1893 / 308 p. 20 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Dec 1893 18:00:01 GMT) scan diff

aufgenommen sind, und daß eine Ergänzung nur durch Aufnahme der von ihr empfoblenen Bestimmungen nothwendig ist, die einer weiteren Erläuterung nicht bedürfen. Die Berliner Börsenordnung schreibt für die Fälle, in denen die Verurtheilung erfolgt ift, weil der Schuldner durh Spiel oder Differenzhandel übermäßige Summen verbraucht hat oder s{uldig geworden ift, eine Mindestdauer der Ausschließung von 6 Monaten vor. Die Commission war zwar der Meinung, daß eine solde Mindestdauer für diese Fälle in der Regel angemessen ift, lehnte es aber ab, durch Aufnahme einer ai padeidea Bestimmung die Börsenbehörde für alle Fälle zu binden. 4

Zy einer eingehenderen Erörterung gab die bei manhen Börsen bestebede Praxis Veranlassung, die Beseitigung der Zahlungsunfähig- keit hon dann als dargethan anzusehen, wenn diejenigen unbefriedigt gebliebenen Gläubiger, welche Mitglieder der betreffenden Börse sind, dem Zahlungsunfähigen bscheinigen, daß fie sih mit ihm geeinigt und gegen seine Wiederzulassung zur Börse Bedenken nicht zu erheben hätten. Die Commission hielt diese Praxis deshalb für bedenklich, weil diese BDeshengung oft zu dem Zweck ausgestellt wird, dem Zahlungsunfähigen das Börsenspiel zu ermöglichen, und weil diese Praris naturgemäß dahin führen muß, daß die Zahlungsunfähigen in erster Reihe die Mitglieder der Börse befriedigen, um durh deren Bescheinigung über ihre Befriedigung die Wiederzulassung zur Börse zu erlangen. Die Commission hielt deshalb eine strengere Prüfung der stattgehabten Befriedigung der Gläubiger, namentlich auch der außerhalb der Börse stehenden, für geboten, ohne gerade den s{chwer zu führenden voll- ständigen Nachweis dieser Befriedigung zu fordern. Insbesondere wurde bierfür noch geltend gemacht, daß gerade unter den zahlungs- unfähig Gewordenen sich auch folhe Elemente befinden könnten, welche ih zu bedenklichen Manipulationen für die Beeiiflussung der Curse, z. B. durch Hinauf- oder Herunterschreien der Curfe, hergäben. Von anderer Seite wurde darauf hingewiesen, daß man in der Forderung des Nachweises der Befriedigung der Gläubiger nicht zu weit gehen dürfe, weil die Gläubiger oft aus Mitleid veranlaßt würden, auf die Geltendmachung ihrer Forderungen zu verzichten, und in vielen Fällen die in Vermögens8verfall Gerathenen nicht an die Börse kämen, um von neuem Speculationsgeschäfte in aroßem Umfange zu betrciben, wozu es ihnen hon an dem nöthigen Credit fehle, fondern nur, um durch kleine Commissions- und Vermittelungsgeshäfte ihre Existenz zu fristen. Die Mehrheit der Commission erkannte diesen Aus- führungen cine gewisse Berechtigung zu, glaubte aber, daß den Nück- ichten auf die Erhaltung der Existenz dieser Personen auf andere Weise genügend Nechnung getragen werden könne.!) i

Ferner wurde von mehreren Seiten angeregt, ob niht im Falle der Zahblungseinstellung die Wiedergewährung des Zutritts zur Börse vom Nachweise des unverschuldeten Gerathens in jenen Zustand ab- bängig zu machen und außerdem ohne Nücksiht auf. einen etwaigen Erlaß der Schulden seitens der Gläubiger die erfolgte Zahlung eines erheblichen Procentscßes der Schulden zu erfordern fein solle.

Die Commission erachtete es allerdings insbesondere in leßterer Beziehung für wünschenswerth, daß in Zukunft weniger häufig, als bisher, auf die bloße Bezahlung eines geringen Procentsaßzes der Schulden hin der Zutritt wieder gewährt werde. Indessen trug sie Bedenken dagegen, folhe ins einzelne gehende Vorschriften für die Börsenordnungen als Normativbestimmungen, worauf es doch hier allein ankommt, aufzustellen.

4) Börsendisciplin.

Während die Commission die Zulassung zum Börsenbesuch den Börsfenordnungen glaubte überlassen zu können, hielt sie die Regelung ver Börsendisciplin im Wege der Reich8gesetzgebung für geboten, nicht bloß weil sie der Ansicht war, daß in dieser Beziehung für ganz Deutschland gleiches Recht gelten muß, sondern auch, weil der von der Commission befürwortete Börsendisciplinarhof auf geseßlicher Grund- lage beruhen und ausgebaut werden muß, um eine ersprießlihe Thätig- feit entfalten zu können. Die Auffassung, daß, wenn sih an einzelnen Börsen das Bedürfniß nah einer Bershärfung der Börsendisciplin herausgestellt habe, die Bestimmungen hierüber den Landesregierungen überlassen werden möchten, um die volle Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse und Anschauungen zu ermöglichen, fand nicht die Zustim- mung der Commission.

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Im allgemeinen.

Der Beschluß, daß die mit der unmittelbaren Aufsicht über die Börse betrauten Organe die Diéciplinargewalt in derselben zu üben haben, entspriht der gegenwärtig bei allen, denjenigen Börsen be- stehenden Uebung, deren unmittelbare Beaufsichtigung bestimmten Handelétorganen übertragen worden ift. Nach den gefaßten Beschlüssen soll zwar das Recht und die Pflicht der Aufsicht über die Börsen den Landesregierungen zustehen; die Commission ging aber von der Vor- ausfezung aus, daß die Landesregierungen im allgemeinen die unmittel- bare Aufsiht den Handelsorganen übertragen würden. Zur wirk- samen Ausübung dieser Aufsicht ist die Uebertragung einer gewissen Disciplinargewalt auf die mit derselben betrauten Organe nothwendig. Die Aufrechterhaltung der Ordnung und des Geschäftsverkehrs in der Börse erheisht oft ein s{hleuniges Einschreiten gegen Verfebßlungen und Ausschreitungen der Börsenbesucher. Die Börsenbehörde muß demgemäß befugt sein, derartige Verfehlungen sofort ahnden und die betreffenden Börsenbesucher von der Börse entfernen zu können.

b. Zuständigkeit des Börsendisciplinarhofes.

