1893 / 308 p. 18 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

4) Die unter Nr. Ila 3 S 2 der leitenden Gesichtspunkte zugelassene Ausnahme ist iu beseitigen. Die Nrn. Il a 5, VI 5, VIIT4 der leitenden Gesichtspunkte sind nach der Richtung hin zu modificiren, daß“ die dort ange- führten Ausnahmen nur in dem Falle zugelassen werden können, wenn es ih um die Garantie eines Staats handelt, dessen Finanzverhältnisse als allgemein bekannt gelten.

5) Bei ausländischen Werthpapieren ist die Angabe der Verjährungsfristen für Kapital und Zinsen ohne Ausnahme erforderlich.

5) Verfahren vor der Emissionsbehörde.

Der Antrag auf Zulassung ist mit Bezeichnung des Emittenten, des Emissionsbetrages und der Art des einzu- führenden Werthpapiers an der Börse auszuhängen und zu veröffentlichen.

Insbesondere ist die Emissionsbehörde berechtigt, unter Umständen auch die Vorlegung der zwischen dem Emissions- haus und dem betreffenden Anleiheschuldner geschlossenen Ver- träge zu verlangen. A

Nach Verlauf von sechs Tagen entscheidet die Emissions- behörde über die Zulassung unter Würdigung der dagegen etwa erhobenen Einwände.

Von der Ablehnung eines Antrags auf Zulassung hat die Emissionsbehörde den Umständen nah unter Angabe der Gründe, den Vorständen der übrigen deutschen Börsen, bei welchen nah Lage der Verhältnisse das betreffende Werth- papier zur Einführung gelangen könnte, Mittheilung zu machen. Wird an einer dieser Börsen die Genehmigung zur Eifibaung nachgesucht, so darf dieselbe nur mit Zustimmung derjenigen Emisstonsbehörde erfolgen, welche die Zulassung abgelehnt hat. Jm Falle der Zulassung is der Prospect durch Aushang an der Börse und Veröffentlihung in der Presse bekannt zu machen.

Handelt es sich um auswärtige Anleihen, Obligationen, Pfandbriefe oder Actien und weiß der Emittent, daß das Papier, für welches er die Emission nahsucht, auch gleichzeitig an anderen deutschen Börsen zur Zulassung angemeldet ist, \o muß er dies der Emissionsbehörde mittheilen. Die Emissions- behörden der betreffenden deutshen Börsen müssen sih sodann in Verbindung seßen, und keine dieser Börsen darf die Zulassung früher aussprechen, che das Urtheil der anderen Börsen be- fannt ist. Sobald die Emissionsbehörde einer Börse die Zu- lassung ablehnt, darf das Papier auch an keiner anderen Börse zugelassen werden, bevor nicht die ablehnende Emisstonsbehörde thren Widerspruch zurückzieht.

6) Handel per Erscheinen.

Werthpapiere dürfen, im Falle dieselben zur Zeichnung aufgelegt werden, vor beendeter Zutheilung an die Zeichner weder an der Börse gehandelt noh öffentlich oder in mechanisch hergestellten Privatcurszetteln oder Berichten notirt werden. Die Befolgung dieses Verbots is durh geeignete Disciplinar- maßregeln zu sichern. Bei Geschäften, die diesem Verbot zuwider abgeschlossen. werden, ist eine jede Mitwirkung der Börsen- organe ausgeschlossen.

7) Besondere Bestimmungen.

a. Die Zulassung von Actien eines zur Actiengesellschaft umgewandelten Unternehmens zum Börsenhandel darf vor Ablauf eines Jahres nah Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nicht erfolgen.

Diese Bestimmung findet auf Eiscnbahnunternehmungen keine Anwendung.

Jn besonderen Fällen kann von der Staatsaufsichtsbehörde die Frist entsprehend ermäßigt werden.

b. Durch die Emissionsbehörde is} für die Zulassung von Actien ein Mindestbetrag des Grundkapitals festzuseßen, und es würde zu empfehlen sein:

a. für Berlin ein Mindestbetrag von 3 Millionen,

b. für Frankfurt a. M. und Hamburg ein Mindest- betrag von 2 Millionen,

c. für die anderen Börsen ein Mindestbetrag von einer halben Million

Diese Mindestkapitalien dürfen durch Sperren von Stücken bei der EmissioN nicht vermindert werden.

c. Der Prospectenzwang ist auszudehnen auf

a. alle Kapitalserhöhungen,

b. alle Convertirungen,

c. Kapitalsherabseßungen, sofern durch dieselben wesent- lihe Veränderungen in den Verhältnissen der Gesell- schaft begründet werden.

Für Convertirungen gelten in allen Punkten die vor- stehenden Bestimmungen. Außerdem aber muß in Conver- tirungsprospecten deutlih zum Ausdruck gebracht sein, inwie- fern durch die Convertirung gegenüber den früheren Be- dingungen eine Veränderung oder eine Minderung der früheren etwaigen Sicherheit herbeigeführt wird.

8) Haftung der Emissi onshäuser.

