1894 / 13 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Jn Livorno ist cs gestern zu Unruhen gekommen. -Wie der „Agenzia Stefani“ von - dort berichtet wird, mußten die Pferdebahnen ihren Dienst einftellen, sämmtliche Läden waren geshlossen. Jn der Nähe der Thür des “Gebäudes ‘der monarchistishen Vereinigung wurde eine Bombe mit langer brennender Zündschnur gefunden. Einem Wächter gelang es, die Zündshnur auszulöschen. Die Bombe bestand aus Bronze, war besonders groß und hatte die Form einer Glasflasche. Welche Stoffe darin enthalten sind, ist noch nit békannt.

us Massa wird der „Agenzia Stefani“ von gestern gemeldet, daß dort Ruhe herrshe. In Carrara, wo die Ruheftörer die Arbeiter zu verhindern Fuchten, in den Marmor- brüchen zu arbeiten, würden a Unruhen befürchtet. Da man vermuthe, daß auf den e zwischen Massa und Carrara fich eine bewaffnete Bande aufhalte, sei eine Abtheilung Militär und Gendarmen dorthin ab- gesandt, um die Bande zu verfolgen. Die Eisenbahn- inie zwishen Massa und Spezia werde von Militär bewacht. Gegen Abend sei der Ort von Militär besezt und die Läden geschlossen worden, da man befürchtet habe, die Anarchisten würden, vereint mit denjenigen aus anderen Orischaften, Un- ruhen hervorrufen und Nachts in die Stadt einzudringen ver- fuhen. Außerhalb der Stadt seien" zwischen den Aufrührern und der Kavallerie Schüsse gewechselt worden. Die Aufrührer streiften durch das Land und versuchten, sich Waffen zu verschaffen. Privatnachrihten. aus Carrara zufolge hätten bewaffnete Banden Barrikaden errichtet gehabt, um die Stadt nach der Ebene hin zu ifolieren und fodann in diese einzudringen. Die Gendarmerie habe indessen diesen Plan vereitelt und die Meuterer verhindert, ihren weiter entfernten Genossen das verab- redete Zeichen zu geben. Nichtsdestoweniger sei es den Meuterern gAnuaci, alle dienstthuenden Zollwächter zu entwaffnen. In Avenza ist am Sonntag Abend auf einen Eisenbahnzug geschossen worden, ohne daß dabei jemand verwundet worden wäre. Ein ähnliches Attentat wurde auf einen Eisenbahnzug zwishen Serravezza und Massa verübt.

In Palermo trafen gestern fortgeseßt Truppenverstär- kungen ein; die Abnahme der Waffen im Sinne des MWastetwerbots hat begonnen.

Belgien.

Infolge der geftern Vormittag abgehaltenen Versammlung der Rechten ist, wie „W. T. B.“ meldet, die ministerielle Krisis ana beigelegt; die Regierung wird daher demnächst einen efeventicuri über die proportionelle Ver- tretung einbringen.

Amerika.

o Repräsentantenhause hat gestern, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, die erfte Lesung der Tarifvorlag stattgefunden, worauf die Diskussion über die zu der Vorlage eingegangenen Anträge begann.

Parlamentarische Nachrichten.

Herrenhaus. : 1. Sißung vom 16. Januar, Nachmittags 2 Uhr.

Die Sißung wird von dem Präsidenten der vorigen Session, Fürsten zu Stolberg-Wernigerode mit einem M auf Seine Majestät den Kaiser und König ja et, in welches die Anwesenden dreimäl begeistert ein- immen.

Der Präsident ernennt zu provisorishen Schriftführern die Herren von der Osten, von Klißing, von Reinersdorff und von Wiedebach und verliest das Verzeichniß der neu berufenen Mitglieder. Z

Darauf wird zur Feststellung der Beschlußfähigkeit der Namensaufruf vollzogen. (Schluß des Blattes.)

Haus der Abgeordneten. 1. Sißung vom 16. Januar, Nachmittags 1 Uhr.

Der Sizung wohnt der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.

