1894 / 55 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

er. die Zustände in Oberschlesien, soweit sie sich auf national-polnische Agitation beziehen, ungeheuer untershägt. Nein, meine Herren, er sagte, das national - polnishe Element in Ober- {lesien ist bloß ein Deckmantel. Es mag ein Deckmantel für manche Bestrebungen sein, aber das national - polnishe Element in Ober- {lesien ist jedenfalls eine große Gefahr, und zwar für das Deutsch- thum und für alle ftaatlihen Interessen, die dort zu vertreten sind. Wir könnten Ihnen ganze Bände von Zeitungsausschnitten vorlegen, aus denen hervorgeht, wie man auf das oberschlesische Volk einzu- wirken versucht, wie man den Leuten dort vorredet, sie seien keine Oberschlesier, sie seien keine Deutschen, sondern fie seien Polen, und diesen Bestrebungen müssen wir mit aller Energie entgegentreten und werden es auch thun. (Bravo! rechts.)

Es ift richtig, daß ein preußisher Schulrath, der Schulrath Bogedein, seiner Zeit das Hochpolnische in die obershlesischen Schulen bineingebraht hat, vielleiht aus guter Meinung. Er hat aber damit einen verderblichen Mißstand und eine Desorganisation eingeführt, und ein großer Theil der zum theil wohlgemeinten jeßigen Bestre- bungen, das Polnische mehr als es das Gesetz, die jeßigen Vorschriften zulassen, in die obershlesishen Schulen hineinzubringen, ist zurück- zuführen auf diese unglückseligen Versuche des Herrn Bogedein. Jch mache darauf aufmerksam, daß in Oberschlesien das Volk gar kein Hoch- polnisch spricht, sondern ein plattes Polnisch, ein polnisches Patois. Wenn wir einen hochpolnischen Unterricht in den ‘dortigen Schulen einrichten wollten, so würden wir das Hochpolnische dort hineintragen und der national-polnishen Agitation damit eine Handhabe kieten, die wir ihr unter keinen Umständen bieten dürfen.

Meine Herren, wir wollen auch in Oberschlesien nah wie vor den Religionsunterriht polnisch ertheilen lassen, und wenn, was Herr Graf Ballestrem mit Recht hervorgehoben hat, sich in neuerer Zeit ein Mangel an Lehrern für dessen Ertheilung herausgestellt hat, \o sind, sobald dieser Mangel hier zur Kenntniß gekommen ist, bereits Maßregeln getroffen worden, um in den Seminarien eine Anzahl von Lehrern, die das Plattpolnishe verstehen und diesen Unterricht ertheilen können, auh dafür auszubilden. Das ist unsere Schuldigkeit, denn wir wollen den Religionsunterriht dort nicht be- einträhtigen, fondern pflegen.

Im Jahre 1873, also ehe irgend eine national-polnische Agitation, auh nur eine sprahpolnishe Agitation in Oberschlesien bestand, wurde nachgegeben, daß auf den Antrag der Eltern auf der Vorstufe der obersclesishen Schulen ein polnischer Leseunterriht ertheilt werden könne. Unsere Akten ergeben, daß damals auch nicht ein einziger solcher Antrag gestellt worden ist. Es sind ein paar Anträge eingegangen; als die Leute aber gefragt wurden, erklärten sie, das hätten sie nit gemeint, fie wollten, daß ihre Kinder noch besonderen deutschen Unter- rit bekämen.

So ftanden die Sachen damals. Damals gab es keine polnische

Agitation in Oberschlesien. Jeßt, wo wir damit zu kämpfen haben, sollten wir dieser Agitation selbst die Wege ebnen? Nein, meine Herren, das heißt der Staatsregierung zu viel zuzumuthen. Das Éönnen wir nicht, das wollen wir niht. Wir wollen den Leuten, die das Platt- polnische reden, gern gewähren, daß auf der Unterstufe den Kindern der Neligionsunterricht in ihrer Muttersprache ertheilt wird, und ih werde Sorge dafür tragen, daß in entsprechender Anzahl Lehrer aus- gebildet werden, die diesen Unterricht ertheilen können. Jh bin au dafür, daß, wenn auf der Mittelstufe ein Kind in dem deutschen Religionsunterriht einmal etwas nicht versteht, das Plattpolnische mit zu Hilfe genommen wird. Das steht in der jeßigen Verordnung, und das foll redlih ausgeführt werden. Aber darüber hinauszu- gehen, liegt gar kein Grund vor. Ich habe mih mit der Sache sehr eingehend beschäftigt; ih weiß, daß eine Menge gutgesinnter Männer unter den Geistlichen Oberschlesiens dem Wunsche, der zum theil künftlih durch Agitation in den Gemeinden erregt ist, dem polnischen Religionsunterrichte eine gewisse Erweiterung zu geben, nachzugcben geneigt sind; das ist eine Nachgiebigkeit gegen die Wünsche, die aus den Gemeinden an sie herantreten, und es mag diese Nachgiebigkeit aus einer gewissen Freundlichkeit gegen die Pfarrkinder entspringen, aber richtig ist sie nicht. Ich werde Ihnen mittheilen, was vielleicht au der Graf Ballestrem noch nicht gewußt hat. Es haben im Jahre 1883 Ne- visionen des deutschen Religionsunterrihts in den Volks\{Gulen von Oberschlesien stattgefunden, und es sind von fürstbischöflihen Kom. missarien unter Theilnahme der Schulinspektoren damals mehr als 300 Schulen auf die Erfolge des deutschen Religionsunterrichts ge- prüft worden. Dabei hat sich herausgestellt, daß bei keiner einzigen Schule, die im übrigen Normales leistete, auh seitens der fürst- bischöflichen Kommissarien eine Klage darüber erhoben wurde, daß der Religionsunterriht nit sein Ziel befriedigend" erreiht hätte. Der Religionsunterriht in Oberschlesien hat das beabsichtigte Ziel er- reiht; die geistlichen und weltlihen Revisoren sind mit den Ergeb- nissen des Religionsunterrichts zufrieden gewesen. Nach diesen Er- fahrungen und nah den Erfahrungen, die wir jeßt bezüglich der Agitation machen, Erfahrungen, die auch Herr Graf Ballestrem hat machen müssen, kann ich mich nicht entschließen, etwas zu ändern. Ich will das, was wir haben, ausführen; ich will den Leuten ihr volles Recht gewähren. Aber darüber hinaus das Hochpolnische selbst nah Oberschlesien hineintragen, das hieße der Agitation vorarbeiten. Das dürfen wir nicht thun. (Bravo ! rechts.)

