1894 / 44 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

iskus kann es ‘fich nur um die Ersparung - eines Theils der Bohr- often handeln, die aufgewendet find, um die Konkurrenten aus dem elde zu s{lagen. Es handelt sich um die Wahrung eines der ation grBrig, von der Natur geschenkten Schaßes. Einige Be- denken liegen vor: Die Bergbaufreiheit wird für Kalisalze beseitigt. Das System der Bergbaufreiheit hat unsern Bergbau erheblich gefördert, deshalb können nur zwingende Gründe des öffentlihen Wohles, nicht des fisfalishen Interesses die Beseitigung dieses Systems veranlassen. Ein Staatsmonopol wird nicht geschaffen, denn es bleibt cine Reihe potenter Privatunternehmer neben dem Fiskus vorhanden. Es bestehen neben dem Fiskus noch große Privatunternehmer in Preußen und daneben noch Werke im außerpreußishen Deutschland, in Anhalt, Braunschweig, Mecklenburg und in Sondershausen. Diese Konkurrenz wird für die Güte der Produkte sorgen, und selb wenn die Privatwerke wollten, würden sie keine ungebührlihe Steigerung der Kalipreise herbeiführen können. Der Fiskus wird, wenn andere. Verhältnisse eintreten sollten, neue Gruben eröffnen können, die er besißt, sodaß er allein, ohne Hilfe der Privaten, den Bedarf der deutshen Landwirthschaft decken fann. Der Vorrath der Kalisalzlagerstätten, welche der Fiskus besißt, beträgt 82 Milliarden Zentner; das wird für 2600 Jahre ausreichen. Außerhalb der jegt verliehenen Felder liegen aber auch noch große Mengen Kalisalze. Daß die Regierung von ihren Befugnissen Gebrauch machen wird, geht aus der Fassung der Vorlage hervor. Es foll nur ein angemessener Gewinn erzielt werden, aber fein großer Vortheil für den Fiskus. So hoffen wir, daß es mögli sein wird, diesen Geseßentwurf zum allgemeinen Wohl durchzuführen. Für die 5000 Arbeiter, welche bei den Kaliwerken beschäftigt werden, wird eine dauernde Beschäftigung gesichert. Die Ausdehnung des Wp auf die Steinfalze und Soolquellen hätte die Ausführung des Gesetzes erleichtert, aber wir wollten nicht zu weit greifen. (Zustimmung rets.) : Beim Schluß des Blattes sprah der Abg. Gothein.

In der Kommission des Neichstags für den Geseß- entwurf wegen Abänderung des R S wurde heute die am Sonnabend abgebrohene Berathung der Novelle zum Stempelgeseß wieder aufgenommen. Zunächst wurde auf den Antrag der Abgg. Gamp (Rp.) und Dr. Rintelen (Zentr.) nach längerer Diskussion în das Gesep- folgender neue § 5a eingefügt: „Die vor dem Inkrafttreten dieses Geseßes ausgegebenen inländischen und mit dem Reichsstempel versehenen ausländishen Werth- papiere werden nach - dem Geseß vom 1. Juli 1881 beurtheilt. Das gleiche gilt für nah dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgegebene inländishe Werthpapiere in Ansehung der vorher ge- leisteten Zahlungen. Vor dem Inkrafttreten dieses Gefeßes aus estellte, noh nit mit dem Reichsstempel versehene ausländische Werthpapiere find, wenn sie innerhalb sech8 Monaten zur Stempelung vorgelegt werden, nach dem Gesey vom 1. Juli 1881, bei späterer Vorlegung nah dem dur gegenwärtiges Geseß für inländische Werthpapiere der- selben Art festgeseßten Säßen zu verstempeln. Werthpapiere, die iediglih zum Zwecke des Umtausches, d. h. behufs Erneuerung der Urkunde ohne Veränderung des ursprünglichen Rechtéverhältnisses, ausgestellt worden sind, bleiben steuerfrei, wenn die zum Umtausch gelangenden Stücke ordnungsmäßig versteuert oder steuerfrei find und den vom Bundesrath zu erlassenden Kontrolvorschriften genügt worden ist.“ Sodann wird ebenfalls auf Antrag des Abg. Gamp (Rp.) dem § 3 des gegenwärtigen Gesehes folgende ÿ Zins gegeben: „Ausländische Werthpapiere, welche dur ein im Auslande abgeschlossenes Geschäft von einem zur Zeit des Geschäfts- abshlusses im Inlande wohnhaften Kontrahenten angeschafft sind, und ihm aus dem Auslande übersandt, oder von ihm oder einem Ver- treter aus dem Auslande abgeholt werden, find von dem Erwerber binnen vierzehn Tagen nach der Einbringung der Werthpapiere in das Inland zur Versteuerung anzumelden. Wer dies unter- läßt, oder wer Werthpapiere der unter Tarifnummern 1 bis 3

Fiotus ihre Produktion festzuhalten und zu vermehren. Für den

(G R A T Ä ZGE N AAES E Sz R T E I A G T A; E?" E N K S-A R K: A T S4 S T T A S R L I R R; T E E R R i i Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern- 45. Vorstellung. 5 Akten von Charles Gounod. | gau von Jules Barbier und Michel Carré. Zallet von Emil Graeb. Göße, Königlicher Kammersänger, als Gast.) In Scene gesetzt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Diri- gent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7# Ubr. Schauspielhaus. 52. Vorstellung. rich von E ih von Kleist. Ober-Negisseur Max Grube. Donnerstag : Opernhaus. istorische Handlung in 4 Akten, Dich- usik von N. Leoncavallo.

Wetterbericht vom 20. Februar, 8 Uhr Morgens.

baus.

Stationen. Wind. s j

in 9 Celfius 59(C. = 49N.

