1913 / 247 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Oct 1913 18:00:01 GMT) scan diff

dem Landgericht in Essen, Dr. Baer in Coburg. bei der Kammer für Handelssachen daselbst, Kohlhaas aus Völk- lingen bei dem Amtsgericht in Oberhausen, der frühere Rechts- anwalt Dr. Tecklenburg bei dem Amtsgericht Berlin-Mitte, die Gerichtsassessoren: Dr. Sarkamm bei dem Kammergericht, Erwin Bendix, Dr. Kurt Dahlheim, Kurt Kamke, Wil- helm Nemann und Arthur Prinz bei dem Landgericht T in Berlin, Dr. Jtaliener und Dr. Ludwig Mannheimer bei dem Landgeriht I[ in Berlin, Hugo Staub bei dem Amtsgeriht in Charlottenburg und dem Land- geriht TIT in Berlin, Dr. Erwin Henning bei dem Amtsgeriht und dem Landgericht in Neuruppin, Demant außer bei dem Amtsgericht in Jnsterburg auch bei dem Landgericht daselbst, Rohde bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in (Graudenz, Dr. Rockstroh bei dem Amts- gericht in Berlin-Pankow mit dem Wohnsig in Berlin-Nieder- schönhausen, Kochmann bei dem Amtsgericht in Rybnik, Peiter bei dem Amtsgeriht in Boppard, Koenig bei dem Amts- geriht in Düren, Th ome bei dem Amtsgericht in Saarburg, Dr. Gröhn bei dem Amtsgericht in Kellinghusen, Erich Kühne bei dem Amtsgericht in Schildberg, die früheren Ge- richtsassessoren: Erih Simon bei dem Landgericht T in Berlin, Ernst Henke bei dem Landgericht in Essen, Herbert Döhring bei dem Amtsgeriht und dem Landgericht in Schweidniß, Hampe bei dem Amtsgericht und dem Land- geriht in Altona, Dr. Kochann bei dém Amtsgericht in Braubach und Rüdiger bei dem Amtsgericht in Genthin.

Der Rechtsanwalt und Notar, Justizrat Middendorf in Oelde ist gestorben.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Etatmäßige Stellen als Regierungsbaumeister sind ver-

liehen worden den Regierungsbaumeistern des Wasser- und

Straßenbaufaches Pietsch, gegenwärtig nah Schweidniß be- urlaubt, und Thürnau in Hemfurt (beide im Geschäftsbereich der Weserstrombauverwaltung) sowie den Regierungshau- meistern des Hochbaufaches Jhnken in Pforta, Bernhard Fischer und Peters, beide in Berlin (im Geschäfts- bereih des Polizeipräsidiums daselbst), Dr. phil. Kohl in Berlin (im Geschäftsbereih der Ministerialbaukommission da- selbst), Pfaffendorf in Münster, Westf, Wißmann in Herne (im Geschäftsbereih der Eisenbahndirektion in Essen), Lakemeyer in Berlin (im Geschäftsbereih des Polizei- präsidiums daselbst), Masur bei der Regierung in Posen und Erih Schmidt bei der Regierung in Aachen.

Dem Baurat Dr.-Jng. Holtmeyer in Magdeburg ist die nahgesuchte Entlassung aus dem preußischen Staatsdienst erteilt worden. .

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Gewerberat Wedel in Cassel ist zum 1. Januar 1914 nah Koblenz verseßt und mit der Verwaltung der dortigen Königlichen Gewerbeinspektion beauftragt worden.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.

Der bisherige Kreis\chulinspektor im Nebenamte, Pastor Martin Rulffs aus Altenkrempe, Kreis Oldenburg, ist zum Kréisshulinspektor in Plön ernannt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Dem Gutsbesißer Jakob Destrée in Efferen bei Cöln a. Rh. ist die in Silber ausgeprägte Medaille für Verdienst um die Pferdezucht verliehen worden.

Tagesordnung

für die am 29. Oktober 1913 stattfindende Sigung des Bezirksetsenbahnrats Cöln.

.+ Mitteilungen der ges{chäftsführenden Direktion.

. Ergänzungswahl für den ständigen Ausschuß.

. Antrag des Fabrikbesißers Georg Dassel in Allagen auf Teilung der D - Züge 35 und 36 Berlin—Magdeburg—Holzminden— Soest— Aachen in Schwerte bezw. Holzminden und Führung eines Teiles dieser Züge von Schwerte bezw. Holzminden über die NRuhrtalbahn.

. Mitteilung über die Erledigung früherer Beratungsgegenstände sowie über Verkehrs- und Fahrplanänderungen.

Cöln, den 14. Oktober 1913. Königliche Eisenbahndirektion. Martini.

VEerzer 01 is derjenigen Tierärzte, die an der Königlichen Tier- ärztlihen Hochschule in Hannover im Sommerhalb- jähr 191838 zum doctor meédicinae veterinariae promoviert haben.

Der Promovterten

zeitiger Wohnort

Lfd. Nr.

Vor- und Zuname Geburtsort

Sina (Elbe) Aba (Elbe) Ihrhove rhove j Goslar a. Harz Goslar a. Harz

Otto Geist Hohensfalza Hannover Afe Hüllfors Nystadt (Finnland) | Lovisa (Finnland) Moriz Kahn Trier Trier Kaspar Lammert Soest i. W. Soest i. W. Friedrich Nehbeck Hannover Halle a. S.

9 Leo Neul iederkrüchten Niederkrüchten 10 t Schmidt Wesenberg Lübeck : 11 Karl Schwärzel Leau Leau 12 | Wilhelm Welling Paderborn Büren i. W.

