1894 / 22 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Jan 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Ehrenraths enthaltene Erklärung der Zulässigkeit des Duells fehle in den jeßigen Bestimmungen. Erhalte das Kriegs- Ministerium Kenntniß von einem Duell, so werde nes Maßgabe der strafgerihtlihen Bestimmung ein- eschritten. Er sei weit davon entfernt, das Duell zu günstigen, strebe vielmehr eine möglichste „Einschränkung an. Er glaube sona, daß ein genügender thatsächlicher Anlaß zu dem Antrage nicht gegeben sei. Die Abgg. Freiherr von Siatfsendera und Beckckh befürworteten, ih mit dér Erklärung des Ministers zu beruhigen. Ersterer chob die. Hauptursache der Duellsitte den studentishen Ge- pslogenheiten zu. Bei den Reserve-Lieutenants nähmen die Duelle zu, E sei et Skandal, da ein Reserve-Lieutenant seinen Zivilvorgeseßten, ein Staats- anwalt den Gerichtsvorsißenden gefordert habe. Die Abgg. Raßtzinger, von Vollmar und Orterer hielten die Erklärung des Ministers für ungenügend und beklagten die unterbliebene Anus des Bezirks-Kommandeurs und das Unterbleiben eines generellen Erlasses gu Gunsten der duell- gegnerischen Offiziers-Aspiranten. Der Kriegs-Minister Freiherr von Asch erklärte, er mißbillige es vollständig, wenn Kommandeure Gewissensfragen religiöser, politisher oder duellistisher Natur an Offiziers - Asp:.ranten stellten. Wenn Maßregelungen stattfinden sollten, so werde er Remedur schaffen. Seine Erklärung vom 29. November, die den Anlaß zum Zentrumsantrag gegeben habe, werde zu Unrecht ungeheuerlih gefunden. Er fiche damit auf dem Standpunkt aller früheren Kriegs-Minister. Auf die Anfrage, was er thun werde, wenn ein Offizier ein Duell verweigere, erwiderte der Minister: Die Ehrengerichte hätten zu prüfen, ob der Offizier alle Mittel zur Wahrung seiner an- gegriffenen Ehre angewendet habe. Die Reserve- Offiziere hätten ebenfalls ein obligatorishes Ehren- gerihti. Dem Unfug, daß ein Vorgeseßter gefordert werde, beuge das Militär-Strafgeseßbbuh vor. Das mit dem Einjährig-Freiwilligen-Jnstitut erfolgte Nähertreten zwischen Offi- zieren und Studenten habe die früher zwischen diesen häufigen uelle vermindert. Der Abg. Aub erklärte sih namens der Liberalen durch die zweite Erklärung des Ministers für voll: ständig befriedigt ; der Antrag sei nun überflüssig. Nach dem Schlüußwort des Abg. Daller wurde der Antrag gegen die liberalen Stimmen angenommen.

Baden.

Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin is, wie „W. T. B.“ meldet, an der Jnfluenza erkrankt und ge- nöthigt, seit vorgestern das Bett zu hüten. Die Krankheit tritt bis jeßt milde auf.

Oldenburg.

Der Landtag hat vorgestern die erste Sißzung nach seiner Vertagung abgehalten und darin dem „Hann. Cour.“ zufolge den von der Staatsregierung vorgelegten Voranschlag der Staatsgutskapitalienkasse für die Finanzperiode 1894/96 dahin genehmigt, daß an Einnahme und Ausgabe für 1894: 112 444 Mé, für 1895: 94 822 M, und für 1896: 89490 M eingestellt werden.

Braunschweig.

Der Landtag ist gestern im Namen Sciner Königlichen R des Prinz-Regenten durch den Staats-Minister

tto eröffnet worden, der dem „W. T. B.“ zufolge in seiner Ansprache ausführte, daß infolge der ungünstigen Ge- staltung der Reichseinnahmen, sowie infolge der Verminde- rung des Ueberschusses des Kammerguts die Finanzen des Herzogthums nicht das günstige Bild zeigen, wie seit langen ahren. Der Minister kündigte Sparsamkeit in den Aus- gaben an sowie den Ersaz der Personalsteuer durch eine mehr at a Einkommensteuer. Das Präsidium wurde wieder- gewählt.

Oesterreich-Ungarn.

Wie dem „W. T. B.“ zufolge in Wien verlautet, wird der Reichsrath zwishen dem 20. und 22. Februar wieder zusammentreten.

In der gestrigen Verhandlung des Omladina-Prozesses wurde das Protokoll verlesen, das mit dem inzwischen er- mordeten Mrva seitens der Polizei aufgenommen worden war. Zum Schlusse des Protokolls hatte Mrva ausgesagt, daß er sih wegen seiner Aussagen Feinde gemacht habe und befürchte, daß man ihm nah dem Leben trachte. Heute Vor- mittag wird der leßte Angeklagte, Redakteur Hajn, verhört

werden. Frankreich.

Gegenüber auswärts verbreiteten Nachrichten erklärt, wie „W. T. B.“ meldet, eine den Journalen zugegangene halb- amtlihe Note, daß die Verhandlungen wegen des Wein- zolles zwischen Desterreih und Frankreih noch fort- dauerten. i

Die Einfuhr aus Deutschland nah Frankreich betrug im Jahre 1893 334 Millionen Francs gegen 337 Millionen im Jahre 1892, die Ausfuhr Frankreichs nach Deuts ch- land 334 Millionen gegen 355 Millionen Francs im Jahre 1892. Die Ausfuhr Frankreichs nah der Schweiz betrug im Jahre 1893 150 Millionen Francs gegen 227 Millionen im Fahre 1892.

Die Heereskommission wählte Mezières zum Präsi- denten, der bei der Uebernahme des Vorsißes eine Ansprache hielt, worin er hervorhob, daß Frankreih angesichts der leb- Fen Rüstungen der übrigen Nationen nicht zurüc{bleiben önne. Die Kommission müsse prüfen, ob die Lage nicht die Se Opfer für die Verstärkung der éftettiven

treitkräfte erforderlih mache. Junt Vorsißenden der Marinekommission wurde de Mahy gewählt.

