1894 / 46 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Feb 1894 18:00:01 GMT) scan diff

tro sie die verschiedenen Wandlungen von Nora?s Charafter treffend wiedergab. Man merkte nur selten einen leichten ai in dem tollen, übermüthigen, kindishen Treiben der Nora des ersten Akts; daé jâhe Erschrecken, die wachsende Unrube und Angst traten später ebenso natürlich und einfach in die Erscheinung, wie das plößliche Erkalten der Liebe und die traurige Hartnätigkeit in dem Entshluß, Maun und Kinder zu verlassen. Man konnte mit der Leiftung der Künstlerin wohl zufrieden sein und die Zuhörer bestätigten diefes Urtheil durch ihren Beifall. Die Rolle des Ad- vokaten Helmers spielte Herr Kraußneck recht tühtig. Das Elend der tôdtlichen Krankheit und die düstere Shwermuth des Sterbenden brachte Herr Stahl als Doktor Rank gut zur Geltung. Fräulein Wilke war als Christine Linden zurückhaltend und einfah und Herr Susfke rief in der Rolle des bösen, {wer geprüften Günther mensck{- liche Theilnahme hervor. Zentral-Theater. :

Die gestrige erste Aufführung der Karl Costa? schen Poffe „Ein. Blizmädel" gestaltete sich für das Zentral-Theater zu einem s{önen Erfolg. Das Zusammenspiel war durchaus lobenéwerth und aus der Mitte der tüchtigen Darsteller hob sich die Vertreterin der Titelrolle Frau Josefine Dora dur ibr temperamentvolles Spiel, ihr anmutbiges Wesen und ihr shauspielerishes Gefchick besonders bervor. Der Inhalt der nicht befonders gedankentiefen Handlung ift ziemli bekannt. Das „Blißmädel*®, eine junge Telegrap istin, will ihrem Ge- Kiebten, einem jungen Juristen, die Stelle eines Sekretärs in Prag verschaffen und greift, um einen Dummkopf von Mitbewerber, der fich guter Protefktion erfreut, aus dem Felde zu s{lagen, zu der List, die Beshüßer jenes Mitbewerbers in Verkleidungen für fih und für ihren Geliebten zu gewinnen. Auf diese Weise sicht man die Titelheldin na einander als einfache Telegraphistin, als französishe Marquise, als spanische Tänzerin und als flotten Studenten ihre Künste entfalten, und ros Dora hat in allen diesen Erscheinungen die Lacher auf ihrer Seite gehabt; aber aus der beliebten Soubrette is, wie man in mebreren Momenten bemerken kounte, eine echte überlegte und ibrer Wirkung sichere Schauspielerin geworden; ihr gebührt dean auch der Hauptantheil an dem Erfolge des Abends. Herr Friß Helmer- ding, der bei den Verkleidungen der Theilnehmer des Blißz- mädels ift, spielte gleihfalls sehr geshickt, aber seine Art zu wirken, trägt mehr einen derbkomiscen Charakter; am besten gelang ihm die parodistishe Wiedergabe eines Abbé im zweiten Aft. Neben diesen im Vordergrunde stehenden Personen machte sih Herr Worliß\ ch als ungarisher Gutsbefiter durch seinen lauten, aber doch gefäiligen Humor vortbeiltaft bemerkbar.

r Bollmann, der den jungen Dümmling Casimir von Wasser- Topf gab, streifte in seiner Darstellung stark die Grenze des Glaub- lichen. Herr Valentin führte feine bescheidene Rolle als junger Jurist ansprechend dur. err Müller endlih spielte einen alten Professor und Frau Walthber-Trost seine Gattin mit vielem Ge-

müth und Humor.

Konzerte | j : Fräulein Emma Plüddemann aus Breslau, eine hier niht mehr unbekannte Konzert- und Oratoriensängerin, gab geftern im Saal der Sing-Akademie einen Lieder-Abend, den fie mit Beethoven's Arie „Ah perfido“ eröffnete. Noch mehr als in dieser Arie kam ibre angenehme und gut Seorei Stimme in dem beliebten Liede „Junger Knabe“ aus den „Toëkanischen Melodien“ von E. E. Taubert zur Geltung. Dieses Lied, sowie die sich anreihenden Gesänge von H. Schmidt, J. Schäffer, das „Ave Maria“ von M. Bruch, die Lieder von M. Plüddemann (ihrem Bruder), sowie Rubinstein's,Es blinkt der Thau“ trug die Künstlerin mit großer Wärme der Empfindung und mit fehr zarter Ausführung des piano vor. Unterstüßt wurde das Konzert durch den sächsischen Hofpianisten Herrn Georg Liebling, der mehrere Soli von Chopin, Schumann und anderen auf einem sehr klangreihen Duysen’schen Flügel vortrug und in diesen Stücken {önen Anschlag und geschmadckvolle Ausdruckêweise erkennen ließ. Sämmtlichen Vor- trägen des Abends folgte reiher Beifall. Die Klavierbegleitung be- fand sich in den kunstgeübten Händen des Herrn Dr. Reimann. Im Saal Bechstein fand an demselben Abend das zweite Konzert des norwegishen Sängerpaares Rudolf Gmür und Amelie Gmür-Harloff ftatt. Die bereits an dieser Stelle

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Wetterbe t vom 22. Februar,

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Axel Delmar.

Brahms.) einem Prolog.

7x Uhr

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7# Ubr.

