1894 / 5 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Reichskanzler ist folgendes Schreiben des Aus- schusses des ostpreußishen conservativen Vereins zugegangen :

An den Reichskanzler Herrn Grafen von Caprivi, Excellenz, zu Berlin. Königsberg in Pr., den 21. Dezember.

Eurer Excellenz beehren wir uns in der Anlage eine Resolution gehorsamft zu überreichen, mit dem ergebenen Bemerken, daß es uns ein leihtes fein würde, durch eine Generalverfammlung den Beweis dafür zu erbringen, daß die gesammte conservative Partei mit unserer Auffassung der Verhältnisse übereinsiimmt. :

Wir haben es indessen bei der jeßigen Lage - der Ver- handlungen mit Rußland für eine patriotishe Pflicht ge- halten, zunähst von einer öffentlihen Discussion in großen Ver- fammlungen Abstand zu nehmen, weil die Möglichkeit niht aus- geschloffen ift, daß die russischen Vertreter namentlich in der Frage der Aufhebung des Identitätsnahweises die in solchen Versamm- lunge zu Tage tretenden Ansichten in ihrem Interesse verwerthen

Eönnten. Der Ausschuß des ostpreußishen conservativen Vereins. Graf zu Dohna-Lauck, Vorsißender.

Die diesem Schreiben beigefügte Refolution lautet:

Die Ermäßigung der Schußtzölle für die Landwirthschaft, welche durch Annahme der Handeléverträge mit Rumänien, Spanien und Serbien eingetreten, muß eine empfindlihe Schädigung des landwirth- scaftlidben Gewerbes zur Folge haben, da leßteres bei allen Ver- trägen aus\{ließlich die Opfer bringt. i

Die Nothlage der Landwirtbschaft tritt aber ganz besonders {arf in den östlihen Districten unseres Vaterlands hervor. Sie hat bereits zu einem Nückgang der Bevölkerung geführt. In diesen Districten würde die Aufhebung des Identitätsnahweises beim Ge- treide-Erport Abhilfe gewähren, auch erbeblih fördernd und belebend auf den Handel und Verkehr einwirken. Die ostdeutshen Landwirthe erwarten, mit Nücksiht auf die schwere Nothlage, in der fich ihr Gewerbe befindet, die s{leunige Lösung dieser Frage.

Eine gründliche Besserung auf allen Gebieten der pÞproductiven Thätigkeit im gesammten Vaterlande und einen gerechten Ausgleich den Nachtheilen gegenüber, welche eine Folge der Handelsverträge sind, erkennen wir in einer internationalen Regelung der Währungsfrage, durch welche dem Silber das Recht, als vollwerthiges Münzmetall zu dienen, wiedergegeben werden foll. i ;

Wir rechnen zuversihtlich darauf, daß die verbündeten Regie- rungen die Initiative zur Lösung der Währungsfrage ergreifen werden.

Königsberg i. Pr., den 20. Dezember 1893.

Der Ausschuß des oftpreußishen conservativen Vereins. Graf zu Dohna-Laud,

Mitglied des Herrenhauses und Vorfißender. Andersh-Kalgen, Oekonomie:Rath. Andersh. Königsberg, Commerzien- Rath. Dr. Brandes, Althof-Insterburg. von Brandt-Tannenberg. Graf Dönhoff-Friedrihstein, Mitglied des Reichstags und des Herren- hauses. von Dreßler-Schreitlaugken. Graf zu Eulenburg-Prafssen, Mitglied des Herrenhauses. von der Groeben- Arnstein, Mitglied des Reichstags und des Herrenhauses. Graf von Klinkowstroem-Korcklack, Mitglied des Herrenhaufes. von Klißing-Königsberg, Landrath a. D. und Schriftführer. Freiherr von Mteeerscheidt-Hüllessem-Kuggen, Geheimer Regierungs-Rath. Graf von Mirbah-Sorquitten, Mitglied des Reichêtags und - des Herrenhauses. von Meßling-Kapsitten. Graf von Swlieben-Sanditten, Mitglied des Herrenhauses. Professor

Dr. Schade, Geheimer Regierungs-Rath.

Hierauf ist folgende Antwort des Reichskanzlers er-

angen: cis „Berlin, den 5. Januar 1894.

Dem Ausschuß des ostpreußischen confervativen Vereins be- ehre ih mich auf die Eingabe vom 21. v. M. Folgendes zu erwidern:

Obwohl ih die in der Resolution vom 20. Dezember ausgesprohene Befürchtung, daß die mit Numänien, Spanien und Serbien abgeschlossenen Handelsverträge eine Schädigung unseres landwirthshaftlihen Gewerbes zur Folge haben werden, nicht zu theilen vermag, so bin ich doch nah wie vor bereit, die shwierige Lage, in welcher sich ein großer Theil der ländlihen Bevölkerung befindet, an- zuerkennen und zur Hebung des Drudckes, der auf derselben lastet, mitzuwirken, soweit dies innerhalb der Grenzen meiner Amtssphäre irgend thunlich erscheint. i A

In der Ueberzeugung, daß die von Seiner Majestät dem Kaiser und König im Verein mit Seinen hohen Verbün- deten befolgte Handelspolitik der Gesammtheit und den wirthschaftlihen Interessen förderlih i Und daß der Abschluß eines Handelsvertrags mit Rußland auf der Grundlage des Austausches gleihwerthiger Zugeständnisse der deutschen Landwirthschaft keine neuen Opfer auferlegt, erkenne ih es gern an, daß die Resolution vom 20. v. vermeidet, einem deutsch-russishen Handelsvertrage gegenüber eine principiell ablehnende Stellungnahme zum Ausdruck zu bringen. Jh bin damit einverstanden, daß die Aufhebung des Jdentitätsnahweises in den Vordergrund gestellt und damit der Boden betreten wird, auf welchem ein Ausgleih widerstrebender Interessen erreichbar ist. Auch nach meiner Anshauung ist für den Fall eines Zustandekommens eines Handelsvertrags mit Rußland die Aufhebung des Identitätsnachweises für die östlichen Pro- vinzen Preußens nüßlih, ohne die Interessen der Gesammt- heit oder anderer deutscher Landestheile zu beeinträchtigen. Eine Vorlage an den Bundesrath, welche bestrebt sein wird, frühere Bedenken gegen ein solches Gese zu beseitigen, ist in Vorbereitung und wird so gefördert werden, daß fie eintreten- denfalls gleichzeitig mit jenem Handelsvertrag den gesegebenden Factoren vorgelegt werden kann. i . /