Das Zuchtpolizeigeriht hat den Anarchisten Mérigeau, in dessen Wohnung Sprengstoffe vorgefunden worden waren, zu drei Jahren Gefängniß verurtheilt.

Ftalien.

Der „Tribuna“ zufolge stellt die italienische Regierung, in Voraussicht der Zurückweisung der Konvention über die Nationalisierung des italienishen Silbers ate Frankreichs, eine Untersuhung darüber an, wie große Lasten für den Staatsschay und welche Vortheile für die finanzielle Aktions- freiheit Jtalien aus der Kündigung des lateinischen Münzbundes erwachsen würden. i

General Hens erklärte, wie „W. T.B.“-berichtet, in einer Konferenz mit den Unter-Präfekten und Bürgermeistern der Pro- vinz Massa - Carrara, seine Aktion ziele niht bloß dahin,

die offentlihe Ordnung zu sichern, fondern sei auch darauf gerichtet, bei der Regierung Maßregeln zu beantragen, welche ett erschienen, die Verhältnisse der Bevölkerung ünftighin besser zu gestalten.“ Auf Sizilien herrscht vollständige Ruhe.

Gestern manifestierten die Studenten der Universität Pavia gegen die Verweigerung von außerordentlichen Prüfungsterminen, zertrümmerten die Fenstersheiben der Universität durch Schneebälle und stießen die Thür des großen Univerfitätssaales ein. Man glaubt, die Studenten würden den Vorlesungen fern bleiben.

Schweiz.

__ Der Bundesrath hat, entsprechend dem Antrage des Finanzdepartements, mit 4 gegen 3 Stimmen beschlossen, daß die zu errihtende Notenmonopol-Bank den Charakter einer reinen Staatsbank erhalten solle.

Rumänien.

Die Deputirtenkammer genehmigte, dem „W. T. B.“ zufolge, mit 47 gegen 14 Stimmen den Geseßzentwurf über die Organisation des Jngenieur-Korps und beschloß mit großer Majorität, den Geseßentwurf über die Organisierung des Ministeriums des Auswärtigen in Erwägung zu ziehen.

Der Senat wird erst am 29. d. M. zusammentreten.

Serbien.

Die gesirige Sigung der Skupschhtina wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, Nachmittags 4 Uhr eröffnet. Der Andrang ‘des Publikums war so stark, daß ernstlihe Ruhe- stöórungen befürhtet wurden. Der neue Stadtpräfekt mußte persönli den Zugang zu dem Gebäude der Skupschtina frei- halten. Der Vorsizende Katic theilte nah Eröffnung der Sizung mit, daß der neu ernannte Minister Giorgjevic sein Mandat infolge seines Austritts aus der Fortschrittspartei niedergelegt habe, und verlas sodann den Ufas des Königs über die Demission des Kabinets Gruic und die Er- nennung des Kabinets Simic. Der Minister- Präsident Simic verlas hierauf eine Erklärung, die besagt, daß die neue Regierung, indem se außerhalb der Parteien stehe, sich bemühen werde, durch Ach- tung der Verfassung und der Geseze eine versöhnlihe und entgegenkommende Bs allen Parteien gegenüber, sowie durh forreftes und loyales Verhalten den fremden Mächten gegenüber dem Allen gleich theueren Vaterlande jenen innern und äußern Frieden zu erhalten, der im Junteresse seiner normalen staatlihen Entwickelung nothwendig sei. Jn dieser Absicht werde die Regierung an die Unterstüßung aller Patrioten ohne Parteiunterschied appellieren und jeden einb: schaftlihen Nath dankbar entgegen nehmen. Die Regierung hoffe, auf diese Weise neben dem Vertrauen der Krone auch das der Voltsvertretung zu erwerben, wodurch fie in die Lage verseßt sein werde, die fruchtbare in dieser Session be- gonnene Arbeit im Einvernehmen mit der Volksvertretung im Herbst fortzuseßen. Die Regierung habe die Schließung der Session beantragen müssen, um Zeit zu gewinnen, sich mit den Geseßentwürfen und den sonstigen der Skupschtina vorliegenden Angelegenheiten bekannt zu machen. Der Minister-Präsident machte hierauf eine kleine Pause, während deren Rista Popovic sich zum Wort meldete und zu sprehen begann. Der Minister-Präsident Simic protestierte dagegen, da er noch eine Mittheilung machen wolle, und begann das Afktenstück zu ver- lesen wurde jedoh durch großen Lärm überschricen, wobei die Stimme des ehemaligen Ministers Vuic am stärksten vernehmbar war. Simic überreihte nun das Aktenstück dem Vorsißenden, worauf fich alle Minister entfernten. Rista Popovic erklärte, das neue Ministerium besißze niht das Vertrauen der Skupschtina. Darauf wurde der Ukas verlesen, durh den die Skupschtina aufgelöst wird und die Sißung unter Hochrufen auf den König ge- lossen. Während der Sißung war der Präsident Katic wiederholt genöthigt, die Besucher der Galerien zur Ruhe zu ermahnen; er erzielte erst Ruhe durch die Drohung, die Galerien räumen zu lassen.

Ein in Vorbereitung begriffenes Zirkular des Minister- Präsidenten Simic an die Vertreter Serbiens im Auslande wird der „Pol. Korresp.“ zufolge das freundschaftlihe Ver- hältniß zu allen Mächten, gute Nachbarschaft zu allen av ein und loyale Beziehungen zu Oesterreih-Ungarn

etonen. Schweden und Norwegen.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin werden laut Meldung des „W. T. B.“ am 26. d. M. von Stocholm ab- reisen und am 29. d. M. in Karlsr uhe eintreffen. Der Kronprinz wird nach mehrtägigem Aufenthalt in Karlsruhe nah Schweden zurückehren.

Amerika.

Das Repräsentantenhaus hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, sämmtliche vier Unteranträge, wonach der Zoll auf Kohle auf zwischen 40 bis 75 Cts. pro Tonne fest-

eseßt werden follte, abgelehnt. Die Niederlage der Demo- raten, welche die Kohlen- und Zuckerverzollung befürworteten, dürfte die Bewegung zu Gunsten einer nochmaligen Ueber- weisung der Tarifvorlage an die Kommission verstärken.

