1893 / 282 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Nov 1893 18:00:01 GMT) scan diff

‘ift bisher deshalb wenig Gebrauch gemalt worden, weil die ersteren Anstand nehmen, durch Weitergabe der von ihrem bauptstädtishen Geschäftsfreund, empfangenen Öriginal-Schlußnoten ihre Geschäfts- verbindungen aufzudecken und ihre Kunden dadurch zur Anknüpfung * directen Verkehrs mit den hauptstädtishen Banquiers anzuregen. : Nach der im Entwurf vorgeschlagenen neuen Fassung des § 12 Abs. 2 soll es genügen, wenn der Commissionär, der die Schlußnote über das erste Anschaffungsgeschäft in Händen hat, die Note über das Abwickelungsgeschäft mit einem entsprehenden Vermerk versieht. Der Provinzialbanquier dürfte in der Folge keinen Anstand mehr nehmen, von der Befreiungêvorschrift Gebrauch zu machen. Auch das fiscalische Interesse erscheint dabei hinreichend gewahrt, indem das Vorhanden- sein der von dem Provinzialbanquier zurückbehaltenen Hälfte der “steuerfrei ausgestellten Schlußnote eine ähnlihe Handhabe für die Auf- deckdung etwaiger Stempeldefraudationen bietet, wie das Vorhanden- sein der im Original weiter gegebenen Sclußnote bei dem Kunden des Provinzialbanquters. Eine weitere Erleichterung der Steuerpflichtigen bezweckt der neue Absatz 3 zu § 12 bezüglich des Reportgeschäfts. Es is aus Interessenkreisen lebhaft darüber Klage geführt worden, daß das Yeport- beziehungêweise Deportgeschäft nah dem gegenwärtigen Stande der Nechtsprehung als zweifahes Kaufgeschäft (Kauf oder Verkauf für diesen und RNückverkauf oder Nückkauf für den nächsten Ultimo) dem doppelten Umsaßstempel unterliegt, während andere, den gleichen * Endzweck verfolgende Geschäfte nur einec einmaligen Besteuerung unterworfen find. Die steuerlide Behandlung des Neportgeschäfts als nur eines Geschäfts erscheint durch den einheitlichen Charakter der zu Grunde liegenden wirthschaftlichen Transaction gerechtfertigt und würde über- dies für die praktishe Handhabung des Gesetzes insofern von Vor- theil sein, als dadurch den Zweifeln über die Unterscheidung der nur einfach stempelpflihtigen uneigentlilhen Lombardgeschäfte von den Neportgeschäften ein Ende gemacht werden würde. Die bon dieser Erleichterung zu erwartende Einbuße am Ertrage der Stempelabgaben dürfte nicht sehr hoch zu \{äßen sein, da der Verkehr unter der Herrschaft der gegenwärtigen Auslegung des Gesetzes bereits in großem Umfange zu dem Aushilfsmittel gegriffen hat, das Neport- geht in die Form eines eigentlihen oder uneigentlihen Lombard- " geshäfts oder eines Darlehns in gedecktem Contocurrent einzukleiden.

Auch das französishe Gesez vom 28. April d. J. belegt nach Art. 28 a. E. die Neportgeshäfte nur mit der Hälfte des Schluß- scheinstempels, und für Oesterreich, dessen Gesetzgebung und Praxis in dem -Kostgeschäfte ein Darlehn, gedeckt durch die zu Pfand gegebenen ini sieht, kommt eine Doppelbesteuerung dieser Geschäfte über-

aupt nicht in Frage. Artikel T Ziffer 3 18) des Gesetzes.

Das Unternehmen einer Stempelhinterziehung liegt nach der ver- änderten Fassung des § 12 Absatz 2 nicht bloß bei Zuwiderhandlungen

egen die im § 18 des bestehenden Geseßes bezeihneten Bestimmungen (8 10 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 und 2 und § 14), sondern au dann vor, wenn ohne das Vorhandensein der Vorausfeßung des S 12 Abs. 2 der Commissionär eine von ihm ausgestellte un- gestempelte Schlußnote mit dem Vermerk versieht, daß si eine über ide Betrag u. st. w. lautende versteuerte Note in seinen Händen efinde.

Die Vorschrift des § 18 hat daher einen Zusatz erhalten, welcher die wahrheitswidrige Abgabe jencs Vermerks den fonstigen,. mit der Strafe der Hinterziehung bedrohten Geseßzesverleßungen gleichstellt. Es ist hierbei wie bei den anderen Hinterziehungen für den \trafbaren Thatbestand an sih ohne Einfluß, ob demselben eine defraudatorische Absicht zu Grunde liegt oder nicht; ergiebt sih jedo) aus den Um- ständen, daß eine Steuerhinterzichung nicht beabsichtigt gewesen ist, so tritt au hier die Bestimmung des § 33 Abs. 2 ein, wona in e E nur eine Ordnungsf\trafe gemäß Absatz 1 daselbst zu ver-

ängen ist.

Ertrag. Der Ertrag aus dem Anschaffungéstempel stellte si in den letzten drei Etatsjahren abzüglich der 2 %/% Verwaltungskosten für die Bundes-

staaten auf 13 186 845 A6

1890/91 1891/92 . 10800738 , 9 133 861

N L oder durchsch{nittlich jährlich . . 11040481 ,

Leßtere Summe dürfte als für den Beharrungszustand zutreffende Durchschnittsziffer um so mehr angesehen werden können, als sie sich mit dem Durchschnitt des Aufkommens in den sieben Fahren seit Bestehen des Geseßes, der genau berehnet 10 743 099 46 beträgt, nahezu deckt.

Bei Abwägung des künftigen Ertrages ist zu berücksichtigen, daß zwar eine durchgehende Verdoppelung der Steuer nicht eintritt, indem die Reportgeschäfte hinfort nur etwa dieselbe Abgabe wie nah dem gegenwärtigen Geseß zahlen, die Commissionsgeshäfte zum theil \o- gar steuerfrei bleiben werden, daß aber andererseits die vorgesehene anderweite Steuerberechnung für cine Reihe von Geschäften mehr als cine Verdoppelung der gegenwärtigen Säße bedeutet, fo daß die demnächstige Durhschnittseinnahme immerhin mit hoher Wahrschein- lichkeit auf das Zweifache der bisherigen angenommen werden kann.

Das aus der Aenderung des Gesetzes \sich ergebende Plus würde sich hiernah auf rund 11 000 000 4 jährli belaufen.

LL. Lotterieloose.

Nummer 5 des Tarifs, Artikel T Ziffer 4 28) des Gesetzes.

