würden Spannungen au®geseßt, welhe das Maß dessen überschritten, was in Wirklichkeit von ihnen gefordert werde. E S manchmal Havarien vor, doch Gott sei Dank, sei ein so schwerer u wie bei der „Brandenburg“, vorher noch niht dagewesen. Das Inglück sei durch das Cs des Dampfrohres entstanden, man Tönne zwar das Aeußere der Rohre beobachten, das Innere aber bliebe verborgen. In Kiel angestellte Versuhe hätten ergeben, daß die Umwicklung der Rohre deren Festigkeit bedeutend erhöhe, man babe daraufhin alle Rohre umwickeln lassen und weder Mühe noch Kosten gesheut. Auch bei der rg F seien alle Nohre um- wickelt gewesen, und troßdem sei das Unglück geschehen. Eines habe gefehlt: eineSicherung, und dieser Mangel habe dasUn- glüdck herbeigeführt. Die Zeichnung, welhe von dem Erbauer des Schiffs, dem „Bulkan“, vorgelegt worden war, habe diese Sicherung aufgewiesen, man habe daher annehmen dürfen, daß diefe auf dem Schiffe unsichtbare Sicherung thatsählich vorhanden war. Wundern müsse man sih, wie der „Vulkan“ bei feinen reichen praktischen Erfahrungen einer solchen Unterlassung sih habe schuldig machen können. Ein abscließendes Urtheil lasse sich indessen erst nah den Ergebnissen der eingeleiteten gerihtlihen Verhandlung fällen.
— In der Kommission des Reichstags zur Berathung der vom Zentrum beantragten Novelle zur Konkursordnung wurden gestern folgende Paragraphen nah den Anträgen der Abgg. Gröber und Schwarze angenommen: § 208a. Schuldner, gegen welche die Eröffnung des Konkursverfahrens verfügt ist, sind bis zur Erlangung der Wiederbefähigung von folgenden Rechten ausge- esta: 2 von der Wählbarkeit zu Ehrenämtern in wirth- chaftlihen Körperschaften, wie Gewerbekammern, Handelskammern, Innungen; 2) von dem Recht, auf der Börse als selbständige Kaufleute zu erscheinen, und von der Berechtigung, das Amt eines Handelêmaklers zu bekleiden; 3) von dem Recht, selbständig Handels- (ufe 1 unter einer nit ledigli die Zeibaung ibres vollen Namens
Nuf- und Familiennamens) enthaltenen Firma zu betreiben. Die welhe das Konkursverfahren für den Gemein- landesrehtlichen Bestimmungen in politishen Befugnisse
eschränkungen, \{huldner nah der Ausübung der bürgerlihen und sowie der Ehrenrehte zur Folge hat, bestehen bis zur Erlangung der Wiederbefähigung. — § 208b. Wenn ein zur Führung von Handelsbüchern verpflihteter Kaufmann, welcher schon früher einmal und zwar niht lediglich turch unverschuldetes Unglück in Konkurs gerathen war und inzwischen die Wiederbefähigung noch nicht erlangt hatte, abermals und zwar wieder nicht lediglich durch unverschuldetes Unglück in Konkurs kommt, so hat das Konkursgeriht demselben die Befugniß, ein kaufmännisches Geschäft selbständig zu betreiben oder durch andere für seine Rechnung betreiben zu lassen, für die Zeit bis zur Erlangung der Wiederbefähigung abzuerkennen. Das Konkurs- eriht hat die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen rhebungen von Amtswegen vorzunehmen und in den Gläubiger- versammlungen, insbesondere in dem Prüfungs- und Vergleichstermin, vem Gemeinschuldner, dem Konkursverwalter und deu Gläubi- gern Gelegenheit zur Aeußerung hierüber zu geben. Die Entscheidung des Gerichts in erster wie in zweiter Instanz erfolgt auf Grund mündliher Verhandlung. Die Ab- erkennung der Befugniß zum Betrieb eines kaufmännischen Geschäfts ist öffentlich bekannt zu machen und der Behörde für die Führung des Handelsregisters mitzutheilen. — § 208c. Im Falle der Er- öffnung des Konkursverfahrens steht hinsihtlich der Anwendung der in §8§ 208 a, 208b angeführten Beschränkungen die Ablehnung der Konkurseröffnung wegen mangelnder Konkursmasse gleih. — 8 208d. Gegen den Gemeinschuldner, welher den in den §§ 208 a und 208 b angeführten Beschränkungen zuwider handelt, hat das Konkursgeriht von Amtswegen mit Ordnungss\trafen bis zu 200 4. einzuschreiten. — § 208 e. Bei Beendigung des Konkursverfahrens ist dem Gemeinschuldner auf seinen Antrag die Wiederbefähigung zu ertheilen, wenn die Zahlungsunfähigkeit desselben durch von ihm nicht verschuldete Ereignisse herbeigeführt ist, Die Entscheidung er- folgt nach Anhörung des Verwalters, des Gläubigerausschusses und der in der Gläubigerversammlung erschienenen Konkursgläubiger. Zur Anhörung der Gläubiger bedarf es nicht der Anberaumung einer be- \fonderen Versammlung. Gegen die Entscheidung steht dem Gemein- schuldner die sofortige Beschwerde zu, unter entsprehender Anwendung der Bestimmungen von § 174.
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iht vom 2. März, Morgens.
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Sas T: O0 bedeckt ünster. . . | 760 Regen Karlsruhe . . | 767 wolkig 2) Wiesbaden . | 766 3/bedeckt München . . | 767 5\wolkenlos Chemniy .. | 766 wolkig Berlin... . | 763 |SO wolkig? C) ill\wolkenlos Breslau . …. | 767 bededckt
Sle d’'Aix . .… | 764 bedeckt Ma ce COC 1 heiter E a COT ftill|wollenlos 1) Nachts Regenböen. 2) Reif. ?) Reif.
Vebersicht der Witterung.