Hannover, den 15. Oktober 1913.

Der Rektor der Königlichen Tierärztlihen Hochschule. Dr. Malkmus.

Ernst Franzenburg Jan Freesemann Friedrih Fricke

D D U I

Angekommen: Seine Exzellenz der Präsident des Evangelischen Ober- firhenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Voigts von einer Dienstreise.

Nichlamlkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 18. Oktober 19183.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern im Palais Schaumburg in Bonn den Monfsignore Wilpert aus Rom.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

Am 10. Oktober 1913 starb in Berlin-Friedenau im 71. Lebensjahre nah längerem Leiden der Wirkliche Geheime Oberbergrat August Eskens, der bis zum 1. Mai 1908 dem Ministerium für Handel und Gewerbe als rechtskundiger vor- tragender Rat angehört und dann wegen Kränklichkeit seinen Abschied erbeten hatte. Jm Jahre 1869 zum Advokaten im Bezirke des Oberappellationsgerihts in Cöln er- nannt, trat Eskens zu Beginn des Jahres 1873 als Justitiar der Bergwerksdirektion Saarbrücken in den Dienst der Bergverwaltung, wurde im Jahre 1880 als Ober- bergrat nah Halle verseßt und von dort im Jahre 1885 in das Ministerium für Handel und Gewerbe berufen. 23 Jahre ununterbrochener erfolgreichher Wirksamkeit hat er hier der staatlichen Bergverwaitung und damit Preußens Bergbau gewidmet. Ausgezeichnet durch vorbildlihe Pflicht- treue und umfassende Kenntnisse hat Eskens sich namentlich um die Pflege des Bergrechts bleibende Verdienste erworben. Vielen Bergbeamten hat er als Lehrer der Berliner Berg- akademie die Grundzüge der bergrechtlichen Wissenschaft über- mittelt und ist mit ihnen auh als Mitglied der Prüfungs- kommission in persönliche Beziehung getreten. Alle, die ihn gekannt haben, werden sich der herzgewinnenden Milde seines Wesens, seines liebens8würdigen rheinischen Humors stets in dankbarer Verehrung erinnern.

Der weltliche Stellvertreter des Präsidenten des Evan- gelischen Oberkirchenrats, Wirkliche Geheime Oberkonsistorialrat D. Moeller ist von einer Dienstreise zurückgekehrt.

Verkehrseinnahmen der deutshen Haupt- und vollspurigen Nebenbahnen (mit Ausnahme der bayerischen) im September 1913 nach der im Reichseisenbahnamt auf- gestellten Uebersicht :

in auf gegen das Vorjahr

ganzen [1 km] . (mehr, weniger)

20 im ganzen | auf 1 km M Mb Mb | M | Proz.

A. Im Monat September 1913:

I

Personen- 9446,12

verkehr. Güter- x R 4 verkehr . [180 494 240] 3 359+ 5756 900+ 77+ 2,35 B. Seit Beginn des RNechnungsjahres: / a. Bahnen mit dem Rechnungsjahr 1. April 31. März. Personen f verkehr. 1452 998 814 Güter- O : verkehr. [934 386 179j 19 883]+ 46 366 4538| 792|+ 4,15 b. Bahnen mit dem Rechnungsjahr 1. Januar bis 31. Dezember.

85 295 0551 1 629|+ 5 547 470+

9 883|+ 17 419 388 292+ 83,04

Personen- verkehr.

Güter- verkehr. [162 510 121/24 516|+

745+ 5,43 621|4- 9,60

93 033 457/14 468+ 5125 OULS

4 860 517|+ Gesamtlänge der Bahnen: 54 060 km, gegen das Vor- jahr mehr: 495 km.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 16. Oktober

S. M. S. „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision

Triest, S. M. S. „Panther“ in Libreville (Gabun) und S. M. S. „Nürnberg“ in Yokohama eingetroffen.

Bayern.

Am Schlusse der gestrigen Sizung des Landtags lenkte der Vizepräsident von Fuchs in einer Ansprache an das Haus, das sich erhoben hatte, die Aufmerksamkeit auf die vater- ländische Gedenkfeier, die heute in Leipzig in Anwesenheit Seiner Majestät des Deutschen Kaisers und der deutschen Fürsten stattfindet.

Die weihevollen Veranstaltungen, sagte der Redner laut Bericht des „W. T. B.“, die zum ehrenden Gedenken der Helden der Be- fretungskämpfe in allen deutschen Landen abgehalten werden, erfahren mit der Einweihung des Völkershlachtdenkmals ihren würdigen und erhebenden Abschluß. Wle die Feter in Kehlheim, so vereinigt die Leipziger Feier die Herzen aller treuen Deutschen in festlicher Er- innerung an das große Werk, das 1813 mit Blut bestiegelt worden ist. Mit Stolz gedenkt das deutsche Volk dieses Jahres und seiner Helden. Auch das bayerische Volk und insbesondere wir, als seine Vertreter, nehmen freudigen Anteil an der Feier, die in Leipzig begangen wird, und wir vereinen uns mit dem ganzen deutshen Volke zu den innigsten Wünschen für die Wohlfahrt, die Macht und den Glanz des Deutschen Reiches. Mitt besonderer Wärme gedenken wir unseres allverehrten Prinzregenten, der mit Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser und den deutshen Bundesfürsten durch seine Teilnahme an der Feter bekundet, wie unershütterlih und geschlossen die im Deutschen Neiche verbundenen Stämme und Fürsten zusammenstehen.