In Uebereinstimmung mit der großen Mehrzahl der Sachver- ständigen hielt die Commission eine Verschärfung der Börsendisciplin für ein dringendes Bedürfniß und für eines der geeignetsten Mittel, um die im Börsenverkehr hervorgetretenen Mißstände zu beseitigen;

diejenigen, gegen welche der Verlust der bürgerlihen Ehren- ete durch ein noch nicht rehtskcäftiges Erkenntniß aus- gesprochen ift; iejenigen, gegen welWe bei dem zuständigen Geriht wegen Verschwendung oder Geistesschwähe der Antrag auf Ent- nündigung gestellt ift; iejenigen, welhe wegen einfahen Bankerutts rechtskräftig verurtheilt worden find oder welche sih im Zustande der Zablungsunfähigkeit befinden. Diefer Zustand gilt bei einem Börsenbesucher ins- dann s{hoáà als eingetreten, wenn er seinen Accordvorschläge macht oder wenn er eine und fällige Shuldverbindlichkeit unberihtigt ge- t.

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1 bis 3 dauert die Ausschließung so lange, ungsgrund beseitigt ist. In den Fällen zu ießungéfrift auf mindestens 3 Monate bis Fahre zu bemessen. Auch nah Ablauf der festgeseßten uêges{chlossenen eine neue Börseneintrittskarte werden, wenn das Aeltesten-Collegium den mtlihen Gläubigern durch Zahlung, Erlaß en Regulirung für geführt erachtet.

1!

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»rsen-Eintrittéfarte darf nit ertheilt werden an

ôgen der Konkurs \{webt, trüglihen Bankerutts rehts-

8,7544 B

Für Verschärfung bei Bankerutt: S. 720, 723, 893, 1703, 15, 2920, 2984, 3095, 3594. minder sharfe Behandlung: S. 242, 1822, 2164, 2973, 3099.

nur über dic Art und Weise, wie diese Vershärfung herbeizuführen fein möchte, gingen die Ansichten auseinander.

Von der einen Seite!) wurde es für ausreihend erachtet, wenn durh die Börsenordnungen den Börsenbehörden größere Disciplinar- befugnisse beigelegt würden, sodaß dieselben in der Lage wären, gegen alle Verfehlungen wider die kaufmännishe Ehre {nell und wirksam einzuschreiten.2) In dieser Beziehung seien die gegenwärtigen Bor- {riften nit ausreihend und entschieden reformbedürftig. Zunächst sei nah den gegenwärtigen Bestimmungen die Disciplinarbefugniß der Börsen-Aufsichts8organe auf die an der Börse selbst vorgekommenen Verfehlungen und Ausschreitungen beschränkt; ferner unterlägen die Disciplinarentsheidungen der Anfebtung im Verwaltungs - Streit- verfahren; dadur würde die Wirkung der Strafe abges{chwäccht und die {hließliche Entscheidung in die Hand von Behörden gelegt, die dem kaufmännischen Leben und dem Verkehr an der Börse zu fern ständen, um ein sachverständiges Urtheil über die ihrer Entscheidung unterstellten Vergehen zu haben. Die Ausdehnung der Börsendisciplin auf Verletzung des kaufmännischen Anstandes in der Geschäftsgebahrung wurde von einer Seite überhaupt für bedenflich erachtet. Derartigen Handlungen müsse erforderlichen Falls durch auf den ganzen Handel fich erstreckende Maßregeln, niht nur folhe für den Börsenverkehr oder die Börsenbesucher entgegengetreten werden. Sonst würden gerade die bedenktlihen Elemente fich von der Börse fernhalten- und sich der zügelnden (Sontrole ihrer Berufsgenossen und deren Einwirkung ent- ziehen. Eine derartige Disciplin sei vielleicht bei corporativ verfaßten Börsen am Plat, nicht aber bei solchen, die ganz frei einem Jeden zugänglich seien. Auch sei die Grenze zwishen dem, was nach kauf- männishen Ehr- und Anstandsbegriffen zulässig sei und was nicht, eine sehr shwankende, vom subjectiven Gefühl abhängige. Die natur- gemäße und angemessene Reaction gegen geseßzlih nicht strafbare, aber moralish verwerfliche Handlungen müsse, wie im allgemeinen, so auh im Handels- und speciell im Börsenverkehr durch Beurtheilung der- selben durch die Oeffentlichkeit, insbesondere die Berufsgenossen, geübt werden.

Von anderer Seite?) wurde die Errichtung eines Ehrengerichts- hofes befürwortet und darauf hingewiesen, daß, wenn derselbe ähnlich organisirt würde, wie die Ghrengerihte der Anwälte, gerade die vor- getragenen Gesichtspunkte, insbesondere der Wunsch einer Beurtheilung durch Berufsgenossen, durchaus zur Berücksichtigung kämen, da ja in dem Ehrengerihtshof lediglich die Kaufleute und Börsenbefucher ver- treten fein follten.

Hiergegen wucde eingewandt, daß dice für andere Berufszweige (Officiere, Anwälte) bestehenden Ehrengerichte auf einem gleichen öffentlihen Amte der demselben unterstellten Personen und der gleichen dur den Staat controlirten Vorbildung für dasselbe beruhten, während die Börsenbesucher Personen von fehr verschiedenem Bildungs- grade und sehr verschiedener focialer Stellung wären, die nur örtlich vereinigt wären und nur zeitweise eine gewisse Gemeinsamkeit der

, Interessen hätten, bei denen also eine derartige Gleichheit der sitt-

lien Anschauungen nicht bestände, wie bei Offizieren und An- wälten.#4)

Die Commission war der Ansicht, daß diese Ausführungen eine gewisse Berechtigung haben, daß dieselben aber, wenn es sich nicht um ein Ghrengericht, sondern um einen Bisciplinargerichtshof handelt, kein Hinderniß find, alle Börsenbesucher unter die gleichen disciplinaren Vorschriften zu stellen, weil der Disciplinarhof die besonderen Ver- hältnisse der einzelnen Börfenbesucher zu würdigen durhaus in der Lage ist.