Ein ungewöhnlich tiefes Minimum unter 722 mm liegt bei den Shetlands und verursaht über den Britischen Inseln sowie im Nordseegebiet starke, stellenweise stürmische südliche bis westliche Winde, zu Skudesnäs Südsturm. Ein Hochdrukgebiet liegt zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Bei \chwachen bis starken meist südlichen und südwest- lihen Winden is das Wetter in Deutschland im Norden trübe und mild, im Süden ziemli heiter bei nahezu normalen Wärmeverhältnissen, im nord- westlichen Deutschland ist allenthalben etwas Regen gelan, im Binnenlande wurde vielfach Meif
eobactet. 2 Deutsche Seewarte.
Fönigiu. Moax Grube.
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Sonntag: Medici.
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Theater - Änzeigeni,
Königliche Vchauspiele. Sonnabend: Opern- 55. Vorstellung. Bs in 4 Akten,
Tanz von Emil Graeb. Ober-Regisseur Teßlaff.
Anfang 7F Uhr. Schauspielhaus. 62. Vorstellung. Die Minne- Komödie in 1 Aufzug von Hans von Gumppenberg. In Scene geseßt von Ober-Regisseur — Verbotene Früchte. in 3 Aufzügen, nah einem Zwischenspiel des Cer- vantes, von Emil Göôtt.
Ober-Regisseur Max Grube. Opernhaus.
Historishe Handlung in 4 Akten, Dich- ———————————
Ueues Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: 3. 17. M. A Bass0 Porto. aus dem neapolitanischen 3 Akten von Goffredo Cognetti. In Scene geseßt von Sigmund : Vorher: Lolotte. 1 Aft von H. Meilhac und Ludwig Anfang 7{ Uhr.
Sonntag: Nachmittags-Vorstellung zu ermäßigten Anfang 2X Uhr. Abends bleibt das Theater wegen einer privaten
tung und Musik von R. Leoncavallo. von Emil Taubert. Tanz von Emil Graeb. Anfang
Schauspielhaus. 63. Vorstellung. nachtstraum von William Shakespeare, überseßt von August Wilhelm von Schlegel. is Mendels\ohn-Bartholdy.
raeb. Anfang 7F Uhr.
Deutsches Theater. Sonnabend: Der Herr Anfang 7+ Uhr.
Sonntag: Der Herr Senator.
Montag: Romeo und Julia.
Berliner Theater. Sonnabend: Aus eignem Anfang 7 Uhr.
Sonntag, Nachm. 23 Uhr: Narziß. Abends 73 Uhr: Aus eignem Recht. Montag: Kean. Lessing-Theater.
Sonntag: Madame Saus-Gêne.
Waliner-Thegier. Augen. — Der ungläubige Thomas.
Friedrich - Wilhelmslädtisches Theater.
Sonnabend: Brautjagd. Operette in 3 Akten von Hermann Hirschel. Musik von Franz von Supps. ias
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nach Art. 446 Abs. 1 des DARE gelegene fann ein zum A b- peyea fertiges Schiff wegen Schulden niht mit Beschlag elegt werden ; diese Bestimmung tritt jedo nicht ein, wenn die Schulden zum Behuf der anzutretenden Reise gemacht worden sind. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, 1. Civilsenat, durch Beschluß vom 18. November 1893 ausgesprochen, daß dieselbe sih auf alle obligátorishen Ansprüche gegen den Rheder und auf alle Schiffs\chulden (Art. 747 flg. H.-G.-B.) bezieht und daß die Verpflichtung des Schiffers gegenüber dem Ablader, nah Beendigung jeder cinzelnen Abladung dem Ablader ohne Verzug ein Konnofssement darüber lezten; zu den Schulden gehört, welhe zum Behuf der anzutretenden Reife gemacht worden sind.
— Die Bestimmung des § 40 des Neichs-Patentgesetes, wonach die Bezeichnung von nicht patentierten oder die öffentliche Anzeige über nit patentierte Waaren in einer Weise, wodurch der Irrthum erregt werden kann, daß die Waaren dur ein Patent ge- {ütt sind, mit Geldstrafe bedroht ist, findet, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, T11. Strafsenats, vom 23. November 1893, au An- wendung, wenn der Thäter niht vorsäßlih, sondern nur fahrläffig gehandelt hat.
Entscheidungen des Königlichen Ober-Verwaltungs®- gerichts.
Private Rechte auf ein Wegeterrain müssen, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerihts, 1V. Senats, vom 5 Dezember 1893, von der Polizeibehörde respektiert werden, wenn folhe vor der Anlegung der O Straße vorhanden waren und das be- treffende Terrain mit der Belastung dieses privaten Nehts dem öffent- lichen Verkehr gewidmet wurde, sofern. nur niht besondere, keinen Aufschub duldende Interessen des öffentlichen Verkehrs — Nothstände, Gefahren 2c. —, vor denen Privatrehte wenigstens einstweilen zurück- stehen müßten, vorhanden sind. Erachtet die Polizeibehörde die fernere Belassung des Privatrechts für unzulässig, so hat sie den Wegebau- pflichtigen zu veranlassen, die Straße in den polizeilih erforderten Zu- stand im Wege der Enteignung zu verseßen. -- Durch Verfügung der Wegepolizeibehörde zu E. (Regierungsbezirk Düsseldorf) war einem
auseigenthümer die Beseitigung des vor scinem Hause in E. befind- ichen Kellereinganges bei Vermeidung einer Erekutivstrafe aufgegeben worden. Der Bezirksausshuß hob diese Verfügung auf, nachdem er festgestellt hatte, daß der jeßt zur öffentlihen Straße gehörige Bürgersteig, auf welhem sich der zu beseitigende Kellereingang be- findet, zur p der Erbauung des Hauses und tes Kellereinganges noch niht doffentliher Weg gewesen, sondern erft später von dem Hausbesißer mit dem Necht des Kellereinganges dem öffentlihen Ver- kehre freigegeben und unter Zustimmung der Polizeibehörde als öffent- liher Weg bestimmt worden ist. Das Ober-Verwaltungsgericht be- stätigte das Urtheil des Bezirksausshusses, indem es die oben formu- lierten Nechts\äße aussprah und begründete.
