1893 / 300 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

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zur See der Res. der Matrosen-Art., Jensen, Vice-Feldw. der Res.

im Landw. Bezirk Il Altona, zum Sec. Lt. der Nes. des 1. Sees Bats., befördert. Fabricius, Sec. Lt. vom 2. See-Bat., zum Adjutanten bei dem Commando der Marinestation der Nordsfee ernannt.

Abschiedsbewilligungen. Neues Palais, 11. De- zember, Nottok, Capitän-Lt., unter Belassung in der Stellung als Lehrer an der Dekoffizierschule und unter Verleihung des Charakters als Corv. Capitän, mit Pension zur Disp. gestellt. Sonntag, Capitän-Lt., commandirt zur Werft in Wilhelmshaven, unter Ver- leibung des Charakters als Corv. Capitän, mit Pension, Ausficht auf Anstellung im Civildienst und der bisherigen Uniform, Hofmann, Pr. Lt. der Res. des 1. See-Bats. im Landw. Bezirk TV Berlin, unter ausnahmsweifer Ertheilung der Erlaubniß zum Tragen der bis- herigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeshriebenen Ab- zeichen, der Abschied bewilligt.

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 16. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen im Neuen Palais heute Morgen von 9 Uhr ab den Chef des Generalstabs, General der Cavallerie Grafen von Schlieffen und den Chef des Militärcabinets, General der Jnfanterie von Hahnke zu Vorträgen. Gegen 1 Uhr gedachten Seine Majestät Sih nah Berlin zu begeben und Abends nah dem Neuen Palais zurüczukehren.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilten heute Mittag im Neuen Palais der Gemahlin des hiesigen

Königlich spanischen Botschafters Don Felipe Mendez de Vigo die nachgesuhte Audienz.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll: und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sigzung.

Zufolge einer Verordnung des Königlich belgishen Ministers der Eisenbahnen, Posten und Telegraphen vom 4. v. M. wird seitens der belgischen Eisenbahngesellschaft Grand Central Belge für die von derWeltausstellung in Chicago zurückgelangen- den deutshen Güter auf die tarifmäßigen Frachten eine Er- mäßigung von 50 Proc. gewährt, sofern die betreffenden Sendungen von ciner Bescheinigung des Neichscommissars begleitet find darüber, daß die Ausstellungsgegenstände an den Herkunftsort zurücktransportirt werden, und sofern in den Frachtbriefen ausdrücklih erwähnt ist, daß die darin verzeihneten Güter auf der genannten Ausstellung zur Schau gebracht worden sind.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober - Commando der Marine will S. M. S. „Falke“, Commandant Cor- vetten - Capitän Graf von Moltke (Heinrich), heute, am 16. Dezember, von Kapstadt nah Melbourne (Australien) und Me ¡Sts Commandant Capitán zur See Rittmeyer, am 25. Dezember von Trinidad nah Mayaguez (Portorico) abgehen.

Cassel, 14. Dezember. Der Communal-Landtag des Negierungsbezirks Cassel ist heute durch den Ober- Präsidenten Magdeburg geschlossen worden, nachdem er seine Geschäfte erledigt und insbesondere auch die Neuwahl eines Landes - Directors am 13. d. M. vorgenommen hatte, aus welcher der Königlihe Landrath Riedesel Freiherr zu Eisenbach in Gelnhausen als gewählt hervorgegangen ist. Der Vorsißende brachte zum Schluß auf Seine Majestät den Kaiser und König ein Hoch aus, in welches die Ver- sammlung lebhaft einstimmte.

Vayern.

Die Kammer der Abgeordneten begann gestern die Generaldebatte über den Etat des Ministeriums des Jnnern. Die Abgg. Echinger und Wörle wünschten eine Verringerung der Armeelasten, Abschaffung oder Aenderung der Jnvalidenversicherung, freie Arztwahl bei den Kranken- kassen, Wiedereinführung der Lebensmitteltaxe, Beschränkung der Tanzmusiken und der Polizeistundenverlängerung, baldige Ein- führung der Arbeiterschußgeseßgebungu. s. w. Der Abg. Naßinger verlangte eine Aenderung der Actiengeseßzgebung dahin, daß die Hypothekshulden und Prioritäten nicht über ein Drittel des Actienkapitals betragen sollen: die liberalen Abgg. Märcker, Schwarz, Brach und Sartorius traten diesen Forderungen mehrfah entgegen, insbesondere betreffs der Lebensmitteltaxen. Der Abg. Scherm (Soc.) verlangte für Bayern die Zulassung von Frauen und Minderjährigen zu politischen Versammlungen und kündigte cinen Antrag auf Abänderung des Vereinsgeseßes an.

Oesterreich-Ungarn.