Sind in einem der Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel zu Grunde liegenden Prospecte für die Be- urtheilung des Werthes erheblihe Angaben unrichtig oder infolge der Fortlassung erhebliher Thatsahen unvollständig, so haftet der Einführende, wenn er die Unrichtigkeit oder Un- vollständigkcit gekannt hat oder dieselben ihm nur dadurch un- bekannt geblieben sind, daß er böslih eine ausreichende Prüfung der Angaben verabsäumt hat, jedem, auch dem späteren Erwerber eines solhen Werthpapiers für den Schaden, welher demselben an dem Papier aus der von den gemahten Angaben abweichenden Sachlage erwächst. Die Ersatzpfliht wird dadurh nicht ausgeschlossen, daß der Prospect die Angaben als Ls von einem Dritten herrührend bezeihnet. Sie ist ausgeschlossen, wenn nach den Verhältnissen, welhe zur Zeit des Erwerbs des Papiers seitens des den Ersay Fordernden zu Tage getreten, ein sorg- fältiger Mann ungeachtet der Angaben des Prospects die i liche Sachlage kennen oder doch diese Angaben für seinen Er- werbsents{chluß als unerheblih erachten mußte.

Der Ersatpflichtige kann es ablehnen, den Ersay in anderer Weise als durch Uebernahme des Werthpapiers gegen Erstattung des vom Erwerber dafür aufgewendeten Betrages zu leisten.

Der Ersazanspruch verjährt in fünf Jahren seit Zulassung der betreffenden Werthpapiere zum Börsenhandel.

Die Vorschriften der bürgerlichen Rechte über die An- sprüche aus Verträgen bleiben durch die vorstehenden Bestim- mungen unberührt.

TIT. Terminhandel.

A. Zulassung dum Terminhandel und zur erminnotiz. Der Bundesrath is befugt, den börsenmäßigen Termin- handel in bestimmten Werthpapieren oder Waaren zu unter- sagen oder von gewissen Bédingungen abhängig zu machen.

I. Werthpapiere.

1) Die künftige Zulassung von Werthpapieren zum Termin- handel und zur amtlichen Notiz der Termincurse soll an allen deutschen Börsen von einem Mindestkapital von zwanzig Mil- lionen Mark des zuzulassenden Werthpapiers abhängig sein.

2) Jm einzelnen sollen in Betreff. der Zulassung von Werthpapieren zum Terminhandel durch die Börsenbehörde folgende Grundsägze für alle Börsen gelten:

Dem Publikum ist durch Aushang an der Börse und Veröffentlichung in der Presse Kenntniß davon zu geben, daß die Beschlußfassung stattfinden wird.

Die Zulassung seßt voraus, daß bereits während cines längeren Zeitraums ein regelmäßiger Terminhandel in dem Werthpapier stattgefunden 3 Die Prüfung hat sih über diese Vorausseßung hinaus darauf zu erstrecken, ob dem Interesse des Börsenhandels an der Zulassung andere erhebliche wirthschaftliche Jnteressen entgegenstehen.

Vor der Zulassung erfolgt, auch wenn den Cursmaklern die Mitwirkung beim Handel in dem Werthpapier gestattet wird, keine amtliche Terminnotiz.

Bei inländishen Bank- und Eisenbahnpapieren, die nicht

bereits an ausländischen Börsenpläßen gehandelt werden, sowie bei Jndustriepapieren erfolgt die Beschlußfassung durch das IT 2 als Emissionsbchörde vorgesehene Collegium. Der Zu- lassungsbeschluß bedarf in diesem Falle einer Zweidrittel- mehrheit. Auf Verlangen eines Drittels sind bei Jndustrie- papieren der Vorstand des inländishen industriellen Unter- nehmens, um dessen Werthpapiere es sich handelt, sowie andere Sachverständige (Vorstand der Berufsgenofssenschaft, welcher der betreffende Jndustriezweig angehört) vor der Zulassung zu hören. : Die erfolgte Zulassung kann durch Beschluß der für die Zulaßung zuständigen Behörde jederzeit sowohl wegen Auf- hörens eines erheblihen Terminhandels, wie aus wichtigen anderen Gründen zurückgenommen werden.

Nach einer Ablehnung der Zulassung kann leßtere an einer anderen Börse niht vor Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten vom Zeitpunkt der Ablehnung ab beschlossen werden, es sei denn, daß die Ablehnung lediglih wegen Mangels eines Bedürfnisses erfolgt wäre.

3) Auf Werthpapiere, welche dem Prospectenzwang nicht unterliegen, finden die vorstehenden beshränkenden Be- stimmungen über die Zulassung zum Terminhandel keine An- wendung.

4) Hinsichtlih der gegenwärtig börsenmäßig auf Termin gehandelten Papiere sollen seitens der Landesbehörden für die Anwendung der vorstehenden allgemcinen Grundsäße Ueber- gangsbestimmungen getroffen werden.

T1. Waaren.

Vor der Zulassung von Waaren zum börsenmäßigen Terminhandel und vor Festseßung der allgemeinen Bedingungen für diesen Terminhandel ist eine vom Reichskanzler in jedem einzelnen Fall zu berufende Commission von Vertretern der béthaltizten Gewerbezweige sowie der allgemeinen Jnteressen gutachtlih zu hören.

III. Folgen der Nihtzulassung.

Jn Werthpapieren oder Waaren, welchen die Zulassung zum börsenmäßigen Terminhandel verweigert is, darf ein Terminhandel an der Börse nicht stattfinden, noch dürfen für dieselben Terminpreise öffentlich oder in mechanisch hergestellten Curszetteln notirt werden.

Der Bundesrath sowie "auch die Zulassungsbehörden sind befugt, mit den vorstehend bezeichneten Wirkungen den börsen- mäßigen Terminhandel auch in dem Falle zu untersagen, wenn derselbe stattfindet, ohne daß die Zulassung nach- gesucht ist.