Abg. von Puttkamer-Plauth (kons.): Die neue Maßregel ruft bei uns in Westpreußen lebhafte Besorgnisse wah. Die An- ordnungen der Negierung haben die Agitation ‘nit hervorgerufen, sondern umgekehrt. Wenn die Agitation Fortschritte macht, dann wird bald der ganze Osten polonisiert sein. Deshalb muß das nationale Interesse, die Sicherheit des preußischen Staats aller- Humanität und allen pädagogishen Rücksichten vorangestellt werden. Die Polen befolgen eine hlaue Taktik; von der Opposition sind sie dazu übergegangen, der Regierung entgegen zu Tommen. Nicht bloß auf dem Gebiete der Schule, fondern auch auf dem der Militärverwaltung werden den Polen Konzessionen gemacht. Die polnishen Rekruten sollen in den polnischen Landestheilen eingestellt werden. Wenn dann auch polnische Offiziere dort eintreten, dann haben wir bald eine wohlorganisierte polnische Armee im Osten stehen. Die Polen betrachten die Maßregel nur als einen Anfang; der Minister sollte sich wohl überlegen, welchen Bestrebungen er fi dienstbar macht. eswegen follte der Minister in keinem Fall die Maßregel auf Westpreußen und Oberschlesien ausdehnen. Der Vergleich mit Rußland trifft niht zu, weil wir uns- in der Abwehr gegenüber dem anwachsenden Polenthum befinden. Die Fortschritte sind namentlich bei den Neichstagswahlen zu bemerken, so z. B. au in dem Kreise, in dem ih wohne, ter niemals zu Polen gehört hat. Herr von Goßler wird als Ober-Präsident das Deutsch-

thum s{chüBen, deshalb ist er den Polen unbequem. Der stete Wechsel der Politik hat das Deutshthum nicht gefördert, sondern zurückgebracht.

Die Polen gehen jeßt einen Weg, der den Interessen ihrer Wähler entgegenläuft ; das hat gewiß tiefe politishe Gründe. Aber wir wollen nicht, daß die Regierung sich dadurch verleiten läßt zu Schritten, die dem Osten der Monarchie nit bloß, sondern dem ganzen Staat Schaden bringen müssen. Die Polen find von dieser einen Maßregel nicht befriedigt; sie werden immer mehr verlangen, bis das Ideal ver- wirkliht ift, welches alle Polen im Herzen tragen.

Abg. Freiherr von Eynatten (Zentr.) verlangt die Beseitigung der Hindernisse, welhe in den französisch - rechtlihen Gebieten der Anlage konfessioneller Friedhöfe entgegenstehen.

Abg. B röse (kons.) stellt sich in Bezug auf den Religions- unterriht der Vissidentenkinder auf den Standpunkt des Ministers, den auch das Kammergericht als juristish richtig anerkannt habe.

Darauf wird die weitere Berathung um 4 Uhr auf

Montag 12 Uhr vertagt.

Handel und Gewerbe.

__ Durch Beschluß des Storthings vom 6. Februar d. J. sind in Norwegen für die nachstehend benannten Waaren folgende abgeänderte Zollsäße eingeführt und auch sofort in Kraft geseßt worden:

Laufende | l-

Nummer | Des Zolltarifs. |

Waare.

o aß.

T.

[E a

Branntwein aller Art: in Flaschen oder Kruken, ohne Rücksicht auf __den Stärkegrad T1 | tin anderer Umschließung von 1009/9 Stärke 11 Wenn die Spirituosen mit Zucker oder an- deren Stoffen gemischt sind, die das Feststellen der Alkoholstärke verhindern, so wird ein Zoll von 2,95 Kr. erhoben. Aether oder Naphtha Essigäther 1 kg . | Aether spirituosus und andere alfoholartige Aether 1 kg . | Wohlriehende Wasser, darunter aromatischer Weinessig, einschließlich der unmittelbaren Um- | hüllung | Spiritusfirnisse und Politur Getreide: h. Malzaller Art, gemahlen und ungemahlen 1 kg |

Einer Mittheilung aus Teheran zufolge ist seitens der persishen Regierung die Silbereinfuhr nah Persien von Ende März d. J. ab verboten.?

F T2ULAOP

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

G an der Nuhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 3. d. M. gestellt 10 579, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien find am 2. d. M. gestellt 3665, nicßt redit zeitig gestellt keine Wagen. Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht T Berlin standen am 3. März die nachbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Sten- dalerstr. 26, dem Maurermeister G. Sche idler gehörig ; Nugzungs- werth 8210 4; Mindestgebot 103 300 4; für das Meistgebot von 110 000 a wurde die Frau Maurermeister Agnes Scheidler, geb. Drafke, Perlebergerstr. 23, Ersteherin. Buttmann ftx. 8, dem Malermeister F. P. Augustin gehörig; Fläche 9,45 a; Mindest- gebot 1050 4; für das Meistgebot von 188 000 6 wurde der Rentier Paul Lindenau, Potsdamerstr. 119, Ersteher.

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen zur Versteigerung: Grundstück zu Neu-Weißensee, dem Kaufmann G. de la Not gehörig; Fläche 17,92 a; Nußungêwerth 980 4: für das Meistgebot von 8000 ( wurden die Kaufleute Ful. Sieg- fried und Ludw, Grunack zu Berlin, Friedrichstraße 130, Ersteher. Grundstü zu Neu-Weißensee, Lothringerstraße 33; Fläche 4,62 a; Nußungswerth 1762 46; Mindestgebot 409 46; für das Meistgebot von 28 900 4 wurde der Fabrikbesißer Aug. Arndt zu Rummelsburg bei Berlin Ersteher.

