstein’\{heClausel erstrebte, aber nicht erreihhteZiel aufeinem anderen sicheren Wege zu erfassen geeignet ist. Die eigentliche Aufgabe be- steht in der Herstellung stabilerer Finanzverhältnisse des Reichs und der Einzelstaaten, in einer wenigstens für bestimmte Perioden geordneten finanziellen Auseinanderseßzung beider Staats- löôrper in der e Nd Festlegung der Verantwortlichkcit des Reichs für seine eigenen staatlichen Aufgaben und Ausgaben. Es gilt endlih, aus einem auch im Sinne der Reichsverfassung nur als ein Provisorium anzusehenden Zustande herauszukommen, dessen Folgen \ich nah allen Seiten als bedenklich erwiesen haben und aller Voraussicht nach sih in Zukunft noch nachtheiliger erweisen würden.

Das an A wohlberechtigte System der Dotirung eines engeren und infolge seiner durch die Gesammtverfassung verminderten Ein- nahmen weniger [leistungsfähigen Organismus aus den Mitteln eines weiteren und leistungsfräftigen Verbandes wird verfehlt, wenn das Maß der Dotirung |{chwankend und unsicher gelassen und da- durh dem Dotirten die Möglichkeit einer planmäßigen Wirthschaft abgeschnitten wird.

_ Durch die Franckenstein’s{e Clausel und die an ge anshließende spätere Geseßgebung des Reichs ist, indem dem Reich aus dem Er- trage der Zölle und der Tabacksteuer nur cine bestimmte Summe be- laffen, dagegen der Mehrertrag derselben, sowie der gesammte Rein- ertrag der MNeichs-Stempelabgaben und der Branntweinsteuer den Bundesstaaten überwiesen wurde, die {hon durch die Neichsverfassung geschaffene und damals unvermeidlihe Verkettung der Finanzen des Neichs und der Einzelstaaten nicht nur aufrecht “i alten, sondern noch verstärkt und complicirt worden. Es ist Cbe das Maß so- wohl der Zuwendungen an die Einzelstaaten, als der Leistungen der- selben an das Neich für jedes Jahr von der Gestaltung, einerseits der Erträge dèr Zölle und der Üeberweisungssteuern, andererseits des Dedarfs an Matrikularbeiträgen abhängig gemacht, also das ganze

isico der Schwankungen sowohl in den Erträgen jener Ein- nahmequellen als in dem Berhältniß dieser Erträge zu den Matri- ularbeiträgen, niht dem Reich, sondern den Einzelstaaten auferlegt worden. Für das Neih ist dadur zwar die Möglichkeit aber auch tie Nothwendigkeit aufrecht erhalten worden, in jeder durch seinen Ausgabebedarf erforderten Höhe seine Einnahmen es den Nückgriff auf die Bundesstaaten zu ergänzen. Da solchergestalt dem Neih die Feststellung seines Ausgabebedarfs überlassen, den Einzelstaaten aber die Beschaffung eêr Deckungsmittel zum wesentlichen Theile auferlegt ist, muß noth- wendig die Planmäßigkeit und Sparsamkeit der Ftnanzwirthschaft auch

des Reichs beeinträchtigt werden. Das gegenwärtige System erschwert

insbesondere die Ss der Reichs- Finanzverwaltung selbs und {chwächt vielleiht au bei den für die Budgetfestseßung im Reich entscheidenden Körpern das Bewußtsein von den finanfellen Folgen ihrer Bewilligungen.

Vor allem ersheint eine Beseitigung der bisherigen gewaltigen S{wankungen in dem Verhältnisse der Matrikularbeiträge zu ‘den Ueberweisungen im Interesse der Finanzwirths{haft der Einzel- staaten unerläßlich.

Wie groß diese Schwankungen in den einzelnen Jahren seit 1879/80 gewesen sind, ergiebt die oben mitgetheilte Zusanmenstellung. Auch wenn nur die Jahre in Betracht gezogen werden, in denen die Ueberweisungen über die Matrikularbeiträge hinausgingen, zeigen \ih Differenzbeträge von 139,7 Millionen Mark (im Jahre 1889/90) bis zu 5,3 Millionen Mark (im Jahre 1887/88).