1) Früh Reif. 2) Nachts Reif, Morgens dunftig. 3) Reif. 4) Nadts Reif. 5) Sehr neblig. §#) Reif. ka ¿f Uebersicht der Witterung3# __

Die Witterung von ganz Mittel.Europa steht unter dem Einflusse eines umfangreichen Hochdruck- gebietes, dessen Kern über Südost-Europa liegt, während ein tiefes Minimum über Nordskandinavien Wind und Wetter des Nord- und Ostseegebietes be- herrscht. In Deutschland, Frankreich und Oesterreih- Ungarn ift das Wetter ruhig, kalt, beiter oder neblig, sonst trocken; die Temperatur liegt an der deutschen Küste bis zu 104, im Binnenlande 5 bis 124 Grad unter Null. u Kiel, Wilhelméhaven, Heontand und Ullaborg wurde Nordlicht, zu Wil-

elmshaven auch magnetishe Störung beobahtet.

Deutsche Seewarte.

Gêne.

bliimchen.

Freitag:

Herr Kape

Theater - Änzeigen.

Königliche Schauspiele. 47. Vorstellung. i mantische Oper in 3 Akten von Carl Maria von Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung August Apel's). Herr Emil Götze,

cavallo, deutsch von Ludwig Hartmann.

Schauspielhaus. Der Jourfix. Schwank in 3 Aufzügen von Hugo Lubliner. Regifseur Max Grube. Anfang 7ck Uhr.

Deutsches Theater. Anfang 7{ Uhr. Sonnabend: Der Herr Senator. Sonntag: Der Herr Senator. Montag: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Berliner Theater. ments-Vorftellung.

Sonnabend: Neu einstudiert : Narziß. Sonntag, Nahm. 24 Uhr: Aus eignem Recht. Abends 7# Uhr: Narzif.

Lessing-Theater. Freitag: Madame Saus-

Sonnabend : Madame Sans-Gêne. Sonntag: Madame Sans-Gênue.

Wallner-Theater. Sonntag: Manuerblümchen.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chauffeeftraße 2%. Ma E Operette in 3 Akten von ermann Hirschel. Mußk n Scene F von Julius Frißshe. Dirigent : meifter Federmann. Sonnabend: Brantjagd.

hervorgehobenen Vorzüge ihres Gesangs, die vortreflich ges{ulten, woblklingenden Stimmen und die fein schattierende Ausdruckeweise traten in zahlreichen Liedern und Duetten wiederum aufs glänzendste hervor. Mit besonderem Beifall wurden ¿zwei im Originaltert vor- getragene norwegische Lieder von Grieg und Bengzon aufgenommen. In der Schüleraufführung des Fräulein Helene Jahncke, welche geftern im „Römischen Hof“ veranstaltet wurde, kam eine große Anzahl von einzelnen Gesängen und Gefammtvorträgen zur Ausführung. Die Namen Schubert, Mendelssohn, Haydn, Glu, Schumann, Weber ließen cine gute Basis des Unterrichts erkennen ; nur war für eine öffentliße Vorführung die tcchnishe Sicherheit der meisten Glevinnen noch nicht weit genug vorgeschritten, während eine gewisse Belebtheit im Vortrag bei fast allen zu erkennen war.

Im Königlichen Opernhause geht morgen Weber's „Freifchüß“ mit den Damen Hiedler, Dietrich, den Herren Möd- Unger, Bulß, Bey, Krolop, Krasa, Schmidt unter Kapellmeister Weingartner's Leitung in Scene. Herr Emil Göße singt den Marx als Gast. Die Brautjungfern werden von den Damen Weit, Krainz und Deppe gesunge::. L i; i

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Schiller?s „Wilbelm Tell" mit den Damen von Hochenburger, Kahle, Lindner, Stollberg, den Herren Nesper, Kahle, Matkoweky, Klein, Herter, Molenar, Ludwig, Eichholz gegeben. E .

Für das im Viktoria-Theater nädbstens zur ersten Auf- führung gelangende Ausftattungsstück „Der Südstern“ ist es Herrn Direktor Litaschy infolge Entgegenkommens des General-Direktors der Königlich bayerishen Hoftheater, Herrn Ernst Poffart mögli ge- worden, dic von ihrer früheren Wirksamkeit am Viktoria-Theater noch in guter Erinnerung stebende Königlich bayerische Solotänzerin Marietta Balbo zu einem auf vierzehn Tage ausgedehnten Gastspiel zu gewinnen. ; :

Im Neuen Theater findet am Sonntag in einer Nahmittags- Vorstellung zu ermäßigten Preisen eine Aufführung von Halbe's Drama „Jugend* ftatt. Abends bleibt fortdauernd „A Basso Porto“ auf dem Spielplan. E

Das Programm des Konzerts, welches der Sängerbund des Berliner Lebrervereins (Leiter : Profeffor Felir Schmidt) unter Mitwirkung - der Damen Fräulein Margarethe Boye (Gesang) und Lucy Campbell (Cello) morgen Abend 7# Uhr in der Philha r- monie veranstaltet, bringt von Chorwerken Hegar's Hymne an den Gesang, Gade’s „Warnung vor dem Rhein“, bekanntere Kompo- sitionen von Weber und felten oder noch gar nit gehörte Stücke von Jüngst, Max Stange, Philipp Scharwenka, Müller, Reuter 2c. Das Konfervatorium Klindwortbh-Scharwenka veranstaltet am Sonnabend, Abends 7 Uhr, mit seinen auserlefensten Schülern unter Mitwirkung des Philharmonischen Orchesters in der Sing- Akademie ein Konzert zum Besten der Archer-Stiftung (Unterstüßungsfonds für kranke und bedürftige Lehrerinnen). Zur Auf- führung gelangen u. a. ein Konzert für drei Klaviere und Orchester von Bac, Sâäyte aus Klavierkonzerten von Schumann, Littolf, Nubinstein, St. Saëns, Arensky, Chorwerke von Rubinstein und Sucher, sowie cinige Sologesangsnummern aus Bruch's „Odyfsseus“. Die zehn- jährige Pianistin Stephanie Steyfi aus Lemberg wird in ibrer biesigen Matinée am Sonntag, Mittags 12 Uhr, u. a. Beethoven's Sonate pathétique, Siszt’s XIIT. Rbap/odie, cine Gruppe Chopin'’scher Werke fowie Stücke von Mozart, Swumann, Maretund Godard fpielen.— Im nächsten 1X. Philharmonischen Konzert unter Leitung des General-Musifdirektors Ernst Schuch und Anton Rubinstein's, am 5. März, treten als Soliften der Violin-Virtuose Herr Vrofessor Carl Halir aus Weimar und die Königliche Hofopernsängerin Frau Hedwig Camil von der Dreédener Bühne auf. Der Kartenverkauf ist bei Bote und Bock eröffnet.