Berlin, 3. März. (Wochenberiht für Stärke, Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Max Sa ber sfy.) Ta. Kartoffelmehl 15}—154 #, Ia. Kartoffelstärke 154—15L M, Ia. Kartoffelstärke uno -Vehl 112—137 #4, feuhte Kartoffelstärke A Berlin 7,60 4, Frankfurter Syrupfäbriken zahlen na

erkmeister's Bericht fr. Fabrik 7,15 4, gelber Syrup 171—172 M, Kap.-Syrup 183—19 46, Kap.-Exrport 194-—20 4, Kartoffelzucker gelber 17}—172 Æ, do. Kap. 185—19 46. Rum-Couleur 33—34 M, Bier-Couleur 32—34 4, Dextrin, gelb und weiß, Ia. 221 —231 M, do. sefunda 20—21 5, Weizenstärke (kleinst.) 27—28 A, Weizenstärke (großst.) 36—37 #, Halleshe und Schlesische 3(—38 M, Meisstärke (Strahlen) 48—49 Æ, do. (Stüten) 46—47 M, Maisstärke 31—32 #4, Schabestärke 29—30 M, Viktoria-Erbsen 17—21 4, Kocherbsen 17—20 46 grüne Erbsen 17—20 Æ, Futtererbsen 14{—151 M, inländische weiße Bohnen 15—17 4, weiße Flachbohnen 18—-20 M, ungarische Bohnen 14—15 Æ, galizishe und rufsishe Bohnen 13—14 M, große Linsen 30—38 46, mittel Linsen 20—30 Æ, kleine Linsen 16—20 46, Mohn, blauer 44—50 4 nom., do weißer 90—100 4 nom., Virse, weiße 20—22 #, gelber Senf 36—44 Æ, Hanfkörner 18 bis 20 M, Buchweizen 143—154 #, Wilden 18—20 Æ, Pferdebohnen 14—15 M, Leinfaat 23—25 46, Mais loko 114—12 Æ per 100 kg, Kümmel 30—36 M, Leinkuchen 7}—8 4, Rapskuchen 7—72 M, Noggenkleie 43—5 #4, Weizenkleie 4§—5 4, pa. helle Biertreber 28— 309/69 54—6 M4, ya. Getreideshlempe 31—33 9% 64—7 M, pa. Maisschlempe 40—42 0% 6§—7} #4, Malzkeime 5—5] M per Zentner. (Alles ab Bahn Berlin bei Partien von mindestens 10 000 kg.)

Bom Berliner Pfandbrief «Institut Knd bis 28. Februar 1894 18243900 M 310%, 21459300 M 49/0, 45 647 700 M. 439% und 9 702 900 M 59/6, zusammen 95 053 800 A Pfandbriefe ausgegeben worden, wovon noch 16 207 800 M 3# 9/0, 13 142100 M 49/0, 13 824 300 A 41% und 2 367 000 A 5 9/0, zu- sammen 45 541 200 \ Pfandbriefe von den Grundbesitzern zu verzinsen sind. Zugesichert, aber noch nicht abgehoben sind 183 600 Æ Angemeldet ist 1 Grundstück mit einem Feuerversiche- rungéswerth von 67100 M.

Die Betriebseinnahmen der Ostpreußischen Südbahn im Februar 1894 betrugen nah vorläufiger Feststellung im Personen- verkehr 48 727 M, im Güterverkehr 302 404 6, an außerordentlichen Einnahmen 16 300 4, zusammen 367 431 4, darunter auf der Strecke L een 4117 4, im Februar 1893 nah vorläufiger eststellung 230 215 M, mithin gegen den entsprehenden Monat des Vorjahres mehr 137 216 4, im ganzen vom 1. Januar bis 28. Fe- bruar 1893 760 942 4 (vorläufige Ginnahme aus russishem Verkehr nach russischem Stil), gegen die vorläufige Einnahme von 502 823 4 im Vorjahre mehr 258 119 4, gegen die endgültige von 527 135 M4 im Vorjahre mehr 233 807 M.

Ein aus den n Heimann Saul in Posen, L: W. Kraufe u. Co. und Delbrück, Leo u. Co. in Berlin bestehendes

Konsortium hat, wie die „Pos. Z.* meldet, das stgebot auf die auszugebenden 1 750000 Æ Posener 3# % Stadtobligationen mit 96,823 9/9 abgegeben.

Vom oberschlesischen Eisen- und Zinkmarkt berichtet die „Schl. Z.": In der leßten Woche hat sih die Lage auf dem obershlesishen Eisenmarkt wenig verändert. Die Nahfrage für Gießerei- und Puddelroheisen hat sich infolge besserer Be- schäftigung der oberflesischen Walzwerke und Gießereien etwas ver- u: hierin sind au größere Lieferungs\chlüsse zu stande gekommen.

us diesem Grunde beabsichtigen einige Hochofenwerke ihren Betrieb zu verstärken und warten nur die Annahme des russiïchen Handelsvertrags ab. Der Bedarf an Puddel- und Gießerei- roheisen hat \sich im Revier bereits so weit gesteigert, daß die frishe Produktion baldige Abnahme findet und die Be: stände niht mehr anwahsen. In Walzeisen gestaltet sih das Ge- [chäft von Woche zu Woche günstiger; auf den Walzwerken liegen recht zahlreiche Aufträge auch bereits aus dem Auslande vor. Auch hier wird auf die Annahme des Handelsvertrages gewartet, um als- dann sofort den Betrieb in noch verstärkterem Maße aufnehmen zu können. Begehrt wird gegenwärtig hauptsächlih mittleres Handels- eisen, als Stab-, Rund- und Flacheisen; aus dem Auslande liegen jedoh auch auf Profileisen bedeutende Aufträge vor, die theilweise jeßt {on zur Ausführung gelangen. Einzelne Werke sind auch mit Baueifen, als Trägern 2c., ziemlich beschäftigt, da auf diese Sorten den Werken Bestellungen hauptsählich von den Händlern zugehen. In s ist das Geschäft noch matt und dürfte sih erst durch ver- tärkten Absaß nah dem Ausland heben. “— Bei den Eisen- gießereien hat sih der Beschäftigungsgrad au in der leßten Woche wieder etwas gehoben, jedoch konnten die Preise noch nicht aufgebessert werden. Die NRöhrengießereien sind mit Aufträgen so stark verschen, daß sie troß des sehr angestrengten Be- triebs die eingegangenen Lieferungstermine kaum werden inne- halten können. Auch die Nöhrenwalzwerke erfreuen ih zahl- reicher Aufträge für spätere Lieferungen und sind demzufolge wieder ziemlich gut beschäftigt. Das neue Nöhrenwalzwerk in Laurahütte ift in voriger Woche in Betrieb gekommen. M aschinen - und Kesselfabriken, sowie Konstruktionswerkstätten erfreuen ih zwar auch bereits einer Éleinen Aufbesserung ihrer Geschäftslage, jedoch reichen die vorliegenden Aufträge für einen vollen Betrieb der An- lagen noch niht hin. Draht- und Nägelwer ke sind gut be- schäftigt und für Monate hinaus mit Aufträgen gedeckt. Auf dem E war eine Aenderung gegen die Vorwoche nit zu ver- zeichnen.