Nach S 1 der Geschäftsordnung tritt beim Beginn einer neuen Legislaturperiode nach Eröffnung der beiden Häuser des Landtags das AUE der Abgeordneten unter dem Vorfiß seines ältesten Mitglieds zusammen. Aeltestes Mitglied ist zur Zeit der Abg. Dieden Qenix,) Er übernimmt den Bors. theilt mit, daß er am 17. e 1810 geboren ist, und stellt fest, daß sich kein älteres Mitglied gemeldet hat.

Der Alters-Präsident schlägt vor, die bisherige Ge- shäftsordnung des Hauses bestehen zu lassen: dagegen erhebt sich kein Widerspruh. Er beruft zu provisorishen Sghrift- führern die Abgg. Bode, Jmmwalle, Kolisch und Olzem und fährt dann fort:

Wir nehmen unsere Verbandlungen zum Wohle des Vaterlandes auf und beginnen dieselben mit dem Ausdruck der Treue und Ehr- furt gegen unsern Landesherrn: Seine Majestät der Kaiser und König, unser gnädigiter ser, er lebe boch! (Die Mit- glieder des Hauses haben stch erhoben und stimmen dreimal lebhaft in diesen Nuf ein.) :

Die Vereidigung derjenigen Mitglieder, welhe den Eid auf dic Verfassung noch nicht geleistet haben, wird in der nächsten Zeit erfolgen.

Der Alters-Präsident macht darauf aufmerksam, daß nach S 6 der TAGlgoDnung die Weigerung der Ableistung des Eides auf die Verfassung die Befugniß ausschließt, einen Siß im Hause einzunehmen. i

Angemeldet sind bis jeßt 378 Mitglieder. Die Verloosung der Mitglieder in die Abtheilungen wird wie bisher das Bureau vornehmen.

Schluß 1 Uhr 20 Minuten. Nächste Sißung Donners- tag, 10 Uhr. (Waÿl der Präsidenten und Schriftführer : Entgegennahme von Vorlagen der Staatsregierung.)

Bei der Reichstags-Ersaßwahl im Wahlkreise Neu- stadt (Oberschlesien) hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ der Rittergutsbefißer Deloch (deutsh-ultramontan) 3896 Stim- men, der Bauerngutsbesizer Strzoda (polnisch-ultramontan) 3419 Stimmen, Stolpe (Sozialdemokrat) 619 Stininien, Ondrusch (Zentrum) 81 Stimmen, Professor Dr. Virchow

Gesietn faicb. dos seXte DhilbarGeilsge & * TanD. e ar unter Leitung des Heren Gen ¿Müsilbireltors Crust Sck 1p sert

1 G i * vor. Die hochhpoeti

minenden Worte dieses seltener gehörten Werkes, die aus -Tiedge's „Urania“ herrübren, find musi id fo edel und wurden fo ergreïfend wiedergegeben, daß der Eindruck ein fehr nachhaltiger war. Sänger trug die Oymne mit einer besonders in der Höbe sehr kräftigen, fHangvollen und wohlgeshulten Stimme vor, die zugleih mit edler Aus ise vereinigt war, und erntete rauscenden Beifall. Nicht in gleiher Vollendung erschien die führung des Monologs und der Geblutute des Hans S aus den „Meisterfingern“ von Wagner. Zwischen beiden Gesang vorträgen wurde eine fehr anziehende Novität : ein Ecrmmade fe Streichordester* von dem Wiener Komponisten Fuchs zu Gehör ge- braht, Dieses sehr interessante und melodisch gehaltene Werk, das in der Formgeftaltung den Klassikern folgt, is in den tiven dur{weg “originell und bietet besonders dur Theilung der Streibinftrumente und Verdoppelung der melodie- führenden und fontrapunktisch \ich bewegenden Stimmen einen gro en Glanz und Farbenreichthum. Die Ausführung durch das Dr ter_ unter der rubigen und zuglei energischen Leitung des

rn Schuch war eine ganz vortreffliche. Laute Acclamationen folgten am S{hluß der fkünstlerishen Leistungen dieses Abends. Ihre Königliche Hobeit die Prinzessin Friedri Leopold beehrte das Konzert mit Ihrer Gegenwart.

Im Königlichen Opernhause gehen morgen Wagner?s „Meistersinger von Nürnberg“ mit den Daten Leisinger, Lammert, den Herren Gudehus, Bey, Schmidt, Lieban in den Hauptrollen unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung in Scene.

