1893 / 282 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

7

6) Oa

Jede_ nit unter Zollcontrole stattfindende Versendung von Wein ist der Steuerbehörde des Versendungsortes vom Versender vorher anzumelden.

S 28.

Von der Anmeldung sind befreit :

1) die Versendung von unentgeltlich 7 Ziffer 4), ® j 2) die Versendung von versteuertem Wein in Mengen unter 5 1, 3) die Versendung versteuerten Weins in Mengen unter 20 1,

sofern siæ ledigli innerhalb eines ges{lossenen Ortes erfolgt, 4) die Versendung von dem Ort der Herstellung des Natur- weins zur Kelter oder nah dem innerhalb der gleichen oder einer benachbarten Gemarkung gelegenen Aufbewahrungs- raum des Herstellers. H

Die obersten Landesfinanzbehörden find befugt, im Falle des Miß-

brauchs die Ausnahmen unter Ziffer 2 und. 3 örtlih außer Kraft zu

seten. D

Wenn anmeldungspflihtige Versendungen von Wein in Fässern stattfinden, so müssen die Fässer amtlich geaiht sein. Ausgenommen ist die Versendung aa S0 Ev in Originalgebinden.

S500.

Als Ausweis für die Sendung wird auf Grund der Anmeldung ein Steuerschein ausgefertigt.

Als Steuerscheine kommen zur Anwendung :

l) Freischeine für versteuerten Wein, 2) Begleitscheine für unversteuerten Wein.

Wenn ein Begleitschein niht in der vorgeschriebenen Weije erledigt wird, kann die Entrihtung der Steuer von dem Bersender veclangt werden.

abgelassenen Proben

S 21. i : Die Steuerbehörde ift befugt, vor der Ausstellung eines Begleit- die ei , , c . scheins den zur Versendung bestimmten Wein einer Revision zu unter- ziehen. 8 32

J 02 Der Waarenführer ift verpflichtet, den mit Steuerschein abgefer- tigten Wein unverändert innerhalb der im Steuerscheine angegebenen Frist dem Bestimmungsorte zuzuführen und etwa angebrachte steuer- liche Identitätszeihhen zu erhalten. Er hat den Steuerschein von Be- ginn der Versendung und während der ganzen Dauer derselben bei ih zu führen, den Steuerbeamten auf Verlangen vorzuzeigen und am Bestimmungsorte dem Empfänger oder im Falle der Ausfuhr dem Empfangsamte zu übergeben. d D 00 Tritt während der Versendung infolge eines Unfalles eine Ver- minderung der steuerpflichtigen Weinmenge eia, oder wird eine Um- füllung erforderli, fo ist der Waarenführer berechtigt, den Unfall durh einen Steuerbeamten oder in dessen Ermangelung durh den Gemeindevorsteher oder einen von diesem ermächtigten Beamten der nächsten Gemeinde feststellen zu enau Fs

2 «

Die Begleitscheine über Weinsendungen sind von den Empfängern innerhalb drei Tagen nach Empfang der Sendung an die Steuer- behörde des Emgfangsortes abzuliefern. Sofern der Wein zur Ver- steuerung bestimmt ist, hat der Empfänger hierbei den Kaufpreis des Weins anzugeben. Das En:pfangsamt is berechtigt, die Sendung behufs Feststellung der Steuer einer Revision zu unterwerfen.

Derjenige, welchem Wein ohne den vorgeschriebenen Steuerschein zugeht, hat der Steuerbehörde binnen 24 Stunden nah dem Empfange Anzeige zu machen. Bon allem Wein, welcher bei jemand vorge- funden wird, gilt bis zum Beweise des Gegentheils die geseßliche Vermuthung, daß der Wein sh länger als 24 Stunden in seinem Besitze befinde.

Bretter ALT Pn t Strafbestimmungen. l) Defraudation der Weinsteuer. S O

Wer es unternimmt, die Weinsteuer zu hinterziehen, macht ih einer Defraudation s{uldig.

Die Defraudation der Weinsteuer wird insbesondere als vollbracht angenommen: :

1) wenn Wein, für welchen Befreiung von der Steuer gewährt worden ist 7), zu anderen als den gestatteten Zwecken verwendet wird,

2) wenn der für den \steuerpflihtigen Wein vereinbarte Kaukf- preis zu niedrig oder mangels eines Kaufgeschäfts der Werth niedriger angegeben wird, als der für denselben oder gleih- artigen Wein im Großverkauf erzielte Preis 9), wenn in den Fällen des § 11 innerhalb der vorgeschriebenen Frist die Menge des steuerpflihtigen Weins der Steuer- behörde gar nicht oder zu gering angemeldet wird, wenn mit der Herstellung von \teuerpflihtigem Schaumwein oder Kunstwein begonnen wird, bevor die Betriebs- und Lagerräume angemeldet und genehmigt sind 19), wenn Wein in anderen als den genehmigten Räumen auf- bewahrt wird (S 19), ; wenn Zugänge von Schaumwein oder Kunstwein nicht rechtzeitig] oder vollständig in die vorgeschriebenen Bücher eingetragen werden 22), wenn die im § 25 Abs. 1 vorgeschriebene Versteuerung der Weinvorrähe nicht oder nicht rehtzeitig erfolgt, wenn Wein ohne vorgängige Anmeldung 27) versendet oder bei der Anmeldung zur Versendung eine unrichtige Angabe gemacht wird, durch welche eine geringere als die geseblihe Steuer oder Steuerbefreiung eintreten würde,

9) wenn Wein ohne einen gültigen Steuershein versendet wird 30),

10) wenn die im § 34 Abf. 1 vorgeschriebene Ablieferung des Begleitscheins oder die im § 34 Abf. 2 vorgeschriebene Anzeige unterlassen wird.

S 50.

Der Defraudation wird es gleihgeahtet, wenn jemand Wein, von dem er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß hinsichtlich desselben eine Defraudation der Weinsteuer verübt worden, erwirbt oder in den Verkehr bringt.

S 37.

Das Dasein der Defraudation wird in den durh den § 35 Abs. 2 angegebenen Fällen durch die daselbs bezeihneten Thatsachen begründet.

Wird jedoch in diesen Fällen festgestellt, daß eine Defraudation niht hat verübt werden können, oder daß eine folhe nicht beabsichtigt gewesen ist, so findet nux eine Ordnungsftrafe nah § 43 statt.

2) Strafe der Defraudation. S 38.

Wer eine Defraudation begeht, hat eine Geldstrafe verwirkt, die dem vierfachhen Betrage der vorenthaltenen Steuer gleihkommt, mindestens aber dreißig Mark beträgt. Außerdem if die Steuer nachzuzahlen.