Was die gleichfalls von dem Auss{huß erwähnte Wäh- rungsfrage angeht, so verkenne ih nicht, daß die jüngsten Vorgänge in blen und den PEGARA Staaten derselben eine erhöhte Bedeutung beilegen. Aber ich muß an der Ueberzeugung festhalten, daß die zur Wiederherstellung des Silberpreises bisher vorgeshlagenen Wege als gang- bar niht erwiesen sind, und ih bin niht ohne thaisäch lihen Anhalt für die Auffassung, daß ein erneuter Versuch, gemeinsame Berathungen mit fremden Regierungen herbeizuführen, zur Zeit erfolglos bleiben würde. Andererseits vershließe ih mich der Erkenntniß nicht, daß bei der vor- handenen Theilnahme für diese Frage die Gefahr vorliegt, einen so s{hwierigen und in alle wirthschaftlihen Jnteresjen eingreifenden Gegenstand der L e er Männer entzogen und in den Kampf breiter Schichten der Bevölkerun geworfen zu sehen. Jch bin deshalb geneigt, im Anschlu “an die bereits im Gange befindliche amtlihe Prüfung auch noch Sachverständige verschiedener Berufsklassen und Lehr- meinungen über die Frage zu hören, welche Maßregeln geeignet wären, um den gesunkenen Werth des Silbers wieder zu heben. Das Erforderliche hierzu ist in die Wege geleitet.

Graf von Caprivi.“

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Der Ausschuß des Bundesraths für Handel und Verkehr hielt heute eine Sißung.

Diejenigen Bundesregierungen, die größere. Staatscisen- bahnnegze verwalten, haben aus Anlaß der Weltausstellung in Chicago Eisenbahnfahmänner nah Amerika entsandt und sie beaufiragt, nicht nur die Ausstellung selbst zu studiren, sondern sih au über das nordamerikanishe Eisenbahnwesen, das in seiner eigenartigen Entwickelung manches Jnteressante bietet, eingehender zu unterrihten. Der Wunsch liegt nahe, zu er- mitteln, in welchen Beziehungen die Urtheile der deutschen Eisenbahnfahmänner über die amerikanischen Ein- rihtungen und die möglihe Verwerthung der ge- sammelten Erfahrungen für das vaterländif ÿ e Eisenbahnwesen übereinstimmen. Von dem Präsidenten des Reichs - Eisenbahnamts, der im August und September ebenfalls die Vereinigten Staaten bereist hat, ist deshalb an- geregt worden, die sämmtlihen Commissare zu einer Be- sprehung zusammentreten zu lassen, um ‘ihnen Gelegenheit zu

eben, sih über ihre Wahrnehmungen zu äußern und ihre Men auszutaushen. Nachdem die betheiligten Regierungen dem Vorschlag zugestimmt haben, wird beabsichtigt, die be- treffenden Eisenbahnbeamten in der zweiten Hälfte dieses Monats im Reichs-Eisenbahnamt zu verfammeln.

Braunschweig.

Im Residenz-Schlosse in Braunschweig fand am 3. Januar ein Hofball statt, zu welchem ca. 500 Einladungen ergangen waren. Jhre Durchlauchten der Prinz und die Prinzessin Friedrich von Sachsen-Meiningen waren Gäste Jhrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Albrecht und nahmen am Hofball theil. Vorgestern Vor- mittag reisten die meininger Herrschaften nach Hannover zurück, während Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und

ie Prinzessin Albreht sich Nachmittags auf einige Zeit dorthin begaben, um daselbst größere Hoffestlihkeiten abzu- halten.

Sachsen-Meiningen.

Jhre Königliche Hoheit die Erbprinzessin is nach der „Koln. Ztg.“ vorgestern von Meiningen nach England ab- gereist.

Oesterreich-Ungarn.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Budapest dauerten gestern die Conferenzen der Finanz-Minister Dr. von Plener und Dr. Wekerle von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittags 11/5 Uhr und wurden später um 4 Uhr fort- geseßt. Dem „Magyar Ujsag“ zufolge hatten die Unterhand- ungen ein für die energische und beshleunigte Beendigung der Valutaregulirungs-Operationen sehr günstiges Ergebniß. Die Conferenzen werden heute fortgesezt werden.

Großbritannien und JFrland.

Der Premier-Minister Gladstone beabsichtigt dem „W. T. B.“ zufolge, sih mit seiner Gemahlin am 20. d. M. nah Biarriß zu begeben, wo ein dreiwöchiger Aufenthali in Aussicht genommen ist.

Im Unterhause erklärte gestern der Staatsjecretär des Krieges Campbell-Bannerman: die Herabseßung der Arbeitsstunden auf 48 per Woche oder 8 per Tag sei in allen Werkstätten, Arsenalen u. \. w. des Kriegs-Ministe- riums für möglih befunden worden und erfolge ohne Lohn- herabsezung.

Der „Times“ wird aus Plymouth gemeldet, im Marine- programm der Regierung sei der Bau von vier Schiffen erster Klasse, vier neuen Kanonenbooten, zwei großen Kreuzern und 32 Torpedobooten vorgesehen.

Frankrei.

Der Prozeß gegen Vaillant itl wie „W. T. B.“ meldet, vertagt worden, wird aber, wie es heißt, am Montag zur Verhandlung kommen, damit das Urtheil noch vor der Wiedereröffnung der Kammern gefällt werden könne.

Ftalien.