Temperatur

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp red. in Millim.

|

| 3\heiter 1 wolkenlos 8|balb bed. 2\Dunst 2 \bedeckt 4'bedeckt 2'bedeckt 1 Nebel

772 773 762 776 770 753 (11 774

Belmullet . Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm n Veierab e . Peter8bg. | Moskau . . . | Cork, Queens- | O Cherbourg . | 771 4 heiter S. ES 1 wolkenlos ylt H TEL [Dunst Wu .. | CCO 2 heiter winemünde | 777 ill/wolkig Neufahrwafser 779 bedeckt ta E Schnee rie Ee wolkenlos Ne. | EOO 3|\bedeckt Karlsruhe . . | 774 2\wolkenlI.1) Wiesbaden 774 2\wolkenl.2) 771 wolkenlos 778 Nebel 778 3 wolkenlos 776 Nebel 778 Dunst

765 wolkenlos

767 heiter Til [wolkenlos

von Heinri

Medici. tung und

D S R T O L D

I

_——

| | 773 1\wolkig 7# Uhr.

Ffönigin.

H O e A S A CO

Senator.

74 Uhr.

M

et | ONO

êne.

1) Reif. 2) Nachts Reif.

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Maximum, welches gestern über dem Skagerraï lag, hat sih mit unveränderter Höbe südostwärts nah dem nördlichen Oesterreich verlegt, während eine ziemlich tiefe Depression im boben Norden vorüberzieht, unter deren Einfluß die Temperatur in Skandinavien und Umgegend erheb- lich gestiegen is. Die Witterurg in ganz Mittel- Guropa steht noch unter dem Einflusse des Hoch- druckgebiets. In Deutschland ist das Wetter ruhig, kalt, theils beiter, theils neblig, obne nennenêwerthe Niedershläge, nur im äußersten Nordosten liegt die Temperatur etwas über dem Mittelwerthe. Eine Theildepression ist über den Britishen Inseln in Entwickelung begriffen und dürfte zunächst für das nordwestlihe Deutschland Trübung mit Schneefall

bringen. Deutsche Seewarte.

blümchen.

burg.

von Emil Taubert.

Schauspielhaus. Komödie in 1. Aufzua von Hans von Gumppenberg. Verbotene Früchte. in 3 Aufzügen, nah einem Zwischen!piel des Cer- vantes, von Emil Gött.

Deutsches Theater. Anfang 7# Uhr. Donnerstag: Faust. Freitag: Der Herr Senator.

Berliner Theater. Mittwoh: Nora. Anfang Donnerstag: Aus eignem Recht.

Lessing-Theater. Mittwoch: Madame Saus-

Donnerstag: Ohne Geläut. Freitag: Madame Sans-Gêne.

Wallner-Theater. Donnerstag: Heimath.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25, Mittwoch: Brautjagd. Operette in 3 Akten von ermann Hirschel. ufik von Franz von Suppé. n Scene gefeßt von Julius Srioshe. Herr Kapellmeister Donnerêtag: Brautjagd.

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- Mittwoch: Zum 1. Male wiederholt.

Maskenball (Veglione). von Alexandre Bisson und Albert Caré.

bezeichneten Ari im Inlande ausgiebt, veräußert, oder ein anderes bezeichne damit macht oder Zahlungen darauf leistet, bevor die Ver- pflihtung zur Versteuerung erfüllt oder- den Kontrolvorschriften des Bundesraths genügt ist, verfällt 2c.“ Ferner wird anf Antrag der Abgg. Gamp (Rp.) und Traeger (fr. Volksp.) folgender neue d 12a angenommen: „Tauschgeschäfte, bei welchen verschiedene

bshnitte oder Stücke und verschiedene Zinstermine von Werth- papieren derselben Gattung ohne anderweite Gegenleistung Zug um Zug ausgetausht werden, sind steuerfrei. Uneigentliche Leih- geschäfte, d. h. solche, bei denen der Empfänger befugt is, an Stelle der empfangenen Wertbpapiere Stücke gleicher Gattung zurückzugeben, bleiben steuerfrei.“ Sodann wird auf Antrag des Abg. Gröber (Zentr.) § 25 Abs. 2 folgendermaßen formuliert: „Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welher Wetteinsäße der in der Tarifnummer 5 bezeichneten Art entgegennimmt, ohne einen Ausweis darüber auszustellen. Ist die Zahl der abgefeßten Loose oder die Gesammthöhe der Wetteinsäße nicht zu ermitteln, fo tritt Geldstrafe von zweihundertundfünfzig bis fünftaufend Mark ein.“ Weiter wurde Abs. 2 des § 38 auf Antrag des Abg. Gamp (Rp.) in folgender Fassung angenommen: „Der Prüfung in Bezug auf die Abgabenentrihtung durch von den Landesregierungen zu be- stimmende höhere Beamte, unterliegen öffentlihe Anstalten, Aktien- gesellshaften, Kommanditgesellshaften auf Aktien, eingetragene Ge- nossenshaften und Gesellshaften mit beschränkter Haftung, sofern sie abgabepflihtige Geschäfte der unter Nr. 4 des Tarifs bezeichneten Art gewerbemäßig betreiben oder vermitteln. Der gleichen Prüfung unter- liegen die zur Erleichterung der Liquidation von Zeitgeshäften be- stimmten Anstalten.“ Die weitere Berathung wurde auf Mittwoch vertagt.

In der Kommission des Reichstags zur Berathung der vom Zentrum beantragten N ovelle zur Konkursordnung wurde in der heutigen Sißung der frühere Beschluß, die Forderungen der Werkmeister, Handwerker und Arbeiter als bevor - rechtigte anzuerkennen, in zweiter Lesung wieder aufgehoben.

Mannigfaltiges.