U Königlihen Schauspielhbauje wird morgen Gustav rrviag o Lustspiel „Die Journaliften“ mit Frau Clara Meve: als delbeid geceben.

Infolge zahlreicher an die General-Intendanturx der Königlichen Schauspiele ergangener Anfragen wird uns mitgetheilt, s zu den am 20. und 21. d. M. im Opern- bezw. Schauspielhause auf Allerböchsten Befehl statifindenden Théâtre paré-Abenden Billets für alle Plâte wie zu jeder andern Vorstellung verkauft werden.

Das Programm des einzigen Klavier-Abends, welchen M o rij Rosenthal am Donnerêtag Abend 72 Uhr in der Sing- Aftademie veranstaltet, ist wie folgt festgeseßt: Sonate op. 111 von Beethoven, Vivace von Scarlatti, Gavotte von Padre Mantini, Variationen von Brahms, drei Stücke von Shore, „La Fileufe* von Raff, zwei Stücke von Poldini, Rhapsodie Nr. 2 von Liszt, Louis Pécsftai, der ungarische Violinvirtuefe, tritt an demselben Tage noch einmal im Saal Bechstein auf; die vokale Mitwirkung an diesem Abend übernimmt Fräulein Marie Berg mit Liedern von Paisiello, Moiart, Liszt, Giehrl und Maffenet. Die nächste Quartett-Soirée der Herren Profesor Joachim und Genossen findet am 25. d. M. statt. Der Solist des nächsten Philbarmonischen Konzerts, welches am 29. d. M. unter Leitung des General - Musikdireftors Schuch - stattfindet, ist der Klaviervirtuose Moriz Rosenthal: der Kartenverkauf für dieses Konzert beginnt morgen.

_ Auf Einladung Seiner Hoheit des Herzogs von Sachsen-Meiningen wird Direktor Ludwig Barnay im Laufe des nächsten Monats die Rolle des Malatesta in Widmann’'s Schauspiel „Jenseits von Gut und Böse* im Hof-Theater ju Meiningen darstellen;

Der Bericht über die gestrige Sißung des Reichstags

befindet sich in der Ersten Beilage.

om 16. Januar, orgens.

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1) Nahm. Regen. 2?) Neblig. Ueberfiht der Witterung.

._ Unter der Wechselwirkung einer tiefen Depression im Nordwesten únd eines Hohdruckgebiets im Süden bat sih die ozeanische Luftstrômung über Mittel- Europa ausgebreitet, - allenthalben trübe Witterung mit ‘steigender Teinveratur verursahend. Die Frost: renze, welhe gestern Morgen der westdeutschen Srenze entlang verlief, ist ostwärts bis in Rußland hinein fortgeshritten. Nur am Nordfuße der Alpen sowie in Oftpreußen dauert der Frost noch an, in Westdeutshland liegt die Temperatur bis zu 4 Grad über dem Gefrierpunkt. Ein tiefes Minimum liegt weftlih von Schottland und \{eint nordostwärts fortzuschreiten, sodaß Auffrishen der Südwestwinde ¿unächst für das nordwestlihe Deutschland zu er- warlien sein dürfte.

Belmullet

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Deutsche Seewarte. E E E I 5 Theater - Anzeigen, Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern-

haus. 16. Vorftelluna. Die Meiftersinger vou Nüruberg. Große Oper in 3 Akten von Nicbars

4 burg.

men abgegeben.

agner: In Scene geseßt vom Ober - Regisseur

Teblaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. An- fang 6{ Ubr.!

Scauspielhaus. 17. Vorstellung. Die Jour- nalifteu. _ Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Freytag. Regie: Herr Keßler. - {Adelbeid : Frau Clara Meyer, Chrenmitglied des Königlichen Schau- spiels.) Anfang 7 Ubr.

Donnerstag: Opernhaus. 17. Vorstellung. Ca- valleria rusticana (Bauern - Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascägni. Text nah dem gleihnamigen Volksftück von Verga. In Scene geseht ‘vom Obet-Regisseur Teßlaff. Dirigent : Kapellmeister Dr. Muck. Die Tochter des Regiments. Komische Oper in 2 Akten von G. Donizetti. Text nah dem Pranzien des St. Georges. Dirigent: Kapellmeister Wegener. Anfang 7 Ühr.