— Den zur Gemeindebesteuerun g herangezogenen jurifsti- schen Personen, Atktiengesellshaften, Berggewerkschaften 2c., liegt es, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerichts, T. Senats, vom 8. November 1893, ob, in dem Streltverfabren; betr. die Steuer- veranlagung, das erforderliche Material zur Rechtfertigung ihres auf Ermäßigung der Steuer gerichteten Anspruchs zu beschaffen, die hierauf bezüglichen Verhältnisse klar zu legen und die dafür noth- wendigen Beweise zu erbringen. Diesem Erforderniß aber wird durch eine bloße Bezugnahme auf die Büch er, welche den Verwaltungs8- richter vor die Aufgabe stellt, fi das zur Entscheidung erforderliche Va- terial von Amtswegen zu beschaffen, n iht R, „Wollte die Klägerin (eine Bergwerkêgefellshaft, deren Unternehmen sih über mehrere Ge- meindebezirke er\treckt) die Schäßung thres, der Gemeindebesteuerung in Z. unterliegenden Einkommens, welche dem Beklagten (dem Ge- meindevorstand zu Z.) freistand, entkräften, so mußte sie das in der Zeit vom 1. April 1886 bis 1. April 1890 erzielte Gesammteinkommen aus allen ihren Betrieben und die gesammten, sowie die auf die Be- triebsstätte Z. entfallenden Ausgaben an Löhnen und Gehältern an- geben und erforderlihen Falls nahweisen . . .“
Herr Kapellmeister Federmann. Sonntag: Brautjagd.
Die Medici. Historische Dichtung und Musik von UVeberscßzung von Emil Taubert. In Scene geseßt vom
burg. Sonnabend: Zum 12. Male. Dirigent: Kapellmeister
ball (Veglione). Edwank
von Benno Jacobson. Borher: Vermischte
Lustspiel | Maximilian Bern.
In Scene geseßt vom | Preisen. Jugend. Anfang 25 Anfang 7F Uhr.
56. Vorstellung. Die Vermischte Anzeigen.
Uebersetzung
Ein Sommer- | Scenen
Musik von
Mine von Sin Emil Dürer.
Lautenburg. — von Josef Grünstein.
Preisen. A Bass0 Porto. Wohlthätigkeits - Vorstellung für führung geschlossen.
Viktoria-Theater. Balbo.
Ballet. Anfang 7# Uhr.
Lumpaci vagabumndus.
Sonnabend: Madame
Sonntag: Unter vier
KHarley’s# Tante,
Brandon Thomas. — Vorher: Jacobson und Benno Jacobson. Noth.
5 t 2. Bou eal Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
In Scene gesezt von Jultus Frißshe. Dirigent :
Anfang 7F Uhr.
Residenz-Thegter. Direktion: Sigmund Lauten-
von Alexandre Bisson und Albert Caré. Negie : Hermann Haak. — Anzeigen. 1 Akt, nah dem Französischen des R. Dreyfuß, von Anfang 74 Uhr. Sonntag: E zu ermäßigten t Abend-Vorstellung: Der Maskenball. Vorher :
Belle - Alliancestraße 7/8.
Sonnabend: Gastspiel der Prima Ballerina Marietta Mit vollständig neuer Ausstattung. Südftern. Ausstattungsstück mit Gesang und großem
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, ermäßigte Preise:
Theater Unter den Linden. Sonnabend: Der Obersteiger. Anfang 7F Uhr.
Adolph Ernst-Theater. Sonnabend, 74 Uhr:
Schwank in 3 Akten von
Parodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Ed. 1 und Í Musik von Franz cen Scene gesezt von Ad. Ernst.
Verkehr&-Anftalten.
Die foeben erschienene, im Neichéamt des Innern herausgegebene „Amtliche Liste der deutschen Kriegs- und Handels- Marine mit ihren Unterscheidungssignalen für 1894" bildet einen Anhang zu dem amtlichen Werke, welches in erster Auf- lage unter dem Titel „Signalbuh für die Kauffahrteischiffe aller Nationen“ 1870 und in zweiter Auflage unter dem Titel ,„Jnter- nationales Signalbuh“ 1884 herausgegeben ist E
Das Signalbuh gewährt den Schiffen die Möglichkeit, dur Signale si zu erkennen zu geben und sonstige Mittheilungen unter einander, sowie mit Signalstationen, auch dann auézutauschen, wenn die signalisierenden Theile verschiedener Sprachen sich bedienen.
Zu diesem Zwecke enthält das Signalbuh eine große Anzahl sowobl vollständiger Säye, als auch zur Verbindung mit einander geeigneter Saßtheile, einzelner Wörter, Namen, Silben, Buchstaben und Zahlen, welche durh Gruppen von je 2, 3 oder 4 der 18 Signal- budfaben B. C. D P Gn R L M NP QORS T Y und W bezeihnet sind. Solcher Gruvpen, deren jede anders ge- ordnete oder andere Buchstaben enthält als alle übrigen, giebt es 306 von je 2 Signalbuchstaben (BC, BD, BF, BG u. f. w. bis W V), 4896 von je 3 Signalbuchstaben (BCD, BCF, BCG, BCH u. . w. bis WVT) und 73 440 von je 4 Signalbuchstaben (BCDF, BCDG, BCDH, BCDJ u. f. w. bis WVTS).
Alle 306 Gruppen von 2 Signalbuchstaben, alle 4896 Gruppen von 3 Signalbuchstaben und von den Gruppen von 4 Signalbuch- staben die ersten 18 960 (BCDF bis GPW V) dienen zur Bezeichnung der in das Signalbuh aufgenommenen Säße, Sattheile, Wörter 2c.