.

“DBefterreih-Ungarn.

Der Verwaltungsgerihtshof in Wien hat in seiner Begründung der Abweisung einer Beschwerde eines Privaten aus Böhmen, wie „„W. T. B“ meldet, prinzipiell festgestellt, daß den Kaiserlichen Patenten, betreffend die Einseßung einer Landesverwaltungs- kommission in Böhmen, niht der Charakter einer Ver- ordnung von Staatsbehörden, sondern sowohl formell wie materiell der Charakter eines materiell niht zu überprüfenden Geseßes bezw. Notgeseßes nah Analogie des § 14 zukomme.

Frankreich.

Ueber die geplante Abänderung des französis- spanischen Zolltarifs machte der Minister des Aeußern Pichon, wie „W. T. B.“ meldet, einem Berichterstatter der in Bordeaux erscheinenden „France du Sud-Ouest“ folgende Mitteilungen:

Die große Klippe ist die Frage der Weinzölle. Wir haben uns deshalb ents{lofsen, diese Frage vorläufig beiseite zu lassen und fie gründlich zu prüfen. Für den Augenblick werden wir uns mit etner Abänderung jener Tarifpunkte begnügen, betreffs deren weder in dem einen, noch in dem anderen Lande ein besonderer Widerspruch besteht. Wir können hoffen, daß wir dann zu einem verhältnismäßig baldigen Ergebnis gelangen werden; denn die Industrie- und Handelskreise beider Länder tun nlchts, um das Uebereinkommen zu erleihtern und fo etner Lage ein Ende zu machen, die zum mindesten ein ‘großes Hemmnis für die franzöfi\ck-spantschen Handelsbeziehungen bildet.

Der gegenwärtig in Pau tagende. Kongreß der Nadikalen Partei hat auf Antrag des Deputierten und ehemaligen Unterstaatssekretärs Malvy einstimmig einen Be- {chluß angenommen, in dem es obiger Quelle zufolge heißt :

In der- Erwägung, daß erstens der Ministerpräfident und Unter- rihtsminister Barthou jüngst einen Erlaß über die Schulbücher herausgegeben hat, der die Aufsicht über die staatlihen Schulen der römischen Geisilichkeit preisgibt, uod daß zweitens die Teilnahme der Kriegsschiffe an einer religiösen Feier eine Verletzung des Trennungs- geseßs darstellt, fordert der Kongreß unter Hinweis auf die bereits früher gefaßten Beschlüsse die radikalen Mitglieder im gegenwärtigen Kabinett auf, zwtschen threm Berbleiben im Ministerium und ihrer Zugehörigkeit zur Partei zu wählen.

Ferner wurde auf Antrag des Deputierten Buysson, eben- falls einstimmig, der folgende, gegen den Präsidenten Poincaré gerichtete Antrag angenommen :

Der Kongreß lenkt die Aufmerksamkeit der Mitglieder der Partek auf alle Kundgebungen und alle Gelüste etner persönlichen Politik, die das Ansehen der parlamentarischen Einrichtungen zu verrtngern und die rücks{chrittliWen Bestrebungen gegen dte freidenkerischen, demokratischen und sozialistishen Errungenschaften der republikanischen Partei zu begünstigen drohen.

Schließlich stimmte der Kongreß den von seinem Ans\schusse für auswärtige Angelegenheiten eingebrachten Resolutionen bei, in denen unter anderem gegen die geplanten fremden Anleihen und gegen die geheimen Verträge Einspruch erhoben wird und jenen Parlamentariern, die sih zur französisch - deutschen Ver- ständigungskonferenz nah Bern begeben haben, die Zustimmung und die Glückwünsche der Partei ausgesprochen werden.

Griechenland.

Die Punkte, über die sih in der vorgestrigen Konferenz der türktishen und griehishen Delegierten Meinungs- verschiedenheiten ergaben, sind nach einer Meldung der „Agence d'Athènes“ folgende : :

l) In Artikel 7 verlangen die Türken, daß Griechenland die Privatdomänen des Sultans und der Mitglieder der Familie des Sultans respektiere. Die griechische Regierung betonte demgegenüber, daß es unmöglich sei, derartige unbestimmte Ansprüche anzuerkennèn. Sie verlangte ihre genauere Umgrenzung und ein genaues Verzeichnis.

2) In Artikel 8 verlangt die Türket, daß Griechenland die Kosten des Unterhalts der türkishen Kriegsgefangenen trage. Die griechische Negierung fordert, daß diese Frage von der internationalen Finanz- kommission in Paris entschieden werde. O E

3) Was Artikel 9 anbelangt, der die Entschädigungen für die Zurückhaltung gricchischer Dampfer seitens der Türkei betrifft, so macht Griechenland geltend, daß die Türkei zum Schadensersay ver- pflichtet sei. ;

4) Die in Artikel 10 enthaltene Meinungüverschiedenheit hin- ficßtlih des Utbergabeprotokolls von Saloniki foll durch Urteil des Vaager Schied8gerichtshofs erledigt werden. E

9) Artikel 11 betrifft die Frage der Muftis und des Archimusftt. Die griechishe Regierung will die Wahl der Muftis durch die Viit- glieder der muselmanishen Gemeinden zulassen, ebenso die Wahl des Archimufti dur die Musftis; sie lehnt es aber ab, dem Scheik ül Jolam das Necht zuzugestehen, die Muftis zu ernennen. Dem Sqheik ül Islam soll nur das Necht der feierlihen Bestätigung des gewählten Archimusti zustehen.