Dem Aufsichtsrath des A. Schaaffhausen*’s{hen Bank- vereins zu Köln wurde am Sonnabend das Gewinn- und Verlust- Konto für 1893 vorgelegt, welches sich folgendermaßen zufammensett : Vortrag aus 1892 und 1891: 32730 4, Provisions- und Courtagen- Konto 1 217 686 4, Zinsen-Konto 2 067 280 6, Gewinn auf Wechsel und Sorten 562 098 46, Effekten-Konto über 40/4 Zinsen hinaus 367 206 4, Erträgniß aus dem Immobilien-Besitz 36 289 46, Gewinn auf Kommandit-Betheiligungen 88 714 4, zusammen 4 372005 M Davon sind zu kürzen: Handlungsunkosten 658 837 X, Steuern 267 834 6, Depositenzinfen 51 985 4, zusammen 978 656 M, auf Reingewinn verbleiben 3 393 348 « Der Generalversammlung soll vorgeshlagen werden, 2 880 000 Æ, d. i. 6/9 Dividende wie im Borjahre an die Aktionäre zur Vertheilung zu bringen, 249 764 M“ dem Reservefonds zuzuweisen, wodur dieser auf die runde Summe von 3 200 000 M ‘gebraht wird und einen nah Berechnung der statutenmäßigen und vertragsmäßigen Tantièmen verbleibenden Nest von 37 903 M auf neue Rechnung vorzutragen.

Die vorgestrige ordentlihe Generalversammlung des Dort - munder Bankvereins seßte die sofort zahlbare Dividende auf 6 9/0 fest.

Die Württembergishe Notenbank wird, wie mit- getheilt wird, voraussichtlich für das verflossene Geschäftsjahr eine Dividende von 5 °%% zur Auszahlung bringen.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stutt- gart herausgegeben wird, hat in der Nr. 9 vom 3. März folgenden Inhalt: Auszeihnungen. Elektrische Schwungrad-Bandbremse. Statistishes aus dem Bäterei- und Konditoreibetrieb. Prüfung von Lehrern der Stenographie. Verschiedene Mittheilungen. (Be- nüßung einer Gewerbevereinsbibliothek. Maschinen zur Herstellung von Riemenverbindungen mittels Drahts. Nachweis des Pferde- fleishes in Nahrungsmitteln.) Gewerbliche 2c. Rezepte. Mit- theilungen aus den Handels- und Gewerbekammern. Mittheilungen aus dem Vereinsleben. (Gewerbeverein Schorndorf. Gewerbe- verein Feuerbach. Gewerbeverein Besigheim.) Ausftellungswesen. Preisausschreiben. Literarische Erscheinungen. Thätigkeit des chemischen Laboratoriums. Reichspatente von Erfindern aus Würt- temberg. Fragekasten. Aus dem Lesezimmer der K. Zentralstelle. Ankündigungen.

Wie aus Pest gemeldet wird, genehmigte der Direktions- rath der Ungarischen Kreditbank die Bilanz für 1893, die mit einem Reingewinn von 1979853 Gulden abs{ließt. Bei der am 19. März stattfindenden Geueralversammlung wird beantragt werden, daß als Dividende 24 Gulden für jede Aktie vertheilt, 100 000 Gulden als außerordentliche Abschreibung vom Werth des Bankgebäudes ver- wendet, 20 000 Gulden dem Pensionsfónds als außerordentliche Dota- tion zugewiesen, endlih 57 363 Gulden auf die neue Nechnung vor- getragen werden. Die Gewinne aus Konsortialgeschäften sind, soweit diese am 31. Dezember vorigen Jahres gänzli abgewielt waren, in das vorstehende Ergebniß einbezogen.

Magdeburg, 3. März. (W. T. B) ZutckerberiqMt. Kornzucker exkl, von 92% —,—, neue 13,65, Kornzucker exkl, 88 9/6 Rendement 12,95, neue 13,05, Nachprodukte exkl., 75 0/6 Rende- ment 10,40. Ruhig. Brotraffinade I. 26,00, Brotraffinade Ik. 29,79, Gem. Raffinade mit Faß 26,25, Gem. Melis 1., mit Faß 24,75. Ruhig. Preise nominell. Rohzucker. 1. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. März 12,75 Gd., 12,775 Br., pr. April 12,70 bez., 12,724 Br., per Mai 12,725 Gd., 12,774 Br., pr. Juni 12,774 Gd, 12,824 Br. Still. j

‘eipzig, 3. März, (W. T. B) Kammzug-Termin-

handel. La Plata Grundmuster B. per März 3,35 , per April 3,35 46, per Mai 3,377 #4, per Juni 3,421 4, per Juli 3,45 4, per August 3,477 4, per Sevtember 3,50 .46, per Oktober 3,925 4, per November 3,55 4, per Dezember 3,55 #4, per Januar ÁÆ Umsaß 65 000 kg. _ Mannheim, 3. März. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. März 14,75, pr. Mai 14,70, pr. Juli 14,70, Noggen pr. Vêéärz 12,70, pr. Mai 12,80, pr. Juli 12,90. Hafer per März 1455, pr. Mai 14,30, pr. Juli 14,10. Mais pr. März 11,00 pr. Mat 10/75, vr. Juli 10,70.

Bremen, 3. März. (2W, T. B.) Börfen-Scchlußberichi. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum- Börse.) Still. Loko 4,85 Br. -- Baumwolle. Höher. Upland middling, loko 395 §. Schmalz. Matt. Wilcox 395 4, Armour shield ‘39 4, Cudahv 40 x, Fairbanks 34 4. Spyeck. Ruhig. Short clear middl. loko 354. Taback. Umfay: 20 Faß Skruvs, 800 Packen St. Felix, 88 Seronen Karmen.

Wien, 4. März. (W. T. B.) Die Komniission für die Wiener Verkehrsan lagen beschloß auf Antrag der Finanzgruppe Unionbank - Bankhaus Mendelsfohn u. Co. den für 1894 und 1895 auszugebenden Anlehensbetrag von §0 Millionen Kronen mit den bereits begebenen, mit Zustimmung der Besißer im Wege des Um- taushs einzuziehenden 20 Millionen zu einer einheitlihen- An- [eihe von 100 Millionen Kronen zu vereinigen und für diese das Pfandrecht auf die Wiener Stadtbahn cinzuräumen.