Mannigfaltiges.

Im Januar d. J. haben in Berlin 16907 Wohnungs- umzüge, sowie 266 Mieth8erhöhungen und 729 Miethsermäßigungen stattgefunden. Die Zahl der unvermietheten Wohnungen und Gelasse hat sih auf 28 364 belaufen, während davon im Oftober 1893 noch 31 339 ‘vorhanden waren.

burg. Freitag: Zum 4. Male.

Freitag: Opern- | ball (Feglione).

Der Freischüz. Ro- von Benno Jacobson. Vorher: Um 5 Uhr.

(Mar: Mea Reichardt. Anfang 7# Uhr.

Königlicher Kammersänger, als

94. Vorstellung. Wilhelm | burg.

Goffredo Coguetti. Text von Jm Mogngs, e fels. fang 7: ; ik komponiert und fis E L E (Mit Einlagen von J. Oper in 2 Akten und

Anfang Freitag:

des Kapitän Graut.

55. Vorstellung. Zum ersten

In Scene gesezt vom Ober- Lumpaci vagabundus.

Freitag: Der Herr Obersteiger.

Adolph Ernfst-Theater. Charley’s Taute. Brandon Thomas.

Anfang 74 Uhr.

Freitag :

Timon von Athen. acobfon und Benno Jacobson.

Anfang | Roth.

Freitag: Zum 3. Male.

von C. Millöcker. Anfan

Sonnabend: Mauer-

Konzert-Haus. Konzert, s „Athalia“ von Mendelssohn. Tanz von Weber. Loepke. von Kifstler. „Die Negimentstochter“ (Herr Smit). Doch (Herr Werner).

von Franz von Suppé.

Anfang 74 Uhr.

| Refsidenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten-

Schwank von Alexandre Bisson und Albert Caré. Reaie: Hermann Haak.

Schwank in 1 Aft von

Sonnabend und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Tet- i E eh e: Kapellmeister Weingartner. Anfang r

Schauspielhaus. J Wi Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Friedrih von Anfang 7x Uhr. Sonnabend: Opernhaus. 48. Verstellung. Mara. Oper in 1 Akt von Ferdinand Hummel. E Mit T L Tanzdbild von Emil Graeb. arrangiert von P. Hertel. Bajazzi. Musik and Dichtung von R. Leon-

Ueues Theater. Direktion: Sigmund Lauten- Freitag: Zum 9. Male. A Bass0 Porto. Scenen aus dea neapolitan. Volksleben in 3 Akten von Deutsch von Emil Dürer. In Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. Plauderei in 1 Akt von Hans von

Sonnabend und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Viktoria-Theater. Belle - Alliancestraße 7/8. Noch 3 Aufführungen von Die Kinder Anfang 74 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise:

Theater Unter den Linden. Freitag: Der

Freitag, 74 Uhr: Schwank in 3 Akten von distishe Pose mit Gesang in 1 Att vor E ) | Parodistise Posse mit Gesang in von Ed. M E Z Musik von Franz In Scene gesez! von Ad. Ernft. : Sonnabend : Dieselbe Vorstellung.

Bentrat-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Ein Blitzmädel. mit Gesang in 4 Akten von Carl 74 Ub Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

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Konzerte.

Freitag : Ouverture „Leonore I1.“ von Beethoven. Aufforderung zum „Unser Liebling“, Walzer von Ungar. Rhapfodie Nr. 1 von Liszt. „Gebet“ „Largo*“ von Händel. l für Cello von Servais „Der Liebestraum“ für Pisfton von

Gestern Nachmittag 4 Uhr fand im Zirkus Renz eine Gala- vorstellung ftatt, die von Jhrer Majestät der Kaiserin mit den vier ältesten. Prinzen, sowie von Ihrer Hoheit der Prinzessin Albert von Sachsen-Altenburg mit den Prinzessinnen Töchtern besucht war und einen äußerst glanzvollen Verlauf nahm. Aus dem aus- erlesenen Programm find in erster Linie die bekannten Meister, leistungen des Direktors Franz Renz auf dem Gebiete der Pferdedressur zu erwähnen, die von ihm selbst vorgeführt wurden : zuerst die Produktionen des prachtvollen und wunderbar abgerihteten Hengstes Blondel und dann das immer wieder imponierende Monstretableau von sechzig in Freiheit drefsierten Pferden. Mit be- sonderem Veranügen und lebhaftem Beifall verfolgten die Prinzen die drolligen Späße des urkomischen Clowns Lavater Lee, die bervor- ragenden Reiterkunststücke des jugendlihen Fräulein Ella, den vom Clown Merkel gezeigten CselPipifax und die areiartión Tremplinsprünge über zehn Pferde und durch ein sprühendes Brillantfeuerwerk. Unter den übrigen Nummern des Programms erregten das allgemeine Interesse die von Herrn Robert Renz gerittene hohe Schule, sowie die Vorführung der beiden Vollblutspringpferde, welhe von den Damen Oceana Renz und Renz-Stark mit anmuthßiger Sicherheit geritten wurden.