Schauspielhaus. 18. Vorstellung. Schiller-Cycius, 5. Abend. Wallenftein's Lager. Schauspiel ‘in 1 Aufzug von Friedrich von Schiller. Jn Scene gesext vom Ober- Regisseur Mar Grube. Die Piccolomini. Schauspiel in 5 Aufzügen von Fried- rich von Schiller. Anfang 7 Ubr.

Deutsches Theater. Mittwoch: Der Herr Senator.

Donnerstag: Der Talisman.

Freitag: Der Herr Senator.

Sonnabend: Faust.

Berliner Theater. Mittwoch: Aus eigene Recht. Anfang 7 Uhr: |

Donnerêtag: Aus der komischen Oper. Das

Gefäugnuifß:. Freitag: ‘21. Abonnements-Vorstellung. Julius der „Walleustein-

Cäsar. (Marc Anton: Ludwig Bärnay.) Die nâste Aufführung Trilogie““ an eineni Tage findet Sonntag statt. Lessing-Theater. Mittwcech u. folgende Tage: Madame Sans-Gêne.

Friedrich - Wilhelm diise es Theater. ch ala id yeatez

u y , Mittwoch: Der Lieutenant zur Sce. Operette in 3 Akten nah éîner älteren Idee von E. S{läck und L, Herrmann. Musik von Louis Roth. ‘Jn Scene geseßt von Julius Fritsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Ubr. Donnerstag: Der Lieutenant zur Sce.

Re enz-Thegter. Direktion: Sigmund Lauten- ittwoch: Zum 24. Male: Der Mustergatte. (Le premier mari de. France.) f in 3 Akten von Albin Valabrègue. Vorher: Jm P fe: Plauderei fn 1 Akt von Hans von Reln- fels. ang 74 Ubr. i j y

Donnerstag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

57 Stimmen erhalten. Außerdem wurden 19 ungültige Stim- Es ist somit eine Doloch und Strzoda nothwendig.

Stichwahl zwischen

Neues Theater. Sgiffbauerdamm 3—95.

__ Direktion : Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Jugend, Ein Liebesdrama in 3 Akten von Mar Halbe. Anfang 7E Udr. Donnerstag: Sappho. Sittenbild in 5 Akten Len N Daudet uñd Adolphe Belot. Anfang E. »

Viktoria-Theater. Belle - Alliancestraße 7/8.

Mittwoch: Mit vollständig neuer Ausstattung: Die Kinder des Kapitän Grant. Aus- statiungëstück mit großem Ballet in 12 Bildern. Anfang 7{ Ubr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise: Lumpaci vagabundus, oder: Das lieder- de Meehlatt. Zaubervofse mit Gesang und

allet.

Theater Unter den Linden. Mittwog: Salon Pigtelberger. Operette von J. Offenbach. ierauf: Zum 25. Male: Vrahma. Ausftattungs- Ballet von J. Monplaisir, Musik von C. Dall? Argine. Anfang 72 Uhr. Sonnabend : E Zweiter Maskenball. “Fz

Adolph Ernst-Theaoter, Mittwoch: Zum 121. Male: Charley’s Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Vajazzi. Parodiftishe Pofsé mit Gesang in 1 Akt von Ed: Jacobsón und Benno Jacobson. Jn Scene gesest von Adolph Ernst. Anfang 74 Ubr.

Donnerstag: Charley’s Tante. Die Bajazzi.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.

Mittwoh: Zum 25. Male: Berlin 1893. Revue in 2 Abtheilungen von“L. Leipziger. Vorher : Ein toller Einfall. Anfang déx! Vorstellung 75 Übr, der Revue 94 Ubr.

Donnert tag: Dieselbe Vorstellung.

_ Konzerte. Sing-Akgdemie. Mitiwoch, Anfang 73 Uhr:

xL. Abonnements - Kouzert von Flor, Zajic |

und Heinr, Grünfeld, unter gütiger der Konzertsängerin Fräulein Hartung aus Weimar, des Klaviervîirtuosen Herrn Alfred” Grünfeld, sowie der Herren Theodor Krelle (Bratshe) und Hund (11. Geige).