Der Hauptmann Süß von der Schloß-Garde-Kompagnie, der Geschäftsführer des Zentralcomités der deutschen Vereine vom Rothen Kreuz, feierte gestern in leßterer Eigenschaft das fünfundzwanzigjährige Jubiläum. Ihre Majestät die Kaiserin übersandte dem Iubilar „in Anerkennung der geleisteten Dienste“ mit einem huld- vollen Kabinetschreiben ein Allerhöchsteigenhändig wvollzogenes Diplom mit Ihrem Bilde und dem Bilde der Kaiserin Augusta. Für den Vorstand des Zentralcomités überbrachten Kammerherr von dem Knefebeck und General von Grolman eine fkunstvoll ausgestattete Adresse und ein Ehrengeschenk. Vie Mitglieder des Zentralcomités, unter ihnen General von Strub- berg, Vize - Admiral von Henk, Kommerzien - Nath Dörffel, Dr. Menger u. A., statteten persönlich ihre Glückwünsche ab. Im Namen des Militär-Inspekteurs für die tat Kranken- pflege, des Fürsten zu Wied, beglückwünschte der Ober-Jäger- meister Freiherr von Heinße den Jubilar. Auch die Ver- treter von Bayern, Baden und Hessen, General-Major Ritter von Haag, die Gesandten Dr. von Jagemann und Dr. Neidhardt sandten Gratulationsshreiben. Der Berliner Lokalverein widmete mit einer Adresse cine kostbare Blumenspende, ebenso die Freiwillige Sanitäts- folonne Berlin. Das Dienstzimmer des Jubilars war mit kostbaren

Blumen ges{chmückt.

Die Herstellung von Schmuckanlagen in der Stadt ist für

das Jahr 1894/95 von der städtishen Verwaltung olga aper eplant: 1) auf dem Plaß B Abtheilung X1I112 vor dem städtischen entral - Viebhof, 2) auf dem Leopoldplaß (Wedding), 3) um die

Bartholomäus - Kirche, ferner 4) Vervollständigung der Anlagen um die Emmaus-Kirhe auf dem Lausizer Plat, 5) Herstellung einer

von Benno Jacobson. Vorher: Um 5 Uhr. Mea Reichardt. Anfang 7# Uhr.

Margarethe. Oper in ext nah Goethe?s

(Faust: Herr Emil

Goffredo Cognetti. Prinz Fried- Schauspiel in 5 Aufzügen In Scene geseßt vom Anfang 7{ Uhr. 46. Vorstellung. Die

NReinfels. à T4 Uhr.

Uebersetzung Tanz von Emil Graeb. Anfang

- Kinder des Kapitän Graut. 53. Vorstellung. Die Minue-

mit großem Ballet in 12 Bildern. Lustspiel N: Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Der Herr

Charley’s Tante. Brandon Thomas.

Noth.

Mittwoch: Zum 1. Male. in 4 Akten von Carl Costa. Millöcker. Anfang Uhr.

anlagen in der Gneisenaustraße, zwischen Nofstiz- und Schleiermater- straße, 7) Herstellung von gâärtneri Anlagen auf dem Platz an der Lehrter- und Seydlißstraße, 8) Verbesserung der vorhandenen Wege im Invalidenpark. Die Auswabl der mit neuen Baum- ans zu versehenden Straßen foll pro 1894/95 der Park. VeN Bg überlassen bleiben. Für die Zukunft ist! die Parkver. waltung beauftragt, unverzüglich Vorschläge zur Aufstellung von Normativbestimmungen zu machen, in denen die Grundsäße zum Aus- druck gebracht werden follen, nah welchen künftig ‘Baumpflanzungen in Straßen 2c. auszuführen find. Vornehmlich sollen derartige An- pflanzungen nur in folhen Straßen vorgenommen werden, in denen ihrer Natur nach (Breite der Vürgersteige, Vorgärten, Mittel, promenaden 2c.) au ein Gedeihen der kostspieligen Anpflanzungen zy erwarten steht.

Den Betrieb des Wassersturzes im Viktoria-Park be- absichtigt der Magistrat in der Zeit vom 1. Mai bis 15. Oktober 168 Tage 8 Stunden täglich stattfinden zu laffen, was ‘einen Kosten- aufwand von 31891 #4 vorausseßt. Laut Stadtverordnetenbe\luß vom 25. März 1891 foll die Zeit, innerhalb welcher der Wafferstur funktionieren foll, alljährlih bei Gelegenheit der Etatsberathung dur Gemeindebeshluß festgeseßt werden. Der Magistrat hat nunmehr die Stadtverordneten-Versammlung ersucht, sich mit dem täglih aht- stündigen Betrieb des Wasfersturzes einverstanden zu erklären, und dementsprehend die nach Gill’scher Berehnung erforderlihen rund 32 000 A in den Etat für 1894/95 eingestellt.

Gartenanlage auf dem uftrabe aw 6) die Herstellung von ShmuF,

Professor Raoul Pictet wird in der Urania morgen und am Freitag, 74 Uhr, nochmals über feine epchemachenden Entdeckungen im Gebiete der tiefen Temperaturen reden, und zwar diesmal in weit ausführliherer Weise, als dies innerhalb des , Cyclus von Vorträgen her- vorragender Gelehrten“ geschchen konnte. Morgen wird der Einfluß tiefer Temperaturen auf chemische, am Freitag auf vhysikalische und biologishe Erscheinungen behandelt werden. Herr Professor Pictet wird französisch sprehen. Da bereits eine große Zahl von hervorragenden Gelehrten und Persönlichkeiten der hiesigen französishen Kolonie - ihr Erscheinen angezeigt hat, so wird es gerathen sein, fi zur Sicherung von Eintrittskarten nicht auf den Verkauf an der Abend- fasse der Urania zu verlassen. Am Donnerstag wird Heétr Dry. . Wilhelm Meyer den zweiten Theil seiner Reiseschilderungen (Sierra, Yosemite-Thal, Salzsee und e gebirge), am Sonnabend, 75 Uhr, Herr Professor Kirhhoff aus Halle seinen gleihfalls im Abonnements - Cyclus bereits gehaltenen Vortrag „Streifzüge durch Deutsch - Ostafrika“ wiederholen. Vom Sonntag ab wird wieder der große Ausftattungsvortrag „Das Wunderland der Neuen Welt“ regelmäßig wiederholt werden. Es sind darin einige vielfa gewünshte Ergänzungen in neuester Zeit ein- gefügt, welche das Interesse an den scenishen Darstellungen bedeutend erhöhen werden. E

Wien, 19. Februar. Jn der Schlußsißzung der Zen tral- fommission für die Chicagoer Weltausstellung hob, laut Meldung des „W. T. B.“, Sektions-Chef Freiherr von Weigelsperg im Auftrage des durch Unwohlsein verhinderten Handels-Ministers dankend die Förderung des Unternehmens durch den Protektor Erz- herzog Karl Ludwig fowie die Betheiligung der Industriellen und Künstler hervor und erklärte, die österreihish-ungarische Industrie blie befriedigt auf das Ergebniß zurück. Die Versammlung votierte fodann den Ministern Marquis von Bacquehem und Grafen Wurm- brand ihren Dank.