Kann ein vorenthaltener Steuerbetrag nit festgestellt werden, so tritt statt des vierfahen Betrages der Steuer eine Geldstrafe bis zu fünfundzwanzigtausend Mark ein.

Liegt eine Uebertretung vor, so ist die Beihilfe und die Be- günstigung mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark zu bestrafen. 8 39.

Im Falle der Wiederholung der Defraudation nah voraus- gegangener Bestrafung wird die im § 38 angedrohte Strafe ver- doppelt.

Jeder fernere Nückfall zieht Gefängniß bis zu zwei Jahren nah ih, do kann nah richterlihem Ermessen mit Berücksichtigung aller Umstände und der vorangegangenen Fälle auf Haft oder auf Geld- strafe nicht unter dem doppelten der für den ersten Rückfall angedrohten Geldstrafe erkannt werden.

»

Die Rüfallsstrafe ist verwirkt, auch wenn -die frühere Strafe nur theilweise verbüßt oder ganz oder theilweise Tes ist.

Dagegen ist fie ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlaß der leßten Strafe bis zur Begehung der neuen Defraudation drei Jahre verflossen find. T

In denjenigen Fällen, die nah §8 135 und 136 des Vereinszoll- gesetzes als Zolldefraudation zu bestrafen sind, tritt, sofern es sich um Wein handelt, der Strafe der Zolldefraudation die Strafe der De- fraudation der Weinsteuer hinzu. N

Wird ein Weinhändler oder ein Hersteller von Schaumwein oder Kunstwein oder ein Betriebsleiter 20) wegen Defraudation im Nückfall verurtheilt, so kann ihm von der obersten Landes - Finanz- behörde untersagt werden, ein Gewerbe der bezeihneten Arten selbst zu betreiben oder durch Andere betreiben zu. lassen oder als Betriebs- leiter für ein solches thätig zu sein.

3) Ordnungss\trafen. S 43.

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes und die dazu erlassenen und öffentlich oder den Betheiligten besonders be- kannt gemachten Verwaltungsvorschriften werden , sofern nicht die Strafe der Defraudation verwirkt ift, mit einer Ordnungsstrafe von einer Mark bis zu eintausend Mark geahndet.

8 44.

Mit Ordnungsstrafe nah § 43 wird ferner belegt :

l) wer einem zur Wahrnehmung des Steuerinteresses ver- pflihteten Beamten oder dessen Angehörigen wegen einer auf die Erhebung oder Ueberwachung der Weinsteuer be- züglichen amtlihen Handlung oder Unterlafsung einer solchen Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspricht oder gewährt, fofern nicht der Thatbestand des § 333 des Straf- geseßbuhs vorliegt, wer sich Handlungen oder Unterlassungen zu Schulden kommen läßt, wodur ein solcher Beamter an der recht- mäßigen Ausübung seines Amts in Bezug auf die Wein- steuer verhindert wird, sofern niht der Thatbestand des § 113 oder des § 114 des Strafgeseßbuchs vorliegt.

4) Zusammentreffen mehrerer \trafbarer Handlungen.

S 45.

Treffen mit einer Defraudation andere strafbare Handlungen zu-

sammen, so kommt die für die erstere bestimmte Strafe zugleich mit der für die leßtere vorgeschriebenen zur Anwendung.

Im Falle mehrerer oder wiederholter, nur mit Ordnuungsstrafe bedrohter Zuwiderhandlungen gegen dieses Geseß und die dazu er- lassenen Verwaltungsvorschriften foll, wenn die Zuwiderhandlungen derselben Art sind und gleichzeitig entdeckt werden, die Ordnungsstrafe gegen denselben Thäter nur im einmaligen Betrage festgeseßt werden.

5) Bertretungsverbindlichkeit für verwirkte Geldstrafen. S 46.

Hersteller, Großhändler, Kleinhändler und Betriebsleiter 20) haben die von ibren Berwaltern, Geschäftsführern, Gehilfen und fon- stigen in ihrem Dienst oder Lohn stehenden Personen fowie von ihren Familien- oder Haushaltungsmitgliedern nah diesem Gescß verwirkten Geldstrafen und Prozeßkosten und für die nahzuzahlende Steuer im Falle des Unvermögens der eigentlihen Cchuldigen zu haften. Wird nachgewiesen, daß die Zuwiderhandlung ohne thr Wissen verübt ift, so haften sie nur für die Steuer. Diese Erleichterung tritt bei Cor- porationen und Gesellschaften nur dann ein, wenn nachgewiesen wird, daß weder ein Mitglied des Borstandes noch der Betriebsleiter um die Zuwiderhandlung gewußt hat.

Ist die Geldstrafe von dem eigentlih Schuldigen nicht beizu- treiben, so hängt es von der Verwaltung ab, ob der nah dem vor- herigen Absatz hierfür Verhaftete in Anspruch genommen oder ob an dem eigentlich Schuldigen die an Stelle der Geldstrafe tretende Frei- heits\trafe vollstreckt werden foll.

6) Zwangsmaßregeln. S447

Unbeschadet der verwirkten Ordnungsstrafen kann die Steuer- behörde die Beobachtung der auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes und der dazu erlassenen Berwaltungsvorschriften getroffenen Anordnungen durch Androhung und Einziehung von Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark erzwingen.

7) Umwandlung der Geldstrafen in Freiheits\trafen. § 48.

Die Umwandlung der nit beizutreibenden Geldstrafen in Frei- heits\trafen erfolgt gemäß §§ 28, 29 des Strafgesetzbuhs. Jedoch darf die Freiheitsftrafe bei Defraudationen im ersten Falle sechs Monate, im ersten Nückfalle ein Jahr und im ferneren Nückfalle zwei Jahre, bei einer mit Ordnungsstrafe bedrohten Zuwiderhandlung sowie im Falle des § 47 drei Monate nicht übersteigen.

3) Verjährung der Strafverfolgung. 8 49. Defraudationen verjährt in drei

Die Strafverfolgung von anderen Zuwiderhandlungen in

Jahren, die Strafverfolgung von einem Jahre. 9) Strafverfahren. S 50.

In Betreff der Feststellung, Untersuhung und Entscheidung der Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz und die dazu erlassenen Ver- waltungsvorschriston, sowie in Betreff der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Guadenwege kommen die Vorschriften zur Anwendung, nach denen sich das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Zollgeseße bestimmt.

Die nah den Vorschriften dieses Gesetzes verwirkten Geldstrafen fallen demjenigen Staate zu, von dessen Behörden die Entscheidung erlassen ist.

Q O

Jede von einer nah § 50 zuständigen Behörde wegen eíner Zu- widerhandlung gegen die Bestimmungen dieses Geseges und die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften einzuleitende Untersuchung und zu erlassende Strafentscheidung kann auch auf diejenigen Theilnehmer aus- gedehnt werden, welhe anderen Bundesstaaten angehören.