Die Unsicherheit, welhe sih hieraus für die Finanzwirthschaft der Einzelstaaten ergiebt, wird noch erhöht durch die häufig eintretende Steigerung der ursprünglich veranschlagten Matrikularbeiträge infolge von Nachtrags-Etats, eine Eventualität, die sih der Berücksichtigung bei Aufstellung der einzelstaatlihen Budgets in der Regel vollständig entzieht, und ferner duch die“ in der Natur der Sache liegende Un- möglichkeit einer völlig zutreffenden Veranschlagung der Erträge aus den Zöllen und Ueberweisungssteuern, infolge dessen die wirklichen rechnungsmäßigen Ueberweisungen oft erheblich von den veranschlagten abweichen. Die Steigerung der Matrikularbeiträge durch Nachtrags- Etats hat, abgesehen von geringeren Beträgen in früheren Jahren,

betragen 9384 612 M. 42

im Jahre 1889/90 Ï S900]

F e 891/92 12 100:G49

L v O A GOOOGOO

j ù i L L G S _ Die Abweichungen des rechnungsmäßigen Betrages der Ueber- weisungen von den veranschlagten ergeben \ih aus der folgenden Zu- fammenstellung. Es haben betragen die Neberweisungen :

: Mithin nah der Nach der Nechnung gegen Nechnung den Etat

C be. 2 M,

C D el Nach dem (Ftats- Etat

jahr.

1879/80 8 022 056 1880/81 | 40624 500 1881/82 | 66 657 000 1882/83| 83 471 000 1883/84] 91526 180 1884/85 | 96 967 880 1885/86 | 797 410 000 1886/87 | 150 975 000 1887/88 | 148 767 000 1888/89 | 266 355 000

8 022 056 38 243 072 2 381 428 68 023 580 1 366 580 83 456 110 14 890 99 903 271 6 022 909

105 027 318 8 059 438 115 792301 - 18 382 301 137 056 661 13918 339 176 323 997 27/056 997 277 801 194 11 446 194 1889/90 | 281 440 000 399 033 901 —+ 73993 901 1890/91 | 298 510 000 378 914 522 —+- 80 404 522 1891/92] 331 353/000 393 377 288 —+ 92 024 288 1892/93 | 351 096 000 398 925 091 E (829/091

Wenn au, infolge vorsihtiger Veranschlagung, das Ergebniß der Rechnung sich in den leßten Jahren regelmäßig dem Etat gegenüber günstiger gestellt hat, so ist doch das umgekehrte Ergebniß, in Zeiten linkenden Verkehrs 2., keineswegs ausgeschlossen, ja es ist zu be- o daß wir uns fon jeßt in einer solchen rückläufigen Periode »efinden.

Cine derartige Unsicherheit und ein solches S{hwanken wesentlicher Einnahmebeträge der Einzelstaaten machen eine planmäßige und voraus- berechnende Finanzpolitik unmöglich.

Den übermäßigen Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben innerhalb der eigenen Finanzverwaltung können die Einzelstaatcn durch zweckentsprechende Maßnahmen begegnen.

Die aus der Finanzgebahrung des Reichs entstehenden weit

| größeren Störungen einer geregelten Finanzwirthschaft der Einzel-

staaten können nur durch neue geseßliche Ordnungen des Neichs felbst beseitigt werden. Zu diesem Behufe ist eine Auseinanderseßzung zwischen dem Reih und den Einzelstaaten nothwendig, welche die Mehrüberweisungen auf einen bestimmten Betrag festsett, die darüber hinaus auffommenden Erträge der Zölle und Ueberweisungs\steuern dem MNeich beläßt, dem Reich aber auh die Deckung des etwaigen Mehrbedarfs ohne weitere Jnanspruhnahme der Einzelstaaten auferlegt.

Es wird allerdings gerathen sein, die Einrichtung der Matrikular- umlagen au nicht für eine bestimmte Zeit ganz aufzuheben, da ihr eine niht zu untershäßende verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt.