Nach einer Meldung des „Reuter'shen Bureaus“ aus Rio de Janeiro hätte der Admiral de Gama am Dienstag eine vierstündige Unterredung mit dem Admiral der nord- amerikanischen Union Benham gehabt, dessen Vermittelung er nachgesucht habe. Aus Bahia wird dem „Reuterschen Bureau“ ferner gemeldet, der „Nictheroy“ und die anderen brasilianishen Regierungsdampfer seien dort ein- getroffen. Nah Meldungen aus Buenos Aires von gestern hätte sih bei den Aufständischen in Rio de Janeiro Mangel an Lebensmitteln eingestellt. Ein Versuch, bei Nictheroy zu landen, sei zurückgewiesen worden. Eine Kugel habe einen Matrosen von der portugiesischen Korvette „Mindello“ getödtet. Es habe nicht festgestellt werden können, wer den Schuß abgefeuert habe.

Afrika.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Kairo von gestern ist der Minister-Präsident Riaz Pascha ar Assiout abgereist, um mit dem Khedive zusammen- zutreffen.

em deutshen Kamerun-Comité in Berlin ist folgende Meldung zugegangen: Garua (neun Tagereisen östlih von Jola, nördlich vom Benuë). Die Expedition Uechtriß ist am 13. Oktober hier angekommen und in der

freundlichsten Weise vom Häuptling aufgenommen und um

Gründung einer Station gebeten worden. Die E ift wohlauf und es war beabsichtigt, in wenigen Tagen nah Bubandjedda am oberen Benuë abzumarschieren, um von dort aus öôstlih über den 15. Grad den Scharifluß zuy erreichen.

Das „Journal des Débats“ veröffentliht eine Depesche aus St. Louis am Senegal, wonach der Oberst Bonnier Timbuktu ohne Schwertstreich besezt haben soll.

Die „Jndépendance belge“ verzeichnet das Gerücht, daß in dem in Nr. 17 d. Bl. erwähnten Gefecht gegen die Araber, das mörderischer gewesen sei, als ursprünglich berichtet, au Baron Dhanis getödtet worden sei. Die Truppen des Congostaats seien zwischen das Feuer von Rumaliza“ und von Gongo Lutete, der Verrath geübt habe, gerathen. Lutete sei von den Truppen der Nachhut, die ihn bei dem Verrath ertappt hätten, getödtet worden.

Parlamentarische Nachrichten.

_Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Neichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sih in der Ersten Beilage.

Fn der heutigen 35. Sißung des Reichstags, der die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Nieberding und Graf von Posadowsky beiwohnten, stand auf der Tages- ordnung die Generaldiskussion des Geseßentwurfs über die Abzahlungsgeschäfte. :

Die Vorlage is {hon im vorigen Reichstag berathen worden, aber niht zur Verabschiedung gelangt. Der neuer- dings vorgelegte Eniwurf Hat die vorjährigen Kommissions- beshlüsse durhweg acceptiert, so u. a. die Verwirkungsklausel, deren Beseitigung aus den betreffenden Verträgen der frühere Entwurf vorschlug, in der Form beibehalten, die ihm die vor- jährigen Berathungen gegeben hatten. Das Wort ergriff bei Schluß des Blattes der Abg. von Buchka (dkons.).

Auf der Tagesordnung der heutigen 5. Sizung des Hauses der Abgeordneten, welhe um 11 Uhr begann und der der Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsh und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnen, steht zunächst die Interpellation der Abgg. von Kröcher und Gen.:

| „Ist die Königliche Staatsregierung geneigt, im Bundesratbe dahin zu wirken, daß fernere, eine Ermäßigung der landwirthschaft- lichen Zölle enthaltende Handelsverträge niht zum Abschluß ge- langen, ohne daß eine angemessene Auëgleihung mit den Geld- werthsverhältnissen derZ in Betraht kommenden Konkurrenzländer stattgefunden hat oder gleichzeitig stattfindet 2“