__ Bei einer allgemeinen Steigerung der D des Tarifs dürfte die Erhöhung des Lotteriestempels am wenigsten Bedenken haben. Die principielle Stellung zum Lotteriewesen und zu dessen Besteuerung kommt hierbei niht in Betracht, da es sich um einen Zuschlag zu einer bereits gefeßlih feststehenden Abgabe handelt. Auch wirthe- {chaftlihe Bedenken bestehen in dieser Beziehung nicht: ihre Grenze findet die s\teuerliche Belastung der Lotterien, die überwiegend Staatslotterien sind, in der Nüsicht auf den “Haushalt derjenigen Bundesstaaten, für welhe der Ertrag ihrer Lotterien einen Theil der etatêmäßigen Einnahmen bildet. Letztere zu s{mälern, um dem Neich eine verhältnißmäßig geringe Méehr- einnahme zuzuführen, würde den Zielen dieses Ge ees zuwiderlaufen.

_ Es wird daher nur eine Erhöhung des Lotteriestempels von 5 auf 8 vom Hundert in Vorschlag gebracht, die auf den Absatz der zu kesteuernden Loose vorauésictlich chne Einfluß bleiben wird.

Lotterien bis zum Betrage von 100 6 will der Entwurf vom Stempel gänzlich befreien; es trifft dies hauptsächlich theils die bei Jahr- märkten und öffentlichen Bolkébelustigungen üblichen Ausspielungen geringwerthiger Gegenstände, theils die Verloosungen von Hand- arbeiten 2c., wie sie bedürftigen Personen zuweilen von den Behörden gestattet werden. _

Für die Freilasiung sprechen nit nur Billigkeitsgründe, sondern, namentli in Ansehung der Jahrmarktslotterien, auc) der Umstand,

daß der Ertrag derselben in keinem Verhältniß steht zu dem bei der Erhebung der Abgabe in Thätigkeit tretenden BVerwaltungéapparat. Ein weiterer Abänderungévorschlag betrifft die Wohlthätigkeits- lottericn, die bisher der Abgabe nicht unterlagen. Leßtere Ausnahme ist seinerzeit, während die Regierungen die untershiedlosc Freilassung. aller Ausspielungen bis zum Betrage von 1000 A vorgeschlagen batten, durd)- den Neichstag in das es aufgenommen worden. “Wenn hierbei der berechtigte Wunsch vörwaltete, diejenigen Beträge, * welde, si es ah in Fornt des Preises für ein Lotteric- loos, zu milden Zwecken gegeben würden, mit keinerlei Steuer “gu Pelegen, 0 aben die inzwischen gemachten - Erfahrungen ‘gelehrt, daß die bisherige Begünstigung dieser ' Lotterien “weit über den ursprünglichen __Zweck des Gesetzgebers -’ hinausgeht. Aeußerungen des Mildthätigkeitssinnes liegen erjihtlich ‘nur bei der Betheiligung an folhen Aus vielunan vor, die sih, wie 3. B. die aus Anlaß von Weihnachtébescheerungen für bcdürftige Kinder oder in Verbindung mit Bazaren zur Unterstüßung von Noth- /Teidenden und Kranken 2c. veranstalteten, auf eine bestimmte Oertlidh- keit oder einen bestimmten Personenkreis beschränken. Bei weiterer Ausdehnung der Verloosung tritt bei den Theilnehmern der Charakter er Mildthätigkeit mehr zurück und vollends ift dies der Fall bei den

ps mitunter über das ganze Reich verbreiteten Lotterien mit er- eblihen Gewinnen -in Geld oder Edelmetall , die sih zum Vertrieb ihrer Loose einer Reibe an dem Erlöse zu betheiligender Agenten, meist gewerbsmäßiger Händler, bedienen. Abgesehen von dem Unternehmer der Ausspielung, ift in solchen Fällen die Absicht der daran interessirten Personen, insbesondere der Käufer der Loofe, vorzugsweise auf Gewinn gerichtet, und während auf der einen Seite es für die leßteren ohne Belang sein wird, ob sie für die Gewinn- chance einige Hunderttheile des Loospreises mehr zahlen oder nit, liegt auf der andern Seite für den Gesetzgeber kein Grund vor, zur Begünstigung dieser Sucht nah mühelosem Gelderwerb noch besondere Ausnahmebestimmungen zu treffen. Die für die Be- freiung vorgeschlagene Grenze von 5000 # ist so bemessen, daß auch große locale Wohlthätigkeitslotterien darunter fallen.

_Die Beschränkung auf die Ausspielungen zu aus\{ließlich mild- thätigert Zwecken entspricht der bisherigen Auslegung des Gesetzes dur die Verwaltungsbehörden. Aus dieser Einschränkung ergiebt fich die Stempelpflicht von Lotterien zu anderen insbesondere zu gemein- nüßigen u. f. w. Unternehmungen ; dagegen foll die Stempelbefreiung nicht dadur ausgeschlossen werden, daß die Ausspielung für eine Veranstaltung erfolgt, bei welcher neben dem Unterstüßungszwoeck auch noch die Uebernahme von Leistungen gegen Entgelt beabsichtigt ift, wenn nur der Ertrag der Ausspielung felbst ledigliß dem Unter- stüßung8zweck zugewendet wird.

__ Durch die im Entwurf enthaltene neue Fassung des § 28 wird eine gleiche Uebergangsbestimmung, wie sie im Geseß von 1881 ge- troffen war, au für den Fall des Inkrafttretens der Steuererhöhung vorgesehen. , Ertrag.

Die Einnahme an Reichs\tempelabgaben hat, abzüglichß der 2 9/9 Verwaltungskvsten für die Bundesstaaten, für Loose von Privat- lotterien betragen:

939 316 M

1890/91 j . 1443 737

1891/92 w 1892/93 ¿1009998 zusammen 3 723 051 M

oder im Durchschnitt jährlich (rund) 1 241 000 M Die bestehenden fünf Staatslotterien haben nah den neuesten Lotterieplänen, und zwar: D) Die Dee v e elva/ 3:9200.0006 2) die sächsische C TSCOOOO 0) Die Meer de. C 086000 4) Die Dau Weide, 1106000 9) die hamburgische . : LOGOO00 L zusammen . 7 812 000 A6 an Steuern zu entrihten, was mit dem Ertrage der Privatlotterien zusammen etwa 9 Millionen Mark ausmachen würde. Bei Erhöhung der Steuer von 5 auf 8 % ergiebt sich hiernad;, da eine Ein- \{hränkung der Lotterien infolge der Steuererhöhung nit zu erwarten steht, ein Mehr von 5 432 000 X oder rund 5 400 000

: LET. Quittungen. Nummer 6 des Tarifs, Artikel 11 §8 29 a bis 29 des Gesetzes. Im UAllgemeiuen.