Das anzustrebende Ziel kann gleihwohl erreicht werden, wenn nur die Matrikularbeiträge in ein festes Verhältniß zu den Ueber- weisungen geseßt werden, fo zwar, daß, wenn ih nach der Nechnung

eine höhere Differenz infolge Mehrertrages der Zölle und

Ueberweisungs\teuern gegenüber dem Voranshlage ergiebt, der Mehrbetrag dem Reich verbleibt, daß dagegen, wenn si nach der Nechnung eine geringere Differenz infolge Minderertrages der Zölle und Ueberweisungssteuern gegenüber dem Boranschlage herausstellt, ein entsprehender Betrag der Matrikularbeiträge un- erhoben bleibt.

Das Einnahme - Bewilligungsreht des Reichstags bezügli der Matrikularbeiträge bleibt bei einer derartigen Regelung unberührt, da nur der Höchstbetrag der Matrikularbeiträge relativ fixirt wird, während die Festseßung sowohl ihrer Gesammtsumme “als auch der Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach wie vor in jedem Etat besonders erfolgen muß.

Wird aber mit einer solchen relativen Fixirung der Matrikular- beiträge dem Reich der bisherige bewegliche Factor zur Balancirung seines Etats entzogen, so muß hierfür durch die Heranziehung der sonstigen Cinnahmequellen des Reichs nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfs Crsaß geschaffen werden. Es wird indessen zu vermeiden sein, hiervon {hon wegen nur zeitweiliger , vorübergehender Bedürfnisse Gebrauh zu machen, und daher zweckmäßig sein, die Balancirung des Etats für die Folge dadurch zu erleichtern und zu regeln, daß das Leine Verfahren, rechnungs8mäßig ergebende Uebershüsse des Neichshaushalts in den Etat des zweitfolgenden Jahres einzustellen und dort die Mittel zur Deckung des Ausgabe- bedarfs zu verstärken, ebenso aber au relnungsmäßige Fehlbeträge des Neichshaushalts aus den Mitteln des zweitfolgenden Etatsjahres auszugleichen, aufgegeben wird. Statt dessen werden die rechnungs- mäßigen Ueberschüsse zur Deckung etwaiger rechnungsmäßiger Fehlbeträge späterer Jahre zu bestimmen und zu reserviren sein. Bis zu ihrer Verwen- dung nah Mabgabe dieser Zweckbestimmung werden die Uebershüsse zu einem besonderen Fonds zu sammeln sein. Sobald dieser Fonds über einen gewissen, zur Erfüllung seines Zwecks voraussihtlich hinreihen- den Betrag angewachsen wäre, sollten die ihm etwa weiter zufließenden Mittel zur Tilgung von Reichs\hulden verwendet werden. Auf diese Weise würde wenigstens mit den voraussihtlich allerdings nicht erheblihen verfügbaren Mitteln des Reichs das \tetige Anwachsen der Neichsfchuld einigermckßen vermindert werden, da aut deren höchst wünschenêwerthe regelmäßige Tilgung zur Zeit leider noh verzichtet werden muß.

Die Schaffung eines solchen Fonds zur Ausgleihung rechnungs- mäßiger Uebershüsse und Fehlbeträge macht aber do einen beweglichen Factor für den Fall der Unzulänglichkeit des Fonds und insbesondere zur Deckung solcher Fehlbeträge des Reichshauthalts-Etats, welche nicht aus der Einstellung des Fehlbetrages eines frühcren Jahres her- rühren, nicht entbehrliM.