Auf die Anfrage des Präsidenten von Köller erklärt der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep\ch, daß er bereit sei, die Jnterpellation fofort zu beantworten.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.) begründet die Interpellation: Der Finanz-Minister hat ausdrücklih die {were Notb- lage der Landwirthschaft anerkannt. So sehr wir dem Finanz-Minister auch dankbar sind, daß er die Zugen der Doppelbesteuerung beseitigt hat durch eine gerechte Einkommensteuer und eine Regu- lierung der Kommunalbesteuerung, so müssen wit doch erklären, daß niht der Steuerdruck für die Landwirthschaft das Belastende ist, fondern die Ertragslofigkeit derselben. Was im Herren- hause in Ausficht geftellt ist, kann nicht {nell genug helfen. Es ist gesagt worden, daß nicht die Landwirthschaft Noth leidet, sondern nur einzelne Landwirthe. Wenn ganz allgemein die Landwirthe dauernd Noth leiden, dann kann man nicht mehr von der Nothlage Einzelner sprehen, dann befindet sich ebet das ganze Gewerbe in einem Niedergange. Dann läßt sih aber die Folgerung nicht ab- weisen, daß zahlreihe Erwerbszweige, die von der Landwirthschaft abhängen, au getroffen werden. Das Kleingewerbe ist derartig abhängig von der Prosperität der Landwirthschaft, daß es eben- falls leiden muß. Es giebt keinen andern Ort, wo diese Be- \chwerden mit größerem Necht angebracht werden können, als hier diefes Haus. Man möge über das Wahlgeseß, auf welchem unser Haus beruht, denken wie man will das muß man zugeben, daß der produftive Stand hier, im Abgeordnetenhause, viel mehr Vertreter hat als im Neichstag. Es würde im Lande nicht verstanden werden, wenn wir gegenüber der offenbaren Nothlage niht an die Königliche Staatsregierung herantreten würden mit unferen Bitten und Forde- rungen. Der Mittelstand ist das Rückzrat des Staatslebens, er würde es nicht verstehen, wenn man bei unseren Forderungen sprechen würde von einer Verquickung politisher und gewerbliher Interessen. Wir fsprehen durhaus niht von Dingen, die in den Reichstag gehören. Welches größere Interesse giébt es denn für die preußische Volksvertretung als die Interessen des preu- ßishen Mittelstandes! Die Erörterung dieser Fragen ift niht minder wichtig als die der Neichs-Finanzpolitik. Worauf berußt denn der Nückgang der Landwirthschaft? Man sagt, die Landwirthe könnten durch Erhöhung der Produktion ihre Produktionskosten er- mäßigen. Das mag zugegeben werden, aber im großen und ganzen wird niemand, der die Verhältnisse kennt, sagen können, daß die Landwirthe nicht mit allen Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen, vorwärts zu kommen suhen. Welchen Grad die Verschuldung des Grundbesißes hat, davon haben die meisten noch fein rechtes Bild. 1886/87 sind 133 Mil- ionen Mark mehr eingetragen als gelöst; in den folgenden Jahren 121, 149, 156 und 205 Millionen. Es wird festgestellt, daß der 60fahe Ertrag des Grundsteuerreinertrags, den man gewöhnlich als Werth des Grundbesitzes betrachtet, zu 32 %/o vershuldet i. Die Belastung des kleinen S ist niht geringer als die des großen. Der letztere hat in den Landschaften bessere Kreditverhältnisse, während der erstere faft nur Personalkredit bei Privatleuten hat. Unter dem Sinken der Grundrente und dem Steigen der Produktionskosten leidet der kleine Besißer mehr als der große, welcher sich noch eher helfen kann. Der Rückgang der Grundrente ist nicht bloß durch den Weltmarkipreis vershuldet, fondern auch dur die f\teigenden Produktions- kosten. Unser Konkurrent Rußland hat z. B. Lt niedrige Arbeitê- löhne und Amerika verfügt über uners{chöpflißen Boden. Dazu tritt die Wirkung unserer hohwerthigen Valuta, welche geradezu eine Importprämie in sih {ließt gegenüber Ländern mit einer unterwerthigen Valuta. Das is um fo trauriger, als diese Faktoren kaum einer Verbesserung fähig sind; denn höhere Welt- marktpreise könnten nur bei einer allgemeinen s{hlechten Ernte ein- treten, was aber dur die fortwährende Ss neuer Länder- strecken ausgeschlossen ersheint. Auch ein Rückgang der Pre- duktionskosten ist faum zu erwarten. Es muß also die Einwirkung des Weltmarktpreises auf den JInlandépreis auf andere Weise ausgeglichen werden, durch Zölle und durch Aenderunz der Währungsverhältnisse. Jedenfalls erscheint es bedenkli, das Maß des bestehenden Schußes noch zu verringern dur Handelsver- träge. Keiner der Unterzeichner der Interpellation ist darüber im Zweifel, vaß der österreihishe Handelsvertrag den Schuß der Land- wirthschaft erheblih verringert hat. Gerade weil die s{chweren Nach- theile des\elben bekannt sind, wollen wir den Fehler, den wir einmal gemacht haben, niht weiter machen. Der nächste und wichtigste Ver- trag ist der zu erwartende russische Handelsvertrag, der seinem ganzen Wesen nach besonders schaden muß, weil die russische Valuta nicht bloß eine