Nach Ansicht der Commission sollen vor dem Disciplinarhof die- jenigen Börsenbefucher zur Verantwortung gezogen werden, welche durch ihr Verhalten an der Börse oder bei Ausübung ihres Geschäfts- betriebes die taufmännishe Ehre verlcßen oder sich Handlungen zu \{chulden kommen lassen, welche sie der Achtung ihrer Standesgenofsen berauben. Die Beschränkung der Thätigkeit des Disciplinarhofes auf die an-der Börse selbst vorgekommenen Störungen und Verfehlungen wurde allseitig als durchaus unzureichend und materiell nicht gerecht- fertigt bezeichnet. Wenn auch felbstverständlih nicht davon die Nede sein kann, Börsenbesucher wegen Handlungen vor dem Disciplinarhof zur Verantwortung zu ziehen, die mit der Ausübung ihres Geschäfts- betriebes nicht in Verbindung stehen, so hielt man es doch allseitig für ein Bedürfniß, den gesammten Geschäftsbetrieb der Börsenbesucher unter die Controle ihrer Beruf8genossen bezw. des Disciplinar- hoses zu stellen. Gerade in diesem Geschäftsbetriebe werden vielfach Handlungen begangen, die zwar nicht die Strafgeseße verletzen, die aber doch vom Standpunït der öffentlihen Moral als unzulässig und verwerflih bezeihnet werden müssen. Die Interessen des großen Publikums verlangen in solhen Fällen ebenso eine entsprechende Ahn- dung, wie die Interessen des Kaufmannstandes selbft, der jetzt vielfach unter den Ausschreitungen einzelner zu leiden hat. Der Kaufmannstand selbst hat demgemäß das dringendste Interesse, diese unfoliden, vertrauens- unwürdigen Personen ausgeschlossen zu sehen, und muß wünschen, daß Handlungen, welche die kaufmännische Ehre verletzen, entsprechend ge- ahndet werden. Daß zur Erreichung dieses Zweckes die bisherigen Bestimmungen unzur&chend sind, darüber besteht keine Meinungs- verschiedenheit; fehlt doch schon den Börsenorganen das wichtigste Mittel, die Wahrheit festzustellen, nämlih die Möglichkeit der eid- lihen Vernehmung von Zeugen. Es ist deshalb geboten, die Börsen- disciplin zu verschärfen, das Verfahren vor dem Disciplinarhof zu regeln und Garantien dafür zu schaffen, daß die die kaufmännische Ehre verletzenden Handlungen in der That geahndet werden, und eine objective und eingehende Unterfuhung der den Betreffenden zur Last gelegten Handlungen stattfindet.

c. Als zu ahndende Handlungen sind insbesondere anzusehen:

Die Frage, ob es fsih empfehle, die börsendisciplinarisch zu ahnenden Handlungen befonders aufzuführen, begegnete in der Com- mission einer verschiedenen Auffassung. Von der einen Seite wurde es für völlig ausreichend gehalten, wenn, so wie es unter b. geschehen sei, ausgesprochen würde, daß die die kaufmännishe Ehre verleßenden Handlungen der disciplinaren Ahndung unterlägen; die Aufzählung der einzelnen diéciplinarisch zu ahndenden Handlungen erscheine deshalb bedenklich, weil dadur der freien Würdigung dieser Handlungen durch den Disciplinarrichter zu enge Schranken gezogen seien.

Auf der anderen Seite glaubte man dieser Aufzählung in mehr- facher Beziehung einen ganz besonderen Werth beilegen zu sollen. Die- selbe erläutere zunächst die Ansihten der Commission und diene dazu, ihren Standpunkt auf vielen Gebieten, auf denen Mißstände hervor- getreten seien, lar erkennbar zu mahen. Mit Reht würde es die öffentlihe Meinung im höchsten Maße befremden, wenn die Com- mission es unterlassen würde, unzweideutig zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich mit den hauptfächlihsten hervorgetretenen Mißständen befaßt hätte und auf welhem Wege ihres Erachtens die Beseitigung oder Minderung derfelben zu erreichen sein möchte. Wäre {hon aus diesem Grunde die Aufzählung der disciplinarisch zu ahndenden Hand- lungen und die Darlegung des Standpunktes der Commission denselben gegenüber geboten, so würde es auch fowohl für das außerhalb der Börse stehende Publikum als für die Börsenbesucher selbst von großem Werthe sein, durch die Aufzählung dieser Handlungen über die Trag- weite der von der Commission bezüglih der Zuständigkeit des Börsen- disciplinarhofes gefaßten Beschlüsse informirt zu werden. Gegenüber der Ansicht einzelner Mitglieder der Commission, daß der Disciplinar- hof fih nur mit Vergehen gegen die zur Aufrechterhaltung der Ordnung und des äußeren Geschäftsverkehrs an der Börse erlassenen Anord-

1) Stenogr. Ber. S. 259, 261, 561/62, 2099, 2170 ff., 2403 ff., 2409, 2410, 2609 u. a. m.

?) Stenogr. Ber. S. 261, 562, 2406, 2408.

2) Stenogr. Ber. S. 261, 550, 561, 576, 737 ff., 739, 742, 894, 1004, 1276, 1281, 1484, 1828, 2019, 2159, 2778, 2981, 2985 i, a. ü L B S. 749, 1830, 1395, 2164, 2242. Anderer Ansicht : S. 2978, 2985,

nungen zu befassen hätte, beweise gerade die Aufzählung, daß diese Auffassung von der Stellung des Disciplinarhofes den Ansihhten der Commission in keiner Weise entspriht. Die Aufzählung biete ferner den Vortheil, daß jedem Börsenbesucher die Handlungen, welche vor- zugsweise einer disciplinaren Ahndung unterliegen, klar und deutli vor Augen geführt würden und er demgemäß retzeitig gewarnt würde.