St. Petersburg, 19. Februar. Nah amtliher Meldung sind sämmtliche, auf der Cis\cholle (vgl. Nr. 41 u. flgde. d. Bl.) von der M ingermanländishen Küste abgetriebenen Fischer gerettet worden.

Regie: Hermann Haak. Schwank in 1 Akt von

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Venes Theater. Direktion: Sigmund Lauten-

burg. Mittwoch: Zum 7. Male. A Bass0 Porto.

Scenen aus dea neapolitan. Volksleben in 3 Akten von

Deutsch von Emil Dürer. Jn

Scene gefeßt von Sigmund Lautenburg.

Im N egigse Plauderei in 1 Akt von Hans von nfan

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Viktoria-Theater. Belle - Alliancestraße 7/8. Mittwoch: Nur noch wenige Aufführungen von Die s

In Vorbereitung: Der Südfkern.

Theater Unter den Linden. Mittwoch: Der Obersteiger. Anfang 7 Uhr.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch, 7x Uhr: Schwank in 3 Akten von Vorher : Sa Posse mit Gesang in 1 Akt von acobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Scene geseßt von Ad. [Frnst. Donnerstag: Dieselbe Vorftellung.

Pentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Ein Blizmädel. Posse

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Pirkus Renz (Karlstraße). Mittwoh, Nau. 4 Uhr: Auf Allerhöchften Befehl. Extra-Gala- Vorstellung. Der ostpreußishe Hengst Blondel und Monstre-Tableau von 60 Pferden, vorgef. vom Dir. Fr. Renz; das Schulpferd Prinz, geritten von

errn R. Renz; der Clown Merkel mit feinem

fel Pipifar; die großen Tremplinsprünge über 10 Pferde; Kavallerie zu Fuß ; Mr. Lavater Lee x.

Preise der Pläte : ogs 6 M, Sperrsitz und Tribüne 4 4, 1. Rang Balkon 2 #, 2. Play 1 3. Platz (Galerie) 50 „1.

Abends 73 Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Original - Sport - Schaustück mit Parforce- und Kasfadenritt vom Direktor Fr. Renz. Auftreten sämmtl. Künstlerspezialitäten 1. Ranges.

Preise wie gewöhnlich.

Donnerstag: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

Vorher:

Ausstattungs\tücck

A s UVL: D 04 f nfang 7# Uhr rFarailieu - Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elfe Schulße mit Hrn. Regierungé- Assessor Walter Rehfeld (Osnabrück—Aurih). Verehelicht: Hr. Lieut. Frhr. von der Horst mil Frl. Hewald (Berlin). j Geboren: Ein Sohn: Hrn. Negierungs - Bau- meister von Lemmers-Danforth (Köln). Hrn. Kapitän z. S. und Flügel - Adjutanten Volkmar von Arnim (Kiel). Eine Tochter: Hrn. Prem.-Lieut. Ernst Scbartow (Marburg). Gestorben: Hr. Professor Dr. Julius Uffelmann (Rostock) .— Hrn. Pastor Carmesin Sohn Günther (Lupow). Hr. Landstallmeister a. D. Geh. Ober- Regierungs-Bath Ernst Constantin Wettich (Spic- elberg bei Neustadt a. D.). Hrn. Landgerichté- Rath Eckard Tochter Mathilde (Greifswald). Hr. Nittergutsbesißer Max von Skopnik-Glittehnen (Wiesbaden). Hr. Rittergutsbesißer Hermann von Ziethen (Radewiy). Fr. General - Lieuk. Louise Gräfin Noedern, geb. von Mutius (Erd- mannsdorf). —. Hr. Ober-Landesgerichts-Rath a. D. Fri Duddenhausen (Bad Wildungen). —_Fl- ajor Anna von Nowag - Seeling, geb. Feldt

Die Bajazzi.

ufik von C.

Mittwoh: Mauer- Konzerte.

Sing-Akademie.

Konzert -Haus.

Dirigent : Anfang 7ck Uhr.

Federmann. Anfang 7# Uhr.

haben freien Eintritt.

Der Schwank in 3 Akten Deutsch

Amélie Gmür-Harloff.

Mittwoch, Abends 8 Uhr:

Lieder-Abend von Emma Plüddemann, unter gütiger Mitwirkung des Hofpianisten Herrn Georg Liebling.

Mittwoch, Abends 7x Uhr:

Konzert des Erkb’s{hen Männer - Gesangvereins. Hotel Kölnischer Hof, Krausenstraße 48. Hotel-Gäste

Saal Bechstein. Mittwoh, Abends 74 Uhr: IT. Konzert des Sängerpaars Rudolf Gmür und

(Wehlheiden bei Cassel). Hr. Reg, - Assessor Dr. juris Curt von Hopffgarten (Mülverstedt). Hr. Rittmeister a. D. und Rittergutsbesißer Johann Ülrich von Loeper (Mulkenthin bei Stargard i. P.)

Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruerei und Verlagt- Anstalt Berlin 8SW. Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einshließlih Börsen-Beilage),

sowie die Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffeut-

lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften v

Aktien und Äktiengesellschaften) für die Wo vom 12. bis 17, Februar 1894,

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 44.