Im wissenschaftlichen Theater der Urania wiederholte geftern Abend vor einem großen Zubörerkreis der bekannte Chemiker Professor Raoul Pictet aus Genf seinen bereits am 15. November 1893 an derselben Stelle innerhalb des Vortrags - Cyclus hervorragender Ge- lehrten gehaltenen Vortrag über feine wichtigen, den „Einfluß der tiefen Temperaturen im gefammten Gebiet der Chemie“ be- treffenden Entdeckungen. Wenngleich der Derbrtgeuve sich diefes Mal der französishen Sprache, seiner Muttersprache, be diente, war es dech selbft für diejenigen Zuhörer, die fich mit dieser Wissenschaft nicht ein-

ehender beschäftigt haben, niht s{chwer, den interefsanten und lehrreihen

usführungen zu folgen, weil der Nedner alle unnöthigen rein wissen- schaftlihen oder tehnishen Ausdrücke geschickt zu vermeiden wußte und in liebenswürdiger Weise durch langsame und deutlihe Ausfprache verständliher zu werden si bemühte. Als besonders vortheilhafi muß es aut bezeihnet werden, daß der Professor Pictet \sich dieses Mal das im November v. J. in ciner Stunde behandelte Thema in zwei Vorträge in der Dauer von je anderthalb Stunden zerlegt und fich somit in den Stand gefeßt bat, in der dreifaben Zeit viel ausführ- licher und dadurch verständnißvoller über seine Theorie und feine Er- fahrungen fowie die von thm angestellten Versuche und die dabei ge- machten Entdeckungen zu spreten. Während er ih gestern Abend darauf beschränkte, nah einer in das zu behandelnde Gebiet einführenden Einleitung den Eirfluß der tiefen Temperaturen auf chemische Er- \heinungen zu behandeln sund mit wenigen aber gut geglüdckten, {on in unferm früheren Bericht über die November-Sißung erwähnten Versuchen seine Erklärungen zu veranschaulihen, beabsihtigt er am Freitag fi genauer mit dem Einfluß der tiefen Temperaturen auf die physikalisben und biologishen Erscheinungen zu beschäftigen und diesen zweiten Theil feines Vortrages mit einer großen Anzahl hier von ihm noch nicht vorgeführter Experimente zu begleiten. Auch dieser zweite Theil des Vortrages wird in französischer Sprache gehalten werden.

Görlig, 21. Februar. Der Vorstand und der Gesammtauss{huß des Deutschen Vereins für Knaben-Handarbeit haben dem „W.T. B.* zufolge beschlossen, den vicéjährigen X[I. deutschen Kongreß für erzieblihe Knaben- Handarbeit vom 15. bis 17. Juni in Danzig abzuhalten. Mit dem Kongreß wird eine größere Aus- stellung von Erzeugnissen deutscher Handfertigkeitss{hulen verbunden fein.

Scleswig, 21. Februar. Oberst von Fuersen, welcher im Jahre 1850 bei Idstedt die \{hleswig- bolsteinse Kavallerie kom- mandierte, starb, wie ,„W. T. B.* meldet, hier im Alter von 96 Jahren.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Philharmonie. Freitag, Anfang 74 Uhr: Konzert vom Sängerbund des Berliner Lehrer- vereins (Dir. : Prof. Fel. Schmidt), unter gef. Veitw. der Konzertsängerin Fräulcin Margarethe Boye, fowie der Cellovirtuosfin Fräulein Lucy Campbell.

Saal Bechstein. Freitag, Abends 75 Ubr: IT. Klavier-Abend. Clotilde Kleeberg.

Birkus Renz (Karlstraße). Freitag, Abends 7x Uhr: Anf auf zur fröhlichen Jagd. Großes Original - Sport - Schaustück mit Parforce- und Kaskadenritt vom Direktor Fr. Renz. Glänzender Wagenkorso; Ballet von 100 Damen; Mente von 40 Hunden; drefsierter Fuhs. Außerdem: Prinz Karneval und sein Gefolge, vorgef. vom Dir. Fr. Renz: das Schulpferd Colmar und der Steiger Alep, geritten von Frl. Oceana Renz; das Schul- pferd Cyd, geritten von Herrn R. Renz; der hervor- ragende Iockeyreiter Mr. Wassiliams; der urkom. Imitator-Clown Mr. VYbbs 2x. '

Sonnabend: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nahm. 4 Uhr und Abends 7# Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Emma Caspers mit Hrn. Haupt- mann Friedrich (Larl Frhrn. von Schlotheim (Hannover Darmstadt). Frl. Sophie von Schüß mit Hrn. Hauptmann Gustav yon Bran- coni (Jena Weimar). Frl. Margarete Hesse mit Hrn. Lieut. Frhrn. Ernst von Wilczeck (Ober- Linda Berlin). Frl. Leonore Leopold mit Hrn. Prem.-Lieut. Adalbert von Massow (Dresden Berlin). Frl. Maria von la Valette St. George mit Hrn. Franz Frhrn. von Oblen-Adlers- kron-:Neichen (Bonn). :

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.-Lieut. Kurt Rogalla von Bieberstein (Schweidniß). Eine Tochter: Hrn. Kammerjunker Heinrich von Heyde- brand u. d. Lasa (Schloß Storchnest). Hrn. Prem.-Lieutenant Beer (Altona). :

Gestorben: Hr. Lieut. Willy Stoeckenius (Pots- dam). Fr. Agnes von Otterstedt, geb. von Koye aus dem Haufe Lodersleben (Deffau). . Fr. Clementine von Barfus - Falkenburg, geb- Gräfin Breßler (Jena).

Der Masëfken- in drei Akten Deutsch

Vorher:

Die Bajazzi,

Posse osta. Musik

Karl Meyder- Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

t 8 | Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagd- Le Elivai Anstalt Berlin SW. Wilhelmftraße Nr. 32.

Sechs Beilagen ‘(einshließlih Börsen-Beilage).

À 46,

Erfte Beilage

um Deulscheu Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

894.

Berlin, Donnerstag, den 22. Februar

Deutscher Reichêtag. 55. Sißung vom Mittwoch, 21. Februar, 1 Uhr.

Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Mitiwoch berichtet worden.

Bei der Fortseßung der zweiten Berathung des Antrags Schröder auf Abänderung des “«Handelsgeseßbucchs in Betreff der Kündigungsfristen für Handlungs- gehilfen erhält nah dem Abg. Singer das Wort der

Abg. Dr. von Buchka (dkons.): Es ist festgestellt, daß die öfonomisde Uebermacht der Prinzipale vielfah in eiver Weise den Angeftellten gegenüber gemißbraucht wird, daß Abhilfe durch ein Spezialgesez zu schaffen nothwendig erscheint, Die Vorschrist, daß die Kündigungsfristen für beide Theile gleih sein sollen, würde dazu sehr geeignet und außerdem derjenigen äbnlih fein, welche für die Gewerbegebilfen dur die Gewerbeordnung bereits {tatuiert ist. Bis zum Erlaß eines Bürgerlichen Gesezbuchs können wir - damit nicht warten, wenn i auch nicht glaube, daß es damit so lange dauern wird, wie der Abg. Schmidt - Frankfurt in der Konkurskommission prophezeite, wo er den Ausfpruch that, es werde, wenn das Vürgerlicßhe Gefeßbuch fertig fei, mit der bürgerlichen Gesells(aft vorbei fein. Die Vertragsfreiheit darf aber nicht unnüß zu weit ein- geschränkt werden. Auf Verträge, die für eine bestimmte Dauer ge- {lossen sind, kann ohnehin diese Vorschrift keine Anwendung finden. Fur eine Minimalkündigungsfrist sind wir aus praktishen Gründen ebenfalls, halten aber die Beschränkung der Kündigung aus\chließlich auf den Ersten jedes Monats nit für praktis und können dem entfprehenden Vorschlage im Antrage Singer nicht zustimmen.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Wie alle übrigen Parteien treten ‘auch wir für die: Tendenz der Anträge ein; es bandelt fh hier um bilflose, ohnmächtige Mitglieder des Handelsstandes, für welche die Geseßgebung mit ihrem Schutze eintreten muß. Die Be- ftimmung, die Kündigung nur auf den Erften jedes Monats zu stellen, geht uns aber zu weit; wir sind in dieser Hinsiht der Meinung des Ubg. Dr. v. Buchka. Für meinen Unterantrag brauen Gründe wohi nit besonders angeführt zu werden.

Abg. Bassermann (nl.) spriht si für den Antrag und für den Antrag Buhka aus, soweit dieser die Verträge, welche auf eine bestimmte Dauer abges{lofsen sind, ausnehmen will. Redner erkennt auch die Nothwendigkeit gesezgeberishen Einschreitens gegen die Vertragsklaufeln, welche Konventionalstrafen vorschreiben, durchweg an. Ueber den Einwand, daß die Festsetzung einer Minimalkündi- gungsfrift die Angestellten verhindern könnte, von günstigen Kon- junfturen auf dem Markte Gebrauch zu machen, komme man wobl fehr leiht hinweg. Der Antrag Buchka sei abzuweisen, weil er kein bestimmtes Prinzip festseze, sondern bloß allgemein eine vierwöcige Frist zulaffe. :

_ Abg: Schröder (fc. Volksp.): In der Sache berrscht eine sehr erfreuliche Uebercinstimmung. Um fo weniger hatte der Abg. Singer nöthig, Mißbräuche der Vertragsfreiheit hier vorzuführen, welche von unferem ‘Antrage garniht getroffen werden. Die Uebertreibungen der Sozialdemokraten können den | Handlungsgehilfen nur schaden ; diese Uebertreibungen sind überhaupt nur dann verständlichß, wenn man, wie es die YLerren ja allerdings thun, das ganze -Arbeiter- verhältniß als ein Sklavenverhältniß betrachtet. Für die Erweiterung, welche mein Antrag erfahren foll, ift in der Débatte überzeugendes Material nach meiner Meinung nit beigebracht worden ; fo be- fonders niht für die gefeßlihe Minimalkündigungsfrist, für welche auch die Freunde Ausnahmen für Probe- und Aushilfeengagements verlangt haben.

__ Abg. Fuchs (Zentr.) empfiehlt als kaufmännisher -Sachver- ständiger den Antrag Singer ‘zur Annahme. Einer dringenden und sehr berechtigten Forderung der Handlungsgebilfen werde damit endlich Genüge gethan.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) tritt dem Antrag entschieden entgegen. Die Einräumung der gleichen Kündigungsfrist werde den Prinzipalen zu s{werem Nachtheil gereichen, gegen welchen er sich entweder dur die Abschließung ganz kurzer Verträge oder aber dur die Vereinbarung hoher Kautionen und Konventionalstrafen \chüßen müsse. Man müsse doch gegen ten Kontraktbruch der Angestellten irgendwelhe Schußwehr besißen. Der Reichstag möge doch si er- innern, ‘daß seinerzeit bei der Berathung der Gewerbenovelle die Sozialdemokraten beantragten, die Kündigung überhaupt abzuschaffen. Nehme der Reichstag die Anträge an, so werde hoffentlich die Reichs- regierung durch Ablehnung derselben diese Schädigung der Prinzipale verhindern.

Abg. Kröber (südd. Volksp.) empfiehlt die Anträge Singer- Lenzmann.