Ausweis der österreichisch- ungarishen Staatsbahn (österreichishes Neß) für den Monat Februar 1 792 291 Fl., Mehr- E gegen den entsprehenden Zeitraum des vorigen Jahres

1. :

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

2 DD

Berlin, Montag, den 5. März

1894.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zum deutsch-russischen Handelsvertrag.

Die Vereinigung von Inhabern fortlaufender Konten und Theilungsläger hat auf Beschluß des Vorstandes den Neichs- tag dringend ersuht, dem deuts{ch-rufsishen Handelsvertrag zuzustimmen. An den Reichskanzler wurde eine Zustimmungsadresse gerichtet.

Der Vorstand des Vereins deutscher Papierfabrikanten hat in seiner leßten Versammlung zu Hannover dem Reichs- kanzler aufrihtigen Dank für den vollzogenen Abschluß des Handels- vertrags mit Rußland und das Vertrauen ausgesprochen, daß der Reichstag einem unbestreitbar im wohlverstandenen Interesse aller Stände des Vaterlandes abgeschlossenen Vertrag die verfassungsmäßige Genehmigung so rasch als möglich ertheilen werde.

In Köln fand am Sonnabend infolge der Anregung sämmtlicher ea dtr s und volkswirthschaftlichen Vereinigungen von Nhein- and und Westfalen im großen Gürzenichsaale eine zahlrei besuchte Versammlung statt, die in einer Entschließung den Abschluß des deutsch-rufsishen Handelsvertrags mit Befriedigung begrüßte und an den Reichstag die dringende Bitte rihtete, dem Vertrage einmüthig zuzustimmen.

Aus Danzig \chreibt man der „Mgdb. Z.“: Eine Versamm- lung von Landwirthen der Danziger Nehrung hat folgende Entschließung angenommen: Die am 1. März in Prinzlaff ver- sammelten Nehrunger find der Ueberzeugung, daß der russische Handelsvertrag der deutschen Landwirthschaft niht shadet, wohl aber auf die Industrie und den Handel unseres Vaterlandes, und namentlich unserer östlichen Provinzen, belebend und damit auch fördernd auf die deutsche Landwirthschaft wirken wird. Wir erwarten deshalb, daß der Reichstag dem Vertrage zustimmen werde, und bitten unseren Reichstags- Abgeordneten, Herrn Rittergutsbesißer Meyer, mit allen Kräften für das Zustandekommen des Vertrags eintreten zu wollen. Wie die „Voss. Z.“ mittheilt, sollen in Rehnendorf und in Neustadt weitere Versammlungen stattfinden.

Von deutschen Handelskammern haben nah den letzten Nachrichten sih noch für den deutsh-russishen Handelsvertrag erklärt: Barmen, Bonn, Greiz und Dessau.

Jugendliche Fabrikarbeiter und Fabrikarbeiterinnen.

Das Ende Februar d. J. erschienene 1. Heft des Jahrgangs 1894 der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthält eine auf Grund der Gewerbe-Inspektions-Berichte für 1892 angefertigte Vebersiht über die jugendlihen Fabrikarbeiter und die Fabrik- arbeiterinnen im Deutschen Neich im Jahre 1892. Danach wurden in Fabriken und diesen gleihstehenden Anlagen, die den Gewerbe- Aufsichtsbeamten (Fabrikinspektoren) unterstellt sind, 208 251 jugend- libe Arbeiter im Alter von unter 16 Jahren (gegen 241 737 im Jahre 1890) beschäftigt und zwar im Alter von unter 14 Jahren 7315 Knaben (1890: 17 256)

und 3897 Mädchen (1890: 10231); im Alter von 14 bis 16 Jahren 128 304 Arbeiter (1890: 138 754) und 68 735 Arbeiterinnen (1890: 75 498).

Die Fabrikarbeit von Kindern ist nach diesen Zahlen seit 1892 in erheblichem Maße zurückgegangen, nämlich um 59%; hauptsächlih gewiß infolge der neuen geseßlihen Bestimmungen über die Beschäf- tigung von Kindern. Verhältnißmäßig am zahlreihsten finden Kinder Berwendung in der Textilindustrie mit 32,2 9%, in der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel mit 19,0%, und in der Industrie der Steine und Erden mit 14,2 9% von der Gesammtzah! aller in Fabriken beschäftigten Kinder. Die Zahl der Arbeiter zwischen 14 und 16 Jahren hat sich seit dem Jahre 1890 um 8 9/5 vermindert. Von ihnen waren 26,3 9/6 in der Textilindustrie, 12,6 09/6 in der Industrie der Steine und Erden, 12,3 9% in der Metallverarbeitung beschäftigt. Unter den im Jahre 1892 beschäftigten 567 234 erwachsenen Arbeiterinnen waren 225255 oder 40% 16 bis 21 Sahre, 341 979 oder 60% über 21 Jahre alt. 283 017 oder 50 9/9 der Ge- sammtzahl waren in der Textilindustrie, 78 758 oder 14 9/9 in den Gewerben für Nahrungs- und Genußmittel beschäftigt.

Statistik des Tabacks in Deutschland.