minderwerthige, sondern auch eine sehr shwankende ist. Die Haupt-Export-

artikel Rußlands find Roggen, Hafer und Holz, welche den preu- gischen Markt besonders bedrohen. Die Industrie wird manhe Vor- theile von dem Vertrage haben, namentlih au die meiner Heimath- provinz. Es ist aber zweifelhaft, ob die gemahten Konzessionen auch in Wirklichkeit uns gewährt werden ; denn die Festseßung und die Ausführung find zweierlei Dinge. Man wird von Rußland alle Kompensationen, die wir gemacht haben, strifte verlangen; ob aber von Rußland uns eben- falls alles strikte gewährt werden wird, ist zweifelhaft. Kann die In- dustrie niht warten, bis die Mittel und Wege festgestellt sind, wie die Sicherung des Handelsvertrages auch in Wirklichkeit zu erreichen sein könnte?, Die Regierung hat im Herrenhause erklärt, daß sie die Hebung des Silberpreises als ein Ziel bezeihnet, welches sie verfolgt. Wir wünschen, daß die Maßregel bald zu einem Abs{luß kommen möge. Es konnte in Frage kommen, eine Festlegung der Währung dur den Vertrag selbst herbeizuführen. (Zuruf des Abg. Riert: Was wollen Sie denn eigentliß? Sagen Sie es doch endlich!) Wir warten ab, welche Erklärung die Staats- regierung abgeben wird. An die Regierung ist die Anfcage gerihtet und niht an Sie, Herr Rickert; was die Landwirth- schaft von Ihnen zu erwarten “vit das weiß sie längst. Die Re- ierung sollte unterfuhen, welche Wege sie gehen kann auf diefem Gebiet, ehe sie Maßregeln zustimmt, die nahher das Betreten dieser Wege vielleiht unmöglich machen oder doch sehr erschweren. Eine solhe Erklärung würde in hohem Grade beruhigend auf die Land- wirthschaft einwirken. Möge die Hilfe kommen, ebe es zu spät ist! Handels-Minister Freiherr von Berlepsch: Die Staatsregierung sieht sih nicht in der Lage, über den russishen Handelsvertrag in diesem Hause jeßt zu verhandeln Sie wird fich daber an den all- gemeinen Wortlaut der Interpellation halten. Die Staatsregierung wird jedem Handelsvertrag und ganz insbesondere aut solchen Handels- verträgen, in denen eine Herabseßung der landwirthshaftlichen Zölle vorgesehen ift, ihre Zustimmung nur dann geben, wenn der Inhalt derselben den wirthschaftlihen Interessen des Reichs und Preußens entspriht. Sie ist aber niht in der Lage, ihre Zustimmung von einer Bedingung abhängig zu machen, die sie für unerfüllbar hält. Der Vorredner verlangt eine Ausgleichung der Währungsverhältnisse ; das Reich kann nicht in einen Handelsvertrag eine Bestimmung über die Bindung der Währungsverhältnisse aufnehmen. Kein Staat kann eine folche internationale Bindung der Währungs- verhältnisse gewähren. Nicht bloß für Nußland und Oesterreih würde das nachtheilig sein, fondern au für uns. Man könnte nun fragen, ob etwa im Wege der autonomen Geseßgebung eine e LLns der Währung derartig denkbar ift, daß die deutschen Interessenten sich dabei beruhigt fühlen fönnen. Die geseßlide Feststellung einer Währung fann eine beruhigende Wirkung baben. Aber ob ein solhes Geseß auf die Dauer Geltung haben kann, is nit zu fagen. Vielfach is vorgeshlagen, man möge eine gleitende Skala cinführen, welche den Zoll abhängig macht von dem Stande der Valuta. Dieser Vorschlag würde niht ausführbar sein, er würde für Deutschland die empfindlichsten Feigen haben und namentlich für die deutshe Land: wirthschaft eine Gefahr in sih bergen, die viel größer ist alë die der Festseßung eines festen Zolls. Der Zoll würde je nach der Wirkung der Börsenspekulation auf die Valuta Tag für Tag hinauf- und herunter- gehen. Einen solhen Weg einzuschlagen, verbieten die thatsählichen Verhältnisse durhaus. Wenn man in Rußland Getreide oder sonst etwas kauft zu einem festgeseßten Preis, so muß man berücksihtigen, daß in dem Augenblick, wo das Getreide die Grenze überschreitet, der Zoll sih geändert haben wird. . Dieselbe Frage is auf- zuwerfen bezügli der Transitläger. Das was man durch einen Handelsvertrag will, namentlich eine Stabilität der Verhältuisse herbeiführen, das würde durch eine folche Maßnahme auf den Kopf gestellt. Die Staatsregierung if der Meinung, daß es vorzuziehen wäre, keinen Handelsvertrag abzuschließen (sehr rihtig! rechts) . .. dann rufen Sie auch zum Nachfaßz: sehr richtig! . . ., als eine folche Bestimmung in den Vertrag aufzunehmen. Der Spekulation würde dadurch in einem Maß Thür und Thor geöffnet, daß die Schwankungen des Preises und das Drüdcken desselben in einem Verhältniß vor \ich gehen würden, wie bisher nicht. Wer ein Interesse an stabilen Preisen hat, für den sollte ein \folcher Vorschlag absolut unannehmbar sein. Die Königliche Staatsregierung befindet sich also nicht in der Lage, ihre Zustimmung zu Handels- verträgen an eine unerfüllbare Bedingung zu knüpfen. Daß die Regierung die Währungsfrage nit verkennt, ist durch die Erklärung des Herrn Landwirthschafts-Ministers im Herrenhaufe aufs deutlihste aus- gesprochen. Ich kann zur Bekräftigung des dort geltend gemachten Standpunktes anführen, daß auch die preußischen Handels- und gewerblichen Kreise ein Interesse daran haben, daß Mittel und Wege gefunden werden, welche dem Schwanken des Silberpreises einen Damm entgegenfeßzen. Die Handels- und gewerblichen Interessen verlangen eine gute und gesicherte Währung ; sie verlangen auch die Beseitigung der Schwankungen des Silberpreises. Es is die Frage auf- ¿uwerfen, ob niht durch das Vorgehen der amerikanishen und in- dishen Regierung die Gefahr einer Goldknappheit uns nahe gerüdt ist Die Regierung möchte die Schwierigkeiten gern beseitigen, unter denen die nach den Silberländern exportierende Fndustrie leidet. End- lih ist das Moment des heimishen Bergbaus maßgebend. Wir sind nicht eines der Hauptländer der Silberproduktion, aber die Zahl der am Silberbau betheiligten Bevölkerung ist eine nit - unerhebliche. Ob der Oberharzer Bergbau, den wir wesentlich im Interesse der Bevölkerung fortführen, bei stetig sinkendem Silberpreise aufrecht- erhalten werden ftann, ift im höchsten Grade zweifelhaft. Jn ähn- licher Lage befindet sich der Mansfelder Bergbau und in Beziehung zur Silberproduktion steht auch die Bleigewinnung. Für die Ent- scheidung dieser Frage sind die Verhältnifse des Bergbaus allein ficher Ea Ds aber sie werfen do ein erhebliches Gewicht in die agschale. 7 Abg. Graf Limburg-Stirum beantragt die Besprehung der Interpellation ; der Antrag wird von allen Seiten unterftüßt. - . Abg. Broemel (frf. Vg.): Der Interpellant hat von der Haupt- sache, von den Geldverhältnissen, eigentlich sehr wenig gesprochen, jondern sich_ hauptfählich mit der Nothlage der Landwirthschaft be- schäftigt. Er hätte aber, da er die Einwirkung der Währunzsver- hältnisse auf diese Nothlage behauptet, den Zusammenhang nachweisen müssen. Der Vertreter der Staatsregierung hat ja die früher gemahten Vorschläge mühsam hervorsuchen müssen, um nur eine Unterlage für die Beantwortung der Interpellation zu haben. Von der Zollskala hat z. B. der Interpellant garnicht gesprochen. Herr von Kardorff hat gestern verf ut, uns ein Bild von der unheilvollen Lage der Landwirthschaft in seiner eimath zu geben. Er hat von Tausenden von Subhastationen kleiner Besißungen gesprohen. Darüber sind wir durch die Statistik zuver- lässig unterrichtet. Die Statistik ergiebt aber seit 1886 fortdauernd eine Abnahme der wangsversteigerungen land- und forst- wirthschaftliher Grundstücke von rund 2900 auf rund 1500, und diese Zahl vertheilt sich auf alle eas ziemlich gleihmäßig. In Schlesien handelt es sich nicht um Tausende von Fällen, sondern 1891 sind 368 Zwangsversteigerungen landwirthschaftlicher Grundstücke vorgekommen, während die Gesammtzahl derselben mehr als 2 Millionen beträgt. Der kleinere Grundbesig bis 50 ha umfaßt mehr als die Hälfte der gesammten Aerflähe der Provinz, aber an der Zwangsrversteigerung ist er nur mit dem fünften Theil betheiligt. lso der kleinere Grundbesiß versteht es weit besser als der größere, sein Besißthum festzuhalten. Der Großgrund- besi über 200 ha macht 4100/4 der Flähe aus, von den E derongen entfallen aber auf diesen Grundbesig 61 9%. Ehe Herr von Kardorff in seiner kavalièren Weise solhe Be- hauptungen hier aufstellt, hätte er sich die Zahlen etwas näher an- sehen sollen. Von der Oa der kleinen Besißger in Schlesien, welhe 14 Millionen Hektar beträgt, entfallen auf die versteigerten Grundstücke nur 2500 ha. Man fann also sagen, daß die Be- hauptungen des Herrn von Kardorff jeder thatsählihen Unter- E entbehren. Ueber den Umfang der Vershuldung find erit in leßter Zeit statistishe Angaben gesammelt worden. Das Sta- tistishe Bureau hat abcr seiner Statistik einige Bemerkungen hinzugefügt, d'e Herr von Heydebrand nicht hätte übergehen sollen. Aus verschie- denen Gründen untèrbleibt nâmlich die Löschung eingetragener Hypo-