Sagl Bechstein. Mittwoh, Anfang 8 Ubr: Lieder-Abcud von Selma Nicklaß-Kempuer aus

Mitwirkung

Konzert-Haus. Mittwoh: Karl Meyder- Konzert,

ity. „Fra Diavolo* von Auber. „Die Schweizer-

bütte* von Adam. Polonaise von Stör. „Immer

Inulie Müller- ‘Berlin:

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

oder Nimmer“, Walzer von Waldteufel. „Souvenir de Moscou“, für Violine von Wieniamsti (Herr Neumann). „Bergmadel und der Mond“, für Piston von Philipp (Herr Werner). Hotel Kölnischer Hof, Krausensiraße 48. Hotelgäste. haben freien Eintritt.

Birkus Renz (Karlstraße). Mittwoch, Abents

7} Uhr:

._ E Ein Künstlerfest. “Sz Vollständig neue und glänzende Ausstattung und Einlagen. Ueberraschende Wasser- und . Lichteffekte.

Außerdem: Dex ostpreußishe Hengst „Blondel“ und Monstre-Tableau von 60 Pferden, vorgeführt voin Direktor Fr. Rènz. Das S@Whulpferd „Colmar“ und der Steiger „Alev®, geritten“ von Fräulein Deeana Renz. „Kandelaber“, geritten von Heren Ernst Renz. Die großen. Tiemplinsprtünge über 10 Pferde. Die Afrobatcn auf dem. Telephondrakbt Zalva, España und Alva. Mr. Lavater. Lee :c.

Preise wie gewöhnli.

Donnerstag: Ein Künsilerfest.

Familien-Nachrichteu.

Verlobt: Frl. Anna. von Reibniß mit Hrn. Regietungs-Referendar Erik von Löbbecke (Linden- bof bei Langfuhr —Elbing). et Marguitta Eshmann mit Hrn. Musikdirektor Dr. phil. Ernft Radecke (Winterthue).

Verehelicht: Hr. Stabsarzt Dr. Hans Brettner mit Frl. Toni Calandrelli (Berlis).

Geboren: Ein Sohn: . Hauptmann a. D. von Mannlih-Lehmanu (Berlin). Hrn. von Baumbach (Ropperbaufen). Eine Tochter: Hrn. E P/ Schmidt (Wittenberg). Hrn. Garnifonpfarrex Rühle: (Thoxn).“ Hrn. line Swaljcha von - Ehrenfeld (Garde- egen).

Gestorben: Hrn. Major Willi von Keller Sobn Erick (Berlin). Hr. Majoratsherr Ludwig von Swhaevenbah (Stralsund), Verw. Fr. Geb. Regiérungs - Rath Mathilte von Ganéauge, geb. Barèire (Berlin).

| Redakteur: Dr, H: Klee, Direktor.

Verlag der Expcdition (Scholz). Druck der Norddeutswen Bvcbdrueerei und Verlags- Arstait Berlin SW. Wilbelmitraße Nr. 32. T ieben Beilagen (ein chließlih Börsen-Beilage),

sowie die Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent-

lichen Anzeigers (Ki csellshaften auf Arien as rier eiae für die Woche vom s, bié 13. Januar 1894.

-—.

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 16. Januar

Deutsches Rei.

Mahvweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schluß des Monats Dezember 1893. I E T T N E E T T C R

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Ueberbaupt Berlin, im Januar 1894.

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6 104 765 + 187 233

5917532 |

Haupt-Buchhalterei des Reichs-Schazamis. D Biester.

Deutscher Reichstag.

27. Sißung vom Montag, 15. Januar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sißung is bereits in der Nummer am Montag berichtet worden.

Bei Fortseßung der ersten Berathung des Taback- steuergeseßes nimmt nah dem Abg. Molkenbuhr (Soz.), dessen Hede in derselben Nummer {hon mitgetheilt worden ist, das Wort der e

Königlih preußishe Bevollmächtigte zum Bundesrath, Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Aus meiner eigenen langjährigen parlamenta- rischen Erfahrung weiß ich ich glaube, viele von Ihnen werden dieselbe Erfahrung gemaht haben —, daß eine lang hingezogene Ge- neraldebatte in die Gefahr geräth, sich wesentlich in Spezialitäten um Einzelfragen zu verlieren, und daß durch die Betonung folcer Einzelfragen \{ließlich die entsheidenden Gesichtspunkte mehr und mebr in den Hintergrund treten. Jch werde mih bemühen, in diesen Fehler nicht zu verfallen; ich werde mich an Einzelfragen möglichst wenig halten und Ihnen auch nit eine große Menge von Einzelzahlen geben, sondern mich auf die Hauptbeweisstücke, wenn ih so sagen soll, für meine Ansicht beshränken.