Die Strafvollstreckung ist nöthigenfalls durch Ersuchen der zu- ständigen Behörden und Beamten desjenigen Staats zu bewirken, in dessen Gebiet die Vollstreckungsmaßregeln zur Ausführung kommen sollen.

Die Behörden und Beamten der Bundesstaaten sollen sih gegen- seitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beistand in allen geset- lien Maßregeln leisten, die zur Entdeckung oder Bestrafung der Zu- widerhandlungen dienlich sind.

Uer Ub G0 Verwaltung der Steuer und Aversen. D. 02.

Die Erhebung und Verwaltung der Weinsteuer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die erwachsenden Kosten wird den Bundesstaaten bis auf weiteres nach Maßgabe der vom Bundesrath zu erlassenden Bestimmungen Vergütung gewährt.

D D0;

Die MNeichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern, sowie die Stationscontroleure üben in Bezug auf die Ausführung dieses Gesetzes dieselben Rechte und Pflichten, welhe ihnen bezüglich der Erhebung und Verwaltung der Zölle und der eftehenben Verbrauchs\teuern bei- gelegt sind.

& 54,

Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete

zahlen an Stelle der Weinsteuer ein entsprehendes Aversum an die

MNeichskasse. ScOiter Ab Vill Uebergangs- und S{hlußbestimmungen,. S 55, Dieses Gesetz tritt am 1. September 1894. in Kraft. Die am 1. August 1894 im Zollgebiet vorhandenen Weinhändler und Hersteller von Schaumwein oder Kunstwein, welche den Verkauf

von Wein weiter betreiben wollen, haben bis zum 15. August 1894 der Steuerbehörde ihres Bezirks hiervon Anzeige zu machen und dabei die in dem § 19 vorgeschriebene Nachweisung einzureichen.

8 56.

Die Kleinhändler, die Hersteller von Schaumwein und Kunstwein sowie die Verbraucher haben der Steuerbehörde ihres Bezirks ihre beim Inkrafttreten dieses Geseßes im freien Verkehr befindlihen Vor- räthe an Wein anzumelden- und zwar :

a. für Schaumwein und Kunstwein die Menge und den Werth jeder einzelnen Poft,

b. für Naturwein im Werth von mehr als 50 A für das Hektoliter nur die Menge, für anderen Naturwein die Menge unter der Angabe, daß der Werth jeder einzelnen Post 50 Æ für das Hektoliter nicht übersteigt.

Die Steuerbehörde hat die Nichtigkeit der Anmeldungen fest- zustellen. Die festgestellten Mengen find von den Herstellern vou Schaumwein oder Kunstwein in den von ihnen zu führenden Büchern vorzutragen. Von den Kleinhändlern und von den Verbrauchern ift für die fsteuerpflihtigen Mengen U Nachsteuer zu entrichten.

J 94.

Die Nachsteuer i} zu entrichten :

a. für Schaumwein und Kunstweäin nach Maßgabe der Be- stimmungen im ersten Abschnitt dieses Gesetzes,

b, für Naturwein im Werthe von mehr als 50 M für das Hektoliter mit 10 (6 für das Hektoliter, ohne Rücksicht auf dessen Werth. l

Auf Antrag kann die Nachsteuer für Naturwein im Werth von niht mehr als 67 46 für das Hektoliter nah Maßgabe der Bestim- mungen im ersten Abschnitt dieses Gesetzes erhoben werden.

Wein, im Besitze eines Verbrauchers, bleibt bis zu einem Steuer werth von 150 4 von der Nachsteuer befreit. Verbraucher, deren Gesfammtbesiß an Wein diesen Steuerwerth nicht übersteigt, sind auch von der Anmeldepflichht entbunden.

Bei der Berechnung der Nachsteuer kommt derjenige Betrag in Abzug, welcher nahweislich vou demselben Wein vor dem Inkraft- treten dieses Geseßes als Landessteuer erhoben worden ist.

Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf die Nachsteuer ent- \prehende Anwendung.

S 58,

Der Bundesrath ist ermächtigt, alle im Juateresse der Ausführung dieses Gesetzes nothwendigen Erleichterungen anzuordnen.

Urkundlich 2c.

Gegeben 2c.

Begründung.

Während das Bier und der Branntwein im ganzen Bundesgebic zur DeckEung des öffentlichen Ausgabebedürfnisses im erheblichen Un- fange berangezogen werden, unterliegt dex Wein einer inneren Be- steuerung dur) das Reich überhaupt niht; auch wird, nachdem die hessishe Weinsteuer für die Finanzperiode 1891/94 außer Hebung ge- seßt ist, cine Landes-Weinsteuer nur noch) in Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen erhoben. Diese auffällige Ungleichheit in der Be- teuerung des Getränkeverbrauhs wird namentlih um deswillen viel fah als unbillig empfunden, weil die Steuerfreiheit des Weins von den geringsten Sorten abgesehen im großen und ganzen den leistungsfähigeren Confumenten zu gute kommt. Eine Ergänzung des bestehenden Getränkesteuersystems durch Einführung einex allge- meinen Weinbesteuerung erscheint deshalb als eine Forderung der Ge- rehtigkeit. Es erscheint unter diesen Umständen geboten, bei der cr- forderlichen Vermehrung der Reichseinnahmen den Wein in den Kreis der reichsfteuerpflihtigen Verbrauch8artikel einzubeziehen.

Hiermit nicht länger zu zögern, entspricht zugleich dem Interesse zal;lreihher Communen. Unverkennbar bildet der Wein, ebenso wi das Bier, ein besonders geeignetes Object auh für die communale Besteuerung. Seit Jahren ist deshalb in Petitionen vieler Städte und im Reichstag die Nothwendigkeit betont worden, die in die NReichs- verfassung übergegangenen Bestimmungen des Artikels 5 des Zoll vereinigung8vertrages vom 8. Juli 1867, durch welche tas Besteuerungs recht der Communen beschränkt wird, in Ansehung der Weinbesteuerung einer Revision zu unterziehen (vergl. zu § 18). Um diesen Anträgen Folge geben zu können, muß naturgemäß zunächst eine Entscheidung darüber herbeigeführt werden, ob und in welchem Umfange der Wein verbrauh für den Ausgabebedarf des Neichs selbst dienstbar gemacht werden soll. S E

Für die Ausgestaltung des Gesezentwurfs ist neben dem Bestreben mit möglichst geringen Eingriffen in die Verhältnisse des Weinbaues und Weinhandels ein angemefssenes finanzielles Ergebniß sicher zu stellen der Gesichtépunkt maßgebend gewesen, daß gegenüber der Belastung welche breiten und großentheils unbemittelten Bevölkerungsschihten durch die Biersteuer und vorzugsweise durch die Branntweinsteuer er wächst, soweit es die zu berücksichtigenden Verhältnisse gestatten, eine Ausgleichung herbeizuführen sei. Zu dem Ende sind einestheils die geringeren, tn den Erzeugungsbezirken den Gegenstand des allgemeinen Berbrauchs bildenden Weine von der Neichésteuer befreit geblieben : auf der anderen Seite ist die Steuer selbst als procentuale Werth steuer veranlagt, wodurch fie der beim Verbrauch hervortretenden Leistungsfähigkeit der Consumenten angepaßt wird.