Bon den übrigen Gruppen von 4 Signalbuchstaben sind die 1440 Gruppen von GQBC bis GWVT zur Bezeichnung der Schiffe der Kriegsmarinen und die leßten 53 040 Gruppen von HBCD bis WVTS zur Bezeichnung der Schiffe der Handelsmarinen in der Art bestimmt, daß jedem Kriegs- und beziehungsweise Kauffahrteischiffe eins diefer (1440 + 53 040 =) 54480 Signale als Unterscheidungs- Signal zuzutheilen ist. Von den leßtgenannten 53 040 Gruppen sind die Signale von SBCD bis SBDW für die def Kaiferlichen Kolonial- verwaltung in Ost-Afrika unterstellten Fahrzeuge bestimmt, soweit diese nicht zu den Kriegsfahrzeugen gehören.
Jedem Staat stehen alle Unterscheitungësignale bebufs Ver- theilung auf die Schiffe seiner Flagge zur Verfügung. Schiffe von verschiedenen Flaggen führen daher vielfa dasselbe Unterscheidungs- fignal, Schiffe unter derselben Flagge niemals.
Die Vertheilung der Unterscheidungssignale auf die einzelnen Schiffe wird durch die zuständigen Behörden bewirkt. Jedem deutschen Kauffahrteischiffe wird glei bei der Eintragung in das Schiffsregister ein folches Unterscheidungésignal zugetheilt und in seinem Schiffs- Zertifikate vermerkt. So lange das Schiff unter deutscher Flagge fährt, behält es dieses Unterscheidungssignal au) beim Wechsel seines Heimathhafens oder seiner Registerbehörde bei.
Die nah der systematishen Meihenfolge der Unterscheidungs- fignale geordnete Liste ergiebt, welhe Unterscheidungésignale den einzelnen Schiffen der deutshen Kriegs- und Handel8marine, fowie den Regierungsfahrzeugen in Ost-Afrika beigelegt sind.
Für die Scbiffe anderer Staaten, welche das Signalbuch ebenfalls angenommen haben, sind ähnliche Liste vorhanden.
Die Utt und Weise, wie die Unterscheidungésignale zu signali- sieren sind, ergiebt fich aus dem in dem Signalbuch enthaltenen Ab- schnitt über „Einrichtung und Gebrauch des Signalbuhs“. Will ein Schiff sich einem andern Schiff, einer Signalstation u. \. w. zu er- kennen geben, so muß es aufer seinem Unterscheidungssignal stets auch seine Nationalflagge zeigen, da, wie erwähnt, Schiffe verschiedener Flaggen vielfach dasselbe Unterscheidungssignal führen. ___ Ein Schiff, welches das ÜntersWebunaftnal eines andern Schiffes wahrnimmt, kann dessen Namen, Heimathshafen, Ladungs- fähigkeit und Dampfkraft aus der Liste sofort ersehen. Besißt es die Liste niht, so wird es sich behufs späterer Feststellung oder Weiter- R die Nationalität und das Unterscheidungssignal zu merken aben.
Jährlich erscheinen neue Ausgaben dieser Schiffsliste und im Laufe jedes Jahres drei Nachträge zu derselben.
(Fortsegung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Ein Blitmädel. Posse mit Gesang in 4 Akten von Carl Costa. Anfang 7# Uhr. Sonntag: Ein Blitmädel. In Vorbereitung : Novität! Ein gesunder Junge. Posse mit Gesang und Tanz von Jean Kren. Der Masfeu- in drei Akten Deutsch
Konzerte.
Konzect-Haus. Sonnabend: Karl Meyder- Konzert VIL. Jnternationaler Abend. Hotel Kölnischer Hof, Krausenstraße 48. Hotel - Gäste haben freien Eintritt.
Schwank in
Sing-Akademie. Sonnabend, Abends 74 Uhr Konzert der Altistin Selma Thomas aus München,: unter gef. Mitwirkung des Hof -Pianisten Herrn Heinrich Barth.
Volksleben in Deutsch von
BPirkus Renz (Karlstraße). Sonnabend, Abends 74 Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd. Großes Sport-Schaustück vom Direktor Fr. Renz. Parforce- und Kasfadenritt. Meute von 40 Hunden. Außer- dem: der ostpreußishe Hengst Blondel und Monstre- Tableau von 60 Pferden, vorgef. von Herrn M. Nenz; Pas de deux, geritten von Miß Nofe und Mr. Franconi; der kaukasishe IJockey Mr. Wassi- liams; die ifarishen Spiele in der Luft, ausgeführt von der Troupe Daineff ; die Handakrobaten Gebr. Detroit 2c.
Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr: Große Komiker-Vorstellung. Abends 74 Uhr: Auf auf zur fröhlichen Jagd.
¡ramilien-Nachrichten.
Gestorben: Hr. Ober-Postdirektor August Staiger (Oppeln). — Hr. Regierungs-Rath Ludwig Austen (Breslau). — Hr. Oberst z. D. Frhr. von Massen- bach (Liegnitz).
Schwank in alevy. Deutsch
öffentlihe Auf-
Der
Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.
Berlin: Verlag der Expedition (S olz).
Druck der Norddeutshen Buchdruckeret und Verlag#s Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Rr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlih Börsen-Beilage).
Die Bajazzi.
Erste Beilage
Berlin, Freitag, den 2. März
um Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
1894.
B ¿ 53.
Deutscher Reichstag.
60. Sißung vom Donnerstag, 1. März, 1 Uhr.
Die erste Berathung des Handels- und Schiffahrts- vertrags zwischen dem Deutschen Reih und Nuß- land wird Piadiets und zwar in Verbindung mit der Be- rathung des Antrags von Kardorff und Genossen wegen Erhebung O O A en bei Valutadifferenzen.