Berlin, Dienstag, den 20. Februar

1894,

Deutscher Reichstag. 53. Sißung vom Montag, 19. Februar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sißung ist bereits in der Nummer vom Montag berichtet worden. Bei der Fortseßung der zweiten Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1894/95 er- hält zum Etat der Schuß gebiete nah dem Berichterstatter, Abg. Prinz Arenberg das Wort der

Abg. Graf Arnim (Rp.): Ich kann die Vorgänge in Kamerun niht so bedeutungslos hinfstellen wie der Reichskanzler. Es ist uns immer peinlih, Mißstände in den Kolonien zur Sprache zu bringen ; denn die Herren linfs ziehen den Schluß daraus, unsere Kolonial- politik ist Unsinn, wir haben nicht die nöthigen Kräfte dazu, womit sie ja ein sehr unbegründetes Urtheil über unsere deutshe Befähigung fällen. Wir kritisieren, damit die bessernde Hand angelegt werde, und alle die Kreise, welhe gegenüber der Kolonialpolitik noch zurück- haltend sind, sich dvamit befreunden. Ueber nationales Empfinden können wir mit den Herren pon der äußersten Linken nicht ien O freue Mi), dal die Herren um den ! Abg: Richter eine wesentlich mildere Sprache hören lassen. Hoffentlich fommt auch die Zeit, wo diese Herren, wenn sie erst deutshen Kaffee aus Afrika trinken, si mit unserer Kolonialpolitik befreunden, wenn sie auch nicht gerade Shwärmer werden, wie wir es sein sollen. Hoffentlich werden sie es dann unterlassen, das deutsche Kapital immer wieder vor den Kolonien zu warnen. Wenn ein Weltblait neulich meinte, die Meutereien würden zur Besserung der Verhältnisse führen, so müßte man fch{ließlich Veutereien herbeiführen, um eine Besserung zu erzielen. Der Reichskanzler zieht diese Konsequenz nicht, aber er rechnet die Meutereien zu den wirthschaftlichen Auëgaben. Aus den Worten des Reichskanzlers habe ich entnommen, daß Remedur geschaffen werden foll durch Abberufung des stellvertretenden Gouverneurs Leist. Eigenthümlich ist es, daß Wochen über Wochen vergangen sind, bevor wir über diese Vorgänge unterrichtet waren, obgleih wir für 140 000 4 ein Kabel nah Kamerun unter- halten. Bei den Afrikaforschern ift es festftehender Grundsaß, Frauen möglihsstt wenig zu prügeln, und auch die Männer nur wegen Insubordination; sonst aber wegen Diebstahls u. \#. w. werden Halseisen angelegt. Das ganze System der Behand- lung der Neger entspringt aus einer unglücklichen Sparsam- feit. Hätten die Neger ordentlichen Lohn erhalten können, fo hätte man nicht zum Prügeln zu greifen brauchen. Jett haben wir einen Schaden von mindestens 200 000 4 Uebrigens geht aus dem Bericht hervor, daß die Revolte schon längst geplant war wegen der Unzu- friedenheit der Dahomeher mit der Bezahlung. Jeßt shickt man den früheren Gouverneur Zimmerer wieder dorthin, bei dessen Abreise die Kaufleute aufathmeten. Die Mißstimmung ging damals so weit, daß einige Faktoreien Kamerun verlassen und sih anderswo ansiedeln wollten. Aber man giebt diefem Herrn den Hauptmann Morgen zur Kontrole mit, der sih in Kamerun großer Zustimmung erfreut und den man ohne Zimmerer schr froh empfangen würde. Ganz entbehren können wir Militärs und Affessoren nit, aber der Kaufmann ift shließ- lih für die Kolonien wichtiger. Bei den Engländern verkehrt der Gouverneur ganz gentlemanlike mit den Kaufleuten; das wünschte ih au bei uns. Der Reichskanzler warf dem Major von Wissmann Unordnung in den Rechnungen vor. Für den Ober - Rechnungshof würde der Major von Wissmann nicht passen; aber er hat den deutschen Namen groß gemacht, dem deutschen Ansehen ein solches Fundament geschaffen, daß man diefe seine Verdienste bei den Vorwürfen auch hâtte erwähnen können. Für die drei Kolonien können wir nicht ein einziges Programm aufstellen. Aber für Kamerun war die Siche- rung des Hinterlandes ein festes Programm. Denn die Engländer haben Gebiete beseßt, an die sich die Namen unserer deutschen Forscher Nachtigal, Barth, Flegel knüpfen, und man hat im vorigen Jahre das deutsch-englishe und jeßt leider au ein französisches Abkommen getroffen, welche unsere Entwickelung im Hinterlande hindern. Durch das franzöfische Abkommen wird der Zugang zum Tsad-See verändert und das Adamaua-Gebiet geht uns verloren. Wir erleben dort ähnliche Zustände, wie in Sansibar, wo wir auch das Hauptgebiet, Sansibar selbst, verloren haben und uns mit dem Festlande begnügen mußten. Hâtte der Reichskanzler Mittel für Expeditionen gefordert, so hätten wir sie für mehrere Jahre noch bewilligt. Ich bin überzeugt, andere Generationen werden es nicht verstehen, daß wir nit thatkräftiger inè an der Aufschließung Afrikas betheiligt haben und uns nit mehr bemüht haben, uns auch cine Kolonialmacht zu s{affen, wi- die Eng- linder und Franzosen. Ich will niht den Vorwurf auf mich laden, daß ih den Werth von Afrika nicht erkannt hätte. Jch werde nah wie vor für die Kolonialpolitik wirken, selbst auf die Gefahr hin, ein Kolonialschwärmer genannt zu werden.