Abg. Singer (Soz.): Die dur die Gewerbeordnung geregelten Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter sind hier garnicht in Parallele zu ftellen, weil es sih um ganz verschiedene Gebiete handelt. Der Vorschlag des Abg. Dr. von Buchka, die Verträge, welche auf be- stimmte Zeit verabredet sind und zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Gnde ‘gehen, von der Minimalkündigungsfrist auszus{ließei, würde die anze Absicht unseres Antrags wiéder aufheben; wir bitten, diesen Antrag abzulehnen, dagegen den Antrag Lenzmann zu unserem Antrag anzunehmen.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Mir eint doch die Hauptsache, daß vermicden wird, daß zur Umgehung der Minimalkündigungssfrist Verträge auf ganz kurze Dauer abge\{lofen werden. Zu diesem Zweck muß auch hinsihtlih der Beschränkung der Vertragsdauer eine Beftimmung getroffen werden, welche ich mir für - die dritte Lefung vorbehälte. Die Kündigung auf den Ersten zu stellen, balte ih für verfehlt, weil dadurch am Ersten des Monats alle Gehilfen auf éinmal auf denselben Marft gewotfen werden. Wer Stabilität in der Vertragédauer will, muß gerade den Antrag Buchka annebmen. Buchs: Schmidt - Warburg (Zentr.) erklärt sich für den Antrag

a.

Abg. Werner (d. Refp.) erklärt sich für den Antrag Singer; der tonservative Antrag fei nicht annehmbar, weil die Kündigung nit auf den Ersten des Kalendermonats gestellt sei. Letzteres erscheine seiner Partei ‘ebenso wesentli, wie die Miniinalkündigungéfrist von einem Monat selbst, Auch der Antrag Lenzmann sei acceptabel.

Damit: schließt die Diskussion. Jn der Abstimmung wird der Antrag Lenzmann zum Antrage Singer mit großer Mehrheit elbe omen, bei der ung über den Antrag Singer Fl st stellt sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Es

nd nur 194 Mitglieder anwesend, von welchen für den Antrag Singer 87, ‘gegen denselben 107 stimmen. Die Sißung muß abgebrochen werden.

S@hluß 33/4 Uhr.

Préußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten.

20. Sißung vom 21. Februar 1894.

Im iveikéren Verlauf der Sigzung (f. den Anfatigsbericht in der Mittwohsnummer d. Bl.) ledigt das Haus éine Reihe

von Petitionen von meist ‘persönlihem Interesse. Hervor-

hebung verdient nur chine Petition der Handelskammern zu Oppela, Breslau, Nordhausen, Hirschberg in Stlesien, Mühl- hausen in Thüringen, Göttingen, Barmen, Landeshut in Schlesien, Lüneburg, Hanau, Kottbus, Halle (Saale) und Insterburg um Aufhebung der Anordnung, betreffend die Sonder- besteuerung und dex Vertrieb” von denaturiertem Spiritus, welche durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt wird.

2 „Ss Tulagt die Forti}eßzung der zweiten Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1894/95 und zwar des Etats der Bexg-, Hütten- und Salinenverwaltung.

Bei den Einnahmen „Für Produkte 86 292430 M“ weist

Abg. Dr. Shuls8- Bochum (nl.) darauf hin, daß der Bergbau dur die fozialpolitiscen Au®Lgaben erbeblich belastet sei, sodaß der Uebershuß der Bergwerke erheblich herabgedrückt werde. Für Saar- brücken z. B. sei der: Ueberschuß in den lezten Jahren von 10 auf 9 Millionen hberabgegangen; ebenso stehe es beim Harzer Silberbergbau. Demgegenüber, fährt Redner fort, hat der Bergbau si - selbst geholfen dur Zusammenfassen seiner Kräfte: aber au der Staat muß an seine Pflicht gemahnt werden. Wenn auÿ die Bauten von Kanäken und Eisenbahnen zunächst nur der Eisenindustrie helfen, fo helfen sie doch auch mittelbar der Kohlen- industrie. Aber au dem Silberbergbau muß geholfen werden in seiner {weren Bedrängniß._ Bon 1883 bis 1898 hat sich die Gold- produktion um 30 9%, die Silberprodufktion um reihlich 1009/4 ver- mebrt ; das - Werthverbältniß sank von 1:15x auf 1:23 berab. Redner empfiehlt die Oberharzer dem Wohlwollen der Regierung, weil in der Budgetkommission von der Einstellung des Silberberg- baus gesprochen worden sei.

__ Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: *

j Meine Herren! Die leßten Worte des Herrn Vorredners bestimmen mich doch zu einigen Erwiderungen. Ich habe aus denselben den Eindruck gewonnen, als glaube er, daß die Staatsregierung mit der Absicht umginge, demnächst deg Bergwerks- und Hüttenbetrieb im Oberharz einzustellen; er hat mit so eindringlißer Wärme die Inter- effen der bergbautreibenden Bevölkerung des Harzes wahrgenommen, daß man daraus {ließen könnte, daß er sie für gefährdet hielte; davon kann, wenigstens soweit die Absickten der Staatsregierung in Frage sind, gar keine Nede sein. Ih habe, wenn ih nit irre, hier im Plenum des Haufes gelegentlich der Erörterungen über die einzusezende Enguête in der Währungéfcage darauf hingewiesen, daß ein Moment, weles die Staatsregierung bestimmt, auf das eingehendste nach Mitteln zu suchen, um dem Schwanken des Silberpreises entgegen- zutreten, in der Schwierigkeit liege, die wir hätten, den Bergwerks- betrieb im Harz gegenüber dem ständig fallenden Silberpreis aufrecht zu halten. Bei früheren Gelegenheiten, meine Herren, if es meines Grachtens fo oft und so eindringlih zum Ausdruck gekommen, daß die Königliche Staatsregierung sich ich fann beinahe sagen unter feinen Umständen dazu entschließen würde, wenn nit dauernd die Lage hoffnungslos wird, den Bergwerkbetrieb des Harzes einzustellen. Wir- find genau fo wie der Herr Vorredner von den guten Eigen- schaften der Harzer bergbautreibenden Bevölkerung überzeugt; wir sind genau so wie der Herr Vorredner davon überzeugt, daß, wenn der Bergwerk- und Hüttenbetrieb im Harze zum Erlöschen kommt, damit der Wohlstand einer zahlreihen, braven Bevölkerung untergraben und vernichtet wird, und aus diesen Erwägungen ergiebt ih für uns der Standpunkt, daß der Bergbau im Harz, so lange es irgendwie denk- bar ist, aufrechterhalten werden wird. (Bravo !)