Die Freilassung der geringeren Weine gestattete cs gleichzeitig auf den Besißstand der Weinsteuer erhebenden Länder in billiger Weise Rücksicht zu nehmen. Es ist den Bundesstaaten überlassen worden, den von der Neichssteuer nicht betroffenen Wein für eigene Rechnung mit Steuern zu belegen. Nach dem vorliegenden s\tatistischen Material über den Werth des in Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen producirten und vorwiegend auch innerhalb der Erzeugungsländer con- sumirenten Weins und nach den sonst angestellten, der Natur der Sache nah wesentlich auf Schäßung beruhenden Ermittelungen ge- währt diese Bestimmung den betreffenden Bundesgliedern die Mög lichkeit, die bestchenden Landessteuern in solchem Umfang aufrecht zu erhalten, daß der Ausfall an eigenen Einnahmen in den «Vortheilen, welche ihnen aus der Einführung der Neichs-Weinsteuer zufließen werden, voraussichtlich einigen Ausgleich findet.

In steuertechnischer Beziehung bietet die Erhebung einer Abgabe vom Weinverbrauh besondere Schwierigkeiten. Die in Tausende ven lleinen landwirthschaftlichen Betricben sich zersplitternde Herstellung des Naturweins, der regelmäßige Mangel besonderer fabritatorischer Einrichtungen für die Weinerzeugung, die Behandlung und die Ver mehrung des Products in den Kellern der Hersteler und Händler er \{chweren die sichere und vollständige Erfassung des Steuerobjects. Die bei steuervflihtigen Gewerben üblichen Controlen über den Betrieb und die Erzeugung der zu versteuèrnden Producte versagen in diefcu! Falle. Der Entwurf läßt deshalb die Steuecrpflichtigkeit erst in einem späteren Zeitpunkt eintreten, indem er dieselbe der Regel nah an bc- stimmte Acte des Wein verke hrs knüpft, welche dem Consum voran- gehen müssen. Im Vergleich mit den sonst hier in Erwägung zu ziehenden Systemen der Productionsfteuer oder der Kleinverkaufs- und Ausschankbesteuerung dürfte dieser Vèodus Vorzüge bieten. Während eine Productionssteuer an sich nur den inländischen Naturwein trifft und zunächst dem Winzer zur Last fällt, kann bei der Steuerform des Entwurfs ohne weiteres auch der ausländishe Wein, sämmtlicher Schaumwein und Kunstwein der Besteuerung zugeführt und der

Winzer von der Verauslagung der Steuer befreit und gegen die Nück-

wälzung derselben thunlich} gesyügt werden. Im Gegensatz zu der auf den Kleinverkauf und Autschank beschränkten Abgabe ermöglicht der Entwurf fernerhin die vollständige Heranziehung desjenigen Ber- brauchs in Privathäusern, welcher vorzugsweise auf eine besondere Leistungsfähigkeit der Confumenten schließen läßt. i E

Bon der badischen, elfaß-lothringishen und französishen Gefeß gebung, welche bezüglich der dort zur Hebung gelangenden Circulations- steuern im wesentlichen auf denselben Grundanschauungen beruht, weicht der Entwurf hauptsächlich in cinem Punkte ab. Nach der Gesetzgebung der erwähnten Länder ist an sich jede Versendung bc-

ziehungs8weije Einlage von Wein euer O zahlreihe Ausnahmen '

dienen dazu, die sih hieraus ergebenden Doppelbesteuerungen auf ein

eringes Maß cinzuschränken. Der Entwurf will die wiederholte Be-

teuerung desselben Weins gänzlich vermeiden. Die Steuerpflichtig-"

feit soll infolge defsen eintreten für Naturwein und Schaumwein nur beim ersten Uebergang an den Kleinhändler oder Verbraucher, für Kunstwein nur beim Eingange aus dem Auslande oder bei der Abgabe aus der inländischen Grzeugungsstätte. Außerdem ergeben sich einige besondere Fâlle des Eintritts der Steuerpflichtigkeit infolge des Umstandes, daß dieselbe Person die Eigenschaft eines Herstellers oder Großhändlers mit derjenigen eines Kleinhändlers oder Ver- hrauchers in si vereinigen kann.

Der Steuerberechnung soll derjenige Werth zu Grunde gelegt werden, welchen der Wein beim "Eintritt der Steuerpflichtigkeit besitzt. Knüpft die Steuererhebung, wie-es die Regel bildet, an einen Besitz- wesel an, so wird dem leßteren faft ausnahmslos ein Kaufgeschäft zu Grunde liegen. Der Werth findet dann in dem Kaufyreise seinen Ausdru. Der Entwurf geht deshalb davon aut, daß es in den weitaus meisten Fällen genügen wird, die Abgabe nah Procenten des declarirten Kaufpreifes zu E BUE

Die vorgeschlagenen s\teuerlihen Controlmaßregeln bezwecken, sämmtliche Verkehrsacte, an welche die Steuerpflicht anknüpft, zur Kenntniß der Steuerbehörden zu bringen. Sie beschränken ih ab- gesehen von besonderen Borfschriften für die Schaumwein- und Kunst- weinfabrikation im wesentlichen darauf, die gesammte Wein- bewegung mit einer Transportcontrole zu erfassen. Während der Herstellung und Lagerung unterliegt der Wein dagegen einer regel- mäßigen Skeuercontrole nicht.

Der Steuersaß is für Naturwein, Kunstwein und Schaumwein besonders geregelt; derselbe soll für Naturwein 15 %, für Schaumwein 209% und für Kunstwein 259% vom Werthe in letzterem Falle aber mindestens 15 f. für das Hektoliter betragen. Wird erwogen, daß der Branntwein mit einem Mehrfachen seines Werthes uud daß der B fachen seines Werthes und auch das Bier in Bayern mit ungefähr 15 9/9 des Werthes besteuert wird, dürfte ein Steuersatz von 15 9% für inländischen Naturwetin von

nehr als 50 46 Werth keinesfalls zu hoh erscheinen. Die stärkere veranziehung des Schaumweins rechtfertigt sich, ) j

4 f 1 Heranz i weil derselbe durch- shnittlich im höheren Grade einen Gegenstand des Lurxusgenusses bildet, als der Naturwein. Durch die vorgeschlagene Besteuerung des Kunstweins nah einem festen Minimalsaß, welcher sich im Hinblick auf den zumeist nur geringen Werth der Waare als eine relativ hohe Belastung darstellt, soll dem Winzer gegen die bedrohliche Concurrenz der Kunflweinfabrikation ein wirksamer Schuß zu theil werden.