Bco [Ur Den g eiae i aare.

Wer die rechtlihe Fähigkeit zum Abshluß von Börsen- termingeschäften in Waaren erlangen will, bedarf der Ein- tragung nah Namen Stand und Wohnort in ein Register, welches bei den A crihten über diejenigen zu den be- zeichneten Geschäften fähigen Personen zu führen ist, die in dem betreffenden Gerichtsbezirk ihren Wohnsiß oder ihre Ge- \häftsniederlassung haben.

Als Boörsentermingeschäfte in Waaren gelten Waaren betreffende Kauf- oder sonstige Anschaffungsgeschäfte auf eine fest bestimmte Lieferungszeit oder mit einer fest bestimmten Lieferungsfrist, wenn dieselben gemäß seitens einer Börsen- behörde für solhe Geschäfte festgeseßten Geschäftsbedingungen geschlossen werden, und wenn für die an der betreffenden Börse geschlossenen Geschäfte solcher Art eine Feststellung von Termin- preisen unter Mitwirkung amtlicher Organe erfolgt.

Auf das Register findet Artikel 12 Absayz 2 des Handels- geseßbuches Anwendung.

Vor der Eintragung i} eine Eintragungsgebühr von Fünfhundert Mark zu entrichten. Für jedes folgende Kalender- jahr, während dessen die Eintragung besteht, ist eine Gebühr

von Einhundert Mark zu zahlen.

Zum Antrage berechtigt ist jede verfügungsfähige Person. Ein unter väterlicher Gewalt Stehender bedarf der Genchmi- gung des Vaters, cine Ehefrau, welche niht Handelsfrau ist, der Genehmigung des Ehemannes. Minderjährige dürfen in das Börsenregister nur eingetragen werden, wenn sie bercits als Kaufleute im Handelsregister eingetragen sind.

Den Antrag auf Eintragung hat der Einzutragende bei dem Handelsgericht in Person zu stellen oder in Beurkundung durch eine gerichtlihe oder notarielle Verhandlung einzu- reichen. Das Gleiche gilt von ciner erforderlichen Genehmigung seitens eines Dritten. Der Antrag soll die Erklärung ent- halten, daß der Antragsteller zum Abschluß von Börsentermin- geschäften über Waaren befugt sein will.

Die erfolgte Eintragung is von dem Handelsgericht nach ihrem ganzen Jnhalt in den gemäß Art. 14 H.-G.-B. für die Eintragung in das Handelsregister bestimmten öffentlichen Blättern und stets im „Reichs-Anzeiger“ ohne Verzug bekannt zu machen.

Eine Löschung der Eintragung auf Antrag des Ein- getragenen erfolgt erst am Schluß des Kalenderjahres, in

welchem der Antrag gestellt ist. Der Antrag ist bei dem Handelsgeriht von dem Antragsteller in Person zu stellen oder in beglaubigter Form einzureichen. Von Amtswegen er- folgt mit Schluß eines Kalenderjahres die Löschung, wenn die Jahresgebühr für das nächstfolgende Jahr nicht bis zum Ende des vorleßten Monats des laufenden Jahres eingezahlt ist. Jedes Handelsgericht hat nah Beginn eines jeden Kalender- jahres eine Liste derjenigen Personen aufzustellen, deren Ein- tragungen am 1. Januar noch in Kraft bestanden. Das Handelsgeriht für den Bezirk der Stadt Berlin, an welches die übrigen Handelsgerichte ihre Listen bis zum 31. Januar einzusenden haben, hat nah deren Eingang ohne Verzug eine Gesammtliste aufzustellen und durch den „Reichs-Anzeiger“ bekannt zu machen, auch ein Exemplar dieser Liste dem Vor- stande der Berliner Börse zu übersenden. An dieser Börse ist die Liste zur öffentlihen Einsicht auszulegen.

Bis zum Ablauf von drei Monaten nah dem Tage der

Veröffentlihung der Gesammtliste durh den „Reichs-Anzeiger“ gelten die infolge geschehener Löschung in der Liste nicht aufgeführten Personen für Dritte noch als eingetragen. s Borsentermingeschäfte über Waaren mit Personen, welche zur Zeit des Geschäftsabschlusses in dem Register nicht ein- getragen stehen oder nicht gemäß der Bestimmung des vor- stehenden Absaßzes als noch eingetragen gelten, sind rechts- unwirksam. Das Gleiche gilt von der Ertheilung und Ueber- nahme von Aufträgen zum Abschluß von Termingeschäften der bezeicbneten Art. Die Rechtsunwirksamkeit erstreckt sich auf die erfolgte Gewährung von Sicherheiten sowie auf Schuld- anerfenntnisse. Zahlungen, welche bei oder nah völliger Ab- wielung des Geschäfts geleistet sind, können nicht zurü- gefordert werden.

Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden An- wendung, au wenn die darin bezeichneten Nechtsgeschäfte im Auslande geschlossen oder zu erfüllen sind. Sie finden keine Anwendung auf Personen, welhe einen Wohnsiß oder eine Geschäftsniederlassung nur im Auslande haben.