Die im neuesten Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichte Statistik des Tabaks im deutschen Zollgebiet ergiebt, daß in Deutschland, soweit sich vergleichen läßt (d. h. seit 1871), noh nie so wenig Taback gebaut worden ist, als im Jahre 1892. Im ganzen waren in diesem Jahre nur 14730 ha mit Tabak bepflanzt gegen 18 533 ha im Jahre 1891 und 19280 ha im Durchschnitt der leßten 10 Jahre; und namentlich ist der Anbau von Tabak beträchtlich zurückgegangen in der Pfalz (1891 : 6086 ha, 1892: 4055 ha) und im badischen Dberland (1891 : 4793 ha, 1892: 3856 ha). Als Grund für diesen Rückgang ist die geringe Ernte, der unsichere Absatz und der gedrückte Preis des Tabaks in den lettvergangenen Jahren anzunehmen. Die Tabackernte des Jahres 1892 ist zum theil gut, stellenweise sogar vorzügli ausgefallen, wird jedoch meist nur als gute Mittelernte bezeihnet. Geerntet wurden im ganzen 30350 t Gu 1000 kg) trodckene (dachreife) Blätter oder 2,06 t auf 1 ha gegen 1,88 t im Jahre 1891 und 1,96 & im Durchschnitt der leßten 10 Jahre. Auch die Beschaffenheit des 1892 geernteten Tabaks hat meist be- friedigt; der Absaß war in der Hauptsache leiht und der erzielte i fast durchweg besser als der für die 1891er Ernte. Als mittlerer preis für 100 kg trodener Sabadblätter ift für die Ernte des Jahres 1892 ein Betrag von 80 (einschließlich der Steuer) ermittelt gegen 74,5 4 für die 1891er Ernte und 76,6 4 für den Durchschnitt der leßten 10 Ernten. Im ganzen ist für die Tabackernte des Jahres 1892 ein Geldertrag von 13,4 Millionen Mark (aus\{ließlich der Steuer) oder von 913 auf 1 ha der mit Taback bebauten Fläche berechnet, gegen 727 M im Jahre 1891 und 801 \ im Durchschnitt der leßten 10 Jahre. Die Einfuhr von Taback und Tabakfabrikaten stellte im Erntejahre 1. Juli 1892/93 einen Werth von 73 Millionen Mark dar. Die Tabasteuer hat einshließlih der Abgabe von Surrogaten 1892/93 12,09 Millionen Mark und der Eingangszoll vom aus- ländishen Taback 44,57 Millionen Mark ergeben; abzüglih der Aus- fuhrvergütungen stellt ih der Ertrag der Abgaben vom Taback zu- sammen auf 56,27 Millionen Mark oder 1,11 4 auf den Kopf der Bevölkerung.

Turnübungen jugendlicher Arbeiter.

_ Nach der „Zeitschrift der Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrts- einrihtungen“ hat der Inhaber und Leiter der Harburger Gummi- Kamm-Kompagnie Dr. Heinrih Traun in Marienthal bei Wandsbeck am Nande des seine eigene Wohnung umgebenden Parks eine kleine Niedertassung für seine Arbeiter it wo nicht nur obwohl die Niederla ung von der in Hamburg liegenden Fabrik \stundenweit ent- fernt L seine Arbeiter wohnen, sondern au für die Erholung der jugendlichen Arbeiter durch Turnübungen und Turnspiele gesorgt ist. Eine eben folche Einrichtung, deren ethishe und physishe Vortheile ih bewährt haben, is von Herrn Hermann Wuppermann in Pinne- erg ins Leben gerufen.

Todesfälle an Pocken im Deutshen Reich Im dau u A ibe Sue 1892, © R m Laufe des Jahres gelangten im Deutschen Nei 107 Todesfälle an Poden zur Anzeige, d. f 98 mehr D im Jahre

Beginn der betreffenden Erhebungen über Poken-Todesfälle. Es ftarben nämlich an Pocken im Per- | im Jahre fonen Jahre 1886 197 1890 1887 1891 1888 1892 1889 im Mittel 1886/92 . . 127 __ Auf je 1000000 Einwohner starben an den Pocken im Be- rihtsjahre 2,13, im Vorjahre 0,99, im siebenjährigen Durchschnitt 2,60 Personen. Die 107 Poen-Todesfälle des Jahres 1892 vertheilen ih auf 94 Ortschaften, von denen 41 in Preußen, 7 in Elsaß-Lothringen, je 2 in Bayern und -Mecklenburg-Schwerin, je 1 im Königreich Sachsen und in Hamburg gelegen sind. Eine verhältnißmäßig stärkere Ve r- breitung fanden die Pocken, nah der Zahl der Todesfälle zu schließen, während des Berichtsjahres in Königéthütte O.-S. mit 15, in Königberg i. Pr. mit 11, in Beuthen O.-S. mit 8, Kempen in Posen und Brzcezinka (Kreis Kattowiß) mit je 5, Hamburg mit 4, Myslowiß und Rosdzin (Kreis Kattowiß) mit je 3 Todesfällen. In 7 Gemeinden kamen je 2 Poenfälle vor, während in 39 Orten nur je eine Person an den Poken starb. 94 Poentodesfälle etwa F der Gesammtzahl sind in den Grenzbezirken des Reichs vorgekommen (69 an der russischen und österreihishen, 6 an der französishen, 3 an der niederländischen Grenze, 12 in Küstenstädten u. \. w.); auf das Binnenland ent- fielen nur 13 Pokentodesfälle. Nach dem A lter der Gestorbenen waren 42 Kinder im ersten und 13 im zweiten Lebensjahre, davon war ein er- heblicher Theil noch nicht geimpft; bei 35 Kindern ist dies ausdrücklich an- gegeben. Im 3.—10. Lebensjahre standen 12 der Gestorbenen, 11— 20 Jahr alt waren 3, über 20—60 Jahr 30 und über 60 Jahr 6, während bei einer Person das Alter nicht festzustellen war. Auch unter den über 3 Jahr alten an Pocken Gestorbenen waren ungeimpfte oder aus dem Ausland zugewanderte Personen, bei denen über die Impfung nichts oder nichts Zuverlässiges festgestelt werden konnte, nah. den amtlihen Angaben (,Medizinalstatistishe Mittheilungen aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt, 2. Band, 1. Heft“) nicht selten. Der Zeit nach vertheilten sich die Todesfälle an Pocken auf die Monate wie folgt: Es starben im Per- | im Per- | im Per- Monat sonen | Monat sonen | Monat sonen Ur a 26} Sehtember Sea O O U N I... 6 November A. 20 uu. 5 | Dazember Für die außerdeutschen Staaten lagen bei der Veröffent- lichung der betreffenden Zahlen mit Ausnahme von Oesterrei, wo in den im Neichsrath vertretenen Königreichen und Ländern im Jahre 1892 nit weniger als 6087 Personen oder 25 auf je 100 000 Ein- wohner an den Pocken (Blattern) starben lediglich bezügliche Mit- theilungen für einige Städtegruppen vor. Die betreffenden Angaben sind in nachstehender Uebersicht denjenigen aus dem Deutschen Reich und aus der Gruppe der größeren Städte desfelben gegenübergestellt. Es starben an Pocken bei einer im

; ; Pat lfo auf in Einwohnerzahl Fahre @ e Doi 1899 100 000 Einw. dem Deutschen Reich

C DO0:240 499 107 0,21

237 Städten 2c: des Deutschen Med 58 L Oesterreichs . 29 Z Ungarns 15 größeren Städten der

Schweiz

81 Städten Belgiens 108 größeren Städten

12 755 388 46 0,36 3 316 243 768 23,16 1 560 961 4,61

910 942 1 2,74 2166 975 915 42,09

8149348 1209 14,84 10 188 449 120 1,18

Frank- : reis 33 L Englands 69 Provinzial - Hauptorten

_ Italiens 5/289 000 234 4,42.