Ein Gesetzentwurf, welcher bezweckte, die Quittungen einem Stempel zu unterwerfen, is dem Reichstag bereits wiedecholt, leßzt- mals im Jahre 1881 (Nr. 59 der Drucksachen) vorgelegt worden. Die Commission des Reichstags hat si damals gegen die Annahme ausgesprochen, weil sie in der Finanzlage des Reichs keine ausreichende Nöthigung zu der Maßregel erblickte.

Die neuerdings hervorgetretene Nothwendigkeit, die Einnahmen des Neichs wesentlih zu vermehren, zwingt dazu, zur Deckung des Mehrbedarfs auf die Quittungésteuer zurückzukommen. Der vor- liegende Gesegentwurf hat es sich zur besonderen Aufgabe gemacht, die Steuer derart zu gestalten, daß sie tur ihre Anlage nicht vexa- torish und durch ihre Höhe nicht empfindlich wird.

Dieser Absicht entspricht die vorgeschlagene Fassung des Begriffs der Quittung, die niedrige Bemessung des Stempels und der Umfang der vorgesehenen Befreiungen.

Die in anderen Ländern mit theilweise erheblich weitergehenden Bestimmungen (vergl. Anlage) , gemachten Erfahrungen berechtigen zu der Erwartung, daß si au in Deutschland der Verkehr an die gering- fügige neue Abgabe in kurzer Zeit gewöhnen wird.

Im Einzelnen. Zu Artikel 11 § 29a des Geseztzes.

Der § 29a des Gesetzes stellt den Begriff der stempelpflichtigen Quittung dahin fest, daß darunter erstens jede schriftliche Empfangs- bescheinigung über cine Geldsumme und zweitens jedes Anerkenntniß über die Tilgung ciner Zahlungsverbindlihkeit, gleichviel, auf welche Weise die Schuld getilgt wird, verstanden werden soll. In dem An- erkenntniß braucht die Bescheinigung des Geldempfanges nicht ent- balten zu sein. Jn beiden Fällen i} aber Vorausseßung, daß die Erktlärung von dem Empfangenden bezichungsweise dem Gläubiger dem Zahlenden oder Schuldner gegenüber abgegeben wird. Die Unterlassung der Angabe des Grundes der Zahlung if}t für die Stempelpflichtigkeit ohne Belang. Die Festhaltung dieses Grund- saßes erscheint erforderlih, um nicht die finanzielle Wirkung des Geseves in Frage zu stellen. Die Bestimmung in Ziffer 1 der Be- freiungen des Tarifs trifft in ausreihendem Maß Vorkchr, daß dabei Unbilligkeiten vermieden bleiben.

__ Der zweite Absatz des § 29a will Zweifel darüber ausschließen,

daß es auf ‘die Form, in welcher die Quittung ausgestellt worden, nicht ankommt. Unter den dort erwähnten, zum Erfat der Namens- unterschrift bestimmten Zeihen ist beispielsweise der Abdruck eines Firmenstempels eine Namenschisfre, das Handzeichen cines Schreib- unkundigen und dergleichen zu verstehen. _ Nechnungsauszüge und Abrechnungen, in welche die von dem Aus- steller bis zu cinem bestimmten Zeitpunkt empfangenen Geldsummen und Zahlungen als Creditposten aufgenommen sind, sind threr Bestimmung nach keine Quittungen und sollen daher als stempelpflichtig niht œngesehen werden. Demgemäß werden im Ver- kehr der Giro-Institute au) die üblichen Vermerke über die gegen Chedcks erfolgten Auszahlungen und sonstigen Conto- Abschreibungen auf der Debetseite der in den Händen der Girokunden verbleibenden Contogegenbücher (Controlbücher), bei denen übrigens regelmäßig auch eine Bescheinigung des Gläubigers in diesem Falle des Giro- kunden als des aus dem Guthaben Berechtigten nicht vorliegt, als Quittungen nit anzusehen fein.

Wird dagegen auf einer Abrechnung über den Nechnungssaldo Quittung geleistet, fo unterliegt dieselbe selbstverständlich der Stempel-

pflicht. i i Zu § 29Þþ.

Eine Bestimmung varüber, wer der Steuerbehörde gegenüber zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet ist, ist niht entbehrlich. Im Interesse der Do der Stempelabgabe empfiehlt es si, die Verpflichtung in_der Regel dem Aussteller der Quittung aufzuerlegen. Die in diesem Sinne vorgeschlagene Bestimmung will jedoch in das bestehende Privatrecht nicht eingreifen. An dem Nechtsverhältniß ¿wischen dem Abgabepflichtigen und dritten Personen foll dadurch nichts geändert werden.

Die Aushändigung einer Urkunde im Sinne des Gesetzes wird dann als vorliegend gelten, wenn sie mit der Absicht der Einräumung eines Rechts an der Urkunde von einer dazu berehtigten Person oder deren Vertreter an ‘einen Anderen erfolgt. Eine im Auslande aus- gestellte Quittung, welche im Inlande behufs Versendung ins Ausland zur Post gegeben wird, würde hiernah als im Inlande ausgehändigt nicht zu betrachten fein.

j : Zu § 29e.

Es entspricht nit den Zielen dieses Gesetzes, den Einzelstaaten zu Gunsten des Reichs Lasten aufzuerlegen. Dies würde aber ge- schehen, wenn die Kassen der Bundesstaaten genöthigt wären, für die- jenigen von ihnen oder ihnen gegenüber ausgestellten Quittungen, deren Kosten thnen nah dem bürgerlichen Recht des betreffenden Staats zur Last fallen, die Reichsstempelabgabe zu entrichten.

Eine Befreiung der Kassen von der Stempelpfliht in der Be-

\{chränkung auf die Fälle, in welchen sie die Kosten der Quittungs. [eistung zu tragen haben, würde bei der Verschiedenheit der Parti, cularrechte in den einzelnen Gebieten des Reichs eine ungleid)e Be, handlung zur Folge haben. Nähme man aber deshalb allgemein die Quittungen über Zahlungen an und von Een von der Stempelpfliht aus, so entginge dem Reich ein Thei gerade dex sichersten Stempeleinnahme. Auch würde die Befreiung die gewerb- lichen Unternehmungen der Staaten wie Staatsbanken, staatliche Fabriken und dergleichen den Privatbetrieben gegenüber in einer Weise begünstigen, für die es an ciner Berechtigung fehlt.

Es erscheint hiernach angezeigt, die Abgabenentrihtung im Ner- fehr mit den Staatskassen allgemein den Privaten aufzuerlegen.