Das öôsterreichishe Abgeordnetenhaus seßte gestern die Berathung des Budgetprovisoriums fort. Nad dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte unter lebhaftem Beifall des Hauses Graf Hohenwart, die Bewilligung des Budget- provisoriums involvire noch keinen besonderen Vertrauensact. Seine Partei fasse den Coalitionsgedanken dahin auf, daß dic gemäßigten Parteien des Hauses sih hätten zusammensfinden wollen, um vorerst eine angemessene Erweiterung des Wahl- rehts zu schaffen, sodann sich dem großen Gebiet der Wohl- fahrtsgeseßgebung zuzuwenden und mit vereinter Kraft die diesen Bestrebungen entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen. Er constatire die erfreulihe Uebereinstimmung wischen der Regierung und der Majorität, die aus der Programmertlärung sowie aus den gestrigen wohlwollenden Worten des Minister-Präsidenten hervorgehe. Er begrüße freudigst das Versprechen einer kräftigen Verwaltung seitens der Regierung und hoffe, daß es so hervorragenden Regierungs- männern möglih sein werde zu versöhnen, aber auch ent- schieden vorzugehen und die E Forderungen zurückzu- «drängen sowie manchem wirklichen Bedürfniß abzuhelfen,

dessen Befriedigung der extreme Parteigeist bisher ver- weigert habe. Er hoffe zuversichtlih, daß die Thätigkeit der Regierung es seiner Partei ermöglichen werde, sie jederzeit freudigst und mit ganzer Kraft zu unterstüßen. Nach einem scharfen Angriff des Slovenen Gregorec gegen die Coalition erklärte Ben oe namens des Polenclubs, die dur die Coalition erfolgte Klärung der parlamentarischen Verhältnisse könne der gemeinsamen Arbeit nur förderlih sein, die Coalition sei durchaus geeignet, den Nationalitäten die entsprehende Be- rücfsihtigung zu verschaffen, die auf die Ueberein- stimmung 1hrer nationalen Entwicklung mit dem allge- meinen Staatszweck Bedaht nehme. Er begrüße die neue Regierung mit Vertrauen, das fortdauern werde, so lange die bei der Bildung des Cabincts anerkannte Gleich- werthigkeit der coalirten Parteien unerschüttert bleibe. Jm weiteren Verlaufe der Sißung brachten die Abgg. Laginia und Spincic verschiedene Klagen der Kroaten und Slovenen vor und erklärten, daß fie das Budgetprovisorium verweigerten, während der Abg. Romanczuk namens der Ruthenen die Bewilligung des Provisoriums zusagte und zwar aus Gründen staatlicher Nothwendigkeit, ohne der Regierung damit ein Vertrauen votiren zu wollen. Hierauf ergriff das Wort der Finanz - Minister Dre. von Plener, der zunächst das Ergebniß der Einnahmen in den leßten zehn Monaten dieses Jahres besprah. Die directen Steuern seien um 127 150 Gulden zurückgegangen, während die indirecten Steuern um 12200 000 Gulden gegen die Vorjahre gestiegen seien, was cinen außerordentlih günstigen Erfolg bedeute. Dieser Erfolg werde jedoch durch eine Reihe von Ueber- shreitungen in einzelnen Etats verdunkelt. Diese Ueber- schreitungen ergäben ein außerordentlihes Mehrerforderniß von annähernd über 61/2 Millionen. Es sei anzunehmen, daß de WaNIONUe U fu S ober sein werde, als der auf 2 Millionen veranschlagte, dessen- ungeachtet dürfe man bezüglih des nächsten Jahres nicht allzu optimistisch sein; das Budget von 1894 werde in gewisser Be- ziehung allerdings besser sein als das von 1893, weil, obwohl einige außerordentlihe Einnahmen , die sih in diesem Jahre aran häiten, niht vorhanden seien, das Präliminare von 1894 doch mit einem Ueberschuß abschließe. Dieser Uebershuß sei jedoch sehr gering und rechnungsmäßig mit 400 000 Fl. präliminirt ; dabei seien Mehransprüche des Armeebudgets zu berücksichtigen sowie der Umstand, daß im Lauf der nächsten Jahre eine Reihe neuer Anforderungen an die Finanzverwaltung heran- treten würden, die ohne eine außerordentliche starke Deckung nicht mehr aus den laufenden Einnahmen bestritten werden könnten. Auch die Wiederherstellung der Valuta erfordere eine große Anspannung des Staatsschaßes. Die Goldbeschaffung werde, wenn eine solide Basis für die Aufnahme der Baar- zahlung geschaffen werden solle, wahrscheinlich noch viel größere Summen beanspruchen, als die einfahe äqui- valente Ziffer der einzulösenden Staatsnoten. Es würde nichts verfehlter sein, als wenn diese große Action bloß deshalb im Sande verlaufen würde, weil die Erfahrungen des ersten Jahres niht ganz günstig seien. Hier sei die Ehre des Reichs engagirt. Das Princip der Wieder- herstellung der Valuta werde das unverrückbare Ziel beider Regierungen und selbst jeder künftigen Regierung sein und bleiben. Die Begebung der 100 Millionen Goldrente sei mit großer Umsicht und Klugheit durchgeführt, namentlich der erste Theil so geschickt placirt worden, daß der heimische Markt garnicht in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Es gereiche der großen Vereinigung der Banken zur Ehre, daß sie dieselbe Energie unter ungünstigeren Verhältnissen bei dem zweiten Theil des großen Unternehmens entwickelt und dem Staat den ganzen Betrag für beide Theile der Operation cinbezahlt habe. Die Beschaffung des zweiten Theiles Gold habe mitbestimmend auf die Regierung gewirkt. Das Agio des Jahres 1893 habe viele Ursachen ge- habt, darunter die shlechte Bilanz des Jahres 1892. Für die drei legten Quartale des Jahres 1893 sei der Uebershuß der Ausfuhr um 25 Millionen günstiger, als für die gleiche Periode des Vorjahres. Die Regierung werde der bedauer- lichen Erscheinung des Agios nicht durch gewaltsame, kleine Kunststücke entgegentreten. Der Minister theilte sodann mit, die ungarische Regierung habe sich bereit erklärt, be- züglich der Art der Gold- und Devisenbeschaffung für die Zinsen der Goldrentenshuld sich mit der österreichishen Regierung ins Einvernehmen zu seßen, damit diese Be- schaffung allmählich erfolge, den heimishen Gold- und Devisen- markt möglichst wenig beeinflusse, und damit durch rationelle Vertheilung der Beschaffungstermine das erforderliche Material so angeschafft werde, daß es für den Coupontermin bereit liege und nicht auf einmal aus dem Markt gezogen werde: das sei cines der Mittel gegén das Agio. Die politische Debatte von gestern und heute resümirend, gab der Finanz- Minister der Hoffnung auf eine Wahlreform Ausdru, worin die breiten Mittelstände des Bürger- und Bauernstandes ihre bisherigen politishen Rechte wiederfinden könnten, ohne von den großen Massen überfluthet zu werden. Er wünsche lebhaft, daß auch die großen Massen ein Wahlrecht erhielten, ein Theil derselben bedürfe aber doch-einer gewissen staatlichen Erziehung, um ihnen allgemeine politische Nechte einräumen zu können. (Beifall.) Jn den leßten Debatten erblicte er, der Minister, das Anzeichen dafür, daß die großen Parteien die neue Situation ganz gut begriffen. Besondere Genugthuung empfinde er darüber, daß auch den anderen werthvollen politi- schen Gruppen gegenüber der Appell der neuen Ne- gera an das Haus niht ohne Widerhall geblieben sei (Bravo); er hose, daß dieser Gedanke sih er- weitern werde, und bedauere, daß die Coalition der slavishen Gruppen sich sofort als Opposition organisirt habe. Entschiedenst verwahrte sih der Minister dagegen, daß er irgend eine Nationalität unterdrücken wolle. Zu den Jung- czechen gewendet, sagte der Minister: „Keine österreichische Regierung ist Jhr Feind, und s{chlecht mag eine Regierung sein, wenn sie s{hlecht verwaltet. Allein die Forderungen, die Sie stellen, richten sih gegen die ganze Jnskitution und die ganzen Existenzbedingungen Oesterreihs. Das ist nicht mehr Opposition gegen irgend ein Ministerium, sondern eine totale Umwälzung aller staatlihen Einrichtungen in Oesterreih und Opposition gegen die ganze politishe Structur Oesterreihs. Sie treiben damit ZJhr Volk in bewußte Opposition gegen die ganze österreihishe Politik, im Jnnern gegen das staatliche Gebäude der Monarchie. Keine Partei, ei sie noh so radical und extrem, sollte die Verantwortung für ein solhes Vorgehen auf sih nehmen, dessen Aussichts- losigkeit auch ihr bekannt is. Durch Jhre Taktik, durch Drohung und Einschüchterungen werden Sie die gegen- wärtige Regierung nicht ershüttern. Die Regierung will nicht den Kampf, sie wäre glücklih, in Böhmew geordnete