Reichskanzler Graf von Caprivi:

Ich möchte mich zuerst mit der leßten Kritik des Herrn Vor- redners über die Verträge mit England und mit Frankreich bes{chäf- tigen, weil diese Kritik vielleiht einen Maßstab für seine Kritik überhaupt giebt. Der Herr Vorredner hat den Vertrag mit Frank- rei angegriffen, ohne scinen Wortlaut zu kennen; er hat Behauy- tungen aufgestellt, die ih als unrichtig bezeichnen muß, ohne daß ih auf die Sache näher eingehen könnte. Wir sind mit Frankrei materiell handelscinig, formell noch nit. In Bezug auf den Vertrag mit England habe ich dem Herrn Vorredner ¿zu bemerken, daß Yola nicht durch das, was man jeßt den neuen Kurs nennt, abgegeben worden ist, sondern daß. das früher geschehen ist, und daß wir alle es bedauern, diese Stadt nicht bekommen zu haben, daß wir aber nit in der Lage sind, das zu îndern. Jm übrigen glaube ih, der Herr Vorredner wird ih in seiner ferneren Kritik dadurch nicht irre machen laffen, er wird si aud niht überzeugen; ih beshränke mich in Bezug auf den Vertrag mit England auf die Bemerkung, daß England in den Gebieten, um die es sich hier - handelt, an Kapital, an Menschenkrästen, an Expeditionen das Vielfache von dem eingeseßt hat, was wir eingeseßt baben, daß uns dagegen Terrains zugesprochen worden sind, in denen noch me ein deutsher Fuß gewesen war. Ich bin der Meinung, daß inan mit einem folchen Vertrag ganz wohl zufrieden sein kann.

Nun zu den übrigen Bemerkungen des Herrn Vorredners! Da A ih zunächst hervorheben: ih habe nit gesagt, daß keine Abhilfe fe erun geschaffen werden solle; im Gegentheil, ich bin bereit, die G hilfe zu schaffen, wenn sie nöthig wird; ih habe nur gesagt, daß i Kritik, wie sie hier ohne Kenntniß der Verhältnisse geübt worden L R feine Möglichkeit zur Abhilfe giebt, und auf diesem-Stand- S t stehe ih auch noch. Denn wie hinfällig die Behauptungen des il Vorredners sind, das geht unter anderem daraus hervor, A fr meint, wir müßten doch, da die Peitshe \{chon Nat an Ort und. Stelle: ist, au Berichte haben. Mie em die Berichte über diesen, wie er es nennt,

folg in Kamerun uns zugegangen ‘sind, ist mit möglichster Be-

s{leunigung von hier das geschehen, was geschehen konnte. Es ift mit dem nächsten Dampfer ein hoher Beamter, der Regierungs-Rath Nose herausgeshickt worden, um an Ort und Stelle Untersuchungen vorzunehmen. Nach dem Charakter dieser ganzen Angelegenheit han- delt es siH um etwas, was wir sonst Disziplinaruntersuchung nennen würden. Da sind Zeugen zu vernehmen, Angeklagte zu hôren, es wird ein längeres Protokoll verfaßt, es werden Aufnahmen veranlaßt werden, und wenn der Herr Graf Arnim die Güte hätte, - uns noch drei Kabel nach Kamerun zu legen, so würden wir auf diefen drei Kabeln doch nicht im stande sein, die Berichte hierher kemmen zu lassen. Es bleibt uns alfo nichts übrig, wie die Dinge liegen, als abzuwarten, bis die nächste Post kommt, und die näcste Post kann, nachdem Regierungs-Rath Nose verhandelt hat, felbst wenn die Verhandlungen ganz {nell gehen, erst im nächsten Monat hier eintreffen. Ich weise also die Beschuldigung, daß wir nicht mit der genügenden Sorgfalt oder nicht mit der genügenden Schnelligkeit gehandelt hätten, auf das aller- entschiedenste zurü.

Der Herr Abgeordnete bezog sich dann auf ein größeres Welt- blatt, welches gesagt hätte, man könnte ja aus diesen Dingen etwas lernen, und knüpfte daran an, wir würden boffentlihß zu einer Aende- rung des Systems kommen ; sodann ging er wieder auf Militarismus und Assessorismus über. Was wir an dem System zu ändern hätten, das weiß ich nicht. Daß von den ausführenden Organen gefehlt sein fann, das is wohl möglich, und dann wird geändert. Aber das System hat sich nah meiner Ansicht bis jeßt vorzügli bewährt. Wir haben mit den geringen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, das Mögliche geleistet; und wenn man sagt: Ihr habt das nicht durch Kaufleute geleistet, sondern durch Offiziere und Beamte, so müßte mir erst einmal der Beweis geliefert werden, daß Kaufleute mehr geleistet hätten und mehr hätten leisten können. Jh glaube, au diesen Beweis wird der Herr Vorredner mir {uldig bleiben.

Nachdem die Nachricht von Kamerun hierher gekommen war, ift dieëfecits gesehen, was geschehen konnte. Ich hatte geglaubt, der Herr Abgeordnete würde uns vielleicht angreifen, weil wir in dem militäris@en Aufwand zum Zweck der Unterdrückung der Meuterei in Kamerun zu weit gegangen wären. Jch glaube nicht, daß das der Fall ist. Wenn man die Sache von hier aus zu leiten hat, fo wird man, wie ich glaube, bei dem Eintritt eines solhen Ereignisses am rihtigsten thun, die ersten Maßregeln lieber zu groß als zu klein zu nehmen; denn, wenn wir zu wenig thaten, dann würde uns mit Recht der Vorwurf getroffen haben, Ihr Habt nit das gethan, was geschehen mußte, um die Kolonien zu halten. Jett sind 120 Mann hinausgeshickt worden. Die Meuterei war längst erdrückt, als die 120 Mann abgesandt waren; ih würde mich nit gewundert haben, wenn hier die Frage an die verbündeten Regierungen oder an mi gerihtet wäre: Warum thatest Du das, es hâtten vielleiht 20 Mann genügt. Es ist aber die genannte größere Zahl hinausgeschickt, weil ih von hier aus nicht im stande war, zu übersehen, ob 20 Mann reihen würden oder nicht.

Ob nun der Kanzler Leist im stande war, der Meuterei vor- zubeugen, und ob ihn dafür ein Vorwurf trifft oder nicht, in dieser Hinsicht beziehe ih mich auf das, was ih neulich geäußert habe, daß ih nämli nicht im stande bin, ein Urtheil zu fällen, so lange ih es nicht begründen kann; ih fann aber den Herrn Abg. Grafen von Arnim nicht bindern, auch unbegründete Vorwürfe zu erheben. Wir werden warten müssen, was die Untersuchung ergiebt.