Das Decret, dur welches der Belagerungszustand über Sicilien verhängt wird, ist, wie „W. T. B.“ berichtet, eingeleitet dur einen Bericht der Minister an den König, worin es heißt: „Die Lage in Sicilien wurde in der leßten Zeit infolge einer beklagenswerthen Nachlässigkeit der Behörden jo ernst, daß gewöhnliche Maßregeln zur Abhilfe nicht genügen. Unwissende, verblendete Volkshaufen, geführt von Jndividuen, die zu allen Verbrechen bereit sind, trugen Unordnung in mehrere Gegenden, begingen Plünderungen, Brandstiftungen, Morde und Räubereien. Gegen ein so außergewöhnliches Uebel, wie das nihtswürdige Vorgehen der Feinde des Vaterlandes, ist ein außergewöhnliches Mittel nöthig. Es ist klar, daß ein Comité vorhanden ist, das unter Mißbrauch der constitutionellen Garantien offen in Palermo zusammengetreten ist.“ Mel- dungen aus den Provinzen Siciliens bestätigen, daß die Ver- hängung des Belagerungszustandcs einen guten Eindruck hervorgerufen habe.

Der „Corriere di Napoli“ meldet aus Palermo vom 4. d. M., das Central - Comité der Fasci habe ein Manifest an die Arbeiter gerichtet, worin ausgeführt werde, die gegenwärtige Bewegung sei eine shmerzliche und nothwendige Folge der gegenwärtigen Ordnung der Dinge. Jndem es diese unerbititlich verdamme, -verlange es eine Reihe von Zu-

eständnissen seitens der Regierung, um die humanitären ersprehungen der Bourgeoisie zu erproben. Das Mani- fest ersuche die Arbeiter, sich zu organisiren, aber sih ruhig zu verhalten, da durch cin vereinzeltes Vorgehen dauernde Vortheile niht zu erlangen seien. Zum Schluß be- sage das Manifest: „Aus den Entschließungen der Regierung werden wir erfahren, welche N wir einzunehmen haben.“ Infolge dieses Manifestes seien der Deputirte Defelice- Giuffrida und drei andere Häupter der Fasci in Trapani, Messina und Girgenti verhaftet worden. Der Bund in Palermo sei aufgelöst worden; bei der vorgenommenen O Munng abe man zahlreihe Papiere beshlagnahmt. ach einer eldung des „Folchetto“ wären auch die übrigen Führer der Fasci in Palermo verhaftet worden. N

Ueber weitere, in Sicilien vorgekommene Ruhestörungen wird berichtet: Nach einer Meldung des „Corriere di Napoli“ aus Palermo vom 4. d. M. fand in Macineo, einer etwa 10 000 Einwohner zählenden Ortschaft der Provinz Palermo ein Zusammenstoß zwishen den Truppen und Ruhestörern statt, welhe die Abschaffung des Octroi

verlangien und einen Angriff auf die Bürgermeisterei machen wollten. Der „Agenzia Stefani“ zufolge wurden dabei aht Personen getödtet und zwölf verwundet. Von den Soldaten, die erst nach längerem Heuer Feuer gaben, wurden zwölf leiht verwundet. Fernere estörungen werden gemeldet aus Ober- und Unterragusa, Mon- techiaro, Leonforte, Gibellina, Salemi, Nero, Caltanisetta und Calatafini. An leßterem Ort überfielen einige hundert Landleute und Kinder, aufgereizt durch Unruhe- stifter, die Verzehrungssteuerposten unter dem Ruf: „Nieder mit der Verzehrungssteuer! Wir wollen einen freien Markt!“ Caltanisetta kam es, nah einer Privatmittheilung von dort, bei einer von dem dortigen Arbeiterbunde veranstalteten Kundgebung zu “einem Zusammenstoß zwishen den Demon- stranten und dem Militär, wobei leßteres, nahdem ein Bauer einen Soldaten verwundet hatte, von der Feuerwaffe Ge- brau Aae Zehn Personen wurden getödtet und mehrere verwundet.

Spanien.

Die Landung einer von Melilla zurückehrenden Brigade gab, wie „W. T. B.“ aus Cadix berihhtet, Anlaß zu einer patriotishen Kundgebung.

Griechenland.

__ Der deutshe Gesandte Graf Wesdehlen hat, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern zur Wahrung der Rechte deutscher Staatsangehörigen der griehishen Regierung einc Note überreiht, worin sowohl gegen die Annullirung der Garantien als auch gegen die Herabsezung des Zins- fußes der Staatsschuld protestirt wird. Der britishe Vertreter erneuerte seine früheren Vorstellungen.

Montenegro.

Die anläßlih der leßten Gee an der Grenze von Montenegro und der Türkei unterbrohenen Arbeiten zur Regulirung der Aner werden nunmehr nah Ueberein- kommen der Regierungen beider Länder fortgeseßt. Die montenegrinishe Regierung hat, nah einer eldung des „W. T. B.“ aus Cetinje, die Grenzbehörden beauftragt, strenge Maßnahmen zur Verhütung eines Konflikts zu ergreifen und den Verkehr der Grenzbevölferung wiederherzustellen.“

Amerika.

Der New-Yorker „World“ wird aus Managua ges meldet, General Bonilla habe die Stadt Choluteca mit Sturm genommen; die Verluste betrügen 150 Todte und Verwundete. Die Regierungstruppen von Honduras hätten sih zurückgezogen. Die Truppen von Nicaragua erwarteten einen Angriff und würden dann in Honduras eindringen. Die Regierung habe bei den Kaufleuten eine Zwangsanleihe von 3950 000 Doll. gemacht. Nach einer Depesche des „New-York Herald“ habe General Bonilla ein Cabinet gebildet, worin er selbst die Präsidentschaft übernommen habe. Eine Verordnung des Präsidenten von Nicaragua proclamire ein formelles Büydniß mit Bonilla gegen den Präsidenten von Honduras.

Der brasilianishe Minister des Auswärtigen hat an den „New-York Herald“ eine Depesche gerichtet, worin er das Gerücht von einer Landung des Admirals Saldanha da Gama bei der Douane von Rio de Janeiro dementirt. |

Aus Buenos Aîïîres wird gemeldet, Chile habe be- schlossen, die Steuer auf Salpeter zu erhöhen. -— Gerücht- weise verlaute, daß Ecuador Truppen mobil mache.