Selbstverständlich soll dur diefe Vorschrift nur die Verpflichtung der Kasse gegenüber geregelt, das etwaige Regreßrecht des Abgabe- pflichtigen gegen Dritte aber niht berührt werden.

Die Kassen des Neichs werden in der fraglichen Hinsicht den Kassen der Bundesstaaten gleihzustellen fein.

In ähnlicher Art, wie es hier vorgeshlagen wird, ist die gedachte Frage în der französishen Gesetzgebung geordnet. Auch dort findet sih die Bestimmung (Art. 29 des Geseßes vom 13. brumairs des Jahres 7), wonach der Stempel für Quittungen, welche der Staats- verwaltung ertheilt oder namens derselben ausgestellt werden, zu Lasten der Privatpersonen bleibt, welche dieselbe geben, beziehungsweise

empfangen. | U S 299,

Die Bestimmungen über die Entwerthung der Stempelzeihen

dürften den Ausführungsvorschriften vorzubehalten sein. Dieselben werden möglichst einfach gestaltet werden, etwa dahin, daß, falls nicht ein gestempeltes Formular, sondern eine Stempelmarke verwendet wird, die leßtere mit dem Datum der Entwerthung zu versehen, oder daß ein Theil der Quittung, wie die Unterschrift des Ausftellers, dex Name des Empfängers oder der quittirte Betrag mit Tinte ganz oder theilweise über die E zu en ist. ck U e,

Die Strafbestimmung ist derjenigen des § 3 des G ces nah- gebildet. j

Aus § 290 Absaß 2 ergiebt si, daß die vorshriftsmäßige Berstempelung der Quittung durch einen fpäteren Inhaber dessen Vordermänner und den Aussteller nicht von der gescßlihen Strafe

befreit. SUS 2IP

Die hier ausgesprochene Rechtsvermuthung erscheint für die leichtere Durhführung des Gesetzes geboten.

Zu § 29 g.

Es bedarf einer Regelung für die Fälle der Concurren; des Neichs-Quittungsstempels mit landesgeseßliczen Stempel- oder fonstigen Abgaben. Die im § 17 des Gefeßes vom 1. Juli 1881/29. Mai 1885 G Bestimmungen, welche die Fälle betreffen, wo der Neidhs- Stempelabgabe unterliegende Schriftstücke in folenner Forn auf- genommen oder beglaubigt werden, sind hier auf die O uittungen eben- falls angewendet. Der Ouittungsstempel und die landeSgesfeßlichen Abgaben sollen auch dann nebeneinander erhoben werden, wenn das Schriftstück entweder außer der Quittung noch -cinen apyderen nah Landesgefeßen stempelpflihtigen Inhalt hat odcr zugleich die Beurkundung eines dem Landesstempel unterworfenen Geschäfts ent- hält, wie beispielsweise, wenn Gläubiger und Schuldner darin erklären, daß ersterer wegen ciner auf Zahlung gerichteten Forderung dur) Angabe gewisser Sachen an Zahlungsstatt feitens des letzteren befriedigt worden fei. :

Es liegt kein Grund vor, in diesen Fällen von der Erhebung eines Quittungsstempels abzusehen, ebenso wenig aber, in die landes geseßlihe Besteuerung einzugreifen.

Zu Nr. 6 des Tarifs.

Eine ErstreckEung der Befreiung auf Beträge von mehr als 20.4 erscheint niht angängig, da hon mindestens ein Drittel aller Quit- tungen unter diesem Betrage bleiben dürfte. Es ist sogar nit un- wahrscheinli, daß die Zahl noch größer is; wenigstens spricht die Statistik des Postverkehrs dafür, welche ergiebt, daß von den Zah- lungen, die mittels im Neich aufgegebener Postanweisungen geleistet werden, fast 46 9/9 auf Summen bis zu 20 « entfallen.

Sicher ist, daß bei dieser Beschränkung der Stempelpflicht der

kleine täglihe Verkebr frei von Abgabe bleibt.

Für den Umsaß größerer Geldsummen bildet eine Steuer von 10 „S feine fühlbare Belastung; daß dieselbe in Form eines Fix stempels erhoben werden soll, wird den Steuerpflichtigen die Beob- achtung des Geseßes wesentlich erleichtern.

Die Bemerkung in der Berehnungéspalte bringt zum Ausdru, daß von mehreren selbständigen Quittungen auch dann, wenn sie in eine Urkunde zusammengezogen sind, der Stempel je besonders be- rechnet werden foll.

: Zu den Befreiungen.

Ziffer 1 stellt zunächst den Grundsaß fest, daß über Geldsummen, welche in der Absicht, eine Verbindlichkeit zur Nückzahlung (an den Geber) oder zur Wiederauszahlung (an einen Dritten) zu begründen, gegeben worden sind, stempelsrei quittirt werden kann. Es fallen bierunter Bescheinigungen über den Empfang von Darlehen, Quittungen über Sparkasseneinlagen, Depositen, Einzahlungen auf Postanweisungen, Quittungen von Mittelspersonen (Vormännern, Nottmeistern u. f. w.), welche in größeren Betrieben den Lohn für die Arbeiter in Empfang zu nehmen pflegen u. #. w. Die Befreiung dieser und ähnlicher Fälle von der Stempelpflicht erscheint durch die Billigkeit geboten. :

erner bleiben befreit, vorausgesetzt daß kein besonderes Vertrags- verhältniß vorliegt, alle Zahlungen, die auf Grund verwandtschaft- licher Beziehungen, z. B. von Eltern an Kinder geleistet werden, ohne Rücksicht darauf, ob hierbei eine auf Alimentation gerichtete Ver- pflichtung getilgt wird oder nicht, sowie endlih auch alle Geldleistungen außerhalb des Familienverkehrs, die ohne Vorhandensein einer Ver- bindlichkeit erfolgen.

Auf diefe Weise wird unter anderem erreiht, daß Empfangs- bekenntnisse in dem nicht geschäftlichen Briefwechsel der Negel nach von der Pfliht einer Stempelverwendung freibleiben. Insoweit in Geschäftsbriefen Quittung geleistet wird, unterliegen sie dagegen der geseßlichen Abgabe.

„Quittungen im inneren Verkehr einer Kasse (Ziffer 2) sind keine Quittungen îm eigentlihen Sinne und nur zur Vermeidung von Mißverständnissen bier aufgeführt.

_ Durch Ziffer 4 sollen Doppelbesteuerungen vermieden werden. Die Befreiung gilt daher auch für Vermerke über die erfolgte Be- ¿ahlung der Cinlagegelder auf Loosen der Staatslotterien, für welche zwar die Neichsstempelabgabe nah Nr. 5 des t A entrihtet wird, welche aber nah § 27 Absay 3 des Gesetzes einer Abstempelung nicht unterliegen.