Meine Herren, es is im großen und ganzen hier im Reichstag anerkannt worden, daß ein dringendes Bedürfniß vorliegt, ent- sprechend der stattgefundenen Verminderung der Reihseinnahmen und entsprehend der sehr erbeblißen Erhöhung der Reichsausgaben wenigstens annähernd und einigermaßen die Reichseinnahmen zu ver- mehren. Wie könnte das auch anders sein! Jst denn nicht in den leiten drei bis vier Jahren das Verhältniß der Finanzen des Reichs zu denen der Einzelstaaten, die Nothwendigkeit des Rückgriffs des Reichs auf die Finanzen der Einzelstaaten, die Unmöglichkeit, Ueber- weisungen aus den Reichseinnahmen den Einzelstaaten zuzuwenden, ganz wesentlich und entscheidend geändert worden ? Und kann man dieser Thatsache gegenüber \sich einfah im Nichtsthun verhalten? Ich erinnere daran, daß doch zweifellos vorerst wenigstens dur die Handelsverträge, welhe hier im Reichstag zur Annahme gekommen sind, ein Einnahmeverlust für das Reich von mindestens 35 Millionen entstanden ift. (Zustimmung und Widerspru.) Ich erinnere weiter daran, daß für die Anshauung derer, die nunmehr die Ergänzung dieses Einnahmeverlustes am allerentshiedensten bekämpfen, dieser Einnahmeverlust eine Verminderung der Belastung der inländischen Bevölkerung bedeutet, und zwar eine Entlastung an der empfindlihsten Stelle, nämli in der Besteueing der Nahrungsmittel. Andere sind dieser Meinung nicht; aber gerade diejenigen, welche diese

Ergänzung nunmehr als niht nothwendig bekämpfen, steben mit der größten Entschiedenheit auf diesem Boden. Dann, meine Herren, kann man sih auch ait damit trösten, daß in wenigen Jahren gerade infolge der Reduktionen verschiedener maßgebender Zölle die Zoll- einnahmen dur den größeren Import derartig wieder fteigen würden, daß damit von selbst der Ersaß gegeben sei; wenn «man auch bei einzelnen Artikeln gewiß durch eine mäßige Reduktion der Zölle den Import fo steigern kann, daß der Einnahmeverlust bald verschwindet, bäufig sogar durch Mehreinnahmen überholt wird, so wird man doch am allerwenigsten das sagen könnenbei denjenigen Artikeln, die bier von entscheidender Bedeutung sind, nämli bei dem Getreide und dem Vieh; denn bei diesen hängt der Import von wesentlich anderen Gesichtspunkten ab als bei einer Reibe anderer Artikel, namentli beispielsweise bei Artikeln wie Wein, obgleich auch 1892 und im laufenden Jahre selbst in diesen Lurxusartikeln infolge der Reduktion der Zölle eine fehr erhebliche Verminderung der Zolleinnahmen eingetreten ift. (Hört! bört! rets.)

Also wir haben hier eine sehr bedeutende Einnahme des Reichs preisgegeben. Wir wünschen seitens der verbündeten Regierungen einigen Ersaß dafür, und, wenn Sie wollen, ftellen wir an die Stelle der Zölle auf Getreide und Fleisch den Luxusartikel Taba. (Widerspruch.)

Wir haben aber mehr gethan. Wir waren genöthigt, im Inter- effse der Sicherheit Deutshlands und der Erhaltung des Friedens die Ausgaben infolge der Heeresreform zu steigern, um ich will nur mit runden Zahlen rechnen, vorläufig ist es ja noch nicht so viel, wir werden aber bald diese Zahl erreihen rund sechzig Millionen. Es ist naturgemäß, daß die gesammte Finanzlage des Reichs in ihrem Verhältniß zu den Einzelstaaten dadurch entscheidend alteriert worden ist. (Sehr richtig!) 5

Also ih darf wohl annehmen, daß doch das Gefühl nit bloß hier im Reichstag, sondern im ganzen deutschen Volke vorhanden ift, daß die Forderung der verbündeten Regierungen auf Vermehrung der Reichseinnahmen durch neue Einnahmequellen in sih berechtigt und nothwendig ift.