Zustände zu sehen; sie wird sich aber durch drohende revolutionäre Reden in der Festigkeit ihrer Gesinnungen und Handlungen nicht erschüttern lassen. Die gegen- wärtigen Zustände in Böhmen sind derartige, daß keine Re- gierung dortselbst eine stärkere politische Action unternehmen könnte. Es wird darum die Aufgabe der Regierung sein, zunächst in Böhmen eine feste und ruhige Verwaltung zuy führen, zugleich aber die pflihtmäßige Fürsorge für die mate- riellen Landesinteressen in die allererste Linie treten zu lassen. Es handelt sich niht um das Schicksal eines Ministeriums, es handelt sich um die höchsten Güter des öffentlichen Lebens: um _ die Erhaltung der vielfa be- drohten gesellschaftlihen Ordnung, um die Erhaltung des in der Geshihte mit Ehren bestandenen österreichischen Staats. (Lebhafter Beifall.) Es ist die Aufgabe aller verbündeten Parteien, die latenten Volkskräfte zur Erreichung dieses Ziels lebendig zu machen. Wenn es der Negierung ge: lingt, in diesem Sinne die öffentlihe Meinung und den Geist in Desterreih zu beeinflussen, wird diese That der beste Erfolg der gegenwärtigen Negierung sein.“ (Lebhafter und an: dauernder Beifall und Händeklatshen). Der Minister wurde nah Schluß seiner Rede von den übrigen Ministern und zahl: reichen Abgeordneten beglückwünsht und die Sißung darauf big Abends 6 Uhr unterbrochen. Jn der Abendsizung wurde dann das dreimonatige Budgetprovisorium in allen Lesungen angenommen. Der Abg. Steinwender erklärte, die Deutschnationalen würden den mit der Coalition gemachten Versuch nicht stören ; sie seien unter Wahrung der nationalen Interessen zur Mitarbeiterschaft bereit und hätten keine Ur: sache, jeßt in die Opposition zu treten. Der Generalredner für die Vorlage Nuß versicherte, die coalirten Parteien würden unentwegt an der Grundbedingung der Vereinigung, deren Programm sei: „Friede und Arbeit“, festhalten.