Würde von den Beamten und Militärpersonen oder deren Hinter- bliebenen (Ziffer 6) für die Gehalts- 2c. Quittungen ebenfalls der Stempel erfordert, so ergäbe sih daraus für diese insofern eine Be- nachtbeiligung gegenüber den im Privatdienst Angestellten, als für die Bezüge der leßteren . die Ausfertigung von Quittungen nicht vorge- schrieben ist und in der Regel unterbleibt. Auch spricht für die hier vorgesehene Befreiung der Ümstand, va bei Erhebung des Quittungs- stempels die Beamten, je nahtem sie ihr Gehalt monatlich oder vierteljährlih gezahlt erhalten, ungleihmäßig, und zwar gerade die unteren Beamten am meisten belastet sein würden.

(Schluß in der Dritten Veilagçe.)

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

A2 282,

Schluß des Reichs-Stempelabgabengesetzes aus der Zweiten Beilage.

Ziffer 7 der Befreiungen will die Quittungen der Handarbeiter, Tagelöhner, Dienstboten 2c. über den Empfang ihres Arbeitsverdienstes oder Lohnes von der Stempelpfliht ausnehmen. Um Zweifel über die Ausdehnung der Befreiung auszuschließen, erscheint es zweckmäßig, sie auf der Grundlage der bestehenden Reichsgeseßgebung über die Alters- und Invaliditätêversicherungspflicht zu! begrenzen. Dabei ift beabsichtigt, daß an der Steuerbefreiung niht nur die thatsächlich versicherungspflichtigen, sondern auch diejenigen Perfonen theil- nehmen, die, obwohl sie ihrer Stellung oder Beschäftigung nah an sich unter das Gese vom 22. Juni 1889 fallen würdcn, aus besonderen Gründen, z. B. wegen jugendlichen Alters (8 1 a. a. D.), wegen Mangels der erforderlichen Grwerbsfähigkeit (S 4 Abs. 2), wegen Eintritts in den Bezug der Nente und der- aleihen ganz oder zeitweise von dem Versicherungszwang ausge- \{lossen sind. : : : /

Die Ziffer 8 der Befreiungen endlich umfaßt eine Reihe von allen, in denen, soweit sie niht {on gemäß Ziffer 1 vom Quittungs- stempel frei find, wegen der Verhältnisse der Empfänger eine derartige Berücksichtigung angezeigt erscheint.

Ertrag. :

Für eine Berechnung des vorauésichtlichhen Ertrages des Quittungs- stempels fehlt es an einer statistishen Unterlage. Von anderen Ländern kann Frankrei, über welches die genauesten statistischen Ziffern vorliegen, mit nahezu 200 Millionen Quittungen, abgesehen davon, daß die leßteren niht bloß Geldverbindlichkeiten betreffen, zur Vergleichung nicht herangezogen werden, weil dort die Stempel- pflichtigkeit der Quittungen bei 10 Franken = 8 4 be- ginnt und die Befreiungsgründe . theilweise andere. sind. Eher wird der Vergleih mit England zulässig sein, wo DUtliden var er Von 40 A b Der Steuer unler liegen, andererseits aber der Begriff der stempelpflihtigen Quittung eine weitere Ausdehnung erfahren hat, als im vorliegenden Entwurf. Da in England die Einnahme aus dem Quittungéstempel, obwohl hierüber genaue Angaben nicht vorliegen, doch zweifellos auf weit über 6 Millionen Mark jährlih angenommen werden kann, fo möchte die Ertrags\{äßung von 1881, wonach ein Aufkommen von etwa 6 bis 7 Millionen Mark für das Neich erwartet wurde, auch gegen- wärtig für annähernd zutreffend zu erachten und jedenfalls nicht zu hoch gegriffen sein.

FV. Chects und Giroanweisungen. Nummer 7 des Tarifs, Artikel TT §§ 29 h bis 291 des Gesetes. Im Allgemeinen. .

Die Besteuerung der Checks und Giroanweisungen ist dem Neichs- tag ebenfalls bereits früher wiederholt, leßtmals im Jahre 1881 zu- gleich mit derjenigen der Quittungen, vorgeschlagen worden.

In dec That steht die Frage der Besteuerung der Checks und Giroanweisungen mit der der Einführung des Quittungsstempels im engen Zusammenhange. i N

Während der Geldverkehr \sich in einfawen Verhältnissen durch kförperlihe Uebergabe von baarem Gelde oder Banknoten vollzieht und der Empfänger hierüber und, wo es sich um Zahlung einer Schuld- summe handelt, gleichzeitig über die Tilgung der betreffenden Ber- bindlihkeit ein Anerkenntniß (Quittung) auszustellen pflegt, hat die weitere Entwickelung des BZahlungswesens mehr und mehr dghin geführt, daß Gewerbtreibende und Privatleute sich der eigenen Kassahaltung möglichst enthalten und ihre Kassengeschäfte dur ein Bankhaus oder Geldinstitut beforgen lassen, dem sie ihre Geld- mittel anvertrauen und auf das fie Anweisungen (Checks, Giro- anweisungen) auêstellen. In diesem Falle ist das an das angewiesene Bankhaus gelangende und bei demselben verbleibende Schriftstück in Verbindung mit der entsprehenden Buchung ‘in den Handels- büchern. geeignet, den Beweis der Zahlung zu fichern und die Ausstellung einer besonderen Quittung entbehr- lich zu machen. Im Interesse einer gleichmäßigen Vertheilung der Steuerlast erscheint es daher geboten, gleichzeitig mit der Einführung einer Steuer auf Quittungen, welche dem gewöhnlichen Verkehr {hon bei Beträgen von 20 1. ab auferlegt werden soll, au die Schriftstücke zu besteuern, welche dem höher entwickelten Geld- verkehr der Bankgeschäfte und ihrer Girokunden dienen und gerade die großen Geldoverationen erleihtern. Es kommt hinzu, daß Checks, welche den Inhaber zur baaren Abhebung einer Geldsumme er- mächtigen, bei der gegenwärtigen Lage der Gesetzgebung vermöge ihrer Uebertragbarkeit längere Zeit circuliren können, ohne daß für das Bor- hondensein eines Guthabens des Ausstellers bei dem Bezogenen zur Zeit der Ausftellung eine ausreichende geseßlihe Gewähr gegeben ist. Namentlich so lange eine geseßliche Regelung des Chekverkehrs mit Festseßung kurzer Präfentationsfristen und Garantien gegen Aus- stellung ungedeckter Checks noch ausésteht, ist es daher _nicht aus- gesclo|ssen, daß Checks, obwohl sie im Gegensaß zum Wechsel nur Zahlungêmittel an Stelle der Baarzahlung, nicht Creditpapier sein sollen und deshalb von der Wechselstempelsteuer befreit sind, doch als Surrogat für Sichtwechsel Verwendung finden und der Reichskasse die Einnahme aus der Wechselstempelsteuer chmälern. Auf der anderen Seite ist allerdings zu berüdlsichtigen, daß die Entwickelung des Giro- und Checkverkehrs einen wirthschaftlichen Fortschritt bedeutet und auch den allgemeinen Interessen des Reichs dient, indem der Bedarf des Landes an metallenen Circula1ionsmitteln dadur in erwünschter Weise vermindert wird. Wenn sih hieraus die Nothwendigkeit er- giebt, diesen Verkehr auh in \teuerlicher Hinsicht s{honend zu be- handeln, so darf doch erhofft werden, daß der in Aussicht genommene niedrige Steuersaß cine ungünstige Einwirkung auf denselben nicht haben wird. : t : : l Die in anderen Staaten gemachten Erfahrungen würden wenigstens eine Befürchtung in dieser Beziehung nicht rechtfertigen.