C. Verpflichtung zur Eintragung in das Handelsregister.

Es wird cmpfohlen, durch Anweisung der betreffenden Behörden darguf hinzuwirken, daß diejenigen Personen, welche Börsengeschäfte in Effecien fortgeseßt (gewerbemäßig) und nicht bloß gelegentlich betreiben, sih als Kaufleute ins Handels- register eintragen lassen. :

D. Lieferungsqualität; Kündigungswesen.

1) Bei Festseßung der Lieferungsqualität des an den Börsen auf Termin zu liefernden Getreides sind nicht bloß die Jnteressen des Handels, sondern auch die der inländischen Verbraucher der Waare und, wenn dieselbe auch im Jnlande erzeugt wird, die Durchschnittsergebnisse der inländischen Pro- duction zu berücksichtigen.

2) Die Lieferungsqualität des an deutshen Börsen auf Termin zu liefernden Getreides ist von Zeit zu Zeit durch eine vom Reichskanzler zu berufende Commission festzustellen, die aus einem den Vorsiß führenden Reichs- oder Staats- beamten und Vertretern des Handels, der Müllerci und der Landwirthschaft besteht.

3) Bei den zur Beurtheilung der Lieferungsfähigkeit von TPaaren an der Bêrse zu bildenden Sachverständigencommissionen hat eine Mitwirkung von Vertretern der inländischen Pro- ducenten (Landwirthe, Spiritusbrenner u. f. w.) und der in- ländischen Verbraucher und Verarbeiter (Müller, Kaffeehändler, Spinner U. \. w.) stattzufinden. Läßt sih eine regelmäßige Mitwirkung derselben nicht erreichen, so is wenigstens eine Controle über die Entscheidungen der Börsencommissionen durch eine nachträgliche Prüfung seitens der Börsenbehörde oder dur staatlihe Organe herbeizuführen.

Die Börsenordnungen haben die erforderlihen näheren Bestimmungen zu treffen.

4) Es sind, soweit möglih, Anordnungen zu treffen, daß die Feststellung der Lieferungsfähigkeit einer Waare vor der Ankündigung derselben geschehen kann. Bei Ankündigung lieferungsunfähiger Waare soll Käufer berechtigt sein, dieselbe zu dem von den Sachverständigen festzustellenden Werthe zu übernehmen.

5) Jn den Schlußscheinbedingungen is der Fall der An- kündigung uncontractlicher Waare am Schlusse des Termins dem Falle der Nichtlieferung in seinen Wirkungen gleichzu- stellen, sodaß der Käufer auch im ersteren Fall das Recht des Deckungskaufes hat.

E Dor enspiel

1) Wer in gewinnsüchtiger Absicht unier Benußzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines anderen denselben in Bezug auf Börsenpapiere zum Abschluß von Geschäflen, welche nicht zum Gewerbebetriebe desselben gehören, verleitet, obwohl er weiß oder nah den Umständen annehmen muß, daß der Umfang der Geschäfte die wirthschaftlihhe Existenz des Verleiteten gefährdet, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleih mit Geldstrafe bis zu zehn Tausend Mark bestraft.

Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher in gewinn- süchtiger Absicht unter Benußung der Unerfahrenheit eines anderen solche Geschäfte für sih oder Dritte abschließt, obwohl er weiß, oder nah den Umständen annehmen muß , daß der Umfang der Geschäfte die wirthschaftlihe Existenz des Gegen- contrahenten gefährdet. :

Wird die Verleitung gewohnheitsmäßig betrieben, so tril! Gefängniß nicht unter einem Monat und Geldstrafe bis zu zwanzig Tausend Mark ein. Auch kann auf Verlust der bürger- lichen Ehrenrechte erkannt werden.

9) Ein entgegen der Vorschrift des zweiten Absatzes zu 1 abgeshlossenes Geschäft begründet keine Ansprüche.

Aus einem Geschäft, welches infolge derdim ersten Absaß zu 1 unter Strafe gestellten Verleitung abgeschlossen ist, ent stehen keine Ansprüche zwischen dem Verleiteten und dem Ver- leiter, sowie zwischen dem Verleiteten und einem Dritten, wenn leßterer um die Verleitung gewußt hat, oder die Verleitung von scinen Handelsangestellten in Ausübung seiner Verrich- tungen oder von seinem zur Vermittelung von Geschäften der bezeichneten Art Beauftragten bewirkt worden ist. L

Das auf Grund des Geschäfts Geleistete kann zurüctg& fordert werden. Das Recht der Nückforderung des bei oder nach Abwickelung des Geschäfts Geleisteten verjährt in wel Jahren seit dem Tage der Leistung.

3) Gegen Differenzansprüche

aus Zeitgeschäften über Börsenpapiere sowie aus börsenmäßigen Termingeschäften über Waaren kann ein Einwand nicht darauf gegründet werden,

daß die Erfüllung durch. Lieferung der Papiere oder Waaren von den Vertrag}hließenden ausgeschlossen worden ist.

4) Es erscheint zweckmäßig, daß seitens der Landes- Justizverwaltungen den Staatsanwälten besonders cingeschärft wird, behufs Verfolgung des Differenzhandels bei nachfolgender Zahlungseinstellung S 210 Z. 1 der Konkursordnung den in ihren etri sih ereignenden Konkursfällen ihre be- sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und für die Erlangung der Kenntniß von Fällen wirthschaftlihen Ruins infolge von Differenzhandel, auch wenn derselbe nicht zum Note gee Dat unld Sbhrae zu tráâgeil, sowie daß die Staatsganwälte darauf hingewiesen werden, daß auch eine strafbare Theilnahme an dem Vergehen seitens derjenigen, welhe dem Schuldner die Gelegenheit zu dem Differenzhandel gewährt haben, gemäß der reichsgericht- lichen KXechtsprehung Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 16 S. 277, Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 10 S. 487 nicht ausgeschlossen ist.