Der Volkswirthschaftsaus\{chuß des Abgeordnetenhauses hat den Geseßentwurf über die provisorische Regelung der Handelsbeziehungen mit Spanien angenommen und beantragt, die Regierung aufzufordern, der Förderung der freien Schiffahrt zur directen Verbindung zwischen Triest und Spanien besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Das ungarische Unterhaus nahm gestern den Geseh: entwurf über die Meldepfliht einiger Kategorien von Land- sturmpflichtigen mit großer Majorität an. Jm Laufe der Ver- handlung erklärte der Abg. Madarasz, kein Ungar werde im Falle eines Krieges zu Hause bleiben. Der Minister der Landes- vertheidigung Freiherr von Fejérväáry führte aus: die Mobilisi- rung des Landslurms sei für den Ernstfall unerläßlich: die vom Abgeordneten Madarasz erwähnten, nihtorganisirten Heere könnten wohl von Begeisterung erfüllt sein, zu gebrauchen seien jedoch nur organisirte Heere. 1870/71 habe gezeigt, daf

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ein Erfolg nur dann möglih sei, wenn die Organisation

bereits im Frieden bis in die leßte Einzelheit festgeseßt sei.

Großbritannien und Frland.

Wie die „London Gazette“ meldet, hat die Königin der Prinzessin Ferdinand von Rumänien, der Prin- zessin Victoria von Sachsen-Coburg-Gotha sowie der Prinzessin Aribert von Anhalt den indischen Kronen Orden verliehen.

Frankreich.

Jn der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer brachte, wie „W. T. B.“ berichtet, zunächst der Deputirte Goblet einen Antrag auf Abänderung der BEÉXY - werksgeseßgebung ein und beantragte dafür die Dringlich- keit. Der Minister-Präsident Casimir Périer nahm die Dringlichkeit an, die auch beschlossen wurde; die Vorlage wurde darauf einer Commission überwiesen. Die Kammer trat dann in die Berathung des Geseßentwurfs über die Explosiv stoffe ein, dessen einziger Artikel ohne Discussion genehmigt wurde. Mehrere Amendements wurden zurückgezogen. Ein socialistischer Deputirter protestirte dagegen, daß die Discussion erstickt werde :

mehrere Mitglieder der äußersten Linken riefen, das sei cinc

Ueberrumpelung. (Tumult.) Die Vorlage wurde darauf durch Aufheben der Hände angenommen und dann zu dem Gesehentwurf über die Vereinigun gen, welche verbrecherische Zwecke verfolgen, übergegangen. Der Deputirte Charpenti er erklärte den Geseßentwurf für unnöthig, die bestehenden Geseße genügten. Der Berichterstatter Flandin vertheidigte den Entwurf, * der der bedrohten Gesellschaft eine neue Waffe gebe. Nachdem die Generaldebatte geschlossen worden war, verlangte Goblet, daß der Entwurf an eine Commission ver- wiesen werde, da er in unbestimmten Ausdrücken abgefaßt sei Der Antrag Goblet wurde mit 406 gegen 132 Stimmen ab- gelehnt und der ganze Geseßentwurf mit 464 gegen 39 Stimmen angenommen. Der Geseßentwurf, cinen Credit zur Ver stärkung der Polizei zu bewilligen, wurde nach einem von den Socialisten hervorgerufenen Wortgefeht mit 445 gegen 43 Stimmen ebenfalls angenommen.

Durch die Annahme dieser drei Geseßentwürfe ist nun-: mehr Folgendes festgeseßt worden :

1) Durch das Geseg über die Aufbewahrung von Sprengstoffen wird bestimmt:

Der Artikel 3 des Geseßes vom 19. Juni 1871 ist wie folgt abgeändert: „Jede Person, welche unrehtmäßig Mord- oder Brand- maschinen, wirkend durch Explosion oder auf andere Weise, oder Knallpulver, in irgend welcher Zusammensetzung herstellt, sowie jede andere, Substanz, die für eine Sprengmischung bestimmt ist, wird mit Gefängniß von einem halben bis fünf Jahre sowie einer Geldstrafe von 50—3000 Fr. bestraft.“

2) Nach dem Geseh über die Anarchistenvereine werden die Art. 265, 266, 267 und 268 des Strafgeseßbuchs durch folgende Verordnungen erseßt:

Ait. 265. Jede Vereinigung, gebildet zum Zweck, ein Attentat gegen Personen oder Eigenthum zu begehen oder vorzubereiten, ist cine Verbindung von Uebelthätern und bildet ein Verbrechen gegen dic öffentliche Nuhe. :

Art. 266. Wer sih einer Vekkinigung von Uebelthätern bel- geseüt, wird mit zeitweiser Zwangsarbeit bestraft. Der Schuldige tann außerdem mit vorübergehender oder dauernder Ausweisung be- straft werden gemäß Art. 19 des Gesetzes vom 27. Mai 1885.

Art. 267. Mit 5 bis 10 Jahren Zuchthaus wird bestraft, wer wissentlich und absihtlich Vereinigungen von Ucbelthätern oder Mit- gliedern dieser Vereinigung Verbrecherwerkzeuge, Correspondenz- Gelegenheit, Wohnung, Schlupfwinkel oder Versammlungslocale bietet. ; 8 Das Geseß über die Verstärkung der Polizei autet:

Art. 1. Dem Kapitel 54 (Besoldung der Polizei-Commissäre, NReisegebühren u. \. w.) ist für das Rechnungsjahr 1894 in dem Etat des Ministeriums des Innern ein Nachtragscredit von 820 000 Fr. hinzuzufügen. :

Wie von unterrichteter Seite mitgethellt wird, prüft die Regierung gegenwärtig die Frage der Ha ndelsbeziehunget mit Spanien, deren Modification von Spanien vor-

geshlagen worden ist. Der Deputirte Turrel hat, wohl veranlaßt durch die Modification dieses Vertrages, in der Kammer den Antrag eingebracht, daß der geseßliche Alk ohol- gehalt des Weins höchstens elf rad betragen mte, damit der Weinfälshung durch Alkohol vorgebeugt werde.