Meine Herren, aber auch, wenn Sie sonst einen Blick, ohne in Spezialitäten einzugehen, in die Finanzlage des Reichs und in die Reichs - Etats werfen, so werden Sie, die Kenner we- nigstens, mir zugeben müssen, daß das natürlihe Steigen der Einnahmen auf verschiedenen Gebieten des Reichs aus den bereits vorhandenen Einnahmequellen mindestens wird auf- gewogen werden durch das nicht abzuweisende Steigen der Ausgaben auf anderen Gebieten. Ich glaube, wer den Reichs-Etat sh genau ansieht, kann fich der Hoffnung nicht hingeben, daß das

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. 13.

: 1894.

natürlihe Steigen beispielsweise durch die Vermehrung der Be- völkerung allein hinreihe, diese bedeutenden, plößlichen, großen Ver- [uste der Finanzen des Deutschen Reichs au nur einigermaßen wieder aufzuwiegen. Wir habeu verzihten müssen auf d: Forderung einerregelmäßigen Schuldentilgung. Daßes aber doch Bedenken einflößt, in einem ganz furzen Zeitraum zwei Milliarden S{ulden zu machen (Bewegung), und gar keine Anstalten zu treffen, hier zu ämortisieren (sehr gut! rechts; Widerspruch links), einen großen Theil der Schulden zu machen für Zwette, die an sich unmittelbar keine Rente geben, niht einmal ein rihtiges, einer soliden Verwaltung entsprechendes Verkbältniß herzustellen zwischen denjenigen Ausgaben, die durch An- leihen gedeck werden, und denjenigen, die #durch die laufenden Mittel gedeckt werden, daß dies alles finanzielle Bedenken an ih son erregt, ift klar genug. Ich glaube daber, der Saß, den ih ausgesprohen babe: es wird durchgängig die Nothwendigkeit, die eigenen Einnahmen bèës Reichs zu vermehren, sowohl im Reichstag als in dem urthbeilsfähigen Theil des deutshen Volks anerkannt wird mir kaum noch weiter bestritten werden.

Nun, meine Herren, fragen wir uns: wie soll denn nun der vorhandene Fehlbetrag gedeck werden? Da frage ih: sind bier im Hause in der Debatte praktische Gegenvorshläge gegen die Anträge der Reichsregierung gemaht, welche auch nur die geringste Aussi{t auf Erfolg hätten? Jch verneine diese Frage.

Was ift vorgeschlagen ? Vor allem sagt man : wir wollen überbauvt keine indirekten Steuern und Verbrauhsabgaben, es mag eine Reichs- Einkommensteuer eingeführt werden. Nun, wenn die verehrten Herrn, die darauf bestehen, die Güte haben wollten, einen Antrag einzubringen, so würden Sie fih bald überzeugen, wie gering die Stimmenzahl sein würde, die fich diesem Vorschlag anschließen würde. Ih habe doch \chon ausführlich dargelegt und ich glaube, von den folgenden Rednern, namentlich auch von Herrn Rösickde nit entfernt widerlegt zu sein, man hat vielmehr nur einfach Gegenbehauptungen aufgestellt, daß schon mii Rüdcksiht auf unser Föderativfstaatensystem in Deutschland, gegenwärtig die Sache praktisch unausführbar is. Eine Reichs- eintkommenfteuer als eine selbständige Steuer neben der Einkommen- steuer der Einzelstaaten werden Sie doch wobl felbst für unmöglih halten. In einem und demselben Staatskörper ¡wei selbständig veranlagte, mit verschiedenen Stufen, mit verschiedener Progrefsion und Degression versehene Ginkommenfteuern einzuführen, das weiß doch jeder und kann es sih, möchte ih sagen, an. den zehn Fingern abzählen, ift eine völlige Unmöglichkeit.