IV. Maklerwesen und Cursfeststellung.

Vorbehaltlich der Befugniß der Landesgeseßgebung, ab- E Normen aufzustellen, sollen folgende Grundsäße gelten:

a. Die amtliche Feststellung des Börsenpreises von Werth- papicren und Waaren hat sowohl für Kassa- wie Zeitgeschäfte durch die Börsenbehörde und deren Organe zu erfolgen. Zur Mitwirkung hierbei sollen aus dem Kreise der Vermittler be- sondere Hilfspersonen (Cursmakler) ausgewählt werden, welche der Disciplin der Börsenbehörde unterstehen. Dieselben sollen von der Staatsbehörde auf Vorschlag dcr Börsenorgane auf kürzere Zeit angestellt und vereidigt werden. Die Entlassung erfolgt durch die Staatsbehörden auf Vorschlag des Börsen- vorstandes.

Als Börsenpreis ist derjenige Preis festzuseßen, welcher der wirklichen örtlichen Geschäftslage des Verkehrs entspricht und demgemäß den gemeinen Werth der Waare darstellt.

h. Die von anderen als den vorbezeichneten Hilfsperfonen vermittelten oder ohne jede Vermittelung an der Börse ab- geschlossenen Geschäfte sind auf Verlangen des Vermittlers oder eines der Contrahenten in ein an der Börse zu führendes Buch einzutragen, widrigenfalls sie weder bei der Notiz be- rückfsichtigt werden, noch die Vortheile der Börseneinrichtungen genießen follen.

c. Den Cursmaklern sollen cigene Geschäfte nur gestattet sein, soweit dies zur Ausführung der ihnen ertheilten Auf- träge nöthig ist. Zwecks Befolgung dieser Bestimmung haben die Börsenordnungen nähere Vorschriften zu crlassen.

Die Cursmakler haben im übrigen die Verpflichtungen, welche bisher in den Artikeln 69 Nr. 2 bis 6, 71 bis 75, 80 H.-G.-B. festgeseßt sind. Der siebente Titel des ersten Buchs des H.-G.-B. ist bis auf die darin enthaltenen privatrechtlichen Vorschriften aufzuheben.

d. Die von den Handelsmaklern handelnden Artikel 311, 343, 348, 354, 357, 365, 387 H.-G.-B. finden auf die Curs- makler Anwendung.

92) Die Feststellung und Veröffentlichung der zu den ein- zelnen Preisen gehandelten Mengen, welche für die amtliche Notirung der Preise maßgebend waren, hat bei Waaren auf Termin stets, bei sonstigen Waaren und bei Werthpapieren, soweit thunlich, zu erfolgen.

3) Wo für einen Zeitraum Curse fortshreitend ent- \prehend den gemachten Abschlüssen notirt werden, ist dieser Zeitraum bchufs möglichster Erkenntniß des Zeitpunkts der einzelnen Abschlüsse in verschiedene kleinere Zeiteinheiten zu zerlegen.

4) Durch den Bundesrath sind Bestimmungen zu erlassen, um die erforderliche Einheitlichkeit der Notiz (Einheitlichkeit des den Notizen zu Grunde liegenden Quantums bei Waaren und der für die Notizen maßgebenden Usancen bei Effecten) herbeizuführen.

5) Die in Artikel 249 4 2 des Handelsgesezbuchs enthaltene Strafbestimmung ist auch auf andere Börsenpapiere, sowie auf Waaren auszudehnen.

V, Commissionsgeschäft.

A. In entsprechender Aenderung des Artikels 376 H. G. B. sollen in Betreff des Selbstcintritts des Commissionärs folgende Bestimmungen getroffen werden :

1) (An Stelle des jeßigen Absaßes 1 des Artikels 376): Bei der Commission zum Einkauf oder Verkauf von Waaren, " Wechseln und Werthpapieren, welche einen unter Mitwirkung amtlicher Organe festgestellten Börsen- oder Marktpreis haben, kann der Auftrag zum Abschluß des Geschäfts, wenn der Committent nicht ein anderes bestimmt hat, von dem Com- missionär dadurh ausgeführt werden, daß derselbe sih ver- pflichtet, das Gut, welches er einkaufen soll, selbst als Ver- fäufer zu liefern, oder das Gut, welches er zu verkaufen beauftragt ist, als Käufer zu übernehmen.

9) (Absag 2 des Artikels 376.) Jm Falle solcher Aus- führung des Auftrags ist die Pflicht des Commissionärs, Rechenschaft über die Abschließung des Kaufs oder Verkaufs zu geben, auf den Nachweis beschränkt, daß bei dem berehneten Preise der Börsenpreis oder Marktpreis zur Zeit der Aus- führung des Austrags eingehalten ist. Der Commissionär ist zu der gewöhnlichen Provision berechtigt und kann die bei Commissionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Unkosten berehnen.