Diesen Darlegungen und Anschauungen {loß sich die Commission durhaus an und befürwortete die Aufnahme der vorzugsweise 1n Betracht kommenden disciplinarish zu ahndenden Handlungen in die N Af ; B Ps : Börsenordnungen. Wenn sie davon absah, diefe Aufnahme auch in das zu erlassende Börsengeseß zu befürworten, so geschah dieses ledig- lih in der Erwägung, daß diese Aufzählung naturgemäß nicht voll- ständig sein kann, daß dur die Börsenordnung besser als durch daz Geseß etwaige Ergänzungen vorgenommen werden können und daß auch der Fall nicht ausgeschlossen ist, daß für einzelne Börsen die eine oder die andere der aufgeführten Handlungen keine praktische Bedeutung hat. /

Was die einzelnen, nah Ansicht der Commission disciplinarisch zu ahndenden Handlungen anlangt, so ist dazu Folgendes zu bemerken:

1) Einer der wichtigsten Bortheile,!) welche die Börsen durch die Vereinigung des Angebots und der Nachfrage für die allgemeinen Interessen bieten, ist die rihtige Bewerthung der an ihnen gehandelten Waaren. Daher ist es unbedingt geboten, für eine richtige und sach- gemäße Preisnotirung Sorge zu tragen und demgemäß alle Handlungen energisch zu ahnden, welche auf eine arglistige Beeinflussung der Curse hinzielen. Diese Becinflussung ist insbesondere durch Scheingeschäfte möglih. Selten befindet fsih der Makler oder der Börsencommissar, welcher die Preise und Curse feststellt, in der Lage, sofort zu prüfen, ob die ihm aufgegebenen Geschäfte in der That abgeschlossen oder nur fingirt find. Die Aufgabe derartiger Scheingeschäfte beeinflußt oft die Cursnotiz und schädigt damit ganz wesentlih die Interessen der Ge sammtheit, da diefe Cursnotizen vielfa die Grundlage für andere außerhalb der Börse abgeschlossene Geschäfte bilden.

Ein ferneres Mittel, die Feststellung der Preise zu beeinflufsen, über dessen mehr oder minder häufiges Vorkommen die Ansichten in der Commission auseinander gingen, bilden die sogenannten Ab- schiebungen und Unter-der-Hand-Negulirungen. Selbstverständlich kann es feinem Kaufmann verwehrt werden, Waaren, bie an einem Orte überreihlih vorhanden sind und demgemäß an demselben den Preis drücken, auch zu einem billigeren Preise nah mehr oder minder ent- fernten Gegenden zu verkaufen, um den Ort, an dem die Waaren früher lagerten, von denselben zu entlasten und somit die Preise da felbst zu steigern. Ebensowenig kann es vom Standpunkte der kauf männishen Moral im mindesten beanstandet werden, wenn Contrahenten vor Ablauf des Termins für die Lieferung threr Engagements auf dem Wege der freien und unter den Parteien geheimgehaltenen Vereinbarung unter anderen Bedingungen, als sie dem derzeitigen Werthstande der betreffenden Waaren entsprechen, lösen. Einen anderen Charakter nehmen diese Handlungen aber an, wenn sie eine arglistige Beein- flufsung der an den Stichtagen zur Notirung gelangenden Preise bezwecken. Das Termingeschäft im Sinne des Art. 357 des Handels geseßbuchs, bei dem der aus der Nichterfüllung entstehende Schaden in der Differenz zwischen dem Vertrags- und dem Börsenpreis besteht, setzt vóraus, daß dieser Börsenpreis niht dur Manipulationen künst lih beeinflußt ist, die das freie Angebot oder die freie Nachfrage beschränken, und die demgemäß dazu führen, daß der zur Notirung ge- langende Preis ein künftlih erzeugter ist und der wirklihen Geschäfts- lage nicht entspriht. Eine derartige Wirkung haben aber Verträge, dur welche die Berpflihtung begründet wird, an cinem bestimmten Tage dem Stichtage nicht als Käufer oder Verkäufer auf- zutreten oder vorhandene Waaren an diesem Tage nicht zur Lieferung zu bringen. Der von einer Seite gegen diese Auffassung erhoben: Einwand, daß dieselbe gegen das freie Bertragsreht verstoße, wurde von der Commission als niht zutreffend erachtet. Die Festsetzung richtiger, d. h. der wirklichen Geschäftslage entsprechender Preise, ift ein erhebliches öôffentlihes und allgemeines Interesse, das nicht zu Gunsten einzelner geschädigt werden darf.

Was die Beeinflussung der Curse durch Verbreitung falscher Gerüchte anlangt, fo verhehlt fich die Commission die Schwierigkeiten nicht, welche einer alle geeigneten Fälle treffenden disciplinaren Ahndung entgegen stehen. So wenig es .einem Zweifel unterliegen kann, daß falsche Gerüchte in grokem Umfange an der Börse ver- breitet werden, um die Curfe arglistig zu beeinflussen, so wird es doh nicht immer möglich sein, den Beweis dieser Arglist zu führen. Es erscheint aber dringend geboten, gerade gegen diese Mißbräuche an de1 Börse energisch einzuschreiten, und es wird sih nicht selten der Beweis erbringen lassen, daß der Verbreiter falsher Gerüchte von de! Unrichtigkeit der betreffenden Thatsachen überzeugt ist, und die Ver breitung ledigliß zum Zweck der Beeinflussung der Curse stattfindet.