Die türkischen Delegierten nahmen von diesen Einwänden Kenntnis und wollen weitere Jnstruïtionen aus Konstantinopel abwarten.

Serbien.

Der König hat die ordentliche Session der Skupschtina gestern vormittag mit einer Thronrede eröffnet, in der ev der im Kriege gefallenen Helden, der Befreiung uünterdrückter Brüder und der Beseitigung der territorialen Schranken zwischen Serbien und Montenegro durch die Taten der serbischen Armee, der Eröffnung des Zugangs zur Adria und zum Aegäischen Meere und der Verdoppelung des Staatsgebietes gedenkt und laut Meldung des „W. T. B.“ sagt: e

Diese Erfolge hâtten das Selbstvertrauen des *erbischen Volkes gestärkt und ihm einen Ehrenylaz unter den Völkern angewiesen; fie hätten den Beweis geführt, daß Serbien mit der Freiheit und der Verfassungsmäßiskeit seiner Entwiklung auf gutem Wege gewesen sei. Der Rubm von Kumanowo, Monastir, Durazz0, Adrianopel und der Bregalnitza habe dem serbischen Namen in der Welt Achtung verschafft. Allen, die dazu beigetragen, danke der König, ebenso den Großmächten für die Unterstützung, die Serbten bei der Lsung setner Aufgaben gefunden habe, und gedenke mit Dankbarkeit der Sympathie der sflavischen und der anderen zivilisierten Völker, besonders aber der Betätigung der Barm- herzigkeit durch dle Missionen des Noten Kreuzes. Getreu ihren friedlihen Tendenzen habe die Regierung stets gestrebt, neue kriegerishe Verwotcklungen zu verhüten, habe auch den Konflikt mit Bulgarien auf friedlihem Wege durch Revision des Bündnisvertrags zu vermeiden gesuht. In der Notwehr habe es zusammen m! Griechenland und Montenegro den aufgezwungenen Kampf begonnen, nicht nur zur Verteldigung seiner Eroberungen, sondern auch feiner vollen Unabhängigkeit, da die Gegenseltte eine Hegemonie Vvor- bereitet habe. Auch Numänten habe {fich der Vertetdigung ge die bulgarishe Uebermacht angeschlossen, um das Gleigew0) am Balkan zu érhalten. Durch den Frieden ju |QU- farest erschienen Serbiens s\taatlihe und nationale Interes]en gesichert. Aber gerade als Serbien nah der Einverleibung der neuen Gebiete des Frtedens zu fruchtbringender fkultureller Arbeit am meislen bedurft habe, sei es von dem Gebtete des autonoe Albaniens aus durch Grenzverlezung und Verwüstung ferbif adi Orte beunruhigt worden; das neugegründete Albanien verstehe seine Nachbarpslichten nit. Fedoch sei es gelungen, die Angreifer ra

, Ï L s 9 t abzuweisen. Die Skupschtina werde si nunmehr mit dem Budget, der Invaltdenverforgung, den finamtielda Folgen des Krieges, dex

geseßlihen Regelung der Verhältnisse in den neuen Gebieten und ter Bermehrung der Wehrkraft zu beshäftigen haben.

Der Schluß der Thronrede, die mit stürmischen Hochrufen beantwortet wurde, stellt fest, daß die Beziehungen zu den übrigen Staaten ununterbrochen gut und freundschaftlich sind, und spricht die Hoffnung auf baldige Erneuerung guter und freundschaftliher Beziehungen zu der Türkei und zu Bul- garien aus.

Albanien.

Nach einer Meldung der Agence d’Athènes haben die Serben die albanishe Grenze überschritten, die Dörfer Kljetsche und Veheani besezt und dringen siegreih gegen Elbassan vor.

Asien.

Einer von „W. T. B.“ verbreiteten amtlihen Meldung zufolge hat sich die Bevölkerung im Distrikt JFlimandri im östlichen Teile der Jnsel Floris empört. Ein Gendarm und ein eingeborener Soldat sind getötet, zwei Gendarmen und neun eingeborene Soldaten verwundet worden, Acht Gendarmen werden vermißt. :

Die Hundertjahrfeier der Völkershlaht bei Leipzig.

__Die Hundertjahrfeier der Schlacht bei Leipzig begann gestern vormittag mit der Einweihung der russischen Gedächtniskirche auf dem Gelände der Völkerschlacht, die in Gegenwart Seiner Kaiserlihen Hoheit des Großfürsten Kyrill Wladimirowitsh von Rußland als Vertreters des Zaren, der in Leipzig anwesenden Russen und einer größeren Anzahl geladener Gäste stattfand. Nach der Weihe der Kirche durch Vesprengung mit geweihtem Wasser zog die Geistlichkeit mit dem gesamten Chor und dem Großfürsten Kyrill sowie den anwesenden Russen ‘um die Kirhe herum, worauf - die Liturgie begann. Tiefen Eindruck machten bet der Feier der herrliche Gesang des Protodiakonus der Moskauer llspensfi-Kathedrale Nosow und verschiedene Kirchengesänge des berühmten Moskauer Synodalchors. Die Einweihung und der Gottesdienst wurden zelebriert durch den Proto- presbyteros Schawelsfi, ‘den Propst Malzew-Berlin und den Propst Jakschitsh-Dresden. Jn seiner in russisher Sprache ge- haltenen Predigt führte der Propst Malzew aus, daß der erste vobvgejang vor hundert Jahren auf dem Schlachtfelde von russischen Soldaten angestimmt worden sei. So beginne auch in diesem Erinnerungsjahre die Reihe der Feiern mit einem Dankgebet der Russen in dem neu errichteten Goiteshause. Den Schluß des Gottesdienstes bildete nah rufsish-orthodorem Ritus das Gebet : Gott gebe viele Jahre, in dem Gottes Segen herabgefleht wurde auf den Zaren und seine Familie, den König von Sachsen als Schußherrn der Kirche, auf das russische Heer und alle Chrislen. Mit erneutem Gesang {loß die Feier.