3) Bestehen innerhalb derselben Börsen- oder Marktzeit verschiedene Börsen- oder Marktpreise, so ist der Börsen- oder Marktpreis, dessen Einhaltung der Commissionär nachzuweisen hat, der Preis, welcher zu der Zeit bestand, zu welcher der Commissionär die Anzeige von der Ausführung des Auftrags behufs Absendung an den Committenten abgegeben hat. Jst dies in Betreff eines Auftrags, welcher während der Börsen- oder Marktzeit auszuführen war, erst nah Schluß der Börse oder des Marktes geschehen, so ist entweder der Preis, der am Schlusse bestand, oder, sofern dies für den Committenten günstiger ist, der sih aus der Vergleichung sämmtlicher Börsen- oder Markt- preise während der Börse oder des Marktes ergebende mittlere Preis einzuhalten. Werden nach den Einrichtungen der be- treffenden Börse innerhalb derselben Börsen- oder Marktzeit zu mehreren Malen einheitliche Preise festgestellt, so sind für die Feststellung des vom Committenten zu beanspruchenden mittleren Preises lediglih diese festgestellten Einheitspreise heranzuziehen.

4) Dem Committenten steht der Anspruh auf die Be-

rechnung eines günstigeren Preises als des in Rechnung ge- stellten zu, wenn er nahweist, daß der Auftrag zu einem solchen Preise hätte ausgeführt werden können.

5) Hat der Commissionär vor Absendung der Ausführungs- anzeige aus Anlaß des ertheilten Auftrags ein Geschäft mit einem Dritten zu einem dem Committenten günstigeren Preise an der Börse oder im Markte abgeschlossen, als es der dem Committenten aufgegebene ist, so steht dem Committenten dieser günstigere Preis zu.

Die Bestimmung zu 5 kann durch Vertrag nicht ab- geändert werden.

6) Erklärt der Commisstionär nicht bei der Anzeige von der Ausführung des Auftrags ausdrücklih, daß ein Selbst- eintritt nicht gewollt sei, so gilt die Ausführung des Auftrags als durch Selbsteintritt des Commissionärs erfolgt.

Es kann nicht rechtsgültig vereinbart werden, daß die

Erklärung darüber, ob Selbsteintritt oder Abschluß für Rech- nung des Committenten mit einem Dritten als Erledigung des Auftrags gelten soll, über den Tag der Ausführungs- anzeige hinaus verschoben werden dürfe. ___) (Statt Abs. 3 des Art. 376). Macht der Commissionär, sofern die Ausführung des Auftrags nicht als durch Selbst- eintritt erfolgt gilt, niht zugleih mit der Anzeige über die Ausführung des Auftrags eine andere Person als Käufer oder Verkäufer namhaft, so ist der Committent befugt, den Com- misstonär als den für die Erfüllung des angezeigten Geschäfts selbst Hasftbaren in Anspruch zu nehmen.

_B. Bei Waaren und Werthpap'eren, welche einen Börsen- preis oder Marktpreis haben, darf, auch wenn nach (Artikel 311 H.-G.-B.) oder Vertrag der Commissionär sich ohne gerichtliches Verfahren befriedigen kann, diese Befriedigung, abgesehen von den Fällen des Absagzes 1 des Artikels 312, nur im Wege cines Verkaufs in den Formen des Artikels 311 H.-G.-B. statifinden. Der Commissionär kann hierbei nur in einem öffentlich bekannt gemachten Verkaufstermin als Käufer auftreten.

C. Zu den geseßlih von einem Commissionär zu führen-

den Handelsbüchern gehört, wenn derselbe Aufträge zum Ein- fauf oder Verkauf von Waaren, Wechseln oder Werthpapieren, welche einen Vörjenpreis oder Marktpreis haben, übernimmt, eine besondere Liste, in welche die einzelnen Aufträge zu Ge- schäften der bezeichneten Art und die einzelnen vom Com- mijstonäc zur Deckurg dieser Geschäfte in den betreffenden Waaren, Wechseln oder Werthpapieren abgeschlossenen Geschäfte unter Angabe des Abschlußpreises und des dritten Contrahenten einzutragen sind. Die Liste hat ersihtlich zu machen, welche der abgeschlossenen Geschäfte für Rechnung eines der Ausftrag- geber in Ausführung seines Auftrags abgeschlossen sind, welche Aufträge Erledigung durch Compensation gefunden haben und zu welchem Preise bei den einzelnen Aufträgen der Selbst- eitel atb bat De Eiragunan M die Liste sind bis zum Ablauf des nächsten Werktags nach Vornahme - der betreffenden Acte zu bewirken und mit dem Vermerk des Tages der Eintragung zu verschen. Jm Laufe eines Nechtsstreits mit dem Commissionär kann der Committent behufs Führung des Beweises über einen Streit- punkt die Vorlegung dieser Liste fordern. D. Personen, welche gewerbemäßig von dritten Personen Aufträge zum Abschluß von Rechtsge\schäften übernehmen, sind wegen Untreue (Strafgeseßbuch Z 266) zu bestrafen, wenn sie absichtlich und, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, zum Nachtheil ihres Auftraggebers handeln.

Wir lassen nunmehr den an den Reichskanzler erstatteten Bericht im Wortlaut folgen :