Afrika. _

Wie dem „Reuter schen Bureau“ aus Sierra Leone gemeldet wird, ist die gegen die Sofas in Samory’'s Reich abgesandte britishe Expedition von einer franzosischen Expedition, infolge eines Jrrthums der leßteren, ange- griffen worden. Der französishe Commandant, der britische Capitän Lendy, General-Jnspecteur der Grenzpolizei, sowie 25 Leute und mehrere Offiziere des 1. Bataillons des West- indischen Regiments wurden getödtet. Die Engländer nahmen einen franzöfischen Offizier gefangen.

Handel und Gewerbe.

Am Donnerêtag fand hier in Berlin eine Versammlung von deutshen Besigern griechischer Staatspapiere statt, in der Maßnahmen zum Schuße der Interessen der griechischen Staatsgläubiger gefaßt werden follten. In der von etwa 1000 Personen besuchten Versammlung wurde mitgetheilt, daß bei den drei deutshen Emissionéfirmen etwa 50 Millionen Mark griechischer Staatépapiere und an einer anderen Stelle weitere 3 Millionen Mark angemeldet worden seien. Die Versammlung nahm eine Protest- erklärung gegenüber den Maßnahmen der griechischen Regierung an, durch welhe die Interessen der griehishen Staatsgläubiger un- berechtigterweife verleßt werden, und ernannte ein Shußcomité, welches die Beschlüsse der Versammlung zur Kenntniß der Königlich inet schen Regierung bringen und mit ihr verhandeln, die Unterstüßung der deutschen MelikEreglerung anrufen und fich mit den Sen Schußcomités anderer Länder in Verbindung seßen foll. In das Comité wurden außer den Emissionshäusern S. Bleichröder, Nationalbank für Deutschland und von Erlanger und Söhne, die 8 benannten Herren gewählt: Director Julius Alexander, Postsecretär a. Brook, Banquier Carl Chrambach, Sattlermeister Freund, Handelsrichter Georg Fromberg, Banquier Paul Kuczyneki, Felix Moral, Director des Exportverbandes deutscher Maschinenfabriken und Hüttenwerke, M. Potocki-Nelken, Regierungs-Rath Pieck, Regierungs-Rath Schaff, Ober-Bergrath a. D. Dr. Wachler, Banquier Lorenz Zuckermandel. Das Comité hat sich constituirt und Herrn Ober-Bergrath a. D. Dr. Wahler zum Präsidenten gewählt.

Verdingungen im Auslande,

Großbritannien. : :

10. Januar, 1 Uhr. A. P. Dunstan, Secretär der Ostindischen Eisenbahngesellschaft, Iicholas lane, London, E. C.: Lieferung von Nadreifen aus Stahl für Personen- und Güterwagen. Lastenheft für 1 Guinea in den Bureaus der Gesellschaft erhältlich. 2

11. Januar, Mittags. E. L. Marryat, Secretär der Bengalischen und Nordwest-Eisenbahngesellshaft, 237 Gresham House, Old Broad Street, London E. C.: Lieferung von Auge für Kessel. Lastenheft und Bedingungen für 5 Sh. in den Bureaus der Gefell-

t erhältlich. i ani Belgien,

4. Januar. Wohlthätigkeitébureau in Brü (gge, Rue des Chartreuses Nr. 2: Lieferung von Leinewand für Betten, Hemden, Kattun, Bettdecken 2c. in 7 Abtheilungen. Angebote sind bis zum 8. Januar, 4 Uhr, einzureichen. i E :

Nächstens. Börse in Brüssel: Lieferung in einer Abtheilung von Vignole-Stahlschicnen im Gewicht von 38 kg für den laufenden Meter und zwar:

1500 Stück 9 m lang, O O 2

O O Caution 10 000 Fr. Preis der Pläne 2,25 Fr. pro Quadratmeter. _ Rumänien.

24. Januar. Ministerium des Innern in Bukarest: Bau eines Postgebäudes. Voranschlag 1 945 000 Fr. Caution 4% des Submissionsbetrages. i

28. Januar. Kriegs-Ministerium in Bukar eft: Lieferung von 55 000 Waffenriemen. Caution 6000 Fr. j

7. Februar. Magistrat zu Jassy: Umbau des alten türkischen Bades, Einrichtung medizinisher, pneumatisher und therapeutischer Bäder, Aufbau des Maschi nenhauses fowie Lieferung und Aufsteliung der erforderlichen Maschinen. Kostenvoranschlag 261 706 Lei. Pro- viforische Caution 13 085 Lei. Näheres an Ort und Stelle.

7. Februar, Kriegs - Ministerium in Bukarest: Lieferung von 165 000 Patronentaschen.

26. Februar, ebenda: Lieferung von 16000 Leinwandsäcken, 16 000 Scheeren und 16 000 Federmef!sern.

5. März, ebenda: Lieferung von 5000 Kochgeschirren und 5000

Feldflaschen für das Heer. Dänemark.

I. 8. Januar, 12 Uhr. Hafenverwaltung (Havneforvalt- ningens Contoir) Kopenhagen: Ausführung einiger Kloaken- anlagen im Terrain des Freibafens von Kopenhagen.

TT. 12. Januar, 12 Uhr. Hafenverwaltung (Havneforvalt- ningens - Contoir) Kopenhagen: Lieferung von gußeisernen Säulen für das Pacfhaus T im Freihafen von Kopenhagen.

ITI. 15, Januar, 12 Uhr. Hafenverwaltung (Havneforvalt- ningens Contoir) Kopenhagen: Ausführung der eisernen Ueber- bauung eines Viaducts im Freihafen von Kopenhagen.

Zu T bis IIT Bedingungen und Zeichnungen erhältliß an Ort und Stelle gegen Ler eguog von 50 Kron., ‘die bei Einlieferung eines Angebots und Rückgabe der Bedingungen 2c. zurückerstattet werden.