Auf Grund der Erfahrungen, die nah Einführung der höheren Zollfäße für ausländischen Wein in Fässern während der Jahre 1880 bis 1892 gemacht worden sind, ist anzunehmen, daß die vorgeschlagenen Steuersäße auf die Dauer cine Beeinträchtigung des Weinconsuns

ce Schätzung des Ertrages aus der Weinsteuer kann inangels genden statistischen Materials nur eine unsichere sein. Die bei- gesügte Ertragsberchnung stüßt sich auf die in den amtlichen Statistiken veröffentlichten Nachrichten über die Production an in- ländishem Wein, über dic Einfuhr und Ausfuhr und die Werthe des eingeführten Weins, im übrigen beruht sie auf speciellen Ermitte- lungen und Schägungen. Aehnlich liegt es mit den Erhebungskosten. Dieselben find in der Ertragsberelhnung (nah Analogie der Brannt- weinsteuer-Erhebungskosten) mit 15 9% vom gesammten Bruttoertrage aller Voraussicht nah ausreichend bemessen, da die erforderliche Organisation der Steuerverwaltung in den Weinsteuerländern ¿um theil fchon besteht, so daß erheblihe Mehrkoften nur in denjenigen Bundesstaaten zu erwarten sind, welche zur Zeit eine Weinsteuer nicht erheben. Unter Berücksichtigung eines aufänglichen Consumrückganges und der bei einer Weinsteuer nit zu vermeidenden Hinterziehungen wird hiernach vorläufig auf einen Nettoertrag von etwa 15 Millionen Mark gerechnet werden dürfen. Zu den Bestimmungen des Geseßentwurfs is im Einzelnen Folgendes zu bemerken : R Sl Die für die Steuerpflichtigkeit des Naturweins maßgebende Fest- stellung des Werthes erfolgt erst in dem Moment, wo der Wein zu versteuern ist. Hieraus ergiebt sih die Nothwendigkeit, bis dahin kämmtlichen Naturwein als eventuell steuerpflihtig gleilmäßig zu behandeln. Die Bestimmungen des Gesetzes beziehen sich daher zun theil auch auf denjenigen Naturwein, welcher nah der Werth- ermittelung von Reichsfteuer befreit bleibt. } wird das von der Zollgrenze

Unter „Zollgebiet“ ums{lossene

_VBundesgebict verstanden.

U S 2

Der Entwurf geht von der Auffassung aus, daß als Naturwein uur diejenigen Erzeugnisse versteuert werden follen, welche nah dem Gesetz, betreffend den Berkehr mit Wein, weinhaltigen und wein- ähnlichen Getränken, vom 20. April 1892 (Reics-Geseßbl. S. 597)

unverfälshter Wein aus Trauben anzusehen sind. Eine Aus- uahme von diesem Princip ist nur bezüglih des Claretweins vorgesehen.

Unter Claretwein wird. dasjenige zweite Product verstanden, welches zumeist unter Verwendung eines Aufgusses von Zuckerwasser aus blauen, feltener aus weißen Trauben gewonnen wird, nachdem denselben vorber behufs Erzeugung des Clarets für die Schaumweinfabrikagtion ein Theil ihres Saftes entzogen worden ist. Dieser Claretwein wird nach § 3 Ziffer 4 und § 4 Ziffer 1 des Gesetzes vom 20. April 1892 zumeitt als verfälschter Wein anzusehen sein. Derselbe enthäli indessen, da zum Zweck der Claretbereitung nur eine ganz leichte Pressung der Trauben stattfinden darf, in jedem Falle noch eine erhebliche Menge Jebensaft und bildet infolge dessen ein dem reinen Naturwein nahe- siebendes Getränk, welches, in der Regel mit ausländishem Wein berstohen, für den Weinhandel gewisser Gegenden, besonders in Lothringen, von erheblicher Bedeutung ist. Die \teuerlihe Behandlung desfelbbn als Kunstwein auf der Grundlage des Geseßes vom 20. April 1892 würde die für die Schaumweinfabrikation producirenden Weinbauer {wer \{chädigen. Es erscheint deshalb angezeigt, die Vor- [riften über die Besteuerung des Naturweins au auf den Claret- wein anzuwenden.

Der § 2e bezweckt, Zweifel bezüglih der Behandlung der wuSsländishen Dessertweine auszuschließen, welche ohne solhe Be- immung aus der Fassung des § 1 in Verbindung mit dem ersten

ß des § 4 abgeleitet werden könnten. Hiernach sollen alle Süd- ind Süßweine ausländishen Ursprungs, insoweit sie nah § 4 bsaß 3 des Gefeßes vom 20. April 1892 nicht als verfälsht an- zusehen sind, fteuerlih als Naturwein behandelt werden.

_ Die Vorschrift des § 2 leßter Absay findet im § 10 ihre Ergänzung und entspricht der badischen und elsaß - lothringischen Gefetzgebung.

Zu § 3.

, Die Definition für Schaumwein ist so gewählt, daß dieselbe [chäumende Obst- und Beerenweine und auh \{äumende Kunst- weine mit umfaßt. Die leßteren auszuscheiden, erweist sich praktisch als unmöglich, da jeder Schaumwein in gewissem Sinne als Kunst- vroduet anzusehen i und eine feste Grenze für die Scheidung {ih mcht finden läßt. Eine besondere Besteuerung des \chäumenden Kunstweins erscheint au infofern entbehrlich, als von derselben eine wesentliche Verstärkung des Schußes, welcher für den Weinbau dur die höhere Besteuerung der stillen Kunstweine vorgesehen ist, nicht er- wartet werden kann.

Als unterscheidendes Merkmal für die Anwendung der Schaum- weinsteuer auf schäumende Getränke aus Trauben-, Obst-, Beerenwein oder aus weinhaltigen und weinähnlihen Stoffen ist der übliche feste Flaschenvershluß angesehen worden. Infolge dessen werden diejenigen \aturweine, welhe während der ersten Stadien der Gährung in

YVumendem Zustande sich befinden, von der Besteuerung als Schaunm- wein befreit bleiben.