2) War auch die Mehrheit der Commission auf Grund de! Darlegungen der Sachverständigen?) der Ansicht, daß es eine größerc Zahl von Preßorganen giebt, welche der Bestehung niht zugänglich sind, fo mußte andererseits doch angenommen werden, daß eine Reik pon Blättern mehr oder minder regelmäßig Zuwendungen von größeren Bankhäusern erhalten, die dazu fübren müssen, sie in eine gewi} Abhängigkeit von denselben zu bringen. Es bedarf keines weiteren Beweises, daß die Presse, welche die Aufgabe hat, die Interessen des großen Publikums auch auf diesem Gebiete zu vertreten, durch diesc Abhängigkeit vielfa verhindert wird, diesen ihren Pflichten in völlig unparteiischer und sachgemäßer Weise genügen zu können. Wenn von einem Sachverständigen darauf hingewiesen worden ist, daß man aus der Annahme derartiger Geldzuwendungen seitens einzelner Mit- glieder der Presse weniger diesen, die meist ungenügend besoldet ind, als denjenigen einen Vorwurf machen kann, welche diese Geld- unterstüßungen gewähren, fo konnte die Nichtigkeit diefer Aufsafsung dahingestellt bleiben; um so mehr mußte die Commission es aber ihrer- seits als ein dringendes Bedürfniß erachten, klar und unzweifelhaft zum Ausdru zu bringen, daß durch derartige Geldzuwendungen an die Presse die öffentlihen Interessen in - erhebliher Weise verleßt! werden. i

Aus" diesen Gesichtspunkten hielt die Commission die diêciplinarc Ahndung derartiger Bestehungen der Presse für geboten. Da_ dic Börsendisciplin sich naturgemäß nur auf die Börsenbesucher beschränk! so kann ein disciplinares Einschreiten gegen Mitglieder der Preîc, welche der Bestechung zugänglih sind oder sonst gegen die Börsen- diéciplin verstoßen, nur in Frage kommen, wenn fie zum Besuch de! Börse zugelassen find; in diesem Falle unterstehen sie wie alle übrigen Börsenbesucher der Jurisdiction des Börsendisciplinarhofes. Dadur erlangen die Mitglieder der Presse zuglei aber auch den von ihnen vielfah gewünschten wirksamen Schuß gegen ungerechtfertigte Aus- s{ließung von der Börse. E

Dieses discwplinare Einschreiten "gegen einzelne an der Börse zugelassene Berichterstatter schließt selbstverstänt lich ein Vorgeben gegen die betreffende Zeitung selbs oder deren leitende Organe _nicht aus. Das Publikum hat ein Recht darauf, zu verlangen, daß dit leitenden Persönlichkeiten einer Zeitung ihre an die Börse entsendeten Berichterstatter in Bezug auf ihre Integrität dauernd controliren und sie auch finanziell fo stellen, daß E Versuchungen zu widerstehen ver mögen. Kommt eine Zeitung dieser Verpflichtung niht nach, werden von ihr vielmehr wiederholt Berichterstatter zur Börse geschickt, d! in Bezug auf Integrität und finanzielle Selbständigkeit nicht den berechtigten Anforderungen genügen, so hält es die Commi fion für zweifellos, daß die Börsenbehörde das Recht und die Pflicht hat, den Vertretern einer solchen Zeitung die Erlaubniß zum Besuche der Börse zu verweigern (vergl. 3. A. 2). E

Bei dieser Gelegenheit wurden die Verhältnisse der Presse 11 Bezug auf Börsenangelegenheiten einer allgemeinen Grörterung unter- zogen und der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Presse mehr,

1) Stenogr. Ber. S. 266 ff., 898, 1293, 1296, 1400, 1486, 1710, 1849, 1860 ff., 1863, 2171 ff., 2416, 2784, 2786, 2987 ff.

2) Stenogr. Ber. bes. S. 578fff., 581, 582ff., 1294, 18497 1858 ff., 1864 ffff., 1866 ff., 1867 ff.

als es bisher der Fall gewesen ift, fih die Aufklärung des Publikums und die Wahrung seiner Interessen zur Aufgabe mahen möchte. Es würde nicht selten beobahtet, namentlich unmittelbar vor größeren Emissionen fremder Anleihen, daß die einheimishe Presse dem Bedauern füber den Nückgang des Zinsfußes für inländische sichere Anleihen Ausdruck gebe und hervorhebe, daß durch diesen Rückgang diejenigen, welche darunter zu leiden hätten, zur Aufsuhung höher verzinsliher Anleihen veranlaßt würden. Die Presse müsse sich sagen, daß die Ermäßigung des Zinsfußes von dem Willen eines einzelnen Staates unabhängig sei und unter dem Einfluß der gesammten Credit- und Geldverhältnisse des Weltmarktes stände, und daß jede Erhöhung über denjenigen Zinsfuß hinaus, der für Anlagen erster Sicherheit gewährt würde, mit einem mehr oder minder großen Verzicht auf die Sicherheit verbunden sei. Die Presse habe die Pflicht, niht bloß einmal, sondern immer wieder und wieder über diese Verhältnisse das Publikum aufzuklären und namentlich das kleine Kapital darauf hinzuweisen, daß es vor allem auf unbedingte Sicher- heit der Anlage Werth legen sollte, um dasselbe davon abzuhalten, die geringen Ersparnisse îin wohl höher verzinslihen oder hohen Cursgewinn versprehenden, aber deshalb auch weniger sicheren Papieren anzulegen.

Die Presse würde sih ein großes Verdienst erwerben, wenn es durh diese Aufklärung gelänge, die kleinen Kapitalisten von den sie mit großen Verlusten bedrohenden unsicheren Anlagen fern zu halten und sie den sicheren einheimishen Werthen geneigter zu machen. Dabei wurde allseitig die shwierige Stellung, in welcher sih die Presse bei Beurtheilung gewerblicher Unternehmungen und ausländischer Anleihen befindet, anerkannt. Es kann nicht bloß vorkommen, sondern es ist auch thatsächlich vorgekommen, daß Anleihen, welhe bei ihrer Aus- gabe für höch#t zweifelhaft und unsicher gelten mußten, z. B. die Krieg8anleihen der Nordamcrikanischen Union, ihren Besißern großen Gewinn an Kapital und Zinsen gebraht haben, während in Bezug auf andere Anleihen, die man zunächst günstig beurtheilen durfte, die inländischen Besißer arge Enttäushungen und empfindlihe Nachtheile ersahren haben. Desgleichen haben sich vielfah gewerblihe Unter- nehmungen, die sih keineswegs als solide Gründungen charakterisirten, über die Erwartung hinaus günstig entwickelt, während ganz solide Gründungen den gehegten Erwartungen niht entsprochen haben. Wenn jedoch aus diesen Thatsachen von einer Seite die Schluß- folgerung gezogen wurde, daß eine disciplinare Ahndung nur dann eintreten dürfe, wenn die Presse bestohen werde, um etwas zu ver- breiten, was sowohl der Bestehende wie das Preßorgan selbt für falsch halten mußten, so konnte die Commission diese Anschauung nicht billigen. Die Presse verleßt in gröblihster Weise ihre Pflicht gegen die Allgemeinheit, wenn sie ihre Aeußerungen zu Gunsten oder zum Nachtheil gewisser Unternehmungen, sowie ihr Schweigen über gewisse Unternehmungen si bezahlen läßt. Die Presse kann natürlich ebenso wenig wie der bestunterrihtete Privatmann in die Zukunft sehen, und kein verständiger, billig denkender Mann wird ihr einen Vorwurf daraus machen, wenn unerwartete und niht vorauszusehende Um- stände eintreten. Sie genügt ihrer Pflicht gegen die Allgemeinheit voll- tommen, wenn sie die auswärtigen Anleihen sowohl wie die gewerb- lichen Unternehmungen nah Lage der zur Zeit der Besprehung vor- liegenden Verhältnisse sahgemäß und unparteiish bespricht; dieses ist aber auch unbedingt ihr Beruf und ihre Aufgabe.