theken; es wird angenommen, daß dies bei 20 bis 25 9% der Hypo- theken geschieht. it der einfahen Behauptung on dem Rückgang der Preise kann man nicht operieren; denn nicht nach dem Preise der Einheit berehnet sch der Gewinn, fondern nah der Menge der Ernte. Die Antwort, die der Handels-Minister bezüglich des russishen Handelsvertrags gegeben hat, wird vielleiht dazu führen, daß man, wenn man au Reichsangelegenheiten in den Einzel- Landtagen verhandelt, wenigstens die Hand davon läßt, in chwebende Vertragsverhandlungen einzugreifen. Die Untersuchungen darüber, ob die Valufaverhältnisse auf die Preisbildung von Einfluß sind,

hat Lrosessor Conrad \{hon vor längerer Zeit in seinen National- -

öfonomishen Jahrbüchern veröffentliht. (Zuruf links: So etwas lesen die Leute ja nit). Er hat nachgewiesen, daß die Verhält- nisse der Ernte, die a uree u. f. w. einen viel größeren Einfluß auf den Preis haben als die Valuta. An einem Tage des Jahres 1892 stand der Rubelkurs auf 203 #4, der Roggenpreis auf 189 #4; gestern stand der Nubelkurs auf 221 4, der Roggenpreis aber nur auf 126 #4. Es ift also gar kein Bedürfniß für eine gleitende Zollskala vor- handen. Was würde auch dadur erreiht werden? Welchen Ländern gegenüber sollte dieselbe in Anwendung gebracht werden? Es giebt doch außer Rußland noch andere Länder mit einer entwertheten Papier- und Silbervaluta. Es würde also z. B. Argentinien in Betracht kommen, welches Getreide nah Deutsch- land importiert. Wenn eine folche Skala allein gegen Rußland in Anwendung gebraht wird, so würde daraus nur folgen, daß wie jeßt beim bestehenden Differentialzoll der Import von Getreide aus Rußland nah Deutschland aufhören würde; Rußland würde auf den Weltmarkt gehen und dort auf den Preis drücken. Es ist garnicht wahr, daß der Differentialzoll, wie er jeßt Rußland gegen- über besteht, den Getreidepreis für die Landwirthschaft erhöht hat. Welchen Schaden der russishe Handelsvertrag eigentlih anrichten foll, ist garnicht zu begreifen. Die Gegnerschaft gegen den Handelsvertrag ist daher mindestens übertrieben. Indem der Handels-Minister erklärte, daß die Regierung ihre Zustimmung zum Handelsvertrag davon abhängig mache, ob die Interessen des Landes dadur gefördert werden, hat er fest- estellt, daß die Interessen des Handels und der Industrie auc in Betracht gezogen werden müssen. Die Untersuchung der Währungs- verhältnisse wird Sache des Reichs sein, und die eingeseßte Kommission wird bei der Aufstellung des Progrämms ers betheiligen ; was der Handels - Minifter heute ausgeführt hat, kann nicht eine gebundene Marschroute für die Kommission sein. Man sollte in diesen Währungsfragen keine unnöthige Beunruhigung hervorrufen. Man sollte den Silberpreis ruhig den Standpunkt ein- nehmen lassen, welchen er infolg€ der fortschreitenden Konsumtion und Produktion einnehmen wird. Industrie und Handel haben kein Interesse daran, Experimente auf diesem Gebiet zu machen. Die Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft haben \sich vor wenigen Tagen einstimmig dahin ausgesprohen, daß die Goldwährung unerschüttert erhalten werden müsse. Welchen Gefahren man sich ausseßt, wenn man auf diesem Gebiet rücksihtslos vorgeht, zeigt der Antrag der Konservativen im Reichstag. Der Bundesrath foll die Währung ändern können, sobald die internationale Vereinigung für. die Doppelwährung zustande gekommen ist, aber die Ausprägung von Silbermünzen soll sofort anfangen. Es wird nach dem Antrage der Umlauf an Silbermünzen im Reich, der jeßt 3750 Millionen Mark beträgt, auf das Doppelte gesteigert werden. Zur Beschaffung des Silbers würde das gute deutsche Gold ins Ausland gehen müssen. Die Vermehrung der Umlaufsmittel würde mit anderen Preisen auch die des Getreides steigern. Die Löhne würden diefer Steigerung nicht gleich folgen; aber wenn das geschehen ist, welthen Vortheil bätte dann die Landwirthschaft von der ganzen Geschichte? Wenn ein einfeitiger Interessenstandpunkt au durhgeseßt würde, es würde sich dagegen eine große Reaktion geltend machen. (Schluß des Blattes.)