Im Einzelnen. Zu Tarifnummer 7. S

Als \tempelpflichtige Schriftstücke benennt der Entwurf die im Inlande ausgestellten Checks, Giroanweisungen und andere Schrift- itücke, durch welche der Aussteller die Abhebung eines ihm gut- geschriebenen oder sonst zur Verfügung gestellten Geldbetrages oder die Uebertragung eines folchen auf das Conto cines anderen herbei- führen will, sowie diejenigen auf das Inland im Auslande über Geldbeträge ausgestellten Checks, die im Inlande ausgehändigt, gur Zahlung präsentirt oder eingelöst werden. Stempel]aß und _Des- sreiungsgrenze sind dieselben wie bei Tarifnummer 6; auch besteht Uebereinstimmung mit dieser Tarifnummer insofern, als nur die über Geldbeträge us S ELAIE unte z. B. nicht die sogenannten

ectenhecks, der Stempelpflicht unterliegen. i M Cie ui fehlt es in der Geseßgebung des Reichs und der Bundesstaaten bisher an einer Begriffsfeststelung für Checks und Giroanweisungen. In dem bes kann auf eine folhe, ab-

esehen davon, daß einem künftigen Checkgeseß damit in unerwünschter

eise vorgegriffen würde, {hon deshalb verzihtet werden, weil nah der Fassung der Tarifbestimmung, um Umgehungen des Stempels vorzubeugen, alle Schriftstücke, welche die Abhebung eines dem Aussteller zur Verfügung gestellten Geldbetrages oder die Uebertragung eines solchen auf das Conto eines anderen herbei- führen sollen, der Stempelpfliht unterworfen werden, gleichviel ob sie in die Form einer Anweisung oder in eine andere Form gekleidet, ob

Berlin, Sonnabend, den 25. November

sie als Checks, Giroanweisungen oder anders bezeichnet sind, und ob der Geldbetrag, über den sie lauten, auf Grund eines Gelddepots des Ausstellers, oder auf Grund eines ihm vom Bezogenen er- ¿ffneten Credits zur Vetfügung steht. Voraussezung für die Stemvelpflichtigkeit der Schriftstücke bleibt nach der Fassung des Tarifs nur, daß der abzuhebende (beziehungsweise zu übertragende) Betrag dem Aussteller zum Zweck demnächstiger Ab- hebung entweder gutgeschrieben oder sonst zur Verfügung gestellt sein muß. Eine anderweite bloße Anweisung des Gläubigers an den Schuldner, die Sthuldsumme an einen Dritten abzuführen, die bloße Nückforderung der Schuldsumme oder das ohne Vorliegen eines Schuld-, Credit- 2c. Verhältnisses gestellte Ersuchen um Zahlung eines Geldbetrages an den Ersuchenden oder einen Dritten fällt hier- nach nicht unter die Vorschrift des Tarifs.

Aus Vorstehendem ergiebt sich, daß die Merkmale, welche der § 24 des Wechselstempelgeseßes vom 10. Juli 1869 für die vom Wechselstempel befreiten Checks aufstellt, indem er sie als statt der Baarzahlung dienende, auf Sicht zahlbare Anweisungen auf das Gut- haben des Ausstellers bei dem die Zahlungen desselben besorgenden Bankhause oder Geldinstitute bezeichnet, für die Besteuerung nah Nr. 7 des . Tarifs nur insofern in Betraht kommen, als die dieser Kennzeihnung nicht entsprehenden und etwa dem Wechselstempel unterliegenden Schriftstücke vom Ched- stempel frei bleiben. Soweit aber die Wechselstempelabgabe nicht Plaß greift, tritt die Abgabepfliht nah Tarifnummer 7 ein, auch wenn das Schriftstück niht auf ein Bankhaus beziehungsweise nicht auf Sicht lautet und kein Guthaben, sondern einen anderweit zur Disposition des Ausstellers gehaltenen Betrag betrifft. Diese Aus- dehnung der Steuerpflicht ist zur Sicherung der Durchführung des Geseßes, insbesondere bezüglich checkähnlicher Schriftstücke, erforderlich.

Bei der Giroanweisung liegt ein Bedürfniß hierzu nicht in dem gleihen Maß vor, da diese zur nothwendigen Voraussezung hat, daß die beiden betheiligten Personen Giroconten bei einem Giroinstitut besißen, damit leßteres den angewiesenen Geldbetrag vom Conto des einen auf das des anderen übertragen kann. Immerhin könnte auch dieser Uebertragung8zweck durch Schriftstücke erreiht werden, die sich nicht in die Form einer Anweisung, fondern etwa in die einer ein- fachen Benachrichtigung kleiden, sodaß die allgemeine Fassung der Tarifbestimmung auch hierbei Bedeutung hat. : :

Die im Ausland ausgestellten , auf ein inländisches Giroconto bezüglihen Giroanweisungen sind im Tarif nicht aufgeführt... Ihre Zahl ist nach den angestellten Ermittelungen so unerheblich, daß von der Stempelpfliht abgeschen werden kann. Es erscheint dies auch deshalb rathsam, weil die Verwendung des Stempels für diese nicht zur Circulation geeigneten Schriftstücke nur dem das betreffende Giro- conto führenden Giroinstitut auferlegt werden könnte und diesem aus der Verrehnung des Stempelbetrages dem ausländischen Aussteller gegenüber unverhältnißmäßige Schwierigkeiten erwachsen könnten.