IV. 15. Januar, 12 Uhr. Zeughausverwaltung (Materialfor- valterens Contor) in Kopenhagen: Lieferung des Bedarfs an Sattler-, Klempner-, Bürstenbinder-, Seiler- und Eisenwaaren. Be- dingungen und Verzeichnisse zur Einficht an Ort und Stelle (wochen- tägli 10—12 Uhr). :

V. 26. Januar, 1 Uhr. Staatsbahnverwaltung (Cobbjörnsens- gade 6) in Kopenhagen: Lieferung von 435 Stück Räderbandagen für die Maschinen-Werkstätten in Kopenhagen und Aarhus. Bedin- gungen an Ort und Stelle.

Egypten. :

15. Januar. Verwaltung der Eisenbahnen, Telegraphen und des Hafens von Alexandrien in Kairo: Verbreiterung des Belags der Brücke bei Menache und Wiederherstellung des Belags der Wege- brüde Nr. 3. C /

29. Januar, ebenda: Lieferung von Garnituren für Waggons (Kanten, Borten, Schnüre, Quasten, Knöpfe, Oesen, Wachsleinwand, Linoleum, Canevas, Leinwand, Calico, Haken, japanische Nägel 2c.).

Verkehrs-Anstalten.

Vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten wird eine neue „Zeitschrift für Kleinbahnen“ herausgegeben, die im Verlage von Julius Springer in Berlin erscheint und deren erste Nummer soeben ausgegeben worden ist. In einem leitenden Ar:ikel von dem Ministerial- Director Brefeld werden die Aufgaben der Zeitschrift auseinandergesetzt. Sie will allseitige Auskunft geben über den Stand der Kleinbahnunter- nehmungen, ihre Begründung, Finanziirung, ihre Einrichtungen, ihren Betrieb und das für sie geltende Ret. Es sollen zu diesem Zwecke insbesondere für Preußen fortlaufende Uebersichten über die Ge- nehmigungen und die Unternehmer von _ Kleinbahnen, ihre finanzielle Grundlage, die etwaige Betheiligung des Staats oder ‘der Gemeinden an der #Finanziirung, die Bahnlinie, Bauart, insbesondere Spurweite, eigenartige Constructionen von allgemeinerem Interesse, Betriebsart, insbesondere Betriebékraft, wichtige rihterliße und sonstige Entscheidungen u. \. w., ver- öffentliht und in Verbindung hiermit die Betriebsergebnisse der Kleinbahnunternehmungen thunlichst nach den Berichten der Ver- waltungen selbs mitgetheilt werden. Ferner besteht die Absicht, alle M Vorgänge auf dem Gebiete des Kleinbahnwesens in den übrigen deutschen Staaten und im Ausland regel- mäßig zu veröffentlihen. Endlich soll die Zeitschrift einen Sammel- punkt bilden für wissenshaftlihe Arbçiten über alle Zweige des Klein- bahnwesens nah seiner tehnischen, wirthshaftlihen und rechtlihen Seite und zu diesem Zweck auch regelmäßige Uebersichten über die Literatur auf diesem Gebiete, verbunden mit Besprehungen wichtigerer literarisher Erscheinungen, bieten. Das 1. Hest enthalt ferner ‘- u. folgende Auffsägte : Ueber die Anlagekosten der Kleinbahnen mit Locomotivbetrieb, von Regierungs-Baumeister E. Fränkel in Breslau. Die Entwicklung des Kleinbahnwesens in Nordamerika, von Director Dr. Kollmann in Frankfurt a. M. Der elektrishe Betrieb bei Straßenbahnen. Ueber die Entwicklung des Kleinbahnwesens in Preußen. Es steht zu hoffen, daß die neue Zeitschrift dazu beitragen wird, das allseitige Interesse an dem Ausbau des Kleinbahnnetzes zu wecken und zu beleben und damit die weitere Entwickelung der neuen Verkehrs- straßen zu fördern. Der Preis des Jahrgangs von 12 Heften be- trägt 10 M

_Laut Telegramm aus Aachen is die erste englische Post über Ostende vom 5. d. M. ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England und Sturm auf See. Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat ferner die zweite eng- lishe Post über Ostende vom s. d. M. in Köln den An- \s{chluß an Zug 31 nah Berlin über Hildesheim nicht erreicht ; Grund: verspätete Landung des Schiffs in Ostende und Zug- verspätung auf deutscher Strecke. j

_In New-York bildet sich, wie ,„W. T. B." meldet, ein großes Eisenbahnsyndikat, dessen Organisation fast vollendet ist, um alle Waarentransporte von Chicago nah den Häfen des Atlantischen Oceans zu reguliren und zu vertheilen. Dieses Syndikat wird bedeutender sein als das, welches den Waarentransport nach dem Westen regulirt.

Bremen, 5. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „München“ ist am 1, Januar von Buenos Aires nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Köln“ ist am 3. Januar Abends auf der Weser angekommen. Der Post- dampfer , Darmstadt“ is am 3. Januar Nachmittags in Bal - timore angekommen. Der Reichs F onampin „Salier* hat am 3. Januar Abends die Reise von Neapel nach Port Said fort- grept, Der Schnelldampfer „Spree“ hat am 4. Januar

orgens Lizard assirt. Der Schnelldampfer „Aller“ orgens Dover passirt. Der Schnell- ist am 4. Januar Vormittags in New - York angekommen. Der Postdampfer „Braunschweig“ hat am 4. Januar Nachmittags Dover passirt. Der Post- dampfer „Weimar“ ist am 4. Januar Vormittags in New- York angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Bayern“ ist am 4. Januar Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Reichs- ostdampfer „Oldenburg“ hat am 4. Januar Nachmittags die Reise von Port Said nah Neapel fortgeseßt.

London, 5. Januar. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Greek“ ist gestern auf der Ausreise von Madeira abgegangen. Der Union-VDampfer „Tara“ ist gestern auf der Heimreise von Capstadt abgegangen. Der Castle-Dampfer „Methven Castle* i gestern auf der Ausreise in Capstadt angekommen. Der Castle-Dampfer „Warwick Castle“ ist heute auf der Aus- reise von London abgegangen.

hat am 4. Januar dampfer „Trave“

Bare sowie „Das e

Theater und Mufik.