Für die vorbezeihneten Fälle bietet sich vielmehr der geeignete Weg zur Ergänzung der Einnahmen des Reichshaushalts, falls andere Mittel nicht zur Disposition stehen, nur in der Einführun beweglicher Steuern in der Form von Zuschlägen zu den Verbrauchsabgaben. Die Beweglichkeit der Zölle widerräth sich deshalb, weil ihre Wirkung auf die Preisbildung unsicher und unberechenbar ist, und weil sie eine fort-

gefeßte Störung des Handelsverkehrs mit dem Auslande herbeiführen und überdies einen Anreiz zu unsolider Speculation geben könnte. Zuschläge auf die Verbrauchsabgaben werden dagegen voraussichtlih folhe Uebelstände niht verursahen. Sie werden in festerer und gleichmäßigerer Weise l die Preisbildung einwirken und den Preis des E um den Betrag des Zuschlags oder seiner Ermäßigung erhöhen oder herabseßzen. Ein störender Einfluß auf den Termins- handel mag allerdings nicht ganz ausgeschlossen sein : O darf von der Voraussicht und Anpassungsfähigkeit des Handelsverkehrs erwartet werden, daß, obald die Möglichkeit folher Zuschläge, beziehungsweise ihrer Herabseßung, einmal geseßlich feststeht, der Terminshandel selbst in den Geschäftsabshluß entsprechende Clauseln für den Eintritt dieser Fâlle aufnehmen wird. Auch wäre es wohl ausführbar, im Wege der Gefeßgebung einer Beeinträhtigung privatrehtliher Interessen vorzubeugen. z

Die in Vorstehendem in größeren Utnrissen dargelegte anderweite Ordnung des finanziellen Verhältnisses zwischen dem Neich und den Einzelstaaten is zunächst nur für die Dauer von fünf Jahren, vom 1. April 1895 bis zum 31. März 19007 in Aussicht genommen. Diese eiae zeitliche Begrenzung erscheint gerathen, um in der Zeit der einstweiligen Geltung der neuen Ordnung nöthigenfalls weitere Er- fahrungen für eine künftige dauernde Regelung zu gewinnen.

Auch is es wenigstens gegenwärtig \ch{chwer, für einen längeren Zeitraum die Gestaltung des Finanzwesens des Reichs mit genügender Sicherheit vorherzusechen. Es wird {hon ein großer Ge- winn sein, wenn einstweilen wenigstens für eine Reihe von Jahren sichere Zustände und feste Verhältnisse geschaffen und die gegenwärtig übersehbaren Bedürfnisse befriedigt werden.

Die Einnahmen des Reichs sind in den leßten Jahren infolge der AMgelMlolsenen Handelsverträge um erhebliche Beträge verringert worden.

Zugleich find die Ausgaben durch die beschlossene Reform unseres Heerwesens um rund 5% Millionen Mark vermehrt. In der An- nahme, daß das zum theil unvermeidlihe Anwachsen der fonstigen Ausgaben des Reichs in den steigenden Einnahmen aus den hon gegenwärtig dem Reich zustehenden Quellen ein genügendes Gegen- gewiht bei sparsamer Verwaltung finden wird, werden neue Ein- nahmen zu beschaffen sein, um die bezeihneten Mehrausgaben und Mindereinnahmen zu decken und die Mittel wiederzugewinnen, welche für mäßige Mehrüberweisungen an die Einzelstaaten erforderlich sind.

Man wird darauf verzihten müssen, die leßteren in der vollen durhschnittlihen Höhe der leßten fünf Nechnungsjahre zu bemessen,

aber aus den in dieser Denkschrift entwickelten Gründen auch nit

unter einen Betrag von mindestens 40 Millionen Mark herabgehen dürfen. Die zu diesem leßteren Zwecke zu erhebenden Neichs- einnahmen bilden im wesentlichen nur den Ersatz für die Herab- seßung der Zölle qu Getreide, Vieh und andere Verbrauchsartikel und stellen keine Mehrbelastung des deutshen Volkes dar, da sie sonst in den Einzelstaaten aufzubringen scin würden.