Nach einer Meldung des „H. T. B.“ hat Vaillant an- gegeben, er habe zur Herstellung der Bombe von einem ver- mögenden Anarchisten 100 Fr. erhalten. Es soll dies der Anarchist Paul Neclus gewesen sein. Der mit der Ver- haftung Reclus' beauftragte Polizeicommissar Clement con- faticte, daß Reclus mit Frau und Dienerschaft über Brüssel nah London abgereist sei.

Das „Journal des Débats“ begrüßt die Ernennung Blanc's zum italienishen Minister des Auswärtigen und erklärt es für zweifellos, daß Blanc's Einfluß auf die Besserung der politischen und commerziellen Beziehungen zwischen Frankreih und Ftalien gerichtet sein werde.

Ftalien. Das Parlament ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Nom auf den 19. d. M. einberufen worden.

Griechenland. Die Kammer hat, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern die Vorlage wegen Annullirung der fundirten Anleihe angenommen.

Mumänien.

Der König empfing gestern die Abordnung des Senats, welche die Adresse überreichte, und dankte ihr dem „W. T. B“ zufolge für die in der Adresse ausgesprochenen Gefühle der Ergebenheit und Treue gegen die Dynastie, anläßlich der Geburt des Prinzen. Der König ermuthigte die Senatoren zur Erfüllung ihrer Aufgabe: er seinerseits sei nur von den Gefühlen der Pslichterfüllung beseelt, sein einziges Ziel und sein einziger Wunsch sei, Numänien auf eine sichere und un- ershütterlihe Grundlage zu stellen.

Der Minister des Auswärtigen Lahovari hat der Prin- zessin Ferdinand das Großkreuz des rumänischen Kronen- Ordens in Brillanten überbraht. Der Prinz und die Prin- zessin Ferdinand sind gestern Abend mit ihrem Sohn nah Coburg abgereist. Der König, die Minister sowie zahlreiche Würdenträger gaben ihnen das Geleit nah dem Bahnhofe.

Schweden und Norwegen.

Bei der gestern in Stockholm vorgenommenen Ersa t- wahl zur Zweiten Kammer wurde dent ¿W. T. B“ zu- folge der liberale Candidat Hedin mit 1489 gegen 1006 SUmmen, die auf den conservativen Candidaten fielen, gewählt.

Amerika,

Der „New-York Herald“ meldet aus Montevideo, der Admiral de Gama habe cin Manifest an die Garnison des Forts Villegaignon gerichtet, worin erx seiner hohen Bewunderung für die Tapferkeit der Garnison Ausdruck gab und sie der Unterstüßung fast der ganzen Nation versicherte, die nicht ermangeln werde, diejenigen zu belohnen, welche für die besten nteressen des Volks kämpfen. Die Congresse der Staaten Minas-Geraes, Pernambuco, Sao Paulo, Parana, Santa Catharina und Rio Grande hätten Resolutionen angenommen, worin sie Peixoto zu seiner Haltung in dem Kampfe gegen die Jnsurgenten beglücckwünschten. Die Schiffe de Mell os blockirten gegenwärtig Santos ebenso wie Nio de Ft eipo:

Die Kammer der Abgeordneten in Buenos Aires hat laut Meldung des „W. T. B.“ das Abkommen mit der Rothschildgruppe wegen Regelung der Schuldfrage mit 98 gegen 8 Stimmen genehmigt. Der Congreß hat die Ver- längerung des Belagerungszustandes beschlossen. Sehs Anarchisten sind aus Buenos Aires ausgewiesen worden. :

Asien.

Nach ciner Meldung des „Reuter {hen Bureaus“ aus Shanghai von gestern ist die Angelegenheit, betreffend die Ermordung der beiden \{chwedischen Missionare Wikholm und Johannsson in Sungpu, durch den schwedischen General-Konsul Bork auf Grund eines Uebereinkommens, ähnlih dem 1891 nah den Megzeleien von Wusuch geschlossenen, geregelt worden. Darnach zahlt China cine Entschädigung von 40 000 Dollars.

Afrika.

Der marokkanishe Einführer des diplomatishen Corps Mohammed Torres hat, wie „W. T. B.“ aus Tanger erfährt, einen Brief des Sultans an die Königin von Spanien erhalten, worin der Sultan wegen der Vorgänge um Melilla sowie über den Tod des Generals Margallo sein Bedauern ausdrückt und Genugthuung verspricht.

Nach einer Meldung des „Temps“ aus Saint Louis (Senegal) hat der Oberst-Lieutenant Bonnier bei Tenetu die Streitkräfte Samory's geschlagen. Samory ergriff die Flucht.

Parlamentarische Nachrichten.

_ Der Bericht über die gestrige Sißzung des Reichstags be- findet sich in der Ersten Beilage.