Concerte. T

Die Concertfängerin Fräulein Johanna Krämer (Sopran) ab am Pes im Saal Bechstein eîn Concert, in welchem e außer einer rie aus „Samson und Dalila“ von Saint- Saëns mehrere Lieder von Mendelssohn, Schumann, Wüerst und anderen vortrug. Ihre besonders in der Höhe sehr wohlklingende und gut geshulte Stimme is mit temperament- voller Vortragsweise vereinigt, die sich jedoch oft zu einem Uebermaß des -Tremolirens verleiten läßt. Der Cellovirtuos Fer Hugo Schlemüller unterstüßte das Concert durch einige vortrefflih ausgeführte Soli, unter denen \ih au drei sehr melodiós gehaltene Stücke eigener Composition befanden. Der ani Herr Frank Paras brachte einige Piècen von Mendelsfohn, Heller und aderewsfi zu Gehör, bewies im Vorträg derselben aber mehr eine

gewandte Technik als eine fesselnde Ausdrucksweise.

Der Componist Herr R. L. Herman, von dem bereits mehrere Werke hier günstige Aufnahme gefunden haben, brahte am Freitag im Saal der Sing-Akademie mehrere Scenen aus seinen O:-ern „Vineta“ und „Lanzelot* zu Gehör, an deren Aufführung sih das Phil - harmonische Orchester, der Koßolt’sche Van verein und hervorragende _Solisten betheiligten. Die vollständige Darstellung der hier noh unbekannten Opern is bereits auf den Bühnen zu Cassel und Braunshweig mit sehr gutem Erfolg gekrönt worden, und es lassen die gehörten Abschnitte mit Recht den Wunsch rege werden, diese Werke auch hier einmal kennen zu lernen. In der Behandlung des e wie der Chorsäße folgt der Comporist dem Vorbilde Meyerbeer's und nähert sich darin mitunter den besseren neuen französishen Tondichtern. Von Richard Wagner hält er si, wie aus den zahlreichen Chorsäßen und aus der Behandlung der Tertesworte zur Genüge erkenntlich ist, fecn. Von ganz vortreffliher Wirkung sind: der „Prolog“ für Orchester und Chor, die „Vision“ beim Auftauchen der Vineta und die im fünftheiligen Takt erklingende, sehr originelle Balletmusik der erst- enannten Oper. Aus der heroishen Oper „Lanzelot“ sind das

inale des ersten Acts sowie die Einleitung zum dritten Act durch rhythmishe und modulatorische Originalität besonders hervorragend. Die Aufführung durch den Chor, das Orchester sowie die Solisten Frau Schramke-Falkner, Frau Helene Krüger, Miß Harriet Behnne, Fräulein Asta Casper- \chodck, und die Herren P. Kalisch, A. Schulze, A. Johnson und B. Lurgen stein war durhweg sehr lobenswerth und zeugte von begeisterter Theilnahme für die beiden Werke. Dem Coms- ponisten, der die Leitung felbst übernommen hatte, wurde am Schluß des Abends rauschender Beifall und Hervorruf zu theil.

Im Königlichen Opernhause werden am Montag „Cavalleria rusticana“ mit Frau Pierson und Herrn Sylva in den oldene Kreuz“ (Damen Weiß, Herzog 2c.,

rren Philipp, Stammer) gegeben.

_Im Königlichen Schauspielhause findet am Montag die Aufführung „Der Ahrenshooper“, „Einges{lossen“ und „Militär- \romm* in der bekannten Besetzung statt.

Im Deutschen Theater geht das Lustspiel „Der Herr Senator“ morgen, am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend in Scene. Am Montag wird „Der Talisman“ gegeben. Ain Mittwoch kommt „Göß von Verlihingen“ zur Aufführung. Am Freitag findet eine Wiederaufnahme des „Käthchen von Heilbronn" mit Teresina Geßner in der Titelrolle statt,

Im Berliner Theater geht Gußkow?'s Drama „Uriel Acosta“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle am Dienstag neu einstudirt in Scene. Die beiden Lustspiele „Aus der komischen Oper“ und „Das en mit Ludwig Barnay in den männlihen Haupt- rollen find für den morgigen Abend und für Sonn- abend angeseßt. Wicherts Schauspiel „Aus eigenem Necht“ fommt am Montag und Mittwoch zur Aufführung. Für Donnerstag ist mit Ludwig Barnay in der Nolle des Marc Anton eine Wieder- holung von Shakespeare’'s „Julius Cäsar“ angeseßt. Am Freitag (20. Abonnements-Vorstellung) findet eine Aufführung von Schiller?s „Maria Stuart“ mit Marie Pospischil in der Titelrolle statt, und am morgigen Nachmittag spielt dieselbe Künstlerin die Titelrolle in Schiller’s „Jungfrau von Orleans“.

Im Lessing-Theater kommt, wie bereits gemcldet, am nächsten Sonnabend Victorien Sardou's vieractiges Lustspiel „Madame Sans- Gêne“ zur ersten Aufführung. Morgen, am Montag, Dienstag, Donnerstag und Aas wird der Schwank „Der ungläubige Thomas* in Verbindung mit dem einactigen Lustspiel „Ein Millionäâr a. D.“ wiederholt, während am Mittwoch in vielfah neuer Rollenbesezung Björnson’s Schauspiel „Ein Fallissement“ in das Repertoire wieder aufgenommen wird, aus welhem es seit längerer Zeit hatte ausscheiden müssen.

Im Friedrih-Wilhelmstädtischen Theater wird bis ein- {ließlich Sonnabend, 13. Januar, die Operette „Der Lieutenant zur See“ gegeben.

Im NResidenz-Theater wird bis zum Sonnabend, 13. d. M,, „Der Mustergatte“ und vorher „Im Negligé“ gegeben.

Im Victoria -Theater findet, wie hon gemeldet, morgen Nachmittag 3 Uhr eine Wiederholung des Feenmärchens „Aschenbrödel“ statt. Abends Uhr gehen „Die Kinder des Capitän Grant“ in Scene.