_ Ein mätiges Leben und Treiben erfüllte am heutigen Paupttage der Völkerschlachtfeier von den frühen Moragaenstunden an die festlich geschmücïte Stadt. Zur Teilnahme an der Feier sind, wie „W. T. B.“ meldet, eingetroffen Jhre Majestäten die Könige von Sachsen und Württemberg, Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz-Regent von Bayern, die Großherzoge von Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelißz, von Sachsen und Oldenburg, der Herzog von Sachsen - Coburg und Gotha, der Prinz Rupprecht von Bayern, die Prinzen des sächsishen Königshauses und der Herzog Albrecht von Württemberg, Jhre Hoheiten der Herzog Johann Albreht zu Mecklenburg, Regent des Herzogtums Braun- schweig, die Herzoge von Sachsen-Altenburg und Anhalt sowie der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, Jhre Durchlauchten die Fürsten zu Waldeck und Pyrmont, Reuß j. L., zur Lippe und zu Schaumburg-Lippe und die Bürgermeister der Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg, ferner Jhre Kaiserlichen Hoheiten der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreih und der Großfürst Kyrill Wladimirowitsch von Rußland und Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Schweden, Herzog von Södermanland.

__ Das deutsche Heer vertreten die Generalfeldmarschälle, die Generalinspekteure der Armeeinspektionen, der Chef des Großen Generalstabs, die Kriegsminister und dié kommandierenden Generale. Als Vertreter des österreichish-ungarischen Heeres nd erschienen: der Chef des Generalstabs Freiherr von Hößendorf, der Kriegsminister von Krobatin und die Kom- mandanten der Negimenter, die an der Leipziger Schlacht hervorragenden Anteil genommen haben; als Vertreter der tussishen Armee außer der unmittelbaren Begleitung des Großfürsten Kyrill noch der Generaladjutant Baron Meyen- dorff, der Flügeladjutant Fürst Meschtschersky und 12 Offiziere unter Führung des Chefs des Generalstabs, Generals Shilinsfi : als Vertreter dec s{wedischen Armee der Generalstabschef Generalleutnant K. G. Bildt, der persönliche Adjutant des Prinzen Wilhelm, Kapitän Freiherr K. S. S. Leijenhufvoud, serner K. A. O. Oberst Toll, Major C. W. A. Hammarskiöld und Kapitän G. A. A. Blüm. Ferner sind vertreten - die yamilien der Heerführer der Befreiungskriege durch den Major Grafen Yorck von Wartenburg, den Rittmeister Grafen Blücher von Wahlstatt und den Leutnant Grafen Bülow von Dennewit; aus Oesterreich sind zugegen Vertreter der Familie des Fürsten von Schwarzenberg sowie der fürstlihen und gräflichen Familien eg, Biansky, Folliot de Greneville, Nostiz, Rieneck und vardegg.

Seine Majestät der Kaiser und König traf um 10 Uhr 40 Minuten von Bonn auf dem Hauptbahnhofe in ipzig ein, wo zum Empfange Seine Majestät der König von Sachsen, der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpiß, der sächsishe Kriegsminister Dretherr von Hausen, der kommandierende General des XTX. Armeeforps, General der Artillerie von Kirhbach, der Stadtkommandant, Generalleutnant Krug von Nidda, der Kreishauptmann von Burgsdorff, der Ober- bürgermeister Dr. Dittrich, der Polizeidirektor Dr. Wagler und er Ehrendienst ershienen waren. Die Ehrenkompagnie wurde vom 107. Jnfanterieregiment gestellt. Nach herz- äer Begrüßung und Vorstellung der Gefolge schritten die Majestäten die Front der Ehrenkompagnie ab und nahmen qitauf deren Vorbeimarsch entgegen. Sodann bestiegen die *lonarchen die bereitstehende à la Daumont bespannte Equipage O fuhren, begleitet von einer Eskadron des Ulanenregiments M 18, unter den stürmischen Hochrufen des Publikums durch l€ Fesistraße zum Völkershlachtdenkmal hinaus. j O den Slufen der zum Denkmal führenden Treppe aiten die Fahnenträger der Kriegervéreine, Jnnungen und 9nderer Vereine Aufstellung genommen. Um den vor dem