Zu Als Kunstwein sollen alle nih Getränke besteuert werden : ag wenn sie unter der Bezeichnung „Wein, Kunstwein, Faconwein“ oder unter einer ähnlichen Bezeihnung zum Verkauf gelangen, b. wenù sie nah Ausfehen und Geshmack weinartig sind.

§ 4, 1 unter die §8 2 und 3 fallenden

_Im ersteren Fall ist alleíin die Bezeihnung entscheidend: die weinähnliche Beschaffenheit des Getränks braucht daher nit weiter festgestellt zu werden. Im zweiten Fall tritt die Behandlung als Kunstwein lediglich wegen der weinähnlichen Beschaffenheit des Getränks ein, ohne daß es darauf ankommt, wie das\elbe bezeihnet wird. Der S 4 befhränkt somit den Begriff des Kunstweins nicht auf diejenigen Getränke, welhe als Nachmachungen oder Verfälshungen des Weins im Sinne des § 10 des Nahrungsmittelgeseßes vom 14. Mai 1879 (Reichs-Geseßbl. S. 145) zu betrachten sind, fondern greift darüber hinaus. Durch die Fassung desfelben soll insbesondere verhindert werden, daß Getränke, welche thatsählih als Weinsurrogate dienen, durch eine die Bezugnahme auf den Wein vermeidende Benennung (z. B. Nosinengetränk) der Besteuerung als Kunstwein entzogen werden. Für ein derartiges Hinausgehen über die verkehr8polizeilihen Vor- schriften des Nahrun smittelgesezes und des Gesetzes vom 20. April 1892 sprechen nicht als finanzielle Erwägungen, als die Nücksihtnahme auf die zu s{üßenden Interessen des inländishen Weinbaues.

__ Die Bestimmung im Absayß 2 erscheint geboten, um zu verhindern, daß der Obst- und Beerenwein, welcher überhaupt niht zur Steuer „Jerangezogen werden soll, auf Grund des Absatz 1 als Kunstwein be- handelt wird. / i

Zu § 6.

Der § 6 behandelt im Absatz l die regelmäßigen Fälle des Ein- tritts der Steuerpflichtigkeit; die besonderen Fälle werden im Absatz 4 aufgezählt. M

Abgesehen von der abweichenden Behandlung des Kunstweins, tritt die Steuerpflichtigkeit in der Regel ein, wenn der Wein vom Auslande, von der Zolluiederlage, vom inländischen Hersteller oder Großhändler an den Kleinhändler oder Verbraucher übergeht. Vor diesem Zeitpunkt kann also der Wein steuerfrei üm Großhandel cir- culiren oder in das Ausland ausgeführt werden; ebenso hat die na ch dem steuerpflihtigen Uebergange sich vollziehende Weinbewegung zwischen Kleinhändlern und Verbrauchern oder von diesen Personen an Dersteller oder Großhändler eine nohmalige Versteuerung niht zur Uge.

Eine Vergütung der gezahlten Weinsteuer is im Gesekentwurf niht vorgesehen. Exporteure, Cssig-, Branntweinfabrikanten u. [.w. sind daher bei ihren Bezügen zur steuerfreien Ausfuhr oder zur \teuer- freien Verwendung ausschließlih auf die Bestände der Hersteller und Großhändler angewiesen. Die strenge Durchführung des Grundsatzes, daß eine Bonification der Weinsteuer nicht stattfindet, wird durch die Crwägung geboten, daß eine befriedigende Lösung der Nückvergütungs- frage bei einer Werthsteuer ohne Festhaltung der Identität der ver- steuerten Waare niht möglich ift.

_Die im Absay 1 ausgesprochene Steuerpflichtigkeit hat zur Vor- uéjeßung, daß der Uebergang des Weins zwischen Personen erfolgt, welche im Sinne des Steuergesetzes eine bestimmte Qualification haben: Hersteller und Großhändler einerseits (steuerfreie Personen), Kleinhändler und Verbraucher andererseits (\teuerpflihtige Personen). Der Paragraph enthält in den Absäten 2 und 3 die erforderlichen näheren Bestimmungen.

Als Großhändler sollen betrahtet werden diejenigen, welche ge- werbsmäßig Wein ankaufen und denselben nur in Mengen von nicht unter 10 1 verkaufen; alle anderen Weinhändler, einschließlih der Wirthe, werden als Kleinhändler angesehen. Der Entwurf hat hier- bei den Verhältnissen des Weinhandels, bei welchem Großverkauf und Kleinverkauf in den meisten Fällen und häufig untrennbar verbunden sind, soweit als möglih Rechnung getragen. Der combinirte Betrieb des Großhandels und Kleinhandels ift gestattet :

a. denjenigen Weinhändlern, welche von der \teuerfreten Lagerung

teinen Gebrauch machen (Kleinhändler im Sinne des Entwurfs),

þ. den Greßhändlern in fo fern, als sie den Kleinverkauf aus ge- fonderten Räumen betreiben (§8 25).

Infolge dieser Bestimmungen is es wesentlich in das freie Er- inessen der Händler gestellt, ob und in wie weit fie sich der Behand- lung als Großhändler unterwerfen wollen. Diejenigen Gefetzgebungen, welche auf dem Boden dex reinen Versendungs- oder Einlagesteuer stehen, üben in dieser Beziehung cinen gewissen Zwang auf die Ent- s{chließung, insofern die durch Kleinhandelskeller gehenden Weine in zahlreichen Fällen einer doppelten Besteuerung unterliegen. Nach dem Gntwurf fehlt ein derartiger Zwang. Auch dürfte nach demselben der Bortheil, welchen die steuerfreie Lagerung durh Hinausschieben der Steuerentrihtung bietet, vielfah dadur aufgewogen werden, daß bei der Auslagerung aus den Kellern des Großhändkers derjenige Werth des Weins mit zu versteuern ist, welchen er dur die Lagerung und Kellerbehandlung gewonnen hat. Unter diesen Umständen wird auch der größere Weinhändler sich häufiger dazu entschließen können, feine sämmtlichen Weineinlagen als Kleinhändler s\ofort zu versteuern. Hierin liegt die Gefahr einer Schädigung des Steuerauf- kommens, welche um so größer ist, je mehr die steuerfreie Lagerung des Weins in den Großverkaufsräumen an besondere steverliche Con trolen und Bedingungen geknüpft wird. Um dem “entgegenzuwirken, war daher auf thunlichste Erleichterung und Beseitigung der leßteren Bedacht zu nehmen. Demzufolge ist den Großhändlern in ihren Großverkaufsräumen dieselbe Freiheit der Be- wegung gewährt worden, wie den Weinherstellerw Namentlich ist von einer regelmäßigen Lagercontrole, wie sie beispiels8- weise in Elsaß-Lothringen mittels Buchführung unter Versteuerung der Fehlmengen den Großhändlern gegenüber ausgeübt wird, ab gesehen. Ferner ist die Abgabe kleiner Quantitäten aus den Groß- verkaufsräumen bis zu 10 1 herab allgemein und unter gewissen Be- s{hränkfungen auch die Abgabe geringerer Mgen gestattet 26) und die Versteuerung des directen Verbrauchs aus den steuerfreien Beständen von lästigen Formalitäten befreit worden 11 Absatz 2).