Zur Vorbedingung hat die Stempelpflicht eines Schriftstücks nah Tarifnummer 7, daß der Aussteller und der Bezogene beziehungsweise Angewiefene zwei verschiedene selbständige Rechtsfubjecte darstellen. Schriftstücke, welche im internen Verkehr eines und desselben Bank- hauses oder Geldinstituts zwishen einzelnen Abtheilungen desfelben ausgetaus{t werden, sind, mögen sie auch die Form der Checks an- nehmen, ihrem inneren Wesen nah folche nicht und daher auch nicht itempelpflichtig. | ‘Ebenso werden Giroanweisungen zu Gunsten oder zu Lasten fso- genannter todter oder fingirter Conten, bei denen es sich nur um ein zu Buchungszwecken als vorhanden angenommenes Guthaben handelt, als abgabefrei angeschen werden müssen. Solche Anweisungen auf fingirte Conten finden sich namentlich im Verkehr der an einzelnen großen Pläßen bestehenden, nah Art der englichen Clearing-Houses der Ausgleichung der Giroverbindlichkeiten und Forderungen der Bank- geschäfte unter einander dienenden Institute (Abrehnungsstellen 2c.), bet welchen beispielsweise, ledigli behufs leihterer rehnerisher Aus- gleihung, das Conto der Abrechnungsstelle selbst, die hierbei als Nechtssubject garnicht eintritt, belastet zu werden beziehungsweise eine Gutschrift zu erfahren pflegt. S E

Das Gese will in dieser Beziehung dem darin auch fonst zur Geltung gelangten Grundfatze gereht werden, jeden Umsaß möglichst nur einmal zu besteuern, und die beim Checkverkehr häufiger vorkom- menden, sogenannten todten Operationen abgabenfrei lassen. Da zu diesem Zweck für einzelne Fälle des Verkehrs der Giroanstalten unter einander die gegebenen Bestimmungen nicht ausreichen möchten, ist die Befretungsvorschrift zu der Tarifnummer 7 aufgenommen.

Wenn bei einer Giroübertragung mchrere Institute zu betheiligen sind, so insbesondere wenn der Inhaber eines Girocontos bei einer Bank eine Zahlung im Giroverkehr an den Inhaber eines Contos bei einer anderen Bank zu leisten wünscht, fo müssen zur Ausführung des dahin gerichteten Auftrags in dem Verfehr zwischen den verschiedenen Giroinstituten neue Anweisungen ausgestellt werden, die möglicher- weise wiederum für jeden einzelnen zu übertragenden Betrag als steuerpflihtig angeschen_ werden könnten. Bei Ueber- tragungen im Giroverkehr von Ort zu Ort, die in der Negel durch Vermittelung der Reichsbank erfolgen, würde die Abgabe sich gegebenenfalls für denselben Zahlungsvorgang no wiiter verbiel- fältigen können. Eine solche wiederholte Besteuerung desselben Zahlungsactes würde wirthscaftlich sich nicht rechtfertigen lassen und vielleiht sogar S a ili des Giroverkehrs ein uner- wünschtes Hemmniß bereiten. —_

Dea Gesetz beschränkt sich darauf, den Grundsaß der Befreiung der in Rede stehenden Uebertragungen von der Abgabe festzustellen, behält aber, da die Ausführung dieser Vorschrift voraussichtlich ein näheres Eingehen auf die Verhältnisse der einzelnen, eine solhe Be- freiung in Anspruch nehmenden Institute erforderlih machen wird, alles weitere der Entschließung des Bundesraths vor. 2

Die Bestimmungen der §§ 29 h bis 291 des Geseßes {ließen \ih mit geringen, durch den Gegenstand a Abweichungen den für den Quittungsstempel G Vorschriften an.

¿rtrag-. : ;

Finanziell wird die Besteuerung der Checks in Deutschland nicht von großem Belang sein. Nach den bei einzelnen großen Bank- instituten vorgenommenen Erhebungen läßt fih mit einiger Sicher- heit annehmen, daß die Zahl der umlaufenden Schriftstücke diefer Art sih zwischen 5 und § Millionen jährli bewegt. Der Zahres- ertrag der Abgabe ist hiernach auf 500 000 bis 800 000 6 zu schäßen.

; V. Frachtpapiere.

Nummer 8 des E mft bis 29 r des Gesetes.] Im emeinen. :

Während der Etoentbunis: Ae Besißwechsel bei Grundstücken in Deutschland überall einer erheblihen Abgabe unterliegt, hat sich der Umsay der beweglichen Güter abgesehen von dem Geld- und Effectenverkehr, welher dem Neichsstempel unterworfen worden il Sgra bisher der Besteuerung fast vollständig entzogen. Im Interesse einer

erelten Vertheilung der Lasten erscheint die Heranziehung des

Futerèn ebenfalls geboten. In vollem Umfange ist die steuerliche Erfassung des Güteraustausches freilih nit durchführbar ; zum theil aber wird sie sih dadur erreichen lassen, daß man den Waaren- transport ¿um Gegenstande der Besteuerung macht.

In dieser Absicht wird die Einführung einer Stempelabgabe von Frachtpapiecren aller Art in Vorschlag gebracht.

Dadurch, daß die Steuerpflicht an die Ausstellung einer Urkunde geknüpft Li e zwar die Mözlichkeit gegeben, dieselbe durch Unter-

1893.

lassung der Beurkundung zu umgehen. 24 ist dieser Umstand nur für den wenig ins Gewicht fallenden Privatfuhrverkehr thatsächlich von Bedeutung. Bei Benuzung der großen, der Güterbewegung dienenden Verkehrsmittel, beim Transport auf der Eisenbahn, zur See und auf Binnengewässern, wird von der Ausstellung eines Frachtpapiers auch nah eingetretener Stempelpflichtiäkeit \{chwerlich „abgesehen werden, namentli, wenn durch niedrige Bemessung sowie durch thunliche Erleichterung der Entrichtung der Abgabe ein Anreiz zur Hinter- ziehung derselben vermieden wikd. : E

Die Einheitlichkeit des deutschen Verkehrsgebiets hat die einzelnen Bundesstaaten daran gehindert, die Frachtbriefe dem Landesstempel zut unterwerfen. Dagegen liefert der Frachtbriefstempel im Auslande, wo er als Steuerquelle vielfach benußt wird (vergl. Anlage) zum theil erheblihe Erträge. : E

Die bezügliche Einnahme ergab z. B. in Frankreich ausweislih der im „Bulletin de statistique“ veröffentlihten Zusammen- stellungen :

1891 Franken

1890 Franken

1889 Franken

lettres de voiture or- dinaires (Steuersaßz 0,60 Fr.)

récépissés dos mins de fer (0,35 Fr.)

lettres de voiture des chemins de fer (O70 N)

connaissements (2,40;

101 707

8 413 653 8 821 971

| | | 91 459 | |

19 476 260 | 91 640 921 | 21957612

1,20; 0,60 Fr.) 2310446 |__2400035 |__2365 588 Zusammen... | 30291814 | 32964634 | 54174108 Für Oesterreih beträgt im Durchschnitt der Jahre 1890 bis 1892 die Einnahme für Postbegleitadressen und CEisenbahnfracht- briefe 1681 631 Gulden und für Frachtkarten 995 679 Gulden, soweit die Gebühr unmittelbar oder mittels gestempelter Formulare entrichtet ist; das Aufkommen aus der Markenverwendung ist nicht ersichtlich.