Nr. 50 des „Centralblatts der Bauverwaltun d herausgegeben im Ministeriun der öffentlihen Ar- beiten, vom 16. Dezember hat folgenden Inhalt: Die Aus- stellung in Lyon 1894. Die fünstlerishe Erziehung der deutschen Jugend. Auflandungsanlagen in Jtalien. Tieferlegung einer Hochbahnstrecke in Brooklyn. Vermischtes: Vorträge im Berliner Kunstgewerbe-Museum. Founlleine vom ältesten „Dome“ in Berlin. Mitgliederverzeihniß der zum Verbande deutscher Arch.-

und Ing.-Vereine geyerigen Vereine. Heizwerth von Steinkohlen.

Besuchsziffer der Technischen Hochshule in Karlsruhe. Baumeister V. Wiethase in Köln f. Neue Patente.

Entscheidungen des Neichsgerichts.

Die rechtzeitige Erklärung des Wid erruf s einer beeidigten falshen Aussage vor der zuständigen Behörde, wodurch nah § 163 Abs. 2 des Strafgeseßbuhs Straflosigkeit eintritt, is nah einem Urtheil des Neichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 4. Juli 1893 an keine bestimmte Form gebunden und insbesondere au dann wirksam, wenn der Thäter die Unrichtigkeit seiner eidlihen Aussage nur indirect anerkennt.

E Ds \chriftlihe Provisionsversprechen an einen Makler für den Fall des Zustandekommens des zu vermittelnden Geschäfts unterliegt, nah cinem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Civil- fenats, vom 21. September 1893, in Preußen dem Schuldver - \chreibungsftempel.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die deutsche übersecische Auswanderung

über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte d nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistishen Amts im November 1893 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgender- maßen : Es wurden befördert im November über 1893 1892 O S Dle Le (N A E ; 2007 T6 andere deutshe Häfen (Stettin) 592 deutsche Häfen zusammen . . 3647 6146 E 200 N 78 363 Asten! E 10 19

Ueberhaupt. . 4362 8 598

Aus deutschen Häfen wurden im November d. íI. neben den vorgenannten 3647 deutschen Auswanderern noch 3914 An gehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 2639, über Hamburg 1275.

Schiffsunfälle an der deutshen Küste.

Das Ende November dieses Jahres zur Ausgabe gelangte 4. Heft des Jahrgangs 1893 der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs bringt eine Abhandlung über die Schiffsunfälle an der beutiBen Küste während des Jahres 1892, d. h. über diejenigen zur amtlichen Kenntniß gelangten Unfälle. von denen Schiffe an der deutschen Seeküste selbst, auf dem Meere in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Seemeilen von ter Küste oder au Den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Sees schiffen befahrenen Binnengewässern im Jahre 1892 betroffen wurden. Derartige Unfälle sind im ganzen 366 gezählt, welche (bei 129 Colli- fionen_ zwischen je 2 und 1 Zusammenstoß ¡wischen je 3 Schiffen) 497 Schiffe betrafen. Die Erhebungen der 4 vorhergehenden Jahre hatten ergeben für 1891: 392 Unfälle und 512 betroffene Schiffe, für 1890: 295 Unfälle und 336 Schiffe, für 1889: 180 Unfälle und 236 Schiffe, für 1888: 193 Unfälle und 243 Schiffe. Die außergewöhnlichß Hohe Zahl der Unfälle in den Jahren 1891 und 1892 rührt hauptsählih von ungünstigen Witte- rungsverbältnifsen her; im Jahre 1891 namentlich den un- (nigen Eisperhältnissen, welhe der anhaltende starke Frost am [nfang dieses Jahres in den deutschen Küstengewässern hervorgerufen hatte, und 1892 {weren Stürmen im Juni, Oktober und Dezember. Dagegen is} die verhältnißmäßig geringe Anzahl der Unfälle in den Jahren 1888 und 1889 hauptsächlih auf die bessere Witterung (weniger stürmisdhes Wetter) in diesen Jahren zurückzuführen. Von den von Unfällen betroffenen Schiffen find im Jahre 1892: 66 (1891: 71, 1890: 52, 1889: 49, 1888: 50) gänzli verloren-gegangen, 239 wurden theilweise beshädigt, 191 blieben unbeshädigt, und von einem blieb der Ausgang des Unfalls unbekannt. Der Verlust an Menschenleben (69) ist mehr als doppelt so groß gewesen als im Vorjahre (25) und über- steigt den durchschnittlihen der vier Jahre 1888 bis 1891 um 46; er berehnet si auf 1,02 % aller an Bord gewesenen Personen (soweit deren Zahl bekannt war) gegen 0,32% im Vorjahre oder 0,67 9%, 0,380 %/6 und 1,09% in den Sahren 1891, 1890, 1889 und 1888.

Bon der Gesammtzahl der nachgewiesenen Schiffe sind 1892: [10 gestrandet, 8 gekentert, 29 gesunfen, 261 in Collision gerathen und 89 von Unfällen anderer Art betroffen worden. 180 Unfälle treffen auf das Ostseegebiet (2,25 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke), 186 auf das Nordseegebiet (6,31 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke). 359 der betroffenen Schiffe fuhren unter deutscher, 138 unter fremder Flagge, während von etnem Schiff die Nationalität nicht ermittelt wurde. Unter den infolge der Unfälle gänzlih verloren gegangenen Schiffen befanden sich 53 deutsche, 12 fremde und 1 Schiff un- bekannter Staatsangehörigkeit.

Zur Arbeiterbewegung.