Denkmal befindlihen Teich herum gruppierten ih die Ver- treter der deutschen Sltudentenschaft, mehrere Tausend an der Zahl, mit ihren Chargierten in Wichs und ihren Fahnen und Bannern. Zahlreiche alte Herren hatten Band und Müße an- gelegt und sich den Kommilitonen zugesellt. Die Ehrengäste fanden sich auf der großen Plattform am Kaiserzelt ein. Hier sah man die Mitglieder des Deutschen Patriotenbundes, den Rat der Stadt Leipzig, die Geistlichkeit, die Rektoren, die Generalfeldmarshälle, die kommandierenden Generale, die Kriegsminister, die österreichishe und die russishe N deputation, die Vertreter der deutschen, österreichishen und russischen Adelsgeshlehter, die an den Ereignissen vor hundert Jahren beteiligt gewesen sind, Vertreter des Deutschen Städtetages, den Reichskanzler, die sächsischen Minister, die Minister Delbrück und von Breitenbach, ferner die Vertreter des Bundesrats, das Präsidium des Reichstags u. a. Nahe dem Eingang zu der Ummallung, die den Denkmalsplat umzieht, war das Fürstenzelt errichtet. Hier traten die deuts, en Bundesfürsten und die Vertreter der Freien Städte ein und wurden von den Prinzen des Sächsishen Königshauses empfangen. Eine Ehrenkompagnie vom 106. Jnfanterieregiment hatte hier Aufstellung genommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der gestrigen, durch den Tod des Abgeordneten Bebel erforderlih gewordenen Reichstagsersagzwahl im Wahl- kreise Hamburg 1 wurden nach vorläufigen amtlichen Ermitt- lungen, wie „W. T. B.“ meldet, von 35818 Wahlberechtigten 25 941 gültige Stimmen abgegeben. Davon erhielten der Ne- datteur Otto Stolten-Hamburg (Soz.) 17532, der Rechts- anwalt Dr. Karl Petersen- Hamburg (fortshr. Volksp.) 4739, der Hauptpastor Dr. Rode-Hamburg (nl.) 2421, der Land- richter Dr. A. Ko ch- Hamburg (Hamburgisch-Konservativ) 984, der Zollsekretär H. Arnoldt-Hamburg (Dtsch.-Soz.) 225 und der Schriftsteller ChriszewsTi-Gnesen (Pole) 35 Stimmen. Zersplittert waren fünf Stimmen.

Nr. 50 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 14. Oktober 1913, hat folgenden Inhalt: Versicherungs8wesen: Bekanntmachung über Art und Form der Rechnungsführung der Orts-, Land-, Betriebs. und Innungskrankenkassen. Vom 9. Oktober 1913.

Jagd. ___ Dienstag, den 21. d. M., findet Königliche Parforce- jagd statt. Stelldihein Mittags 12 Uhr 45 Minuten in eFerbiß. Kunst und Wissenschaft.

Am 25. Oktober wird in Côln ein Museum eröffnet werden, das als erstes in TFuropa ganz der Kunst Ostasiens gewidmet tit. In mehr als zwanzigjähriger Arbeit hat Professor Ad. Fischer die Sammlungen systematisch aufgebaut und vor vier Jahren an die Stadt Cöln abgetreten. Der Museumsbau, der zwecks örtlicher Zentralisierung der städtishen Muscen im Anschluß an das Kunstgewerbemuseum am Vanfaring errihtet wurde, ist eine Schöpfung des Architekten Franz Brantky, im Aussehen von ernster Würde, im Inneren ganz \{licht, ohne Stilspielereien; hängen do auch die Chinesen ihre Bilder an die glatie Wand. Um eine Vorstellung davon zu geben, wie die Kunstwerke in ihrem ostasiatischzn Milieu wirken, hat Fischer drei japanische Originalräume von einheimishen Zimmerleuten, die nach alter Uebeltefèrung arbeiten, in Japan erbauen lassen. Die kostbaren Seidenmalereien hängen in flachen Kästen an der Wand, um der Erbaltung willen unter Glas. Die kleineren Kunstwerke stehen in Schränken mit Holzfassung. Alles is getan, um die Wirkung der Arbeiten möglichst rein zu bewahren. 32 Räume in drei Etagen gruppieren sich um das Treppenhaus. China als das beherrshende und {öpferis{hste der Länder maht den Beginn. Für die Zeit des Buddhismus find die Kunstwerke von China, Korea und Japan vereinigt aufgestellt. Den Schwerpunkt bilden hier Plastik und Malerei. Korea, über das die chinesische Kultur nach Japan fai, ist dann ein eigener Naum gewidmet. Den Beschluß macht die japanis{che Kunst in Plastik und Malerei und nicht zum wenigsten in ihrer Töstliden SZierkfunst, mit dem Farbenholzs{hnitt, mit der Textil- kunst. Wissenschaftlihe Sonderkataloge, die fast aus\{ließlich in Ostasien selbst bearbeitet wurden, follen in den nächsten Jahren die Museumsbestände veröffentlichen.

Theater und Musik.

Im Königlihen Opernhause geht morgen, Sonntag, Nachmittags 27 Uhr, zu ermäßtgten Preisen „Die Fledermaus“ in Szene. In den Hauptrollen wirken mit die Damen Alfermann, Saccur als Gaîít, Goeße, Manski sowie die Herren Philipp, Clewing, Sommer, Böttcher, Krasa und Schulz, Im 11. Akt wird der Walzer „An der s{chönen blauen Donau“ von den Damen Peter und Geisel als Einlage getanzt. Dirigent ist der Kap-lUmeister Dr. Bes[. Abends 7x Uhr, findet das zweite Gastspiel des Herrn Caruso (Bohème) ftatt. Neben dem Gaste find in den Hauptrollen die Damen Dux, Alfer- mann sowie die Herren Bronsgeest, Habih, Bachmann, Schulz und Philipp beschäftigt. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Ble. ¿ur Montag ist „Der fliegende Holländer“ angeseßt. Die Titelrolle singt Herr Bischoff, die Senta: Frau Miekley-Kemp, die Mary: Frau von Scheele-Müller, den Daland: Herr Schwegler, den Erik: Herr Sommer, den Steuermann: Herr Philipp. Dirigent ist der Kapell- meister Laugs.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das vater- ländisde Schau}piel ,1812* von Otto von der Pforten aufgeführt. Herr Patry wid den General Yorck spielen, Herr Clewing den Napoleon. In den übrigen Hauptrollen find die Damen Meéssel, Abih und die Herren Kraußneck, Mühlhofer, Böttcher, Volliner, von Ledebur, Ztmmerer, Winter, Eggeling, Geisendörfer und Mannstädt beschäftigt. Am Montag wird die Strindbergsche Traumdichtung „Schwanenweiß“ wiederholt. Fräulein Thimig spielt die Titelrblle, Herr Clewing den Prinzen, Frau Bute die Stiefmutter und Herr Kraußneck den Herzog.