Im Einzelnen. Zur Tartsnummer 8. i _

Für stempelpflichtig werden alle zur Beurkundung eines Fracht- vertrages über die Beförderung von Gütern dienenden Schriftstücke erklärt. : .

Besondere Ausnahmen zu Gunsten irgend einer Art des Verkehrs, ¿. B. des Transports durch Fuhrleute. oder dur die Post zu machen, erschien nicht gerechtfertigt. Thatsächlih wird, da im Fuhrverkehr die Ausstellung von Frachtbriefen nit die Negel bildet, von allen Sen-, dungen im Postverkehr aber noch niht drei Procent mehr als eine eine Mark Porto zahlen, in dem einen wie in dem anderen Falle der Stempel nur ausnahmsweise zur Erhebung gelangen.

Der Ausdruck „Güter“ in der Tarifnummer 8 will im Anschluß an die Auslegung, welche die handelsrehtlihen Bestimmungen über den Frachtverkehr in der Praxis erfahren haben, alle beweglichen Sachen, die Gegenstand des Transports sind, nicht blor die Handelswaaren, umfassen. -

E den Urkunden, die hiernah dem Stempel unterworfen sind, gehören in erster Reihe die Frachtbriefe, die als Beweis über den Vertrag zwischen dem Frachtführer und dem Absender dienen (Handelsgefeßbuh, Artikel 391 ff., § 54 Absay 3 der Ver- kehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands), sowie die vom Schiffer dem Ablader ausgestellten Connossemente, von denen jede einzelne Ausfertigung niht die dem Schiffer ertheilte Abschrift die für die Nechtsverhältnisse zwischen dem Verfrachter und dem Empfänger der Güter entscheidende Urkunde darstellt (H.-G.-B. Artikel 644 ff.), und endlih die Ladescheine (das. Artikel 413 ff.) die auf besonderes Uebereinkommen vom Frachtführer dem Absender auszustellen sind und den Connossementen des Seeschiffers entsprechen. | i: E L | /

Im Eisenbahnbetriebe sind vielfach besondere Frachtpapiere, wie Gepäck- und Beförderungsscheine, vereinzelt au Paketadressen gçe- nannt, in Anreendung. Auch diese werden zu den stempelpflichtigen Papieren gerehnet. Dasselbe gilt von den im Fluß- und Binnen- \eeschiffahrtsverkehr feitens des Frachtführers oft an Stelle der Lade- scheine abgegebenen bloßen schriftlihen Bescheinigungen über den Empfang der Güter. E :

Indem der Entwurf die einzelnen zu versteuernden Papiere nam- haft macht, ist hauptsächlich bezweckt, die Auslegung des Geseßes zu sichern; keineswegs aber soll damit die Abgabenpflicht auf den Kreis der ausdrücklich benannten Papiere beschränkt werden. Bei der Viel- seitigkeit und der steten Weiterentwickelung der Verkehröformen ist eine ershöpfende Aufzählung niht rathfam und vielmehr angezeigt, allgemein auch folhe Schriftstüke, welche etwa an die Stelle einer der bezeichneten Urkunden treten könnten, unter die Steuerpflicht zu E werden niht unter die Stempelabgaben fallen: bloße Empfangsbescheinigungen der Sceschiffer über die abgeladenen Güter, ferner sold)e Ladescheine (Ladelisten), Begleitscheine, Frachtkarten 2., die im ütneren Eisenbahnverkehr ausschließlih "zur Benußung durch die Beamten der Bahn - über die bereits anderweit mit einem Frachtpapier versehenen Sendungen ausgefertigt werden, _ weil alle diese Schriftstücke uicht der Beurkundung eines Fracht- vertrages diencn ; fovanu Frachtbriefe, die die Bahnverwaltungen über Versendung von Di-:ust- und Baugut innerhalb des eigenen Bezirks auszustellen pflegen, weil hier das Vorliegen eines Vertrags schon wegen Mançels eines Gegencontrahenten ausgeschlossen ist; endlih Einlieferungé scheine, Frachtbrief-Duplicate, Aufnahmescheine, Ueber- gabebescheinigungen- Nachnahmescheine, Begleitpapiere zur Erfüllung von Zoll-, Sreuer- und Polizeivorschriften, Erklärungen über ver- änderte Dispositionen, Aviebriefe, E (S8 54, 55, 59, 62, 64 und 68 der Verkehrsordnung) und derglei en mehr.

Der Einfachheit halber und da es überaus schwierig ist, für die Erhebung eines procentualen e einen angemessenen Maßstab zu finden, foll die Abgabe als Fixstempel erhoben werden und in der Regel 10 für das Frachtpapier betragen. Bei diefem, niedrigen Sate und im Hinblick darauf, daß nach Ziffer 1 der Befreiungen bei Frachtsäßen (reine Fracht, ohne Rücksicht auf Nebengebühren) von niht mehr als einer Mark ein Stempel T d nicht zu entrichten ist, wird die Steuer den Verkehr nicht erheblich belasten. :

Für Eisenbahnfrachtbriefe über ganze Wagenladungen ist das Doppelte, für Ladescheine über ganze Schiffsladungen das Dreifache des genannten Satzes als Stempel festgeseßt, weil die hier in Betracht fommenden größeren Gütermengen cine etwas stärkere Belastung fehr wohl tragen können. .

eie Ganrolmente im Seeverkehr soll der Stempel in der Regel 30 F betragen, mit Rücksicht darauf, daß in vielen Fällen ein Con- nossement größere Gütermengen umfaßt und daß auch bei der Ver- sendung einzelner Stückgüter auf größere Entfernungen der Frachtsay ein ziemlich bedeutender ist. Eine höhere Belastung erscheint aller- dings unthunlih, da die Connossemente stets in mehreren, im Durchschnitt in 2 bis 4 gleihwerthigen Eremplaren aue gefertigt werden, wodurh sich die für die einzelne Sendung,