Aus dem Vorstehenden ergiebt \ich von felbst die unbedingte Nothwendigkeit der Beschaffung neuer Einnahmen in der Höhe von etwa 100 Millionen Mark. Die verbündeten Regierungen haben ihre Forderungen auf den schon jeßt unentbehrlichen Betrag beschränkt und nach diesem Gesichtépunkt ihre Vorlagen, betreffend die Einführung neuer Steuern, ausgearbeitet. Diese Vorlagen sollen nicht. die Mittel für neue Ausgaben beschaffen, sondern nur zur Deckung bereits be- \{lossener Ausgaben und zum Ersaß aufgegebener Einnahmen dienen. Die verbündeten Regierungen geben fich der Hoffnung hin, daß das deutshe Volk und seine Vertretung ihre Vorschläge als eine nothwendige und unvermeidliche Folgerung aus einer gegebenen politischen und finanziellen Lage erkennen und als das einzige Mittel würdigen werden, ein ungestörtes Zusammenwirken des Reichs und der Einzelstaaten im Einklang mit der Reichsverfassung und dem e Charakter des deutschen Staatêwesens au für die Zukunft zu sichern.

Die Durchführung der in dieser Denkschrift entwickelten Reform ist dringlich und unaufschiebbar. Ihre Vertagung würde nicht nur die bestehenden Mißstände vergrößern, sondern auch ihre endliche Heilung im höchsten Grade erschweren. :

Aus diesen Erwägungen is der Reformvorschlag hervorgegangen, welcher in dem Geseßentwurf, betreffend die anderweite Ordnung des Finanzwesens des Neichs, niedergelegt ist.

Wegen der Einzelheiten dieses Entwurfs, soweit dieselben nicht hon im Vorstehenden erörtert sind, wird auf die dem Entwurf bei- gegebene Begründung Bezug genommen.

Entwurf eines Tabacfsteuergesezes.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2. : verordnen im Namen des Neichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt : Erfter Theil.

E 26 z Gegenstand und Höhe des Zolls. S 1

§ 1. An Zoll ift zu erheben von 100 ke 1) Tabablätter, unbearbeitete und Stengel, auch Taback- C 2) fabrizirter Tabak A C C L C Der Bundesrath ist ermächtigt, Brasil-Carotten zur Herstellung von Schnupftabak unter Controle der Verwendung zum Zollsaß von 180 A für 100 kg zuzulassen. Stundung.

2 Der Zoll für Nohtaback (unbearbeitete Tabakblätter und Stengel) kann bis zu neun Monaten gestundet werden. Vergütung des 24 bei der Ausfuhr. S Nach näherer Bestimmung des Bundesraths ist für Halb- und Ganzfabrikate, welche im Inlande ganz oder zum theil aus aus- ländishem Tabak hergestellt sind, bei der Ausfuhr der dafür ent- richtete Zoll zurückzuzahlen. Zweiter Theil. Steuer. Erster APU\Guattt Allgemeine Bestimmungen. Gegenstand und Höhe der Steuer. 4

Der zum Verbrauch im Zollgebiet bestimmte fabrizirte Tabak unterliegt einer Steuer nah Maßgabe dieses Geseßes. Dieselbe wird ohne Nücksiht darauf erhoben, ob zur Herstellung Surrogate und Hilfs\stoffe verwendet worden sind oder nicht.

5. Die Steuer beträgt für im Inlande hergestellte Cigätrèen Und Ciguretten. N 331/3 Proc., Rar nb Ca E “. A des Facturapreises, zu welchem diese Fabrikate aus\ ließlih der Steuer von dem Fabrikanten verkauft werden. Für Fabrikate, welche der Fabrikant felbst verbrauht oder unentgeltlih abgiebt, ift die Steuer nah dem Facturapreise, zu welchem gleichartige Fabrikate von dem Fabrikanten verkauft zu werden pflegen, oder in Ermangelung von gee eigneten Facturapreisen nah dem von der Steuerbehörde durch Gäpung zu ermittelnden E zu berechnen. Für Fabrikate, welche der Fabrikant im Kleinhandel verkauft, ift die Steuer nah den von ihm anzugebenden Kleinhandelspreisen, abzüglih eines vom Bundesrath zu bestimmenden Procentsaßzes, zu berechnen.

Für ausländische Fabrikate ist die Steuer neben dem Zoll 1) und j

nadh denselben Säßen wie für inländische Fabrikate der gleichen Art, unter

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