Hiernach sind in allen Städtegruppen des Auslandes verhältniß- mäßig weit mehr Pockentodesfälle vorgekommen als in denjenigen des Deutschen Reichs. Nimmt man die Verhältnißzahl der Pocken- todesfälle in den 237 Städten des Reichs (0,36 auf 100 000 Einwohner) als Maßeinheit an, so entfiel auf die Städte Englands etwa die 3 fache, der Schweiz die 8 fache, Italiens die 12 fahe, Ungarns die 13 fache, Frankreihs die 41 fahe, Oesterreichs die 64 fahe, Belgiens die 117 fache Zahl.

Aus einzelnen Großstädten des europäischen Festlan des liegen ferner folgende Angaben für das Jahr 1892 vor. Es starben an den

E 100 00 f 100000 ; r au 000 ; c au G dd Perfonen abe s Personen Einwohner

Bordeaux . . 284 118,0 Moskau . . 250 33,2

Brüssel ohne WdeNa 08 20,9

BOrorte 7 3,9 St. Peters-

Brüssel mit butd 115 12,0 XSOTOTIeN , 18 Giaricbait C 09e 79,9

Vearsellle. , 52 Lemberg. 194 118,2

D 42 Prag u. Vor-

Ga. 100 i orten. 022 101,4

Madrid 68 E E 1ST 12

Dagegen starben zu derselben Zeit in Breslau 1 (0,3 auf 100 000

Einwohner), in München 2 (0,5), in Hamburg 4 (0,7), in Danzig 1

(0,8) und in Königsberg i. Pr. 11 (6,7). In allen anderen Städten

des Deutschen Reichs mit 50 000 und mehr Einwohnern is im

Berichtsjahre niemand an den Pocken gestorben.

Japans Bevölkerung am 31. Dezember 1892,

Nach amtlichen Mittheilungen betrug Ende 1892 die Bevölkerung Japans 41 089 940 Köpfe, darunter 20 752 366 Personen männlichen und 20 337 574 weiblichen Geshlechts. Gegen das Vorjahr vermehrte sich die Bevölkerung um 371 263 oder 0,90 v. H. Die ermittelte Volkszunahme is} größer, als sie im Vorjahre gewesen, bleibt aber gegen die durchscnittlihe jährliße Volkszunahme des preußischen Staats noch um 0,2 9/9 zurück, : j

Das männliche Geschlecht ist wiederum, wie bisher immer, soweit Zahlen vorliegen, stärker vertreten als das weiblihe. Unter je 1000 Perfonen befanden sih durchs{chnittlih 505 männlihe und 495 weibliche Personen, während in den europäischen Staaten die weib- lihe Bevölkerung der Zahl nach überwiegt und in Preußen vom Tausend der Gesammtbevölkerung gegen Ende 1890 490,81 dem männlichen und 509,19 dem weiblihen Geschlehte angehörten. Da- gegen weit die japanishe Bevölkerung in ihrer Alterszusammen- seßung nur wenig von der preußischen ab.

Die größeren Städte Japans hatten am 31. Dezember 1892 folgende Bewohnerzahl: Tokio 1 237 592, Osaka 481 104, Kiôto 307 251, Nagoya 180 198, Kobe 148 519, Yokohama 143 608, Na- gasaki 62 138, Hakodate 55 677 und Niigata 49 258. Fremde wurden 1892 in Ea 8925 ermittelt. Unter den Fremden nehmen nah den 5483 Chinesen die Angehörigen von idi mit 1436 die erste Stelle ein; ihnen folgen die Angehörigen der

vorher, aber 20 weniger als im Durchschnitt der sieben Jahre seit

Vereinigten Staaten von Amerika mit 690, von Deutschland mit 416, von Frankreich mit 333, von Portugal mit 152, der Nieder- lande mit 79, von Rußland mit 72, der Schweiz mit 70, von Däne- mark mit 56, von Oesterreih-Ungarn mit 42, von Jtalien mit 32, von Schweden und Norwegen mit 18, von Belgien mit 15, von Hawaii mit 12, von Spanien mit 10, von Mexiko und Korea mit je 3 und von Peru mit 1 Person. Zwei Personen hatten keine Staatsangehörigkeit angegeben. ;

Im Auslande befanden sih am Schlusse des Jahres 1892 31 290 Japaner, 3422 mehr als zu Beginn des Jahres.

Veber die Bewegung der Bevölkerung liegen nachstehende An- gaben vor. Im Laufe des Jahres 1892 haben 348 489 Eheschließungen, 1 207 034 Lebendgeburten, 105 554 Todtgeburten und 886 988 andere Sterbefälle stattgefunden. Die natürliche Bevölkerungsvermehrung, d. t. der Nebershuß der Geburten über die Sterbefälle, stellte sidh mithin auf 320 046 Personen und auf das Tausend der zu Anfang des Jahres 1892 Lebenden entfielen in Japan 32,24 Geburten gegen 37,7 in Preußen, 8,56 Eheschließungen gegen deren. 8,1 in Preußen und 24,38 Sterbefälle gegen 24,8 in Preußen, wobei die Zahl der Todtgeburten sowohl bei den Geburten wie auch bei den Sterbefällen mitgerechnet ist.

Sehr hoch ift die Zahl der Todtgeburten, nämli 80,42 auf das Tausend aller Geborenen gegen 32,7 auf das Tausend in Preußen.

Ganz auffallend hoh is jedoch die Zahl der Ehescheidungen, welche im Jahre 1892 in Japan 113 498 oder 325,7 auf das Tausend aller gleichzeitig vorgekommenen Eheschließungen betragen hat.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Erlangen wird dem „Vorwärts“ gemeldet, daß in den dortigen Weißgerbereien ein Lohnstreit eingetreten is. Die Ar- beiter fordern zehnstündige Arbeitszeit und Erhöhung des Wochen- lohns um 1 M. /

In Cßlingen is nah einer Mittheilung desselben Blattes die Einführung eines ädtischen Arbeitsamts, verbunden mit unentgeltlichem Arbeitsnahweis, beschlossen worden.

Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Z.“ zur sozialdemokratischen Ma ifeier, daß dem Anschein nah diesmal wirkli der 1. Mai d. J., obgleih er auf einen Wochentag fällt, zur Hauptfeier aus- ersehen sei. Das Comité hatte von der Polizeibehörde die Ueberlassung des Augustusplaßes oder eines anderen großen öffentlihen Platzes für die Aufstellung eines Festzuges erbeten. Das Gesuch ist vom Polizeiamt mit dem Bemerken abgelehnt worden, daß kein öffentliher Auf- und Umzug auf den Pläßen und in den Straßen der Stadt genehmigt werden würde.

Aus dem Maingau schreibt man der „Köln. Ztg.“ unter dem 1. März: In der Gemarkung Kindlingen, wo die Stadt Höchst ein Wasserwerk errihten läßt, follte am Montag ein Ausstand erzwungen werden. Der Arbeitslohn von 30 S die Stunde war einem Theil der Arbeiter zu gering; die Un- zufriedenen suchten unter Führung eines gewissen Stricker den anderen Theil. der Arbeiter von der Arbeit abzuhalten. Es wurde Hilfe vom Landrathsamt zu Höchst erbeten und von diesem \ofort gewährt. Nach dreimaliger Aufforderung der Polizei zogen 40 Mann ruhig ab, während die übrigen 60 mit der Arbeit begannen. Der Rädelsführer Stricker wurde verhaftet.

Hier in Berlin haben die Töpfer beschlossen, die „Fenster- forderung“ wegen der günstigen Witterung und der Arbeitslosigkeit von heute ab außer Kraft zu seten.

In Wien ist, wie der „Vorwärts*" berihtet, ein neuer Bild - hauerausstand ausgebrochen, da ein Fabrikant die bewilligte acht- stündige Arbeitszeit durch Ueberstunden zu durhbrechen suchte.

Aus New-York meldet die Londoner „A. K.* nach einem Neuter-Telegramm, daß sih die Bergleute der Eagle-Gruben im Kanandha-Thal in West-Vir ginien in vollem Aufruhr befinden ; 1000 wohlbewaffnete Arbeiter bedrohen die Schußleute. Der Be- lazerungszustand ist in dem Distrikt erklärt worden.

Kunft und Wissenschaft.

In der von der hiesigen Gesellschaft für Erdkunde im großen Saale des Architektenhauses am Sonnabend abgehaltenen Sitzung spra der Geheime Admiralitäts-Rath Professor Dr. Neu- mayer aus Hamburg unter gespanntester Aufmerksamkeit der zahl- reichen Zuhörer über Georg Forster als Naturforscher und Geograph aus Anlaß seines vor hundert Jahren, am 10. Januar 1794, erfolgten Todes. Der Redner erklärte es zunächst für eine Ebrenpfliht, welher er mit besonderer Befriedigung sich entledigte, die Erinnerung an diesen bedeutenden Forscher, dessen hinterlassene und fast der Vergessenheit anheim- gefallenen Werke immer noch eine reihe Fundgrube für die wissen- \chaftlihe Forshung böten, wachzurufen. Seine politishen Ver- irrungen hätten zwar in den leßten Jahren seines Lebens einen Schatten auf seinen Charakter geworfen, doch sei es deshalb jeßt umsomehr an der Zeit, frei von jedem Vorurtheil seine Verdienste um die Wissenschaft zu würdigen und den bedeutungsvollen Inhalt seiner Werke für das Studium der Jugend nußbar zu mahen. Schon allein das innige Freundschaftsverhältniß, welches ihn mit Alexander von Humboldt verbunden habe, und der nicht zu bezweifelnde Umstand, der fast auf jeder Seite des „Kosmos“ nachzuweisen sei, daß Humboldt seine werthvollsten Anregungen für wissenschaftliche Forschungen von Georg Forster erhalten habe, genüge vollfommen, um ihm einen hervor- ragenden Plaß in der deutschen Kulturgeschichte für alle Zeit einzu- räumen. Auch sei es nachgewiesen, daß Alexander von Humboldt niemals an dem Charakter seines Freundes und Lehrers Forster ge- zweifelt, sondern ihm allezeit au selbst in den Tagen der größten politischen Verirrungen feine aufrihtige Verehrung bewahrt habe. Es sei fogar gelungen, festzustellen, daß Alexander von Humboldt auch dem in die Neichsacht erklärten, von seiner Familie verlassenen, in einer Mansarde zu Paris im Elende gestorbenen Revo- lutionär Forster troß seiner zweifellosen PIrrthümer seine ahtungsvolle Zuneigung nicht entzogen habe. Ueber Forster’s Lebensgang machte der Redner folgende Mittheilungen: Um feine Nationalität streiten sch Polen, England und Deutschland. Er wurde geboren am 27. November 1754 zu Nassenhuben bei Danzig auf damals polni- {hem Gebiet; sein Vater entstammte dem Hause der Lords Forester in Schottland; aus welchem infolge der politis en Unruhen in ihrem Vaterland einige Mitglieder eine neue Heimath in Polnish-Preußen gefunden hatten; seine Werke sind jedo deutsch empfunden, deuts{ch edat und zum theil in einem \o vollendeten klassi a Deut\ch geschrieben, daß Professor Neumayer ihn den ersten deut en Schriftstellern, selbst Lessing niht ausgenommen, glaubt an die Seite stellen zu dürfen. Schon im Alter von elf Jahren begleitete er seinen Vater Johann Reinhold Forster auf einer im Auftrage der russischen Regierung nach Saratow unternommenen Forschungsreise, wobei die Begeisterung des Sohnes dem Vater immer neue Anregungen gab. Mit dem Vater zusammen matte er sodann die zweite große nt- deckungsreise des Kapitäns Kook auf der südlichen Hemisphäre im Alter von noch nicht zwanzig Jahren mit und li 4 später von feinem Vater, der \ich verpflichtet hatte, nichts über die Ergebnisse dieser Reise zu \hreiben, verleiten, einen Bericht darüber herauszugeben. Dieser Fehltritt war die erste Ver- anlassung zu seinen traurigen Lebens\{hicksalen, da er, nun aller

Existenzmittel beraubt, einen verzweifelten Kampf um's Dasein führen.