Der Herr Abgeordnete sagt, der Kanzler Leist kennt die Neger nit. Ja, er kennt vielleiht die Bücher nicht, aus denen der Herr Graf Arnim seine Kenntniß über die Neger gewonnen hat (Heiterkeit) ; aber er ist {on geraume Zeit draußen und hat do schon einige praktische Studien in dieser Beziehung gemacht. Daß der Herr die Meuterei nicht vorhergeschen hat, ift gewiß richtig; indeß das ist das Charakteristische aller Meutereien, daß man sie nicht vorhersieht, denn sonst kâme es eben niht dazu. Ich habe neulich \{chon auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welhe darin liegen, daß man es mit Leuten von fremden Sitten, fremden Anschauungen und einer fremden Sprache zu thun hat.

Indirekt hat der Graf Arnim dann der hiesigen Verwaltung in die Schuhe geschoben, die Meuterei wäre aus Sparsamkeitsrüksihten gesehen; wir hätten, wenn ih den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, besser gethan, die Leute mit Abzügen vom Sold zu bestrafen. Soviel ih weiß, hat der Herr Vorredner in der Armee gedient, und wenn er in der Armee die Strafen auf Abzügen vom Sold basieren wollte, fo glaube ih, würden wir niht weit fommen, und die be- dürfnißlosen Schwarzen würden gegen folhe Soldabzüge noch ungleich unempfindlicher sein als der vreußishe Soldat.

Auch der Gouverneur Zimmerer hat sich das Mißfallen oder das Mißtrauen des Herrn Vorredners zugezogen. Das basiert meines Er- achtens auf individuellen Eindrücken. Jch bin nicht im stande, dieses Mißtrauen zu theilen. Jch glaube, daß wir in dem Herrn einen sehr guten Verwalter unserer Kolonie gehabt haben. Er hat derselben einen fo hohen Grad von Interesse zugewendet, wie auch sein Vor- gänger, der Herr von Soden es gethan hat, und die Verwaltung ging vollkommen gut, bis dieser Zwischenfall eintrat.

Der Herr Vorredner ist der Meinung, der Hauptmann Morgen wäre hingeshickt, um Herrn Zimmerer zu kontrolieren. Das ist nicht der Fall. Der Hauptmann Morgen ist zunähst nach Egypten geschickt worden, um Schwarze für die Schußtruppe zu werbèn. Wir haben mit den Leuten, die wir jeßt haben, keine besonderen Erfahrungen gemaht. Die Kruleute sind in * das Innere geschickt, die Dahomeleute haben eben gemeutert, mit Weißen ist niht weit zu kommen; höchstens als Vorgesette, aber nicht als Soldaten sind sie zu verwenden, denn sie halten die Anstrengungen nicht aus. So schien es das Zweckmäßigste, Sudanleute zu werben, und da Herr Morgen mit Afrika Bescheid weiß, so wurde er von meiner Seite bei der Armee erbeten, als der Mann, der wohl am ersten in der Lage sein würde, eine Truppe zusammenzubringen. Er is in Egypten ge- wesen, hat mit Erfolg geworben, und wird nun die Leute an Ört

und Stelle bringen. Jch vermuthe, er wird die neue Schhußtruvpe organifieren. Daß er bestimmt sci, Herrn Zimmerer zu kontrolieren, davon ist mir nichts bekannt geworden. 25

Nun möchte ih darauf fommen, daß der Herr Vorredüér auch des Herrn von Wissmann, obwohl wir uns jeßt in- West-Afrika be- finden, Erwähnung gethan hat. Jch habe Herrn von Wissmann gar keinen Vorwurf gemaht. Im Gegentheil, ih habe ausdrücklich von ihm gesagt, daß er Ausgezeichnetes geleistet hat. Jch habe ihn nur zitiert, weif hier der Bureaukratismus angegriffen worden ist, um zu beweisen, daß ein gewisses Quantum bureaukratishen Geistes selbst in Afrika nicht zu entbehren ift, und habe als Beispiel die Wiss- mann’s{che Verwaltung angeführt, die garniht in der Lage war, eine bureaukratische zu sein, die aber gezeigt hat, daß wir ohne bureau- fratishes Element niht ganz auskommen können.

Im übrigen bin ih am wenigsten. geneigt, über den Herrn von Wissmann abfällig zu urtheilen. Jch erkenne seine Leistungen ebenso an, wie es der Herr Vorredner gethan hat.

L Abg. Dr. Hasse (nl.) verweist dem Abg. Bebel gegenüber darauf, daß er nihts Weiteres verlangt habe für Afrika, als daß die Deuts@en, die bisher in den englishen und anderen Kolonieen ge- arbeitet haben und vielleiht dort den besten Kern der Kolonien bildeten, in die Dienste des Vaterlands treten. (Vize-Präsident ¿Freiherr von Buol bittet den Nedner, bei Kamerun zu bleiben.) Day in Kamerun die Marine-Infanterie so schnell zur Verwendung fommen konnte, ist mit Freuden zu begrüßen. Freilih is es au erfreulich, daß sie bald durch Sudanesen abgelöst wird. Die Ab- machungen mit England, welche fertig sind, und die Abmachungen