Eure Excellenz haben mittels hochgeehrten Erlasses vom 16. Februar v. I. die unter- zeichnete Commission zur Leitung einer Enquête über die gesammten Börsenverhältnisse berufen. Die Commission bestand anfänglih aus folgenden Mitgliedern : 1) Dr. jur. Koch, Wirklicher Geheimer Nath, Präsident des Neichsbank-Directoriums, Mitglied des preußishen Herren- hauses und Kronsyndikus, Vorsißender. Gamp, Geheimer Ober-Regierungs-Rath und vortragender Nath im Ministerium für Handel und Gewerbe, Mitglied des Reichstags, tellvertreter des Vorsißenden. Berlin. i Graf von Arnim, Legations-Rath und Rittmeister a. D., Mitglied des Reichstags. Muskau (Ober-Laufitz). von Auer, Justiz-Rath, NReichsrath der Krone Bayern. München. Graf von Behr, Landrath, Mitglied des Reichstags und des Abgeordnetenhauses. Greifswald. Dr. Gustav Cohn, ordentliher Professor der wissenschaften an der Universität zu Göttingen. Dr. jur. von Cuny, Geheimer Justiz-Rath, ordentlicher Honorarprofesser der Nehte und Mitglied der Haupt- verwaltung der Staatsschulden, Mitglied des Neichstags und des Abgeordnetenhauses. Berlin. Diffené, Geheimer Commerzien-Rath, Königlich belgischer Konsul, Mitglied der badishen Ersten Kammer, Vorsitender der Handelskammer. Mannheim. : Fehling, Senator der freien und Hansastadt Lübe. Frengel, Geheimer Commerzien-Rath, Präsident des Aeltesten-Collegiums der Kaufmannschaft. Berlin. Heuschkel, Commerzien-Rath, Director der Sächsischen Bank in Dresden. Dr. jur. Hoffmann, Geheimer Ober-Negierungs-Rath, vortragender Rath im Reichs-Justizamt. Berlin. Freiherr von Hoiningen genannt Huene, Major a. D., Nittergutsbesißer, Mitglied des Staatsraths, des Reichstags und des Abgeordnetenhauses. Groß- Mahlendorf, Kreis Falkenberg, Oberschlesien. Dr. von Jobst, Geheimer Hofrath, Handels- und Gewerbekammer. Stuttgart. Dr: A. C. JütLtgéens8; Sécvretär der Hamburg. Graf von Kanitz, Königliher Kammerherr, Rittmeister a. D., Mitglied des Reichstags und des Abgeordnetenhauses. Podangen, Ostpreußen. von Koenen, Geheimer Ober-Finanz-Rath, Mitglied der Generaldirection der Seehandlungs-Societät. Berlin. F. Th. Lürmann, Königlich bayerisher Generalkonsul Mitglied der Handelskammer. Bremen. Mendelssohn-Bartholdy, Geheimer Nath, Königlih dänischer Generalkovful, Kaufmannschaft. Berlin. Dr. G. Shmoller, ordentlicher Professor der Staats wissenshaften an der Berliner Universität, Mitglied des Staatsraths und der Akademie der Wissenschaften. Berlin.

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N Vorsitzender der

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Handelskammer.

Commerzien- Aeltester der

Dr. jur. Wen hel, Geheimer Regierungs-Rath, vortragen- der Nath im Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Berlin. Dr. Witte, Senator a. D., Mitglied des Reichstags. Nostok. van den Wyngaert, Vorsißender des Verbandes deutscher Müller. Berlin. Im Laufe der Verhandlungen sind folgende Aenderungen in der Zusammenseßung der Commission eingetreten : 1. dur Eurer Excellenz hohe Erlasse vom 9. Mai bezw. 4. und 26. Oktober 1892 sind als Mitglieder in die Commission ferner be- rufen worden: 24) Dr. jur. Wiener, Senatspräsident am Reichêgericht. Leipzig. 25) Dr. Thiel, Geheimer Ober-Regierungs-Rath, vortragender Nath im Königlich preußishen Ministerium für Landwirth- chaft, Domänen und Forsten. Berlin. Stengel, Konsul a. D. und Fabrikbesißer. Staßfurt. von Arnim, Rittmeister a. D. und Nittergutsbesiger. Güterberg bei Strasburg (Uckermark). von Noeder, Landrath a. D. und Rittergutsbesißer. Ober-Ellguth bei Tschirnau; N [T. durch Eurer Excellenz hohe Erlasse vom 5. Mai v. J. bezw. 5. April d. F. und 18. April d. J. sind zu Mitgliedern ernannt: a. an Stelle des Generalkonsul Lürmann aus Bremen der Syndikus der daxtigen Handelskammer Dr. Boisselier, b. an Stelle des durch Krankheit an weiterer Theilnahme ver- hinderten Secretärs der Handelskammer zu Hamburg Dr. Jürgens der Dr. Gütschow, ebenfalls Secretär der dortigen Handelskammer, an Stelle des durch Krankheit verhinderten Senator F eh - ling aus Lübeck der Senator Dr. Klügmann, ftell- vertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, ebendaher; TTT. das Mitglied Senator a. D. Dr. Witte aus Rostock if} am 31 JUl d V, verstorben Für die Protokollführung und als Hilfskräfte waren der Com- mission beigeordnet die Köntglih preußishen Gerichts-Assefsoren Eschenbach und Endemann. Ï Der unmittelbare Anlaß zu der Veranstaltung der Enquête lag in der großen und nachhaltigen Erregung, welche im Herbst 1891 durch rasch auf eineinder folgende Bankerutte von Banken und Banquiers in weiten Kreisen hervorgerufen war. Dieselben hatten nicht bloß Veruntreuungen und Betrügereien in großem Umfange enthüllt, sondern auch abermals die durch mancherlei Verhältnisse und Einrichtungen der Börsen be- günstigte Neigung eines erheblichen Theils des Publikums zum Börfen- spiel und die dadurch angerichteten Verheerungen im Volkswoblstande erkennen lassen. Hierdurch waren die im November 1851 aus dem Schoße verschiedener Parteien hervorgegangenen Anträge im Reichs- tage angeregt, worin Geseßesvorlagen gegen das Börsenspiel bezw. gegen den Mißbrauch des Zeitgeshäfts als Spielgeshäft, sowie die Ünterstelung der Börsen mit ihrem Geschäftsveckehr unter eine wirksame staatlihe Aufsicht gefordert wurden. Damit waren die Grenzen angedeutet, innerhalb deren - sih die Enquête unserer Auf- fassung nach zu bewegen hatte. Als unsere Aufgabe erschien es uns, zunächst die Einrichtungen und die thatsächlihen Verbältnifse der deutshen Börsen, sowie des Verkehrs an denselben im Vergleich mit denen der bedeutendsten Börsen des Auslandes, sodann die dabei hervor- getretenen Mißstände zu ermitteln und zu prüfen, hieraus aber \{ließlih ein Urtheil über die Mittel zu gewinnen, wodurch jenen Mißs\tänden dauernd zu begegnen sein möchte. Zu diesem Zwecke haben wir mit der uns bereitroilligst gewährten Hilfe des Auswärtigen Amts authentische Nachrichten über die in den einzelnen Bundesstaaten und