Zu dem Legendenspiel „Der verlorene Sohn“ von Wilhelm Schmidtbonn, dessen erste Aufführung am Freitag nächster Woche in den Kammersptielen des Deutschen Theaters stattfindet, hat ein junger Komponist, Aladar Rado, im Auftrage von Max Rein- hardt eine umfangreihe Bühnenmusik geschrieben.

Im Deutschèn Opernhause wird heute Webers „Freishütz* zum 295. Male gegeben, der Oper wird Webers „Jubêlouvertüre" zum Gedächtnis der Fretheits\chlacht unier Kapellmeister Krasselts Leitung voraufgehen.

Im Nesidenztheater findet am Freitag nächster Woche die Erstaufführung von „Hoheit der Franz!* statt.

_ „Die hettére Residenz“, ein neues Lustspiel von Georg Engel, wird am Dienstag im Deutschen Schauspielhause zum ersten Male aufgeführt,

Im Komödienhause ist die Erstaufführung von Henri Nathansons Schauspiel „Hinter Mauern“ auf nächsten Sonnabend, den 25. d. M,, festgeseßt worden.

Das Deutsche Künstlertbeater (Sozietät) bereitet als erste Neuheit John Salsworthys S&auspiel , Kampf“ vor, das bereits am Volkstheater in Wien die Feuerprobe bestanden hat. Die Erst- aufführung ist für Sonnabend, den 1. November, in Aussicht ge- nommen. Desselben Versassers Drama „Justiz“ ist ebenfalls {hon vor längerer Zeit vom Deutschen Künfilertheater erworben worden.

Raoul von Koczalski wird an seinem zweiten „Chopin- Abend“ am Mittwoh im großen Saal der Königlichen Hochs- \chule für Musik die Polonaise A-Dur, Nocturne Op. 27 Nr. 2, 4 Etudes, Impromptu #Fts-Dur, 2 Walzer. Ballade As- Dur, Tarantelle, 2 Mazurkas und ein S&erzo in B-Moll vortragen.

Mannigfaltiges.

Berlin, 18. Oktober 1913.

Aus Anlaß des Unglücks des Marineluft\chiffes „L 2" find, „W. T. B." zufolge, im NReichsmarineamt nachstehende Tele- gramme Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin eingelaufen :

Bonn, 17. Oktober.

_Wieder hat ein \{chwerer Schicksals\{lag Meine Marine ge=

troffen. Das Luftschiff „L 2" i} einer Explosion zum Opfer ge- fallen, und fast 30 hrave Männer, darunter die berufensten Förderer der neuen Waffe, haben dabei ihr Leben lassen müssen. Ihr Tod im Dienste des Vaterlandes sichert ihnen bei Mir und dem ganzen deutschen Volke ein ehrendes Gedenken. Shren Angehörigen ist unser aller her;lihes Beil-id gewiß. Aber die Trauer über das Geschehene wird, davon bin Ich überzeugt, nur zu erneuten Anstrengungen anspornen, die so wichtige Luftschiffwaffe zu einem zuverlässigen Kriegsmittel zu entwickeln. Wtlhelm L Potsdam, Neues Palais, 17. Oktober.

Bin tief ershüttert von dem erneuten Unglück, das unsere Marine durch den Unfall des Marinelu}t\chiffes „L 2" erlitten hat. Gott trôste die armen Hinterbliebenen. Würde Ihnen dankbar sein

für nähere Nachrichten. Auguste Viktoria.

Der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg hat an den Staatssekretär des Reih¿marineamts, Großadmiral von Tirpit, ein Beiletidstelegramm gerichtet. Weitere Beileidskund- gebungen gingen bisher u. a. ein von dem Bremer Senat, dem Präsidenten der Französishen Republik Poincaré, dem fran- D Marineminister Baudin und dem Minister des Aeußeren

ichon.