Im Neuen Theater kommt morgen „Sappho“ zur Auf führung. Außerdem findet morgen Mittag die {hon e Iokai- Feier statt. Max Stempel’s neues bürgerlihes Drama „Licht“ wird am Donnerstag zur ersten Aufführung gelangen. „Jugend“ und „Sappho“ werden dann auch weiterhin mit dieser Novität im Spiel- plan abwefeln.

In das Comité für die Wohlthätigkeits-Vorstellung zu Gunsten der Hinterbliebenen Carl Meißner's sind Director Ludwig Barnay und Herr Carl Helmerding eingetreten. In etwa vierzehn Tagen dürfte die geplante Vorstellung stattfinden, für welche sich die bekanntesten Künstler Berlins zur Verfügung gestellt haben.

Mannigfaltiges.

Die Feier der Wiedereröffnung der Christuskirhe hat heute Vormittag in Gegenwart Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin stattgefunden. Unter den reen Ehrengästen befanden sih der Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Culenburg, der Vice-Präsident des Staats-Ministeriums Staatsfecretär Dr. von Boetticher, der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten, Dr. Bosse, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister des Königlihen Hauses von Wedel, der Ober - Stallmeister Graf Wedel, der Ober - Hofmeister * Freiherr von Mirbach, die Ober - Hofmeisterin Gräfin Brockdorff, sowie Fräulein von Gersdorf und Graf Keller vom Hofstaat Ihrer Majestät der Kaiserin. Die kirchlichen Behörden waren durch den Präsidenten des evangelishen Ober - Kirchenraths D.Dr. Barkhausen, den Con- sistorial-Präsidenten Schmidt, die General-Superintendenten Faber und Dryander, den Propst Brückner, die Superintendenten Steinbach,

übner und Leonhardt, den Hofprediger Krißinger, die Pastoren Stage,

chmeidler, Hagen u. a. vertreten. Ferner waren Der Polizei-Präsident Freiherr von Richthofen, der Dirigent der Ministerial-Baucommission Kayser, sowie als Vertreter der Stadt mehrere Stadtverordnete an- wesend. Vor der Feier überreichte der Staats-Minister Dr. Bosse dem Gemeindekirhenrathsmitglied der Dreifaltigkeitsparochie, Rentier Julius Schröder, der mit dem Rentier Paul die Geschäfte des Er-

I ates der Kirche geleitet hat, als Allerhöchste Anerkennung den

Königlichen Kronen - Orden vierter Klasse. Die Kaiserin, Allerhöchst- deren Anfahrt unter feierlihem Vet erfolgte, wurde am Kirchenportal von den Spißen der kirchlihen Behörden, der Geift-

lichkeit und dem Gemeinde-Kirchenrath der Vreifaltigkeits-Parochie erwartet. General-Superintendent Faber be E Allerhöchstdieselbe mit kurzer Ansprache, der Geheime Baurath reite den goldenen Schlüssel dar, mit dem alsdann auf Befehl Jhrer Majestät der Kaiserin General-Superintendent Dryander das Gotteshaus ers{loß. Beim Eintreten wurde Ihre Majestät yon dem Chor mit der Motette „Herr Gott, dich loben wir“ empfangen. Den Weiheact vollzog General-Suverintendent Faber im Anschluß an das von Jhrer Majestät der Kaiserin in die Altarbibel geschriebene Wort aus Matth. 16, 15 bis 17: „Wer saget denn ihr, daß ih sei u. st. w.* Nach der Weihe fiel die Orgel ein, und die Gemeinde ftimmte das „Lobe den Hetrn* n. Die Festpredigt hielt General-Superintendent Dryander über das Wort aus dem Evangelium Johannis 14: „Euer Herz er- \hrecke nicht : glaubet ihr an Gott, so. glaubt ihr auch an mi.“ Gebet und Segen spra wieder General-Superintendent Faber. Mit dem Choral „Nun danket alle Gott“ {loß die Feier.

Die Christuskirhe *war im Februar v. ILXSgauf An- egung Ihrer Majestät der Kaiserin von der Kirchenbehörbe der Drei- faltigfeitsgemeinde von der Londoner Juden-Missionsgesellshaft für 225000 Æ angekauft worden. Der Erneuerungsbau, der nah den Angaben des Geheimen Bauraths Orth vom Architekten Altgelt ausgeführt is, erforderte 40000 Æ, sodaß die Gesammtkosten \ih auf 265 000 berehnen ; 50000 Æ sind aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds, 142 500 (4 von den vereinigten Kreis\ynoden, 14 300 vom früheren Evangelishen Kirhenbauverein Berlins, 5000 4 von der Neuen Kirche gewährt worden ; den Rest hat die Dreifaltigkeits-Gemeinde bestritten. @

° Das Magistrats-Collegium hat nah dem Bericht der „Nat.-Ztg.* in seiner gestrigen Sitzung für mehrere Wohl - thätigkeits-Vereine jährlihe Beiträge bestimmt. So sind dem Verein „Kinderhort" und dem „Verein der Volkskindergärten“ im Osten, welchen bis zur Zeit ein jährlicher städtisher Beitrag von je 3000 A gewährt worden ist, diese Beiträge um 1000 4 erhöht worden, sodaß jeder von ihnen für das Verwaltungsjahr 1894/95 4000 # erhâlt. Ferner sind dem Vorstande der Goßner’shen Kleinkinderbewahranstalten auf sein Gesu wider- ruflich jährliß 1000 # unter der Bedingung zugesprochen worden, daß die Anstalten bis 7 Uhr geöffnet bleiben. Schließlih soll auch der Vorstand der Kinder-Voltsküche einen ein- maligen Beitrag von 1500 46 erhalten. Ueber den zur Ver- schönerung des Thiergartens von der Stadtgemeinde Berlin alljährlich gewährten Zushuß von 30000 4 hat das Meagistrats- Collegium folgende Bestimmungen getroffen. Es sollen Ver- wendung finden: 12000 4 zur weiteren Dur(hführung des Reit- weges an der Südseite der Charlottenburger Chaussee, vom roßen Weg bis über den Wasserlauf gegenüber von

barlottenhof, zur Verbreiterung der Brücke über denselben und der Fußgängerpromenade; 10 000 ( zur Anlegung zweier Fuß- promenaden zu beiden Seiten der Bellevue-Chaussee vom Spreewege bis zur Charlottenburger Chaussee, fowie zur Anlegung eines Spiel- plazes für Kinder nahe der nördlihen Promenade, und schließlich 8000 M zur Anlegung und Erweiterung eines directen, nah der Rousseau-Insel führenden Promenadenwèges von der Wolfen Lêöwengrupve im Ahornsteig und zur Anlage eines Spielplates.