Die Entrichtung der Kunstweinsteuer soll ausnahmslos \chon dann erfolgen, wenn derselbe vom Auslande oder vom inländischen Hersteller in den Verkehr gelangt. Diese abweichende Regelung des Eintritts der Steuerpflichtigkeit rechtfertigt sich dur die Erwägung, daß der Kunstwein an der Eingangs- oder Erzeugungsstelle sich der Besteuerung weniger leicht cgtiteben Tann, als wenn ex erft in einem späteren Zeitpunkte von derselben ergriffen werden foll. Im übrigen finden die für den Weinverkehr gegebenen Controlvorschriften, -nament- lih hinfihtli) der Transportbezettelung, auf den Kunstwein ebenso Anwendung wie auf den Naturwein und Schaumwein.

Zu S 7.

Ziffer 1a. Jn sämmtlichen Weinsteuer erhebenden Bundesgebieten genießt der Wein- und Obstbauer für den Hausverbrauh an selbst- erzeugtem Wein aus eigenen Trauben Steuerfreiheit. Die Weinsteuer- geseßgebung hat hierbei Nücksiht genommen auf die hergebrachte Gewohnheit der Weinbauer, aus threm eigenen Gewächs für sih und die zu ihrem Hausftand gehörigen Personen ein lcihtes Getränk ber- zustellen, dessen unentgeltliche Darreichung an die im ländlichen Betriebe beschäftigten Arbeiter vielfah zur Observanz geworden ist. Seite“ der Neichsgesetzgebung kann ein gleiches, wegen der technischen Control- \hwierigkeiten ohnehin wünschenéêwerthes und im Interesse der Wein- bau treibenden Bevölkerung gebotenes Zugeständniß um so unbedenk- licher gemacht werden, als die in Betracht kommenden Getränke die für den Eintritt der Reichsweinsteuer maßgeblihe Werthgrenze nur in feltenen Fällen erreichen werden.

Die Steuerfreiheit nah § 7 Ziffer 1a wird versagt für Wein aus nicht felbst gewonnenen Trauben. Es üt hierbei, im Ans{luß an die badishe und elsaß-lothringishe Geseßgebuug, von der Erwägung ausgegangen, daß die Aufnahme einer Steuerbefreiung für den aus fremden Trauben erzeugten Wein eine bedenklide Minderung des Steueraufkommens herbeiführen könnte, indem fie auf eine Ver- mehrung des Bezuges von befferen Trauben zur Selbstkelterung, welcher in einzelnen Weingegenden bereits üblich ist, hindrängt.

Ziffer 1b. Die in den einzelnen Haushaltungen si vollziehende Herstellung von Kunstwein (z. B. Tresterwein, Rosinenwein) für den eigenen E dur steuerlihe Controlen auch nur annähernd vollständig zu erfassen, ist unmöglih. Dasselbe gilt bezüglih der Bereitung von Schaumwein, wenn sie lediglih für den Bedarf des Haushalts erfolgt. Dem Weinbau erwädhft aus folder Schaum- wein- und Kunstweinproduction kaum eine nennenswerthe Concurrenz. Es erscheint deshalb aus fteuertechnis{en Gründen zweckmäßig und

den Interessen des Weiubaues niht zuwiderlaufend, wenn der Ver- brauch an felbsthergeftelltem Schaumwein und Kunstwein, soweit die Herstellung sich auf den Hausbedarf beschränkt, von den für die Kunfst- weinfabrikation vorgesehenen Controlen und von der hohen Kunfît- weinsteuer befreit bleibt. ;

Den Groß- und Kleinhändlern foll die Steuerfreiheit nach Ziffer la und 1b nit zu theil werden, weil bei denselben der selbsterzeugte Wein von den übrigen Vorräthen nicht auseinandergehalten wird, eine Scheidung des steuerfreien und \teuerpflihtigen Hausverbrauhs alfo unausführbar ist. :

Ziffer 3 bis 5 {ließen si in den meisten Punkten an die badische und elsaß-lothringishe Geseßgebung an.

_Die Steuerfreiheit des zur Essigbereitung verwendeten Weins entspricht der Steuerbefreiung, welche nah § 1 Absatz 4 Ziffer 2 des Branntweinsteuergeseßes vom 24. Juni 1887 (Reichs-Geseßbl. S. 253) für den Branntwein zugestanden ift. ]

Wein, welcher zur Herstellung von Branntwein verwendet wird, wird durch die Branntweinsteuer getroffen; die für denselben vorgesehene Steuerbefreiung bezweckt. die Vermeidung einer Doppel- hesteuerung.

Schaumweinproben sollen im Gegensaß zu anderen Weinproben der Steuer unterworfen bleiben, weil sie bei dem vielfa üblichen Vertrieb von Schaumwein in kleinen Flaschen und Fläschhen ohne Schwierigkeit mißbräuchlihe Verwendung finden können.

: \ Zu S 9,

, Wein, welcher vom Auslande bezogen wird, ist wie der im Zoll- gebiet erzeugte nah Maßgabe desjenigen Werths zu versteuern, welchen er im Inlande hat. Der im Auslande zu zahlende Kaufpreis entspricht diesem Werthe niht. Derselbe bleibt in der Regel um den Betrag des Zolles und der bis zum Eintritt über die Landesgrenze erwachsen- den Kosten und Spesen gegen den Jnlandswerth zurü. Gleihwohl ist im Entwurf von der Hinzurechnung .der Kosten und Spesen zunr Auslandspreise abgesehen worden, weil die Berücksichtigung derselben die Steuerabfertigung wesentlih ers{weren würde, ohne den Steuer- ertrag namhaft zu erhöhen. In leßterer Beziehung ist darauf hinzu- weisen, daß der überwiegende Theil der Weineinfuhr zunächst auf Zoll- niederlagen oder auf die steuerfreien Läger der Großhändler gehen wird, und daß in diesen Fällen bei weiterer Abgabe des Weins an \teuerpflichtige Personen die bis dahin entstandenen Kosten und Spesen

“im Kaufpreise oder im Werthe der Waare mit zum Ausdruck gelangen.