Der nunmehr vorliegende ausführlihe amtlidbe Bericht über das Unglück lautet: Das Marineluftschiff} „L 2" befand sich seit seiner Vebernahme durch die Marine im Probefahrtsverhältnis und follte gestern vormittag 8 Ühr zu einer in den Abnahmebedingungen vorgesehenen kurzen Höhenfahrt von Johannisthal aus aufsteigen. An Bord befanden sich von der etatsmäßigen Besatzung der Kommandant, der Marineingenteur und 13 Mannschaften; ferner vom Reihsmarine- amt die Luftschiffabnahmekommistion, bestehend aus einem Offizièr, zwei höheren Baubeamten, etnem Marineingenieur und drei tehnishen Sekretären; von der Zeppelinwerft ein Luftsiffkapitän, ein Ingenieur und zwet Monteure ; ferner ein Kapitänleutnant als Kommandanten- \{üler und ein Armeeoffizier als Gast, im ganzen also 28 Personen. Um das durch das Abnahmepersonal von Marine und Werft bedingte Mehrgewiht auszugleichen, waren fünf Personen der normalen Besaßung und ferner folgende Aus- rüstungsteile zurückg elassen worden: alle Außenbordéteile und der Sender der Funkeneinrihtung, Scheinwerfer und Armierung. Kurz nach 8 Uhr Vormittags wurde das Schif aus dér Halle geholt und stieg nah sorgfältiger Erprobung aller Teile, vor allem der Motoren, und nach Auswech\lung einer Zündmaschine in der hinteren Gondel um 10 Uhr 16 Minuten Vormittags auf. Es erreichte rasch etne Höbe von etwa 200 m. Um 10 Uhr 19 Minutéèn wurde von zuverlässigen Persönlichkeiten beobahtet, daß im ersten Drittel der vorderen Motorengondel zwischen Gondel und Hülle eine Flammengarbe entstand, die zunächst das Vorschiff bis zur Spige in Brand seßte. Das Feuer breitete sich \chnell nah hinten aus und zerstörte die äußere Hülle. Für einen kurzen Augenblick waren die hinteren Gaszellen noch unverleßt sicht- bar, wurden dann aber gleichfalls vom Feuer ergriffen. Jn höchstens zwei bis drei Sekunden stand das ganze Schiff in Flammen, und eine Explosion wurde aus etwa 700 m Entfernung gehört. Gleichzeitig senkte sich das Luftshif| und fiel, zuerst horizontal, dann sich längs auh mit der Spiße nach unten neigend, bis auf etwa vierzig Meter Höhe vom Erdboden. Hter erfolgte l zweite Explosion, die, wie aus der \{chwarzen Nauchentwicklung zu \{chließen, vermutlih von Benzin herrührte. Beim Aufprallen auf den Erdboden erfolgte eine dritte, jedoch chwächere Erplosion. Das Gerippe stürzte in sich zusammen. Die Haltemannschaften der Marineluftschiffabteilung eilten im Laufschritt nah der etwa 700 m. entfernt an der Rudower Chaussee aelegenen Uafallstelle. Hier waren hon Mannschaften einer in der Nähe übenden Pionierabteilung eingetroffen. Mit diesen zu- sammen wurden die Bergungsarbeiten aufgenommen. Aerztliches

ersonal war jofort zur Stelle. Nach kurzer Zeit ershienen au die Johannisthaler Feuerwehr und mehrere Krankenautomobile der A. E -G. Bon den Insassen des Lustschiffes wurden zwei Mannschaften, lebend außerhalb der Trümmer liegend, vorgefunden. Aus den Trümmern selbst wurde der {wer verleßte Leutnant Freiherr von Bleul befreit. Sämtlicheübrigen 25 Insassen, dienah und nah inden Trümmern gefunden wurden, gaben kein Lebenszeihen mehr von sich. Von den obigen drei Ueberlebenden starben einer an der Unfallstelle, der zweite auf dem Transport in das Krankenhaus Britz, wo der LeutnantFreiherr von Bleul noch als einzig Ueberlebender mit lebens8gefährlichen Verbrennungen dantederliegt. (Inzwischen verstorben.) Die übrigen tm Luftschif} Befind- lichen find noch während des Absturzes oder spätestens beim Aufprall getötet worden, da die meisten Toten außer Verbrennungen \{chwere Ver= leßungen des Numpfes, der Wirbelsäule und Schädelbrühe aufs weisen. Die Unfallstell? wurde sofort militärisch abgesperrt und bewacht. Aus den bisherigen Beobachtungen ergibt fich zunächst, daß die Ursache des Unfalls in einer Entzündung zu suchen ist, die nicht im Innern des Lufishiffes, sondern in oder über der vorderen Motorengondel entstand. Es wird versuht werden, durch genaue Untersuchungen der Ueberbleibsel über dite Entstehunasursahe Genaueres in Erfahrung zu bringen. Die Marine sieht fch in kurzer Zeit einem neuen {weren Unalücsfall gegenüber, der sie thres neuesten Luftschiffes beraubt hat. Sie betrauert den Tod vieler braver Männer, die ihr Leben für das Vaterland gelassen haben.

Die Namen der Verunglücckten sind: 1) Vom Reichse marineamt: Korvettenkapitän Behnisch, Baurat Neumann, Bau: meister Pietker, Techn. Sekretäre Lehmann, Prieß, Eisele. 2) Von der Marine-Luftschiffabteilung: Kapittänleutnant Freyer, Kapitänleutnant (Alexander) Trenk, Martneoberingenieure Haußmann, Busch, Steuermann Pittelkow, Maschinist Lasch, Bootsmannsmaat Werner, Signalmaat Kluge, Obermaschinistenmaate Cramer, Keidel, Torpedoobermaschinistenmaat Dressel, Obermaschinistenmaate Fockon; A Maschtnistenmaate Weber, Frie, Deckert, Segelmachersmaat Müller. 3) Von der Zeppelinwerft: Kapitän Gluud, Ingenteur Schüler, Monteure Hohenstein, Bauer. Vom Königin Augusta- Gardegrenadierregiment Nr. 4 wurde der Leutnant Freiherr von Bleul {wer verléßt. (JFnzwischen verstorben.)

Zum Besten der Hinterbliebenen der mit dem „2. 2" Verunglückten wird ein Komitee, an dessen Spiße Frau von Hollmann, die Witwe des früheren Staatssekretärs des Reich8marineamts, steht, am 14. November, 8 Uhr Abends, in dèn Gesamträumen des Landwehroffizierkasinos ein Konzert, an dem hervorragende Künstler mitwirken werden, vèran- stalten. Dieses Konzert wär ursprünglich für das Seemannserhölüngs- heim Kaiser Wilhelm- und Kaiserin Auguste Viktoria-Stiftung in