3) Den Anlaß dazu, die Anwendung der fo bezeichneten Be- dingungen disciplinarer Ahndung zu unterwerfen, haben gewisse Geschäftsbedingungen fleinerer Commissionshäuser!) gegeben, welche bei Abschnitt V „Commissionsgeschäft“ näher erörtert werden follen. Es handelt sich dabei, wie hier nur noch erwähnt werden foll, vorzugsweise um solche Geschäftsbedingungen, welche sih auf Geschäfte mit ganz geringen Einschüssen beziehen, und bei denen sih diese Commissionshäuser das Publikum s{ädigende Vorbehalte machen.

4) Ueber den Umfang der Pflichten eines Emittenten und die civilrechtlichhen Folgen, die sich an eine Verleßung derselben knüpfen, wird unter T1 8 „Haftung der Emissionshäuser" berichtet roerden. Gs genügt deshalb, hier zu constatiren, daß neben dieser civilrecht- lihen Berpflihtung das Verhalten der Emissionshäuser auch einer diéciplinaren Ahndung unterliegen foll, wenn in demselben eine Ver- leyzung der kaufmännischen Ehre zu finden ist.

9) Als besonderer Mißstand wurde es allseitig bezeihnet, daß durch verlodende Profpecte, dur persönliche Verleitung, dur Agenten, dur Aufforderungen in öffentlichen Blättern, dur Cirkulare, ja sogar durch eigene Preßorgane das kleine Publikum zu Speculationen ver- leitet wird, die weit über seine Kräfte gehen, und häufig mit einem völligen wirthschaftlihen und finanziellen Ruin der Betreffenden endigen. In Zeitungs8anzeigen werden vielfah die Speculationen an der Börse als fo zweifellos Gewinn bringend und vortheilhaft be- zeichnet, daß viele kleine Leute der Versuchung, an der Börse mühe- losen Gewinn zu ziehen, niht widerstehen können. Dies ist entschieden ein verwerflichhes Verhalten der betreffenden Commissionäre und ver- stößt gegen die kaufmännische Ehre. Gegen diese Verleitungen energisch einzuschreiten, ist ein dringendes Bedürfniß und demgemäß die dis- ciplinare Ahndung derselben geboten. Die Commission gab hierbei der Hoffnung Ausdruck, daß die Presse mehr als bisher sich angelegen {cin lassen würde, das Publikum vor derartigon Anreizungen zu Börsenspeculationen, die auch vielfah vom Auslande ausgehen, zu warnen.

6) und 7) Diese Bestimmungen 2) bezwecken, diejenigen Perfonen von den Börsengeschäften fern zu halten, welche sih niht in der Lage befinden, die Tragweite solcher Speculationen zu übersehen, und nicht die Mittel besißen, um die sich daraus ergebenden Verluste zu tragen, oder welchen, wie dieses vielfach bei den Handelsangestellten und Kassenbeamten der Fall, die Verwaltung fremder Gelder anvertraut ist, und die demgemäß der Versuchung ausgeseßt sind, im Falle des Verlustes infolge von Börsenspeculationen sih an diesen Geldern zu vergreifen. Schon jeßt haben an manchen Börsen die größeren Bankgeschäfte den Versuch gemacht, den Abschluß von Börsengeschäften mit Handelsangestellten unmöglih zu machen, indem sie freie Ver- einigungen gebildet haben, deren Mitglieder {sich gegenseitig vervflichten, keine Börsengeschäfte mit Handelsangestellten zu machen. Aber diese Vereinigungen haben sih im allgemeinen als wenig wirksam ergeben. 8 erschien deshalb geboten, in allen diesen Fällen eine disciplinare Ahndung eintreten zu lassen.

Nebrigens sollen diese Bestimmungen, wie die zu 5, noch eine nähere Erörterung im einzelnen unter 111 E. „Börsenspiel*“ finden.

8) Ueber den Einfluß, welhen die Benutzung uncontractlicher Waare zur Kündigung, sowie Kündigung ohne vorhandene Waare und Scheinkündigungen auf die Entwickelung der Preise ausüben, und die Schädigungen, welche diese Manipulationen nicht bloß einzelnen Börsen- besuchern sondern ganzen Erwerbsklassen zufügen, wird unter IIT P. 4 berichtet werden. E8 genügt, hier darauf hinzuweisen, daß die Commission in diesen Handlungen eine Verleßung der kaufmännischen Chre erblicken zu sollen glaubt, die einer disciplinaren Ahndung bedarf.

d. Zusammenseßung des Börsendisciplinarhofs.

Aas Ansicht der Commission ist bei denjenigen Börsen, bei denen die Aufsicht den Handelsorganen übertragen ist, das Plenum der selben oder ein Ausschuß die geeignete Instanz, um als Disciplinarhof L fungiren, währènd bei denjenigen Börsen, bei denen die unmittelbare Aufsicht von einer Staatsbehörde geführt wird, aus den von den Börsenbesuhern oder dem Börsenvorstande gewählten Personen nah näherer Anordnung der Börsenordnungen der Disciplinarhof zu bilden ift.