Nr. 4 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 24. Januar hat folgenden Inhalt: E ien: Gesundheitsstand und Gang der Volks- rankheiten (Cholera, Influenza u. |. w.). Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera 2c. Gesetzgebung u. \. w. (Preußen 2c.). Arznei- taxe. (Neg.-Bez. Köslin ) Kommunalärztlihe Thätigkeit. Krankenanstalten. (Hessen.) Arzneitaxe. (Schwarzburg-Nudol- stadt.) Fleishbeshau. (Desterreih. Görz und Gradisca.) Vieh- und Fleishbeschau. (Afrika. Kap der guten Hoffnung.) Thier- seuhen. (Columbien.) Gesundheitskommission für den Hafen von Colon. Gang der Thierseuchen. Lungenfeuche im Deutschen Reich 1892. Thierseuhen in Rumänien, 3. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Deutsches Reih, Preuß. NReg.-Bez. Aachen, Mecklenburg-Schwerin, Frankrei, Dänemark.) Recht- \sprehung. (Preuß. Kammergericht.) Anpreisung von Hühneraugen- seife und Kefirferment. Verhandlungen von geseßgebenden Körper- schaften. (Deutsches Reich.) Dresdener Sanitätskonferenz. (Däne- mark.) Fleishausfuhr. (Portugal.) Venediger Sanitätskonferenz. Vermischtes. (Großbritannien.) Bericht der Gesundheitsbeamten für den Londoner Hafen 1892. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Kranken- häusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Beilage. Gerichtlihe Entscheidungen zum Nahrungêmittelgesez (Faules, s{chimmliges 2c. Fleis).

Gesundheit8wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Verbreitung von Thierseuhen' im Deutschen Neich im Dezember 1893. (Im Kaiserlichen Gesundheitsamt nah amtlihen Mittheilungen zu- fammengestellt ; für Preußen und Braunschweig liegen Nachweisungen i nur über Maul- und Klauenseuche vor.) Der Not (Wurm) wurde festgestellt in je 1 Gehöft der Be- 2A des (Oberbayern), Waldsee (Donaukreis) und Dessau nhalt). ) Die Maul- und Klauenseuche hat zwar in den Regierungs- bezirken Marienwerder, Frankfurt, Breslau, Oppeln, Düsseldorf und im Oberelsaß etwas zugenommen, dagegen ist sie in D Le: Potsdam, Merseburg zurückgegangen. Erheblich weniger betroffen als im Vormonat waren die Regierungsbezirke Gumbinnen und Nieder- bayern sowie das Königreich Sachsen. Die Seuche herrshte am Schlusse des Berichtsmonats nachweislich noch in den preußischen Regierungs- bezirken Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Potsdam, Frankfurt, Posen, Bromberg, Breslau, Oppeln, Merseburg, Han - nover, Münster, Cassel, Wiesbaden, Düsseldorf, Aachen, ferner in den_ bayerischen Regierungsbezirken Oberbayern, Niederbayern, Pfala, Oberpfalz, Mittelfranken, Schwaben, in den sächsischen reishauptmannshaften Leipzig, Zwickau, im wücttem- bergishen Neckar-, Jagst- und Donaukreis, in den badishen Landeskommissärbezirken Freiburg, Karlsruhe und Mannheim, in den hessishen Provinzen Starken- burg und Rheinhessen, in beiden Mecklenburg, in Sachsen-Weimar, Sawhsen-Meiningen, Sachsen-Coburg-Gotha, Hamburg, im Oberelsaß und in Lothringen. Die meisten Gemeinden blieben Ende Dezember verseuht; im Regierungsbezirk Gumbinnen (38), in Mecklenburg-Streliß (14) und im Oberelsaß (11). In den dur Sperrung hervorgehobenen Verwaltungsgebieten war am Jahres- {chlusse nachweislich nur je eine Gemeinde betroffen. _ / Die Lungen seuche wurde festgestellt in 1 Gehöft des Kreises Zerbst (Anhalt). : E : Ausbrüche der Schafräude sind in 2 Gemeinden von Niederbayern, 3 von Oberfranken, je 1 von Mittelfranken, Schwaben,

der Kreishauptmannschaft Leipzig, des Neckar- und des Donaukreises, 2 des Landeskommissärbezirks Freiburg, 4 von Oberhefsen, je 1 von Rheinhessen, Sachsen -Coburg- Gotha, Waldeck und des Bezirks Lothringen ermittelt.

Cholera. ODesterreih-Ungarn. Vom 16. bis 22. Dezember wurden, wie in den „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, in Bosnien 54 Neuerkrankungen (16 Todesfälle) angezeigt, davon 18 (3) im Bezirk Brcka. _ : *

Rußland. In einigen westlihen Bezirken hatte demselben Blatt zufolge während der Berichtszeit die Zahl der Cholerafälle wieder etwas zugenommen; es wurden vom 30. Dezember bis 5. Januar (n. St.) die nachstehend aufgeführten Erkrankungen und Sterbefälle amtlich gemeldet. In Plock vom 17. bis- 23. Dezember 29 bezw. 15; in Warsdfiuu (son im GouvernementF%om 10. bis 16. Dezember 38 bezw. 14; in Radom vom 17. bis 23. Dezember 19 bezw. 11; in Siedlec vom 10. bis 23. Dezember 21 bezw. 10; in Lomza vom 17. bis 23. Dezember 7 bezw. 6; in Suwalki vom 10. bis 23. Dezember 28 bezw. 20; in Kowno vom 17. bis 23. Dezember 72 bezw. 42; in Grodno vom 10. bis 23. Dezember 17 bezw. 14; in Wolhynien vom 10. bis 20. Dezember 69 bezw. 29; in Bessarabien vom 4. bis 20. Dezember 11 bezw. 5; in Jekaterinoslaw vom 10. bis 16. Dezember 18 bezw. 8; in Woronesch vom 26. November bis 17. Dezember 32 bezw. 23; in Tschernigow vom 10. bis 16. De- zember 25 bezw. 12; in St. Petersburg (Stakt) vom 29. Dezember bis 3. Januar 129 bezw. 57; in Eriwan vom 10. bis 16. Dezember 21 bezw. 17.