In Offen bach ist, wie der Vorwärts" mittheilt, der Ausstand der Zw icker der Firma Ochsenhirt und Behrens zu Gunsten

Arbeiter beendigt worden.

In Rathenow wurde nah demselben Blatt der Ausstand der Töpfer und Ofensetzer zu Ungunsten der Arbeiter beendet.

Aus Paris meldet ein Wolff’hes Telegramm: Die Abgeord- neten der Bergarbeiter sämmtliher Kohlengruben, die zur Gründung einer Alterversorgungskasse für Bergleute nah Paris gekommen waren, hatten eine Besprehung mit der ain Wen Kammergruppe. Die Delegirten erklärten, die Vereinigungen der einzelnen Kohlenbezirke würden zu einer nationalen Vereinigung zusammentreten. Ein Nationalcongreß werde demnächst einberufen werden, um die Statuten der Vereinigung festzuseßen. Wie aus Saint Nazaire gemeldet wird, befinden sud 1500 Zimmerarbeiter der Loire im Ausstand wegen Lohnstreits und wegen der Dauer der Arbeitszeit.

Aus Neapel meldet ,W. T. B.“ vom heutigen Tage: „Die Droschkenkutscher haben theilweise die Arbeit eingestellt; einige Verhaftungen wurden vorgenominen.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 3. Dezember bis incl. 9. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 879 Lebendgeborene, 239 Eheschließungen, 23 odtgeborene, 740 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

Im oberen Vestibül des Kunstgewerbe - Museums sind außer den schon früher angezeigten norwegishen Goldemails „von Tostrup und den Abendmahlsgefäßen der Gnadenkirhe gegenwärtig weitere Metallarbeiten von künstlerisher Bedeutung ausgestellt, nämlich ein in Silber getriebener Pokal von O. Nohloff, in fehr gefälligen an das Nococo anklingenden, aber ganz frei behandelten Formen ; ferner ein in Silber, Gold und Edelsteinen ausgeführter Tafelaufsaß von Professor Widemann, in Gestalt eines Springbrunnens, mit vier Becken und einer prachtvoll bewegten Hauptgruppe, darstellend ein Meerungeheuer und ein s{önes Weib im Kampf mit einer Schlange. Der rel8, auf dem sih diese Gruppe aufbaut, ist aus Krystallen und glißernden Minexalien gebildet und mit Pflanzenwerk bedeckt. Ferner sind aus-

estellt: zwei große Prachtvaf en aus japanishem Porzellan, ein Ge-

f enk des Kaisers von Japan an den Forschun Ee De. Ghlers. Die Ausstellung der Zeugdruccke im Lichthof bleibt noch bis zum Ende des Monats zur Schau.

Der ordentliche Honorar-Profefsor der Philosophie Dr. Carl Ludwig Michelet ist gestern Daten im 93. Lebensjahre verftocben. Er war in Berlin geboren und seit 1826 an der hiesigen Universität habilitirt. Der aus der Schule Hegel’s hervor egangene Gelehrte hat a außer dur seine langjährige Lehrthätigkeit dur zahlreiche philosophische und ästhetishe Schriften einen Namen gemachi. Auch an der Herausgabe der Werke Hegel’'s war er betheiligt. __Ferner war er Mitbegründer (1845) der noch bestehenden „Philosophishen Gesell- chaft zu Berlin“.

Der Verein für deuts{hes Kunstgewerb e veranstaltete am Mittwoch einen QOE für Schlosser und Kunstshmiede, an dem eine stattliche Anzahl hervorragender Kunstshmiedearbeiten aus den Werkstätten der Herren Ed. Puls, Ferd. Paul Krüger, Langer u. Methling, Otto Schulß, C. Müller, fowie Zeichnungen und Entwürfe vom e Franz Zeithammer ausgestellt waren. Die Entwürfe der onatsconcurrenz, Entwürfe zu einem schmiedeeisernen Bogenlichtcandelaber, erläuterte in eingehendem Vortrage Regierungs-Baumeister Messel (\. u.). Aus dem Königlichen Kunst- gewerbe-Museum war eine Reihe älterer Arbeiten: und Photographien ausgestellt, welche die Gntwickelung der Stilarten des Gitterwerks seit der Renaissance darstellten. Im Anschluß hieran hielt Bibliothekar Dr. Jessen einen Vortrag über die Formen des Schmiedeeisens seit der Renaissance, worin er besonders den Gegensaß zwischen den Gitterwerken der Renaissance und der Barozeit betonte: jenes sei aus der einfahen Technik der Werkstatt heraus entwidelt, dieses von Architekten und Zeichnern im Anschluß an zeitgenössishe Architektur und Ornamente gestaltet worden. In enieur F. Spengler erläuterte die von ihm ausgestellten Baubeshläge. In der Concurrenz des Vereins um Entwürfe zu einem \{chmiede- eisernen Bogenlichtcandelaber sind folgende Preise zuerkannt worden : ein Preis von 100 ( dem Kunstshlosser Arno Koernig, ein gleicher Preis von 100 A dem Fabrifanten Paul Krüger gemeinsam mit dem Bildhauer Heinrih Koch, ein Preis von 50 A dem Zeichner Max Scönfeldt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanten. Die Königlich spanishe Regierung hat durch Verordnung vom 11. d. M. Odessa für - choleraverseuht und alle von diesem Ort in gerader Linie nicht weiter als 165 km entfernt gelegenen Häfen für verdächtig erklärt. Schweden.