Abg. Dr. Hartmann- Lübben (kons.) bittet die Regierung um Ermäßigung der Preise von Düngekalk aus dem NRüdersdorfer Kalkbruch.

_Geheimer Bergrath Fickler: Der Düngekalk if allerdings im Laufe der Jahre von 3 auf 6 c im Preise geitiegen; aber das liegt daran, daß die Gewinnungskosten des Kalks auf 11 # gestiegen sind, während der Nußtkfalk nur mit 15 A verwerthet werden fann. Schlesisher Düngekalk wird allerdings mit 3 # verkauft, er is aber nicht fo werthvoll wie der aus Nüderêdorf.

__ Abg. Dasba ch (Zentr.) richtet an den Minifter die Anfrage, ob ein Gesetzentwurf, betreffend die Revision des Knaypschaftskassen- wesens demnächst werde vorgelegt werden. Wenn auch eine allgemeine Revision wünschentwerth wäre, fo Tönnten doch drei Punkte sehr leicht vorweggenommen werden, welGe ganz besonders dringlich seien. Als solche bezeichnet Redner : daß die Knappschaftsältesten und die Vorstands- mitglieder aus der Klasse der Arbeitnehmer in geheimer Wahl gewählt werden follten; sodann, daß bezüglih der Invalidisierung der Arbeiter ein Rekurs an ein Schiedsgericht möglih sei; und drittens, daß den Mitgliédern der Knappschastskassen die bereits erworbenen Ansprüche im Falle des Ausscheidens durch Zahlung einer Rekognitionsgebühr erhalten bleiben mödhten.

Minister für Handel Berlepscch:

Ich kann. dem Herrn Abg. Dasbach erwidern, daß die Frage der Revision des Knappschaftêwescns bereits seit längerer Zeit eingehend erörtert wird. Wenn er wünscht, daß jeßt {hon einige Punkte vorweg- genommen werden, die er als besonders dringlih bezeihnet, so muß ih do darauf aufmerksam machen, - daß über einzelne dieser Punkt? die Meinungsverschiedenbeiten ziemlich weit auseinandergehen. Ich will ¿. B. darauf aufmerksam machen, daß entgegen der in diesern Hause gefaßten Resolution das Herrenhaus seinerseits eine Resolution dabin gehend: gefaßt hat, daß man- nicht im- geseßlihen Wege die geheime Abstimmung bei den Knappschaftswahlen einführen möge.

Meine Herren, ih lasse nun die Richtigkeit der einen oder der añèeren Ueberzeugung vorläufig dahingestellt. Jch bin jedenfalls der An- sicht, daß ein so dringendes Bedürfniß in dieser Frage nit vorliegt, weil in dem weitgrößten Theil der Bergbaubezirke: die Wahl zur Knappschaft bereits geheim stattfindet meiner Erinnerung nach nur in Oberschlesien niht —, also ein so dringendes Bedürfniß, diese Frage vorweg zu nehmen, - kann / ih- nit anerkennen, um fo weniger als Mißstände au in Oberschlesien sich. nur vereinzelt gezeigt - haben. Dann find wir aber in ‘der Lage gewesen, dur geeignete Einwirkung auf den Krnappschaftsvorstand den “gerügten Uebelständen, - die nicht ganz unbegründet waren, äbzuhelfen und fürdie [Zukunft vorzubeugen.

Also “ih will die Anregung des. Herrn Abgeordneten nicht als --folde bezeichnen, der überhaupt nicht dur geseßliche Regelung zu folgen wäre; aber fo liegt die Sache meinés Erachtens nit, daß man genöthigt wäre, fie vorweg7zu nehmen ; und da das

und Gewerbe Freiherr von

Knappschaftswesen auch nah anderen Richtungen hin- über kurs oder lang einer Aenderung bedürfen wird, «so kann ich ihm nicht wohl in Ausficht stellen, daß ih feinem Wunsch: auf eiäg vorwegnebmende Regelung von ihm bezeihneter Punkte {on in der nächsten Zeit werde Rechnung tragen können.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den „Ausgaben“ bezeichnet

Abg. Gotbein (fr. Vg.) es als nothwendig, die Bergrevier-

beamten im Gebalt beffer zu stellen, damit sie den ihnen im Rang gleihstebenden Werksdirektoren und Fabrikinspektoren au im Gehalt nicht naständen. Dabei könnte man auch eine andere Eintheilung der Reviere eintreten lassen; denn jeßt gebe es Reviere, die einen geringen Umfang hâtten, andere aber, die so ausgedehnt seien oder so zahlreiche Betriebe hätten, daß der Revierbeamte fast nur bei Unfällen die einzelnen Betriebe besuchen könne.

Die- Ausgaben werden bewilligt. ?

Bei dem’ Titel „Zu Bauprämien für Berg- und Hütten- leute, welche sih in der Nähe von Staatswerken Wohnhäuser für eigene Rehnung bauen“ bemerkt i