Spanien. Nach einer in der „Gaceta de Madrid“ vom 11. Januar abgedruckten Königlichen Verordnung ift die Cholera auf der Insel Teneriffa nunmehr érloschen. :

Niederlande. Zufolge amtliher Nachweisung im „Staats- Courant“ vom 12. Januar n während des Monats Oktober 53 Personen an afiatischer Cholera, 14 an „cholera nostras* ge- storben. e

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 7. bis 13. Januar ein der Vorwoche ähnliher, und auch die Sterblichkeit zeigte nur eine geringe Steigerung (von 18,4 der Vor- woche auf 19,5 auf je 1000 Einwohner und aufs Jahr berechnet). Unter den Todesursahen waren es noch immer akute Ent- zündungen der Athmungsorgane, di: sogar in gegen die Vorwoche gesteigerter Zahl zum Vorschein kamen, und auch etwas mehr Todesfälle veranlaßten. Auch Erkrankungen an Grippe waren noch zahlreich, die Zahl der Sterbefälle ging jedoch auf 13 berab. Akute Darmkrankheiten zeigten in der Vorwoche ähnliches Vorkommen, die Zahl der Todesfälle war nur wenig größer. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb nahezu die gleihe, wie in der Vorwoche; von je 10009 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 55 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten zeigten Masern und Scharlach ein der Vorwoche fast gleiches beschränktes Vorkommen, während Er- krankungen an Diphtherie zugenommen haben und zumeist aus dem Stralauer Viertel zur Anzeige gelangten., Erkrankungen an Unter- leibétyphus blieben vereinzelt; an Kindbettfieber wurden 6 Er- franfungen bekannt. Zahlreicher kamen au wieder rofenartkge Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut zur Anzeige. Erkrankungen an Keuchhusten wurden seltener, auch blieb der Verlauf ein milder. Nheumatishe Beschwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen feine wesentlihe Veränderung.

Handel und Gewerbe.

Nach einer Verfügung des dänischen General - Direktors der Zölle und Steuern vom 17. August v. J. werden vom 1. Januar d. J. ab fertige Fahrräder bei ihrer Einfuhr in Dänemark nicht del _nach Nr. 268, sondern nah Nr. 271 des dänischen Zolltarifs tarifiert und dementsprehend mit einem Eingangszoil von 10 Proz. des Werths belegt. Dieselbe Verzollung tritt auch dann ein, wenn einzelne Zu- behörstücke des Fahrrads , wie Sattel, Steuer, Pedal 2c., fehlen.

Die „Bayerische Gewerbe-Zeitung“ (herausgegeben und verlegt vom bayerishen Gewerbe-Museum in Nürnberg, redigiert von Dr. I. Stockbauer) beginnt mit der kürzli ershienenen Nummer 1 für 1894 ihren VII. Jahrgang. Dr. Stodckbauer leitet die Nummer mit interessanten geshihtlichen Mittheilungen über die Fayence- fabrik in Ansbach ein, denen mehrere Tertabbildungen sowie zwei farbige Lichtdrucke beigegeben sind. Mit solchen gediegenen, gut illuftrierten in über die Geschichte einzelner Zweige des Kunstgewerbes und technisch vorzüglih ausgeführten besonderen Kunst- beilagen dazu, zeigt sih die Redaktion erfolgreih bestrebt, das Blatt wieder auf die Höhe der fkunstgewerblihen Monatsschrift „Kunst und Gewerbe“ zurückzuführen, deren Fortseßung (28. Jahr- gang) sie bildet. Auf einem künstlerisch verzierten Blatt der Nr. 1 maht die Verwaltung des Bayerishen Gewerbe - Museums die von freudiger Genugthuung erfüllte Mittheilung, daß die von ihr an- geregte Landes-Industrie- und Gewerbe-Ausftellung zu Nürnberg im Jahre 1896 nunmehr gesichert ist. Den weiteren Inhalt bilden: das Programm der Lehr- und Wandervorträge, die von dem Museum veranstaltet werden, Mittheilungen aus dem Gewerbsleben (Gewerbe- volitishes; die Berücksichtigung des unredlißhen Wettbewerbes im neuen Mans: die Bilanz ‘der fkolumbishen Aus- stellung; was die c. Kinley-Bill Amerika bisher gekostet hat; über öffentlihe Arbeitsvermittelungsanstalten), literarische Besprehungen, technische Mittheilungen (mit Illustrationen) und ein Feuilleton über das Werk „Die drei Bevölkerungs- ftufen“ von Georg Hansen. Die „Bayerishe Gewerbe-Zeitung*" ist das Organ des Bayerischen Gewerbe-Museums und des Verbandes bayerisher Gewerbevereine, der ca. 8000 Mitglieder in 53 Vereinen zählt. Sie erscheint monatlich zweimal, je drei Bogen stark, mit Illustrationen und Kunstbeilagen. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr 16 4, für Mitglieder des Bayerischen Gewerbe-Museums 10 4 bei Vorausbezahlung, exkl. Porto. Bestellungen nehmen alle Buch- handlungen und Postanstalten, sowie die Verlagsanstalt des Bayerischen Gewerbe-Museums (C. S{rag) in Nürnberg (Königsstraße 15) entgegen.

Leipzig, 24. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin- bandel. La Plata Grundmuster B. per Januar 3,35 4, per Februar 3,37} 4, per März 3,427 #4, per April 3,425 4, per Mai 3,427 A, per Juni 3,477 4, per Juli 3,50 Æ, per August 3,525 M4, per September 3,55 4, ver Oktober 3,55 , ver November 3,574 4, per Dezember 3,60 A Umsay 5000 kg.

Mannheim, 24: Januar. (W. T. B.) Produfktenmarfk1. Weizen pr. März 15,20, pr. Mai 15,25, pr. Juli 15,35, Roggen pr. März 13,30, pr. Mai 13,35, pr. Juli 13,40. Hafer per März 14,75, pr. Mai 14,405, pr. Iuli 14,20. Mais pr. März 11,00, pr. Mai 10,95, pr. Juli 10,80.

Verkehrs-Anstalten.

Koblenz, 24. Januar. (W. T. B.) Der Trajektbetrieb B Era für die Tageszüge 166 bis 173 ift heute wieder eröffnet.

Theater und Mufik.

Berliner Theater. l Gestern Abend wurde das Schauspiel „Das Recht auf Glück“ von Olga Wohlbrück mit einem im allgemeinen wohlverdienten

auf der Bühne und als Novellistin vortheilhäft bekannte Verfasserin

Beifall aufgenommen. Die hier {on aus ihrer eigenen Thätigkeit hatte in ihrem Werk selbs die Hauptrolle, die Rolle ‘eîñes serin