“Ueber den Beginn der Verhandlung is} bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Nach dem Abg. Hartmann (südd. Volksp.), der zunächst das Wort hatte, er-
hält das Wort der Abg. Graf Kaniß (dkons.): Der Reichskanzler sagte in Land wie Rußland läßt
seiner Rede am Dienstag: Ein so greßes Land : i ch nicht differenzieren. Das deckt sich vollständig mit meinen An- {hauungen, und ih bedauere nur, daß der Reichskanzler diesen Saß nicht {hon im Dezember 1891 ausgesprochen hat; der österreichische Vertrag wäre dann nicht angenommen. Der Neichskanzler hat allerdings 1891 angedeutet, daß andere Staaten mit Verträgen folgen würden; aber wir haben den Eindruck niht gewonnen, daß ein Vertrag mit Rußland folgen werde. Denn er sprah damals von der Stärkung unserer Verbündeten; damals konnte man beim besten Willen nicht annehmen, daß er an die Möglichkeit eines Handels- vertrages mit Rußland denkt. Jch habe damals als erster Redner gesagt, daß sih die Handelspolitik zuspiße zu einem Differentialzoll egen Rußland. Ich habe den Reichskanzler gebeten, fich diese Folge Var zu machen ; der Reichskanzler hat sih aber in Schweigen gehüllt. Meine Prophezeiung ist eingetroffen, daß Nußland sehr kleine Konzessionen gemaht hat und daß wir troßdem zum Abschluß eines Handelsvertrages gekommen sind. Diese Zwangslage habe ih vorausgesehen und vorausgesagt, und gerade die Eventualität eines Handelsvertrages mit. Rußland war der Grund, welcher mich bewog, gegen die anderen Handelsverträge zu stimmen. Ich kann einen Grund anführen, den ich früher niht anführen wollte. Rußland kann uns nur geringe Werthkonzessionen machen, weil es i in einer ungünstigen Zahlungsbilanz befindet ; seine 264 Millionen Rubel Schuldzinsen fließen fast aus\{hließlich ins Ausland ab, und neben diesem Geldabfluß kann Rußland eine starke Einfuhr niht mehr decken. Ein armes Land hat eine {wache Einfuhr und eine starke Ausfuhr. Rußland hat eine Mehrausfuhr von 300 bis 400 Millionen Rubel. Dicse Mehrausfuhr muß Rußland haben, um seinen Ver- pflihtungen nachzukommen. Darum bin ich von Anfang an ein Gegner einer Vertragspolitik gewesen. Daß Rußland der einzige Staat is, mit dem wir keinenktHandelsvertrag haben, wie es in der Begründung heißt, ist niht richtig; es find verschiedene Staaten: Schweden, Norwegen , Dänemark u. st. w. ohne Handels- vertrag, denen wir troßdem die Meistbegünstigung aus Liberalität eingeräumt haben. Es is auch nicht rihtig, daß Deutschland zuerst Rußland bewogen hat, seinen autonomen Zolltarif aufzugeben. Frank- reich is mit seinem Vertrag vom 30. Juni vorangegangen. Von diesem Vertrage hat allerdings das Auswärtige Amt eit ziemli spät L erhalten. Denn im Dezember 1893 erklärte der Staats- {ekretär Freiherr von Marschall, die einjährige Kündigungsfrist, die ih für den rumänishen Handelsvertrag vorgeshlagen hatte, für das absonderli{ste Ding, und dabei ist sie im französischen Vertrage ent- halten. Die Handelsverträge bringen große Zollausfälle mit sich; ih wünsche, daß die vielen Millionen, die uns an Einnahmen entgehen, genau berechnet werden. Man hätte uns die Steuervorlagen zur Deckung dieses Ausfalls gleich mit dem Vertrage selbst zu- gehen lassen sollen. Die bisherigen Berehnungen waren falsch; der Reichékanzler hat früher nur die Hälfte dessen an- gegeben, was wirklih an Ausfällen entstehen wird, namentlich wenn der russishe Vertrag hinzutritt. Die Freunde des Handelsvertrages, besonders die Abgg. Richter und seine freisinnigen Freunde möchte ih bitten, dieser Frage ihr Augenmerk zuzuwenden, denn wir werden ohne neue Steuervorlagen darüber niht hinwegkommen. Wenn eine Steigerung der Einfuhr den Ausfall ausgleichen foll, so müßten der Wohlstand und die Kaufkraft des Landes wachsen. Aber das glaubt der Abg. Richter selber nicht; er führte 1891 aus, daß man froh sein fôönne, wenn die Handelsverträge die Industrie auf ihrem alten Stand- punkt erhalten. Deswegen kann er auf eine Steigerung, ja nicht einmal auf ein Gleichbleiben der Zolleinnahmen rechnen. Die Freunde des Vertrages sollten also demselben nicht eher zustimmen, als bis sie die Steuerquellen bezeichnet haben, um den Ausfall zu decken. Der Vertrag is} eigentlich gar kein Vertrag. In Artikel 5 heißt es für die Durchfuhr, daß sie frei sein soll, soweit es sich nicht um Wege handelt, die verschlossen sind oder vershlossen werden; Einfuhrverbote dürfen „aus s{werwiegenden Gründen“ erlassen werden. Natür- lih entscheidet immer der betreffende Kontrahent selbst, welche Durch- fuhrwege er verschließen will und welche Gründe schwerwiegend sind.