Ein Antrag, skets den Disciplinarhof ledigli aus directen Wahlen hervorgehen zu lassen, wurde abgelehnt. Die fernere An- regung, in den Disciplinarhof einige berufsmäßige Juristen aufzu- nehmen, um cine Garantie dafür zu hafen daß bei der Recht-

1) Vergl. die „System. Darstellung der Geschäftsbedingungen“ bes. S. 5 bis 7.

I) Stenogr. Ber. z. B. S. 129 ff., 670, 896, 998, 1964, 1971 und viele andere.

=

sprechung dieser Behörde die bestehenden Gesetze niht verleßt werden, fand nit die Zustimmung der Commission.1) Dieselbe war vielmehr der Ansicht, daß die Entscheidung darüber, ob jemand dur sein Ver- halten die kaufmännische Chre verleßt und sich der Achtung seiner Berufsgenossen unwerth gezeigt hat , aus\{chließlich von seinen Berufs- genossen beztehungêweise den von ihnen eingeseßten Organen zu treffen ist. Die Commission glaubt zu der Unparteilichkeit und Sachkenntniß dieser Börsenorgane volles Vertrauen hegen zu dürfen, und ist über- zeugt, daß dieselben alle Ausschreitungen energish ahnden werden. Die Commission befürwortet die Aufnahme der Bestimmungen über die Zusammenseßung des Börsendisciplinarhofes in die Börsenordnung und nicht in das zu erlassende Börsengeseß, um den Landesregierungen die Möglichkeit zu geben, in einzelnen Fällen abweichende Bestim- mungen erlassen zu können.

e. Regierungs-Co mmissar.

Eine eingehende Berathung fand über den Antrag statt, daß bei dem Disciplinarhof seitens der Landesregierung ein Commissar be- stellt werden möchte, welcher etwa mit den Functionen des öffentlichen Anklägers zu betrauen und berufen wäre, die Verfolgung der vor- gekommenen Ausschreitungen und Vergehen zu überwachen. 2) Zur Begründung dieses Antrags wurde ausgeführt, daß erfahrungêgemäß Berufsgenossen sich oft nur ungera der Anzeige und weiteren Ver- folgung disciplinarish zu ahndender Handlungen anderer Berufsgenossen zu unterziehen geneigt seien. Diese Commissare sollten jedoch keines- wegs losgelöôst von den kaufmännishen Corporationen und unabhängig von denselben die Untersuhung führen; der Schwerpunkt der Unter- suhung folle vielmehr in dem Disciplinarhof oder einer von diesem zu bestellenden Commission verbleiben, dem von der Landesregierung bestellten Commissar solle nur eine gewisse Mitwirkung bei der Untersuhug und eine Controle darüber zustehen, daß in denjenigen Fällen, in denen das öffentlihe Interesse eine Verfolgung im Dis- ciplinarwege erheishe, eine folhe auch in der That stattfinde. Das Publikum werde in dieser Mitwirkung eine Gewähr dafür finden, daß alle. dazu geeigneten Fälle auch zur Untersuchung gelangten, während die betheiligten Börsenkreise dadurch gegen den Verdacht der Vertushung geshüßt würden. Der Commissar sei auch dazu be- rufen, strafrehtlich zu ahndende Handlungen bei den zuständigen Be- hörden zur Anzeige zu bringen. Von anderer Seite wurde der Bestellung eines derartigen (Commissars entschieden widersprochen und der Befürhtung Ausdruck gegeben, daß eine solhe Einrichtung zu vielen gehäfsigen Denunciationen des großen Publikums Anlaß geben würde. Dasselbe würde der Ansicht sein, daß der Commissar allen Beschwerden weitere Folge zu geben verpflichtet sei und au in solchen ¿llen sich an ihn wenden, in denen seine Ansprüche bereits vom Civilrichter abgewiesen feien, um auf den Beschuldigten eine Pression auszuüben und ihn zur Gewährung irgend einer Entschädigung zu veranlassen. Sei es son an si bedenklich, neben dem Civilrichter, der nah den Grundsäßen des Bürgerlichen Rechts zu erkennen habe, und dem Strafrichter noch einen Disciplinarhof einzuseten, der nach kaufmännishem Ehr- und Anstandsgefühl zu entscheiden bcrufen wäre, so würden diese Bedenken durh die Einseßung eines solchen Commissars, der aus Unkenntniß der wirklichen Verhältnisse des Handels leiht zu Anklagen kommen könne, die die Gefühle gerade der besten Kreise des Handelsstandes verleßten, noch wesentli gesteigert. Wenn bei anderen Ehrengerichten das Amt eines Staatsanwalts bestände, fo finde dieses seine Rechtfertigung dacin, daß der Staat ein Interesse daran habe, Verfehlungeu seiner Beamten zu ahnden : ein folhes Interesse liege bei Verfehlungen gegen die Börsendisciplin feitens der Kaufleute nicht vor, da es sih bei diesen, von der Störung der Ordnung und des Geschäftsverkehrs an der Börse abgesehen, überwiegend um Civilrechts\treitigkeiten handele. Die Bestellung eines Regierungs-Commissars würde gerade von den angesehensten Kauf- leuten als fränfendes Mißtrauen aufgesaßt werden und sie veranlassen, sich von der Thätigkeit im Disciplinarhof und in i Börfen vorständen fern zu halten.

Die Commission hielt diese Bedenken gegen den bestellenden Commissar niht für begründet, vielmeh eines folhen für nothwendig, um die Erreichung de seßung des Disciplinarhofes beabsichtigten Zwecks zu bet dem Commissar eingehenden Denunciationen wird derselbe einfa dem Disciplinarhofe oder der von diesem mit der Voruntersuchunc betrauten Commission überweisen und sich nur in solchen Fällen, ir denen öffentlihe Interessen verleßt sind oder es sih um principtelle Fragen handelt, bei der Weiterverfolgung der Sache betheiligen. Seine Thätigkeit beschränkt sich auch auch in diesen Fällen darauf, darüber zu wachen, daß die Untersuchung erschöpfend und sachgemäß geführt und die Entscheidung des Disciplinarhofes herbeigeführt wird. Daß der Commissar sih in Widerspruchß mit den kaufmännischen Anschauungen seten sollte, ist um so weniger zu fürchten, ls er ih in dauernder Fühlung mit den kaufmännischen Organen befinadet und durch die Rehtsprehung des Disciplinarhofes über diese Anschauungen bald ausreihendb informirt sein wird. Der Disciplinarhof ift übrigens keineswegs dazu berufen, um über Forderungen nach Billigkei n Jaßen

zu entscheiden, fondern er is ein Strafgericht, darüber zu urtheilen hat, ob der Angeschuldigte in Handlung begangen hat, die die kaufmännische Ehre verlet: sich bei der Ahndung solcher Handlungen um ein emin: Interesse handelt, kann niht wohl bezweifelt werden.