Nach ciner unter den G D E erlassenen Bekanntmachung des Königlich \{chwedis{chen Commerz-Collegiums (vergl. R.-Anz. Nr. 294 vom 9./12.) gelten zur Zeit folgende Orte als cholerainficirt :

a. in Europa :

l) Rußland (niht Finland) mit Ausnahme der Gouverne- ments Estland und Kurland fowie der Häfen im Gouvernement Livland;

2) Ungarn ;

3) Galizien und die Bukowina :

4) Konstantinopel.

b. außerhalb Europa :

die canarishen Inseln, Kaukasien, die asiatishe Türkei, die Häfen am Nothen und Kasvishen Meer und am Persischen Meerbusen, die Hâfen in British-Ostindien, Chalon in Cochinhhina, Tongking, die Philippinishe Inselgruppe, China und Japan, Senegal in Afrika. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 240 vom 6./10.)

Die Passagiere von Schiffen, welche aus Finland, Estland, Liv- laud und Kurland in Schweden eintreffen, bleiben bis auf weiteres den unter dem 22. September d. J. angeordneten Schußmaßregeln zur Verhütung der Einschleppung der Cholera in Schweden über nicht für cholerainficirt erklärte Häfen unterworfen. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 236 voin 2/10)

Handel und Gewerbe.

Genua, 15. Dezember. (W. T. B.) Das Gericht bewilligte der Banca popolare auf ihren Antrag ein sechsmonatiges Moratorium. Die Gläubiger werden niht einberufen. Fn der Bilanz, welche die Bank mit dem Ansuchen um Gewährung des Moratoriuums beim Gericht einreihte, betragen die Activen 2 390 000 Lire mehr als die Passiven.

Theater und Musik.

Königliches Opernlhaus.

Das Programm des gestrigen fünften Symphonie-Concerts der Königlichen Kapelle brahte nur Becthoven’shen Tonwerke. Nah der mächtigen Egmont - Ouverture, die in all ihrer Schönheit und Gedankenfülle vortreflich zu Gehör gebracht wurde, folgte die vierte Symphonie B-dur, die mit tbrem wunderbaren Melodienreihthum mehr einer beiteren Gemüthbs- stimmung Ausdruck giebt und, nicht weniger auserlesen zum Vortrag gebracht, freudigen Widerhall in allen Herzen fand. Nach der Pause wurde die erste Leonoren-Ouverture gespielt, und den Beschluß machte die ewig junge C-mol!-Symphonie, die alle Re- gungen der Menschenseele in ihren Tiefen offenbart und widerspiegelt und immer aufs neue die Herzen erhebt und rührt. Das Concert fand unter des Herrn Kapellmeisters Dr. Muck sicherer Leitung ftatt, der die vortrefflihe Wiedergabe aller Feinheiten und Schönheiten der Beethoven'schen Musik zu danken is. Das volle Haus \vendete nah jedem Saß. reichen und lauten Beifall.

Concerte.

Am Donnerstag 'gab im Saal Bechstein Herr Robert Freund aus Zürich seinen zweiten Klavierabend und brachte darin wiederum sein klares, fein scattirendes Spiel zu erfolgreicher Geltung. Vorzugsweise war es der Vortrag der Chopin'schen B-moll-Sonate, in der zugleich sein \{öôner Anschlag in den melodiôsen Stellen die zahlreih ershienenen Zuhörer zu lebhaftem Beifall Hinriß. In der Toccata nebst Fuge von Bach-Tausig und der Sena op. 17 von Schumann war die energishe Ausprägung der Nhythmik fehr zu loben; auch die drei Nummern von Brahms, die den Beschluß machten, erfreuten si einer sehr günstigen Aufnahme.

Die noch sehr jugendliche Violionvirtuosin Fräulein E [ly Fuchs, die in London ihre Studien gemacht hat, gab am Freitag im Saal der Sing-Akademie ein Concert, in welchem sie den ersten Say des Bruch’schen Violinconcerts in D-mo11, die Faust-Phantasie von Wieniawski und zwei kleinere Salonstücke von Sauret vortrug. Ihre in Anbetracht des zarten Alters bewundernswerthe tehnische Sicher- heit, die Klarheit der Passagen bis in die höchsten Töne des Flageolets hinein, ihre elegante Bogenführung und vor allem ihre gesangreihe Tonerzeugung im Vortrag der Cantilene kamen vor- trefflich zur Geltung. Lauter Beifall folgte auf jedes dieser Stüe. Die Concertsängerin Frau Hedwig Wolfradt, welche für ihre erkrankte Collegin Fräulein Großmann mitwirkend eintrat, fang eine Arie aus Händel’s „Rinaldo“, sowie Lieder von Jensen, Wagner und Sucher, die sie mit wohlklingender, gut geschulter Stimme und mit empfindungsvollem Ausdruck vortrug.

Im Saal Bechstein ließen sih gestern zwei sehr begabte Künstlerinnen, Fräulein Josefine von Staßzer (Contra-Altistin) und Fräulein Hermine Lüders (Klavier), zum ersten Mal hier- selbst hören. Die Sängerin hat ihre Studien in Wien gezacht und trug mit ‘einer in allen Lagen gleichmäßig kräftigen, wohlflingenden und gut geschulten Stimme eine Arie aus Händel's „Semele“, sowie mehrere Lieder von Schubert, Brahms, Schumann und anderen vor, in denen die sehr belebte Art des Ausdrucks. noh be«

E I S E R S R A S