Wenn z. B. die obershlesishe Blechfabrikation den russishen Fabri“
kanten zu große Konkurrenz macht, dann erläßt die russische Regierung ein CEinfuhrverbot. Die Einfuhr von Kohlen und Koks kann Rußland niht verbieten, ohne sih selbst zu schädigen. Deshalb hat es sich eine Zollerhöhung dafür vorbehalten. Die rufsis{en Unterhändler haben sih gegen die zehnjährige Dauer des Vertrages gesträubt, weil lange dauernde Verträge einem gesunden ‘Schußzoll\ystem wider- sprechen; denn niemand kann auf eine Reihe von Jahren voraus- jagen, ob der Zoll hinreihend {hüßen wird. Was nüßt der Ar- tikel 4, der die Aktiengesellshaften als Nechtspersonen anerkennt, aber es von den Landesgéfében abhängig macht, ob sie zum Gewerbe- betriebe zugelassen werden? Eine Aktiengesellshaft will doch ein Gewerbe treiben. Die russishe Presse verkündet es laut, daß Rußland beim Vertrage ein gutes Geschäft gemaht hat. Jn eigenthümlihem Gegensaß dazu steht die übertrieben günstige Auf- nahme des Handelsvertrages s\eitens der deutschen freihändlerischen Presse. Jh möchte do vor allzu großen offffnungen warnen; denn von einer Wiedererlangung des alten Absaßes nach Rußland kann nie und nimmer die Rede sein. Die Zölle bleiben immer noch pro- hibitiv, so z. B. für Roheisen 59 4 pro Tonne, bei einem Werthe des Noheisens von etwa 43 4 ein Zoll von mehr als 100 9/6 des Werthes. Welchen Werth hatte denn die Ermäßigung des öster- reichischen Roheisenzolles, die damals als die größte Errungenschaft bezeichnet wurde? Garnichts ist auf diesem Gebiete erzielt worden gegenüber der österreihishen Konkurrenz. Die Ermäßi- gung der gen Schienenzölle auf 98 #Æ bei einem Werthe der chienen von 90 A bedeutet ebenfalls die C Unsere Unterhändler sind daran niht s{uld; sie aben alles erreiht, was zu erreichen war. Ih möchte nur im voraus warnen vor übertriebenen Erwartungen. Bezüglich der deutschen Konzessionen muß ih zunähst darauf aufmerksam machen, daß als geltender Tarif der Tarif vom 1. Februar 1892 bezeichnet wird. Das ist nicht rihtig; diesex Tarif ist ein Konventional- tarif, während unser ei GtliTee Tarif daneben "weiter besteht, nament- lih nah Ablauf des Vertrags oder, was ih hoffe, wenn derselbe vorher a fgehoben wird. Jch ae bestreiten, daß die Lage der deutschen Landwirthschaft dur den Vertrag nicht vershlechtert wird. Wir werden dur den russishen Handelsvertrag eine große Einfuhr zu Aae Preisen zum Schaden der deutschen Landwirthschaft haben, namentlih zum Schaden des Ostens. Der Abg. Graf Bernstorff wird feine Behauptung , daß der hannoversche Bauernstand den Vertrag über fih ergehen lassen kann, wohl nit aufrecht erhalten, wenn
er den Noggen fo billig verkaufen muß, daß er noch 50 Æ auf die Tonne darauf legt. Wenn die Herren in Hannover das nicht nöthig haben, so liegt das daran, daß sie weiter von Rußland entfernt wohnen. Bei uns liegt es so, daß ein weiterer Preisdruck die Landwirthschaft vollständig ruiniert. In Ostpreußen sind in den leßten zwei Jahren zwangs- weise versteigert worden 78 000, in Westpreußen 96 000 ha, in Westfalen dagegen nur 4000 und in Rheinland 6000 ha, 1891 wurden in Ostpreußen 15600 ha, in Hannover nur 1500 ha zwangsweise versteigert. Dabei sagt das Statistishe Amt, daß viele freiwillig verkaufen, ehe sie zwangsweise von ihren Gütern ent- fernt werden, daß die Gläubiger viele Besitzer halten, weil sie bei der Zwangsversteigerung Verluste befürchten. Diese Zahlen scheinen dem Reichskanzler unbekannt zu fein. Wenn er sich danach ein Bild machen wollte, er würde {chwerlich Handelsverträge ab eschlossen haben. Wenn ein Preisdruck eintritt, werden sehr viele Sanbiviedke dem Ruin verfallen, namentlich der Bauernstand wird zu Grunde gehen, mag der russishe Vertrag hinzukommen oder nicht. Wir haben die Handelsvertragêëpolitikk von vornherein be- kämpft; nahdem die Verträge zu {stande gekommen waren, wollten wir uns auf diesen Boden stellen, wenn die Regierung uns schadlos hält. Wir haben auf die Währungsfrage ver- wiesen. Der niedrige Silberpreis hatte den Charakter einer Export-
prämie. Warum wurde die Währungsenquête nicht {on früher ein-,
berufen? Wenn der Vertrag jeßt zu stande kommt, find wir nicht sicher, daß auf dem Gebiete der Währungsfrage etwas zu stande tommt. Wenn die Handelsverträge 10 Jahre in Kraft bleiben, werden viele unserer Berufsgenossen ruiniert sein, ein großer Theil unserer braven Landleute wird durch den Exekutor von der Scholle vertrieben sein. Es handelt sih um einen Kampf auf Leben und Tod. Sonst wird im Kriege das Privateigenthum geschont; hier aber wird der Be- siegte von Haus und Hof getrieben. Das ist die Situation, in welcher wir uns befinden; die Handelspolitik wird uns mehr kosten als ein unglückliher Feldzug. Meine Ueberzeugung ist, daß sobald wie möglich mit allen diesen Handelsverträgen gebrohen werden muß, daß wir unsere Handelspolitik in völlig neue Bahnen lenken müssen. Wir wollen keine Handelsverträge von zehnjähriger Dauer, wir wollen uns nicht die Hände binden lassen.