Die Commission befürwortet aus den dargelegten Gri Bestellung eines Commissars. Um feine Stellung zu id

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die Bestimmung für nothwendig erachtet, daß seinen Anträge: leitung der Untersuhung, sowie seinen zwecks Aufklärung gestellten Beweisanträgen entsprohen werden muß, un rehtigt ist, allen Verhandlungen, sowie den ze nehmungen beizuwohnen und an die Zeugen die ibm

scheinenden Fragen zu stellen. Der von einer Seite ge

dem von der Staatsregierung zu ernennenden Beamten die Unte über die zu sciner Kenntniß gelangenden ebrengeriGtli zu Handlungen und die Vorbereitung der Sache für die durch das Ehrengericht zu übertragen, fänd nit die Commission.

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f Verfahren. Eine eingehende Berathung fand die Frage

vor dem Disciplinarhof ein öffentliches fein soll. 2 wurde betont, daß die unbedingte Oeffentlichkeit des Rücksicht für den Angeklagten und aus allgemeinen In sei. Gerade die Oeffentlichkeit des Verfahren beitragen, die bestehenden Mißstände zu i männischen Geschäftsbetrieb allgemein zu beben u zu machen. Andererseits biete die Oeffentlichkeit klagten einen Schuß gegen ungerechtfertigte sie seine Rechtfertigung allen Berufsgenossen beka Zweck der ganzen Einrichtung sei, warnend und abs und dieser Zweck werde bet öffentlihem Verfahren vol Wenn übrigens das strafrechtlide Verfabren allgemein öffent so liege kein Grund vor, die Börse dur Auss&luk der Oef zu begünstigen.

Von anderer Seite Wurde dem entgegenge: mäunische Credit des Angeklagten empfindli dar wenn eine öffentlihe Behandlung der ibm zu | legten Handlungen fstattfände. F

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Ferner könnte dic dazu benutzt werden, um über Angelogendeiten die ohne S(ädigung berechtigter Juteressen

1) Für folde Zuziehung: Stenoar Gegen eine folie: S. V2, Wi

? Stenogr. Ber. Dagegen: S 1411, 1709, 2407, 3210 f. U, ZW : 744, 748, 1396, 1828, N12 N78, 228

?) Stenoagr. Br. Dagatgaen: S S. WL2, WVG u. a. m

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werden dürften. Wenn jemand z. B. wegen arglistiger Beeinflufsung der Curse durch falshe Gerüchte über ein gewerblihes Unternehmen angeklagt werde, so könnten dic von ihm als Zeugen vorgesch{lagenen Leiter des Unternehmens genöthigt werden, öffentlich Mittheilungen zu machen, die die Interessen dieses Unternehmens empfindlich \chädigten. A

Die Commission konnte sih diesen leßteren Bedenken niht an- shließen. Da die Anwesenheit des Angeschuldigten bei derartigen Vernehmungen doch nie würde ausgeschlossen werden können, i würde aus diesen Mittheilungen der Leiter des Unternehmens derselbe Nach- theil erwahsen, gleichviel ob das Verfahren öffentli sei oder nit. Gleihwohl entshied sich die Commission dahin, daß zwar das Ver- fahren vor dem Disciplinarhof im allgemeinen ein niht öffentliches sein soll, daß jedoch die Oeffentlichkeit stattfinden soll, wenn dieselbe entweder von dem staatlich bestellten Commissar oder von dem Ange- shuldigten beantragt wird. Die Commission war der Ansicht, daß durch diese Beschränkung der Oeffentlichkeit die gegen dieselbe anzu- führenden Bedenken ihre Erledigung finden. Im übrigen wird das Verfahren vor dem Disciplinarhof etwa in ähnlicher Weise zu gestalten sein, wie das Verfahren vor den be- stehenden Ehrengerichten z. B. der Anwälte. 1) Insbesondere foll der Disciplinarhof befugt fein,” eine Vervollständigung der Untersuhung zu beschließen, sowie Zeugen und Sachverständige direct vorzuladen und eidlih zu vernehmen.

Mit Nückfihk auf“ die Wichtigkeit und Bedeutung einer solchen Verhandlung für den Angeschuldigten hielt man es für angemessen, ihm das Recht zu gewähren, sich zur Vertheidigung vor dem Dis- ciplinarhofe eines Rechtsanwalts zu bedienen.

g. Strafen.

Was die Strafen anlangt, auf welche der Disciplinarhof erkennen darf, so fonnten nur Verwarnung, Verweis, zeitroeilige oder dauernde Aus\chließung von der Börse in Frage kommen. Als Verschärfung dieser Strafen foll dem Disciplinarhof das Recht zustehen, zu be- stimmen, daß und auf welhe Weise die Strafe öffentlih bekannt ge- macht wird.) Eine derartige Veröffentlichungsbefugniß erscheint namentlich mit Nüksicht darauf geboten, daß das Verfahren vor dem Disciplinarhof im allgemeinen ein niht öffentliches sein soll.

Cine befondere Erörterung fand darüber statt, ob gegen die Ent- scheidungen des Börsendisciplinarhofs ein Rechtsmittel zulässig sei solle oder nicht. Von einer Seite wurde die Berufung befürworte einerseits, weil im Disciplinarhof juristisch vorgebildete Mitali niht vorhanden scien und demgemäß die Befürchtung niht von de Hand zu weisen fei, daß die Entscheidungen éciplinarbofî niht immer mit den Bestimmungen des ma Neis in Einklang sich bef

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