Daß die Hinzurechnung des Zolls dann unterbleibt, wenn der Kauspreis einschliezlih Zoll vereinbart ist, wird im § 9 nicht besonders hervorgehoben, folgt aber aus deîn Grundsaß der Besteuerung nach dem Werthe von selbst. Ebenso findet cine Erhöhung des Kaufpreises um den Zoll nicht statt, wenn die Weineinfuhr in das Geltunçsgebiet des Weinsteuergeseßes zollfrei erfolgen darf, wie z. B. aus den badischen Zollaus\{lüssen ; nur der zu „zahlende“ Zoll kommt in Anfat.

Die Absâtße 2 und 3 {ließen sich in Bezug auf die Behandlung

der Umschließungen den bestehenden Handelsgewohnheiten an. Der Werth der Umschließungen wird bei Wein und Naturwecin nur dann der Besteuerung mit unterworfen, wenn er im Kaufvreise mit be- rechnet und der Käufer zur Uebernahme der Fässer oder Flaschen ver- pflichtet ist. Auf der anderen Seite ist Shaumwein einschließlih des Werthes der Flasche und des Flaschenvershlusses zu versteuern, weil die nur für eine einmalige Füllung verwendbaren Flaschen -nach Handels= gebrauh an den Käufer stets mit übergeben. _ Die Declaration des Werthes oder des denselben repräsentirenden Kausprel]es liegt demjenigen ob, welcher die Steuer zu zahlen hat. Die beim Borhanden}ein eines Kaufgeshäfts vom inländishen Ver- fäufer geforderte Declaration dient hierbei nur als Gegencontrole, untersteht aber gleichfalls der Strafvorschrift des § 35 Ziffer 2. Muß mangels cines Kaufgeschäfts von vornherein auf den Werth der Waare zurückgegangen werden, so fehlt es an einer derartigen, die Nichtigkeit der Werthsdeclaration gewährleistenden Grklärung einer zweiten Perfon. Die positive Vorschrift über die Höhe des zu decla- rirenden Werthes, welche im leßten Saß des Absaß 3 gegeben ift, soll diefen Mangel einigermaßen ausgleihen, indem dur dieselbe die Willkür bei der Werthsangabe beschränkt ünd für das etwaige Strafverfahren objective Anhaltspunkte zur Feststellung der Minder- declaration gegeben werden.

_ Amtliche Werthermittelungen sind alf Ausnahmemaßregel für &Sâlle vorgesehen, in welchen die Declarätion fehlt oder der Verdacht einer Minderdeclaration vorliegt. Dieselben werden si zunächst auf die Heranziehung der Declaration des Geschäftsvermittlers oder auf die Einsichtnahme der Handelsbücher zu beschränken haben. Eine Untersuchung und Abshäbßung des Weins soll nah der Absicht des Entwurfs uur vorgenommen werden, wenn die Beseitigung der Be- denken gegen die gemachte Preis- oder Werthangabe oder die Ergänzung der fehlenden Angabe auf anderem Wege niht möglich ift.

/ : Zu § 10.

_Im Herbst werden vielfah Trauben in frishem oder gestampftenr Zustande unmittelbar aus den Weinbergen weg an Kleinhändler und Verbraucher verkauft. Auch gelangt, und zwar gerade bei besseren Sorten, Wein mit Beeren (nah Entfernung der Kämme) zum Ver- tauf, und zablreich sind die Verkäufe von Wein mit Hefe (Trauben- most und Wein vor dem ersten Ablaß).

Üngestampfte (nicht zerdrückte, frishe) Trauben werden nah §8 2 Absayz 2 des Entwurfs als Wein nicht betrachtet ; dagegen sind gestamvfte oder gemahlene Trauben als Wein steuerpflihtig. Erfahrungsgemäß erzielt man durchschnittlich an fertigem Wein: é

aus 100 1 Trauben mit Trestern (d. i. mit Kämmen und Det O

aus 100 1 Trauben mit Beeren (ohne Kämme) . j

aus 100 1 Traubenmost oder Wein mit Hefe O E

Um ermessen zu können, ob in solchen Fällen der fertige Wein die für den Eintritt der Neichssteuer entscheidende Werthgrenze erreicht, muß der Werth ciner solhen Menge des unfertigen Products zu Grunde gelegt werden, daß aus derselben ein Hektoliter fertiger Wein gewonnen werden kann, also:

beim Tresterwein der Werth von ie E L O E

bei Wen mit Beeren der Wern (4,

bei Wein: mit Hefe der Wertb n... 2 2E

Es entspricht dies unter Vornahme von Abrundungen einer Er- böhung der auf ein Hektoliter des unfertigen Getränks gerichteten Werthsdeclaration um ein Drittel, ein Fünftel und ein Zwanzigstel.

Zu § 11.

Abjsat3 1 trifft über den Zeitpunkt der Steuerentrichtung für die regelmäßigen Fälle des Eintritts der Steuerpflichtigkeit Bestimmung. Die folgenden Absätze enthalten die näheren Vorschriften über die Versteuerung des Weins in denjenigen Fällen, wo die äußeren Merk male eines na § 6 Absatz 1 die Steuerpflichtigkeit begründenden Ueber- gangs der Waare fehlen, gleihwohl aber ein Verbrau von Wein oder eine Einlagerung zum Verbrauch stattfindet. Fn diesem Sinne wird, soweit nicht die Steuerfreiheit des § 7 Ziffer 1 Play greift, als steuerpflichtig bebandelt :

a. der Verbrauch und die von vornherein zum eigenen Verbrauch bestimmten Bezüge und Herstellungen der Großhändler und Hersteller (Absatz 2), i:

b. die Herstellungen der Kleinhändler.

Nach dem Vorangeschikten müssen ferner zur Versteuerung ber- angezogen werden diejenigen Vorräthe, welhe der zum Kleinbandel übergebende Hersteller oder Großhändler in die Kleinverkaufsräume mit hinübernimmt. Dieser dritte besondere Fall des Eintritts der Steuerpflichtigkeit ist wegen seines engen Zufammenhanges mit den Vorschriften über den Betrieb des Kleinbandels durch Hersteller und Großhändler niht an dieser Stelle, sondern im § 25 Absatz 1 des Gesetzes geregelt worden.

Durch die Bestimmung des leßten Satzes im Absay 1 ist das dem Entwurf zu Grunde liegende Princip, möglichst den Verbraucher zum Steuerzahler zu machen, insofern durhbrochen, als Großhändlern. die nit zuglei Hersteller sind, die Möglichkeit gegeben ist, für ihre Weinabgaben an Verbraucher die Steuer zu entrichten. Diese Aus« nahme erscheint für die Verbraucher wünschenêwertß und den Inter- essen der Weinbauer nicht zuwiderlaufend.