Staatssekretär Freiherr von Marschall:
Meine Herren! In dem Herrn Vorredner, mit dem ih {on manchen Gang gethan habe über die Frage: Vertragstarif oder autonomer Tarif, achte ich einen entshiedenen und konfequenten Gegner der heutigen Vertragspolitik. Nur in einer Beziehung sehe ih eine Éleine Lüdke in feiner Konsequenz. Er hat uns hier {on vor zwei Jahren und auch seitdem wiederholt erklärt, er fei ein ganz entschiedener und prinzipieller Gegner aller Differentialzölle. Jch kann ihm darauf nur sagen: Wenn er das heute noch ist, fo bietet ih in diesem Augenblick ihm eine so günstige Gelegenheit, diefer prinzipiellen Gegnerschaft praktishen Ausdruck zu geben, wie vielleicht niemals wieder, und ih kann deshalb immer noch nit die Hoffnung aufgeben, daß der Herr Vorredner eben als konsequenter Mann auch das Votum in dieser Frage abgeben wird, welches geeignet ift, die Differentialzölle gegen Rußland aufzuheben. (Sehr gut! links.)
- Der Herr Vorredner hat beim Beginn feiner Ausführungen mit einer gewissen Emphase darauf hingewiesen, er habe voraus- gesehen, daß dieser russishe Vertrag kommen werde, und des- halb habe er gegen den deutsh-österreihishen Handelsvertrag ge- stimmt. Ih will ihm dieses Verdienst der Voraussiht nicht bestreiten, aber ih vindiziere für die Negierung das andere Verdienst, daß wir diesen Vertrag mit Nußland nicht nur vorausgesehen, fon- dern, daß wir ihn mit allen möglihen Mitteln angestrebt haben, und daß einer der Hauptgründe, warum wir den Weg der Ver- tragspolitik gegangen find, eben der war, daß wir der Ueberzeugung waren, daß wir auf diesem Wege und auf keinem anderen zu einem Handelsvertrag mit Nußland kommen würden. Und wenn der Herr Vorredner glaubt, wir hätten daran niht gedaht, — ja, meine Herren, wer die Geschichte unserer deutschen Zollpolitik seit dem Jahre 1878 verfolgt, der wird überall die Spuren davon finden, daß einer der wesentlichsten Gründe der Umkehr der deutshen Zoll- politik im Jahre 1878 eben die Nücksiht darauf war, daß wir nur dann zu einem befriedigenden Verhältniß mit Rußland gelangen können, wenn wir hohe Zölle auf die russishen Produkte legen. Ich erlaube mir, eine Stelle aus einer Nede des Reichskanzlers Fürsten Bismarck zu verlesen vom 25. Februar 1878. Damals war von den unbefriedigenden Beziehungen mit Rußland die Rede, und damals sagte Fürst Bismarck :
„Ob wir auf dem Wege der Unterhandlung und des fort- geseßten Bestrebens, die russishe Regierung davon zu überzeugen, daß ihre Theorie die unrichtige und unsere die rihtige sei, Vor- theil haben werden, das ist zu wünschen, aber ih habe kein fehr großes Vertrauen darauf. Für meine Uebérzeugung liegen nah wie vor die einzigen Maßregeln, dur die wir — ih weiß nicht, ob durchschlagend — eine Wirkung auf die russishe Zollgeseßgebung üben können, in der Abwehr durch unsere eigene Zollgeseßgebung . wenn wir einen derselben entsprehenden Zoll auf alle russischen Produkte legen, die unsere Grenzen passieren, dann glaube ih, daß dieses Argument \{chließlich nicht ohne Einfluß auf Rußland bleiben wird.“
Dieses Argument haben wir angewendet und es ift nicht ohne Eindruck geblieben.
Der Herr Vorredner hat dann gesagt, Oesterreih-Ungarn würde niemals den Vertrag vor zwei Jahren mit uns abgeschlossen haben, wenn es daran gedacht hätte, daß wir Rußland dieselben Konzessionen auf Getreide und andere landwirthschaftliche Artikel gewähren würden. Darin liegt der Vorwurf einer gewissen Jlloyalität gegenüber einem uns verbündeten Staat, den ich mit aller Entschiedenheit zurück- weisen muß. Es ist eine eigenthümliche Ersheinung, daß, während bis vor ganz kurzer Zeit die Gegner der Vertragspolitik unseren Vertrag mit Oesterrei - Ungarn so hinstellten, als ob wir dabei ein er- bärmlihes Geschäft gemaht hätten, als ob unsere Unterhändler düpiert worden seien, und wir eigentlich einen „Tribut“ an Oester- reih zahlten, sie jeßt das direkte Gegentheil behaupten, und von dem Herrn Vorredner mit einem gewissen Bedauern darauf hingewiesen wird, daß wir es waren, die Oesterreih düpiert hätten. Davon ift gar keine Rede. Jch kann hier erklären, daß {hon bei dem Beginn der ersten Verhandlungen mit Oesterreih-Ungarn beiderseits die
‘Handlung bewahrten, daß also
Uebereinstimmung dahin erklärt worden ist, daß die beiden Staaten #sich Rußland gegenüber die volle Freiheit ihrer sowohl Oesterrei - Ungarn berechtigt war, mit Rußland abzuschließen, wie wir, und unsere Unterhändler haben damals den österreichisch - ungarischen niht den geringsten Zweifel darüber gelassen, und es is von dort aus als selbstverständlih anerkannt worden, daß, wenn es uns gelingt, zu einem Handelsvertrag mit Rußland zu gelangen, wir auf Grund der Meistbegünstigung einen solhen Vertrag mit Rußland abschließen werden. Der Herr Vorredner hat die Behauptung der Denkschrift, daß Nußland noch niemals seine Autonomie einem anderen Staat gegenüber auf eine längere Zeit gebunden habe, als unrichtig bezeichnet, unter Hinweis auf den russish-französishen Vertrag. Jch bemerke, daß der russish-französishe Vertrag mit einjähriger Kündigung, der unserige dagegen auf 10 Jahre abgeschlossen ist. Es ist also die Behauptung der Denkschrift vollkommen richtig. Und wenn der Herr Vorredner sagte, es sei ein Fehler, einen Vertrag auf zehn Jahre abzuschließen, so sage ich umgekehrt, es wäre der größte Fehler gewesen, mit Rußland einen Vertrag auf geringere Zeitdauer ab- zuschließen ; denn eben, weil die russischen Zölle auf unsere Industrie- produkte sehr hohe find, \o bedarf unsere Industrie, wenn fie einen lukrativen Export nach Rußland sich erwerben und erhalten will, dringend des Moments der Stabilität. (Sehr richtig! links.) Einen Vertrag auf eine kürzere Zeit abzuschließen, das hieße der Industrie mit einer Hand etwas geben und mit der anderen wieder nehmen. (Sehr richtig! links.)