Im Neichstagsgebäude sind, wie die „Nat.-Ztg.“ mittheilt, jeßt die Grundrisse, das Modell, Vorderansiht, Seitenansiht, Rü- ansiht, Lageplan u. st. w. des National-Denkmals für Kaiser Wilhelm I. auf der Schloßfreiheit in den Wandelgängen zur Ansicht ausgestellt.

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Der Stadtverordnete, Fabrikbesißer Diersch feierte beute fein 25jähriges Jubiläum als Mitglied der Stadtverordneten-Versamm- lung. Als Vorsitzender des Central-Comités der Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz hatte {on vorher Cabinets-Rath von dem Knese- be® dem Jubilar seinen Besuch abgestattet; heute erschien der Geschäftsführer des Central-Comités, Hauptmann Süß, um die Glückfwünshe des Comités zu überbringen. Als- dann fand sich eine Deputation der Communalbeamten des Gesund- brunnens und des dortigen Befßirksvereins ein, welche ihn zu einem am Montag stattfindenden Festmahl einluden. Die Glückwünsche der Stadtverordneten-Versammlung spra der Vorsteher Dr. Langerhans aus. Das Comité zur Errichtung des Kriegerdenkmals auf dem Kyffhäuser hatte die Herren General-Lieutenant von Renthe- Fink, Pofessor Dr. Westphal, Kanzlei-Rath Stengel und Magistrats-Secretär Backhausen zur Beglückwünschung abgeordnet. Auch die Kameradschaftlihe Vereinigung der Berliner und benach- barten Kriegervereine, deren Ehbrenpräsident der Jubilar ift, entsandte eine Deputation. Für das Präsidium des Deutshen Schüßenbundes, dessen Vorsitßender Herr Diersh ist, ershienen die Herren Wolf, Walter und Förster mit einer kunstvollen Adresse; die Berliner Ee endlich widmete ihrem Chrenmitalied einen silbernen Potal.

Der Missions-Inspector Winkelmann, der vor etwa cinem halben Jahre von der Evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch- Ostafrika nach Afrika gesandt wurde, um die dortigen Stationen zu besuhen, wurde gestern Abend nach seiner glücklihen Rück- kehr im großen * Saale des Christlihen Vereins junger Männer festlich begrüßt. General - Superintendent Faber er- öffnete die Feier mit einem Gebet, die Begrüßung hatte der Geheime Ober-Regierungs-Rath Graf Bernstorff übernommen. In längerem Vortrag schilderte \sodani Inspector Winkelmann seine Reiseerlebnifsse.

Die militärische Gesellschaft bält ihre nähste Versamu- lung, Mittwoch, 10. Januar, Abends 7 Uhr, im großen Saale der Kriegs: Akademie, Dorotheenstraße 58/59, ab. Tagesordnung: Vortrag „Die Flotte der Nordstaaten im Secesfionskriege“, gehalten von Capitän zur See a. D. Stenzel.

Der 68. Unterrichtscursus in der vereinfachten Stolze’ schen Stenographie unter Leitung des Herrn L. Loepert, geprüften Lehrers der Stenographie (Schleiermacherstraße 6) beginnt Kreilas, den 12. Januar. Der Cursus umfaßt 12 Lectionen, welche Dienstag und Freitag, Abends von 87 bis 94 Uhr, im Hörsaal der Königlichen Akademie der Künste, am Schinkelplaß 6 1. (Bau - Akademie) stattfinden. Eintrittskarten zua je 6 K für Herren, Damen und Schüler sind bei Beginn des Unterrichts im Hörsaal oder vorher beim Hauswart der Bau-Akademie bezw. im Abgeordneten- hause, Leipzigerstraße 75, beim Portier zu entnehmen.

Gestern fand in dem zum ersten Male nah dem Muster der Subscriptionsbälle im Königlichen Opernhause in einen Ballsaal ver- wandelten Theater Unter den Linden ein Ballfest des Clubs der Schriftsteller-Genossenschaft statt. Ein Podium verband den Parquetraum und die Bühne, von der mittleren Balconloge aus ührte eine Treppe in den Ballsaal, der zwar keine große Ausdehnung atte, aber einen behaglihen und eleganten Eindruck machte. Troß dec großen Zahl der Ballbesuher konnte von einer Ueber- füllung oder von einem lebensgefährlihen Gedränge nicht die Rede sein, weil das Theater hinter den Balconlogen und im ersten Nang fowie auh oberhalb der großen Freitreppe des Foyers große und weite, elegant eingerihtete Räumlichkeiten und Säle besißt, in denen sih die Gesellschaft bequem vertheilen konnte. Von den ge- ladenen Gästen, die die Ballfestlichkeit mit ihrem A beehrten, seien der Minister des Königlichen Hauses Herr von Wedel, der Dber-Stallmeister Graf von Wedel, der Kammerherr Graf Keller vom Hofstaat Ihrer E der Kaiserin und Königin und der französishe Botschafter Herbette ge- nannt, Offiziere der hiesigen Garnison, auch in höheren Chargen, sowte einige Staatsbeamte nahmen an der Festlichkeit theil ; das Hauptcontingent stellte die Schriftsteller- und die Theaterwelt. Um 11 Uhr wurde die Gesellschaft durch einen von Ernst von Wilden- bruch gedihteten und von Frau Clara Meyer ausdruck8voll vor-