Die Reichseinkommensteuer aber als Zuschlag zu den bestehenden Staatseinkommensteuern zu erbeben, {ft noch unmöglicher : einestheils weil wir eine Reihe von Staaten baben, und därunter sehr bedeutende, die gar keine Einkommenfteuern erheben, wie wollen Sie denn da nun den Zuschlag erheben ? anderentbeils aber diejenigen Staaten, welche Einkommernsteuern haben, ganz verschiedene Einkommensfteuer- systeme, vershiedene Stufen, verschiedene Progression, verschiedene Degression und verschiedene Veranlagungsgrundsäte haben. Wie kann man also da von Zus{lägen reden !

Meine Herren, die Reichseinkommensteuer seßt einen Einheits- ftaat voraus, oder, wenn Sie über alle diese Schwierigkeiten binweg- geben wollen, so würde das uns einem Einheitsftaat jedenfalls näher führen; das soll man sich wohl überlegen, wenn man derartige, mit den Grundprinzipien der bestehenden deutschén Staatsordnung unver- trägliche Vorschläge macht. Jch gehe also darüber hinweg.

Eine Wehbrsteuer, meine Herren, ift zweierlei, Kopfsteuer und Ein- kommenfteuer. Seben Sie si die Konstruktion der Wehrfteuer an und fie ist in den übrigen Staaten auch fo veranlagt —, so werden Sie finden, daß alle Bedenken, die gegen die Einführung der Reichs- einkommenfteuer geltend gemat sind, genau ebenso gegen die Webr- fteuer geltend gemacht werden müfsen. Denn Sie können unmögli jeden Nichtdienenden, an fich zum Dienen Befähigten, nun mit der gleichen Steuer belegen; das wäre ja eine Kopfsteuer der allerverwerf- lihsten Art, eine Kopfsteuer, die wir in allen Einzelstaaten niht mehr kennen, und zu welcher das Reih unmögli neu übergehen kann. Sie müssen also auch eine Besteuerung neben dieser Kopfsteuer aller Wehrpflichtigen nah gleihem Maße nah Maßgabe des Einkommens der Wehrpflichtigen bezw. deren Eltern erheben. Sie würden also diese Einkommen konstatieren müssen und würden die Einzelftaaten zwingen, bloß zu diesem Zwecke den kolossalen Apparat der Veran- lagung der Einkommensteuer einzuführen.

Meine Herren, wir müssen uns bescheiden. In unserem deutschen Staatêswesen ift keineswegs alles mögli, was in einem Einheitsftaate wie Frankreih oder Jtalien möglich iff. Wir müfsen bei unserem Finanzwesen, der Ordnung desfelben, der Art der Aufbringung von Lasten auf den bestehenden ftaatlihen Zustand, wie ihn die Reichsverfaffung festlegt und wie er dem deutshen Wesen entspriht, gebührende Rüd- sit nehmen. Wir können niht einfach darüber hinwegspringen, als wenn wir bereits einen Einheitsftaat bätien, und ich glaube auh nit, daß Sie für diesen Gesichtspunkt in der Mehrheit dieses hohen Hauses irgend einen Boden finden werden. Also, meine Herren, mit dieser direkten Besteuerung des Einkommens seitens des Reichs ift es nichts. Nun die Erbschaftsfteuer! Ih gebe zu, daß eine Erbschaftsfteuer auf die Beerbung von Ascendenten, Descendenten und Ehegatten nah einer Richtung hin in Deutshland noch am leichtesten durchführbar ift. Es haben nämlich, ich glaube mit alleiniger Ausnahme von Bayern, wo die Erbfälle der Ascendenten, und von Elsaß-Lothringen, wo die Erbfälle der Descendenten, Ascendenten und Ehegatten befteuert werden, die übrigen deutshen Staaten eine direkte Besteuerung der Erbfälle der Descendenten, Ascendenten und Ehegatten niht. Es fann sein, daß irgend ein kleiner Staat noch eine Ausnahme macht; im großen und ganzen werden bloß die Erbfälle der Seitenverwandten befteuert. Das ift aber doch nit zufällig, meine Herren. Es ift do eigenthümlih, daß die Besteuerung der Erbschaften in fast allen deutshen Staaten vor der Beerbung der Ascendenten, Descendenten und Ghegatten ftehen geblieben ift. Ich habe dieselbe Erfahrung im Abgeordnetenhause gemaht und ih habe schon die Gründe gewürdigt, warum ein natürlihes Rechtsgefühl in