P, A T T „E D r s e H _ 2 D : É mit Frankreich, welche im Werke sind, fallen nicht allein der Kolonial- verwaltung zur Last. Es sind die Konlfequenzen früberer Vorgänge dabei mit entscheidend. Aber gerade in West-Afrika kommt die Anschauung des Reichskanzlers zu Tage, der Afrika als eine Last empfindet. Daraus können wir nur die Forderung ableiten, ein Kolonialamt zu s{affen, welches dem Reichékanzler die Last abnimmt. In England, Jtalien und Frankreich glaubt man, die jeßige Zeit set geeignet, bei der Auftheilung Afrikas möglichst viel an sich zu reißen. England bemüht sih, ein Reih vom Nil bis zum Kap zu errihten. Die Engländer sind in der Wahl ihrer Nechtssäße auch nicht sehr wählerish. Ich bitte, nur an Egypten felbst erinnern zu dürfen und an die Beschlagnahme alles dessen, was südli des Zambesi sich befindet, England hat seine Stellung Portugal gegenüber benußt, um in feinen Kolonieen Fuß zu fa}jen; wir haben uns troß unserer großen Forderung mit einem Protest begnügt. Die Franzosen laufen fast Sturm; fie haben die Zeit von 1870 ab benußt, um sich an der Theilung Afrikas zu betheiligen, ebenso wie Jtalien. Wenn bei uns ber die Kolonieen in Áfrita nicht als eine Lust, sondern als Last empfunden werden, dann darf man sich nicht wundern, daß wir die Gelegenheit versäumt haben, ein Reich zu begründen, welches vom Osten Afrikas bis nah Kamerun im Westen reicht. Wir müssen von Kamerun aus einen Zugang nach dem Westsudan, nah Wadaï, gewinnen. Unser Rehtsanspruh besteht darin, daß diese Gebiete zuerst erforsht sind von Deutschen: Barth,

L Es GCIOT! 1 \

Nachtigal, Wolf U. [.-1y. Diese Länder werden aufgegeben mittels einer Theorie, welche nur die Occupation als maßgebend anerkennt. Danach hat man nicht verfahren ; wir haben Verträge auf dem Pavier

von Kabinet zu Kabinet abgeschlossen und dadurch Erpeditionskosten für die Occupation gespart, welhe Mittel zur intensiven Koloni- satton verwendet werden fonnten. Das englishe Abkommen ist zus treffend in der Beziehung, daß die Grenze von Jola bis zum Tsad- See festgelegt ist; aber es ist bedauerlich, daß wichtige Punkte am Tja0-

See aufgegeben sind. Das wohl ziemlich fertige Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich versperrt uns den Zugang nah Wada? und anderen von Deutschen zuerst erforshten Gebieten. Wir würden das ganze rechte Ufer des Schari an Frankrei überlassen und uns den Zugang zum Westsudan abschneiden, was später für uns sebr verhängnißvoll werden fann. Bei der Theilung fällt immer der bessere Theil an Frankreih. Jh habe meine Stimme erhoben, um hervorzuheben, welhe Nachtheile aus dem deutsh-französishen Ver- trag drohen. i

Abg. Beckh (fr. Volksp.): Wenn die Sache so weiter geht, dann brauchen wir die Kolonialpolitif nicht zu vernichten; sie ver- nichtet sich felbst. Da wir einmal Kolonien haben, können wir aller- dings nicht ohne weiteres. alles aufgeben, und man muß darauf sehen, daß die Opfer wenigstens niht umsonst gebraht worden sind. Per- sönlih will ih gegen die Reichsregierung nit auftreten, sondern ih tadle nur aus materiellen, sachlichen Gründen. Auch der Vertrag mit Frankreich ist ein Mißerfolg ; denn nah der leßten Denkschrift über Kamerun mußte man annehmen, daß dort alles in Ordnung sei. Ueber die Ermordung des Premier - Lieutenants von Volkamer

in Balinga hat die Kolonial - Abtheilung, als ich mich an sie im Auftrage der Familie um Auskunft wandte, entgegenkommendste Aus- kunft ertheilt; es hieß, daß die Betreffenden nicht im Gefecht gefallen sind, aber es wurde nachher bekannt, daß sie als Geiseln zurückbehalten UND Er [Nater grausam gemordet wurden. Angesichts der von der Familie veröffentlichten Anklagen hat man sih nicht veranlaßt gesehen, gegenüber der Verwaltung des Gebiets Kamerun vorzugehen; erst jeßt, wo andere Fatalitäten hervorgetreten sind, schreitet man ein. Herr von Volkamer war ziem- lich \nöde im Stich gelassen in Balinga, mit 50 Dahomeern und 29 Dahome-Weibern, außerdem hatte er nur 300 Patronen. Er follte nah mehreren Monaten abgelöst werden ; das geschah aber nicht, troßdem man {on bald die Möglichkeit dazu hatte. Bezüglich des Sklavenkaufes dur die Firma Wölber und Brohm ift festgestellt, daß die Kolonialregierung mit einem guten Beispiel vorangegangen ist; fie hat auch Sklaven gekauft und einen Arbeitsvertrag mit ihnen abge- schlossen. Diese gekauften Sklaven sind keine große Stüte für einen Staat. Volkamer wurde vom September 1892 bis Mai 1893 ruhig auf seinem Plage gelassen; er konnte sich keine Lebensmittel be- scha en, und man ließ ihn vollständig im Stich. Man hat jetzt Revanche genommen, ein Vors wurde verbrannt und ein „Kerl“, eine rau und ein Kind wurde niedergemaht. Davon wird aber Lieutenant von Volkamer nicht wieder lebendig. Es is nicht das geringste ge- shehen, um die Katastrophe zu hindern, man hat sich nicht einmal durch Boten nah dem Stande der Dinge dort erfundigt. Auch die Kaufleute sind der Meinung gewesen, daß Herr von Volkamer geopfert worden ist. Hätte man si nit allzusehr auf die Berichte der. Herren verlassen, sondern {hon früher jemanden hingeshickt, um der Urfache auf den Grund zu gehen, fo hätte man folche Leistungen wie die des Herrn Leist verhindern können.

: Dirigent der Kolonial-Abtheilung, Wirklicher Geheimer Legations- Nath Dr. Kayser: Einer Kritik des Vertrages mit Frankreich über das Hinterland bon Kamerun möge man si enthalten, bis der Ver- trag felbst vorliegt. Daß die Forshungen deutscher. Forscher. als

Grund der Occupation angeführt werden, is ein neuer, bisher nicht bekannter Grundsaß. Uebrigens würden die Forshungen des Dr. Barth dann nicht „Deutschland anzurechnen sein; denn er ging, obwohl ein Deutscher, im Auftrage der englischen Regierwig dottin. Als Rechtstitel für die Besißergreifung haben wir keinen anderen als die Occupation und das Interesse. An manchen Stellen find so viel

Millionen englische Pfund engagiert, wie kaum Hunderte deutscher