Der Herr Vorredner kam denn auch auf die voraussihtlihen Ausfälle an Zolleinnahmen, und er hat es getadelt, daß wir niht eine Berechnung über diese voraussichtlihen Mindereinnahmen dem Reichstag mitgetheilt haben. Jch muß mir da die Frage erlauben : Ja, auf Grund welcher Annahmen foll denn die Berechnung aufge- stellt werden? Wenn die düsteren Vorhersagungen, welche die Gegner an diesen Vertrag knüpfen, sih bewahrheiten, wenn wir wirtlih mit russishen Exportartikeln überschwemmt werden, dann wird überhaupt nicht von Mindereinnahmen die Rede sein. Dann würden voraussihtlich sehr erheblihe Mehrein- nahmen eintreten. (Sehr richtig! links.) Das if auch ein charakteristisches Moment in dem ganzen Kampfe. Man wirft den verbündeten Regierungen in einem Athemzuge zweierlei vor. Ein- mal: Ihr schließt einen Vertrag, der ungeheuere Massen von russishem Getreide nach Deutschland bringen wird. Zweiter Vorwurf: Ihr \chließt einen Vertrag, der die NReichs- fasse \{chwer \{chädigt; denn es werden- kolossale Minder- einnahmen entstehen. Wenn der eine Vorwurf rich- tig. ist, muß „der andere fall [ein (Sehr ra! links.) Denn wenn eine erheblich größere Quantität von Getreide als bisher infolge dieses Vertrags hereinkommt, so müssen nothwendig unsere Reichseinnahmen nit fallen, fondern steigen. Der Herr Vor- redner hat keine bestimmten Zahlen genannt. Er hat von einer größeren Zahl von Millionen gesprochen, die wir zweifellos ein- büßen würden, wenn dieser Vertrag zustande kommt. Ich habe mir eine Aufstellung machen lassen, und daraus ergiebt \ih, daß die Zolleinnahmen aus den russishen Artikeln, bezüglich deren wir in diesem Vertrage die Zölle ermäßigt, beziehungsweise gebunden haben, im Vorjahre ca. 19 Millionen Mark betragen haben. Wenn also jeßt von 2 bis 30 Millionen Mindereinnahmen infolge dieses Vertrags gesprohen wird, so müssen die Herren glauben, daß von Rußland garnihts mehr eingeführt wird. Das steht also in direktem Widerspruch mit den anderen Behauptungen. Der Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, es sei ganz klar gestellt, daß der österreichish- ungarische Vertrag eine viel größere Mindereinnahme hervorgerufen habe, als man ursprünglih angenommen, es seien 30 bis 35 Millionen. Diese Behauptung i} absolut unzutreffend; denn wenn wir im vorigen Jahr eine erheblich mindere Zolleinnahme hatten als im Jahre 1892, so rührt das vornehmlih daher, daß wir im vorigen Jahr eine weit geringere Einfuhr von Getreide infolge der günstigen Ernte des Jahres 1892 hatten. Wenn im vorigen Jahre nur 7 Millionen Doppelzentner Weizen eingeführt wurden, während im Jahre 1892 12 Millionen eingeführt wurden, wenn im Vorjahre nur 24 Millionen Doppelzentner Roggen eingeführt wurden gegen 5 Millionen im Jahre 1892, so mußten naturgemäß, auch wenn wir keinen Vertrag geshlossen, dadurch Mindereinnahmen entftehen, und es ist eigenthümlich, daß, während man beim Abschluß des österreichischen Vertrags mit voller Bestimmtheit vorhergesagt hat, es werde die Einfuhr von Getreide zunehmen, man jeßt wiederum die Abnahme der Getreideeinfuhr benußt, um Angriffe gegen die Regierung mit der Behauptung zu bilden, die Einnahmen seien geshmälert.
Der Herr Vorredner hat mit der ihm eigenen Schärfe des Ausdruck8s ein vernichtendes Urtheil über das vorliegende Vertrag8werk mit den Worten ausgesprohen: „Der Vertrag is überhaupt kein Vertrag“, und er hat sich zur Begründung dieses Einwands auf den Art. 5 bezogen, in welchem die beiden Staaten gegenseitige Einfuhr- verbote „aus s{werwiegenden Gründen“ u. \. w. zulaffen. Jch kann dem Herrn Vorredner bemerken, daß diese Bestimmung auf unseren Wunsch aufgenommen worden ist, und zwar wesentlich mit Rücksicht auf die Landwirthschaft, weil wir aus sanitären Gründen freie Hand haben wollten, alle diejenigen Produkte der russishen Landwirthschaft auszuschließen, von denen wir in sanitärer Beziehung irgend welche Gefahr für uns erwarten konnten; ich kann dem Herrn Vorredner den Vorwurf nicht ersparen, daß er in dieser Frage etwas leicht mit wichtigen Interessen der Landwirthschaft umgeht, und ih freue mi, zu konstatieren, daß hier die verbündeten Regierungen für die deutsche Landwirthschaft eine erheblich größere Fürsorge bekundet haben, als der Herr Vorredner selbst sie gezeigt hat. (Widerspruh rechts. Sehr gut! links.)
Der Herr Vorredner hat dann darauf hingewiesen, daß die ganze russishe Presse, vor allem auch die „Nowoje Wremja“*, diesen Vertrag als einen für Rußland fehr günstigen beurtheilen. Dieses Argument is wahrhaft überzeugend! (Heiterkeit links.) Jch muß