an den wichtigsten ausländiswen Pläßen bestehenden einschlagenden geseßlihen Vorschriften, Statuten und Handelsgebräuche, insonderheit hinsihtliÞh des Terminges{äfts, eingezogen. Die auf diese Weise gewonnenen Materialien sind in dem beiliegenden Bande gesammelt.

Ferner sind (Anlage 1) von der Commission eine große Anzahl von ihr ausgewählter, angesehener und urtheilsfähiger Personen aus den verschiedenen unmittelbar oder mittelbar am Börsenverkehr be- theiligten Erwerbsgruppen, aus der Wissenschaft, der Nechtspflege und der Presse eingehend unter stenographisher Aufzeihnung der Ver- handlungen, welhe wir in vier Bänden (Anlage 2 bis 6) nebst \systematishem Negister anbei zu überreihen uns beehren, vernommen worden. Von diefen im ganzen 115 Sachverständigen find 39 dem Effectenverkehr, 16 dem Getreidebandel, 10 der Landwirthschaft, 10 der Müllerei, 9 dem Kaffeehandel, 6 dem Spiritus-, 7 dem Zucker-, 5 dem Tertilgeschäftszweige, 8 der Wissenschaft und der Rechtspflege und 9 der Presse beizuzählen. Hierbei ist ein Fragebogen zu Grunde gelegt, dessen Inhalt in vorgängiger Berathung festgestellt und später noch ergänzt worden ist. Derselbe beshränkt {h grundsäßlih auf di Börsen und den Börsenverkehr. Zwar wurde von einer größeren An- zahl von Mitgliedern auch die Hereinbeziehung einiger Fragen des Actienrechts gewünscht, weil diese mit manchen nachtheiligen Er- \cheinungen des Börfenverkehrs in Verbindung f\tänden. Obwohl leßteres niht bezweifelt und von mehreren Mitgliedern gewünscht wurde, daß die Reichsregierung die baldige Reform des Actienrehts in die Wege leiten möge, bes{chloß doch die Commission, in eine ein- gehende Berathung diefer Fragen nicht einzutreten, da eine Reform des Actienrehts die Grenzen ihres Auftrags überschreite, und die Lösung ihrer ohnehin sehr umfassenden und s{wierigen Aufgabe dur die Beschäftigung mit solchen ferner liegenden Streitfragen allzusehr verzögert würde.

Das durch die Vernehmung der Sachverständigen erlangte Material ist weiterhin durch das Studium zahlreicher Prozeßacten über ein- \chlagende Rechtsfälle, welhe von den betreffenden Gerichten erbeten find, ferner durch die von einem Mitgliede verfaßte Darstellung der Rechtsprechung des Reichsgerichts, betreffend das Differenzgeschäft, durch Eingaben Geschädigter, dur \chriftlihe Gutachten einzelner Sachverständigen, namentli folcher, deren mündlihe Anhörung fich nicht mehr als ausführbar erwies, endlich durch eine Reibe ftatiftischer Arbeiten, welche wir zum theil den von uns darum ersuhten Handels- vertretungen verdanken, ergänzt worden. in Theil dieses Materials welcher von dauerndem Werthe sein di ist in einem befonderen Anlagebande vereinigt.

Unter Benußung der a1 erlangten (Anlage 7) hat die Commission über die gewonnenen ( zwei Lesungen, welche 35 zen in Anspruch r n, Bes rathungen geflogen. Die Berath f i Gruppen getheilt, für deren jede besondere Ri enten bestellt wurden.

Es wirkten in diefer Eig

1) über Börsenorgantis Geheimer Ober-Regie Geheimer Commerzien-R

R t C aonR&: Dr. SUrCgens;

Ftrma tinnor ZA OTIIATIONCT

2) über Emissionswesen: Geheimer Ober-Regierungs-Rath Gamp und Geheimer Commerzien-Rath Frentel;

3) über Terminhandel: Geheimer Ober-Regierungs-Rath Gamp, Geheimer Commerzien-Rath Frentel Dr. Jürgens, Graf Kanit, Senatsêpräsident Dr. Wiener van den Wyngaert:

4) über Kurs und Maklerwesen: Freiberr von Huene, ry tir raens P. SUTgen Ss, van den Wyngaert:

5) über das Commissionsgef Senatspräsident Dr. Geheimer Ober-Negierun Geheimer Commerzien-Ratì Professor Dr. Cohn.