._ Abg. Gotbein (fr. Vg.): Die Art des Bauens. von Wobn- häusern für Berg- und Hüttenleute ist eine folossale Verschleuderung von Nationalvermögen, indem an dér Stelle, wo die Häuser stehen, unter der Oberfläche der Erde Sicherbeitspfeiler ercihtet werden mühlen und diefe Strecken für den Abbau von Koblen verloren sind. Es wäre nothwendig, daß man einen feften Bebauungs- vlan schafft. Gerade in Oberschlesien bieten ch besondere Scßwierig- keiten durch das System der Gutsbezirke, weil da die Gemeinden garnicht in der Lage find, Baupläne zu afen. Jch frage, ob in dieser Beziehung ‘iraend etwas geschehen kann. Die Einrichtung. der Bauprämien hat sih in Oberschlesien wenig bewährt. Die Absicht dadurch die Häuser in die Hände der Arbeiter übergehen zu lafen, wird in den meiften Fällen nit erreicht, sondern“ im Gegentheil roerden die Daufer fo ‘belastet, daß sie _s{ließlich in dritte Hände übergeben. (8 werden Miethskafernen gebaut, bei denen” das Schlimme ift, daß, da der Fiskus sih jedes Einflusses in Bezug auf die Verwendung der Wohnräume begeben hat, dort ein Schlafftellenunwesen herrscht, welhes das Familienleben vielfa vollständig untergräbt. Es wäre beffer, wenn an Stelle der Belegschaft die Gewerkschaft bezw. der Fiskus selber die Hâuser bauen würde.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep\ch: f s Was die leßte Bemerkung des Herrn Vorredners betrifft, so erwidere ih ihm, daß ih es nicht für richtig halte, ein Syftem unbedingt für das allein rihtige zu. erklären. Die Verhältnifse. der einzelnen Bergleute _auf den einzelnen Gruben sind außer- ordentli vershieden. Wir haben zum theil eine seßhafte Arbeiter- schaft, zum theil eine folhe, die hin und her geht. Für die feßbafte Arbeiterschaft nah und uach eigene Wohnhäuser zu schaffen, halte ih nach wie vor für ein rihtiges Prinzip; hingegen ob Fisfus für die Uebrigen Häuser bauen soll, - die vermiethet werden; ' oder ob er für die Unverbeiratheten zum System der Kasernen übergehen fofl, [äßt sich nur nach den örtlihen Verhältnissen beurtheilen.

In Oberschlesien. hat bisher das System des Bauen3 eigener Häuser feitens der Belegschaft wenig Erfolg gehabt, weil der Ober- s{;lester fich fehr ungern an irgend welche Bedingungen bindet, - die ihm bezüglich des Hausbaues gestellt werden. Wir haben zum theil die erschwerenden Bestimmungen, die an die Hingabe von Prämien und an die Darleihung von Mittelu zum Bau geknüpft waren, zu erleichtern versuht, und ih habe die Hoffnung, daß - davon vielleiht in- Zukunft in etwas erbhebliherem Maße Gebrau ge- macht werden wird, als das | bisher geschehen - ist. Außerdem besißt, wie der Herr Vorredner das wissen wird, ‘der Fiskus sehr be- deutende Kolonien ; er hat eine große Zahl von Häusern. felbst gebaut, die er vermiethet, und in der Beziehung wird ja seinen Wünschen be- reits Rechnung getragen fein. Also ih- wiederhole, ih würde es nit für rihtig halten, sich ein Prinzip aus dieser Frage zu machen : man muß fih nach den Verhältnissen richten, und wird in einem Fall zu diesem, in dem anderen Fall zweckmäßiger zu jenem System greifen.

Er hat nun auch bei diesem Titel die Frage der besseren Aus- nüßung der anstehenden Kohlenshäße zur Erörterung gebracht und die Frage an mi gerichtet, ob die Bergverwaltung {hon in Grwägung genommen hätte, wie man darin eine Besserung eintreten lassen könne. Der Gedanke liegt allerdings ziemlich nahe, daß es wünschens- werth wäre, den großen Koblenreihthum, den man jeßt als Sicher- heitépfciler stehen lassen muß, gewinnen zu dürfen. Aber fo Teiht ist das doch nit, das zu ändern, und- der Gedanke, einen General- bebauungsplan für Oberschlesien herzustellen, is nah Lage- der ‘órt- lichen Verhältnisse auch niht so einfach. Die Frage der Bebauung der Oberfläche ist niht Sache der Bergleute und der Bergbehörde, sondern Sache der Gemeinden resp. Polizeibehörden. Wix haben ja zweifellos auch in Oberschlesien eine ganze Reihe von Gemeinden, die Bebauungspläne - haben ; mir sind’. -folhe sehr wohl -be- kannt; auh das System der - Gutsbezirke, wie der Herr Vorredner s\ih - ausdrückt, hat . meines: - Erachtens nicht dazu geführt, daß die Bebauung eine unregelmäßigere geworden ift. Ja, wenn er in Oberschlesien bekannt ist, ‘so: will“ id z: B. an die Ort- schaft Laurahütte erinnern. Die Ortschaft Laurahütte ist ein. selb- ständiger Gutsbezirk. Jch- habe selten einen so fystematisch und ver- ständig gebauten Wohnplatßz gesehen , wie Laurahütte mit mindeftens 5000 bis 6000 Einwohnern. Aehnlihe Verhältnisse - finden fich: in sehr großer Zahl. Wenn er die Bezirke zwischen Beuthen: Königs- hütte, Kattowiß, Laurahütte und Myslowig bereifeu wird, wird er finden, daß im großen und ganzen das Zufammen- bauen ‘nah einem gewissen Plan überwiegt gegëènüber den Einzelbauten. Daß die Einzelbauten ' zum großen Theil Rechte gus alter Zeit und viel weniger erst in neuester Zeit entstanden find, . das liegt auch: in: der Natur der: Dinge. Wenn - eine Gegend ih fehr stark industriell entwickelt,. so erfolgt: eine Zusammenlegung det Wohn- pläße und die’ Einzelbebauung hier und da auf dem- einzeln gelegènen Grundstück nimmt ab; so ist es auch in Oberschlesien. Jch. glaube, mit dem Gedanken, daß “man ‘dur die Aenderung: der Bebauungs- weise in -Dberschlefien mehr Vortheile für die Gewinnung der Kohlen erzielen könnte, ist’ nicht sehr weit vorwärts zu komtmen.

Im übrigen aber hat bisher der Abbau der Koblen doch mit- unter das Uebergewicht über die Schonung der Oberfläche zu Gunften